Aufsichtsbericht 2012

Transcription

Aufsichtsbericht 2012
Aufsichtsbericht 2012
zur nuklearen Sicherheit in den schweizerischen Kernanlagen
Aufsichtsbericht 2012
zur nuklearen Sicherheit in den schweizerischen Kernanlagen
Rapport de Surveillance 2012
sur la sécurité nucléaire dans les installations nucléaires en Suisse
Regulatory Oversight Report 2012
concerning nuclear safety in Swiss nuclear installations
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
6
Préface
8
Preface
10
Zusammenfassung und Übersicht
13
Résumé et aperçu
16
Summary and overview
19
1. Kernkraftwerk Beznau
1.1 Überblick
1.2 Betriebsgeschehen
1.3 Anlagetechnik
1.4 Strahlenschutz
1.5 Radioaktive Abfälle
1.6 Notfallbereitschaft
1.7 Personal und Organisation
1.8 Sicherheitsbewertung
23
23
24
28
31
32
33
33
34
2. Kernkraftwerk Mühleberg
2.1 Überblick
2.2 Betriebsgeschehen
2.3 Anlagetechnik
2.4 Strahlenschutz
2.5 Radioaktive Abfälle
2.6 Notfallbereitschaft
2.7 Personal und Organisation
2.8 Periodische Sicherheitsüberprüfung
2.9 OSART
2.10 Sicherheitsbewertung
39
39
40
41
45
46
47
47
48
48
48
3. Kernkraftwerk Gösgen
3.1 Überblick
3.2 Betriebsgeschehen
3.3 Anlagetechnik
3.4 Strahlenschutz
3.5 Radioaktive Abfälle
3.6 Notfallbereitschaft
3.7 Personal und Organisation
3.8 Periodische Sicherheitsüberprüfung
3.9 Sicherheitsbewertung
51
51
52
54
56
57
58
58
59
59
4. Kernkraftwerk Leibstadt
4.1 Überblick
4.2 Betriebsgeschehen
4.3 Anlagetechnik
4.4 Strahlenschutz
4.5 Radioaktive Abfälle
4.6 Notfallbereitschaft
4.7 Personal und Organisation
4.8 Periodische Sicherheitsüberprüfung
4.9 Sicherheitsbewertung
63
63
64
66
71
72
73
73
74
74
5. Zentrales Zwischenlager Würenlingen
5.1 Zwischenlagergebäude
5.2 Konditionierungsanlage
5.3 Plasma-Anlage
5.4 Strahlenschutz
5.5 Notfallbereitschaft
5.6 Personal und Organisation
5.7 Vorkommnisse
5.8 Gesamtbeurteilung
77
77
78
78
79
79
80
80
80
6. PSI
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
6.9
6.10
6.11
Die Kernanlagen des PSI
Hotlabor
Forschungsreaktor PROTEUS
Stillgelegte oder im Rückbau stehende Kernanlagen
Behandlung radioaktiver Abfälle
Lagerung radioktiver Abfälle
Strahlenschutz
Notfallbereitschaft
Personal und Organisation
Strahlenschutz-Schule
Gesamtbeurteilung
81
81
81
82
82
83
84
84
84
85
85
85
7. Weitere Kernanlagen
7.1 Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL)
7.2 Universität Basel
87
87
87
8. Transporte und Behälter
8.1 Genehmigungen nach Gefahrgutgesetzgebung
8.2 Bewilligungen nach Strahlenschutzgesetzgebung
8.3 Bewilligungen nach Kernenergiegesetzgebung
8.4 Rücknahme von Wiederaufarbeitungsabfällen
8.5 Beschaffung von Transport- und Lagerbehältern
8.6 Inspektionen und Audits
89
89
89
90
90
91
92
9. Geologische Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle
9.1 Sachplan geologische Tiefenlager
9.2 Entsorgungsprogramm
9.3 Offene Fragen aus dem Entsorgungsnachweis
9.4 Kostenstudie
9.5 Expertengruppe geologische Tiefenlagerung (EGT)
9.6 Felslaboratorien
9.7 Internationaler Wissenstransfer
93
94
96
96
97
97
98
98
10. Anlagenübergreifende Themen
10.1 Probabilistische Sicherheitsanalysen und Accident Management
10.2 Erdbebengefährdungsanalyse
10.3 Aktionsplan und Umsetzung
101
101
103
104
Anhang
109
Verzeichnis der Abkürzungen
132
Vorwort
Erdbebennachweise basieren auf einer Zwischenberechnung des PEGASOS Refinement Project PRP
vom Mai 2011 und sind deshalb provisorisch. Nach
Abschluss des Projekts PRP und der darauffolgenden Überprüfung der Ergebnisse durch das ENSI
wird die Erdbebengefährdung für jeden Standort
neu festgelegt. Auf dieser Grundlage werden die
Betreiber die seismischen Gefährdungsannahmen
erneut analysieren müssen, um die Erdbebenfestigkeitsnachweise zu aktualisieren.
Die Aufarbeitung der Ereignisse in Fukushima dauert
an. Im Rahmen des Aktionsplans Fukushima analysieren unsere Experten weitere Aspekte der Sicherheit und des Notfallschutzes. Wir wollen mit der
konsequenten Umsetzung der Erkenntnisse aus
dem Unglück die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke weiter verbessern.
Der EU-Stresstest bestätigt die Resultate der umfangreichen Sicherheitsprüfungen, welche die Werke auf
Verfügung des ENSI nach Fukushima bisher durchführen mussten. Die Schweizer Anlagen sind trotz
ihres fortschreitenden Alters auch im internationaDie Kernkraftwerke in der Schweiz erfüllen die
len Vergleich in einem guten Zustand. Die Auswer-
Sicherheitsanforderungen, wie sie in den schwei-
tung des EU-Stresstests, welchem sich die Schwei-
zerischen Gesetzen und Verordnungen festgelegt
zer Anlagen 2011 gemäss der Verfügung des ENSI
sind, und verfügen darüber hinaus über die von
unterzogen hatten, hat ergeben, dass Mühleberg,
der Aufsichtsbehörde geforderten zusätzlichen
Beznau und Gösgen die Anforderungen an sämt-
Sicherheitsmargen. Es spricht deshalb aus sicher-
liche von der EU-Kommission speziell begutach-
heitstechnischer Sicht nichts dagegen, dass die
teten Bereichen erfüllen. Einzig das Kernkraftwerk
Kernkraftwerke in der Schweiz weiter betrieben
Leibstadt erhielt von den EU-Gutachtern die Emp-
werden können. Dies ist die zusammenfassende
fehlung, im Bereich des Wasserstoffmanagements
Aussage des vorliegenden Aufsichtsberichts.
nachzubessern. Eine entsprechende Forderung
Es gab 2012 keine Vorkommnisse in den Schweizer
zur Nachbesserung haben wir als schweizerische
Kernkraftwerken, die die Sicherheit von Mensch
Aufsichtsbehörde bereits 2011 an das Kernkraft-
und Umwelt hätten beeinträchtigen können. Dies
werk Leibstadt gestellt.
zeigt die Auswertung der Resultate der über 400
Wie international üblich haben die EU-Gutachter
Inspektionen, die wir angemeldet und unangemel-
neben Empfehlungen zur Verbesserung auch
det durchgeführt haben, sowie der Betriebsdaten
vorbildliche Sicherheitseinrichtungen bezeichnet,
und Vorkommnis-Meldungen der Kraftwerks-
welche für alle Kernkraftwerke anzustreben sind –
betreiber.
sogenannte Good Practices. Mit einer Ausnahme
Im vergangenen Jahr konnten alle Betreiber unter
sind in den Schweizer Kernkraftwerken alle von
anderem belegen, dass ihre Anlagen schweren
der EU-Kommission als vorbildlich bezeichneten
Erdbeben widerstehen und dabei keine Schäden
Massnahmen bereits realisiert. Die Ausnahme be-
infolge Strahlung für Mensch und Umwelt entste-
trifft die diversitäre Wärmesenke des Kernkraft-
hen. Diesen Nachweis hatten wir nach der Reaktor-
werks Mühleberg, wie sie vom ENSI bereits gefor-
katastrophe in Fukushima gefordert. Die aktuellen
dert wurde.
6
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Die Politik hat nach Fukushima entschieden, dass
zum Langzeitbetrieb des Kernkraftwerks Mühleberg
die Schweiz aus der Kernenergie aussteigt, die be-
begutachtet und konkrete Forderungen gestellt.
stehenden Kraftwerke jedoch weiter betrieben
Fukushima hat in der Schweiz auch im Bereich des
werden können, solange sie sicher sind. Die Ener-
Notfallschutzes Massnahmen bewirkt. Mitte 2012
giestrategie 2050 des Bundesrates geht von einer
hat der Bundesrat den Bericht der interdepar-
Betriebszeit der Schweizer Kraftwerke von 50 Jah-
tementalen Arbeitsgruppe zur Überprüfung der
ren aus. Aus heutiger sicherheitstechnischer Sicht
Notfallschutzmassnahmen bei Extremereignissen in
werden diese die ihnen zugewiesene Rolle in der
der Schweiz IDA NOMEX zur Kenntnis genommen
Energiestrategie wahrnehmen können.
und Aufträge erteilt. Auch das ENSI ist im Verbund
Eine unverrückbare Bedingung dafür ist aber, dass
mit den anderen Akteuren aktiv an der Verbesse-
weiterhin in die Sicherheit investiert wird. Das ENSI
rung des Notfallschutzes in der Schweiz beteiligt.
wird nicht zulassen, dass die Kernkraftwerke in der
Aufsicht wird von Menschen ausgeübt. Mein Dank
Schweiz «ausgefahren» werden, bis keine Sicher-
gilt deshalb meinen Mitarbeitenden, die sich täglich
heitsmargen mehr vorhanden sind. Ein Kernkraft-
verantwortungsbewusst und mit grossem Einsatz für
werk muss stillgelegt werden, wenn noch Sicher-
die Sicherheit von Mensch und Umwelt engagieren.
heitsmargen vorhanden sind.
Gemäss dem geltenden Regelwerk müssen die
Betreiber nach vierzig Betriebsjahren nachweisen,
dass ihr Kraftwerk den sicherheitstechnischen Anforderungen genügt und dank weiteren Investitionen
Dr. Hans Wanner
auch die nächsten zehn Jahre sicher betrieben wer-
Direktor
den kann. Entsprechend haben wir 2012 den Plan
April 2013
ENSI Aufsichtsbericht 2012
7
Préface
En Suisse, les centrales nucléaires répondent aux
comparaison internationale aussi. Il ressort de
impératifs de sécurité tels qu’ils sont fixés dans les
l’évaluation du test de résistance de l’UE, auquel
lois et les ordonnances de notre pays, et disposent
les installations suisses se sont soumises en 2011
par ailleurs des marges de sécurité supplémen-
conformément à la décision de l’IFSN, que Mühle-
taires exigées par l’autorité de surveillance. Du
berg, Beznau et Gösgen remplissent les exigences
point de vue de la sécurité, rien ne s’oppose donc
requises dans tous les domaines spécialement
à la poursuite de l’exploitation des centrales nu-
évalués par la Commission européenne. Seule la
cléaires en Suisse. C’est la conclusion à laquelle le
centrale nucléaire de Leibstadt a reçu des experts
présent rapport de surveillance est parvenu.
de l’UE une recommandation concernant l’amé-
En 2012, il n’y a pas eu dans les centrales nucléaires
lioration de la gestion de l’hydrogène. En notre
suisses d’événements susceptibles de porter at-
qualité d’autorité de surveillance, nous avions déjà
teinte à la sécurité des êtres humains et de l’envi-
requis de la centrale nucléaire de Leibstadt l’amé-
ronnement. C’est ce que montre d’une part l’éva-
lioration de cet aspect en 2011.
luation des résultats des plus de 400 inspections,
Comme il est d’usage au niveau international, les
annoncées et intempestives, que nous avons réali-
experts de l’UE ont indiqué, en plus des recomman-
sées, d’autre part l’évaluation des données d’ex-
dations d’amélioration, des dispositifs de sécurité
ploitation et des événements notifiés par les exploi-
exemplaires que toutes les centrales nucléaires
tants de centrales nucléaires.
devraient viser, les dites bonnes pratiques (good
L’année dernière, tous les exploitants ont pu
practices). A une exception près, toutes les me-
démontrer notamment que leurs installations ré-
sures qualifiées d’exemplaires par la Commission
sistent à de forts tremblements de terre et qu’au-
européenne ont déjà été prises dans les centrales
cun dommage dû au rayonnement n’en résulte
nucléaires suisses. L’exception concerne la source
pour les êtres humains et l’environnement. Nous
froide diversifiée de la centrale nucléaire de Mühle-
avions exigé cette démonstration suite à la catas-
berg; des travaux correspondants ont été requis
trophe de réacteur de Fukushima. Les démonstra-
par l’IFSN.
tions actuelles concernant les séismes se basent sur
Après Fukushima, les politiques ont décidé que la
un calcul intermédiaire du PEGASOS Refinement
Suisse sortirait du nucléaire, mais qu’elle pourrait
Project PRP de mai 2011 et sont de ce fait provi-
poursuivre l’exploitation des centrales nucléaires
soires. A la fin du projet PRP et du contrôle subsé-
existantes tant que ces dernières resteraient sûres.
quent des résultats par l’IFSN, l‘aléa sismique sera
La stratégie énergétique 2050 du Conseil fédéral
redéfini pour chaque site. Sur cette base, les ex-
repose sur une durée d’exploitation des centrales
ploitants devront analyser de nouveau les hypo-
nucléaires suisses de 50 ans. Du point de vue actuel
thèses de risque sismique pour actualiser les dé-
de la sécurité, elles peuvent assumer le rôle que la
monstrations de résistance aux séismes.
stratégie énergétique leur a assigné.
Le traitement des événements de Fukushima se
Mais pour ce faire, il faut continuer d’investir dans
poursuit. Dans le cadre du plan d’action Fuku-
la sécurité, c’est une condition sine qua non. L’IFSN
shima, nos experts analysent d’autres aspects de la
ne permettra pas que les centrales nucléaires
sécurité et de la protection d’urgence. En exploi-
suisses soient «poussées» jusqu’à ce que plus au-
tant systématiquement les résultats de l’accident,
cune marge de sécurité ne soit présente. Une cen-
nous entendons continuer à améliorer la sécurité
trale nucléaire doit être désaffectée lorsque des
des centrales nucléaires suisses.
marges de sécurité sont encore disponibles.
Le test de résistance de l’Union européenne (UE)
Selon la réglementation en vigueur, les exploitants
confirme les résultats des importants contrôles de
doivent démontrer, au terme de 40 années d’ex-
sécurité que les centrales ont dû réaliser suite à la
ploitation, que leurs centrales nucléaires satisfont
décision de l’IFSN après Fukushima. Malgré leur
aux exigences de sécurité et peuvent être exploi-
âge, les installations suisses sont en bon état en
tées de manière sûre les dix prochaines années
8
ENSI Aufsichtsbericht 2012
aussi, grâce à d’autres investissements. En 2012,
La surveillance est assurée par des êtres humains.
nous avons donc évalué le plan concernant l’ex-
Je remercie donc mes collaborateurs qui s’en-
ploitation à long terme de la centrale nucléaire de
gagent quotidiennement et avec responsabilité
Mühleberg et posé des exigences concrètes.
pour la sécurité des êtres humains et de l’environ-
Fukushima a amené en Suisse aussi des mesures
nement.
dans le domaine de la protection d’urgence. Mi2012, le Conseil fédéral a pris connaissance du
rapport du Groupe de travail interdépartemental
chargé d’examiner les mesures de protection d’urgence de la population en cas d’événements ex-
Dr Hans Wanner
trêmes survenant en Suisse IDA NOMEX et passé
Directeur
des ordres. L’IFSN aussi participe activement avec
Avril 2013
d’autres acteurs à l’amélioration de la protection
d’urgence en Suisse.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
9
Preface
The nuclear power plants in Switzerland comply
European Commission. However, the EU inspectors
with the safety provisions contained in current
recommended improvements to the hydrogen
laws and regulations and also possess the addi-
management system at the Leibstadt nuclear power
tional safety margins demanded by the regulator.
plant. A corresponding demand for rectification
From a safety perspective, there is no reason why
had already been made by us, as acting Swiss regu-
the nuclear power plants should not continue to
lator at the Leibstadt plant in 2011.
operate in Switzerland. This is the summary finding
As an international practice, EU inspectors not only
of the following Surveillance Report.
issues recommendations for improvements but also
There were no incidents in Swiss nuclear power
highlight exemplary safety systems that all nuclear
plants in 2012 that could have had a detrimental
power plants should strive towards – so-called
effect on the safety of people and the environ-
good practices. With one exception, Swiss nuclear
ment. This is evident from an evaluation of the re-
power plants had already implemented the good
sults of over 400 inspections, both unannounced
practices identified by the European Commission.
and announced, together with operating data and
The exception was the alternate heat sink at the
event notifications from plant operators.
Mühleberg NPP where ENSI had already issued
During 2012, all operators satisfied the require-
related instructions.
ment to provide evidence that their facilities could
Following Fukushima, a political decision was taken
withstand a serious earthquake, and that such an
to phase out nuclear power in Switzerland but to
event would not expose humans or the environ-
continue the operation of existing power plants
ment to harmful radiation. We demanded this evi-
provided that they are safe. The Energy Strategy
dence following the reactor disaster at Fukushima.
2050, adopted by the Swiss Federal Council, as-
The current seismic evidence is based on the in-
sumes a service life of 50 years for Swiss nuclear
terim assessment of the PEGASOS Refinement Pro-
power plants. From a current safety perspective, the
ject PRP dating from May 2011 and therefore pro-
plants can satisfy the role allocated to them in the
visional. On completion of the PRP Project and the
Energy Strategy.
subsequent review of the results by ENSI, the seis-
However, it is absolutely imperative that resources
mic hazard for each location will be re-assessed.
continue to be invested in safety. ENSI will not
Operators will then be required to review their
simply allow Swiss nuclear power plants to remain
seismic hazard assumptions in order to update the
in operation until they have exhausted their safety
earthquake-resistance evidence.
margins. When a nuclear power plant is to be
Work continues on the appraisal of events in Fuku-
decommissioned, it must be done whilst safety
shima. As part of the Fukushima Action Plan, our
margins still exist.
experts are analysing additional aspects of safety
Under the current legislation, an operator must
and emergency preparedness. By consistently trans-
show after 40 years of operation that its facility
lating the lessons learned from this disaster into ac-
meets the safety requirements and that continued
tion, we are seeking to further improve the safety of
investment will allow it to operate safely for a fur-
Swiss nuclear power plants.
ther 10 years. It was on this basis that we in 2012
The EU Stress Test confirmed the results of the
reviewed the plan for the long-term operation of
extensive safety reviews completed at the behest
the Mühleberg NPP and subsequently issued related
of ENSI following Fukushima: Swiss nuclear power
demands.
plants remain in good condition, also in interna-
Fukushima also had an impact on emergency pre-
tional comparison, despite their increasing age.
paredness measures in Switzerland. In mid-2012,
The evaluation of the EU Stress Tests undergone by
the Swiss Federal Council received from the Inter-
Swiss facilities in 2011 by order of ENSI showed
departmental Working Group the IDA NOMEX re-
that Mühleberg, Beznau and Gösgen satisfied the
port reviewing emergency preparedness measures
requirements in each of the areas inspected by the
following extreme events in Switzerland, and in
10
ENSI Aufsichtsbericht 2012
response issued formal orders. ENSI too is working
actively with other stakeholders to improve emergency preparedness in Switzerland.
Surveillance activities are conducted by people.
Therefore, I wish to thank my staff who work every
day with great dedication and sense of responsibility for the safety of people and the environment.
Dr. Hans Wanner
Director
April 2013
ENSI Aufsichtsbericht 2012
11
Zusammenfassung und Übersicht
Das ENSI
eignisse und Befunde in den Kernanlagen zu informieren. Zu spezifischen Themen orientiert es auch
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat
im Rahmen von Veranstaltungen wie zum Beispiel
ENSI begutachtet und beaufsichtigt als Aufsichts-
Medienkonferenzen.
behörde des Bundes die Kernanlagen in der
Der vorliegende Aufsichtsbericht des ENSI ist Teil
Schweiz. Dazu gehören die fünf Kernkraftwerke,
seiner periodischen Berichterstattung. Daneben
die Zwischenlager bei den Kraftwerken, das Zen-
publiziert das ENSI jährlich einen Strahlenschutz-
trale Zwischenlager der ZWILAG in Würenlingen
bericht sowie einen Erfahrungs- und Forschungs-
sowie die nuklearen Einrichtungen am Paul Scher-
bericht. Die Originalsprache der Berichte ist
rer Institut (PSI) und an den Hochschulen in Basel
Deutsch. Die Zusammenfassungen werden auf
und Lausanne. Mittels Inspektionen, Aufsichtsge-
Französisch und Englisch übersetzt.
sprächen, Prüfungen und Analysen sowie der Be-
Das ENSI publiziert seine Berichte auch auf seiner
richterstattung der Anlagebetreiber verschafft sich
Website unter www.ensi.ch, wo es ein umfang-
das ENSI den notwendigen Überblick über die nu-
reiches Angebot an Fachartikeln aufgeschaltet hat.
kleare Sicherheit der beaufsichtigten Kernanlagen.
Es wacht darüber, dass die Vorschriften eingehalten werden und die Betriebsführung gesetzeskon-
Inhalt des vorliegenden Berichts
form erfolgt. Zu seinem Aufsichtsbereich gehören
zudem die Transporte radioaktiver Stoffe von und
Das ENSI berichtet in den Kapiteln 1 bis 4 des vor-
zu den Kernanlagen sowie die Vorbereitungen zur
liegenden Aufsichtsberichts über das Betriebsge-
geologischen Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle.
schehen, die Anlagetechnik, den Strahlenschutz
Das ENSI unterhält eine eigene Notfallorganisa-
und die Betriebsführung der Kernkraftwerke Bez-
tion, die Bestandteil einer landesweiten Notfall-
nau 1 und 2, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt.
organisation ist. Im Falle eines schweren Störfalls in
Jedes dieser Kapitel wird mit einer Sicherheits-
einer schweizerischen Kernanlage käme sie zum
bewertung abgeschlossen.
Einsatz.
Im Kapitel 5 wird das Zentrale Zwischenlager der
Die gesetzliche Basis für die Aufsicht des ENSI bil-
ZWILAG in Würenlingen behandelt. Die Kapitel 6
den das Kernenergiegesetz, die Kernenergiever-
und 7 sind den nuklearen Anlagen des Paul Scher-
ordnung, das Strahlenschutzgesetz, die Strahlen-
rer Instituts sowie den Forschungsreaktoren der
schutzverordnung sowie weitere Verordnungen
Universität Basel und der Eidgenössischen Tech-
und Vorschriften zur Reaktorsicherheit und Aus-
nischen Hochschule in Lausanne gewidmet. Das
bildung von Personal, zum Notfallschutz, zum
Kapitel 8 behandelt die Transporte radioaktiver
Transport radioaktiver Stoffe und zur geologischen
Stoffe von und zu den schweizerischen Kernanla-
Tiefenlagerung. Gestützt auf diese gesetzlichen
gen. Im Kapitel 9 werden die Arbeiten zur geo-
Grundlagen erstellt und aktualisiert das ENSI ei-
logischen Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle er-
gene Richtlinien. Darin formuliert es die Kriterien,
läutert. Schliesslich behandelt das Kapitel 10
nach denen es die Tätigkeiten und Vorhaben der
anlagenübergreifende Aspekte wie zum Beispiel
Betreiber von Kernanlagen beurteilt. Eine Über-
probabilistische Sicherheitsanalysen. Im Anhang
sicht über die Richtlinien des ENSI findet sich in der
finden sich Tabellen und Figuren.
Tabelle 10 im Anhang des Aufsichtsberichts. Die
gültigen Richtlinien sind zudem auf der Website
des ENSI (www.ensi.ch) aufgeschaltet.
Kernkraftwerke
Das ENSI berichtet periodisch über seine Aufsichtstätigkeit und die nukleare Sicherheit der schweize-
Die fünf Kernkraftwerke in der Schweiz (Beznau
rischen Kernanlagen. Es nimmt seine gesetzliche
Block 1 und 2, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt)
Pflicht wahr, die Öffentlichkeit über besondere Er-
wurden im vergangenen Jahr sicher betrieben. Das
ENSI Aufsichtsbericht 2012
13
ENSI kommt zum Schluss, dass die bewilligten
Das ENSI kommt zum Schluss, dass die ZWILAG
Betriebsbedingungen eingehalten wurden. Die Be-
die bewilligten Betriebsbedingungen im Jahr 2012
willigungsinhaber haben gegenüber der Aufsichts-
eingehalten hat.
behörde ihre gesetzlich festgelegten Meldepflichten wahrgenommen. Alle Anlagen befinden
sich in einem sicherheitstechnisch guten Zustand.
Die 34 meldepflichtigen Vorkommnisse im Jahr
2012 verteilen sich wie folgt auf die Schweizer
Paul Scherrer Institut (PSI)
und Forschungsreaktoren
in Basel und Lausanne
Kernkraftwerke: 14 Vorkommnisse betrafen die
beiden Blöcke des Kernkraftwerks Beznau, 9 das
Die Kernanlagen des Paul Scherrer Instituts (PSI),
Kernkraftwerk Gösgen, 5 das Kernkraftwerk Leib-
wie der Forschungsreaktor PROTEUS, das Hotlabor,
stadt und 6 das Kernkraftwerk Mühleberg. Unter
die Sammelstelle für die radioaktiven Abfälle aus
den meldepflichtigen Vorkommnissen waren vier
Medizin, Industrie und Forschung sowie das
Reaktorschnellabschaltungen – je eine in den Kern-
Bundeszwischenlager, stehen unter der Aufsicht
kraftwerken Mühleberg und Gösgen sowie zwei
des ENSI. Das Bundeszwischenlager wies Ende
im Kernkraftwerk Beznau.
2012 einen Belegungsgrad von rund 85% auf.
Auf der von 0 bis 7 reichenden international gül-
Die Rückbauarbeiten an den beiden Forschungs-
tigen Ereignisskala INES ordnete das ENSI im
reaktoren DIORIT und SAPHIR erfolgten aus radio-
Berichtsjahr 33 der 34 meldepflichtigen Vorkomm-
logischer Sicht korrekt. Im Forschungsreaktor
nisse des vergangenen Jahres in den Kernkraftwer-
PROTEUS wurden im Berichtsjahr keine betrieb-
ken der Stufe 0 zu. Ein Vorkommnis hat das ENSI der
lichen Aktivitäten oder Bestrahlungen mehr durch-
INES-Stufe 1 zugeordnet. Es betraf eine Störung im
geführt.
Block 2 des KKW Beznau: Bei einem periodischen
In den Kernanlagen des Paul Scherrer Instituts PSI
Funktionstest des Notstanddiesel-Generators star-
waren im 2012 zwei meldepflichtige Vorkommnisse
tete dieser nicht.
zu verzeichnen. Keine meldepflichtigen Vorkomm-
Das ENSI bewertet die Sicherheit eines jeden Kern-
nisse verzeichnete das ENSI beim Forschungsreaktor
kraftwerks im Rahmen einer systematischen Si-
der ETH Lausanne und beim Forschungsreaktor der
cherheitsbewertung. Dabei werden neben melde-
Universität Basel.
pflichtigen Vorkommnissen weitere Erkenntnisse
Das ENSI kommt zum Schluss, dass im Jahr 2012
berücksichtigt, insbesondere die Ergebnisse der
sowohl beim PSI als auch bei den Forschungsreak-
über 400 Inspektionen, die das ENSI im Jahr 2012
toren von Lausanne und Basel die Betriebsbedin-
durchgeführt hatte.
gungen eingehalten wurden.
Zentrales Zwischenlager
Würenlingen
Abgaben radioaktiver Stoffe
Die Abgaben radioaktiver Stoffe an die Umwelt via
Das Zentrale Zwischenlager der ZWILAG in Würen-
Abwasser und Abluft der Kernkraftwerke, des Zen-
lingen umfasst mehrere Zwischenlagergebäude,
tralen Zwischenlagers, des PSI und der Kernanlagen
die Konditionierungsanlage und die Plasma-
in Basel und Lausanne lagen im vergangenen Jahr
Anlage (Verbrennungs- und Schmelzanlage). Ende
weit unterhalb der in den Bewilligungen festgeleg-
2012 befanden sich in der Behälterlagerhalle 40
ten Limiten. Sie ergaben auch für Personen, welche
Transport- und Lagerbehälter mit abgebrannten
in direkter Nachbarschaft einer Anlage leben, eine
Brennelementen und Glaskokillen sowie sechs Be-
maximale berechnete Dosis von weniger als 1%
hälter mit Stilllegungsabfällen aus dem Versuchs-
der natürlichen jährlichen Strahlenexposition.
atomkraftwerk Lucens. Der Belegungsgrad betrug
Ende 2012 rund 20% im HAA-Lager und 24% im
MAA-Lager.
Transporte radioaktiver Stoffe
Im Berichtsjahr wurden zwei Kampagnen zur Verbrennung und Einschmelzung von radioaktiven
In La Hague (Frankreich) und in Sellafield (Grossbri-
Abfällen durchgeführt.
tannien) wurden im Rahmen der abgeschlossenen
Im ZWILAG registrierte das ENSI im Jahr 2012 keine
Verträge abgebrannte Brennelemente aus schwei-
meldepflichtigen Vorkommnisse.
zerischen Kernkraftwerken wiederaufgearbeitet.
14
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Durch das Wiederaufarbeitungsmoratorium (Art.
jekt Opalinuston von den Entsorgungspflichtigen
106 Abs. 4 KEG) beschränken sich diese Arbeiten
systematisch zu erfassen und zu bearbeiten sind.
allerdings auf die vor Juli 2006 (Beginn des zehn-
Das ENSI hat im Berichtsjahr zum entsprechenden
jährigen Moratoriums) dorthin transportierten
Bericht der Nagra Stellung genommen.
Brennelemente. Die bei der Wiederaufarbeitung
Die Kernkraftwerkbetreiber sind gesetzlich ver-
entstandenen Abfälle müssen vertragsgemäss in
pflichtet, alle fünf Jahre die voraussichtliche Höhe
die Schweiz zurückgeführt werden.
der Stilllegungs- und Entsorgungskosten zu be-
Im Berichtsjahr wurde nach einem Unterbruch von
rechnen. Der Stilllegungsfonds deckt die Kosten
sechs Jahren die Rücklieferung von hochaktiven
zur Stilllegung der Kernanlagen, der Entsorgungs-
Abfällen der AREVA NC aus La Hague fortgesetzt.
fonds deckt die Kosten zur Entsorgung der radio-
Im Herbst 2012 fand eine Anlieferung von hoch-
aktiven Abfälle und der abgebrannten Brennele-
aktiven Abfällen aus La Hague statt.
mente in geologischen Tiefenlagern. Beide Fonds
Bei allen Transporten von Brennelementen und ra-
werden durch Beiträge der Betreiber gemäss Vor-
dioaktiven Abfällen wurden die gefahrgutrecht-
gaben der Gesetzgebung geäufnet. Das ENSI hat
lichen Vorschriften und die Strahlenschutzlimiten
im Jahr 2012 die technischen Grundlagen für die
eingehalten.
entsprechende Kostenstudie 2011 der Kernkraftwerkbetreiber beurteilt.
Geologische Tiefenlagerung
Die für die Tiefenlagerung notwendigen Daten
werden teilweise in Felslabors ermittelt, an welchen
sich das ENSI seit Jahren mit Forschungsprojekten
Im Verfahren zum Sachplan geologische Tiefenla-
beteiligt. Die mit internationaler Beteiligung be-
ger läuft seit Ende 2011 die zweite Etappe. Die Na-
triebene erdwissenschaftliche Forschungstätigkeit
gra hat mehrere Standorte für Oberflächenanlagen
im Opalinuston im Felslabor Mont Terri (St. Ursanne,
pro Standortgebiet vorgeschlagen. Diese Vorschläge
Kanton Jura) wurde 2012 weitergeführt. Das ENSI
wurden in den Regionen diskutiert, welche durch
beteiligt sich im Mont Terri mit eigenen Projekten
die Regionalkonferenzen und deren Fachgruppen
und Kooperationen. Eines seiner Experimente dient
vertreten sind. Das ENSI wurde von den verschie-
der Erfassung des felsmechanischen Verhaltens des
denen Gremien der Regionalkonferenzen einge-
Opalinustons; zwei weitere sind der Untersuchung
laden, um sie über die Sicherheitskriterien im Aus-
des Austrocknungsverhaltens von Stollenwänden
wahlverfahren und die Rolle des ENSI anlässlich
im Opalinuston sowie der Evaluation einer neuen
mehrerer Veranstaltungen zu informieren sowie
Methode zur Bestimmung von Durchlässigkeiten
generelle Fragen zu Sicherheit und Geologie zu be-
gewidmet. Die Mitarbeit in nationalen und inter-
antworten. Parallel dazu wurden Behördensemi-
nationalen Arbeitsgruppen bietet dem ENSI Ge-
nare zu spezifischen Fachthemen sowie das Tech-
legenheit, relevante Fragestellungen im Bereich
nische Forum Sicherheit zu allgemeinen Fragen der
der Entsorgung in geologischen Tiefenlagern im
Sicherheit der Tiefenlagerung durch das ENSI
internationalen Rahmen zu verfolgen und auf dem
durchgeführt.
aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung
Der Bundesrat hat verfügt, dass Hinweise und
zu bleiben.
offene Fragen aus dem Entsorgungsnachweis Pro-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
15
Résumé et aperçu
L’IFSN
d’informer le public des événements et constats
particuliers dans les installations nucléaires. Son
L’Inspection fédérale de la sécurité nucléaire IFSN
information sur des thèmes plus spécifiques se
est l’instance de la Confédération chargée de la
poursuit aussi dans le cadre de manifestations
surveillance et de l’expertise des installations nu-
comme par exemple des conférences de presse.
cléaires en Suisse, soit les cinq centrales nucléaires,
Le présent rapport de surveillance fait partie du
les entrepôts situés dans les centrales, le Centre de
compte rendu périodique de l’IFSN. L’IFSN publie
stockage intermédiaire ZWILAG de Würenlingen,
chaque année aussi un rapport sur la radioprotec-
les installations nucléaires de l’Institut Paul Scher-
tion ainsi qu’un rapport sur les expériences et la re-
rer (IPS) et des Universités de Bâle et de Lausanne.
cherche. Ces rapports sont publiés dans leur langue
Les
d’origine, l’allemand. Les résumés sont traduits en
inspections,
entretiens
de
surveillance,
contrôles et analyses, ainsi que les rapports des
français et en anglais.
exploitants permettent à l’IFSN d’acquérir la vue
L’IFSN publie aussi ses rapports sur son site
d’ensemble nécessaire sur la sûreté nucléaire des
www.ensi.ch où elle met également en ligne de
installations surveillées. L’IFSN veille au respect
nombreux articles techniques.
des prescriptions et à la conformité de la gestion de
l’exploitation avec la loi. Ses activités de surveillance s’étendent en outre aux transports de
Contenu du présent rapport
matières radioactives en provenance et à destination des installations nucléaires, ainsi qu’aux tra-
Les chapitres 1 à 4 du présent rapport de sur-
vaux préparatoires en vue du stockage en couches
veillance décrivent le déroulement de l’exploita-
géologiques profondes des déchets radioactifs.
tion, la technique de l’installation, la radiopro-
L’IFSN gère sa propre organisation d’urgence dans
tection et la gestion des centrales nucléaires de
le cadre d’une organisation d’urgence nationale
Beznau 1 et 2, Mühleberg, Gösgen et Leibstadt.
susceptible d’intervenir, en cas d’accident grave,
Chacun de ces chapitres, se termine sur une éva-
dans une installation nucléaire suisse.
luation de la sécurité.
La loi sur l’énergie nucléaire, l’ordonnance sur
Le chapitre 5 concerne le Centre de stockage inter-
l’énergie nucléaire, la loi sur la radioprotection,
médiaire ZWILAG à Würenlingen. Les chapitres
l’ordonnance sur la radioprotection, ainsi que
6 et 7 sont consacrés aux installations nucléaires
d’autres ordonnances et prescriptions sur la sécu-
de l’Institut Paul Scherrer ainsi qu’aux réacteurs
rité des réacteurs et la formation du personnel, sur
de recherche de l’Université de Bâle et de l’Ecole
la protection en cas d’urgence, sur le transport de
polytechnique fédérale de Lausanne. Le chapitre 8
matières radioactives et sur le stockage en couches
traite des transports de matières radioactives en
géologiques profondes constituent la base légale
provenance et à destination des installations nu-
de la surveillance de l’IFSN. L’IFSN élabore et met à
cléaires suisses. Le chapitre 9 commente les travaux
jour ses propres directives en s’appuyant sur ces
réalisés pour le stockage en couches géologiques
bases légales. Elle y formule les critères d’après
profondes des déchets radioactifs. Enfin, le cha-
lesquels elle apprécie les activités et les projets des
pitre 10 aborde d’autres aspects, notamment les
exploitants d’installations nucléaires. Un aperçu
analyses probabilistes de sécurité. Les tableaux et
des directives de l’IFSN figure au tableau 10 de
les figures en annexe complètent ce rapport.
l’annexe de ce rapport de surveillance. De plus,
toutes les directives en vigueur peuvent être
consultées sur le site de l’IFSN (www.ensi.ch).
Centrales nucléaires
L’IFSN donne des informations régulières sur ses
activités de surveillance et sur la sûreté nucléaire
Pour 2012, l’IFSN atteste de la bonne sécurité d’ex-
des installations suisses. Elle a pour tâche légale
ploitation des cinq centrales nucléaires de Suisse
16
ENSI Aufsichtsbericht 2012
(Beznau 1 et 2, Mühleberg, Gösgen et Leibstadt),
L’IFSN en conclut que ZWILAG a respecté les con-
ainsi que du respect des conditions d’exploitation
ditions d’exploitation autorisées en 2012.
autorisées. Les détenteurs d’autorisations ont respecté leurs devoirs de notification, fixés par la loi,
à l’égard des autorités de surveillance. Toutes les
installations témoignent d’une bonne situation
en matière de sécurité.
Institut Paul Scherrer (IPS)
et réacteurs de recherche
de Bâle et de Lausanne
Les 34 événements notifiés en 2012 dans les installations nucléaires suisses se répartissent comme
Les installations nucléaires de l’Institut Paul Scher-
suit: 14 événements dans les deux tranches de la
rer (IPS), comme le réacteur de recherche PRO-
centrale nucléaire de Beznau, neuf dans la centrale
TEUS, le laboratoire chaud, le site de ramassage
nucléaire de Gösgen, cinq dans celle de Leibstadt
des déchets radioactifs provenant de la médecine,
et six dans celle de Mühleberg.
de l’industrie et de la recherche, ainsi que l’entre-
Parmi les événements notifiés, on a relevé quatre
pôt fédéral pour déchets radioactifs, sont placés
arrêts d’urgence du réacteur, à savoir un dans la
sous la surveillance de l’IFSN. Fin 2012, l’entrepôt
centrale nucléaire de Mühleberg et un autre dans
fédéral pour déchets radioactifs présentait un taux
celle de Gösgen, deux dans la centrale nucléaire de
d’occupation d’environ 85%.
Beznau.
Les travaux de démantèlement des deux réacteurs
L’IFSN a classé 33 des 34 événements survenus l’an-
de recherche DIORIT et SAPHIR se sont déroulés
née dernière dans les centrales nucléaires au niveau 0
sans incident radiologique. En 2012, le réacteur
de l’échelle internationale de gravité des événements
de recherche PROTEUS n’a plus réalisé d’activités
INES qui va de 0 à 7. Un événement a été classé au
d’exploitation ni émis d’irradiations.
niveau 1. Il a porté sur une défaillance survenue dans
En 2012, deux événements ont été notifiés dans
la tranche 2 de la centrale nucléaire de Beznau:
les installations nucléaires de l’IPS. L’IFSN n’a notifié
lors de son test périodique de fonctionnement, le gé-
aucun événement, ni dans le réacteur de recherche
nérateur diesel de secours n’a pas démarré.
de l’EPFL, ni dans celui de l’Université de Bâle.
L’IFSN évalue la sécurité de toute centrale nucléaire
L’IFSN en conclut que les conditions d’exploitation
dans le cadre d’une évaluation systématique de
ont été respectées en 2012 tant auprès de l’IPS que
la sécurité. En plus des événements devant être
des réacteurs de recherche de Lausanne et de Bâle.
notifiés, elle tient compte d’autres éléments, notamment des résultats des plus de 400 inspections
réalisées par l’IFSN en 2012.
Centre de stockage intermédiaire
de Würenlingen
Rejets de substances radioactives
En 2012, les rejets de substances radioactives dans
l’environnement via les eaux usées et l’air d’évacuation des centrales nucléaires, du Centre de
stockage intermédiaire ZWILAG, de l’IPS et des ins-
Le Centre de stockage intermédiaire ZWILAG
tallations nucléaires de Bâle et de Lausanne ont en-
à Würenlingen comprend plusieurs bâtiments
registré des valeurs nettement inférieures aux li-
d’entreposage, l’installation de conditionnement
mites fixées dans les autorisations. Il en a résulté,
et l’installation plasma (station d’incinération et de
également pour les personnes vivant au voisinage
fusion). Fin 2012, la halle des conteneurs abritait
immédiat d’une installation, une dose maximale
40 conteneurs de transport et d’entreposage avec
calculée de moins de 1% de la radio-exposition an-
assemblages combustibles usés et colis de verre,
nuelle naturelle.
ainsi que six conteneurs de déchets de démantèlement provenant de la centrale nucléaire expérimentale de Lucens. Fin 2012, le taux d’occupation
Transports de matières radioactives
était d’environ 20% dans le dépôt DHA et 24%
dans le dépôt DFMA.
Dans le cadre des accords conclus, des assem-
Deux campagnes d’incinération et de fusion des
blages combustibles provenant des centrales nu-
déchets radioactifs ont eu lieu en 2012.
cléaires suisses ont été retraités à La Hague (France)
Au cours de l’exercice sous revue, l’IFSN n’a notifié
et à Sellafield (Grande-Bretagne). Du fait du mo-
aucun événement à ZWILAG.
ratoire sur le retraitement (art. 106, al. 4 LENu), ces
ENSI Aufsichtsbericht 2012
17
activités se limitent toutefois aux assemblages
de la faisabilité du stockage géologique du projet
combustibles transportés avant juillet 2006 (début
des argiles à Opalinus soient systématiquement
du moratoire de dix ans). Selon les termes du
prises en compte et traitées par les responsables
contrat, les déchets provenant du retraitement
de la gestion des déchets. En 2012, l’IFSN a pris
doivent être rapatriés en Suisse.
position sur le rapport correspondant de la Nagra.
Après une interruption de six ans, le retour des
Les exploitants des centrales nucléaires sont léga-
déchets hautement radioactifs de AREVA NC La
lement tenus de calculer le montant prévisible des
Hague a repris au cours de l’exercice sous revue.
coûts de désaffectation et de gestion des déchets
Une livraison de déchets de haute activité prove-
tous les cinq ans. Le fonds de désaffectation couvre
nant de La Hague a eu lieu à l’automne 2012.
les coûts de la désaffectation des installations nu-
Tous les transports d’assemblages combustibles et
cléaires, le fonds de gestion couvre les coûts de la
de déchets radioactifs se sont déroulés dans le
gestion des déchets radioactifs et des assemblages
respect des limites de la radioprotection et des
combustibles usés ainsi que leur stockage dans des
prescriptions en vigueur pour le transport de mar-
dépôts géologiques profonds. Conformément à la
chandises dangereuses.
loi, les exploitants alimentent ces deux fonds par
leurs contributions. En 2012, l’IFSN a évalué les
Stockage en couches
géologiques profondes
bases techniques de l’étude des coûts 2011 des
exploitants de centrales nucléaires.
Les laboratoires souterrains, auxquels l’IFSN participe depuis des années en réalisant des projets de
La deuxième étape de la procédure du plan secto-
recherche, fournissent les données nécessaires au
riel «Dépôts en couches géologiques profondes»
stockage en couches géologiques profondes. Les
est en cours depuis fin 2011. Pour les installations
recherches géologiques sur les argiles à Opalinus
en surface, la Nagra a proposé plusieurs sites par
se sont poursuivies en 2012 au laboratoire souter-
région d’implantation. Ces propositions ont été
rain du Mont Terri (St-Ursanne, canton du Jura),
discutées dans les régions représentées par les
dans le cadre d’une participation internationale.
conférences régionales et leurs groupes spéciali-
L’IFSN y a ses propres projets et coopérations. Une
sés. Les différents comités des conférences régio-
de ses expériences vise à identifier le comporte-
nales ont invité l’IFSN à les informer sur les critères
ment géo-mécanique des argiles à Opalinus, deux
de sécurité dans la procédure de sélection et sur le
autres concernent l’analyse du comportement des-
rôle qu’elle joue dans plusieurs manifestations,
siccateur des parois des galeries dans les argiles à
ainsi que pour répondre à des questions générales
Opalinus et l’évaluation d’une nouvelle méthode
sur la sécurité et la géologie. Dans le même temps,
de mesure des perméabilités. La collaboration dans
l’IFSN a invité les autorités à participer à des sémi-
des groupes de travail nationaux et internationaux
naires sur des sujets spécialisés spécifiques et le
permet à l’IFSN de suivre les questions importantes
Forum technique Sécurité à traiter de questions
qui se posent dans le monde à propos du stockage
générales sur la sécurité du stockage en couches
en couches géologiques profondes, ainsi que de
géologiques profondes.
rester à niveau dans les domaines de la science et
Le Conseil fédéral a ordonné que les remarques et
de la recherche.
questions ouvertes figurant dans la démonstration
18
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Summary and Overview
ENSI
findings in nuclear facilities. ENSI also organises
events such as media conferences at which infor-
ENSI, the Swiss Federal Nuclear Safety Inspectorate,
mation on specific topics is disseminated.
acting as the regulatory body of the Swiss Federa-
This Surveillance Report is part of the regular re-
tion, assesses and monitors nuclear facilities in
porting system of ENSI. In addition to this report,
Switzerland. These include the five nuclear power
ENSI publishes an annual Radiological Protection
plants, the interim storage facilities based at each
Report and a Research and Experience Report. The
plant, the Central Interim Storage Facility of
original language of all reports is German. The
ZWILAG at Würenlingen together with the nuclear
summaries are translated into French and English.
facilities at the Paul Scherrer Institute (PSI) and the
These reports are also available on the ENSI website
two universities of Basel und Lausanne. Using a
at www.ensi.ch as are a range of specialist articles.
combination of inspections, regulatory meetings,
examinations and analyses together with reports
from the licensees of individual facilities, ENSI
Content of this report
obtains the required overview of nuclear safety in
the relevant facilities. It ensures that the facilities
Chapters 1 to 4 of this Surveillance Report deal with
comply with the regulations and operate as re-
operational experience, systems technology, radio-
quired by law. Its regulatory responsibilities also
logical protection and the management of the
include the transport of radioactive materials from
nuclear power plants Beznau 1 and 2, Mühleberg,
and to nuclear facilities and the preparations for a
Gösgen and Leibstadt. Each chapter concludes with
deep geological repository for nuclear waste. ENSI
the ENSI safety rating for the relevant plant.
maintains its own emergency organisation, which
Chapter 5 deals with the Central Interim Storage
is an integral part of the national emergency struc-
Facility (ZWILAG) at Würenlingen. Chapters 6 and
ture that would be activated in the event of a
7 cover the nuclear facilities at the Paul Scherrer In-
serious incident at a nuclear facility in Switzerland.
stitute and the research reactors at the University
The legislative framework for the ENSI’s regulatory
of Basel and the Federal Institute of Technology
activities is as follows: the Nuclear Energy Act
in Lausanne. Chapter 8 deals with the transport
(NEA), the Nuclear Energy Ordinance (NEO), the
of radioactive materials from and to Swiss nuclear
Radiological Protection Act (StSG – only available
facilities. Chapter 9 describes the work associated
in German), the Radiological Protection Ordinance
with the deep geological storage of radioactive
(StSV – only available in German) together with
waste. Finally, Chapter 10 deals with generic issues
other ordinances and regulations on reactor safety,
relevant to all facilities, including for example prob-
the training of personnel, emergency prepared-
abilistic safety analyses. The Appendix contains a
ness, the transport of radioactive materials and the
series of explanatory tables and diagrams.
deep geological repository. Based on this legislative framework, ENSI formulates and updates its
own guidelines. These guidelines stipulate the cri-
Nuclear power plants
teria for evaluating the current activities and future
plans of the operators of nuclear facilities. Table 10
In 2012, the five nuclear power plants in Switzer-
in the Appendix to this report gives an overview of
land (Beznau Units 1 and 2, Mühleberg, Gösgen
the guidelines. The current guidelines are also
and Leibstadt) were all operated safely and ENSI
available on the ENSI website (www.ensi.ch).
concluded that they had complied with their ap-
ENSI produces regular reports on its regulatory
proved operating conditions. Licensees complied
activities and nuclear safety in Swiss nuclear facili-
with their statutory obligations to provide ENSI
ties. It fulfils its statutory obligation to provide the
with reports. All plants were rated as having good
public with information on particular events and
nuclear safety.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
19
In 2012, there were 34 reportable events divided
Federal Interim Storage Facility was using some
between the nuclear power plants in Switzerland
85% of its potential storage capacity.
as follows: 14 events at the two Beznau units, 9 at
From the radiological standpoint, decommission-
Gösgen, 5 at Leibstadt und 6 at Mühleberg. Four
ing work at the two research reactors DIORIT and
of the reportable events led to a scram, one each
SAPHIR progressed correctly. During 2012, there
at Mühleberg and Gösgen and two at the Beznau
were no further operational activities or radiation
nuclear power plant.
experiments at the PROTEUS research reactor.
On the international INES scale of 0 to 7, ENSI rated
During 2012, there were two reportable events at
33 of the 34 events in nuclear power plants during
the Paul Scherrer Institute (PSI). ENSI recorded no
2012 as Level 0. ENSI rated one event as INES Level
reportable events at the research reactors at the
1. This related to an incident at Unit 2 of the
Federal Institute of Technology in Lausanne or the
Beznau nuclear power plant where a generator
University of Basel.
failed to start during a regular function test of the
ENSI concluded that the nuclear facilities at PSI and
energy diesel generator.
the research reactors at Lausanne and Basel had
ENSI evaluates the safety of each nuclear power
complied with their approved operating conditions
plant as part of a systematic safety evaluation. This
during 2012.
takes account of both reportable events and other
findings, in particular the results of more than 400
inspections conducted by ENSI during 2012.
Central Interim Storage Facility
Würenlingen
Release of radioactive materials
Last year, the amount of radioactive material released into the environment via waste water and
exhaust air from the nuclear power plants, the
Central Interim Storage Facility, the PSI and the
The Central Interim Storage Facility of ZWILAG at
nuclear facilities at Basel and Lausanne was con-
Würenlingen consists of several interim storage
siderably less than the limits specified in the oper-
halls, a conditioning plant and a plasma plant (in-
ating licenses. Analyses showed that the maximum
cineration/melting plant). At the end of 2012, the
doses, including those for residents in the imme-
cask storage hall contained 40 transport/storage
diate vicinity of a plant, were less than 1% of the
casks with spent fuel assemblies and vitrified resi-
annual exposure to natural radiation.
due packages as well as six casks with decommissioned waste from the experimental nuclear power
plant at Lucens. At the end of 2012, some 20% of
Transport of radioactive materials
the capacity of the HLW store was in use and about
24% of the ILW store.
During 2012, spent fuel assemblies from Swiss nu-
During the year, ZWILAG conducted two cam-
clear power plants were reprocessed at La Hague
paigns to incinerate and melt radioactive waste.
(France) and Sellafield (Great Britain) under the
ENSI recorded no reportable events at ZWILAG
terms of existing contracts. As a result of the repro-
during 2012.
cessing moratorium (Article 106 Paragraph 4 NEA)
ENSI concluded that ZWILAG had complied with
only fuel assemblies transported prior to July 2006
its approved operating conditions during 2012.
(start of the 10-year moratorium) are being reprocessed. Under the terms of the contracts, the
Paul Scherrer Institute (PSI)
and the research reactors at Basel
and Lausanne
waste produced during reprocessing must subsequently be returned to Switzerland.
The return of high level radioactive waste from the
AREVA recycling facility in La Hague was resumed
in 2012 following a gap of six years and in the au-
ENSI is also responsible for the surveillance of the
tumn of 2012, La Hague returned a consignment
nuclear facilities at the Paul Scherrer Institute (PSI),
of high level waste.
the research reactor PROTEUS, the hot laboratory,
The consignments of fuel assemblies and radioactive
the collection point for radioactive waste from
waste were all transported in accordance with the
medicine, industry and research and the Federal
limits specified in the regulations on the transport
Interim Storage Facility. At the end of 2012, the
of hazardous waste and radiological protection.
20
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Deep geological repository
commissioning nuclear facilities and the waste
management fund covers the disposal of radio-
At the end of 2011, the Sectoral Plan for the deep
active waste and spent fuel assemblies in a deep
geological repository moved into its 2nd stage.
geological repository. Both funds are augmented
NAGRA has proposed several different sites for
by sums contributed by licensees as laid down in
surface facilities for each location. The proposals
law. During 2012, ENSI evaluated the technical
have been discussed in the regions, which are rep-
principles used in the 2011 cost study conducted
resented by regional conferences and their special-
by the licensees of nuclear power plants.
ist groups. ENSI was invited by the various bodies
Some of the data required for the deep geological
of the regional conferences to attend a series of
repository comes from research projects con-
events at which it provided information on the
ducted at the Rock Laboratories: ENSI has been
safety criteria for the selection process and the role
participating in these projects for several years. The
of ENSI. It also responded to general questions
geological research into the Opalinus clay at the
on safety and geology. In tandem with this, ENSI
Mont Terri Rock Laboratory (St. Ursanne, canton of
conducted seminars for public bodies on specific
Jura) conducted with international participation
technical issues together with a Technical Safety
continued during 2012. In addition, ENSI is in-
Forum, which considered general questions relat-
volved in its own projects and cooperation at Mont
ing to the safety of deep repositories.
Terri. For example, one project is looking at the
The Swiss Federal Council has ruled that those with
geo-mechanical behaviour of the Opalinus clay,
responsibility for waste management must com-
two other projects are examining the behaviour of
pile a systematic record of the notes and outstand-
Opalinus clay tunnel walls on drying and a third is
ing issues from the Demonstration of Feasibility
evaluating a new method of measuring porosity.
for the Opalinus Clay Project and then to process
Participation in national and international working
them. During the year under review, ENSI com-
groups provides ENSI with an opportunity to pur-
mented on the relevant report from NAGRA.
sue at an international level issues relating to the
Every five years, the licensees of nuclear power
disposal of waste in deep geological repositories
plants are required by law to re-calculate the
and to remain up-to-date with the current state of
decommissioning and waste management costs.
science and research.
The decommissioning fund covers the cost of de-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
21
Blick auf das
Kernkraftwerk Beznau
Foto: ENSI
1. Kernkraftwerk Beznau
1.1 Überblick
die Sicherheit des KKB im Block 1 als gut und im
Block 2 im Jahr 2012 als ausreichend.
Das Betriebsjahr 2012 war im Block 1 des Kern-
Das KKB umfasst zwei weitgehend baugleiche
kraftwerks Beznau (KKB) durch einen weitgehend
Zwei-Loop-Druckwasserreaktor-Blöcke (KKB 1 und
ungestörten Volllastbetrieb geprägt. Im Block 2
KKB 2), die in den Jahren 1969 und 1971 den
wurde der Volllastbetrieb durch zwei Reaktor-
Betrieb aufnahmen. Die elektrische Nettoleistung
schnellabschaltungen unterbrochen. Nach der ers-
beträgt in beiden Blöcken jeweils 365 MW. Wei-
ten Reaktorschnellabschaltung war die Anlage
tere Daten sind in den Tabellen 1 und 2 im Anhang
zur Behebung der auslösenden Störung während
zusammengestellt. Figur 7a zeigt das Funktions-
rund drei Wochen ausser Betrieb. Im zweiten Fall
schema einer Druckwasserreaktor-Anlage.
dauerte der Betriebsunterbruch einen Tag. Das
Im Block 1 kam es zu sechs meldepflichtigen Vor-
ENSI stellt fest, dass das KKB die bewilligten Be-
kommnissen. Sie wurden alle der Stufe 0 der inter-
triebsbedingungen immer eingehalten hat. Das
nationalen Ereignisskala INES zugeteilt.
ENSI beurteilt die Sicherheit des KKB im Jahr 2012
Während des 53-tägigen Revisionsstillstands wur-
in beiden Blöcken hinsichtlich Auslegungs-Vor-
den unter anderem Brennelemente ausgewechselt
gaben als gut, hinsichtlich Betriebs-Vorgaben als
sowie die Hauptleitungen des primären Neben-
hoch sowie hinsichtlich Zustand und Verhalten von
kühlwassersystems und ausserhalb des Contain-
Mensch und Organisation als gut. Hinsichtlich Zu-
ments liegende Frischdampfleitungen ersetzt. Da-
stand und Verhalten der Anlage beurteilt das ENSI
neben wurden System- und Komponententests
ENSI Aufsichtsbericht 2012
23
beim Abfahren sowie beim Wiederanfahren der
Drei Reaktoroperateure und fünf Schichtchefs
Anlage durchgeführt.
bestanden ihre Zulassungsprüfung. Ein Reaktor-
Im Block 2 dauerte der Revisionsstillstand 21 Tage
operateur-Anwärter absolvierte die kerntechnische
und diente primär dem Brennelementwechsel.
Grundlagenausbildung an der Reaktorschule des
Im Block 2 kam es zu sieben meldepflichtigen Vor-
PSI erfolgreich.
kommnissen. Eines wurde der Stufe 1 der internationalen Ereignisskala INES zugeteilt, die übrigen
der Stufe 0.
1.2 Betriebsgeschehen
Ein weiteres meldepflichtiges Vorkommnis der
Stufe 0 betraf beide Blöcke.
Die Blöcke KKB 1 und KKB 2 erreichten im Jahr
Im Berichtsjahr 2012 sind in beiden Blöcken keine
2012 eine Arbeitsausnutzung 1 von 85,1% bzw.
Brennelementschäden aufgetreten.
87,3% und eine Zeitverfügbarkeit 2 von 85,5%
Der Dosisgrenzwert der Strahlenschutzverordnung
bzw. 87,8%, wobei der unproduktive Anteil im
für beruflich strahlenexponierte Personen wurde
Block 1 im Wesentlichen auf den Revisionsstill-
eingehalten. Die radioaktiven Abgaben über die
stand zurückzuführen war, im Block 2 auf den
Abluft in Form von Aerosolen, Iod und Edelgasen
Brennelementwechsel sowie auf die Reparatur
lagen deutlich unterhalb der in der Betriebsbe-
einer Reaktorhauptpumpe.
willigung festgelegten Grenzwerte. Die dadurch
Die Zeitverfügbarkeiten und die Arbeitsausnut-
verursachten zusätzlichen Strahlendosen für die
zungen der letzten zehn Jahre sind in Figur 1 dar-
Bevölkerung sind verglichen mit der natürlichen
gestellt. Die ausgekoppelte Wärme für das regio-
Strahlenexposition unbedeutend.
nale Fernwärmenetz (REFUNA) belief sich im Jahr
Der Anfall radioaktiver Rohabfälle entsprach dem
2012 auf insgesamt 188,4 GWh.
aufgrund der durchgeführten Arbeiten zu erwar-
Im Block 1 dauerte der Stillstand 53 Tage, im
tenden Umfang.
Block 2 21 Tage. Für die Reparatur des Erregungs-
Das ENSI hat im Rahmen seiner Aufsicht 112 In-
systems eines Generators im Block 1 wurde die
spektionen durchgeführt. Wo erforderlich verlangte
Reaktorleistung am 31. Oktober 2012 kurzzeitig
das ENSI Verbesserungsmassnahmen und über-
auf ca. 60% reduziert. Im Block 2 kam es zu
wachte deren Umsetzung.
zwei nachfolgend beschriebenen Reaktorschnell-
Ringraum
abschaltungen.
Foto: KKB
Im Block 1 ereigneten sich 2012 sechs meldepflichtige Vorkommnisse, welche vom ENSI der
Stufe 0 der internationalen Ereignisskala INES
zugeteilt wurden. Für die systematische Sicherheitsbewertung wird auf Kap. 1.8 verwiesen, für
die risikotechnische Beurteilung auf Kap. 10.
Während der Revisionsabstellung wurden alle
Reaktordeckeldurchdringungen einer Prüfung
unterzogen. An der Einschweissnaht eines
Durchdringungsrohrs ergab eine Farbeindringprüfung am 27. Mai 2012 eine Anzeige, die sich
am 12. Juni 2012 nach Beschleifen und erneuter
Farbeindringprüfung bestätigte. Die fehlerhafte
Stelle wurde nach einem speziell für diesen
Zweck qualifizierten und vom ENSI im Jahr 2011
freigegebenen Overlay-Schweissverfahren repariert. Das Erscheinungsbild der Anzeige und die
internationale Erfahrung deuten auf Spannungsrisskorrosion als Ursache hin.
Arbeitsausnutzung: produzierte Energie bezogen auf die
Nennleistung und eine hundertprozentige Zeitverfügbarkeit
2
Zeitverfügbarkeit: Zeitanteil, in dem das Werk im Kalenderjahr
in Betrieb oder in betriebsbereitem Zustand war
1
24
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Am 25. Juni 2012 wurde an einem Rohrbogen
währleistet gewesen wäre. Die fehlerhafte Stelle
der Speisewasserleitung im Strang B eine lokale
wurde mittels einer Reparaturschweissung in-
Unterschreitung der rechnerischen Mindest-
standgesetzt, nach einem Verfahren, das sich bei
wandstärke festgestellt. Der Bogen befindet sich
einem vergleichbaren Befund in einem anderen
in der Abblasestation unmittelbar vor der Con-
Kernkraftwerk bewährt hatte. Wahrscheinlich
tainmentdurchdringung. Es handelt sich nicht
war bei einem früheren Dichtungswechsel ein
um eine erosionsbedingte und damit potenziell
O-Ring-Halter falsch positioniert worden, wo-
fortschreitende, sondern um eine fabrikations-
durch dieser beim Verschliessen des RDB-Deckels
bedingte Wanddickenschwächung. Die Mess-
in die Dichtfläche gedrückt wurde. Die Dicht-
ergebnisse wurden mit einem vom ENSI akzep-
funktion zwischen RDB und RDB-Deckel wurde
tierten Verfahren bewertet. Auf der Basis der
während der betroffenen Zeitspanne durch die
bisherigen Auslegungsvorgaben unterschreitet
innere Dichtung sichergestellt.
die gemessene Wanddicke die rechnerische Min-
Am 15. Juli 2012 führte eine Störung im Regel-
destwandstärke selbst im ungünstigsten Fall um
kreis der Rückkühlung einer Kälteanlage zu
weniger als 10%, womit die Anforderungen für
einem kurzzeitigen Ausfall der beiden Kältekom-
einen befristeten Weiterbetrieb der Rohrleitung
pressoren. Die betroffene Kälteanlage dient der
erfüllt sind. Durch den Befund ausgelöste Abklä-
Raumkühlung des Notstandgebäudes. Die Stö-
rungen haben gezeigt, dass die Auslegungsvor-
rung wurde nach einer Stunde behoben. Die Ur-
gaben nicht plausibel sind und bei einer Berichti-
sache konnte nicht eindeutig ermittelt werden.
gung der Auslegungsvorgaben möglicherweise
Angesichts der kurzen Dauer hatte die Störung
gar keine Wanddickenunterschreitung vorliegt.
keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Not-
Das ENSI verlangte vom KKB eine entsprechende
standsysteme und auf den Anlagebetrieb. An-
Analyse.
gesichts der bereits mehrfach aufgetretenen
Zum Abschluss der Revisionsarbeiten wurde der
Störungen dieser Art in beiden Blöcken des
RDB wieder mit Brennelementen beladen. Am
KKB verlangt das ENSI konzeptuelle Ände-
27. Juni 2012 kam es nach dem Absetzen des
rungen, welche derartige Ausfälle zukünftig
20. Brennelements auf die Kerntragplatte und
ausschliessen.
dem Entkoppeln vom Greifer des Manipulators
Am 21. Dezember 2012 wurde an der Schweiss-
zu einem Wegkippen des Brennelements. Es
naht zwischen Entleerungsleitung und Pumpen-
kippte gegen die Kernumfassung und verblieb in
gehäuse der in Betrieb stehenden Ladepumpe
Schräglage an diese angelehnt. Beschädigungen
eine Tropfleckage (ca. 1 Tropfen pro Minute)
wurden, neben Kratzern an der Kernumfassung,
festgestellt. Ursache war ein fertigungsbe-
lediglich an der Niederhaltefeder des Brennele-
dingter Riss. Bis zur Behebung der Leckage war
mentkopfes festgestellt. Umgehend eingeleitete
anstelle der betroffenen Pumpe eine der beiden
Messungen zeigten keine Aktivitätsfreisetzung.
redundanten Pumpen in Betrieb. Die fehlerhafte
Auch wurde keine Beschädigung der bereits in
Schweissnaht wurde nach einem vom ENSI
den RDB eingesetzten Brennelemente festge-
genehmigten Plan instandgesetzt. Die Leckage
stellt. Das gekippte Element wurde geborgen
tangierte die Funktionsfähigkeit der Pumpe
und ins Lagerbecken transferiert. Die Beladung
nicht. Diese war einsatzbereit ausser während
des Reaktorkerns konnte mit leicht geändertem
der Schadensuntersuchung und Reparatur.
Beladeplan (ohne das betroffene Brennelement)
Im Block 2 ereigneten sich im Berichtsjahr sieben
mit Zustimmung des ENSI fortgesetzt werden.
Vorkommnisse. Eines wurde der Stufe 1 der inter-
Als Ursache für das Kippen wird eine Fehlposi-
nationalen Ereignisskala INES zugeteilt, die ande-
tionierung neben den Zentrierbolzen angenom-
ren sechs der Stufe 0.
men. Zudem war eine der oben am RDB ange-
Durch die Betriebsmannschaft wurde am 23. März
brachten Lampen ausgefallen, was die visuelle
2012 um 18:41 Uhr an der Reaktorhauptpumpe
Positionskontrolle erschwerte.
A eine unzulässig hohe Sperrwasserrücklauf-
Während des jährlichen Austausches der RDB-
menge der Wellendichtung festgestellt. Über-
Deckeldichtungen (O-Ringe) wurde am 30. Juni
steigt dieser Rücklauf einen festgelegten Wert,
2012 an der Nut der äusseren Dichtung visuell
so muss die Reaktorhauptpumpe gemäss Be-
eine Vertiefung festgestellt. Die Bewertung des
triebsvorschrift innerhalb von 8 Stunden ab-
Befundes am 2. Juli 2012 zeigte, dass die Dicht-
geschaltet werden. Aufgrund einer erhöhten
funktion der äusseren Dichtung nicht mehr ge-
Stromaufnahme und des Ansprechens der
ENSI Aufsichtsbericht 2012
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26
Vibrationsüberwachung der betroffenen Pumpe
Während der Beladung des Reaktors kam es am
wurde um 19:05 Uhr entschieden, vorsorglich
10. April 2012 zum Ausfall der Containment-
eine Reaktorschnellabschaltung von Hand aus-
Aktivitätsmessung, welche die Luft im Contain-
zulösen und die Reaktorhauptpumpe A ausser
ment radiologisch überwacht. Ursache war ein
Betrieb zu nehmen.
Lagerschaden der Pumpe, welche die Luft in den
Da aufgrund der vorliegenden Symptome mit
Aktivitätsmonitor fördert. Nach Austausch der
einem grösseren Reparaturumfang an der Reak-
Pumpe war die Aktivitätsmessung nach rund
torhauptpumpe A gerechnet werden musste,
2 Stunden wieder verfügbar. Die radiologische
wurde in der Folge die Anlage zur Inspektion
Überwachung der Luft im Containment war
und Instandsetzung der Reaktorhauptpumpe A
durch die Kamininstrumentierung permanent
abgekühlt und die Brennelemente aus dem
sichergestellt, welche die Abluft aus dem Con-
Reaktorkern entladen. Nach der Demontage der
tainment überwacht. Wie immer während des
Wellendichtungen wurden diverse Inspektionen
Beladens war zudem ein mobiler Aerosolmoni-
zur Ermittlung der Schadensursache durchge-
tor im Containment im Einsatz.
führt. Auf Grund des Schadensbefundes wurde
Am 29. April 2012 führte eine Störung im Regel-
der gesamte Innenblock der Pumpe bestehend
kreis einer Kälteanlage zu einer kurzzeitigen
aus Welle, Laufrad und thermischer Barriere
Nichtverfügbarkeit. Die betroffene Kälteanlage
durch einen Reserveinnenblock ersetzt.
dient der Raumkühlung des Notstandgebäudes.
Die Reaktorhauptpumpe A gehört zu den Kom-
Die Störung wurde innert 30 Minuten behoben.
ponenten des Reaktorkühlsystems, welche die
Angesichts der kurzen Dauer hatte die Störung
Aufgabe hat, im Leistungsbetrieb das Kühlmit-
keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Not-
tel umzuwälzen. Die durch die Kernspaltung im
standsysteme und auf den Anlagebetrieb. Das
Reaktordruckbehälter erzeugte Wärme wird
Vorkommnis ist mit jenem vom 15. Juli 2012 im
mittels der beiden Reaktorhauptpumpen A und
Block 1 vergleichbar.
B in die Dampferzeuger transportiert. Die er-
Beim periodischen Funktionstest des Notstand-
zeugte Wärme wird dabei über die Dampferzeu-
Dieselgenerators am 10. Mai 2012 startete dieser
ger an die Turbinengruppen zur Stromerzeu-
nicht. Das Aggregat wurde mit Druckluft ange-
gung abgegeben. Im abgeschalteten Zustand ist
fahren, zündete aber nicht. Das aufgebotene
die Anlage in der Lage, die Restwärme im Natur-
Fachpersonal des KKW Beznau entlüftete die
umlauf (das heisst ohne laufende Reaktor-
Kraftstoff-Zufuhrleitung. Beim anschliessenden
hauptpumpen) an die Dampferzeuger abzuge-
Startversuch lief das Aggregat an. Als Erklärung
ben. Selbst bei einem abrupten Blockieren der
für das Startversagen steht im Vordergrund, dass
Reaktorhauptpumpe ist der Wärmetransport
in der Zeit vom 18. April bis 1. Mai 2012 eine
noch gewährleistet.
Pumpe, die Kraftstoff aus einem Leckagebehälter
Das KKB tauschte alle von der Störung betrof-
in den Tank zurückpumpt, dauernd in Betrieb
fenen Teile an der Reaktorhauptpumpe A aus. Im
war. Ursache war der Ausfall einer Sonde, die
Rahmen der Untersuchung der ausgebauten
den Füllstand im Leckagebehälter registriert.
Teile konnte die Ursache der Pumpenstörung er-
Dadurch wurde aber möglicherweise Luft in
mittelt werden. Infolge einer nicht korrekten
das Kraftstoffsystem gebracht. Für die risikotech-
Auflage des Tragringes der ersten Wellendich-
nische Bewertung des Vorkommnisses wird da-
tung hatte dieser während des Betriebes der
von ausgegangen, dass der betroffene Notstand-
Pumpe ein zu grosses Spiel und führte in der
Dieselgenerator während der Hälfte der Zeit seit
Folge zu der Pumpenstörung. Dieses zu grosse
dem letzten erfolgreichen Funktionstest, der am
Spiel war auf eine falsche Angabe in einer Fer-
5. April 2012 stattgefunden hatte, nicht verfüg-
tigungszeichnung eines Ersatzteillieferanten zu-
bar war. Das Vorkommnis wurde der Stufe 1 der
rückzuführen. Im Rahmen der Pumpenreparatur
internationalen Ereignisskala INES zugeteilt.
konnte der auslegungsgemässe Zustand der
Am 1. Juli 2012 öffneten die Spaltfeldschalter
Reaktorhauptpumpe wieder hergestellt werden.
einer Notstromschiene im Wasserkraftwerk Bez-
Das ENSI hat nach der manuellen Reaktorschnell-
nau, hervorgerufen durch eine Störung im exter-
abschaltung im Rahmen von Inspektionen die
nen 50-kV-Netz bei einem heftigen Gewitter. Die
Pumpenreparatur begleitet und sich verge-
Notstromschiene schaltete auslegungsgemäss
wissert, dass keine Einwände gegen das Wieder-
automatisch auf Inselbetrieb. Nach Störungs-
anfahren der Anlage vorlagen.
ende konnten die Spaltfeldschalter geschlossen
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Demontage und
Montage des
RDB-Deckels
Foto: KKB
und der Normalzustand wieder erstellt werden.
maten dieser Baureihe wurden im Block 1 bereits
Der Leistungsbetrieb des Blocks 2 war durch
2012 ersetzt; für 2013 ist der Austausch im Block 2
diese Störung nicht beeinträchtigt. Block 1 be-
vorgesehen. Durch die Aufschaltung eines bau-
fand sich im Revisionsstillstand.
gleichen Reserve-Sicherungsautomaten wurde
Während des monatlichen Probelaufs der Sicher-
die Störung behoben. Alle von der Störung oder
heitseinspeisepumpen wurde am 22. August
den nachfolgenden Instandhaltungsarbeiten di-
2012 eine geringe Leckage an einer Schweiss-
rekt betroffenen Komponenten wurden erfolg-
naht festgestellt. Betroffen war die Schweiss-
reich einer Funktionskontrolle unterzogen. Danach
naht, mit der ein zu einer Entlüftungsarmatur
stimmte das ENSI dem Wiederanfahren zu.
führendes Rohrstück an die gemeinsame Min-
Das nachfolgend beschriebene Vorkommnis be-
destmengenleitung der Containment-Sprüh-
trifft beide Blöcke. Es wurde vom ENSI der Stufe 0
pumpen angeschlossen ist. Diese Leitung führt
der internationalen Ereignisskala zugeteilt.
in die Mindestmengenleitung der Sicherheits-
Die Überwachungsgeräte der dynamischen In-
einspeisepumpen, welche das bei Probeläufen
verter in der Notstandsleittechnik sind gemäss
geförderte Borwasser in den Vorratstank zurück-
Technischer Spezifikation alle drei Monate zu
führt. Die Verfügbarkeit der Sprühpumpen
prüfen. Der vom Planungssystem automatisch
und der Sicherheitseinspeisepumpen war nicht
ausgelöste Auftrag für die Prüfung im Dezember
beeinträchtigt. Die Leckstelle wurde mit einer
2011 wurde von der zuständigen Planungsstelle
speziell angefertigten Schelle gesichert und die
irrtümlich erst für März 2012 terminiert. Bei der
Leckage kontrolliert in den Abwassertank abge-
Ausführung am 8. März 2012 wurde die Über-
führt. Im kurz darauf folgenden Stillstand wurde
schreitung des Prüfintervalls festgestellt. Die
das fehlerhafte Rohrstück ersetzt.
Prüfung selbst wurde erfolgreich durchgeführt.
Am 21. November 2012 löste ein Sicherungs-
Die letzten zwei Prüfungen vor dem Ereignis
automat in einem Leittechnikschrank im Not-
hatten jeweils keine Befunde ergeben. Seit der
standsgebäude fälschlicherweise aus. Dies führte
Einführung der Prozesssteuerung mit diesem Pla-
zum Schliessen beider Speisewasserregelventile.
nungssystem war dies die erste Überschreitung
Die Diskrepanz zwischen Frischdampfentnahme
von vorgegebenen Prüfintervallen. Neu werden
und Speisewasserzufuhr in Kombination mit dem
die gesetzten Termine und die Ausführung von
sinkenden Füllstand der Dampferzeuger löste aus-
Prüfungen gemäss Technischer Spezifikation zu-
legungsgemäss eine korrekt abgelaufene Reak-
sätzlich durch eine unabhängige Kontrolle über-
torschnellabschaltung aus. Ursache war ein Defekt
wacht, um so Überschreitungen von Prüfinter-
des Sicherungsautomaten. Die Sicherungsauto-
vallen vorzubeugen.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
27
Eine Zusammenstellung von Vorkommnissen der
1.3 Anlagetechnik
vergangenen zehn Jahre ist im Anhang in Figur 2
dargestellt. Eine Übersicht über die meldepflich-
1.3.1 Revisionsarbeiten
tigen Vorkommnisse im Berichtsjahr findet sich in
Abgehobener
RDB-Deckel
Tabelle 4.
Im Revisionsstillstand des Blocks 1 vom 18. Mai bis
In den Revisionsabstellungen 2006 und 2007
10. Juli 2012 wurden geplante Tätigkeiten wie
waren die Dichtungen der Notstand-Speisewas-
Brennelementwechsel, Inspektionen mechanischer
serpumpen beider Blöcke unter Beachtung der
und elektrischer Einrichtungen, zerstörungsfreie
Herstellervorgaben angepasst worden, um die An-
Werkstoffprüfungen, wiederkehrende Funktions-
fälligkeit gegen Blockierung durch Schmutzteile zu
prüfungen an Komponenten und Systemen sowie
verringern. Im Jahre 2010 wurde im Rahmen von
Instandhaltungs- und Änderungsarbeiten durch-
ausserplanmässigen Einspeiseversuchen erkannt,
geführt. In Ergänzung zu den Revisionsarbeiten
dass es durch diese Anlagenänderung zu einer
wurden zahlreiche Anlagenänderungen vorge-
Veränderung der Einspeisecharakteristik der Not-
nommen (vgl. Kap. 1.3.2).
stand-Speisewasserpumpen gekommen war, so-
Nachfolgend sind die wichtigsten zerstörungs-
dass im Anforderungsfall weniger Wasser in die
freien Prüfungen aufgeführt:
Dampferzeuger eingespeist würde. Diese Abwei-
Mit einem qualifizierten Ultraschall-Prüfsystem
chung von der Auslegung wurde dem ENSI im
wurden am RDB die Deckeldurchführungsrohre
Jahr 2011 gemeldet. Das KKB reichte im Jahr 2012
im Bereich der Einschweissnähte auf axial- und
umfangreiche neue hydraulische Analysen sowie
umfangsorientierte Risse und Leckagepfade
eine Überarbeitung der gültigen Störfallanalyse
untersucht. Mit Ausnahme des in Kap. 1.2 be-
ein. Diese Analysen zeigen auf, dass die geringere
schriebenen Befundes wurden weder Rissanzei-
Einspeisekapazität
gen noch Leckagepfade festgestellt.
der
Notstand-Speisewasser-
pumpen unter konservativen Randbedingungen
An den Lippendichtschweissnähten der Regel-
weiterhin ausreicht, um die Nachzerfallswärme ab-
stab-Antriebsstangengehäuse wurden visuelle
zuführen und die Anlage in einen sicheren Zustand
Prüfungen durchgeführt. Es wurden keine Bor-
zu überführen. Das ENSI prüfte diese Analysen und
säureablagerungen festgestellt.
kam zum Ergebnis, dass die Funktion des Not-
Die Heizrohre der beiden Dampferzeuger wur-
stand-Speisewassersystems auch bei der verringer-
den mit einem mechanisierten Wirbelstromprüf-
ten Einspeisemenge der Pumpen weiterhin sicher
system geprüft. Dabei wurden die Heizrohre auf
gewährleistet ist.
Ermüdungsrisse und Spannungsrisskorrosion an
Foto: KKB
28
ENSI Aufsichtsbericht 2012
den inneren und äusseren Rohroberflächen so-
1.3.2 Anlageänderungen
wie auf Wanddickenschwächungen der Rohre
infolge von Abrieb im Bereich der Stützkonstruk-
Im Block 1 wurden folgende Anlageänderungen
tion untersucht. Die Prüfungen ergaben keine
durchgeführt:
bewertungspflichtigen Anzeigen.
Alle Bögen und die geraden Rohre der Frisch-
Bei der Wirbelstromprüfung der Kernistrumen-
dampfleitungen im Bereich zwischen den Contain-
tierungsrohre wurden einige bewertungspflich-
mentdurchdringungen und den Schnellschluss-
tige Anzeigen festgestellt. Sie wurden alle als
armaturen wurden ersetzt. Die Leitungen wurden
zulässig bewertet. Die Bewertungsgrundlage
erneuert, da in den Jahren 2006 und 2007 her-
war vorgängig vom ENSI geprüft und akzeptiert
stellungsbedingte lokale Unterschreitungen der
worden.
rechnerischen
Die plattierte Innenoberfläche des Druckhalters
worden waren. Der Weiterbetrieb wurde damals
wurde in ausgewählten Bereichen einer indirek-
durch das ENSI befristet freigegeben.
ten visuellen Prüfung mit einem Kamerasystem
Jeweils eine der doppelt vorhandenen Contain-
unterzogen. Die gezielte Prüfung auf Oberflä-
ment-Absperrarmaturen
chenfehler umfasste die Bereiche der rostfreien
pumpsystems und des Aktivitätsüberwachungs-
Plattierung im mittleren Übergangsbereich von
systems wurde in das Containment versetzt. Diese
der Dampfphase zur flüssigen Phase im Normal-
Anlageänderung führt zu einer Verbesserung der
betrieb sowie die Kanten der Instrumentierungs-
Erdbebensicherheit der Containmentisolation.
stutzen und der Entlastungsstutzen. Es zeigten
Die Leitungen des primären Nebenkühlwasser-
Mindestwandstärke
des
festgestellt
Ringraum-Rück-
sich keine bewertungspflichtigen Auffälligkeiten.
systems waren grösstenteils aus Kohlenstoffstahl
Im Rahmen der Wiederholungsprüfungen elektri-
gefertigt und seit 40 Jahren ununterbrochen im
scher Ausrüstungen wurden alle von der Tech-
Einsatz. Unter dem Einfluss des sauerstoffreichen
nischen Spezifikation verlangten wiederkehrenden
Aarewassers musste mit Wanddickenschwä-
Funktionskontrollen und Prüfungen an elektri-
chungen durch Korrosion und Leckagen gerech-
schen und leittechnischen Ausrüstungen erfolg-
net werden. Deshalb wurden alle Hauptleitungen
reich durchgeführt.
des Systems durch solche in rostfreier Ausfüh-
Der Block 2 wurde vom 28. August bis 18. Septem-
rung ersetzt. Zur Verbesserung der Wasserver-
ber 2012 für den Brennelementwechsel abgestellt.
sorgung bei Anlagestillständen soll künftig der
Weitere Arbeiten waren System- und Komponen-
stillstehende Block aus dem Zulaufkanal des
tentests beim Abfahren sowie beim Wiederan-
laufenden Blocks versorgt werden. Dazu wurde
fahren der Anlage. Am RDB wurden visuelle
der Anschluss zum Kanal der Turbogruppe 12
Prüfungen durchgeführt, insbesondere am RDB-
erstellt und die zugehörigen Armaturen ein-
Deckel, an den Regelstabantrieben und an den
gebaut. Die Inbetriebnahme wurde erfolgreich
Regelstab-Antriebsstangengehäusen. Zusätzlich wur-
durchgeführt, zusammen mit dem analogen
den die Lippendichtschweissnähte der Regelstab-
Anschluss in Block 2, der bereits 2011 erstellt
Antriebsstangengehäuse in die Prüfungen einbe-
worden war.
zogen. Es wurden keine bewertungspflichtigen
Im Rahmen des altersbedingten Ersatzes der ge-
Anzeigen festgestellt. An den Lippendichtschweiss-
samten elektrischen Installationen der Rundlauf-
nähten wurden keine Borsäureablagerungen ge-
kräne und dem Ersatz der Krankatzen beider
funden.
Blöcke wurde der Rundlaufkran des Blocks 1
Wegen erhöhter Schwingungen an der Reaktor-
umfassend saniert. Die Arbeiten bestanden aus
hauptpumpe A wurden Teile der Dichtungspartie
dem Ersatz der bestehenden Krankatze durch
gewechselt und die Pumpe gewuchtet. An der
eine neu konstruierte Krankatze mit von 93 t auf
Reaktorhauptpumpe B wurden wegen erhöhtem
100 t erhöhter Traglast, dem Austausch sämt-
Sperrwasserrücklauf ebenfalls Teile der Dichtungs-
licher elektrischen Installationen inklusive Kran-
partie ersetzt.
steuerung sowie der Sanierung der bestehenden
Im Rahmen der Wiederholungsprüfungen elektri-
Kranbrücke. Die mechanische Auslegung der
scher Ausrüstungen wurden alle von der Tech-
Katze erfolgte neu nach dem KTA-Regelwerk
nischen Spezifikation verlangten wiederkehrenden
und erfüllt somit einen höheren Sicherheitsstan-
Funktionskontrollen und Prüfungen an elektri-
dard als bisher.
schen und leittechnischen Ausrüstungen erfolg-
Im Notstandsgebäude wurden Anschlüsse für
reich durchgeführt.
die Accident-Management-Notstromeinspeisung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
29
installiert. Mit einem Einspeiseversuch konnte
einem Spaltstoffgehalt von 4,62 Gewichtsprozenten
die verlangte elektrische Versorgung der Ver-
ersetzt. Es wurden die letzten MOX-Brennelemente
braucher bestätigt werden.
ausgeladen. Die Handhabung der Brennelemente
Die 125 Niederspannungs-Leistungsschalter wer-
verlief ohne Vorkommnis. Der Reaktorkern enthält
den in einem Zeitraum von fünf Jahren ersetzt.
im 39. Betriebszyklus 4 Uran-Brennelemente und
Während des Revisionsstillstands 2012 wurden
117 WAU-Brennelemente.
36 Schalter in den klassierten Schaltanlagen aus-
Beide Reaktoren wurden mit freigegebenen und
gewechselt.
qualitätsgeprüften Brennelementen bestückt. Die
Die geänderten Systeme und Komponenten wur-
neuen vom ENSI freigegebenen Kernbeladungen
den vor dem Wiederanfahren der Anlage getestet
erfüllten entsprechend der Dokumentation alle
und funktionierten einwandfrei.
Anforderungen. Alle Steuerelemente erfüllten die
Im Block 2 wurden folgende Anlageänderungen
Kriterien für einen weiteren Einsatz. Es lagen keine
durchgeführt:
Hinweise auf Steuerelementdefekte vor. Deshalb
Im Vorfeld des geplanten Austausches der Um-
wurden gemäss dem langfristigen Inspektionsplan
luftkühler im Containment im Jahre 2013 wurde
keine Steuerelementinspektionen durchgeführt.
die Verbindung des Podestes mit der inneren
Im Berichtszeitraum sind die Reaktorkerne beider
Ringwand mittels zusätzlicher Schweissnähte
Blöcke auslegungsgemäss und im bewilligten Rah-
verstärkt.
men betrieben worden. Das Wiederanfahren bei-
Für die Anschlüsse der Accident-Management-
der Blöcke verlief einwandfrei und wurde vor Ort
Notstromeinspeisung wurden im Notstand-
durch das ENSI inspiziert. Die Ergebnisse der reaktor-
gebäude die vorbereitenden Massnahmen wie
physikalischen Messungen stimmten gut mit den
Mauerdurchbrüche und Kabelverlegung bis
Ergebnissen der Kernauslegungsberechnungen
zum Einspeisepunkt ausgeführt. Der definitive
überein. Es kam zu keiner Überschreitung der Be-
Anschluss an die Niederspannungsschiene des
triebsgrenzen.
Notstandsystems ist für die nächste Revisionsabstellung geplant.
1.3.3 Brennelemente, Steuerstäbe
und Reaktorkern
1.3.4 Massnahmen nach Fukushima
Das KKB hat dem ENSI fristgerecht am 30. März
2012 die in der Verfügung vom 1. April 2011 geforderten Nachweise zur Beherrschung eines
Die Blöcke 1 und 2 des KKB werden mit je 121
10 000-jährlichen Erdbebens sowie der Kombina-
Brennelementen betrieben. Im Betriebszeitraum
tion von Erdbeben und Hochwasser eingereicht.
traten keine Defekte an Brennelementen auf. Die
Bereits vorgängig waren die Erdbebenfestigkeits-
Integrität der ersten Barriere zum Schutz gegen den
nachweise (Fragilities) für alle relevanten Bauwerke,
Austritt radioaktiver Stoffe war somit gegeben.
Systeme und Komponenten fertiggestellt worden.
Während des Revisionsstillstands wurden im Block 1
Neben der Sicherheit des Kernreaktors, des Primär-
insgesamt 20 abgebrannte Brennelemente durch
kreislaufs und des Containments war gemäss der
20 neue ersetzt. Dabei handelt es sich um solche
ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011 auch die Aus-
mit wiederaufgearbeitetem Uran (WAU), das 4,62
legung der Brennelementlagerbecken, -gebäude
Gewichtsprozente Spaltstoff aufweist. Beim Wie-
und -kühlsysteme zu überprüfen und die Einhaltung
derbeladen des Reaktorkerns kippte ein Brennele-
der zulässigen Dosislimiten für diese Störfälle nach-
ment seitlich gegen die Wand der Kernumfassung
zuweisen. Aufgrund der Prüfung der eingereichten
(vgl. Kap. 1.2). Das betroffene Brennelement-Quar-
Dokumentation kam das ENSI zum Schluss, dass die
tett wurde durch ein äquivalentes Quartett ausge-
Kernkühlung und die Kühlung des Brennelement-
tauscht. Diese geringfügige Änderung der Kernbe-
lagerbeckens unter Einwirkung eines 10 000-jähr-
ladung wurde dem ENSI termingerecht gemeldet
lichen Erdbebens und der Kombination von Erd-
und in der Berechnung der endgültigen Kernbe-
beben
ladung berücksichtigt. Der Reaktorkern des Blocks 1
einzelfehlersicher gewährleistet sind. Die Dosis-
enthält aktuell im 41. Betriebszyklus 1 Uran-Brenn-
limite von 100 mSv wird bei diesen Störfällen ein-
element, 112 WAU-Brennelemente und 8 Brenn-
gehalten. Das Kriterium gemäss Art. 3 der «Ausser-
elemente mit Uran/Plutonium-Mischoxid (MOX).
betriebnahmeverordnung» (SR 732.114.5) wird
Auch im Block 2 wurden 20 abgebrannte Brenn-
nicht erreicht. Aus der Stellungnahme des ENSI zum
elemente durch 20 neue WAU-Brennelemente mit
Erdbebennachweis des KKB resultieren dennoch
30
und
erdbebenbedingtem
Hochwasser
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Forderungen, welche die Massnahmen zu Verhin-
Im Kalenderjahr 2012 wurde in den beiden Blöcken
derung einer unzulässigen Füllstandabsenkung im
des KKB eine Kollektivdosis von 790 Pers.-mSv ver-
Brennelementbecken und die durchgängig erd-
zeichnet. Die höchste im KKB registrierte Individu-
bebenfeste Ansteuerung vom Notstandleitstand
aldosis betrug 8,0 mSv und lag deutlich unterhalb
der Frischdampf-Abblaseventile betreffen. Termin-
des Dosisgrenzwerts nach Strahlenschutzverord-
gerecht hat das KKB zur ersten Forderung Stellung
nung für beruflich strahlenexponierte Personen von
genommen. Daraufhin hat das ENSI die vorgeschla-
20 mSv pro Jahr. Das entsprechende betriebseigene
genen Massnahmen als geeignet und die betroffene
Planungsziel von maximal 10 mSv pro Person und
Forderung als erfüllt beurteilt. Die weiteren gefor-
pro Jahr wurde eingehalten. Es wurden weder
derten Abklärungen wurden für 2013 terminiert.
Personenkontaminationen, die nicht mit her-
In einer am 28. November 2012 durchgeführten
kömmlichen Mitteln entfernt werden konnten,
Schwerpunktinspektion zum langandauernden
noch Inkorporationen über der Triageschwelle ge-
Verlust der Stromversorgung überzeugte sich das
mäss Dosimetrieverordnung festgestellt.
ENSI von der Verfügbarkeit und der Eignung der
Das ENSI hat anlässlich seiner Inspektionen unter-
zur Beherrschung des langandauernden Totalaus-
schiedliche Strahlenschutzaspekte überprüft und
falls der Wechselstromversorgung vorgesehenen
überwiegend vorgabenkonforme Zustände und
Einrichtungen für die Accident-Management-Mass-
richtiges Verhalten angetroffen. Bei einer Inspek-
nahmen. Die vorgestellte Strategie zur Beherr-
tion wurde jedoch das Verhalten von Mensch und
schung des langandauernden Totalausfalls der
Organisation als verbesserungsbedürftig bewertet,
Wechselstromversorgung bewertete das ENSI als
da im KKB 2 die Aktualität der Beschilderung, die
zielführend. In derselben Inspektion kontrollierte
Abtrennung an Zonengrenzen und die Anpassung
das ENSI die korrekte Ausführung der laut ENSI-
der Planung entsprechend der laufenden Arbeiten
Verfügung vom 5. Mai 2011 auf Ende 2012 ver-
nicht dem Sollzustand entsprach. Der vorbildliche
langten externen elektrischen und hydraulischen
Dosisleistungsatlas wurde hingegen als «gute
Anschlüsse für AM-Massnahmen. Es konnte dabei
Praxis» beurteilt.
die Erfüllung der Forderung aus der Verfügung
Der Block 2 wurde Ende März 2012 unplanmässig
festgestellt werden.
für die Reparatur der Reaktorhauptpumpe A von
Am 5. Dezember 2012 führte das ENSI eine
Hand abgestellt (vergl. Kap. 1.2). Anzeichen auf
Schwerpunktinspektion zu den Prozessen und
Brennelementschäden gab es dabei keine. Unter
Vorgabedokumenten zur Auswertung externer Vor-
Einbezug aller Arbeiten ergab sich für die 23 Tage
kommnisse durch. Die Inspektion zeigte, dass
dauernde Zwischenabstellung eine Kollektivdosis
geeignete Vorgaben für die Auswertung der für das
von 55,4 Pers.-mSv.
KKB relevanten externen Vorkommnisse vorhan-
Beim Abfahren des Blocks 1 zur geplanten Revi-
den sind. Ebenso sind die Übergänge zu den für die
sionsabstellung gab es keine Hinweise auf Brenn-
Umsetzung abgeleiteter Massnahmen relevanten
elementschäden. Die ursprünglich geplante Still-
Prozessen festgelegt. Das ENSI stellte fest, dass
standsdauer von 48 Tagen musste um rund 5 Tage
die Vorgaben bezüglich des Profils für Fachvertre-
verlängert werden, weil aufgrund von Rissanzei-
ter im Arbeitsteam, das die Auswertung im Werk
gen Reparaturarbeiten am RDB-Deckel notwen-
vornimmt, erst im Entwurf vorhanden sind und
dig waren. Die akkumulierte Kollektivdosis betrug
verlangte Korrekturmassnahmen.
544 Pers.-mSv. Die Planungsdosis von 433 Pers.mSv wurde um 26% überschritten. Die befundbedingten Reparaturarbeiten am RDB-Deckel er-
1.4 Strahlenschutz
gaben eine Exposition von 82 Pers.-mSv. Im
Rahmen der Prognosegenauigkeit entsprachen
Im Kalenderjahr 2012 wurden im KKB folgende
die effektiv akkumulierten Jobdosen den Pla-
Kollektivdosen ermittelt:
nungswerten.
Kollektivdosis
KKB 1
KKB 2
KKB 1+2
Revisionsstillstand*
544 Pers.-mSv 111 Pers.-mSv 709 Pers.-mSv
Leistungsbetrieb
40 Pers.-mSv
gesamtes Jahr
584 Pers.-mSv 153 Pers.-mSv 790 Pers.-mSv
41 Pers.-mSv
* Im Block 2 wurden Brennelementwechsel
und Zwischenabstellung zusammengefasst
ENSI Aufsichtsbericht 2012
81 Pers.-mSv
Im Berichtsjahr wurde im Block 2 die geplante Abstellung für einen Brennelementwechsel durchgeführt. Das Abfahren der Anlage verlief ebenfalls
ohne Hinweise auf Brennelementschäden. Nach
einer Stillstandsdauer von 21 Tagen wurde der Leistungsbetrieb gegenüber der Planung mit 10 Tagen
Verzögerung aufgrund von Prüfarbeiten an den
31
Druckspeicher
des Sicherheitseinspeisesystems
Foto: KKB
Reaktorhauptpumpen A und B wieder aufgenom-
Abwasser abgegebenen radioaktiven Stoffen be-
men. Die akkumulierte Kollektivdosis betrug 55,6
rechnete das ENSI die Jahresdosis für Einzelper-
Pers.-mSv. Die Planungsdosis von 69 Pers.-mSv
sonen der Bevölkerung in der Umgebung des KKB
wurde um 19% unterschritten, da für drei Arbeiten
unter ungünstigen Annahmen. Die Dosen betrugen
die akkumulierte Dosis niedriger war als geplant.
weniger als 0,001 mSv für Erwachsene, rund
Für die übrigen Arbeiten wurde mit 24 Pers.-mSv
0,001 mSv für Zehnjährige und rund 0,0016 mSv für
eine um 33% höhere Dosis akkumuliert als zuvor
Kleinkinder und lagen deutlich unterhalb des quel-
abgeschätzt, da die Arbeiten an den Dichtungen
lenbezogenen Dosisrichtwerts von 0,3 mSv/Jahr ge-
der Reaktorhauptpumpen nicht eingeplant waren.
mäss der Richtlinie ENSI-G15. Die Dosisleistungs-
Das ENSI bemerkt, dass das verantwortliche Strah-
Messsonden des vom ENSI betriebenen Messnetzes
lenschutzpersonal kontinuierlich Verbesserungs-
(MADUK) in der Umgebung des Werkes zeigten
möglichkeiten sucht und zielgerichtet umsetzt. Der
keine durch den Betrieb der Anlage erhöhten Werte.
KKB-Strahlenschutz wird bei der Revisionsplanung
Die Thermolumineszenz- Dosimeter (TLD), die an
früh einbezogen und trägt damit zur guten Koordi-
ausgewählten Stellen am Zaun des Kraftwerkareals
nation der Tätigkeiten bei. Die im ENSI-Aufsichts-
angebracht sind, zeigten keine nennenswerte Er-
bericht 2011 angesprochene enge Personalsituation
höhung gegenüber der Untergrundstrahlung. Bei
in der Leitung des operationellen Strahlenschutzes
den quartalsweise vom ENSI zur Kontrolle durchge-
hat sich verbessert. Das KKB ist weiterhin bestrebt,
führten Messungen an der Umzäunung des KKB
einen soliden Bestand an gut qualifiziertem, er-
wurden ebenfalls keine signifikanten Erhöhungen
fahrenem und motiviertem Strahlenschutzfach-
gegenüber der Untergrundstrahlung festgestellt.
personal für den längerfristigen Normalbetrieb
Die nach Art. 102 Absatz 3 der Strahlenschutzver-
der Doppelblockanlage und für die geplanten, an-
ordnung anzuwendenden Immissionsgrenzwerte
spruchsvollen Revisionen aufzubauen.
für die Direktstrahlung ausserhalb des Kraftwerks-
Die radioaktiven Abgaben über die Abluft in Form
areals von 1 mSv pro Jahr für Wohn- und Aufent-
von Aerosolen, Iod und Edelgasen lagen deutlich
haltsräume und von 5 mSv pro Jahr für andere
unterhalb der in der Betriebsbewilligung festge-
Bereiche wurden eingehalten. Für detailliertere
legten Grenzwerte. Die gleiche Aussage gilt auch
Angaben zur radiologischen Situation innerhalb
für die radioaktiven Abgaben mit dem Abwasser.
und ausserhalb der Anlage Beznau wird auf den
Die für Druckwasserreaktoren typischen Tritium-
Strahlenschutzbericht 2012 des ENSI verwiesen.
Abgaben des KKB betrugen rund 17% des Jahresgrenzwerts. Die quartalsweise vom ENSI durchgeführten Kontrollmessungen von Abwasserproben
1.5 Radioaktive Abfälle
sowie Iod- und Aerosolfiltern zeigten Übereinstimmung mit den vom KKB gemeldeten Analyseergeb-
Radioaktive Rohabfälle fallen im KKB regelmässig
nissen. Aus den tatsächlich über die Abluft und das
aus den Wasserreinigungssystemen sowie der
32
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Abgas- und Fortluftreinigung an. Weitere Abfälle
formation über Menge, Lagerort und radiologische
stammen aus dem Austausch von Komponenten
Eigenschaften jederzeit verfügbar ist.
bei Instandhaltungs-, Umbau- oder Nachrüstmass-
Ein wichtiges Element bei der Minimierung der
nahmen und den dabei verwendeten Verbrauchs-
radioaktiven Abfälle ist die Inaktiv-Freimessung von
materialien. Der Anfall an radioaktiven Rohabfäl-
Materialien aus der kontrollierten Zone. Im KKB wur-
len (vgl. Tabelle 8) war im Berichtsjahr mit 28 m3
den im Jahr 2012 insgesamt 55 t Material gemäss
etwa gleich wie im Vorjahr. Der Anfall bewegt sich
den Vorgaben der Richtlinie ENSI-B04 freigemessen.
innerhalb der mehrjährigen Schwankungsbreite
auf einem niedrigen Niveau.
Die radioaktiven Rohabfälle werden gesammelt,
1.6 Notfallbereitschaft
kampagnenweise konditioniert und anschliessend
zwischengelagert. Die im KKB vorhandenen un-
Die Notfallorganisation des KKB ist für die Bewälti-
konditionierten Abfälle sind in dafür vorgesehenen
gung aller Notfälle innerhalb des Werksareals zu-
Räumlichkeiten der kontrollierten Zone aufbewahrt
ständig. Mit einer zweckmässigen Organisation,
(Nebenanlagengebäude, ZWIBEZ). Der Bestand an
geeigneten
unkonditionierten Abfällen liegt im KKB mit 66 m3
tungen und einer entsprechenden Auslegung der
unter dem Fünfjahresmittelwert. Brennbare und
Anlage hat das Werk die Notfallbereitschaft auf
schmelzbare Rohabfälle wurden im Berichtsjahr für
hohem Niveau sicherzustellen.
die Behandlung in der Plasma-Anlage der ZWILAG
Das ENSI hat im März 2012 anlässlich der Werks-
bereitgestellt und dorthin transportiert.
notfallübung LAKI die Notfallorganisation beob-
Als Konditionierungsverfahren kommen im KKB
achtet und beurteilt. Bei der Übung wurden für
die Einbindung von Harzen in Polystyrol sowie die
beide Blöcke unterschiedliche Szenarien unterstellt.
Zementierung von Schlämmen zum Einsatz. Für
Im Block 2 kam es durch Fehlfunktionen zu einer
alle Verfahren liegen die gemäss Kernenergiever-
namhaften Ansammlung von radioaktivem Iod. Bei
ordnung und Richtlinie ENSI-B05 erforderlichen
einem Leitungsbruch in Kombination mit dem
Typengenehmigungen vor. Im Berichtsjahr wurden
Ausfall der Ventilation im Nebengebäude strömten
Schlämme konditioniert. Die Harze werden über
radioaktive Stoffe über eine für Reparaturzwecke
mehrere Jahre gesammelt und dann kampagnen-
geöffnete Luke unkontrolliert ins Freie. Im Block 1
weise konditioniert. Die Einbindung der Harze in
ereignete sich unabhängig davon ein kleiner Kühl-
eine organische Matrix erhöht den organischen
mittelverluststörfall. Aufgrund seiner Übungsbeob-
Anteil im zukünftigen geologischen Tiefenlager.
achtungen kam das ENSI zum Schluss, dass die
Das ENSI verfolgt kontinuierlich die internationale
Ziele gemäss der Richtlinie ENSI-B11 erreicht wur-
Entwicklung von Konditionierungsverfahren. Es
den. Das KKB verfügt über eine zur Beherrschung
kommt basierend auf dem aktuellen Kenntnis-
von Störfällen geeignete Notfallorganisation.
stand zur Einschätzung, dass Alternativen, die im
Eine Inspektion hat zudem gezeigt, dass die Not-
Endprodukt weniger organische Anteile haben,
fallkommunikationsmittel für den Kontakt zu ex-
andere gewichtige produkt- oder prozessbe-
ternen Stellen betriebsbereit sind.
zogene Nachteile aufweisen. Zudem müssen die
Ferner löste das ENSI im KKB ohne Voranmeldung
geologischen Tiefenlager gemäss heutigem Pla-
einen Übungsalarm aus, bei welchem die Verfüg-
nungsstand aus verschiedenen Gründen um ein
barkeit des Werks-Notfallstabes gemäss Richtlinie
Vielfaches höhere Gasproduktionsraten sicher be-
ENSI-B11 bestätigt wurde.
Führungsprozessen
und
-einrich-
herrschen, als sie aus den organischen Abfallbestandteilen im Betriebsabfall der Kernkraftwerke
unter
ungünstigsten
Bedingungen
1.7 Personal und Organisation
entstehen können.
Die konditionierten Abfallgebinde werden routine-
1.7.1 Organisation und Betriebsführung
mässig in die werkseigenen Zwischenlager (Rückstandslager und SAA-Lager des ZWIBEZ) einge-
Im Berichtsjahr hat das KKB den Personalbestand
lagert. Das KKB nutzt aber auch die Kapazitäten
auf 547 Personen erhöht (Ende 2011: 543), was
des zentralen Zwischenlagers in Würenlingen. Die
unter anderem mit dem Personalbedarf für die
radioaktiven Abfälle des KKB sind in einem von allen
laufenden Grossprojekte zusammenhängt. Das
schweizerischen Kernanlagen eingesetzten elektro-
KKB hat im Jahr 2012 keine grösseren organisato-
nischen Buchführungssystem erfasst, so dass die In-
rischen Änderungen vorgenommen.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
33
Das Managementsystem des KKB entspricht der
Ausbildungsprogramm erfüllt die Anforderungen
Norm DIN EN ISO 9001:2008 und wird in regel-
der Richtlinie ENSI-B10.
mässigen Audits vom Zertifizierungsinstitut geprüft. Das ENSI führte 2012 eine Inspektion zur
Integration des Regelwerks in das Management-
1.8 Sicherheitsbewertung
system durch. Die Prozesse, die sicherstellen, dass
die verwendeten gesetzlichen und reglementari-
1.8.1 Block 1: Detaillierte Bewertung
schen Grundlagen aktuell sind, erfüllen die Anforderungen.
Im Jahr 2012 beurteilte das ENSI mit dem im An-
Im Laufe des Jahres 2012 hat das ENSI mit dem
hang (Kapitel Sicherheitsbewertung) beschriebenen
KKB Fachgespräche zur Sicherheitskultur durchge-
System rund 220 Inspektionsgegenstände, Ergeb-
führt. Themen waren die Bedeutung und die Aus-
nisse von Zulassungsprüfungen, Einzelaspekte von
wirkungen des Unfalls in Fukushima in Bezug auf
Vorkommnisabläufen und Sicherheitsindikatoren
die Sicherheitskultur der Betreiber der Schweizer
bezüglich ihrer Bedeutung für die nukleare Sicher-
Kernkraftwerke. Ziel dieser Art von Gesprächen ist
heit (einschliesslich für beide Blöcke relevante Beur-
explizit nicht die Bewertung der Sicherheitskultur
teilungen). Dabei kam das ENSI für die einzelnen
der Betreiber, sondern die Förderung der Selbstre-
Zellen der Sicherheitsbewertungs-Matrix zu fol-
flexion der Betreiber über die eigene Sicherheits-
genden zusammenfassenden Beurteilungen:
kultur. Im ersten Fachgespräch wurden die vom
ENSI vorgegebenen Themen behandelt. Das ENSI
wertete das Gespräch aus und informierte den Betreiber im Rahmen eines zweiten Gesprächs über
die Ergebnisse.
1.7.2 Personal und Ausbildung
Im Berichtsjahr bestand ein ReaktoroperateurAnwärter des KKB die Abschlussprüfung der kerntechnischen Grundlagenausbildung an der Reaktorschule des PSI. Dies ist eine Voraussetzung für
die weitere Ausbildung und spätere Zulassungsprüfung zum Reaktoroperateur. Die Ausbildung
vermittelt die erforderlichen theoretischen Kenntnisse in thermischer Kraftwerkstechnik, Nuklear-
Sicherheitsbewertung 2012 KKB 1:
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
physik, Reaktortechnik und Strahlenschutz.
Zellen ohne Bewertung bedeuten, dass weder In-
Drei Reaktoroperateure und fünf Schichtchefs des
spektionsergebnisse, Vorkommnisse noch Sicher-
KKB legten im Berichtsjahr ihre Zulassungsprüfung
heitsindikatoren eine Bedeutung für diese Zellen
mit Erfolg ab. Die Zulassungsprüfungen bestehen
hatten. Im Folgenden werden jene Zellenbewer-
aus einem theoretischen und einem praktischen
tungen begründet, die in die Kategorien A (Ab-
Teil. Im theoretischen Teil weisen die Kandidaten
weichung) und höher gehören. Die aufgeführten
ihre detaillierten Kenntnisse zum Aufbau und Ver-
Sachverhalte sind in den Unterkapiteln 1.1 bis 1.7
halten der Anlage und zu den anzuwendenden
ausführlicher behandelt. Die Mehrzahl der Sach-
Vorschriften nach. Der praktische Teil erfolgt am
verhalte ist sowohl für Sicherheitsebenen oder Bar-
eigenen Anlagesimulator und besteht in einer
rieren als auch für Schutzziele von Bedeutung.
Demonstration der Anwendung der Kenntnisse.
Die Anzahl der zulassungspflichtigen Personen ist
im Anhang in Tabelle 3 zusammengestellt.
Ebene 1, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Das ENSI hat eine Inspektion zum Ausbildungspro-
An einem Rohrbogen einer Speisewasserleitung
gramm 2012 der Abteilung Betrieb durchgeführt.
wurde eine Wanddickenunterschreitung festge-
Gegenstand waren die anlagenspezifische Grund-
stellt, die nur befristet zulässig ist.
ausbildung, die Wiederholungsschulung am Simu-
Nach dem Absetzen eines Brennelements im
lator, die allgemeine Wiederholungsschulung so-
Reaktordruckbehälter kippte dieses gegen die
wie deren Änderungen und Neuerungen. Das
Kernumfassung.
34
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Ebene 3, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
dem EU-Stresstest herangezogen und dabei die
Eine Störung in einem Regelkreis führte zu einem
grad, Diversität, räumlicher Separation und Ro-
kurzzeitigen Ausfall der Kälteanlage zur Raum-
bustheit gegen auslösende Ereignisse bewertet.
kühlung des Notstandgebäudes.
Da die Auslegungs-Vorgaben des KKB die Mini-
Auslegung der Anlage bezüglich Redundanz-
malanforderungen und den Stand ausländischer
Ebene 3, Zustand und Verhalten von
Mensch und Organisation: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Anlagen desselben Typs übertreffen, bewertet
das ENSI die Sicherheit des Blocks 1 des KKB hinsichtlich Auslegungs-Vorgaben als gut.
Eine wiederkehrende Funktionsprüfung in der
Notstandleittechnik wurde bei der Planung
Betriebs-Vorgaben
falsch terminiert, wodurch es zur Überschreitung
Da keine Bewertungen der Kategorien A und
des von der Technischen Spezifikation vorge-
höher vorliegen, bewertet das ENSI die Sicher-
schriebenen Prüfintervalls kam.
heit des Blocks 1 des KKB hinsichtlich BetriebsVorgaben als hoch.
Integrität des Primärkreises, Zustand
und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Zustand und Verhalten der Anlage
Das ENSI beurteilt die Wanddickenunterschrei-
An der Einschweissnaht eines Reaktordeckel-
tung am Rohrbogen einer Speisewasserleitung,
Durchdringungsrohrs wurde eine fehlerhafte
das Kippen eines Brennelements, die fehlerhafte
Stelle identifiziert, die repariert werden musste.
Stelle an der Einschweissnaht eines Reaktordeckel-
An einer Reaktordeckeldichtung wurde eine
Durchdringungsrohrs, die fehlerhafte Stelle an der
Vertiefung festgestellt, welche die Dichtfunktion
äusseren Reaktordeckeldichtung, den kurzzeiti-
der äusseren Dichtung beeinträchtigte.
gen Ausfall der Kälteanlage zur Raumkühlung
An einer Schweissnaht im Bereich einer Lade-
des Notstandgebäudes und die Tropfleckage im
pumpe führte ein fertigungsbedingter Riss zu
Bereich einer Ladepumpe als Abweichungen mit
einer Tropfleckage.
einer geringen Bedeutung für die nukleare Sicher-
Dieselben Sachverhalte, die oben aus der Perspek-
heit. Entsprechend bewertet das ENSI die Sicher-
tive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge zugeord-
heit des Blocks 1 des KKB hinsichtlich Zustand und
net worden sind, lassen sich auch aus der Schutz-
Verhalten der Anlage als gut.
ziel-Perspektive zuordnen. Das Ergebnis sieht wie
folgt aus:
Zustand und Verhalten von Mensch
und Organisation
Das ENSI beurteilt die Überschreitung des von der
Technischen Spezifikation vorgeschriebenen Prüfintervalls der Notstandleittechnik als Abweichung
mit einer geringen Bedeutung für die nukleare
Sicherheit. Entsprechend bewertet das ENSI die
Sicherheit des Blocks 1 des KKB hinsichtlich Zustand und Verhalten der Anlage als gut.
Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit
vollumfänglich gewährleistet.
Sicherheitsbewertung 2012 KKB 1: Schutzziel-Perspektive
1.8.3 Block 2: Detaillierte Bewertung
Anmerkung: alternative Darstellung derselben Sachverhalte wie
in der Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge, aber mit
zusätzlicher Darstellung radiologischer Auswirkungen
Im Jahr 2011 beurteilte das ENSI mit dem im
Anhang (Kapitel Sicherheitsbewertung) beschrie-
1.8.2 Block 1: Gesamtbewertung
benen System rund 230 Inspektionsgegenstände,
Ergebnisse von Zulassungsprüfungen, Einzelaspekte
Auslegungs-Vorgaben
von Vorkommnisabläufen und Sicherheitsindika-
Bei der Beurteilung der Auslegungs-Vorgaben
toren bezüglich ihrer Bedeutung für die nukleare
hat das ENSI Erkenntnisse aus der letzten Perio-
Sicherheit (einschliesslich für beide Blöcke rele-
dischen Sicherheitsüberprüfung PSÜ sowie aus
vante Beurteilungen). Dabei kam das ENSI für die
ENSI Aufsichtsbericht 2012
35
einzelnen Zellen der Sicherheitsbewertungs-Matrix
Eine Störung führte zu einem kurzzeitigen Aus-
zu folgenden zusammenfassenden Beurteilungen:
fall der Raumkühlung des Notstandgebäudes.
An einer Schweissnaht im Bereich des Containment-Sprühsystems und der Sicherheitseinspeisepumpen kam es zu einer Leckage.
Die Fehlauslösung eines Sicherungsautomaten
der Notstand-Leittechnik führte zu einer Reaktorschnellabschaltung.
Die unter Ebene 2 genannte Nichtverfügbarkeit
einer Redundanz der Containment-Aktivitätsmessung war auch für die Ebene 3 von Bedeutung.
Ebene 3, Zustand und Verhalten von
Mensch und Organisation: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Die beim Block 1 genannte Überschreitung des
Sicherheitsbewertung 2012 KKB 2:
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
von der Technischen Spezifikation vorgeschriebenen Prüfintervalls der Notstandleittechnik betraf
auch den Block 2.
Zellen ohne Bewertung bedeuten, dass weder Inspektionsergebnisse, Vorkommnisse noch Sicherheitsindikatoren eine Bedeutung für diese Zellen
hatten. Im Folgenden werden jene Zellenbewer-
Ebenen- oder barrierenübergreifend,
Zustand und Verhalten der Anlage: Kategorie 1
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
tungen begründet, die in die Kategorien A (Abwei-
Die unter Ebene 3 genannte Nichtverfügbarkeit
chung) und höher gehören. Die aufgeführten
des Notstand-Dieselgenerators führte zu einer
Sachverhalte sind in den Unterkapiteln 1.1 bis 1.7
nennenswerten Risikoerhöhung (ICCDP zwi-
ausführlicher behandelt. Die Mehrzahl der Sach-
schen 10 -6 und 10 -4), die das ENSI gemäss den
verhalte ist sowohl für Sicherheitsebenen oder
Kriterien in Anhang 6 der Richtlinie ENSI-B03 der
Barrieren als auch für Schutzziele von Bedeutung.
Kategorie 1 der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala zuordnet.
Ebene 1, Auslegungsvorgaben:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Wegen einer falschen Angabe in einer Fertigungszeichnung eines Ersatzteillieferanten kam
Ebenen oder barrierenübergreifend, Zustand
und Verhalten der Anlage: Kategorie A der
ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
es zu einer Störung an einer Reaktorhaupt-
Die aufgrund der unter Ebene 1 erwähnten Stö-
pumpe und zu einer vorsorglichen manuell aus-
rung an einer Reaktorhauptpumpe vorgenom-
gelösten Reaktorschnellabschaltung.
mene Reaktorschnellabschaltung führte zu einer
geringfügigen Risikoerhöhung (ICCDP zwischen
Ebene 2, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Die unter Ebene 3 genannte durch die Fehlaus-
Während der Beladung des Reaktors war kurze
lösung eines Sicherungsautomaten der Notstand-
Zeit eine Redundanz der Containment-Aktivitäts-
Leittechnik verursachte Reaktorschnellabschaltung
messung nicht verfügbar.
führte zu einer geringfügigen Risikoerhöhung
10 -8 und 10 -6 ).
(ICCDP zwischen 10 -8 und 10 -6 ).
Ebene 3, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Dieselben Sachverhalte, die oben aus der Perspek-
Bei einem periodischen Funktionstest startete
net worden sind, lassen sich auch aus der Schutz-
der Notstand-Dieselgenerator nicht.
ziel-Perspektive zuordnen. Das Ergebnis sieht wie
Kurzzeitig kam es zur Trennung der Anspeisung
folgt aus:
tive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge zugeord-
einer vom Wasserkraftwerk Beznau versorgten
Notstromschiene vom 50-kV-Netz.
36
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Zustand und Verhalten der Anlage
Aufgrund der durch die Nichtverfügbarkeit des
Notstand-Dieselgenerators bedingten nennenswerten Risikoerhöhung beurteilt das ENSI die
Sicherheit des Blocks 2 des KKB hinsichtlich
Zustand und Verhalten der Anlage – trotz eines
sonst guten Betriebsgeschehens in diesem Bereich – nur als ausreichend.
Sicherheitsbewertung 2012 KKB 2: Schutzziel-Perspektive
Anmerkung: alternative Darstellung derselben Sachverhalte wie
in der Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge, aber mit
zusätzlicher Darstellung radiologischer Auswirkungen
Zustand und Verhalten von Mensch
und Organisation
Das ENSI beurteilt die Überschreitung des von der
Technischen Spezifikation vorgeschriebenen Prüf-
1.8.4 Block 2: Gesamtbewertung
intervalls der Notstandleittechnik als Abweichung
mit einer geringen Bedeutung für die nukleare
Auslegungs-Vorgaben
Sicherheit. Entsprechend bewertet das ENSI die
Da die Auslegungs-Vorgaben des KKB für beide
Sicherheit des Blocks 2 des KKB hinsichtlich Zu-
Blöcke weitgehend gleich sind, bewertet das
stand und Verhalten der Anlage als gut.
ENSI auch die Sicherheit des Blocks 2 des KKB
Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit
hinsichtlich Auslegungs-Vorgaben als gut.
vollumfänglich gewährleistet.
Betriebs-Vorgaben
Da keine Bewertungen der Kategorien A und
höher vorliegen, bewertet das ENSI die Sicherheit des Blocks 2 des KKB hinsichtlich BetriebsVorgaben als hoch.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
37
Blick auf das
Kernkraftwerk
Mühleberg
2. Kernkraftwerk Mühleberg
2.1 Überblick
Foto: ENSI
serreaktor-Anlage mit 373 MW elektrischer Nettoleistung. Weitere Daten der Anlage sind in den Ta-
Das Betriebsjahr 2012 war im Kernkraftwerk Müh-
bellen 1 und 2 des Anhangs zu finden. Figur 7b
leberg (KKM) durch einen weitgehend ungestörten
zeigt das Funktionsschema einer Siedewasserreak-
Volllastbetrieb geprägt. Neben dem geplanten
tor-Anlage. Im Berichtsjahr waren im KKM sechs
Revisionsstillstand mit Brennelementwechsel war
meldepflichtige Vorkommnisse zu verzeichnen,
eine ungeplante Reaktorschnellabschaltung zu
welche das ENSI auf der internationalen Ereignis-
verzeichnen. Das ENSI stellt fest, dass die bewillig-
skala INES alle der Stufe 0 zuordnete.
ten Betriebsbedingungen im Betriebsjahr 2012
Das ENSI hat im Rahmen seiner Aufsicht 112 In-
immer eingehalten wurden. Das ENSI beurteilt die
spektionen durchgeführt. Wo erforderlich, ver-
Sicherheit des KKM im Jahr 2012 hinsichtlich Aus-
langte das ENSI Verbesserungsmassnahmen und
legungs-Vorgaben als gut, hinsichtlich Betriebs-
überwachte deren Umsetzung. Während des Revi-
Vorgaben als hoch, hinsichtlich Zustand und Ver-
sionsstillstands vom 5. August bis 3. September
halten der Anlage als gut sowie hinsichtlich
2012 wurden neben dem Brennelementwechsel
Zustand und Verhalten von Mensch und Organisa-
und den üblichen Revisionsarbeiten umfangreiche
tion als gut.
Wiederholungsprüfungen
Das Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) der BKW
wurden keine Befunde festgestellt, die einem si-
FMB Energie AG, welches seinen kommerziellen
cheren Betrieb entgegenstehen. Im Hinblick auf
Betrieb im Jahr 1972 aufnahm, ist eine Siedewas-
den Betrieb über 40 Jahre hinaus und aufgrund der
ENSI Aufsichtsbericht 2012
durchgeführt.
Dabei
39
Erkenntnisse nach den Ereignissen in Fukushima
Zur Durchführung von Wiederholungsprüfungen
setzte das KKM die Planung zahlreicher Verbesse-
und Instandhaltungsarbeiten erfolgten geplante
rungen und Anlagemodernisierungen sowie bau-
Leistungsabsenkungen. Weitere Leistungsabsen-
licher Erweiterungen und Nachrüstungen fort.
kungen standen im Zusammenhang mit einem
Im Berichtsjahr sind keine Brennelementschäden
meldepflichtigen Vorkommnis, der Reparatur des
aufgetreten.
Kondensators einer der beiden Turbogruppen und
Der Dosisgrenzwert der Strahlenschutzverordnung
der Einhaltung der Kantonalen Gebrauchswasser-
für beruflich strahlenexponierte Personen wurde
konzession bei hoher Wassertemperatur der Aare
eingehalten. Die radioaktiven Abgaben lagen
im Juli 2012. Weiter kam es zu einer Reaktor-
deutlich unterhalb der in der Betriebsbewilligung
schnellabschaltung.
festgelegten Grenzwerte.
Im Berichtsjahr waren sechs meldepflichtige Vor-
Der Anfall neuer radioaktiver Rohabfälle war auf
kommnisse zu verzeichnen, welche das ENSI alle
einem niedrigen Niveau.
auf der internationalen Ereignisskala INES der Stufe
Das KKM hat im Berichtsjahr keine grösseren
0 zuordnete. Für die systematische Sicherheits-
Anpassungen seiner Organisation vorgenommen.
bewertung wird auf Kap. 2.10 verwiesen, für die
Im Berichtsjahr legten ein Pikettingenieur, ein
risikotechnische Beurteilung auf Kap. 10.
Schichtchef und sechs Reaktoroperateure ihre
Am 8. Februar 2012 war im Rahmen einer Wie-
Zulassungsprüfung mit Erfolg ab. Fünf Reaktor-
derholungsprüfung der Speisewasserpumpen
operateur-Anwärter absolvierten die kerntechni-
geplant, bei früheren Wiederholungsprüfungen
sche Grundlagenausbildung an der Reaktorschule
aufgetretene Antriebsstörungen gemeinsam mit
des PSI erfolgreich.
dem Lieferanten zu analysieren. Am Vormittag
kam es während der Datenaufnahme an der
2.2 Betriebsgeschehen
Speisewasserpumpe A ungeplant zu deren Abschaltung. Ursache der Abschaltung waren
durch das zur Messung verwendete Oszilloskop
SimulatorKommandoraum
des KKM
Das Kernkraftwerk Mühleberg erreichte im Be-
eingekoppelte Signale. Die als Reservepumpe
richtsjahr eine Arbeitsausnutzung von 91,1 % und
dienende Speisewasserpumpe C wurde automa-
eine Zeitverfügbarkeit von 91,9 %. Zeitverfügbar-
tisch gestartet, doch erreichte diese die gefor-
keit und Arbeitsausnutzung der letzten zehn Jahre
derte Fördermenge nicht in der vorgegebenen
sind in Figur 1 dargestellt. Die Nichtverfügbarkeit
Zeit. Dies führte auslegungsgemäss zu einem
der Anlage war hauptsächlich durch den Revisions-
automatischen Zurückfahren der Reaktorum-
stillstand bedingt.
wälzpumpen-Drehzahl und damit zu einer Ab-
Die ausgekoppelte thermische Energie für die Hei-
senkung der Reaktorleistung. Nachdem die Mess-
zung der Wohnsiedlung «Steinriesel» belief sich
einrichtungen entfernt worden waren, wurde
auf 1,6 GWh.
die Reaktorleistung wieder auf 100 % erhöht.
Aufgrund des Vorkommnisses nahm das KKM
Foto: KKM
im Jahr 2012 verschiedene Anlagenänderungen
vor. Einerseits sollen damit SpeisewasserpumpenAbschaltungen vermieden werden. Andererseits
soll im Falle einer Abschaltung der Speisewasserpumpe A oder B die Speisewasserpumpe
C rasch genug hochfahren.
Am Nachmittag des 8. Februar 2012 wurde die
Wiederholungsprüfung fortgesetzt. Um nach
dem Vorkommnis vom Vormittag eine Wiederholung einer ungewollten Pumpenabschaltung
zu vermeiden, war vorgesehen, für weitere Messungen die betroffene Pumpe im Leerlauf zu betreiben und an deren Stelle die Speisewasserpumpe C in Betrieb zu nehmen. Aufgrund eines
Missverständnisses brachte das im Bereich der
Speisewasserpumpen tätige Personal am Nachmittag die Messgeräte an der Speisewasser-
40
ENSI Aufsichtsbericht 2012
pumpe B an. Zu diesem Zeitpunkt wurde aber
schalt- und Isolationssystem des SUSAN an das
die Speisewasserpumpe A im Leerlauf betrieben.
Reaktorschutzsystem zu senden. Im Fall einer
Nun kam es beim Anbringen von Messgeräten
echten Anforderung wäre die Reaktorschnell-
zur Erfassung des Betriebsverhaltens der Speise-
abschaltung infolge zu hohem Niveau im Ablass-
wasserpumpe B durch eine ungewollte Beein-
behälter über redundante Kanäle ausgelöst wor-
flussung der Anlage zu einer Abschaltung dieser
den. Der defekte Analogsender wurde ersetzt.
Pumpe. Die als Reservepumpe dienende Speise-
Am 26. Dezember 2012 kam es zu einem kurzen
wasserpumpe C war anstelle der Speisewasser-
Ausfall einer Edelgasmessstelle im Abluftkamin.
pumpe A in Betrieb. Dadurch war nach der Ab-
Ursache war ein Ausfall der Stromversorgungs-
schaltung der Speisewasserpumpe B nur noch
einheit. Das defekte Bauteil wurde ausgewech-
eine Pumpe in Betrieb, was zu einem Absinken
selt. Der Ausfall dauerte rund zwei Stunden. Die
des Füllstandes im Reaktor bis auf einen Wert
redundante Edelgasmessstelle stand immer zur
führte, der automatisch eine Reaktorschnellab-
Verfügung.
schaltung auslöst. Um Missverständnisse nach
Eine Zusammenstellung von Vorkommnissen der
Planungsänderungen zu vermeiden, verlangt
vergangenen zehn Jahre ist im Anhang in Figur 2
eine interne Arbeitsvorschrift des KKM nun zu-
dargestellt. Eine Übersicht über die meldepflich-
sätzliche Arbeitsvor- und Nachbesprechungen.
tigen Vorkommnisse im Berichtsjahr findet sich in
Das ENSI forderte weitere organisatorische
Tabelle 4.
Massnahmen, um sicherzustellen, dass kurzfristige Änderungen von Fahrprogrammen schriftlich erfolgen und alle involvierten Personen
2.3 Anlagetechnik
Kenntnis davon haben.
Am 13. März 2012 wurden Versandstücke mit
2.3.1 Revisionsarbeiten
insgesamt vier unbestrahlten Brennelementen
vom KKM zwecks Reparatur zum Hersteller nach
Die Revisionsarbeiten begannen am 5. August
Spanien transportiert. Nach der Ankunft des
2012 und dauerten bis zum 3. September 2012.
Transportes setzte der Empfänger am 15. März
Während dieser Zeit wurden geplante Tätigkeiten
2012 das KKM in Kenntnis, dass die Bezettelung
wie Brennelementwechsel und Brennelementin-
nicht konform mit den Vorschriften für Gefahr-
spektionen, Inspektionen elektrischer und mecha-
guttransporte war. Es fehlte ein Gefahrenzettel
nischer Einrichtungen, zerstörungsfreie Werkstoff-
für spaltbares Material nach ADR-Muster 7E,
prüfungen, wiederkehrende Funktionsprüfungen
was vom KKM beim Versenden übersehen wor-
an Komponenten und Systemen sowie Instandhal-
den war. Da Transportaspekte separat bewertet
tungs- und Änderungsarbeiten durchgeführt.
werden, sind diese in der Sicherheitsbewertung
Schwerpunkte bei den Wiederholungsprüfungen
der Anlage im Kap. 2.8 nicht enthalten.
an mechanischen Komponenten waren visuelle
Am 22. Juni 2012 wurden infolge einer Störung
Foto: KKM
in der Ortsdosisleistungs-Messung an der Frischdampfleitung die Frischdampfentwässerungsventile automatisch geschlossen. Es kam zu einer
einkanaligen Anregung des Reaktorschutzsystems. Ursache für die Störung in der Ortsdosisleistungs-Messung war ein defekter Strom-Frequenz-Wandler. Das Anlageverhalten nach der
Störung war auslegungsgemäss. Das KKM ersetzte präventiv in der Jahresrevision 2012 alle
Strom-Frequenz-Wandler
der
Dosisleistungs-
monitore an der Frischdampfleitung.
Aufgrund eines defekten Analogsenders fiel am
23. November 2012 die Übertragung des Messsignals für das Niveau im Scramablassbehälter in
das Reaktorschutzsystem in einem von vier Kanälen aus. Der Analogsender hat die Aufgabe,
Messsignale aus dem alternativen Reaktorab-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Krananlage im
Reaktorgebäude
41
Prüfungen der Kerneinbauten im Reaktordruck-
legten Prüfbereich hätten Befunde, wie sie in Doel
behälter (RDB), Ultraschall- und Wirbelstromprü-
aufgetreten sind, identifiziert werden können. Die
fungen an einigen RDB-Stutzen des Kernsprüh- und
Prüfung ergab keine Hinweise auf derartige Be-
Speisewassersystems sowie der Kerninstrumen-
funde. Das geprüfte Grundmaterial befindet sich
tierungsdurchführung. Folgende Prüfungen sind
in einem guten Zustand.
hervorzuheben:
Schwerpunkte des Wiederholungsprüfprogramms
Die visuelle Prüfung der RDB-Einbauten wurde
an elektrischen und leittechnischen Ausrüstungen
erstmals nach einem neu qualifizierten Prüfverfah-
waren die komponenten- und verfahrenstech-
ren mit verbesserten Kamerasystemen und neu
nischen Prüfungen der Leittechnik einer Redundanz
qualifiziertem Personal durchgeführt. In dieser Re-
des Notstandsystems SUSAN sowie beider Redun-
vision wurden unter anderem ein Zuganker und
danzen des Reaktorschutzes. Bei den Eigenbedarfs-
ein Steuerstab eines neuen Typs sowie Anschweis-
anlagen wurden die automatischen Umschaltmög-
sungen an die RDB-Wand geprüft. An den Speise-
lichkeiten überprüft. Die erforderliche Kapazität
wasser-Verteilringen fand die regelmässige Nach-
der Batterien in einem Eigenbedarfsstrang sowie in
prüfung bekannter Befunde statt. Die geprüften
einer SUSAN-Redundanz wurde durch Entladung
Einbauten befanden sich in einem guten Zustand.
und Wiederaufladung nachgewiesen. Zudem wur-
Alle Befunde wurden als zulässig bewertet.
den Batterien ersetzt, die ihre Lebensdauer erreicht
Es wurde eine RDB-Stutzen-Anschlussschweiss-
hatten. Das KKM überprüfte auch die Gleich- und
naht des Kernsprühsystems mechanisiert gemäss
Wechselrichter der 24- und 125-V-Anlagen der bei-
einer neu qualifizierten Prüfvorschrift geprüft. Es
den sicheren Schienen sowie der Redundanzen des
ergaben sich keine bewertungspflichtigen Be-
SUSAN. Die Prüfungen bestätigten den ordnungs-
funde. Zwei RDB-Stutzen der Speisewasserlei-
gemässen Zustand dieser Ausrüstungen.
tung wurden im Bereich einer Schweissnaht mit
Mittelspannungs- und Niederspannungsschaltan-
Ultraschall und Wirbelstrom geprüft. Bei keiner
lagen, Motoren, der Rotor eines Speisewasserpum-
dieser Prüfungen wurden unzulässige Anzeigen
penmotors sowie ein Lastschalter wurden revidiert.
detektiert.
Das ENSI erteilte am 3. September 2012 die Frei-
Die Prüfung der Kerninstrumentierungsdurch-
gabe für den Leistungsbetrieb des Reaktorkerns
führung wurde mit einem neuentwickelten Ma-
für den 40. Betriebszyklus.
nipulator durchgeführt. Der Prüfbereich wurde
Alle Revisionsarbeiten wurden mit hoher Qualität
dabei mechanisiert von innen mit Ultraschall und
und unter Beachtung der Strahlenschutzvorgaben
Wirbelstrom geprüft. Das Prüfverfahren war
geplant und durchgeführt. Die Prüfungen wurden
qualifiziert. Bei keiner dieser Prüfungen wurden
vom ENSI beaufsichtigt. Es wurden keine Befunde
unzulässige Anzeigen detektiert.
festgestellt, die einem sicheren Betrieb entgegen-
Aufgrund der Befunde am RDB des belgischen
stehen. Die durchgeführten Prüfungen haben
Kernkraftwerks Doel-3 führte das KKM eine aus-
insgesamt den guten Zustand der mechanischen
serplanmässige mechanisierte Ultraschallprüfung
sowie der elektrischen und leittechnischen Aus-
des RDB-Grundmaterials durch. Diese Prüfung
rüstungen bestätigt.
erfolgte nach Vorgaben des ENSI. Sie stützte sich
auf die aktuellen internationalen Anforderungen
2.3.2 Anlageänderungen
für die Ultraschallprüfung bei der Abnahme von
42
neuen RDB ab. Ziel der Prüfung war es, eventuelle
Im Berichtsjahr wurden namentlich folgende An-
Schmiedefehler, wie sie in Doel gefunden worden
lageänderungen durchgeführt:
waren, zuverlässig zu erkennen. Als repräsenta-
Die Halterungen der Frischdampf- und Speise-
tives Prüfvolumen für die Sonderprüfung wurde
wasserleitungen wurden gegen solche eines an-
ein Prüfbereich festgelegt, der sich in vertikaler
deren Herstellers ausgetauscht. Der Ersatz be-
Richtung über die gesamte Höhe des Reaktorbe-
gann im Revisionsstillstand 2011 und wurde
hälters erstreckte und in horizontaler Richtung ei-
2012 erfolgreich abgeschlossen.
nen rund 500 Millimeter breiten Streifen umfasste.
An einem Wasserabscheider-Zwischenüberhitzer
In diesem Prüfbereich wurden repräsentative
wurden die im Bauprüfplan festgelegten Über-
Grundwerkstoffbereiche aller Mantelringe erfasst.
prüfungen und Reparaturmassnahmen durch-
Die in Doel festgestellten Befunde sind über den
geführt. Bei der Wandstärkemessung der druck-
ganzen Umfang des Reaktordruckbehälters ver-
tragenden Schale wurde an einer Stelle eine
teilt. Mit dem im Kernkraftwerk Mühleberg festge-
verminderte Wandstärke festgestellt. Eine Un-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
terschreitung der festgelegten minimalen Wand-
ses Betriebsverhalten zeigten. Dies folgte aus der
stärke lag nicht vor. Mit einer Auftragsschweis-
laufenden Überwachung der Kühlmittelaktivität
sung wurde die Stelle aufgefüllt.
sowie aus Inspektionen an insgesamt 14 ausge-
Die Kühlung der Speisewasserpumpen wurde
wählten Brennelementen. Die Inspektionen bestä-
neu so in die Hilfskühlwasser-Rücklaufleitung
tigten erneut, dass die Edelmetalleinspeisung in
eingebunden, dass bei einer postulierten Un-
das Kühlmittel, siehe Kap. 2.4, keinen negativen
dichtheit der Hilfskühlwasserleitung im Reaktor-
Einfluss auf die Brennstab-Hüllrohre oder andere
gebäude diese abgesperrt werden kann, ohne
Strukturteile der Brennelemente hat. Im Rahmen
dabei das betriebliche Speisewassersystem zu
eines Vorläuferprogramms wurden an vier Brenn-
beeinträchtigen.
elementen weiterentwickelte Fremdkörperfilter
Bei zwei Frischdampfisolationsventilen wurde
eingesetzt und an weiteren vier Brennelementen
zur Hubanpassung der Sitz eingeschliffen. Dabei
Kästen aus Zircaloy-4-Material. Messungen sowie
wurde jeweils ein Teil der Materialreserve der
visuelle Prüfungen bestätigten deren auslegungs-
Sitzpanzerung abgetragen und so die Differenz
gemässes Verhalten. Die Kühlmittelanalysen zeigten
zwischen Ventilhub und Hub des Servomotors
einen auslegungsgemässen Zustand der Steuer-
verringert. Der Verschlusskörper an zwei Arma-
stäbe. Die visuelle Inspektion eines Steuerstabs er-
turen zur Isolation der Frischdampfleitung wurde
gab keine Befunde.
überdreht und so der spezifizierte Sollzustand
Für den 40. Betriebszyklus setzte das KKM insge-
wieder hergestellt.
samt 32 frische Brennelemente vom Typ GNF2 ein.
Im Bereich der elektrischen und leittechnischen
Das ENSI überzeugte sich davon, dass nur frei-
Ausrüstungen erfolgte die Ausführung einiger
gegebene und den Qualitätsanforderungen ent-
Anlageänderungen. So wurden die an einem
sprechende Brennelemente geladen und alle
neuen Standort platzierten Frequenzumrichter
Sicherheitsmassnahmen während des Brennele-
beider Speisewasserpumpenantriebe erfolgreich
mentwechsels gemäss den Vorgaben eingehalten
in Betrieb gesetzt, wobei vorgängig auch eine
wurden. Der vom ENSI geprüfte Beladeplan des
Optimierung der Anfahrregelung vorgenommen
Reaktorkerns erfüllte alle Sicherheitsanforderungen.
wurde.
Im Berichtszeitraum ist der Reaktorkern auslegungs-
Bei den Hauptnetzanbindungen erfolgte der
gemäss und im bewilligten Rahmen betrieben
Umschluss beider Blocktransformatoren auf die
worden. Die Ergebnisse der reaktorphysikalischen
neue 220-kV-Unterstation Mühleberg Ost und
Messungen stimmten gut mit den Ergebnissen
die Erneuerung der Schutzeinrichtungen zur
der Kernauslegungsberechnungen überein.
Gewährleistung der entsprechenden Schutzfunktionen. Hierbei berücksichtigt der redundante
2.3.4 Massnahmen nach Fukushima
Aufbau des Schutzsystems den Einsatz diversitärer Schutzgeräte.
Das KKM hat dem ENSI fristgerecht bis zum
Um im Rahmen des Accident Management (AM)
30. März 2012 die in der Verfügung vom 1. April
eine elektrische Notanspeisung zur Versorgung
2011 geforderten Nachweise zur Beherrschung
ausgewählter Verbraucher durch ein festinstal-
eines 10 000-jährlichen Erdbebens sowie der
liertes AM-Dieselaggregat zu ermöglichen, wur-
Kombination von Erdbeben und Hochwasser ein-
den die benötigten Anschlüsse installiert.
gereicht. Bereits vorgängig waren die Erdbeben-
Die Stickstoffflaschen-Palette wurde an einem
festigkeitsnachweise (Fragilities) für alle relevanten
neuen Standort und mit seismisch korrekter
Bauwerke, Systeme und Komponenten fertigge-
Halterungskonstruktion aufgestellt. Die Abschirm-
stellt worden. Neben der Sicherheit des Kernreak-
steine zwischen Reaktorgrube und Brennelement-
tors, des Primärkreislaufs und des Containments war
becken wurden aus Gründen der Erdbebensicher-
gemäss der ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011 auch
heit entfernt.
die Auslegung der Brennelementlagerbecken,
-gebäude und -kühlsysteme zu überprüfen und die
2.3.3 Brennelemente, Steuerstäbe
und Reaktorkern
Einhaltung der zulässigen Dosislimiten für diese
Störfälle nachzuweisen. Zuvor hatte das KKM am
31. Januar 2012 den Erdbebenfestigkeitsnachweis
Im August 2012 wurde der 39. Betriebszyklus des
für das Wasserkraftwerk Mühleberg eingereicht,
KKM planmässig abgeschlossen, wobei die ein-
den das ENSI der zuständigen Behörde (Bundesamt
gesetzten Brennelemente ein bestimmungsgemäs-
für Energie, Sektion Talsperre) zur Begutachtung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
43
Stickstofftanks
des Reaktorschnellabschaltsystems
Foto: KKM
weiterleitete. Aufgrund der Prüfung der eingereich-
vom KKM nachgewiesen wurde, ist dieses formell
ten Dokumentation kam das ENSI zum Schluss,
nicht durchgehend der höchsten Erdbebenklasse
dass die Kernkühlung und die Kühlung des Brenn-
zugeordnet. Aufgrund nicht auszuschliessender
elementlagerbeckens
eines
Leckagen des Brennelementlagerbeckens in das
10 000-jährlichen Erdbebens und der Kombination
Reaktorgebäude wird die Funktion des Contain-
von Erdbeben und erdbebenbedingtem Hoch-
ment-Rückpumpsystems benötigt, deshalb for-
wasser einzelfehlersicher gewährleistet sind. Die
derte das ENSI eine Nachqualifizierung für das
Dosislimite von 100 mSv wird bei diesen Störfällen
Containment-Rückpumpsystem in seiner Gesamt-
eingehalten. Das Kriterium gemäss Art. 3 der
heit oder geeignete Nachrüstmassnahmen.
«Ausserbetriebnahmeverordnung» (SR 732.114.5)
Das KKM hat zur Erfüllung der Forderungen aus
wird nicht erreicht. Aus der Stellungnahme des
der ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011 einen Antrag
ENSI zum Erdbebennachweis des KKM resultierten
auf Konzeptfreigabe fristgerecht am 30. Juni 2012
dennoch Forderungen, da die Sicherheit gegen das
eingereicht. Dieser Antrag umfasst drei Nachrüst-
Anheben und seitliche Versetzen der Brennele-
vorhaben, die zum Projekt DIWANAS zusammen-
mente infolge vertikaler Erdbebenbeschleunigung
geführt worden sind.
nicht ausführlich genug untersucht worden war
Im Rahmen dieses Projekts ist die Errichtung einer
und da Fragen zur Dichtfunktion der Dammplatte
zur Aare diversitären letzten Wärmesenke geplant.
zur Abtrennung des Brennelementbeckens von der
Gemäss dem Konzeptfreigabeantrag wird hierfür
Reaktorgrube offen geblieben waren. Ausserdem
das Notstandsystem SUSAN um eine Zuleitung aus
forderte das ENSI die Vervollständigung der Be-
einer Grundwasserfassung im Saanetal erweitert.
rechnungen der Erdbebensicherheit für Stauanla-
Bei Nichtverfügbarkeit der Aare dient die neue
gen im Einflussbereich des KKM gemäss den Anga-
Wasserfassung als Wärmesenke, um die Nach-
ben in Prüfberichten des Bundesamts für Energie.
wärmeabfuhr aus dem Reaktor und dem Brenn-
Termingerecht hat das KKM zu den Forderungen
elementbecken zu gewährleisten. Als zweites Teil-
Dokumente nachgereicht, deren Überprüfung
vorhaben beantragte das KKM die Errichtung eines
durch das ENSI bzw. Bundesamt für Energie für
zusätzlichen, erdbeben- und überflutungssicheren
2013 terminiert wurde.
Systems zur Kühlung des Brennelementlagerbe-
Im Rahmen der Überprüfung des deterministischen
ckens. Ebenfalls im Rahmen des Projekts DIWANAS
Nachweises zur Beherrschung des 10 000-jährlichen
verfolgt wird ein drittes Teilvorhaben, das die
Erdbebens hat das ENSI am 25. Mai 2012 eine In-
Nachrüstung eines zusätzlichen Nachwärmeabfuhr-
spektion im KKM durchgeführt mit dem Ziel, die
systems betrifft. Dieses Vorhaben ist keine Reak-
Strukturen, Systeme und Komponenten, die die
tion auf den Unfall von Fukushima, sondern geht
Anlage in einen sicheren Zustand überführen und
zurück auf eine im Rahmen der Grobprüfung
zur Sicherstellung der Brennelementlagerbecken-
der PSÜ-Dokumentation zum Langzeitbetrieb am
Kühlung benötigt werden, zu prüfen. Obwohl die
18. Februar 2011 gestellte Forderung des ENSI.
seismische
Containment-Rück-
Das ENSI hat die eingereichten Antragsunterlagen
pumpsystems für das 10 000-jährliche Erdbeben
einer Grobprüfung unterzogen. Aus Sicht des ENSI
44
Robustheit
unter
des
Einwirkung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
ist das beantragte Konzept der Saane-Grundwas-
Wechselstromversorgung bewertete das ENSI als
serfassung grundsätzlich geeignet, die Forderung
zielführend. In derselben Inspektion kontrollierte
nach einer alternativen, diversitären Kühlwasser-
das ENSI die korrekte Ausführung der laut ENSI-
versorgung zu erfüllen. Die zusätzliche Kühlwasser-
Verfügung vom 5. Mai 2011 auf Ende 2012 ver-
versorgung kann unabhängig von der bisherigen
langten externen elektrischen und hydraulischen
Flusswasserversorgung (Aare) betrieben werden
Anschlüsse für AM-Massnahmen. Es konnte dabei
und soll gegen ein 10 000-jährliches Erdbeben und
die Erfüllung der Forderung aus der Verfügung
eine 10 000-jährliche externe Überflutung ge-
festgestellt werden.
schützt werden. Das ENSI beurteilt das alternative
Brennelementbecken-Kühlsystem als grundsätzlich
geeignet, um die Brennelementlagerbecken-Küh-
2.4 Strahlenschutz
lung erdbeben- und überflutungssicher zu gewährleisten. Mit der zweifach redundanten Ausführung
Im Jahr 2012 betrug die akkumulierte Kollektiv-
der für die Funktion notwendigen aktiven Kom-
dosis für das KKM 859 Pers.-mSv. Die maximale
ponenten wird das Einzelfehlerkriterium erfüllt.
Individualdosis lag mit 8 mSv unter dem Dosisgrenz-
Aus Sicht des ENSI wird mit dem zusätzlichen Nach-
wert der Strahlenschutzverordnung für beruflich
wärmeabfuhrsystem die bisher bestehende nicht
strahlenexponierte Personen von 20 mSv pro Jahr.
konsequente räumliche Trennung der Sicherheits-
Im Berichtszeitraum traten weder Personenkon-
systeme auf der Ebene -11 m des Reaktorgebäudes
taminationen, die nicht mit einfachen Mitteln ent-
deutlich verbessert. Aus der Grobprüfung resultier-
fernt werden konnten, noch Inkorporationen auf.
ten einige Nachforderungen bezüglich zusätzlich
Dank den schadenfreien Brennelementen war die
einzureichender Dokumente. Diese Dokumente
Ausgangslage für die Revisionsarbeiten radiolo-
wurden vom KKM bis Mitte Dezember 2012 frist-
gisch gesehen auch in diesem Jahr günstig.
gerecht nachgereicht.
Die Kollektivdosis aller Mitarbeiter im Revisionsstill-
Das ENSI hat in der Stellungnahme zum Langzeit-
stand 2012 lag bei 596 Pers.-mSv (EPD). Der vom
betrieb des KKM verlangt, dass die Nachrüstungen
KKM vor Beginn der Arbeiten geschätzte Wert lag
im Rahmen des Projekts DIWANAS bis spätestens
bei 908,0 Pers.-mSv.
zum Ende der Jahresrevision 2017 umzusetzen
Die mittlere Dosisleistung an den beiden Umwälz-
sind, wobei hierfür bis zum 30. Juni 2013 ein ver-
schleifen ist mit 1,71 mSv/h im Vergleich zum
bindlicher Umsetzungsplan einzureichen ist.
Vorjahr (1,67 mSv/h) praktisch gleich geblieben.
Am 20. November 2012 führte das ENSI eine
Der Höchststand im Jahr 1994 betrug 6,4 mSv/h.
Schwerpunktinspektion zu den Prozessen und
Der Personalbestand des Ressorts Strahlenschutz
Vorgabedokumenten zur Auswertung externer
war im ganzen Betriebsjahr angemessen und er-
Vorkommnisse durch. Die Inspektion zeigte, dass
möglichte es, die administrativen und technischen
geeignete Vorgaben zur Auswertung der für das
Schutz- und Überwachungsaufgaben korrekt aus-
KKM relevanten externen Vorkommnisse existie-
zuüben und sicherzustellen. Allerdings setzt das
ren. Ebenso sind die Übergänge zu den für die
KKM dazu überwiegend Fremdpersonal ein, das
Umsetzung abgeleiteter Massnahmen relevanten
erfahren und mit der Anlage vertraut ist. Die regel-
Prozessen festgelegt. Das ENSI stellte fest, dass die
mässig wiederkehrenden und arbeitsbedingten
genaue Aufschlüsselung der zu konsultierenden
Kontaminationskontrollen der Oberflächen und
Quellen sowie inhaltliche Vorgaben zur Umsetzung
der Luft bestätigten einen sauberen radiologischen
der Anforderungen der Richtlinie ENSI-B02 für die
Zustand der kontrollierten Zone des KKM.
Berichterstattung ans ENSI erst im Entwurf vorhan-
Die Edelmetalleinspeisung wurde fortgesetzt. Be-
den sind, und verlangte Korrekturmassnahmen.
reits zum achten Mal wurde eine wasserlösliche
In einer am 11. Dezember 2012 durchgeführten
Platinverbindung in das Reaktorwasser eingespeist.
Schwerpunktinspektion zum langandauernden
Gemeinsam mit der kontinuierlichen Zugabe von
Verlust der Stromversorgung überzeugte sich das
Wasserstoff sollen dadurch die Einbauten im
ENSI von der Verfügbarkeit und der Eignung der
Reaktordruckbehälter vor Spannungsrisskorrosion
zur Beherrschung des langandauernden Totalaus-
geschützt werden.
falls der Wechselstromversorgung vorgesehenen
Die in der Berichtsperiode zum Thema Strahlen-
Einrichtungen für die Accident-Management-
schutz durchgeführten Inspektionen bestätigten,
Massnahmen. Die vorgestellte Strategie zur Be-
dass im KKM ein konsequenter und gesetzeskon-
herrschung des langandauernden Totalausfalls der
former Strahlenschutz praktiziert wird.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
45
Die radioaktiven Abgaben über die Abluft in Form
für Direktstrahlung ausserhalb des Kraftwerksareals
von Aerosolen, Iod und Edelgasen lagen deutlich
von 1 mSv pro Jahr für Wohn und Aufenthalts-
unterhalb der in der Betriebsbewilligung festge-
räume und von 5 mSv pro Jahr für andere Bereiche
legten Grenzwerte. Die gleiche Aussage gilt auch
wurden eingehalten. Für detailliertere Angaben zur
für die radioaktiven Abgaben mit dem Abwasser
radiologischen Situation innerhalb und ausserhalb
einschliesslich Tritium. Die quartalsweise vom ENSI
der Anlage Mühleberg wird auf den Strahlenschutz-
durchgeführten Kontrollmessungen von Abwasser-
bericht 2012 des ENSI verwiesen.
proben sowie Iod- und Aerosolfiltern ergaben Übereinstimmung mit den vom KKM gemeldeten Ergebnissen. Aus den tatsächlich über die Abluft und das
2.5 Radioaktive Abfälle
Abwasser abgegebenen radioaktiven Stoffen berechnet das ENSI die Jahresdosis für Einzelpersonen
Radioaktive Rohabfälle fallen im KKM regelmässig
der Bevölkerung in der Umgebung des KKM unter
aus den Wasserreinigungssystemen, der Abgas-
konservativen, das heisst ungünstigen Annahmen.
und Fortluftreinigung und als verbrauchte Brenn-
Die berechneten Dosen betragen rund 0,0036 mSv
elementkästen an. Weitere Abfälle stammen aus
für Erwachsene, 0,0037 mSv für Zehnjährige und
dem Austausch von Komponenten bei Instandhal-
0,0043 mSv für Kleinkinder und liegen somit deut-
tungs-, Umbau- oder Nachrüstmassnahmen und
lich unter dem quellenbezogenen Dosisrichtwert
den dabei verwendeten Verbrauchsmaterialien. Der
von 0,3 mSv pro Jahr gemäss Richtlinie ENSI-G15.
Anfall an radioaktiven Rohabfällen (vgl. Tabelle 8)
Die Dosisleistungs-Messsonden des vom ENSI be-
war im Berichtsjahr mit 39 m3 leicht höher als im
triebenen Messnetzes in der Umgebung des Werkes
Vorjahr. Der Anfall bewegt sich in der mehrjährigen
(MADUK) zeigten keine durch den Betrieb der
Schwankungsbreite auf einem niedrigen Niveau.
Anlage erhöhten Werte. Im Nahbereich eines Siede-
Die radioaktiven Rohabfälle werden gesammelt,
wasserreaktors ist die Ortsdosisleistung durch Di-
kampagnenweise konditioniert und anschliessend
rekt- und Streustrahlung aus dem Maschinenhaus
zwischengelagert. Die im KKM vorhandenen un-
erhöht. Die Thermolumineszenz-Dosimeter (TLD),
konditionierten Abfälle sind in dafür vorgesehenen
welche an mehreren Stellen am Zaun des Kraftwer-
Räumlichkeiten der kontrollierten Zone aufbe-
kareals die Dosis messen, zeigten mit einem Jahres-
wahrt. Ihr Bestand ist mit 48 m 3 gering. Brennbare
höchstwert von 1,6 mSv einschliesslich natürlicher
Rohabfälle wurden im Berichtsjahr für die Be-
Untergrundstrahlung eine geringfügige Erhöhung
handlung in der Plasma-Anlage der ZWILAG
gegenüber dem Vorjahr (1,4 mSv). Bei den quartals-
bereitgestellt und dorthin transportiert. Weitere
weise vom ENSI zur Kontrolle durchgeführten Mes-
Rohabfälle wurden ebenfalls an die ZWILAG zur
sungen am Zaun des Kraftwerkareals wurden eben-
Behandlung in der dortigen Konditionierungsan-
falls keine signifikanten Veränderungen festgestellt.
lage abgegeben.
Die in Artikel 102 Absatz 3 der Strahlenschutz-
Als Konditionierungsverfahren kommt im KKM
verordnung vorgegebenen Immissionsgrenzwerte
die Zementierung von Harzen zum Einsatz. Für alle
Brennelementbecken
Foto: KKM
46
ENSI Aufsichtsbericht 2012
angewendeten Verfahren liegen die gemäss Kern-
barkeit des Werks-Notfallstabes gemäss Richtlinie
energieverordnung und Richtlinie ENSI-B05 erfor-
ENSI-B11 bestätigt wurde.
derlichen behördlichen Typengenehmigungen vor.
Im Berichtsjahr wurden die anfallenden Betriebsharze mit der Verfestigungsanlage des KKM in drei
2.7 Personal und Organisation
Kampagnen konditioniert.
Die konditionierten Abfallgebinde werden routine-
2.7.1 Organisation und Betriebsführung
mässig in das werkseigene Zwischenlager eingelagert. Das KKM nutzt aber auch die Kapazitäten des
Im Berichtsjahr hat das KKM den Personalbestand
zentralen Zwischenlagers in Würenlingen. Die radio-
auf 345 Personen erhöht (2011: 328). Dies ist
aktiven Abfälle des KKM sind in einem von allen
insbesondere mit dem erhöhten Personalbedarf
schweizerischen Kernanlagen eingesetzten elek-
im Rahmen von geplanten und laufenden Gross-
tronischen Buchführungssystem erfasst, so dass
projekten zu begründen.
die Information über Menge, Lagerort und radio-
In dem Zusammenhang informierte sich das ENSI
logische Eigenschaften jederzeit verfügbar ist.
in einer Fachsitzung zum Thema Personal und Or-
Ein wichtiges Element bei der Minimierung der
ganisation über die vom KKM getroffenen Mass-
radioaktiven Abfälle ist die Inaktiv-Freimessung von
nahmen im Umgang mit Ungewissheiten bezüglich
Materialien aus der kontrollierten Zone. Im KKM
des Zeithorizonts des Weiterbetriebs der Anlage.
wurden im Jahr 2012 insgesamt 60 t Material
Das KKM hat zum 1. Januar 2012 personelle Muta-
gemäss den Vorgaben der Richtlinie ENSI-B04 frei-
tionen im Bereich der Führung vorgenommen. Der
gemessen.
bisherige Leiter Elektrotechnik wurde neuer Kraftwerksleiter. Der bisherige Leiter Betrieb wurde neu
2.6 Notfallbereitschaft
vollamtlicher Stellvertreter des Kraftwerksleiters.
Die dadurch frei gewordene Abteilungsleiterstelle
wurde mit einem Ressortleiter aus der entspre-
Die Notfallorganisation des KKM ist für die Bewäl-
chenden Abteilung besetzt. Neu besetzt wurde
tigung aller Notfälle innerhalb des Werksareals
ebenfalls die Stelle des Leiters Dienste.
zuständig. Mit einer zweckmässigen Organisation,
Das Managementsystem des KKM entspricht der
geeigneten Führungsprozessen und -einrichtungen
Norm DIN EN ISO 9001:2008 und wird in regel-
zusammen mit einer entsprechenden Auslegung
mässigen Audits vom Zertifizierungsinstitut geprüft.
der Anlage hat das KKM die Notfallbereitschaft auf
Das ENSI führte 2012 eine Inspektion zur Integration
hohem Niveau sicherzustellen.
des Regelwerks in das Managementsystem durch.
Das ENSI hat im Oktober 2012 an der Werksnot-
Die Prozesse, die sicherstellen, dass die verwendeten
fallübung NUKLID die Notfallorganisation beobach-
gesetzlichen und reglementarischen Grundlagen
tet und beurteilt. Für die Übung wurde ein Szenario
aktuell sind, erfüllen die Anforderungen.
unterstellt, bei dem beim Transport eines Brennele-
Im Laufe des Jahres 2012 hat das ENSI mit dem KKM
ments über dem Reaktorkern dieses durch den Bruch
Fachgespräche zur Sicherheitskultur durchgeführt.
des Transportbügels auf den Reaktorkern fiel. Beim
Themen waren die Bedeutung und die Auswirkun-
Absturz wurden Brennstoffhüllrohre beschädigt,
gen des Unfalls in Fukushima in Bezug auf die Sicher-
was zum Austritt von radioaktiven Stoffen führte.
heitskultur der Betreiber der Schweizer Kernkraft-
Bei der Übung wurde Verbesserungsbedarf bei der
werke. Ziel dieser Art von Gesprächen ist explizit
Ausbildung von Mitarbeitern in Zusammenhang
nicht die Bewertung der Sicherheitskultur der Betrei-
mit der Bestimmung des Quellterms und der Ver-
ber, sondern die Förderung der Selbstreflexion der
wendung von Einsatzhilfen festgestellt.
Betreiber über die eigene Sicherheitskultur. Im ersten
Das ENSI kam zum Schluss, dass die Übungsziele
Fachgespräch wurden die vom ENSI vorgegebenen
gemäss der Richtlinie ENSI-B11 erreicht wurden.
Themen behandelt. Das ENSI wertete das Gespräch
Das KKM verfügt über eine zur Beherrschung von
aus und informierte den Betreiber im Rahmen eines
Störfällen geeignete Notfallorganisation.
zweiten Gesprächs über die Ergebnisse.
Eine Inspektion hat zudem gezeigt, dass die Notfallkommunikationsmittel für den Kontakt zu externen
2.7.2 Personal und Ausbildung
Stellen betriebsbereit sind.
Das ENSI löste ferner im KKM ohne Voranmeldung
Im Berichtsjahr bestanden fünf Reaktoroperateur-
einen Übungsalarm aus, bei welchem die Verfüg-
Anwärter des KKM die Abschlussprüfung der kern-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
47
technischen Grundlagenausbildung an der Reak-
Schlussbericht der IAEA wurde Anfang 2013 ver-
torschule des PSI. Dies ist eine Voraussetzung für
öffentlicht. Das ENSI analysiert die Resultate im
die weitere Ausbildung und spätere Zulassungs-
Schlussbericht der IAEA und wird die Massnahmen
prüfung zum Reaktoroperateur. Die Ausbildung
des Betreibers verfolgen.
vermittelt die erforderlichen theoretischen Kenntnisse in thermischer Kraftwerkstechnik, Nuklearphysik, Reaktortechnik und Strahlenschutz.
2.10
Sicherheitsbewertung
Ein Pikettingenieur, ein Schichtchef und sechs Reaktoroperateure des KKM legten im Berichtsjahr
2.10.1 Detaillierte Bewertung
ihre Zulassungsprüfung unter Aufsicht des ENSI
mit Erfolg ab. Zulassungsprüfungen bestehen aus
Im Jahr 2012 beurteilte das ENSI mit dem im
einem theoretischen und einem praktischen Teil.
Anhang (Kapitel Sicherheitsbewertung) beschrie-
Im theoretischen Teil weisen die Kandidaten ihre
benen System rund 280 Inspektionsgegenstände,
detaillierten Kenntnisse zum Aufbau und Ver-
Ergebnisse von Zulassungsprüfungen, Einzelaspekte
halten der Anlage und zu den anzuwendenden
von Vorkommnisabläufen und Sicherheitsindika-
Vorschriften nach. Der praktische Teil erfolgt am
toren bezüglich ihrer Bedeutung für die nukleare
eigenen Anlagesimulator und besteht in einer
Sicherheit. Dabei kam das ENSI für die einzelnen
Demonstration der Anwendung der Kenntnisse.
Zellen der Sicherheitsbewertungs-Matrix zu fol-
Die Anzahl der zulassungspflichtigen Personen ist
genden zusammenfassenden Beurteilungen:
im Anhang in Tabelle 3 zusammengestellt.
Das ENSI hat eine Inspektion zum Ausbildungsprogramm 2012 der Abteilung Betrieb durchgeführt.
Gegenstand waren die anlagenspezifische Grundausbildung, die Wiederholungsschulung am Simulator, die allgemeine Wiederholungsschulung sowie deren Änderungen und Neuerungen. Das
Ausbildungsprogramm erfüllt die Anforderungen
der Richtlinie ENSI-B10.
2.8 Periodische
Sicherheitsüberprüfung
Ende 2010 reichte das KKM fristgerecht die in Richtlinie HSK-R-48 verlangte Dokumentation der Perio-
Sicherheitsbewertung 2012 KKM:
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
dischen Sicherheitsüberprüfung, der PSÜ 2010, ein.
Zellen ohne Bewertung bedeuten, dass weder
Die Überprüfung der Unterlagen war Ende 2012
Inspektionsergebnisse,
noch im Gang.
Sicherheitsindikatoren eine Bedeutung für diese
Zellen
2.9 OSART
hatten.
Im
Vorkommnisse
Folgenden
werden
noch
jene
Zellenbewertungen begründet, die in die Kategorien A (Abweichung) und höher gehören. Die aufgeführten Sachverhalte sind in den Unterkapiteln
Vom 8. bis 25. Oktober 2012 hat ein Expertenteam
1.1 bis 1.7 ausführlicher behandelt. Die Mehrzahl
der IAEA das KKM überprüft. Untersucht wurde
der Sachverhalte ist sowohl für Sicherheitsebenen
die betriebliche Sicherheit in den Bereichen Füh-
oder Barrieren als auch für Schutzziele von Bedeu-
rung, Organisation, Administration, Ausbildung,
tung.
Betrieb, Instandhaltung, technische Unterstützung,
Betriebserfahrung, Strahlenschutz, Chemie, Notfallplanung, Langzeitbetrieb und Unfallbeherrschung.
Das Team hat dem KKM Empfehlungen und
48
Ebene 1, Zustand und Verhalten von
Mensch und Organisation: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Hinweise abgegeben, wie die betriebliche Sicher-
Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung
heit weiter verbessert werden könnte sowie auch
von Messungen an Speisewasserpumpen führ-
vorbildliche Praktiken des KKM identifiziert. Der
ten zu einer Reaktorschnellabschaltung.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Ebene 2, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Eine Störung in der Ortsdosisleistungs-Messung
2.10.2 Gesamtbewertung
Auslegungs-Vorgaben
an der Frischdampfleitung führte zum automati-
Bei der Beurteilung der Auslegungs-Vorgaben
schen Schliessen der Frischdampfentwässerungs-
hat das ENSI Erkenntnisse aus der letzten Perio-
ventile.
dischen Sicherheitsüberprüfung PSÜ sowie aus
Das verzögerte Anlaufen der Reserve-Speisewas-
dem EU-Stresstest herangezogen und dabei die
serpumpe führte zu einer automatischen Absen-
Auslegung der Anlage bezüglich Redundanzgrad,
kung der Reaktorleistung.
Diversität, räumlicher Separation und Robustheit
Eine Edelgasmessstelle im Abluftkamin war kurz-
gegen auslösende Ereignisse bewertet. Da die
zeitig nicht verfügbar.
Auslegungs-Vorgaben des KKM die Minimalanforderungen und den Stand ausländischer An-
Ebene 3, Auslegungsvorgaben: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Das Containment-Rückpumpsystem ist formell
lagen desselben Typs übertreffen, bewertet das
ENSI die Sicherheit des KKM hinsichtlich Auslegungs-Vorgaben als gut.
nicht durchgehend der höchsten Erdbebenklasse
zugeordnet.
Betriebs-Vorgaben
Da keine Bewertungen der Kategorien A und hö-
Ebene 3, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
her vorliegen, bewertet das ENSI die Sicherheit
des KKM hinsichtlich Betriebs-Vorgaben als hoch.
Aufgrund eines defekten Analogsenders fiel
die Übertragung des Messsignals für das Niveau
Zustand und Verhalten der Anlage
im Scramablassbehälter in das Reaktorschutz-
Das ENSI beurteilt die Störung in der Ortsdosis-
system in einem von vier Kanälen kurzzeitig aus.
leistungs-Messung an der Frischdampfleitung,
Die unter Ebene 2 genannte Störung in der Orts-
das verzögerte Anlaufen der Reserve-Speisewas-
dosisleistungs-Messung ist auch für die Ebene 3
serpumpe, die kurzzeitige Unverfügbarkeit einer
von Bedeutung.
Edelgasmessstelle im Abluftkamin und den kurzzeitigen Ausfall eines Messsignals für das Niveau
Ebenen- oder barrierenübergreifend,
Zustand und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
im Scramablassbehälter als Abweichungen mit
einer geringen Bedeutung für die nukleare Sicherheit. Entsprechend bewertet das ENSI die Sicher-
Die durch die unter Ebene 1 erwähnten mensch-
heit des KKM hinsichtlich Zustand und Verhalten
lichen und organisatorischen Mängel verur-
der Anlage als gut.
sachte Reaktorschnellabschaltung führte zu einer
geringfügigen Risikoerhöhung (ICCDP zwischen
10 -8 und 10 -6).
Zustand und Verhalten von Mensch
und Organisation
Dieselben Sachverhalte, die oben aus der Perspek-
Das ENSI beurteilt die Mängel bei der Vorbe-
tive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge zugeordnet
reitung und Durchführung von Messungen an
worden sind, lassen sich auch aus der Schutzziel-Per-
Speisewasserpumpen als Abweichung mit einer
spektive zuordnen. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:
geringen Bedeutung für die nukleare Sicherheit.
Entsprechend bewertet das ENSI die Sicherheit
des KKM hinsichtlich Zustand und Verhalten der
Anlage als gut.
Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit
vollumfänglich gewährleistet.
Sicherheitsbewertung 2012 KKM: Schutzziel-Perspektive
Anmerkung: alternative Darstellung derselben Sachverhalte wie
in der Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge, aber mit
zusätzlicher Darstellung radiologischer Auswirkungen
ENSI Aufsichtsbericht 2012
49
Blick auf das
Kernkraftwerk Gösgen
Foto: ENSI
3. Kernkraftwerk Gösgen
3.1 Überblick
und 2 zusammengestellt. Figur 7a zeigt das Funktionsschema einer Druckwasserreaktor-Anlage.
Das Betriebsjahr 2012 war für das Kernkraftwerk
Am 30. Juni 2012 kam es zu einer ungeplanten
Gösgen (KKG) durch einen weitgehend unge-
Reaktorschnellabschaltung. Infolge einer defekten
störten Volllastbetrieb gekennzeichnet. Das ENSI
Schutzdiode waren verschiedene Signale des Re-
stellt fest, dass das KKG die bewilligten Betriebs-
aktorschutzes angeregt worden, wodurch eine au-
Bedingungen zu jedem Zeitpunkt im Betriebsjahr
tomatische Reaktorschnellabschaltung ausgelöst
2012 eingehalten hat. Das ENSI beurteilt die
wurde.
Sicherheit des KKG im Jahr 2012 hinsichtlich Aus-
Wie 2010 und 2011 wurde nach der Revisions-
legungs-Vorgaben als hoch, hinsichtlich Betriebs-
abstellung 2012 mit einer langsameren als der
Vorgaben als gut, hinsichtlich Zustand und Ver-
früher üblichen Leistungssteigerung angefahren.
halten der Anlage als gut sowie hinsichtlich
Die Messwerte der kontinuierlichen Überwachung
Zustand und Verhalten von Mensch und Organi-
der Kühlmittelaktivität zeigten wie in den beiden
sation als gut.
Vorjahren keine Anzeichen für Brennelementde-
Das KKG ist eine 3-Loop-Druckwasserreaktor-
fekte. Die langsamere Leistungssteigerung hat sich
Anlage und nahm seinen Betrieb im Jahre 1979 auf.
damit zum dritten Mal als Vorbeugemassnahme
Die elektrische Bruttoleistung beträgt 1035 MW,
gegen Brennelementdefekte bewährt.
die elektrische Nettoleistung 985 MW. Weitere
Im KKG kam es 2012 insgesamt zu neun melde-
technische Daten sind im Anhang in den Tabellen 1
pflichtigen Vorkommnissen. Alle Vorkommnisse
ENSI Aufsichtsbericht 2012
51
wurden der Stufe 0 der internationalen Ereignis-
letzten zehn Jahre ist in Figur 1 zusammengefasst.
skala INES zugeordnet.
Im Berichtsjahr 2012 waren neun meldepflichtige
Das ENSI führte im Rahmen seiner Aufsicht 94
Vorkommnisse zu verzeichnen. Auf der internatio-
Inspektionen durch. Wo erforderlich, verlangte
nalen Ereignisskala INES wurden alle Vorkomm-
das ENSI Verbesserungen und kontrollierte deren
nisse der Stufe 0 zugeordnet. Für die systematische
Umsetzung.
Sicherheitsbewertung wird auf Kap. 3.9 verwiesen,
Der Revisionsstillstand 2012 vom 2. bis 22. Juni 2012
für die risikotechnische Beurteilung auf Kap. 10.
war geprägt durch zahlreiche wiederkehrende Prü-
Am 1. März 2012 kam es zu einem störungs-
fungen und Instandhaltungsarbeiten an Systemen
bedingten Ausfall eines 220-V-Gleichrichters, der
und Komponenten der Maschinen-, Elektro- und
im Normalbetrieb die ihm zugeordnete Gleich-
Leittechnik, sowohl im nuklearen als auch im nicht-
stromschiene versorgt. Bei der Abklärung vor
nuklearen Anlagenbereich. Es wurden 36 der ins-
Ort wurde festgestellt, dass eine defekte Span-
gesamt 177 Brennelemente durch neue Brennele-
nungsreglerkarte zum Ausfall des Gleichrichters
mente ersetzt. Seit Beginn des 34. Betriebszyklus
geführt hatte. Nach Austausch der defekten
enthält der Reaktorkern keine MOX-Brennelemente
Reglerkarte durch eine geprüfte Ersatzkarte
mehr.
konnte der Gleichrichter wieder zugeschaltet
Nach Abschluss der Arbeiten und nachdem sich
werden. In der Zeit des Ausfalls wurde die Span-
das ENSI vom ordnungsgemässen Zustand der An-
nung durch Speicherbatterien aufrechterhalten.
lage zum Wiederanfahren überzeugt hatte, nahm
Die Schiene war somit zu keinem Zeitpunkt ohne
das KKG am 22. Juni 2012 die Stromproduktion
Spannung.
wieder auf.
Bei Umschaltarbeiten an der Lüftung im Reaktor-
Die Strahlendosen während der gesamten Revisi-
gebäude wurde von der Schichtmannschaft am
onsdauer und im Verlauf des ganzen Betriebsjahres
4. April 2012 festgestellt, dass die Kontrolllampen
zeichneten sich durch eine tiefe Gesamtkollek-
am Leitstand des Hauptkommandoraums eine
tivdosis aus. Die Dosisgrenzwerte der Strahlen-
nicht korrekte Schalterstellung eines Umluft-
schutzverordnung für strahlenexponierte Personen
ventilators anzeigten. Bei der Kontrolle des zu-
wurden jederzeit eingehalten. Die Abgaben radio-
gehörigen Einschubes im Schaltanlagengebäude
aktiver Stoffe an die Umgebung lagen unter den
wurden Beschädigungen festgestellt. Der im be-
behördlich festgelegten Grenzwerten. Die dadurch
troffenen Einschub befindliche Steuerautomat
verursachten zusätzlichen Strahlendosen für die
wurde daraufhin ausgeschaltet, wodurch die
Bevölkerung sind verglichen mit der natürlichen
elektrische Versorgung für den Umluftventilator
Strahlenexposition unbedeutend.
unterbrochen wurde. Ursache der Beschädigung
Der Anfall radioaktiver Rohabfälle bewegte sich im
war ein Lichtbogen im Bereich der elektrischen
mehrjährigen Mittel und ist auf einem niedrigen
Einspeisung des Schalters. Zur Wiederherstel-
Niveau.
lung des Sollzustands musste die entsprechende
Vier Reaktoroperateure und drei Schichtchefs be-
Notstromschiene kurzzeitig freigeschaltet werden.
standen die Zulassungsprüfung. Drei Reaktoropera-
Nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren,
teur-Anwärter absolvierten die theoretische Grund-
konnte die Stromschiene wieder zurückgeschaltet
ausbildung an der Reaktorschule des Paul Scherrer
werden.
Instituts erfolgreich.
Durch einen Defekt auf einer Messkarte kam es
am 11. Mai 2012 um 05:16 Uhr zu einer fehler-
3.2 Betriebsgeschehen
haften Anregung des Signals für einen zu tiefen
Primärkühlmitteldruck (<12 bar) vor einer der drei
Hauptkühlmittelpumpen. In der Folge wurde
Die Arbeitsausnutzung des KKG betrug im Be-
diese Pumpe automatisch abgeschaltet, was
triebsjahr 93,7% bei einer Zeitverfügbarkeit von
auslegungsgemäss eine Reduktion der Reaktor-
94,3%. Die Nichtverfügbarkeit der Anlagen war
leistung auf ca. 30% auslöste. Zweck der betrof-
hauptsächlich durch den Revisionsstillstand be-
fenen Drucküberwachung ist es, im Sinne des
dingt. Im Berichtsjahr lieferte die Anlage 193,3 GWh
Aggregateschutzes zu verhindern, dass beim
Prozesswärme für die Versorgung der nahe gele-
Abfahren der Anlage eine Hauptkühlmittel-
genen Kartonfabrik. Weitere Betriebsdaten sind in
pumpe fälschlicherweise bei einem Primärkühl-
der Tabelle 2 des Anhangs zusammengestellt. Die
mitteldruck von weniger als 12 bar betrieben
Zeitverfügbarkeit und die Arbeitsausnutzung der
wird. Nach dem Austausch der defekten gegen
52
ENSI Aufsichtsbericht 2012
eine geprüfte Grenzwertkarte wurde die Anlage
ger als einem Kubikzentimeter festgestellt. Nach
ab 07:45 Uhr wieder auf Volllast gefahren, die
dem Entfernen der Ablagerung wurde die Stelle
um 11:30 Uhr erreicht wurde. Wie bei jeder
während einiger Tage beobachtet, wobei sich
Leistungsänderung kam es auch in diesem Fall
weder ein Wasseraustritt noch eine erneute
zu einer zeitlichen und räumlichen Änderung
Ablagerung zeigten. Die anschliessende Ober-
der Verteilung des Xenon-135 im Reaktorkern,
flächenrissprüfung ergab eine Rissanzeige. Zu-
welche ihrerseits die Leistungsverteilung im Reak-
sätzliche Untersuchungen an vergleichbaren Rohr-
torkern beeinflusst. Da sich die Verteilung des
leitungsabschnitten dieses Systems ergaben keine
Xenon-135 aus physikalischen Gründen zeitlich
Befunde. Die Rissstelle wurde abgedichtet. Der
verzögert zur Leistung ändert, befanden sich
betroffene Rohrleitungsabschnitt wird ersetzt
die Xenon- und die Leistungsverteilung zum
und einer werkstofftechnischen Analyse unter-
Zeitpunkt des nachstehend beschriebenen Vor-
zogen, um die genaue Ursache der Borsäure-
kommnisses noch nicht in einem stationären
ablagerung zu ermitteln.
Zustand.
Bei der in der Revisionsabstellung durchge-
Nach der vorübergehenden Leistungsreduktion
führten Prüfung der Dampferzeuger-Heizrohre
vom Morgen des 11. Mai 2012 kam es um 14:32 Uhr,
wurde am 19. Juni 2012 an zwei Heizrohren eine
rund 3 Stunden nach Wiedererreichen der Voll-
Wanddickenschwächung von mehr als 50% fest-
last, zu einem automatischen Einwurf des zen-
gestellt. Die betroffenen Heizrohre wurden mit
tralen Steuerstabs. Dadurch wurde die Reaktorleis-
Stopfen verschlossen.
tung automatisch auf etwa 85% der Nennleistung
Am 22. Juni 2012 begann das Wiederanfahren
reduziert. Direkte Ursache war ein kurzzeitiger
nach dem Revisionsstillstand. Am 30. Juni 2012
lokaler Anstieg der Neutronenflussdichte, wie er
kam es bei einer Reaktorleistung von 95% zu
in Druckwasserreaktoren gegen Ende des Be-
einer ungeplanten Reaktorschnellabschaltung.
triebszyklus gelegentlich auftritt. Er führte zur
Diese war auf eine Fehlauslösung von Reaktor-
Überschreitung eines Grenzwertes für die axiale
schutzsignalen zurückzuführen. Ursache der
Asymmetrie der Leistungsverteilung im Reaktor-
Fehlauslösung war ein Kurzschluss einer Über-
kern. Begünstigt wurde diese Überschreitung
spannungs-Schutzdiode in einem Reaktorschutz-
durch die einige Stunden vorher erfolgte vor-
schrank, wodurch der betroffene Schrank span-
übergehende Leistungsreduktion. Die dadurch
nungslos wurde. Dies führte zur Fehlauslösung
ausgelöste und zum Zeitpunkt des Stabeinwurfs
mehrerer Reaktorschutzsignale, auf welche die
immer noch im Gang befindliche zeitliche Än-
Anlage auslegungsgemäss eine Kaltbespeisung
derung der Xenon- und Leistungsverteilung im
eines Dampferzeugers durch das Notspeise-
Reaktorkern führte dazu, dass verglichen mit
system auslöste, eine Hauptkühlmittelpumpe
dem stationären Zustand ein grösserer Anteil der
abschaltete, die Reaktorleistung auf unter 40%
Leistung in der unteren Hälfte des Reaktorkerns
reduzierte, zwei Frischdampf-Isolationsventile
erzeugt wurde. Zusammen mit dem kurzzeitigen
schloss, den Reaktor und die Turbine abschal-
lokalen Anstieg der Neutronenflussdichte in
tete sowie ein Frischdampf-Sicherheitsventil
diesem Bereich führte dies zur Grenzwertüber-
kurz ansprechen liess. Die Schichtmannschaft
schreitung und auslegungsgemäss zum Stab-
ging gemäss Betriebshandbuch vor und stabili-
einwurf. Die für das Hochfahren der Anlage ver-
sierte die Anlage. Die Störungsursache konnte
wendete Vorschrift berücksichtigte den Fall
nach Aufbieten eines Spezialisten identifiziert
eines Anfahrens nach einer störungsbedingten
werden. Anschliessend ersetzte das KKG die de-
Leistungsreduktion gegen Ende des Zyklus nicht
fekte Diode und prüfte, ob die Voraussetzungen
ausreichend. Ab 15:32 Uhr wurde die Leistung
für das Wiederanfahren erfüllt waren. Die An-
langsamer als am Vormittag wieder erhöht, um
lage wurde am 1. Juli 2012 wieder angefahren.
23:50 Uhr wurde Volllast erreicht. Mit dem lang-
Das ENSI hat vertiefte Abklärungen zum Vor-
sameren Hochfahren wurde sichergestellt, dass
kommnisablauf vorgenommen. Diese bestäti-
ein erneuter kurzzeitiger lokaler Anstieg der
gen, dass das Anlageverhalten der Auslegung
Neutronenflussdichte nicht wieder zu einem
entsprach. Das ENSI hat vom KKG verlangt zu
Stabeinwurf geführt hätte.
prüfen, wie sich ein gleichartiger Ausfall der
Am 7. Juni 2012 wurde an einer Rohrleitung des
Versorgungsspannung in anderen Schaltschrän-
Systems zur Lagerung und Aufbereitung des
ken des Reaktorschutzsystems auswirken würde
Kühlmittels eine Borsäureablagerung von weni-
und ob Massnahmen erforderlich sind. Zudem
ENSI Aufsichtsbericht 2012
53
Arbeiten am
offenen Reaktor
Foto: KKG
hat das ENSI bis zum gleichen Termin eine Über-
lung des Fasses ausgegangen. Eine radiologische
prüfung der Zweckmässigkeit des Betriebshand-
Gefährdung durch das ausgetretene Bitumen
buchs und des Vorgehens des Schichtpersonals
bestand nicht, wie die gemessene Gamma-Akti-
bei der Bewältigung des Störfalls gefordert.
vität (210 Bq Co-60 und 40 Bq Cs-137) zeigte.
Im Rahmen der Vorbereitung zweier Funktions-
Die Schadstelle wurde abgedeckt und wird wei-
prüfungen wurde am 4. Oktober 2012 die
ter beobachtet.
Dampferzeugerabschlämmung ausser Betrieb
Eine Zusammenstellung der Vorkommnisse der
genommen. Dabei wurde der Schliessvorgang
vergangenen zehn Jahre ist im Anhang in Figur 2
einer Regelarmatur durch ein anstehendes
dargestellt. Eine Übersicht über die meldepflich-
Schutzkriterium vorzeitig abgebrochen und die
tigen Vorkommnisse im Berichtsjahr findet sich in
Armatur blieb teilweise geöffnet. Bei einer an-
Tabelle 4.
schliessenden Inspektion wurde am 5. Oktober
2012 ein Fremdkörper in der betroffenen Armatur gefunden, welcher das vollständige Schlies-
3.3 Anlagetechnik
sen verhindert hatte. Der Fremdkörper wurde
geborgen und die Armatur wurde auf ihre Funk-
3.3.1 Revisionsarbeiten
tionsfähigkeit hin untersucht. Es ergaben sich
keine Befunde, die auf eine weitere Einschrän-
Während des Revisionsstillstandes in der Zeit vom
kung der Armatur hätten schliessen lassen. Eine
2. bis zum 22. Juni 2012 wurden Routinetätig-
Absperrung der Dampferzeugerabschlämmung
keiten wie der Brennelementwechsel, zahlreiche
wäre durch andere Armaturen jederzeit möglich
zerstörungsfreie Prüfungen und Instandhaltungs-
gewesen.
arbeiten an mechanischen, elektro- und leit-
Im Rahmen der Umlagerung von Abfallgebinden
technischen Einrichtungen und Systemen, wieder-
und Fässern mit schwachaktiven Abfällen im in-
kehrende Funktionsprüfungen an Komponenten
ternen Abfalllager des KKG wurde am 15. Okto-
sowie Instandhaltungs- und Änderungsarbeiten
ber 2012 an einem Fass ein Austritt von etwa
durchgeführt.
einem Gramm zähflüssiger Abfallmatrix fest-
Einige der im Revisionsstillstand 2012 durchge-
gestellt. Beim Inhalt des Fasses handelt es sich
führten Arbeiten und Prüfungen sind nachfolgend
um Waschwasserkonzentrate, die unter Beigabe
aufgeführt.
von Bitumen verfüllt wurden. Die Abfallmatrix
54
Rund 11 000 Dampferzeuger-Heizrohre wurden
war durch eine Schweissnaht des Fasses ausge-
mittels moderner Wirbelstromtechnik geprüft.
treten und haftete vollständig an dessen Ober-
Dabei wurde an zwei Dampferzeugerheizrohren
fläche. Es wird von einem Fehler bei der Herstel-
eine Wanddickenschwächung von mehr als 50%
ENSI Aufsichtsbericht 2012
festgestellt, worauf die betroffenen Heizrohre
klus (2011/2012) keine Brennstab-Hüllrohrdefekte
permanent verschlossen wurden (vgl. Kap. 3.2).
aufgetreten sind. Während des Revisionsstillstands
Das Kugelmesssystem, welches im Betrieb zur
wurden 36 frische WAU-Brennelemente in den
Bestimmung der Leistungsverteilung im Reaktor-
Reaktorkern geladen, der damit im 34. Betriebszy-
kern dient, wurde ersetzt.
klus insgesamt 177 WAU-Brennelemente enthält.
Die seismische Lagerung beider Notstandsdiesel
Somit befinden sich keine MOX-Brennelemente
wurde mittels neuer Feder-Dämpferelemente
mehr im Kern des KKG.
ertüchtigt. Mit diesen können die vom KKG an-
Bei umfangreichen Inspektionen von Standard-
genommenen höheren Lasten unter Berücksich-
Brennelementen mit Uran-, MOX- und WAU-Brenn-
tigung der zugrundeliegenden Gefährdungsan-
stoff und verschiedenen Standzeiten wurden bezüg-
nahmen für ein Erdbeben sicher abgetragen
lich des Brennelement- und Brennstabwachstums
werden.
sowie der Brennelementverbiegung auslegungs-
Im Notstandsgebäude wurde eine gesicherte
gemässe Zustände festgestellt. Die untersuchten
Anzeige von Temperatur und Füllstand des
Hüllrohre von Teststäben aus sogenanntem Material
Brennelementbeckens im Reaktorgebäude nach-
M5 und die Standard-Hüllrohre wiesen nur geringe,
gerüstet (vgl. Kap. 3.3.4).
den Erfahrungen entsprechende, Oxidschichtdicken
Der Strang 2 des elektrischen Eigenbedarfs
auf. Die Bestrahlungsprogramme für Cr2O3-dotier-
wurde einer Grossrevision unterzogen. Dabei
ten Brennstoff mit DX-D4- und M5-Hüllrohren
wurden auch die 24-V-Gleichrichter ersetzt und
sowie für Materialteststäbe werden weitergeführt.
der rotierende Umformer zur Versorgung der
Die Steuerstabfinger aller 48 Steuerelemente wur-
gesicherten 380-V-Schiene gegen statische
den während des Revisionsstillstands mittels Wir-
Wechselrichter ausgetauscht.
belstromprüfung auf Wanddickenschwächungen
Mit den im externen Lager in Reitnau gelagerten
und Beschädigungen hin untersucht. Bei einem
Notstromdieselgeneratoren wurde ein erfolg-
Steuerelement der Erstausstattung, das 18 Stand-
reicher Einspeiseversuch durchgeführt, der vom
zeiten im Einsatz war, sind Rissanzeigen festgestellt
ENSI inspiziert wurde. Dabei wurde nachgewie-
worden. Es wurde vorsorglich gegen ein neues
sen, dass eine 380-V-Notstandschiene mit ange-
Steuerelement ausgetauscht und kommt nicht
schlossenen Verbrauchern versorgt werden kann.
mehr zum Einsatz. Alle anderen Steuerelemente be-
Das Kühlwassersystem des Generators wurde im
fanden sich in einem auslegungsgemässen Zustand.
Hinblick auf den für 2013 vorgesehenen Aus-
Im 34. Betriebszyklus befinden sich 46 Steuer-
tausch des Generators erweitert.
elemente aus Nachlieferungen sowie 2 aus der Erst-
Die im Bereich der Leittechnik auf der Sekundär-
ausstattung im Reaktor.
seite neu installierte Frischdampfumleitregelung
Das ENSI hat sich davon überzeugt, dass das KKG
wurde nach dem Revisionsstillstand beim Wieder-
neue Brennelemente und Steuerstäbe einsetzt, die
anfahren auf ihr Regelverhalten hin überprüft.
den Qualitätsanforderungen für einen sicheren
Dazu führte das KKG bei einer Generatorleistung
zBetrieb entsprechen, und dass der Betreiber nur
von rund 500 MW einen Lastabwurf auf Eigen-
bestrahlte Brennelemente und Steuerstäbe mit
bedarf durch. Dabei hat sich das ENSI mit einer
defektfreien Hüllrohren in den Reaktor einsetzt.
Inspektion von der Funktionsfähigkeit der neuen
Im Berichtszeitraum 2012 wurde der Reaktorkern
Regelungstechnik überzeugt.
auslegungsgemäss und im bewilligten Rahmen betrieben. Die Ergebnisse der reaktorphysikalischen
3.3.2 Anlageänderung
Messungen stimmten gut mit den Ergebnissen der
Kernauslegungsberechnung überein. Die Betriebs-
Am unabhängigen Beckenkühlkreislauf wurde
grenzen wurden eingehalten.
eine zweite Feuerwehr-Einspeiseleitung installiert.
Damit wurde eine weitere Einspeisemöglichkeit ins
3.3.4 Massnahmen nach Fukushima
Brennelementbecken geschaffen.
Das KKG hat dem ENSI fristgerecht am 30. März
3.3.3 Brennelemente, Steuerstäbe
und Reaktorkern
2012 die in der Verfügung vom 1. April 2011 geforderten Nachweise zur Beherrschung eines
10 000-jährlichen Erdbebens sowie der Kombina-
Geringe Aktivitätskonzentrationen im Primärkühl-
tion von Erdbeben und Hochwasser eingereicht.
mittel liessen den Schluss zu, dass im 33. Betriebszy-
Bereits vorgängig waren die Erdbebenfestigkeits-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
55
nachweise (Fragilities) für alle relevanten Bau-
gaben für die Auswertung der für das KKG rele-
werke, Systeme und Komponenten fertiggestellt
vanten externen Vorkommnisse existieren. Ebenso
worden. Neben der Sicherheit des Kernreaktors,
sind die Übergänge zu den für die Umsetzung
des Primärkreislaufs und des Containments war
abgeleiteter Massnahmen relevanten Prozessen
gemäss der ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011 auch
festgelegt. Das ENSI stellte fest, dass inhaltliche
die Auslegung der Brennelementlagerbecken,
Vorgaben zur Umsetzung der Anforderungen der
-gebäude und -kühlsysteme zu überprüfen und die
Richtlinie ENSI-B02 für die Berichterstattung ans
Einhaltung der zulässigen Dosislimiten für diese
ENSI erst im Entwurf vorhanden sind, und ver-
Störfälle nachzuweisen. Aufgrund der Prüfung der
langte Korrekturmassnahmen.
eingereichten Dokumentation kam das ENSI zum
In einer am 18. Dezember 2012 durchgeführten
Schluss, dass die Kernkühlung und die Kühlung
Schwerpunktinspektion zum langandauernden Ver-
des Brennelementlagerbeckens unter Einwirkung
lust der Stromversorgung überzeugte sich das ENSI
eines 10 000-jährlichen Erdbebens und der Kombi-
von der Verfügbarkeit und der Eignung der zur
nation von Erdbeben und erdbebenbedingtem
Beherrschung des langandauernden Totalausfalls
Hochwasser einzelfehlersicher gewährleistet sind.
der Wechselstromversorgung vorgesehenen Einrich-
Die Dosislimite von 100 mSv wird bei diesen Stör-
tungen für die Accident-Management-Massnah-
fällen eingehalten. Das Kriterium gemäss Art. 3 der
men. Die vorgestellte Strategie zur Beherrschung
«Ausserbetriebnahmeverordnung» (SR 732.114.5)
des langandauernden Totalausfalls der Wechselstrom-
wird nicht erreicht. Aus der Stellungnahme des
versorgung bewertete das ENSI als zielführend. Den-
ENSI zum Erdbebennachweis des KKG resultieren
noch identifizierte das ENSI Verbesserungsbedarf
dennoch Forderungen, die spezifische Punkte in
bei den vorhandenen Mitteln für die manuelle
den Nachweisen sowie den Qualitätssicherungs-
Dampferzeuger-Bespeisung und forderte Korrek-
prozess für die Erstellung von Sicherheitsanalysen
turmassnahmen. In der gleichen Inspektion kon-
betreffen. Das ENSI forderte die Vervollständigung
trollierte das ENSI die korrekte Ausführung der laut
der Nachweise zum erdbebenbedingten Hochwas-
ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011 auf Ende 2012
ser (Berücksichtigung des Versagens der flussauf-
verlangten externen elektrischen und hydrauli-
wärts gelegenen Stauanlagen) und der Analysen
schen Anschlüsse für AM-Massnahmen. Es konnte
zur Kernkühlung (Szenarien mit dem Ansprechen
dabei die Erfüllung der Forderung aus der Verfü-
oder dem Offenbleiben eines Druckhalter-Sicher-
gung festgestellt werden.
heitsventils) und zur Kühlung der Brennelementlagerbecken (Szenario mit einer hypothetischen
Leckage in der Reaktorgrube) sowie zum un-
3.4 Strahlenschutz
zulässigen Anheben der Brennelemente infolge
von vertikaler Erdbebenbeschleunigung. Ausser-
Im Kalenderjahr 2012 betrug die Kollektivdosis im
dem verlangte das ENSI die Aufnahme der in den
KKG 493 Pers.-mSv. Die höchste im KKG regis-
Nachweisen kreditierten maximalen sekundärsei-
trierte Individualdosis lag bei 6,5 mSv. Der Dosis-
tigen Konzentrationen radioaktiver Stoffe in die
grenzwert der Strahlenschutzverordnung für be-
Technische Spezifikation. Die entsprechenden Än-
ruflich strahlenexponierte Personen von 20 mSv
derungen der Technischen Spezifikation wurden
pro Jahr wurde unterschritten.
inzwischen vom KKG beantragt und vom ENSI
Bei den Arbeiten während des Revisionsstillstands
freigegeben. Termingerecht reichte das KKG zu
wurden 426 Pers.-mSv akkumuliert, geplant waren
den Forderungen Dokumente nach. Hinsichtlich
481 Pers.-mSv. Es wurden keine Personenkontami-
Kernkühlung konnte das ENSI die nachgereichten
nationen festgestellt, die nicht mit einfachen Mit-
Analysen akzeptieren, wonach ein Ansprechen
teln entfernt werden konnten. Es sind keine Inkor-
des Druckhalter-Sicherheitsventils bei Verfügbar-
porationen aufgetreten.
keit beider Notstandsstränge sicher ausgeschlos-
Die Anlage zeigte sich in einem radiologisch sehr
sen werden kann. Bei den anderen offenen Punk-
sauberen und zonenkonformen Zustand. Die Do-
ten hat das ENSI die Überprüfung für 2013
sierung von Zink in den Primärkreis wirkt sich auf
terminiert.
den Dosisleistungspegel und die akkumulierte
Am 12. Dezember 2012 führte das ENSI eine Schwer-
Personendosis positiv aus. Im Durchschnitt lag die
punktinspektion zu den Prozessen und Vorgabedo-
Dosisleistung an ausgewählten Primärkomponen-
kumenten zur Auswertung externer Vorkommnisse
ten um 48% unter dem Wert, der zu Beginn der
durch. Die Inspektion zeigte, dass geeignete Vor-
Zinkdosierung im Jahr 2005 ermittelt wurde. Im
56
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Vergleich zum Vorjahrswert (44%) wurde damit
eine weitere Reduktion erreicht.
Die radiologische Situation aufgrund des immer
noch erhöhten Trampurananteils im Kreislauf als
Folge der Brennelementdefekte in vergangenen
Jahren erforderte auch in der Revision 2012 ergänzende Schutzmassnahmen. Eine Zutrittsbegrenzung
für das gesamte Containment musste nur direkt
nach dem Ziehen des RDB-Deckels bis zum Abschluss der Reinigungsarbeiten angeordnet werden.
Die Luftkontamination konnte innert einiger Stunden mit Hilfe der verbesserten Spülluftanlage unter
den Richtwert gesenkt werden. Damit bestand
keine Gefährdung des Personals und die Umwelt
wurde nicht belastet.
Das ENSI hat sich bei mehreren Inspektionen davon
überzeugt, dass im KKG ein konsequenter und gesetzeskonformer Strahlenschutz praktiziert wird.
Der Personalbestand im Strahlenschutz war immer
ausreichend.
Die radioaktiven Abgaben über die Abluft in Form
von Aerosolen, Iod und Edelgasen lagen deutlich
unterhalb der in der Betriebsbewilligung festgelegten Grenzwerte. Die gleiche Aussage gilt
auch für die Abgabe radioaktiver Stoffe mit dem
Abwasser ohne Tritium. Die für Druckwasserreaktoren typischen Tritium-Abgaben des KKG
betrugen rund 20% des Jahresgrenzwerts. Die
quartalsweise vom ENSI durchgeführten Kontrollmessungen von Abwasserproben sowie Iod- und
Aerosolfiltern ergaben eine gute Übereinstimmung mit den vom KKG gemeldeten Analyse-
Absatz 3 der Strahlenschutzverordnung vorgege-
ergebnissen. Aus den tatsächlich über die Abluft
benen Immissionsgrenzwerte für Direktstrahlung
und das Abwasser abgegebenen radioaktiven
ausserhalb des Kraftwerksareals von 1 mSv pro
Stoffen berechnet das ENSI die Jahresdosis für
Jahr für Wohn- und Aufenthaltsräume und von
Einzelpersonen der Bevölkerung in der Umgebung
5 mSv pro Jahr für andere Bereiche wurden einge-
des KKG unter konservativen, d. h. ungünstigen
halten. Für detaillierte Angaben zur radiologischen
Annahmen. Die Dosen liegen unter 0,001 mSv für
Situation innerhalb und ausserhalb der Anlage
Erwachsene, Zehnjährige und Kleinkinder und
Gösgen wird auf den Strahlenschutzbericht 2012
liegen damit deutlich unterhalb des quellenbe-
des ENSI verwiesen.
Foto: KKG
zogenen Dosisrichtwerts von 0,3 mSv/Jahr gemäss
Richtlinie
ENSI-G15.
Die
Dosisleistungsmess-
sonden des vom ENSI betriebenen Messnetzes
3.5 Radioaktive Abfälle
(MADUK) in der Umgebung des Werks zeigten
keine durch den Betrieb der Anlage erhöhten
Radioaktive Rohabfälle fallen im KKG regelmässig
Werte. Die EDIS-Dosimeter (Environmental Direct
aus den Wasserreinigungssystemen sowie der
Ion Storage Dosimeter) registrierten keine signi-
Abgas- und Fortluftreinigung an. Weitere Abfälle
fikante Erhöhung gegenüber der Untergrund-
stammen aus dem Austausch von Komponenten
strahlung. Bei den quartalsweise vom ENSI zur
bei Instandhaltungs-, Umbau- oder Nachrüstmass-
Kontrolle durchgeführten Messungen an der Um-
nahmen und den dabei verwendeten Verbrauchs-
zäunung des KKG wurden ebenfalls keine
materialien. Der Anfall an radioaktiven Rohabfällen
signifikanten Erhöhungen gegenüber der Unter-
(vgl. Tabelle 8) war im Berichtsjahr mit 18 m3 gerin-
grundstrahlung festgestellt. Die nach Artikel 102
ger als im Vorjahr. Der Anfall bewegt sich innerhalb
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Deckel eines
Brennelementtransportbehälters
57
der mehrjährigen Schwankungsbreite auf einem
3.6 Notfallbereitschaft
niedrigen Niveau.
Die radioaktiven Rohabfälle werden gesammelt,
Die Notfallorganisation des KKG ist für die Bewäl-
kampagnenweise konditioniert und anschliessend
tigung aller Notfälle innerhalb des Werksareals
zwischengelagert. Die im KKG vorhandenen un-
zuständig. Mit einer zweckmässigen Organisation,
konditionierten Abfälle sind in dafür vorgese-
geeigneten Führungsprozessen und -einrichtungen
henen Räumlichkeiten der kontrollierten Zone
zusammen mit einer entsprechenden Auslegung
aufbewahrt. Ihr Bestand ist mit 39 m3 gering.
der Anlage hat das KKG die Notfallbereitschaft auf
Brennbare und schmelzbare Rohabfälle wurden im
hohem Niveau sicherzustellen.
Berichtsjahr für die Behandlung in der Plasma-
Das ENSI hat im November 2012 anlässlich der
Anlage der ZWILAG bereitgestellt und dorthin
Werksnotfallübung VARIUS die Notfallorganisation
transportiert.
beobachtet und beurteilt. Für die Übung wurde
Als Konditionierungsverfahren kommen im KKG
ein Szenario unterstellt, bei dem ein sich vergrös-
die Bituminierung von Harzen und Konzentraten
serndes Primärleck zu Brennstoffschäden führte
sowie die Zementierung von nicht brenn- oder
und dadurch zu einer Freisetzung von radioaktiven
schmelzbaren Abfällen zum Einsatz. Für alle
Stoffen ins Containment. Infolge eines Fehlers an
angewendeten Verfahren liegen die gemäss
der Aussentüre der Containment-Notschleuse kam
Kernenergieverordnung und Richtlinie ENSI-B05
es zu einer nicht absperrbaren, unkontrollierten
erforderlichen
Freisetzung in den Ringraum und zur Abgabe von
behördlichen
Typengenehmi-
gungen vor. Im Berichtsjahr wurde Borkonzentrat
radioaktiven Stoffen an die Umgebung.
in Bitumen verfestigt.
Das ENSI kam zum Schluss, dass die Übungsziele
Die Einbindung von Harzen und Konzentraten
gemäss Richtlinie ENSI-B11 erreicht wurden. Das
in Bitumen erhöht den organischen Anteil im
KKG verfügt über eine zur Beherrschung von Stör-
zukünftigen geologischen Tiefenlager. Das ENSI
fällen geeignete Notfallorganisation.
begrüsst daher die Entwicklungsarbeiten und
Eine Inspektion zeigte zudem, dass die Notfallkom-
Versuche des KKG, um für den Abfallstrom, der
munikationsmittel für den Kontakt zu externen
für rund 90% der Bituminierung im KKG verant-
Stellen betriebsbereit sind.
wortlich ist, ein Alternative zu implementieren.
Die am Samstag, 30. Juni 2012, durch den KKG-PI
Ziel ist ein mineralisiertes Produkt ohne organische
angeforderte Unterstützung durch den Notfallstab
Anteile. Das ENSI stellt gleichwohl fest, dass ge-
und das darauf folgende Aufgebot des KKG-
mäss heutigem Kenntnisstand selbst unter Bei-
Notfallstabs wurden durch das ENSI als unange-
behaltung der bisherigen Konditionierungstech-
kündigte Alarmierungsnotfallübung gewertet, bei
nologie die zukünftigen Tiefenlager aus anderen
welcher die Verfügbarkeit des Werks-Notfallstabes
Gründen um ein Vielfaches höhere Gasproduk-
gemäss Richtlinie ENSI-B11 bestätigt wurde.
tionsraten beherrschen müssen, als sie aus den
organischen Abfallbestandteilen im Betriebsabfall
der Kernkraftwerke unter ungünstigsten Bedin-
3.7 Personal und Organisation
gungen entstehen können.
Die konditionierten Abfallgebinde werden routi-
3.7.1 Organisation und Betriebsführung
nemässig im werkseigenen Zwischenlager eingelagert. Das KKG nutzt aber auch die Kapazitäten
Im Berichtsjahr hat das KKG den Personalbestand
des zentralen Zwischenlagers in Würenlingen. Die
auf 503 Personen erhöht (Ende 2011: 489), was
radioaktiven Abfälle des KKG sind in einem von
unter anderem mit dem Personalbedarf für lau-
allen schweizerischen Kernanlagen eingesetzten
fende und geplante Projekte zusammenhängt. Am
elektronischen Buchführungssystem erfasst, so
1. Oktober 2012 übernahm der neue Kraftwerks-
dass die Information über Menge, Lagerort und
leiter seine Funktion.
radiologische Eigenschaften jederzeit verfügbar
Das Managementsystem des KKG entspricht der
ist.
Norm DIN EN ISO 9001:2008 und wird in regel-
Ein wichtiges Element bei der Minimierung der
mässigen Audits vom Zertifizierungsinstitut ge-
radioaktiven Abfälle ist die Inaktiv-Freimessung von
prüft. Das ENSI führte 2012 eine Inspektion zur
Materialien aus der kontrollierten Zone. Im Berichts-
Integration des Regelwerks in das Management-
jahr wurden 56 t Material gemäss den Vorgaben
system durch. Die Prozesse, die sicherstellen, dass
der Richtlinie ENSI-B04 freigemessen.
die verwendeten gesetzlichen und reglementari-
58
ENSI Aufsichtsbericht 2012
schen Grundlagen aktuell sind, erfüllen die
heitsüberprüfung (PSÜ) des KKG veröffentlicht.
Anforderungen.
Das ENSI ist zum Ergebnis gekommen, dass das
Im Laufe des Jahres 2012 hat das ENSI mit dem KKG
KKG sicherheitstechnisch auf einem hohen Ni-
Fachgespräche zur Sicherheitskultur durchgeführt.
veau ist und die Anlage mit der notwendigen
Themen waren die Bedeutung und die Auswir-
Sorgfalt und hinterfragenden Haltung betrieben
kungen des Unfalls in Fukushima in Bezug auf die
wird.
Sicherheitskultur der Betreiber der Schweizer Kern-
Längerfristig ist ein Ersatz der leittechnischen Ein-
kraftwerke. Ziel dieser Art von Gesprächen ist ex-
richtungen notwendig. Bei den Wiederholungs-
plizit nicht die Bewertung der Sicherheitskultur der
prüfungen mechanischer Ausrüstungen sind ver-
Betreiber, sondern die Förderung der Selbstreflexion
einzelt Ergänzungen im Messumfang notwendig.
der Betreiber über die eigene Sicherheitskultur. Im
Grössere Defizite ortete das ENSI im Bereich der
ersten Fachgespräch wurden die vom ENSI vorge-
Dokumentation. Die PSÜ-Dokumentation erfüllte
gebenen Themen behandelt. Das ENSI wertete das
nur teilweise die Vorgaben des Regelwerkes,
Gespräch aus und informierte den Betreiber im Rah-
weshalb auch aussergewöhnlich umfangreiche
men eines zweiten Gesprächs über die Ergebnisse.
Nachforderungen zur Dokumentation seitens des
ENSI notwendig waren, wie bereits im Aufsichts-
3.7.2 Personal und Ausbildung
bericht 2009 dargelegt wurde. Die überwiegende
Zahl der vom ENSI gestellten Forderungen fällt in
Im Berichtsjahr bestanden drei Reaktoroperateur-
diesen Bereich. Insbesondere im Bereich der
Anwärter des KKG die Abschlussprüfung der kern-
deterministischen und probabilistischen Störfall-
technischen Grundlagenausbildung an der Reaktor-
analysen erfüllt auch die nachgereichte Dokumen-
schule des PSI. Dies ist eine Voraussetzung für die
tation nicht die Vorgaben und die verwendeten
weitere Ausbildung und spätere Zulassungsprüfung
Analysemethoden entsprechen nur teilweise den
zum Reaktoroperateur. Die Ausbildung vermittelt
im Regelwerk festgeschriebenen Vorgaben und
die erforderlichen theoretischen Kenntnisse in ther-
internationalen Empfehlungen.
mischer Kraftwerkstechnik, Nuklearphysik, Reaktor-
Das KKG wurde innerhalb des Beurteilungszeit-
technik und Strahlenschutz.
raums zuverlässig betrieben und es bestand je-
Vier Reaktoroperateure und drei Schichtchefs des
derzeit eine ausreichende Vorsorge gegen eine
KKG legten ihre Zulassungsprüfung mit Erfolg ab.
unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe sowie
Die Zulassungsprüfungen bestehen aus einem
eine unzulässige Bestrahlung von Personen im
theoretischen und einem praktischen Teil. Im theo-
Normalbetrieb und bei Störfällen. Dies sind gute
retischen Teil weisen die Kandidaten ihre detail-
Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb des
lierten Kenntnisse zum Aufbau und Verhalten der
KKG in der Zukunft. Dazu sind weiterhin Anstren-
Anlage und zu den anzuwendenden Vorschriften
gungen zur kontinuierlichen Verbesserung der
nach. Der praktische Teil erfolgt am eigenen An-
Sicherheit notwendig, wozu auch eine kritisch
lagesimulator und besteht in einer Demonstration
hinterfragende Haltung gegenüber Sicherheits-
der Anwendung der Kenntnisse. Die Anzahl der
analysen gehört.
zulassungspflichtigen Personen ist im Anhang in
Tabelle 3 zusammengestellt.
Das ENSI hat eine Inspektion zum Ausbildungspro-
3.9 Sicherheitsbewertung
gramm 2012 der Abteilung Betrieb durchgeführt.
Gegenstand der Inspektion waren insbesondere die
3.9.1 Detaillierte Bewertung
anlagenspezifische Grundausbildung, die Wiederholungsschulung am Simulator und die allgemeine
Im Jahr 2012 beurteilte das ENSI mit dem im
Wiederholungsschulung. Das Ausbildungsprogramm
Anhang (Kapitel Sicherheitsbewertung) beschrie-
erfüllt die Anforderungen der Richtlinie ENSI-B10.
benen System rund 220 Inspektionsgegenstände,
Ergebnisse von Zulassungsprüfungen, Einzelas-
3.8 Periodische
Sicherheitsüberprüfung
pekte von Vorkommnisabläufen und Sicherheitsindikatoren bezüglich ihrer Bedeutung für die
nukleare Sicherheit. Dabei kam das ENSI für
die einzelnen Zellen der Sicherheitsbewertungs-
Das ENSI hat im Berichtsjahr eine Stellungnahme
Matrix zu folgenden zusammenfassenden Beur-
zur Ende 2008 eingereichten Periodischen Sicher-
teilungen:
ENSI Aufsichtsbericht 2012
59
Integrität des Primärkreises, Zustand
und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
An zwei Dampferzeuger-Heizrohren wurde eine
Wanddickenschwächung von mehr als 50%
festgestellt.
Ebenen- oder barrierenübergreifend,
Zustand und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Zur Reparatur eines Schalters der Reaktorgebäudelüftung musste eine Notstromschiene kurzzeitig
Sicherheitsbewertung 2012 KKG:
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
freigeschaltet werden.
Eine Armatur der Dampferzeugerabschlämmung
war durch einen Fremdkörper blockiert.
Zellen ohne Bewertung bedeuten, dass weder In-
Dieselben Sachverhalte, die oben aus der Perspek-
spektionsergebnisse, Vorkommnisse noch Sicher-
tive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge zugeord-
heitsindikatoren eine Bedeutung für diese Zellen
net worden sind, lassen sich auch aus der Schutz-
hatten. Im Folgenden werden jene Zellenbewer-
ziel-Perspektive zuordnen. Das Ergebnis sieht wie
tungen begründet, die in die Kategorien A (Ab-
folgt aus:
weichung) und höher gehören. Die aufgeführten
Sachverhalte sind in den Unterkapiteln 1.1 bis 1.7
ausführlicher behandelt. Die Mehrzahl der Sachverhalte ist sowohl für Sicherheitsebenen oder
Barrieren als auch für Schutzziele von Bedeutung.
Ebene 1, Betriebsvorgaben: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
In einer für das Hochfahren der Anlage verwendeten internen Vorschrift war das Anfahren nach einer störungsbedingten Leistungsreduktion gegen
Ende des Zyklus nicht ausreichend berücksichtigt.
Sicherheitsbewertung 2012 KKG: Schutzziel-Perspektive
Anmerkung: alternative Darstellung derselben Sachverhalte wie
in der Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge, aber mit
zusätzlicher Darstellung radiologischer Auswirkungen
Ebene 1, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Nur aus der Schutzziel-Perspektive sichtbar ist
An einer Rohrleitung des Systems zur Lagerung
an einem Fass festgestellte Austritt von etwa einem
und Aufbereitung des Kühlmittels trat ein Riss
Gramm zähflüssiger Abfallmatrix. Dieser betrifft
auf, der zu einer Borsäureablagerung von weniger
das Schutzziel Einschluss radioaktiver Stoffe. Weil in
als einem Kubikzentimeter führte.
der unter 3.2 beschriebene, am 15. Oktober 2012
der Darstellung aus der Perspektive der gestaffelten
Sicherheitsvorsorge nur die auf den Reaktor bezo-
Ebene 2, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
genen Barrieren dargestellt werden, wird dieser
Ein Defekt auf einer Messkarte führte zur Ab-
ENSI bewertet den genannten Befund an einem
schaltung einer Hauptkühlmittelpumpe und einer
Fass als Abweichung mit einer geringen Bedeu-
Leistungsreduktion.
tung für die nukleare Sicherheit.
Ebene 3, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Störungsbedingt fiel ein 220-V-Gleichrichter
60
Befund in dieser Perspektive nicht sichtbar. Das
3.9.2 Gesamtbewertung
Auslegungs-Vorgaben
kurzzeitig aus.
Bei der Beurteilung der Auslegungs-Vorgaben hat
Ein Kurzschluss einer Überspannungs-Schutzdiode
das ENSI Erkenntnisse aus der letzten Periodischen
in einem Reaktorschutzschrank führte zu einer
Sicherheitsüberprüfung PSÜ sowie aus dem EU-
Reaktorschnellabschaltung.
Stresstest herangezogen und dabei die Auslegung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
der Anlage bezüglich Redundanzgrad, Diversität,
Schutzdiode in einem Reaktorschutzschrank, der
räumlicher Separation und Robustheit gegen aus-
zu einer Reaktorschnellabschaltung führte, die
lösende Ereignisse bewertet. Da die Auslegungs-
kurzzeitige Freischaltung einer Notstromschiene
Vorgaben des KKG die Minimalanforderungen
zur Reparatur des Schalters eines Umluftventi-
und den Stand ausländischer Anlagen desselben
lators, den Fremdkörper in einer Abschlämm-
Typs übertreffen und die nach dem Unfall von
armatur sowie die Wanddickenschwächung an
Fukushima vorgenommenen Überprüfungen die
zwei Dampferzeuger-Heizrohren als Abweichun-
grosse Robustheit der Auslegung zeigten, bewer-
gen mit einer geringen Bedeutung für die nu-
tet das ENSI die Sicherheit des KKG hinsichtlich
kleare Sicherheit. Entsprechend bewertet das
Auslegungs-Vorgaben als hoch.
ENSI die Sicherheit des KKG hinsichtlich Zustand
und Verhalten der Anlage als gut.
Betriebs-Vorgaben
Das ENSI beurteilt die ungenügende Berücksichtigung des Falls einer störungsbedingten Leis-
Zustand und Verhalten von Mensch
und Organisation
tungsreduktion gegen Ende des Zyklus in der für
Aus Vorkommnissen, Inspektionen und Sicher-
das Hochfahren der Anlage verwendeten Vor-
heitsindikatoren liegen keine Bewertungen der
schrift als Abweichung mit einer geringen Bedeu-
Kategorien A und höher vor. Zusätzlich hat das
tung für die nukleare Sicherheit. Entsprechend
ENSI den vom KKG eingereichten deterministi-
bewertet das ENSI die Sicherheit des KKG hin-
schen Nachweis des KKG zur Beherrschung des
sichtlich Zustand und Verhalten der Anlage als gut.
10 000-jährlichen Erdbebens in die Bewertung
einbezogen. Wie bereits im Juli 2012 kommuni-
Zustand und Verhalten der Anlage
ziert, identifizierte das ENSI dabei Lücken im
Das ENSI beurteilt den Riss an einer Rohrleitung
Bereich der Sicherheitsanalysen. Das KKG hat
des Systems zur Lagerung und Aufbereitung
darauf entsprechende Verbesserungen umge-
des Kühlmittels, den Defekt auf einer Messkarte,
setzt. Die Sicherheit des KKG hinsichtlich Zu-
der zur Abschaltung Hauptkühlmittelpumpe
stand und Verhalten von Mensch und Organisa-
und einer Leistungsreduktion führte, den stö-
tion wird als gut bewertet.
rungsbedingten Ausfall eines 220-V-Gleichrich-
Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit
ters, den Kurzschluss einer Überspannungs-
vollumfänglich gewährleistet.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
61
Blick auf das
Kernkraftwerk
Leibstadt
4. Kernkraftwerk Leibstadt
4.1 Überblick
Foto: ENSI
2012, auch realisiert werden konnte. Das KKL hat die
elektrische Nettonennleistung von bisher 1190 MW
Das Betriebsjahr 2012 war im Kernkraftwerk Leib-
auf neu 1220 MW festgelegt. Dieser Wert gilt ab
stadt (KKL) durch einen weitgehend ungestörten
1. Januar 2013. Weitere Daten sind in den Tabellen 1
Volllastbetrieb geprägt. Das ENSI stellt fest, dass das
und 2 des Anhangs zu finden. Die Figur 7b zeigt das
KKL die bewilligten Betriebsbedingungen immer
Funktionsschema einer Siedewasserreaktor-Anlage.
eingehalten hat. Das ENSI beurteilt die Sicherheit
Nach 7 Zyklen ohne Brennelementschäden kam
des KKL im Jahr 2012 hinsichtlich Auslegungs-
es während des im vergangenen Jahr beendeten
Vorgaben als hoch, hinsichtlich Betriebs-Vorgaben
28. Zyklus sowie während des im vergangenen
als gut, hinsichtlich Zustand und Verhalten der An-
Jahr neu begonnen 29. Zyklus zu je einem solchen
lage als gut sowie hinsichtlich Zustand und Ver-
Schaden.
halten von Mensch und Organisation als hoch.
Im Revisionsstillstand wurden mehrere Anlageän-
Das KKL ist eine Siedewasserreaktor-Anlage. Es
derungen zur weiteren Verbesserung der Anlage
nahm seinen kommerziellen Betrieb im Jahr 1984
umgesetzt. Zu den Schwerpunkten der diesjäh-
auf. Die Ertüchtigung der Anlage während der ver-
rigen Arbeiten gehörten die Erneuerung der Ein-
gangenen Jahre führte zu einer Wirkungsgradver-
bauten im Kühlturm, der Austausch des Generators,
besserung und ermöglichte damit eine Erhöhung
der Ersatz der Neutronenflussinstrumentierung im
der elektrischen Leistung, welche nun, nach dem
Quell- und Mittelbereich durch eine Weitbereichs-
Austausch des Generators im Revisionsstillstand
Neutronenflussinstrumentierung, die Reinigung von
ENSI Aufsichtsbericht 2012
63
42 Steuerstabführungsrohren, die Druckprobe des
In der Berichtsperiode wurden insgesamt vier Last-
Reaktordruckbehälters, der Beginn verschiedener
reduktionen für Steuerstabmusteranpassungen und
Bauvorhaben auf dem Gelände, die Sanierung
teilweise für Tests der Frischdampfisolationsventile
eines Krans im Maschinenhaus sowie zahlreiche
vorgenommen.
vorbereitende Aufgaben für kommende Projekte.
Während der Sommermonate musste die Reaktor-
Zudem wurden umfangreiche Prüfungen und In-
leistung infolge der hohen Umgebungstempera-
standhaltungsarbeiten an Komponenten und Sys-
turen an einigen Tagen um wenige Prozente redu-
temen durchgeführt.
ziert werden.
Das Kernkraftwerk Leibstadt war vom 6. August
Das Kernkraftwerk Leibstadt war vom 6. August
bis zum 30. Oktober 2012 zum Revisionsstillstand
bis zum 30. Oktober 2012 zum Revisionsstillstand
2012 abgestellt. Dies sind 85 Tage; geplant waren
2012 abgestellt. Die Wiederinbetriebnahme der
49 Tage. Die Wiederinbetriebnahme der Anlage
Anlage verzögerte sich wegen Reparaturarbeiten
verzögerte sich auf Grund von Reparaturarbeiten an
an einem Speisewasserstutzen am Reaktordruckbe-
einem Speisewasserstutzen um rund fünf Wochen.
hälter um rund fünf Wochen. Der verlängerte Still-
Der Dosisgrenzwert der Strahlenschutzverordnung
stand wurde genutzt, um zusätzliche Prüfungen
für beruflich strahlenexponierte Personen wurde
am RDB vorzunehmen.
stets eingehalten.
Das ENSI hat am 28. Oktober 2012 das Wiederan-
Die Abgaben radioaktiver Stoffe an die Umgebung
fahren der Anlage mit einer Auflage freigegeben.
lagen deutlich unter den behördlich festgelegten
Die Auflage verlangte den erfolgreichen Abschluss
Grenzwerten. Die dadurch verursachten zusätzlichen
der noch ausstehenden Tests, insbesondere der
Strahlendosen für die Bevölkerung sind verglichen
Generatortests. Für die Testläufe mit dem neuen
mit der natürlichen Strahlenexposition unbedeutend.
Generator wurde die thermische Leistung der An-
Der Anfall radioaktiver Rohabfälle bewegte sich im
lage schrittweise erhöht. Nach Abschluss der Inbe-
mehrjährigen Mittel und ist auf einem niedrigen
triebsetzungsphase des neuen Generators konnte
Niveau.
am 30. Oktober 2012 die Anlage mit dem Netz
Das ENSI führte in allen Fachgebieten 112 Inspek-
synchronisiert werden. Am 1. November 2012
tionen durch. Wo erforderlich, verlangte das ENSI
wurde Volllast erreicht.
Verbesserungsmassnahmen und überwachte deren
Das Anfahren nach dem Revisionsstillstand mit der
Umsetzung.
neuen Weitbereichs-Neutronenflussinstrumentie-
Vier Reaktoroperateure bestanden ihre Zulassungs-
rung wurde während mehrerer Trainings geübt,
prüfung. Fünf Reaktoroperateur-Anwärter absolvier-
letztmals Mitte Oktober 2012. Für das Anfahren
ten die theoretische Grundausbildung an der Reak-
sind nun weniger Schalthandlungen notwendig.
torschule des Paul Scherrer Instituts erfolgreich.
Die neue Instrumentierung hat auslegungsgemäss
funktioniert.
4.2 Betriebsgeschehen
Zur Verbesserung des Wirkungsgrads der Anlage
hat das KKL im Jahr 2010 mehrere Anlagenänderungen vorgenommen. Der ursprünglich für 2011
Das KKL verzeichnete in seinem 28. Betriebsjahr
geplante Austausch des Generators gegen einen
eine Arbeitsausnutzung von 75,6% und eine Zeit-
mit höherer Leistung konnte damals nicht vorge-
verfügbarkeit von 76,8%. Die Zeitverfügbarkeit
nommen werden, da bei Testläufen beim Hersteller
und die Arbeitsausnutzung der letzten zehn Jahre
Mängel festgestellt worden waren. Bei tiefen Aus-
sind im Anhang in Figur 1 dargestellt.
sentemperaturen wäre eine höhere elektrische Leis-
Im Rahmen der Systemdienstleistung «Netzregelung
tung möglich gewesen, als der bisherige Generator
Tertiär Minus» zur Stabilisierung des europäischen
liefern konnte. Bei Erreichen der maximal zuläs-
Höchstspannungsnetzes wurde die elektrische Leis-
sigen Generatorleistung wurde die thermische Re-
tung der Anlage mehrmals vorübergehend um bis
aktorleistung jeweils reduziert. Diese Fahrweise
zu 100 MW reduziert.
wurde bis zum Austausch des Generators im Revi-
Am 6. Juni 2012 und am 21. Dezember 2012 kam es
sionsstillstand 2012 beibehalten. Die elektrische
infolge von Brennelementschäden zu einem Anstieg
Brutto-Nennleistung der Anlage liegt mit dem
der Edelgasaktivität im Abgasstrom. Zwecks Lokali-
neuen Generator bei 1275 MW (offizieller Wert ab
sierung der defekten Brennelemente wurde die Last
1. Januar 2013).
am 7. Juni 2012 und am 22. Dezember 2012 kurz-
Im Berichtsjahr waren fünf meldepflichtige Vor-
zeitig auf 80% reduziert.
kommnisse zu verzeichnen. Alle wurden der Stufe 0
64
ENSI Aufsichtsbericht 2012
der internationalen Ereignisskala INES zugeteilt.
wurde am 11. August 2012 der erste Abstand-
Für die systematische Sicherheitsbewertung wird
halter durch eine Störkante leicht verbogen.
auf Kap. 4.9 verwiesen, für die risikotechnische
Nach der Crud-Bestimmung wurde das Teilbün-
Beurteilung auf Kap. 10.
del wieder in den Brennelementkasten einge-
Bei einer Überprüfung des Vorgabedokuments
setzt. Das betroffene Brennelement konnte nicht
für den im laufenden 28. Zyklus eingesetzten
wie vorgesehen für den neuen Betriebszyklus
Reaktorkern wurde am 29. März 2012 ein Fehler
im Reaktor verwendet werden. Ein Ersatzbrenn-
entdeckt. In der Analyse des Versagens der
element wurde bestimmt und entsprechende
Druckregelung war ein falscher Wert eingesetzt
Anpassungen an der Kernauslegung vorgenom-
worden. Dadurch wurde in der Störfallanalyse
men. Das ENSI hat die Änderungen geprüft. Die
mit einer Reaktorschnellabschaltung zu einem
Änderungen haben keine sicherheitstechnische
früheren Zeitpunkt im Störfallablauf gerechnet.
Relevanz.
Als Folge davon wurde ein zu grosser Abstand
Während dem Revisionsstillstand 2012 wurde im
zur Siedeübergangsleistung errechnet. Betroffen
Rahmen des dritten Zehnjahres-Prüfprogramms
war ein bestimmter Teillastzustand der Anlage.
ein Teil der Anschlussnähte von Reaktordruck-
Der Fehler hatte keine Bedeutung für den Voll-
behälterstutzen einer Ultraschallprüfung unter-
lastbetrieb der Anlage, da in diesem Fall die
zogen. Dabei wurde an einem Speisewasserstut-
Reaktorschnellabschaltung beim Versagen der
zen an einer Schweissnaht ein tiefer, aber nicht
Druckregelung durch den Anstieg der Neutronen-
wanddurchdringender Riss festgestellt. Entspre-
flussdichte und nicht über den zu hohen Druck
chend war die Schweissnaht dicht geblieben.
ausgelöst würde. Die Limiten der Technischen
Am 28. August 2012 wurde der Befund bewer-
Spezifikation wurden zu jedem Zeitpunkt einge-
tet. Der Fehler war gemäss den Kriterien des
halten, da der Reaktor mit einer ausreichenden
ASME-Codes nicht zulässig und musste repariert
Sicherheitsmarge betrieben wurde. Die Sofort-
werden. Die Schweissnaht wurde mittels einer
massnahme zur Herabsetzung der mit dem
sogenannten Auftragsschweissung repariert. Die
Kernüberwachungssystem überwachten ther-
abschliessenden zerstörungsfreien Prüfungen am
mischen Limite und ihrer Alarmauslösung war
reparierten Stutzen sowie die Druckprobe des
geeignet, die Einhaltung des tatsächlichen
Reaktorkühlsystems verliefen erfolgreich. Eine
Grenzwerts zu gewährleisten. Die Feststellung
Überprüfung aller anderen Mischnähte an den
des Fehlers geht zurück auf die vertiefte Über-
RDB-Stutzen mit Inconel-Schweissungen ergab
prüfung der Analyseeingangsparameter und
keine weiteren Anzeigen, die auf Risse hindeuten.
Randbedingungen bei der Störfallanalyse, die
Gemäss der vorläufigen Experteneinschätzung
das ENSI als Folgemassnahme eines ähnlichen
ist der Fehler auf Spannungsrisskorrosion zu-
Vorkommnisses 2011 gefordert hatte.
rückzuführen. Diese wurde dadurch begünstigt,
Am 6. Juni 2012 zeigten die Abgas-Onlineüber-
dass die betroffene Stelle während des Baus des
wachung und zwei Laboranalysen des Abgas-
Kernkraftwerks Leibstadt repariert worden war.
stromes einen Anstieg der Edelgase. In der Abgas-
Bei der Bewertung der sicherheitstechnischen
anlage war eine leichte Erhöhung der Abgasaktivität
Bedeutung des Risses ist zu betrachten, welches
vor und nach der Abklingstrecke erkennbar. Das
die Folgen gewesen wären, wenn der Riss durch
Isotopenverhältnis Xe-133 zu Xe-135 wies ein-
die ganze Wandstärke hindurchgewachsen
deutig auf einen Brennelementschaden hin. Am
wäre. In diesem Fall wäre es wahrscheinlich zu
7. Juni 2012 konnte mit einer geplanten Last-
einer kleinen Leckage gekommen, die mit Be-
reduktion auf 80% und gezielten Steuerstab-
triebssystemen hätte kompensiert werden kön-
bewegungen die Steuerstabzelle mit dem schad-
nen und die zum betrieblichen Abfahren der
haften Brennelement identifiziert werden. Die im
Anlage geführt hätte. In seiner Analyse hat das
Revisionsstillstand 2012 durchgeführten weiteren
KKL aber konservativ auch den Fall betrachtet,
Abklärungen sind in Kap. 4.3.3. beschrieben.
dass der Riss zu einem kleinen Kühlmittelverlust-
Während des Revisionsstillstandes fanden im
störfall geführt hätte. Bei diesem Szenario wäre
Brennelementlager Bestimmungen von Ablage-
es auslegungsgemäss zu einer Reaktorschnell-
rungen (Crud) an Brennstäben statt. Dafür muss-
abschaltung und zum Anlaufen von Notkühl-
ten Teilbündel aus dem Brennelementkasten ge-
systemen gekommen.
zogen werden. Beim Einfahren eines solchen
Am 21. Dezember 2012 zeigten die Abgas-
Teilbündels in die Crud-Probenahmeeinrichtung
Onlineüberwachung und zwei Laboranalysen
ENSI Aufsichtsbericht 2012
65
des Abgasstromes einen Anstieg der Edelgase,
derem mussten die Einleitbedingungen nach der
der eindeutig auf einen Brennelementschaden
Gewässerschutzverordnung und der Bewilligung
hindeutete. Wie beim Brennelementschaden im
des Bundesrates zur Entnahme und Einleitung von
vorhergegangenen Zyklus wurde das defekte
Kühlwasser eingehalten werden. Das KKL musste
Brennelement durch eine Leistungsreduktion
zudem die Ursachenermittlung für den Befall des
und gezielte Steuerstabbewegungen vorläufig
Hauptkühlkreislaufs mit Legionellen weiterführen.
identifiziert. Um eine Vergrösserung des Scha-
Die Abklärungen ergaben, dass mit grosser Wahr-
dens zu vermeiden, wurden zwei benachbarte
scheinlichkeit ein Legionelleneintrag mit dem Zu-
Steuerstäbe voll eingefahren und so die Leistung
satzwasser aus dem Rhein die Ursache ist, eine
des Brennelements reduziert. Das ENSI hält die
luftgetragene Übertragung aber nicht ausge-
getroffene Massnahme für geeignet, um die Be-
schlossen werden kann. Das KKL war im Weiteren
lastung des Brennelements zu reduzieren, und
verantwortlich für eine adäquate Information der
wird sich über die weitere Entwicklung regelmäs-
Rhein-Unterlieger, insbesondere der Wasserwerke,
sig informieren.
über die Biozideinsätze.
Eine Zusammenstellung von Vorkommnissen der
Im Zeitraum vom 2. Mai bis 1. November 2012
vergangenen zehn Jahre ist im Anhang in Figur 2
wurden insgesamt elf Stossdosierungen zu 260 kg
dargestellt. Eine Übersicht über die meldepflich-
Natriumhypochlorit durchgeführt. Alle Dosierun-
tigen Vorkommnisse im Berichtsjahr findet sich in
gen verliefen planmässig, die Bedingungen für
Tabelle 4.
die Einleitungen in den Rhein wurden eingehalten.
Die seither vorgenommenen Legionellenkontrollen
Legionellen
im Hauptkühlwasser zeigten Werte, welche zuerst
Im Hauptkühlwassersystem des KKL wurden im
tiefer, später aber wieder höher lagen als der vom
Herbst 2010 Bakterien der Art Legionella pneumo-
BAG festgelegte Eingreifwert von 10 000 KbE/l.
phila festgestellt. Die Messungen des Wassers der
Die Probenahme erfolgte wöchentlich.
Kühlturmtasse zeigten Werte bis zu 100 000 KbE/l
Im September 2012 reichte das KKL ein Gesuch um
(Kolonie bildende Einheiten pro Liter Wasser). Le-
Verlängerung der Freigabe ein. Die zeitlich limitierte
gionellen sind die Verursacher der unter Umständen
Behandlung des Hauptkühlwassers mit Natrium-
tödlichen Legionärskrankheit. In regelmässigen Ab-
hypochlorit lieferte nur eine beschränkte Anzahl von
ständen wurden die Mitarbeitenden des KKL über
Messergebnissen. Die Wirksamkeit des Verfahrens
den Zustand des Hauptkühlwassers und über die
konnte noch nicht eindeutig beurteilt werden. Zu-
notwendigen Schutzmassnahmen informiert.
sätzlich fehlten Messergebnisse aus der kalten Jahres-
Im Juni 2011 hatte das ENSI gestützt auf die Stel-
zeit. Solche wären von grosser Bedeutung, denn in
lungnahmen der fachlich zuständigen Behörden
den Monaten Januar und Februar 2012 wurden die
einem einmaligen Einsatz von Bioziden gegen
höchsten Legionellenzahlen des Jahres gemessen.
Legionellen zugestimmt. Dieser wurde eng über-
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 stimmte
wacht und ohne Folgen für Menschen und die Um-
das ENSI, gestützt auf die Stellungnahmen des
welt durchgeführt. Die Massnahmen wirkten aber
Bundesamtes für Gesundheit BAG, des Bundes-
nur kurzfristig.
amtes für Umwelt BAFU und des Kantons Aargau
Im Oktober 2011 hatte das KKL einen Antrag zur
einer befristeten Verlängerung zu. Da beim Einsatz
Freigabe des regelmässigen Einsatzes von Natrium-
von Natriumhypochlorit unter den vorherrschen-
hypochlorit gestellt. Es reagierte damit auf einen
den Randbedingungen nur rund 10% der einge-
erneuten Anstieg von Legionellen-Keimen im
setzten Biozidmenge wirksam sind, hielt das BAFU
Hauptkühlwasser.
eine Befristung des Biozideinsatzes für angezeigt.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2012 hat das ENSI
In Zukunft soll eine effizientere und umweltfreund-
gestützt auf die Beurteilungen der zuständigen
lichere Methode angewandt werden.
Fachbehörden die Freigabe zum Einsatz von Natriumhypochlorit erteilt, welches in gelöster Form
auch als Javelwasser bekannt ist. Involviert waren
4.3 Anlagetechnik
das Bundesamt für Gesundheit BAG, das Bundesamt für Umwelt BAFU, die Kantone Aargau, Basel-
4.3.1 Revisionsarbeiten
Stadt und Basel-Landschaft sowie das Landratsamt
Waldshut. Der Einsatz wurde auf sechs Monate
Während des Revisionsstillstands vom 6. August bis
befristet und mit Auflagen verbunden. Unter an-
30. Oktober 2012 wurden geplante Instandhaltungs-
66
ENSI Aufsichtsbericht 2012
massnahmen wie Inspektionen an mechanischen
und elektrischen Einrichtungen, zerstörungsfreie
Werkstoffprüfungen sowie wiederkehrende Funktionsprüfungen und Begehungen an Komponenten und Systemen durchgeführt. Die Wiederinbetriebnahme der Anlage verzögerte sich auf Grund
von Reparaturarbeiten an einem Speisewasserstutzen um rund fünf Wochen.
An den mechanischen Anlageteilen wurden eine
Reihe von Prüfungen und Instandhaltungsarbeiten
durchgeführt. Nachfolgend werden davon einige
der sicherheitstechnisch wichtigen erläutert:
Am Reaktordruckbehälter fanden mechanisierte
Ultraschallprüfungen
an
Stutzeninnenkanten,
Stutzeneinschweissnähten, Stutzenanschlussnähten und Rohranschlussnähten statt. Dabei wurde
ein tiefer, aber nicht wanddurchdringender Riss
in einer Schweissnaht des N5-Speisewasserstutzens bei 150° gefunden, der instandgesetzt werden musste. Der Befund war gemäss Richtlinie
ENSI-B03 als Vorkommnis meldepflichtig (siehe
Kap. 4.2).
Bei jeder Revisionsabstellung werden ausgewählte
Revisionsarbeiten
Einbauten des RDB einer visuellen Prüfung unterzogen. Mit Unterwasser-Kamerasystemen wer-
An einer Naht wurden zwei Anzeigen neu als
den Schweissnähte und Einbauten auf Defekte
bewertungspflichtig eingestuft. Alle bei dieser
untersucht. In diesem Jahr wurde erstmals nach
Prüfung gefundenen Anzeigen wurden für die
einem neu qualifizierten Prüfverfahren mit ver-
kommende Betriebsperiode als zulässig einge-
besserten Kamerasystemen insbesondere der
stuft. Es gab keine Hinweise auf betriebsbedingte
Kernmantel inspiziert. An der Aussenseite einer
Veränderungen gegenüber früheren Prüfungen.
Schweissnaht im oberen Bereich des Kernman-
Ein Austausch des gesamten Umwälzsystems ist
tels wurde zwei Stellen mit ersten Anzeichen
in Vorbereitung.
von Spannungsrisskorrosion gefunden. Diese
Die alle zehn Jahre durchzuführende Druckprü-
sind auf Basis der vom ENSI anerkannten Bewer-
fung des Reaktorkühlsystems wurde nach Ab-
tungsgrundlage für den Weiterbetrieb zulässig.
schluss der Reparatur des Speisewasserstutzens
Das Prüfprogramm für den Kernmantel und für
(siehe oben) durchgeführt, vom SVTI überwacht
weitere Kerneinbauten wurde daraufhin erwei-
und vom ENSI inspiziert. Es wurde gemäss der
tert. Das ENSI forderte die Einreichung eines
Richtlinie ENSI-B06 neu mit dem Auslegungs-
detaillierten Wiederholungsprüfprogramms für
druck geprüft. Es ergaben sich keine Befunde.
die RDB-Einbauten.
Mit diesem integralen Drucktest wurde der gute
An beiden Umwälzpumpen des Reaktorwasser-
Zustand der Komponenten des Primärkreis-
Umwälzsystems fand neben anderen Untersuchun-
systems bestätigt.
gen auch eine weitere Überprüfung der 2004
Im KKL sind insgesamt 32 Druckluftbehälter im
ausgeführten Reparatur am hydrostatischen Lager
Bereich der Primäranlage zur zeitlich begrenzten
statt. Aufgrund der Inspektionsergebnisse aus
autarken Versorgung von pneumatischen Arma-
dem Revisionsstillstand 2011 wurde im Jahr 2012
turenantrieben der Frischdampf-, Sicherheits- und
eine umfangreiche Reparatur an beiden Pumpen
Abblaseventile sowie der Frischdampf-Isolations-
durchgeführt. Die Pumpenläufer wurden bis
ventile installiert. Diese Behälter weisen seit der
zur ursprünglichen Wandstärke aufgeschweisst,
Herstellung Mängel an den Schweissnähten auf,
überdreht und neu gewuchtet.
welche wiederkehrend auf Veränderungen ge-
Im Revisionsstillstand 2012 wurde an acht auste-
prüft werden. Das KKL ersetzt die mangelhaften
nitischen Rundnähten der Umwälzschleifen eine
Behälter schrittweise. Im Jahr 2012 wurden drei
mechanisierte Ultraschallprüfung durchgeführt.
Behälter ersetzt.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
67
Foto: KKL
Kommandoraum
des KKL
Foto: KKL
Im Revisionsstillstand 2012 wurden an den leit-
Steuereinheiten der Steuerstabantriebe wurden
technischen und starkstromtechnischen Anlagen
vorsorglich ersetzt.
Instandhaltungsarbeiten inklusive Funktionsprüfungen durchgeführt. Die wichtigsten Arbeiten sind im
4.3.2 Anlageänderungen
Folgenden zusammengefasst:
68
Nebst den routinemässigen Kontroll- und Prüf-
Im Berichtsjahr wurden mehrere Änderungen zur
arbeiten bei den Hochspannungs- und Mittel-
weiteren Verbesserung der Anlage umgesetzt.
spannungs-Transformatoren wurde ein Eigen-
Nennenswert sind:
bedarfstransformator komplett revidiert.
Ein Schwerpunkt des Revisionsstillstands 2012
Ein Pol des Blocktransformators wurde aus be-
war der Ersatz der Kühlturmeinbauten. Die beste-
trieblichen Gründen gegen den Ersatzpol ausge-
henden asbesthaltigen Rieseleinbauten zeigten
tauscht.
Alterungseffekte, was auch den Wirkungsgrad
Das Erregungssystem des Generators, der Genera-
der Anlage beeinträchtigte. Weil die Verwen-
torschalter und die inneren Erdungstrenner der
dung von Asbestmaterial nicht mehr zulässig ist,
Generatorableitung wurden revidiert und geprüft.
mussten alle asbesthaltigen Komponenten er-
Bei den Mittelspannungsanlagen wurden nebst
setzt werden. Die neuen Einbauten aus Kunst-
den planmässig ausgeführten Schalterrevisionen
stoff haben ein Gesamtgewicht von rund 1100 t.
und Prüfungen einige Schaltfelder für den Ein-
Sie ersetzen die ausgebauten 6448 t Einbauten
bau eines neuen SF6-Schaltertyps modifiziert. Im
aus Asbestzement. Die Arbeiten wurden durch
Hinblick auf den geplanten Austausch des Reak-
die SUVA überwacht. Ersetzt wurden die Riesel-
torumwälzsystems wurden die Schaltanlagen
einbauten, die Wasserverteilung und die Trop-
erweitert.
fenfänger. Dadurch wurde die Kühlwirkung und
Im Bereich der Gleichstromanlagen und der un-
damit auch der Wirkungsgrad der Anlage ver-
terbrechungsfreien Versorgung (USV) wurden
bessert und der Unterhalt erleichtert.
einzelne Batteriegruppen alterungsbedingt mit
Das gesamte Areal der Eigenbedarfstransfor-
neuen Batterietypen ausgerüstet. Zudem wur-
matoren und der Generatorableitung wurde mit
den als Teiletappe in einer Division zwei Anlagen
einer Überdachung versehen. Sie dient dem
durch USV-Systeme in moderner, modularer
Schutz gegen Witterungseinflüsse und verhin-
Technologie ersetzt.
dert starke Temperaturschwankungen. Damit
Zahlreiche Relais des Reaktorschutzsystems wie
wird die betriebliche Verfügbarkeit des Systems
auch Scram-Pilotventilspulen der hydraulischen
verbessert.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Seit 2010 werden verschiedene kontaminierte
Die Sicherungssysteme wurden erneuert. In
Grosskomponenten
Niederdruckturbine,
einem ersten Schritt wurden die Drehtüren beim
Kondensator, Niederdruck-Vorwärmer, Pumpen
Hauptzutritt in das Kraftwerksareal umgebaut.
und Rohrleitungen des Reaktorumwälzsystems
Anschliessend wurden die weiteren Arealdurch-
aus Alterungsgründen ausgetauscht und aus
gangstüren nacheinander mit neuen Lesegeräten
strahlenschutztechnischen Gründen auf dem
ausgerüstet.
Areal zwischengelagert. Hierzu wird eine neue
Im Rahmen der Erneuerung der technischen
Aktivlagerhalle gebaut. Während der Jahresre-
Brandschutzanlage wurden die 2010 begon-
vision 2012 wurden die Tiefbauarbeiten zum
nenen Arbeiten weitergeführt. Ein neues Brand-
Neubau dieser Halle mit dem Bohren und Beto-
melde-Leitsystem wurde installiert. Kabelzüge
nieren der Pfahlgründung und der Erstellung
und Melder wurden ersetzt.
der Baugrube abgeschlossen.
Nicht mehr lieferbare Signalumformer im Be-
Im Revisionsstillstand 2011 wurden die Saug-
reich der elektrischen Versorgung werden suk-
siebe der Hauptkondensatpumpen durch neue,
zessive durch neue qualifizierte Typen ersetzt.
verstärkte Siebe ersetzt. 2012 wurden an diesem
Eine erste Etappe dieses umfassenden mehr-
System verschiedene leittechnische Verbesse-
jährigen Ersatzvorhabens betraf Ausrüstungen
rungen ausgeführt.
in einer Notsteuerstelle.
wie
Nachdem im Jahr 2009 der Maschinenhauskran
Süd ertüchtigt worden war, wurde im Jahr 2012
auch der Maschinenhauskran Nord umgebaut.
4.3.3 Brennelemente, Steuerstäbe
und Reaktorkern
Die neue Laufkatze ist mit einem 100-t- und
einem 12,5-t-Hubwerk ausgerüstet. Beide Kran-
Die gemessenen Aktivitätswerte im Primärkreislauf
anlagen sind nun auf dem technisch neusten
am Ende des 28. Zyklus deuteten auf einen Brenn-
Stand. Mit dieser Anlageänderung werden die
stoffschaden hin. Mittels Teleskop-Sipping wurde
Wartungskosten gesenkt, die Verfügbarkeit der
das defekte Brennelement im Revisionsstillstand
Krananlage erhöht und die Ersatzteilsituation
eindeutig identifiziert. Es handelte sich um ein
verbessert.
ATRIUM 10XM-Brennelement mit vier Standzeiten.
Die Stützplatten der Wärmetauscherrohre und
Bei den weiteren Untersuchungen des betroffenen
die Stützkonstruktion des Kondensatorhalses
Brennelements wurde ein defekter Brennstab iden-
wiesen Erosionserscheinungen auf und wurden
tifiziert. Die Untersuchungen waren Ende 2012
deshalb ertüchtigt. Im Falle der Wasserkammer-
noch nicht abgeschlossen. Die bisherigen Ergeb-
beschichtung war ein Austausch zwingend not-
nisse lieferten keinen Hinweis auf eine systema-
wendig. Die Ertüchtigung des Kondensators wird
tische Ursache für den Brennstabschaden, wovon
später mit dem Austausch der Wärmetauscher-
sich das ENSI anlässlich einer Inspektion überzeugt
rohre abgeschlossen.
hat. Weitere defekte Brennstäbe wurden in der
Die Innenbeschichtung einer Nebenkühlwasser-
Jahresrevision nicht gefunden. Das defekte Brenn-
leitung zeigte Korrosionserscheinungen und
element wurde im Reaktorkern durch ein Brenn-
musste saniert werden.
element gleichen Typs mit vergleichbarem Abbrand
Im Revisionsstillstand 2012 wurden an den elek-
ersetzt.
trischen und leittechnischen Ausrüstungen zahl-
Für den 29. Zyklus (2012/2013) wurden 116 frische
reiche Anlageänderungen vorgenommen. Viele
Brennelemente des Typs SVEA-96 Optima2 einge-
dieser Änderungen waren Vorarbeiten in während
setzt. Der Reaktorkern enthält aktuell 388 ATRIUM
des Normalbetriebs nicht zugänglichen Bereichen.
10XM-, 251 SVEA-96 Optima2-, ein ATRIUM 10XP-
Diese Anlageänderungen können während des
und acht SVEA-96 Optima3-Brennelemente. Das
Leistungsbetriebs weitergeführt und abgeschlos-
ENSI hat sich davon überzeugt, dass das KKL nur
sen werden.
frische Brennelemente einsetzt, die den Quali-
Von grosser Bedeutung war der Austausch des
tätsanforderungen für einen sicheren Betrieb ent-
Generators gegen einen mit höherer Leistung.
sprechen. Weiter wurden acht Original-Equip-
Zum Einsatz kam ein bereits vorhandener Rotor,
ment-Steuerstäbe durch frische Steuerstäbe des
welcher neu gewickelt und in einem neu ge-
Typs CR82M-1 ersetzt.
fertigten Stator eingebaut wurde. Damit wurde
Schwerpunkte der Brennelementinspektion des
die Nennscheinleistung von 1318 MVA auf
KKL bildeten die Messungen von Kastenverbie-
1360 MVA erhöht.
gungen, das zugehörige Kastenmanagementpro-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
69
gramm und der Zustand von SVEA-96 Optima2-
tet sind. Die Dosislimite von 100 mSv wird bei die-
und SVEA-96 Optima3-Brennelementen. Die Werte
sen Störfällen eingehalten. Das Kriterium gemäss
der Kastenverbiegung haben wie erwartet auf-
Art. 3 der «Ausserbetriebnahmeverordnung» (SR
grund der durchschnittlich höheren Abbrände et-
732.114.5) wird nicht erreicht. Aus der Stellung-
was zugenommen, liegen aber weiterhin im Erfah-
nahme des ENSI zum Erdbebennachweis des KKL
rungsbereich. Bei der Brennstablängenmessung
resultiert dennoch eine Forderung, da das Abhe-
wurde lediglich ein unwesentliches Stabwachstum
ben der Brennelemente im RDB von ihrer Tragstruk-
identifiziert. Die Messergebnisse für Oxidschicht-
tur nicht ausführlich genug untersucht worden
dicken an den Brennstaboberflächen lagen im Er-
war. Termingerecht hat das KKL die geforderten
fahrungsbereich. Der Zustand der inspizierten
Dokumente nachgereicht, deren Überprüfung
Brennelemente war auslegungsgemäss. Das KKL
durch das ENSI im Jahr 2013 geplant ist.
ist gemäss dem langfristigen Inspektionsprogramm
In einer am 29. November 2012 durchgeführten
vorgegangen.
Schwerpunktinspektion zum langandauernden
Beim Einbau eines inspizierten SVEA-96-Optima2-
Verlust der Stromversorgung überzeugte sich das
Teilbündels in die Crud-Sampling-Aufnahmevorrich-
ENSI von der Verfügbarkeit und der Eignung der
tung wurde ein Abstandhalter verbogen. Das be-
zur Beherrschung des langandauernden Totalaus-
troffene Brennelement wurde daher im 29. Zyklus
falls der Wechselstromversorgung vorgesehenen
nicht eingesetzt. Es wurde im Reaktorkern durch
Einrichtungen für die Accident-Management-
ein Brennelement gleichen Typs und vergleichbarem
Massnahmen. Die vorgestellte Strategie zur Be-
Abbrand ersetzt. Das Vorkommnis war meldepflich-
herrschung des langandauernden Totalausfalls der
tig (vgl. Kap. 4.2). Es hat aber für den Betrieb des
Wechselstromversorgung bewertete das ENSI als
29. Zyklus keine sicherheitstechnische Relevanz.
zielführend. Dennoch identifizierte das ENSI Ver-
Im Berichtszeitraum ist der Reaktorkern auslegungs-
besserungsbedarf sowohl beim verfügbaren Perso-
gemäss und im bewilligten Rahmen betrieben
nal für den Betrieb des Tanklöschfahrzeugs als
worden. Die Ergebnisse der reaktorphysikalischen
auch bei der erdbebensicheren Lagerung der Ein-
Messungen stimmten gut mit den Ergebnissen der
satzmittel und forderte Korrekturmassnahmen.
Kernauslegungsberechnungen überein. Es kam zu
Aufgrund des Gefährdungspotenzials bei der La-
keiner Überschreitung von thermischen Betriebs-
gerung grösserer Benzinmengen verlangte das
grenzwerten.
ENSI, dass das KKL die Benzinmotorpumpen durch
Dieselmotorpumpen ersetzt und zudem kurzfristig
4.3.4 Massnahmen nach Fukushima
eine Dieselmotorpumpe aus dem externen Lager
Reitnau auf dem Kraftwerksgelände aufstellt. In
Das KKL hat dem ENSI fristgerecht bis zum
derselben Inspektion kontrollierte das ENSI die
30. März 2012 die in der Verfügung vom 1. April
korrekte Ausführung der laut ENSI-Verfügung vom
2011 geforderten Nachweise zur Beherrschung
5. Mai 2011 auf Ende 2012 verlangten externen
eines 10 000-jährlichen Erdbebens sowie der Kom-
elektrischen und hydraulischen Anschlüsse für AM-
bination von Erdbeben und Hochwasser einge-
Massnahmen. Es konnte dabei die Erfüllung der
reicht. Bereits vorgängig waren die Erdbeben-
Forderung aus der Verfügung festgestellt werden.
festigkeitsnachweise (Fragilities) für alle relevanten
Am 14. Dezember 2012 führte das ENSI eine
Bauwerke, Systeme und Komponenten fertigge-
Schwerpunktinspektion zu den Prozessen und Vor-
stellt worden. Neben der Sicherheit des Kernreak-
gabedokumenten zur Auswertung externer Vor-
tors, des Primärkreislaufs und des Containments
kommnisse durch. Die Inspektion zeigte, dass ge-
war gemäss der ENSI-Verfügung vom 5. Mai 2011
eignete Vorgaben für die Auswertung der für das
auch die Auslegung der Brennelementlager-
KKL relevanten externen Vorkommnisse existieren.
becken, -gebäude und -kühlsysteme zu überprüfen
Ebenso sind die Übergänge zu den für die Um-
und die Einhaltung der zulässigen Dosislimiten für
setzung abgeleiteter Massnahmen relevanten Pro-
diese Störfälle nachzuweisen. Aufgrund der Prü-
zessen festgelegt. Die Prüfung zeigte einzelne
fung der eingereichten Dokumentation kam das
Inkonsistenzen in den Vorgabedokumenten. Die in-
ENSI zum Schluss, dass die Kernkühlung und die
haltlichen Vorgaben zur Umsetzung der Anforde-
Kühlung des Brennelementlagerbeckens unter
rungen der Richtlinie ENSI-B02 für die Berichter-
Einwirkung eines 10 000-jährlichen Erdbebens und
stattung ans ENSI sind nicht vollständig. Aufgrund
der Kombination von Erdbeben und erdbebenbe-
des festgestellten Verbesserungsbedarfs verlangte
dingtem Hochwasser einzelfehlersicher gewährleis-
das ENSI Korrekturmassnahmen.
70
ENSI Aufsichtsbericht 2012
4.4 Strahlenschutz
Die radiologischen Arbeitsbedingungen während
des Revisionsstillstands waren in der kontrollierten
Die während des Kalenderjahrs 2012 im KKL akku-
Zone des Maschinenhauses trotz des festgestellten
mulierte Kollektivdosis betrug 2126 Pers.-mSv. Die
Brennelementschadens gut. Das KKL hat zusätzlich
höchste registrierte Jahresindividualdosis betrug
zur Standard-Überwachung für Ortsdosisleistun-
11 mSv. Alle Individualdosen lagen unter dem
gen und Oberflächenkontaminationen an begeh-
Dosisgrenzwert für beruflich strahlenexponierte
baren Orten umfassende radiologische Überwa-
Personen von 20 mSv pro Jahr. Es wurden keine
chungsmassnahmen getroffen. Diese beinhalteten
Personenkontaminationen festgestellt, die sich nicht
die Erhebung von zusätzlichen Luft- und Kratzpro-
mit einfachen Mitteln entfernen liessen. Inkorpo-
ben, den Einsatz von Alpha-Beta-Luftmonitoren an
rationen von radioaktiven Stoffen oberhalb der
weiteren Stellen und vermehrte Triagemessungen,
Triageschwelle gab es ebenfalls keine.
besonders für Personal, welches Arbeiten mit er-
Für die Jahresrevision des KKL war eine Kollektiv-
höhtem Inkorporationsrisiko durchführte. Ausser-
dosis von 1900 Pers.-mSv geplant. Tatsächlich ak-
dem kamen Funkdosimeter zum Einsatz.
kumuliert wurden 1955 Pers.-mSv.
Die Dosisleistungen an den Nachkühlsystemen A
Aufgrund der erhöhten Xe-133-Abgaben im Ab-
und B (Austritt Wärmetauscher) lagen mit 20 re-
gas wurde im Juni 2012 auf einen Brennelement-
spektive 10% etwas höher als zum Zeitpunkt der
schaden geschlossen. Die daraufhin von KKL ge-
Revision 2011. An den Umwälzschleifen wurde
troffenen Massnahmen umfassten unter anderem
eine Dosisleistung von 1,45 mSv/h gemessen, die-
eine lokale Leistungsreduktion, damit im betrof-
ser Wert ist deutlich niedriger als der 2011 gemes-
fenen Brennelement die Ausweitung des Primär-
sene Wert von knapp 2,5 mSv/h. Dies ist das er-
schadens gehemmt und die Wahrscheinlichkeit
wartete Ergebnis der erhöhten Zink-Dosierung.
für Sekundärschäden reduziert wird. Ausserdem
Die Dosisleistung in den begehbaren Bereichen
wurde ein konservatives Abfahrprozedere durch-
des Drywells bestätigt diesen Trend, wenn auch in
geführt. Dabei wurde während 4,5 Stunden ein
etwas kleinerem Ausmass.
Leistungsplateau von 80% gehalten und der Reak-
Die in der Revision 2010 erstmals im KKL durch-
tor wurde wegen des möglichen Transports von
geführte Reinigung der Durchführungen von
Spaltprodukten nicht über den Kondensator abge-
Steuerstabführungsrohren musste damals nach
kühlt.
der Hälfte des geplanten Reinigungsumfangs ab-
Abgehobener
RDB-Deckel
Foto: KKL
ENSI Aufsichtsbericht 2012
71
gebrochen werden, da die Hochdruckreinigung
des quellenbezogenen Dosisrichtwerts von 0,3
der Komponenten zu erheblichen Oberflächen-
mSv/Jahr gemäss der Richtlinie ENSI-G15. Die
kontaminationen im Steuerstabsantriebsraum, zu
Dosisleistungs-Messsonden des vom ENSI betrie-
starker Kontamination des Reinigungswerkzeugs
benen Messnetzes (MADUK) in der Umgebung
und zu einer Überschreitung des Dosiskontingents
des Werkes zeigten keine durch den Betrieb der
von Personen führte. In der Revision 2012 wurden
Anlage erhöhten Werte. Im Nahbereich eines Sie-
diese Arbeiten mit einem wesentlich verbesserten
dewasserreaktors ist die Ortsdosisleistung durch
Werkzeug
mit
Direkt- und Streustrahlung aus dem Maschinen-
30 Pers.-mSv geplante Kollektivdosis wurde mit
haus erhöht. Die Thermolumineszenz-Dosimeter,
10 Pers.-mSv deutlich unterschritten.
die an mehreren Stellen am Zaun des Kraftwerks-
Am 28. August 2012 wurde bei Ultraschallprü-
areals die Dosis messen, zeigten mit einem Jahres-
fungen am N5-Stutzen der Speisewasserleitung eine
höchstwert von 1,2 mSv keine signifikante Verände-
erfolgreich
durchgeführt.
Die
meldepflichtige Rissanzeige festgestellt. Das KKL
rung gegenüber dem Vorjahr. Bei den quartalsweise
entschied sich für eine Reparatur des Risses mittels
vom ENSI zur Kontrolle durchgeführten Messun-
Auftragsschweissen (Full Structural Weld Overlay).
gen an der Umzäunung des KKL wurden ebenfalls
Die Reparatur bedingte eine Strahlenschutzplanung
keine signifikanten Veränderungen festgestellt.
für die betreffenden Arbeiten. Die Schweissarbeiten
Die in Artikel 102 Absatz 3 der Strahlenschutzver-
wurden in der heissen Werkstatt an mehreren Mock-
ordnung vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für
ups vorgängig intensiv geübt. Die Kollektivdosis für
Direktstrahlung ausserhalb des Kraftwerksareals
die Stutzenreparatur belief sich auf 74 Pers.-mSv,
von 1 mSv pro Jahr für Wohn- und Aufenthalts-
was unterhalb des geplanten Werts lag.
räume und von 5 mSv pro Jahr für andere Bereiche
Gründe für die trotz Stutzenreparatur nahe beim
wurden eingehalten. Für detailliertere Angaben
geplanten Wert liegende Kollektivdosis sind ins-
zur radiologischen Situation innerhalb und ausser-
besondere das zonenkonforme Verhalten des ge-
halb des KKL wird auf den Strahlenschutzbericht
samten Personals, umfangreiche Abschirmmass-
2012 des ENSI verwiesen.
nahmen und die Verlegung der Drywell-Garderobe
in einen Bereich mit niedrigerer Ortsdosisleistung.
Mit den Funkdosimetern wurde die Dosis des vor
4.5 Radioaktive Abfälle
Ort eingesetzten Personals bei Arbeiten in komplexen Strahlenfeldern vom Strahlenschutz ständig
Radioaktive Rohabfälle fallen im KKL regelmässig
überwacht.
aus den Wasserreinigungssystemen, der Abgas-
Das ENSI stellte bei mehreren Inspektionen fest,
und Fortluftreinigung und als verbrauchte Brenn-
dass im KKL ein konsequenter und gesetzeskon-
elementkästen an. Weitere Abfälle stammen aus
former Strahlenschutz praktiziert wird.
dem Austausch von Komponenten bei Instandhal-
Die radioaktiven Abgaben über die Abluft in Form
tungs-, Umbau- oder Nachrüstmassnahmen und
von Aerosolen, Iod und Edelgasen lagen deutlich
den dabei verwendeten Verbrauchsmaterialien.
unterhalb der in der Betriebsbewilligung festge-
Der Anfall an radioaktiven Rohabfällen (vgl. Tabelle
legten Grenzwerte. Die gleiche Aussage gilt auch
8) war im Berichtsjahr mit 64 m3 höher als im Vor-
für die radioaktiven Abgaben mit dem Abwasser
jahr. Der Anfall bewegt sich in der mehrjährigen
ohne Tritium. Die Tritium-Abgaben des KKL betru-
Schwankungsbreite auf einem niedrigen Niveau.
gen rund 7% des Jahresgrenzwertes. Die quartals-
Die radioaktiven Rohabfälle werden gesammelt,
weise vom ENSI durchgeführten Kontrollmes-
kampagnenweise konditioniert und anschliessend
sungen von Abwasserproben sowie Iod- und
zwischengelagert. Die im KKL vorhandenen un-
Aerosolfiltern ergaben Übereinstimmung mit den
konditionierten Abfälle sind in dafür vorgesehenen
vom KKL gemeldeten Analyseergebnissen. Aus
Räumlichkeiten der kontrollierten Zone aufbe-
den tatsächlich über die Abluft und das Abwasser
wahrt. Ihr Bestand ist mit 8 m3 gering. Brennbare
abgegebenen radioaktiven Stoffen berechnet das
und weitere Rohabfälle wurden im Berichtsjahr für
ENSI die Jahresdosis für Einzelpersonen der Bevöl-
die Behandlung in der Plasma-Anlage der ZWILAG
kerung in der Umgebung des KKL unter konser-
bereitgestellt und dorthin transportiert.
vativen, d. h. ungünstigen Annahmen. Die Dosen
Als Konditionierungsverfahren kommt im KKL die
betrugen rund 0,0024 mSv für Erwachsene,
Zementierung von Harzen und Konzentraten zum
0,0032 mSv für Zehnjährige und 0,0054 mSv für
Einsatz. Für alle angewendeten Verfahren liegen
Kleinkinder und liegen damit deutlich unterhalb
die gemäss Kernenergieverordnung und Richtlinie
72
ENSI Aufsichtsbericht 2012
ENSI-B05 erforderlichen behördlichen Typengeneh-
Eine Inspektion zeigte zudem, dass die Notfallkom-
migungen vor. Im Berichtsjahr wurden verbrauchte
munikationsmittel für den Kontakt zu externen
Harze und Konzentrate in zwei Kampagnen ze-
Stellen betriebsbereit sind.
mentiert.
Das ENSI löste im KKL ohne Voranmeldung einen
Die konditionierten Abfallgebinde werden routine-
Übungsalarm aus, bei welchem die Verfügbarkeit
mässig im werkseigenen Zwischenlager eingelagert.
des Werks-Notfallstabes gemäss Richtlinie ENSI-
Das KKL nutzt aber auch die Kapazitäten der
B11 bestätigt wurde.
ZWILAG. Die radioaktiven Abfälle des KKL sind in
einem von allen schweizerischen Kernanlagen
eingesetzten elektronischen Buchführungssystem
4.7 Personal und Organisation
erfasst, so dass die Information über Menge, Lagerort und radiologische Eigenschaften jederzeit ver-
4.7.1 Organisation und Betriebsführung
fügbar ist.
Ein wichtiges Element bei der Minimierung der
Im Berichtsjahr hat das KKL den Personalbestand
radioaktiven Abfälle ist die Inaktiv-Freimessung von
auf 541 Personen erhöht (Ende 2011: 533), um ei-
Materialien aus der kontrollierten Zone. Im KKL wur-
nerseits den erhöhten Personalbedarf für Projekte
den im Berichtsjahr insgesamt 66 t Material gemäss
zu decken und andererseits im Rahmen des Gene-
den Vorgaben der Richtlinie ENSI-B04 freigemessen.
rationenwechsels genügend Einarbeitungszeit zu
gewährleisten. Das KKL hat im Jahr 2012 keine
4.6 Notfallbereitschaft
grösseren organisatorischen Änderungen vorgenommen.
Das Managementsystem des KKL entspricht der
Die Notfallorganisation des KKL ist für die Bewäl-
Norm DIN EN ISO 9001:2008 und wird in regelmäs-
tigung aller Notfälle innerhalb des Werksareals
sigen Audits vom Zertifizierungsinstitut geprüft. Das
zuständig. Mit einer zweckmässigen Organisation,
ENSI führte 2012 eine Inspektion zur Integration
geeigneten Führungsprozessen und -einrichtungen
des Regelwerks in das Managementsystem durch.
zusammen mit einer entsprechenden Auslegung
Die Prozesse, die sicherstellen, dass die verwendeten
der Anlage hat das KKL die Notfallbereitschaft auf
gesetzlichen und reglementarischen Grundlagen
hohem Niveau sicherzustellen.
aktuell sind, erfüllen die Anforderungen.
Das ENSI hat im Oktober 2012 anlässlich der
Im Laufe des Jahres 2012 hat das ENSI mit dem KKL
Werksnotfallübung ARIDUS die Notfallorganisa-
Fachgespräche zur Sicherheitskultur durchgeführt.
tion beobachtet und beurteilt. Bei der Übung
Themen waren die Bedeutung und die Auswir-
wurde gemäss Szenario eine langanhaltende Tro-
kungen des Unfalls in Fukushima in Bezug auf
ckenheit mit abgesunkenem Grundwasserspiegel
die Sicherheitskultur der Betreiber der Schweizer
und reduzierter Durchflussmenge der Flüsse unter-
Kernkraftwerke. Ziel dieser Art von Gesprächen ist
stellt. Eine Überlastung des Stromnetzes führte zu
explizit nicht die Bewertung der Sicherheitskultur
dessen Ausfall. Aufgrund von Instandhaltungsar-
der Betreiber, sondern die Förderung der Selbst-
beiten stand der Schicht nur eine minimale Anzahl
reflexion der Betreiber über die eigene Sicherheits-
von Notkühlsystemen zur Verfügung. Als Resultat
kultur. Im ersten Fachgespräch wurden die vom
der Trockenheit lieferten die Nebenkühl- und
ENSI vorgegebenen Themen behandelt. Das ENSI
Grundwasserpumpen kein Kühlwasser mehr. Ein
wertete das Gespräch aus und informierte den
südlich des Kühlturms ausgebrochenes Feuer
Betreiber im Rahmen eines zweiten Gesprächs
wurde durch den Wind in Richtung des Ausbil-
über die Ergebnisse.
dungs- und Informationszentrums und eines mit
Wasserstoff beladenen Sattelschleppers getrieben.
4.7.2 Personal und Ausbildung
Mehrere Personen erlitten Brandverletzungen und
Rauchvergiftungen. Das Versagen weiterer Sys-
Im Berichtsjahr bestanden fünf Reaktoroperateur-
teme und Komponente führte zudem zu einem
Anwärter des KKL die Abschlussprüfung der kern-
Kühlmittelverlust.
technischen Grundlagenausbildung an der Reak-
Das ENSI kam zum Schluss, dass die Übungsziele
torschule des PSI. Dies ist eine Voraussetzung für
gemäss Richtlinie ENSI-B11 erreicht wurden. Das
die weitere Ausbildung und spätere Zulassungs-
KKL verfügt über eine zur Beherrschung von Stör-
prüfung zum Reaktoroperateur. Die Ausbildung
fällen geeignete Notfallorganisation.
vermittelt die erforderlichen theoretischen Kennt-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
73
nisse in thermischer Kraftwerkstechnik, Nuklearphysik, Reaktortechnik und Strahlenschutz.
Vier Reaktoroperateure des KKL legten im Berichtsjahr ihre Zulassungsprüfung mit Erfolg ab. Die Zulassungsprüfungen bestehen aus einem theoretischen
und einem praktischen Teil. Im theoretischen Teil
weisen die Kandidaten ihre detaillierten Kenntnisse
zum Aufbau und Verhalten der Anlage und zu den
anzuwendenden Vorschriften nach. Der praktische
Teil erfolgt am eigenen Anlagesimulator und besteht
in einer Demonstration der Anwendung der Kenntnisse. Die Anzahl der zulassungspflichtigen Personen
ist im Anhang in Tabelle 3 zusammengestellt.
Das ENSI hat eine Inspektion zum Ausbildungsprogramm 2012 der Abteilung Betrieb durchgeführt.
Gegenstand der Inspektion waren insbesondere
Sicherheitsbewertung 2012 KKL:
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
die anlagespezifische Grundausbildung, die Wiederholungsschulung am Simulator und die allgemeine
Zellen ohne Bewertung bedeuten, dass weder In-
Wiederholungsschulung. Das Ausbildungsprogramm
spektionsergebnisse, Vorkommnisse noch Sicher-
erfüllt die Anforderungen der Richtlinie ENSI-B10.
heitsindikatoren eine Bedeutung für diese Zellen
hatten. Im Folgenden werden jene Zellenbe-
4.8 Periodische
Sicherheitsüberprüfung
wertungen begründet, die in die Kategorien A
(Abweichung) und höher gehören. Die aufgeführten Sachverhalte sind in den Unterkapiteln
1.1 bis 1.7 ausführlicher behandelt. Die Mehrzahl
Das ENSI hatte im Jahr 2009 gestützt auf die vom
der Sachverhalte ist sowohl für Sicherheitsebenen
KKL eingereichte Periodische Sicherheitsüberprüfung
oder Barrieren als auch für Schutzziele von Be-
eine Reihe von Forderungen erhoben. Der grösste Teil
deutung.
der Forderungen wurde inzwischen erfüllt. Bei einer
Forderung hat das ENSI eine Fristerstreckung für die
Bearbeitung bis 31. Dezember 2013 genehmigt.
Ebene 1, Zustand und Verhalten der Anlage:
Kategorie A der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Während Untersuchungen an Brennelementen
4.9 Sicherheitsbewertung
4.9.1 Detaillierte Bewertung
wurde während des Revisionsstillstandes ein
Abstandhalter leicht verbogen.
Ebene 3, Betriebsvorgaben: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Im Jahr 2012 beurteilte das ENSI mit dem im
Für eine thermische Limite des Reaktorkerns
Anhang (Kapitel Sicherheitsbewertung) beschrie-
bestand eine falsche Vorgabe.
benen System rund 260 Inspektionsgegenstände,
Ergebnisse von Zulassungsprüfungen, Einzelaspekte
von Vorkommnisabläufen und Sicherheitsindikatoren bezüglich ihrer Bedeutung für die nukleare
Integrität der Brennelemente, Zustand
und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Sicherheit. Dabei kam das ENSI für die einzelnen
Im 28. Zyklus kam es zu einer Brennstoffleckage.
Zellen der Sicherheitsbewertungs-Matrix zu fol-
Im 29. Zyklus kam es erneut zu einer Brenn-
genden zusammenfassenden Beurteilungen:
stoffleckage.
74
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Integrität des Primärkreises, Zustand
und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Anlagen desselben Typs übertreffen und die nach
dem Unfall von Fukushima vorgenommenen
Überprüfungen die grosse Robustheit der Aus-
An einer Schweissnaht an einem Speisewasser-
legung zeigten, bewertet das ENSI die Sicherheit
stutzen wurde ein nicht wanddurchdringender
des KKL hinsichtlich Auslegungs-Vorgaben als
Riss festgestellt.
hoch.
Ebenen- oder barrierenübergreifend,
Zustand und Verhalten der Anlage: Kategorie A
der ENSI-Sicherheitsbewertungsskala
Betriebs-Vorgaben
Das ENSI beurteilt den Fehler einer thermischen
Limite des Reaktorkerns als Abweichung mit einer
Der unter Integrität des Primärkreises erwähnte
geringen Bedeutung für die nukleare Sicherheit.
Riss an einer Speisewasserstutzen-Schweissnaht
Entsprechend bewertet das ENSI die Sicherheit
führte zu einer geringfügigen Risikoerhöhung
des KKL hinsichtlich Betriebs-Vorgaben als gut.
(ICCDP zwischen 10 -8 und 10 -6).
Dieselben Sachverhalte, die oben aus der Perspek-
Zustand und Verhalten der Anlage
tive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge zugeord-
Das ENSI beurteilt den verbogenen Abstand-
net worden sind, lassen sich auch aus der Schutz-
halter an einem Brennelement, die Brennstoff-
ziel-Perspektive zuordnen. Das Ergebnis sieht wie
leckagen im 28. und 29. Zyklus sowie den nicht
folgt aus:
wanddurchdringenden Riss an einer Speisewasserstutzen-Schweissnaht als Abweichungen
mit einer geringen Bedeutung für die nukleare
Sicherheit. Entsprechend bewertet das ENSI
die Sicherheit des KKL hinsichtlich Zustand und
Verhalten der Anlage als gut.
Zustand und Verhalten von Mensch
und Organisation
Da keine Bewertungen der Kategorien A und
höher vorliegen, bewertet das ENSI die SicherSicherheitsbewertung 2012 KKL: Schutzziel-Perspektive
Anmerkung: alternative Darstellung derselben Sachverhalte wie
in der Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge, aber mit
zusätzlicher Darstellung radiologischer Auswirkungen
heit des KKL hinsichtlich Zustand und Verhalten
von Mensch und Organisation als hoch.
Alle Schutzziele waren im Berichtsjahr jederzeit
vollumfänglich gewährleistet.
4.9.2 Gesamtbewertung
Auslegungs-Vorgaben
Bei der Beurteilung der Auslegungs-Vorgaben
hat das ENSI Erkenntnisse aus der letzten Periodischen Sicherheitsüberprüfung PSÜ sowie aus
dem EU-Stresstest herangezogen und dabei die
Auslegung der Anlage bezüglich Redundanzgrad, Diversität, räumlicher Separation und Robustheit gegen auslösende Ereignisse bewertet.
Da die Auslegungs-Vorgaben des KKL die Minimalanforderungen und den Stand ausländischer
ENSI Aufsichtsbericht 2012
75
Blick auf das
Zentrale Zwischenlager
in Würenlingen
Foto: ENSI
5. Zentrales Zwischenlager Würenlingen
Das Zentrale Zwischenlager (ZZL) der Zwischen-
mittelaktive Abfälle (SAA-Lager). Zum Zwischen-
lager Würenlingen AG (ZWILAG) umfasst mehrere
lager gehören auch das Empfangsgebäude und die
Zwischenlagergebäude, eine Konditionierungsan-
so genannte heisse Zelle.
lage sowie eine Verbrennungs- und Schmelzanlage
Im HAA-Lager wurden im Berichtsjahr zwei Trans-
(Plasma-Anlage).
port- und Lagerbehälter (TL-Behälter) mit abgebrannten Brennelementen aus dem KKL eingelagert.
5.1 Zwischenlagergebäude
Dazu wurde im Rahmen der Transport- und Umladekampagne von abgebrannten Brennelementen
aus dem KKM ein TL-Behälter in der heissen Zelle
Die Zwischenlagergebäude der ZWILAG dienen
schrittweise beladen und anschliessend im HAA-
der Lagerung von abgebrannten Brennelementen
Lager eingelagert. Ferner wurden im Herbst drei
und von radioaktiven Abfällen aller Kategorien
TL-Behälter mit hochaktiven verglasten Abfällen
über mehrere Jahrzehnte bis zu deren Einlagerung
aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins
in ein geologisches Tiefenlager. Die Lagergebäude
Zentrale Zwischenlager in Würenlingen geliefert.
umfassen die Behälterlagerhalle (HAA-Lager) für
Das ENSI hat die entsprechenden Einlagerungsan-
abgebrannte Brennelemente und verglaste hoch-
träge geprüft und die Einlagerung freigegeben.
aktive Abfälle (Glaskokillen) aus der Wiederaufar-
Ende 2012 betrug der Lagerbestand im HAA-Lager
beitung, das Lagergebäude für mittelaktive Abfälle
40 TL-Behälter, davon 5 CASTOR ®- und 6 TN-
(MAA-Lager) und die Lagerhalle für schwach- und
Behälter mit insgesamt 308 Glaskokillen aus der
ENSI Aufsichtsbericht 2012
77
Wiederaufarbeitung von Brennelementen bei
Das Hochregallager der Konditionierungsanlage
AREVA NC (La Hague), 28 TN-Behälter mit insge-
wurde als Eingangslager für Rohabfälle benutzt. Zu
samt 2039 abgebrannten Brennelementen aus
einem späteren Zeitpunkt werden diese ins Hoch-
dem Betrieb der KKW sowie 1 CASTOR-Behälter
regallager der Plasma-Anlage transferiert und von
mit den Brennelementen aus dem stillgelegten For-
dort der Verarbeitung zugeführt.
schungsreaktor DIORIT des Paul Scherrer Instituts
Betriebsabfälle aus den Kernkraftwerken, die nicht
(PSI). Die Belegung des HAA-Lagers beträgt per
als verbrennbarer oder schmelzbarer Abfall direkt
Ende 2012 rund 20%. Neben den erwähnten TL-
in der Plasma-Anlage verarbeitet werden können,
Behältern mit abgebrannten Brennelementen und
wurden im Bereich der Konditionierung unter-
Glaskokillen befinden sich in der Behälterlagerhalle
schiedlichen Behandlungsverfahren unterzogen.
seit September 2003 auch die sechs Grossbehälter
Das Ziel ist es, eine möglichst grosse Menge als
mit Stilllegungsabfällen aus dem ehemaligen Ver-
inaktives Material freizumessen bzw. den kontami-
suchsatomkraftwerk Lucens.
nierten Abfall in eine Form zu überführen, die den
Im MAA-Lager wurden im Berichtsjahr durch die
Anforderungen der Richtlinie ENSI-B05 entspricht.
ZWILAG konditionierte Gebinde sowie mittelaktive
Im ZZL wurden im Jahr 2012 insgesamt 70,6 t
Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich
Material gemäss den Vorgaben der Richtlinie ENSI-
(CSD-C) eingelagert. Ende 2012 betrug der Bestand
B04 als inaktiv freigemessen.
im MAA-Lager 6590 Gebinde in Lagergestellen (Ha-
Sekundärabfälle aus dem Betrieb der Lager sowie
rassen), was einem Belegungsgrad von rund 24%
der Konditionierungsanlage und der Plasma-
entspricht. Das SAA-Lager wird entsprechend dem
Anlage wurden im Hinblick auf eine spätere End-
Nutzungskonzept der ZWILAG bis auf weiteres als
konditionierung verarbeitet und verpackt.
konventionelles Lager für nichtradioaktive Ausrü-
Die Zwilag plant zukünftig radioaktiv kontami-
stungen und Materialien genutzt. Demzufolge bleibt
nierte Asbestabfälle zu konditionieren. Für die Er-
der maschinentechnische Ausbau auf die für diese
stellung der Abfallgebindetyp-Spezifikation und
Nutzung erforderlichen Einrichtungen beschränkt.
die Bestimmung der Zementrezeptur wurden
Prüfkörper hergestellt. Für den Umgang mit As-
5.2 Konditionierungsanlage
best war die Einrichtung eines zusätzlichen
Schwarzbereichs innerhalb der kontrollierten
Zone erforderlich.
Die Konditionierungsanlage dient der Behandlung
von schwachaktiven Abfällen aus dem Betrieb der
schweizerischen Kernkraftwerke sowie von radioAutomatischer
Fasstransport
5.3 Plasma-Anlage
aktiven Abfällen aus Medizin, Industrie und Forschung, die keine Alphastrahler enthalten.
Aufgabe der Plasma-Anlage ist es, brenn- und
schmelzbare schwachaktive Abfälle durch sehr
Foto: ZWILAG
hohe Temperaturen in eine inerte Schlackenmatrix
ohne organische Stoffanteile zu überführen. Dieses Produkt stellt nach entsprechender Verpackung
eine zwischen- und endlagerfähige Abfallform
dar. Zur Verarbeitung gelangen Abfälle aus dem
Betrieb der schweizerischen Kernkraftwerke sowie
aus Medizin, Industrie und Forschung.
Im Berichtszeitraum wurden wie in den Vorjahren jeweils eine Frühjahrs- und eine Herbstkampagne
durchgeführt. Die Arbeiten verliefen planmässig,
was sich in der vorschriftsgemässen Verarbeitung
von 1376 Abfallfässern und ca. 1400 Liter Flüssigabfällen zu 339 konditionierten Gebinden ausdrückt.
Dies entspricht mehr als dem Jahresanfall aus dem
Betrieb in allen schweizerischen Kernanlagen.
Es wurde ein relativ hoher Anteil an Schlämmen
verarbeitet, darunter versuchsweise auch erstmalig
Fässer mit Konzentraten aus dem KKG.
78
ENSI Aufsichtsbericht 2012
5.4 Strahlenschutz
5.5 Notfallbereitschaft
Im ZZL wurde 2012 eine Kollektivdosis von
Die Notfallorganisation der ZWILAG ist für die
19,6 Pers.-mSv akkumuliert. Der geschätzte Wert
Bewältigung aller Notfälle innerhalb des Werks-
von 25,2 Pers.-mSv wurde dank guter administra-
areals zuständig. Mit einer zweckmässigen Or-
tiver und technischer Strahlenschutzmassnahmen
ganisation und geeigneten Führungsprozessen
deutlich unterschritten. Die höchste registrierte
zusammen mit einer entsprechenden Auslegung
Einzeldosis betrug 1,3 mSv. Im Berichtsjahr wur-
der Anlagen hat die ZWILAG die Notfallbereit-
den weder Personenkontaminationen, die nicht
schaft auf hohem Niveau sicherzustellen.
mit einfachen Mitteln entfernt werden konnten,
Das ENSI hat im Juni 2012 an der Werksnotfall-
noch Inkorporationen festgestellt. Die durch den
übung PHOENIX die Notfallorganisation beob-
Strahlenschutz regelmässig erhobenen Proben
achtet und beurteilt. Das Übungsszenario sah
zeigten weder auf den Oberflächen noch in der
die Zwischenlagerung von Behältern mit kon-
Atemluft Hinweise auf unzulässige Kontamina-
taminiertem Öl in der Mehrzweckhalle vor. Es
tionen.
wurde dabei angenommen, dass infolge des
Die radioaktiven Abgaben über die Abluft und
Absturzes einer Last auf die Behälter diese leck
das Abwasser lagen deutlich unterhalb der in der
schlugen und das auslaufende Öl sich entzün-
Betriebsbewilligung festgelegten Grenzwerte. Die
dete. Dabei erlitten Mitarbeitende Verbren-
quartalsweise vom ENSI durchgeführten Kontroll-
nungen. Eine Freisetzung von radioaktiven
messungen von Abwasserproben und Aerosol-
Stoffen in die Umgebung konnte nicht ausge-
filtern bestätigten die von der ZWILAG gemeldeten
schlossen werden.
Analyseergebnisse. Die aufgrund der Abgaben
Die ZWILAG hat bei der Übung u. a. Optimie-
unter ungünstigen Annahmen berechnete Jahres-
rungspotenzial bei der Verletztenbetreuung und
dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung in der
bei der Festlegung von Sicherheitsabständen für
Umgebung des ZWILAG lagen mit weniger als
Einsatzkräfte ohne Atemschutz bei einem mög-
0,001 mSv für Erwachsene, Zehnjährige und
lichen Auftreten von Atemgiften identifiziert.
Kleinkinder deutlich unterhalb des quellen-
Das ENSI kam zum Schluss, dass die Übungsziele
bezogenen Dosisrichtwerts von 0,05 mSv. Die
gemäss der Richtlinie ENSI-B11 erreicht wurden.
ZWILAG und das PSI teilen einen gemeinsamen
Die ZWILAG verfügt über eine zur Beherrschung
Standort; die Umgebungsüberwachung für den
von Störfällen geeignete Notfallorganisation.
gesamten Standort mittels Thermolumineszenz-
Ferner löste das ENSI in der ZWILAG ohne Voran-
Dosimetern (TLD) wird vom PSI durchgeführt. Die
meldung einen Übungsalarm aus, bei welchem
TLD in der Umgebung und am Arealzaun des
die Verfügbarkeit des Werksnotfallstabs gemäss
zentralen Zwischenlagers der ZWILAG zeigten
Richtlinie ENSI-B11 bestätigt wurde.
keine dem Betrieb der beiden Anlagen zuzu-
Foto: ZWILAG
schreibende Erhöhung gegenüber der Untergrundstrahlung. Die nach Art. 102 Absatz 3 der
Strahlenschutzverordnung anzuwendenden Immissionsgrenzwerte für Direktstrahlung ausserhalb des Betriebsareals von 1 mSv pro Jahr für
Wohn- und Aufenthaltsräume und von 5 mSv pro
Jahr für andere Bereiche wurden somit in jedem
Fall eingehalten.
Die Tätigkeiten in den Anlagen der ZWILAG wurden unter Einhaltung der gesetzlichen und internen Strahlenschutzvorgaben durchgeführt. Die
Ergebnisse der ENSI-Inspektionen bestätigen,
dass im ZZL ein konsequenter und gesetzeskonformer Strahlenschutz angewendet wird. Für detailliertere Angaben zur radiologischen Situation
innerhalb und ausserhalb des gemeinsamen
Standortes von PSI und ZWILAG wird auf den
Strahlenschutzbericht 2012 des ENSI verwiesen.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Spezialfahrzeug
der ZWILAG
79
5.6 Personal und Organisation
5.7 Vorkommnisse
Im Berichtsjahr hat die ZWILAG keine grösseren
Im Berichtjahr waren hinsichtlich der nuklearen
organisatorischen Änderungen vorgenommen.
Sicherheit keine Vorkommnisse zu verzeichnen,
Die Belegschaft hat sich um 4 auf 73 Personen,
welche dem ENSI gemäss Richtlinie ENSI-B03
welche 69 Vollzeitstellen besetzten, erhöht. Da-
gemeldet wurden.
mit konnten alle Planstellen im Jahr 2012 besetzt
werden.
Die ZWILAG hat im Berichtszeitraum rund 350
5.8 Gesamtbeurteilung
Ausbildungstage zur Aus- und Weiterbildung seines Personals aufgewendet.
Das ENSI kommt zum Schluss, dass die ZWILAG die
Das Managementsystem der ZWILAG ist seit 2003
verschiedenen Anlagen des zentralen Zwischen-
zertifiziert, wird in regelmässigen Audits geprüft
lagers im Jahr 2012 sicher und ohne sicherheits-
und entspricht der Norm DIN EN ISO 9001:2008.
relevante Vorkommnisse betrieben und dabei jeder-
Das ENSI führte 2012 eine Inspektion zur Integration
zeit alle Bedingungen der Betriebsbewilligungen
des Regelwerks in das Managementsystem durch.
eingehalten hat. Das Managementsystem, die
Die Prozesse, die sicherstellen, dass die verwendeten
Qualifikation und Kapazität des Personals sowie
gesetzlichen und reglementarischen Grundlagen
der Zustand der verschiedenen Anlagen stellt ein
aktuell sind, erfüllen die Anforderungen.
hohes Mass an Qualität und Zuverlässigkeit sicher.
80
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Blick aufs
Paul Scherrer Institut
Foto: ENSI
6. Paul Scherrer Institut (PSI)
6.1 Die Kernanlagen des PSI
6.2 Hotlabor
Das PSI ist das grösste eidgenössische Forschungs-
Im Hotlabor werden hochradioaktive Substanzen ge-
institut für Natur- und Ingenieurwissenschaften.
handhabt. Die Abteilung Hotlabor, das Forschungs-
Zusammen mit in- und ausländischen Hochschulen,
labor für nukleare Materialien und die Target-
Instituten, Kliniken und Industriebetrieben arbeitet
Entwicklungsgruppe untersuchen unter anderem in
es in den Bereichen Materie und Material, Mensch
Reaktoren oder Beschleunigern stark bestrahlte
und Gesundheit sowie Energie und Umwelt. Das
Werkstoffe und Kernbrennstoffe mit unterschied-
Hotlabor, die Anlagen für die Behandlung und
lichen makro- und mikroskopischen Methoden.
Lagerung radioaktiver Abfälle, der abgestellte For-
Im Berichtsjahr erfolgten in den Hotzellen die Probe-
schungsreaktor PROTEUS sowie die im Rückbau
nahmen für die MEGAPIE-Nachbestrahlungsunter-
befindlichen Forschungsreaktoren SAPHIR und
suchungen sowie die Vorkonditionierung des dazu
DIORIT sind Kernanlagen und werden durch das
eingesetzten Schmelzofens. Zu diesen Arbeiten
ENSI beaufsichtigt.
hat das ENSI zwei Inspektionen durchgeführt.
Im Berichtjahr waren hinsichtlich der nuklearen Si-
Im Hotlabor erfolgt auch die Konditionierung ra-
cherheit zwei Vorkommnisse zu verzeichnen, welche
dioaktiver Abfälle aus dem Betrieb seiner heissen
dem ENSI gemäss Richtlinie ENSI-B03 gemeldet
Zellen. Darunter fallen insbesondere flüssige Ab-
wurden. Diese sind im Kapitel Forschungsreaktor
fälle, die bei der Brennstoff-Analytik anfallen und
PROTEUS und im Kapitel Strahlenschutz erörtert.
Aktinide sowie Spalt- und Aktivierungsprodukte
ENSI Aufsichtsbericht 2012
81
enthalten. Zur Verfestigung dieser flüssigen radio-
Pufferstäbe entladen und ins anlageninterne Stab-
aktiven Abfälle hat das PSI die Fixbox-3-Anlage
lager überführt. Damit befindet sich nun kein
entwickelt und konstruiert. Ende 2010 hatte das
Kernmaterial mehr im Reaktorkern. Allerdings
ENSI die Durchführung der Typenprüfung für den
bleibt die Entsorgung oder Weiterverwertung des
diesbezüglichen Abfallgebindetyp genehmigt. Der
Kernbrennstoffs noch ungeklärt.
Kampagnenstart verzögerte sich aber infolge eines
Vorkommnis: Beim Entladen der Pufferstäbe am
vom PSI festgestellten Nachrüstungsbedarfs der
21. Februar 2012 hat sich ein Pufferstab in der Hal-
Fixbox-Anlage erneut.
terung (Gitterplatte) verkantet. Dadurch löste sich
Am 27. Januar 2005 hatte das PSI ein Gesuch für die
der Endzapfen vom Hüllrohr und einige Partikel
Erneuerung der Betriebsbewilligung des Hotlabors
Natur-Uran traten aus. Dies führte zu einer gering-
beim Bundesamt für Energie BFE eingereicht. Das
fügigen lokalen Kontamination, die umgehend be-
ENSI hat als Aufsichtsbehörde die eingereichten
seitigt werden konnte. Der beschädigte Pufferstab
Dokumente geprüft und Nachbesserungen ver-
wurde provisorisch verschlossen und mit der Git-
langt. Mit Brief vom 26. Januar 2007 hat das PSI
terplatte aus dem Reaktor entladen. Ein Wischtest
eine überarbeitete Fassung des Sicherheitsberichts
zeigte, dass der betroffene Bereich nach der Reini-
und weitere mitgeltende Dokumente eingereicht.
gung wieder kontaminationsfrei war. Der Stab
Die Begutachtung dieser Unterlagen ergab, dass
wurde in ein Überrohr eingesetzt und wie die übri-
unter anderem die Nachweise bezüglich der Erdbe-
gen Pufferstäbe ins PROTEUS-Stablager überführt.
benfestigkeit des Hotlabors mit den verschärften
Das Vorkommnis hat eine geringe sicherheits-
Gefährdungsannahmen von 2005 unvollständig
technische Bedeutung. Das ENSI bewertet das
und teilweise nicht nachvollziehbar waren. Das PSI
Vorkommnis mit INES 0.
hat dazu Nachbesserungen im November 2011
und September 2012 eingereicht. Der Nachweis
der Festigkeit des Hotlabors gegen ein Betriebserdbeben ist nachvollziehbar. Hingegen beurteilt das
6.4 Stillgelegte oder im Rückbau
stehende Kernanlagen
ENSI den Nachweis für die Festigkeit des Hotlabors
gegen ein 10 000-jährliches Erdbeben in einigen
Am PSI befinden sich derzeit die zwei ehemaligen
Punkten als nicht nachvollziehbar. Das PSI muss
Forschungsreaktoren SAPHIR und DIORIT im weit
weitere Abklärungen tätigen. In der Zwischenzeit
fortgeschrittenen Rückbau. Eine weitere Kernan-
hat das ENSI zur Erhöhung der Sicherheit des Hot-
lage, die 2002 endgültig ausser Betrieb genom-
labors im Juni 2012 36 Forderungen verfügt. Ein
mene Versuchsverbrennungsanlage, wird nach
Grossteil der Forderungen betreffen das Betriebs-
Vorliegen der entsprechenden Verfügung ebenfalls
reglement und die Betriebsvorschriften. Mit der Er-
zurückgebaut werden.
füllung dieser Forderungen entsprechen Betriebs-
Beim Forschungsreaktor SAPHIR sind das Reaktor-
reglement und -vorschriften den Vorgaben der
becken und die biologische Abschirmung vollstän-
Kernenergiegesetzgebung von 2004.
dig zurückgebaut und entsorgt. Der planmässige,
Im Hotlabor wurden im Jahr 2012 insgesamt 10,5 t
mit dem vollständigen Abbruch der Kernanlage
Material gemäss den Vorgaben der Richtlinie ENSI-
und der Entlassung aus der Kernenergiegesetzge-
B04 freigemessen. Der grösste Teil dieses Materials
bung endende Abschluss der Stilllegung ist derzeit
stammte aus diversen Nachrüstungen und Umbau-
nicht absehbar, weil die dazu erforderliche vorgän-
arbeiten.
gige Auflösung des Kernbrennstofflagers noch
nicht bewerkstelligt werden kann.
6.3 Forschungsreaktor PROTEUS
Der biologische Schild des Reaktors DIORIT wurde
im Berichtsjahr zurückgebaut. Insgesamt fielen im
Jahr 2012 rund 117 Tonnen Material an, die ge-
Nachdem die Direktion des PSI dem ENSI im Jahr
mäss der Richtlinie ENSI-B04 freigemessen und
2011 die Stilllegung des Forschungsreaktors PRO-
konventionell entsorgt wurden. Die Gebäulich-
TEUS mitgeteilt hatte, hat das ENSI im Januar 2012
keiten des ehemaligen Forschungsreaktors sollen
verfügt, dass das PSI für PROTEUS bis Ende März
erhalten bleiben; das PSI plant diese anderweitig
2013 das Stilllegungsprojekt ausarbeiten und den
weiterzunutzen. Zuvor müssen aber noch die rest-
Behörden einreichen muss. Nachdem bereits im
lichen radioaktiven Abfälle entsorgt, die Stilllegung
Jahr 2011 die Treiberstäbe aus dem Reaktorkern
abgeschlossen und die rechtliche Situation geklärt
entladen worden waren, wurden 2012 auch die
werden.
82
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Abfälle aus
Medizin, Industrie
und Forschung
Der Betrieb der Versuchsverbrennungsanlage des
notwendig sind. Zudem ergeben sich unterschied-
PSI wurde Ende 2002 eingestellt; seitdem erfolgt
liche Konditionierungs- und Verpackungskonzepte,
die Überwachung dieser Kernanlage routinemäs-
was ein im Vergleich zur Behandlung von Abfällen
sig durch die Sektion Rückbau und Entsorgung des
aus den Kernkraftwerken umfangreicheres und
PSI. Mitte 2011 hat das PSI für die Versuchsver-
häufig änderndes Spektrum an Abfallgebindetypen
brennungsanlage beim BFE das Stilllegungsprojekt
bedingt.
eingereicht. Dieses wurde vom ENSI unterdessen
Im Jahr 2012 wurden insgesamt rund 66,3 m 3 Ab-
geprüft. Das entsprechende Gutachten wurde im
fälle bei der Bundessammelstelle angeliefert, da-
Dezember 2012 beim BFE eingereicht, welches
von 61,9 m 3 aus dem PSI, 4,4 m 3 aus der jährlichen
das Stilllegungsverfahren leitet. Das Gutachten des
Sammelaktion des Bundesamts für Gesundheit
ENSI wird eine Grundlage für die Stilllegungs-
(BAG).
verfügung des UVEK bilden, die Voraussetzung für
Zusätzlich wurden 17 vorkonditionierte Stahlzylinder
den Beginn der Rückbauarbeiten der Versuchsver-
(0,17 m 3) angeliefert. Deren Übertritt in den Auf-
brennungsanlage ist.
sichtsbereich des ENSI wurde vorgängig auf Basis der
Foto: PSI
Richtlinie ENSI-B05 genehmigt. Derartige Zylinder
6.5 Behandlung radioaktiver Abfälle
mit flüchtigen MIF-Abfällen werden routinemässig
in der Industrie hergestellt. Sie sind als dicht verschweisste, nicht zulassungspflichtige Versand-
Das PSI ist die Sammelstelle des Bundes für radio-
stücke qualifiziert und werden jährlich bei der Bun-
aktive Abfälle aus Medizin, Industrie und For-
dessammelstelle am PSI abgeliefert. Infolge eines
schung (MIF-Abfälle). Ebenfalls im Eigentum des
Ende 2011 gemeldeten Vorkommnisses mit tri-
Bundes sind die im PSI anfallenden radioaktiven
tiumhaltigen undichten Zylindern hatte das ENSI
Abfälle aus den Anwendungen radioaktiver Iso-
die Genehmigung der entsprechenden Abfallge-
tope in Forschungsprojekten, insbesondere bei
bindetypen sistiert, so dass die betroffene Firma bis
Brennstoffuntersuchungen, aus den Beschleuniger-
zur Lösung des Problems keine weiteren Gebinde
anlagen, aus dem Rückbau von Forschungsan-
an die Bundessammelstelle abliefern kann.
lagen sowie aus dem Betrieb der nuklearen Infra-
Zur Behandlung in der Plasma-Anlage der ZWILAG
struktur. Dazu gehören z.B. Lüftungsfilter und
wurden 6,94 m 3 feste, brennbare Rohabfälle
Abfälle aus der Abwasserbehandlung. Alle genann-
aussortiert und verpresst; dabei wurden 9 Fässer à
ten Abfälle sind sowohl chemisch als auch physi-
200 Liter befüllt. Im Berichtsjahr hat das PSI jedoch
kalisch unterschiedlich, so dass vor ihrer Endkon-
keine Gebinde zur Behandlung in der Plasma-
ditionierung oft eine Triage und Vorbehandlungen
Anlage an die ZWILAG abgeliefert.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
83
Im Berichtsjahr hat das PSI 13 Fässer à 200 Liter
PSI-Ost Ende 2012 zurückgezogen und beabsich-
sowie 4 Beton-Kleincontainer vom Typ KC-T12 mit
tigt stattdessen ein neues, kombiniertes Bau- und
Stilllegungsabfällen aus dem Forschungsreaktor
Betriebsbewilligungsgesuch einzureichen.
DIORIT (3 KC-T12) und Abfällen aus den Beschleunigeranlagen des PSI-West (1 KC-T12) endkonditioniert.
6.7 Strahlenschutz
15,1 m Material konnten dekontaminiert und in3
aktiv freigegeben werden.
Im Jahr 2012 akkumulierten die 1449 beruflich
Des Weiteren hat das ENSI die Typenprüfung eines
strahlenexponierten Personen des PSI eine Kollek-
neuen Abfallgebindetyps mit Pu-haltigen und Pu-
tivdosis von 90,2 Pers.-mSv (2011: 100,7 Pers.-
kontaminierten Pressabfällen des HOTLABORS ver-
mSv). Davon stammen 12,3 Pers.-mSv aus dem
fügt. Die im Dezember 2012 gestartete Kampagne
Aufsichtsbereich des ENSI (2011: 11,7 Pers.-mSv)
musste jedoch aufgrund einer Intervention der
bei einer höchsten Individualdosis von 1,2 mSv
IAEA wegen Unklarheiten betreffend der Terminie-
(2011: 0,7 mSv).
rung der Abfälle unterbrochen werden.
Das ENSI hat vierteljährlich Wasserproben aus den
Abwassertanks des PSI erhoben und bei der
6.6 Lagerung radioaktiver Abfälle
gamma-spektrometrischen Auswertung festgestellt, dass die Ergebnisse des ENSI mit denen der
PSI-eigenen Analysen übereinstimmen. Aus den
Im Bundeszwischenlager (BZL) werden vorwiegend
bilanzierten Abgaben radioaktiver Stoffe über die
200-Liter-Fässer und Kleincontainer (bis 4,5 m ) mit
Fortluftanlagen und über das Abwassersystem
konditionierten Abfällen eingelagert. Fallweise wer-
wurde unter konservativen Annahmen für den un-
den unkonditionierte Komponenten in Kleincon-
günstigsten Aufenthaltsort ausserhalb des über-
tainern temporär aufbewahrt. Das ENSI stimmt der
wachten PSI-Areals eine Personendosis von rund
Aufbewahrung nicht endkonditionierter Abfälle im
0,007 mSv/Jahr berechnet. Diese Dosis liegt deut-
BZL zu, sofern dies dem Optimierungsgebot nach
lich unterhalb des quellenbezogenen Dosisricht-
Artikel 6 der Strahlenschutzverordnung entspricht.
werts von 0,15 mSv/Jahr gemäss PSI-Abgaberegle-
In der Berichtsperiode wurden 4 KC-T12 in das
ment. Detaillierte Angaben zu den Personendosen
Bundeszwischenlager BZL eingelagert, jedoch keine
sind im Strahlenschutzbericht 2012 des ENSI zu
neuen endkonditionierten 200-Liter-Gebinde. Ende
finden.
2012 war der mit 200-Liter-Fässern belegte Raum
Vorkommnis: An einer im Juni 2011 dem ENSI als
mit 4844 Gebinden unverändert zu ca. 85% ge-
freigemessen gemeldeten Stahlplatte, die seither
füllt. Das Inventar des BZL-Container-Teils nahm
auf dem Areal der Kernanlagen des PSI-Ost gela-
um 4 KC-T12 zu; Ende 2012 befanden sich 86 end-
gert war, hat das PSI am 4. September 2012 durch
konditionierte KC-T12/30 im BZL.
die zufällige Deponierung eines Kontaminations-
In weiteren Hallen lagern entsprechend den be-
messgeräts auf der Stahlplatte eine das Kriterium
3
trieblichen Erfordernissen sowohl unkonditionierte
für die Freimessung überschreitende Oberflächen-
als auch konditionierte Abfälle. Im DIORIT befinden
kontamination von Co-60 (an der am stärksten be-
sich noch 2 nicht endkonditionierte KC-T12 mit
troffenen Stelle) und Ba-133 festgestellt. Die kon-
Rückbauabfällen. Das PSI setzt das gleiche elektro-
taminierte Platte lag über längere Zeit ausserhalb
nische Buchführungssystem wie die Kernkraft-
der kontrollierten Zone am PSI. Die Beurteilung des
werke ein, so dass die Information über Mengen,
Vorkommnisses durch das ENSI ergab als Ursache
Lagerort und radiologische Eigenschaften der radio-
unzureichende Betriebsvorgaben zur Durchfüh-
aktiven Abfälle jederzeit verfügbar ist. Das PSI be-
rung von Freimessungen. Das Vorkommnis hatte
richtet dem ENSI vierteljährlich über die Lagerung
keine radiologischen Auswirkungen. Das ENSI be-
radioaktiver Abfälle.
wertet das Vorkommnis mit INES 0.
Die in Kap. 6.5 genannten, bei der Bundessammelstelle abgelieferten 17 Stahlzylinder wurden im Hinblick auf deren Einlagerung in das BZL temporär in
6.8 Notfallbereitschaft
den Lagerhallen auf dem Gelände AERA untergebracht.
Die Notfallorganisation des PSI ist für die Bewälti-
Das PSI hat sein per Ende 2011 beim BFE einge-
gung aller Notfälle innerhalb des Werksareals zu-
reichtes Gesuch für den Bau eines Stapelplatzes am
ständig. Mit einer zweckmässigen Organisation,
84
ENSI Aufsichtsbericht 2012
geeigneten Führungsprozessen und einer entspre-
und den Anforderungen der Kernenergiegesetz-
chenden Auslegung seiner Anlagen hat das PSI die
gebung genügt.
Notfallbereitschaft sicherzustellen.
Das ENSI hat im November 2012 an der Institutsnotfallübung DONUT zusammen mit dem Bundesamt
6.10 Strahlenschutz-Schule
für Gesundheit (BAG) die Notfallorganisation des
PSI beobachtet und beurteilt. Für die Übung wurde
Nach Prüfung der Gesuchsunterlagen wurde der
ein Szenario gewählt, bei dem es in einem Experi-
Ausbildungskurs zum Strahlenschutz-Techniker
mentierlabor zu einem Brand und daraus folgend
vom ENSI für eine Periode von weiteren zehn
zur Explosion von Sauerstoffflaschen kam. Durch
Jahren bis 2022 anerkannt. Dieser Kurs dauert mit
die Explosion wurden Personen verletzt. Zudem fiel
Prüfungsvorbereitungen und Prüfung 11,5 Wo-
ein Behälter für radioaktive Abfälle zu Boden. Dabei
chen und ist im deutschsprachigen Raum wegen
wurde eine verletzte Person kontaminiert.
der praxisnahen und auf die Herausforderungen
Aufgrund ihrer Übungsbeobachtungen identifizier-
im Berufsalltag der Strahlenschutz-Techniker aus-
ten das ENSI und das BAG Verbesserungsbedarf
gerichteten Ausbildung vorbildlich. Der Strahlen-
bei der Alarmierung der Notfallorganisation und
schutz-Techniker-Kurs wurde im Berichtsjahr von
der Orientierung der Aufsichtsbehörden BAG und
neun Teilnehmern aus schweizerischen Kernkraft-
ENSI. Das ENSI und das BAG kamen zum Schluss,
werken, aus dem PSI und aus deutschen Unterneh-
dass die Übungsziele gemäss der Richtlinie ENSI-
men, welche fallweise in der Schweiz tätig sind,
B11 erreicht wurden. Das PSI verfügt über eine
absolviert. Acht Teilnehmer haben eine Abschluss-
zur Beherrschung von Störfällen geeignete Notfall-
arbeit eingereicht und die schriftlichen und münd-
organisation.
lichen Prüfungen erfolgreich bestanden. Das ENSI
hat die Qualität des Unterrichts beurteilt, die Prü-
6.9 Personal und Organisation
Im Berichtsjahr hat sich die Zahl des zulassungspflichtigen Personals am Forschungsreaktor PRO-
fungen beaufsichtigt und ein hohes Niveau der
Lehrveranstaltungen festgestellt.
6.11 Gesamtbeurteilung
TEUS weiter verringert. Es verbleiben drei Reaktorphysiker (höchste Zulassungsstufe). Aus Sicht des
Die nukleare Sicherheit im PSI war sowohl in Bezug
ENSI ist diese Besetzung für den abgestellten For-
auf die Auslegung der Kernanlagen als auch auf
schungsreaktor noch ausreichend. Im Jahr 2013
das Betriebsgeschehen grösstenteils gut. Die ge-
werden organisatorische Massnahmen im Hinblick
meldeten Betriebsstörungen und Vorkommnisse
auf den Nachbetrieb und der Stilllegung des
waren für das Personal, die Kernanlagen und die
Forschungsreaktors durch das PSI erwartet.
Umgebung von geringer sicherheitstechnischer
Die Personalsituation und die Organisation in den
Bedeutung. Durch den Betrieb der Anlagen gab es
sich im Rückbau befindenden Kernanlagen SAPHIR
keine radiologischen Auswirkungen auf die Bevöl-
und DIORIT ist weitgehend unverändert.
kerung. Das ENSI kommt zum Schluss, dass das
Die Sektion Rückbau und Entsorgung, welche die
Personal der Vielfalt und Komplexität der PSI-
Anlagen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle be-
Anlagen angemessen Rechnung trägt.
treibt, verfügt über ein akkreditiertes Qualitätsmanagementsystem nach ISO/IEC 17020.
Das ENSI führte im Berichtszeitraum am PSI Inspektionen zur Integration des Regelwerks in das
Managementsystem durch. Inspiziert wurden die
Managementsysteme der Sektion Rückbau und
Entsorgung, der Abteilung Strahlenschutz und
Sicherheit und des Hotlabors. Die Prozesse, die sicherstellen, dass die verwendeten gesetzlichen
und reglementarischen Grundlagen aktuell sind,
erfüllen die Anforderungen.
Das ENSI kommt zum Schluss, dass die Organisation in den Kernanlagen des PSI genügend ist
ENSI Aufsichtsbericht 2012
85
7. Weitere Kernanlagen
7.1 Ecole Polytechnique Fédérale
de Lausanne (EPFL)
7.2 Universität Basel
Der Forschungsreaktor AGN-211-P der Universität
Die Kernanlage der EPFL umfasst den Forschungs-
Basel dient vorwiegend der Ausbildung von Stu-
reaktor CROCUS, das Neutronenexperiment CAR-
denten und der Anwendung in der Neutronen-
ROUSEL, die Neutronenquelle LOTUS und die
aktivierungsanalytik.
angegliederten Labors. Diese Anlagen sind dem
Die Nutzung des Reaktors hat sich gegenüber den
Laboratoire de physique des Réacteurs et de com-
Vorjahren kaum verändert. Im Berichtsjahr betrug
portement des Systèmes (LRS) zugeteilt, das dem
die produzierte Energie 29,5 kWh. Die Nutzung
Institut de Physique de l’Energie et des Particules
verteilt sich auf die Neutronenaktivierungsanalytik
(IPEP) angehört. Am 1. Oktober 2012 hat ein neuer
für die Universitäten Bern und Basel, die Kurse der
Professor die Leitung des Labors übernommen.
Reaktorschule und der Strahlenschutzkurse sowie
Im Jahr 2012 stand der CROCUS-Reaktor Inge-
auf etliche Vorführungen für Besuchergruppen
nieur- und Physikstudenten der EPFL, Kursteil-
und Schulklassen. Der Reaktorbetrieb erfolgte im
nehmern der Reaktorschule des PSI und Studenten
Kalenderjahr 2012 störungsfrei bei einer ther-
des Swiss Nuclear Engineering Masterkurses der
mischen Leistung von rund 1 kW. Vom Bewilligungs-
ETHZ /EPFL während 143,3 Stunden bei kleiner
inhaber wurden zwei umfassende Kontrollen der
Leistung (unter 100 W) für Ausbildungszwecke zur
Reaktorschutzinstrumentierung durchgeführt und
Verfügung. Dabei wurden 251,1 Wh thermische
die Reaktorwasseraktivität überprüft, wobei keine
Energie erzeugt. Das Experiment CARROUSEL
Abweichungen von den Vorgaben festgestellt
wurde für Praktika verwendet. Die Neutronen-
wurden.
quelle LOTUS war nicht in Betrieb.
Im Jahr 2012 waren keine meldepflichtigen Vor-
Im Jahr 2012 waren keine meldepflichtigen Vor-
kommnisse von sicherheitstechnischer Bedeutung
kommnisse von sicherheitstechnischer Bedeutung
gemäss Richtlinie ENSI-B03 zu verzeichnen. Die
gemäss Richtlinie ENSI-B03 zu verzeichnen. Die
Dosen des Personals lagen unterhalb der Nach-
Dosen des Personals lagen unterhalb der Nach-
weisgrenze. Die Abgabe radioaktiver Stoffe über
weisgrenze. Die Abgabe radioaktiver Stoffe über
den Luft- und den Abwasserpfad war unbedeutend.
den Luft- und Abwasserpfad war unbedeutend. Im
Im November 2012 hat das ENSI seine Jahresin-
November 2012 hat das ENSI seine Jahresinspek-
spektion durchgeführt. Dabei wurden technische,
tion durchgeführt. Dabei wurden technische, orga-
organisatorische und personelle Änderungen be-
nisatorische und personelle Änderungen bespro-
sprochen und es wurde ein Rundgang durch die
chen und ein Rundgang durch verschiedene
Anlagenräume durchgeführt.
Anlagenräume durchgeführt.
Das ENSI kommt zum Schluss, dass die Betriebs-
Das ENSI kommt zum Schluss, dass die Betriebs-
bedingungen im Jahr 2012 eingehalten wurden.
bedingungen im Jahr 2012 eingehalten wurden.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
87
8. Transporte und Behälter
8.1 Genehmigungen nach
Gefahrgutgesetzgebung
vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt sind. Beförderungsgenehmigungen sind in bestimmten
Fällen erforderlich, vor allem wenn die Beförde-
Die schweizerischen Vorschriften für den Transport
rung aufgrund einer Sondervereinbarung erfolgt.
radioaktiver Stoffe auf Strasse und Schiene basie-
In solchen Fällen müssen für den Transport spe-
ren u.a. auf den internationalen Regelwerken über
zielle Massnahmen durch das ENSI festgelegt wer-
den Transport gefährlicher Güter auf der Strasse
den. Zudem wird anhand der eingereichten Doku-
(ADR ) bzw. mit der Eisenbahn (RID ). Bei allen
mente jeweils geprüft, dass Verpackung und Inhalt
Verkehrsträgern kommen die IAEA-Empfehlungen
den Vorschriften entsprechen.
(TS-R-1 ) für die sichere Beförderung radioaktiver
Im Berichtsjahr hat das ENSI sechs Gesuche nach
Stoffe zur Anwendung. Basierend auf diesen Emp-
Gefahrgutgesetzgebung beurteilt und die entspre-
fehlungen wird das internationale Transportrecht
chende Genehmigung ausgestellt. Vier Gesuche
regelmässig angepasst. Im nationalen Transport-
betrafen die Anerkennung der Zulassung von Ver-
recht für Gefahrgüter der Klasse 7 (radioaktive
sandstückmustern. Zwei Gesuche bezogen sich
Stoffe) gelten u.a. die SDR 4 und die RSD 5.
auf eine Beförderungsgenehmigung nach Gefahr-
Die nach diesen Rechtsvorschriften erforderlichen
gutrecht.
1
2
3
Genehmigungen betreffen je nach Anwendungsfall die Versandstücke und/oder den Beförderungsvorgang. Sie bilden eine Voraussetzung für die
ebenfalls erforderlichen Bewilligungen nach Kern-
8.2 Bewilligungen nach
Strahlenschutzgesetzgebung
energie- oder Strahlenschutzgesetz (vgl. folgende
Kapitel). Das ENSI ist die zuständige schweizerische
Gemäss Artikel 2 des Strahlenschutzgesetzes sind
Behörde für die Ausstellung von Genehmigungs-
die Beförderung auf öffentlichen Verkehrswegen
zeugnissen gemäss Gefahrgutgesetzgebung, un-
sowie die Ein- und Ausfuhr von radioaktiven Stoffen
abhängig davon, ob es sich beim Transportgut um
bewilligungspflichtige Tätigkeiten. Die Vorausset-
radioaktive Stoffe aus Kernanlagen oder aus ande-
zungen für die Erlangung solcher Bewilligungen
ren Betrieben handelt. Derzeit findet in der Schweiz
sind im Strahlenschutzgesetz (StSG) und in der
keine Fertigung von zulassungspflichtigen Ver-
Strahlenschutzverordnung (StSV) festgehalten. Der-
sandstücken statt. Die umfassende Zulassung der-
artige Bewilligungen sind über einen längeren Zeit-
artiger Behältertypen im Ursprungsland ist somit
raum befristet und hinsichtlich der Anzahl Trans-
nicht Aufgabe des ENSI. Dagegen ist häufig eine
porte üblicherweise nicht begrenzt. Allerdings
Anerkennung der von der zuständigen Behörde
verlangt die Strahlenschutzverordnung jeweils eine
des Ursprungslandes ausgestellten Zulassung von
separate Bewilligung, falls bei einem einzelnen Vor-
Versandstückmustern erforderlich. Dabei prüft das
gang eine bestimmte Aktivitätsmenge überschrit-
ENSI die Vollständigkeit des zugehörigen Sicher-
ten wird. Im Bereich der Kernanlagen ist das ENSI
heitsberichts insbesondere hinsichtlich des Nach-
die zuständige Behörde, für den sonstigen Bereich
weises, dass alle gemäss ADR/RID und TS-R-1
ist das BAG zuständig. Im Berichtsjahr hat das ENSI
eine allgemeine Bewilligung erteilt.
Europäisches Übereinkommen über die Beförderung
gefährlicher Güter auf der Strasse
2
Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung
gefährlicher Güter
3
IAEA Safety Standards Series: Regulations for the
Safe Transport of Radioactive Material, 2009 Edition,
Safety Requirements TS-R-1
4
Verordnung vom 29. November 2002 über die Beförderung
gefährlicher Güter auf der Strasse (SR 741.621)
5
Verordnung vom 3. Dezember 1996 über die Beförderung
gefährlicher Güter mit der Eisenbahn (SR 742.401.6)
1
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Das BAG und ENSI haben 2011 einem vereinfachten Bearbeitungsverfahren zugestimmt, falls ein
Gesuchsteller bereits in Besitz einer entsprechenden Bewilligung aus dem anderen Zuständigkeitsbereich ist. Zwei Bewilligungen, die in den
Jahren 2010 und 2011 vom BAG erteilt wurden,
wurden im Zuge dieser Harmonisierung im Berichtsjahr nun auch vom ENSI anerkannt. Neu haben
89
Transport- und
Lagerbehälter in der
Lagerhalle der ZWILAG
Foto: ZWILAG
diese Bewilligungen eine Gültigkeit von 10 Jahren.
a) die Versorgung von vier Werken mit frischen
Aufgrund der längeren Gültigkeitsdauer der Bewil-
Brennelementen, b) einen Transport für die Durch-
ligung wird ein Nachweis für die Aktualisierung der
fuhr von Kernbrennstoff durch die Schweiz und
Strahlenschutzkenntnisse des Strahlenschutzsach-
c) einen Transport von Brennstäben zur Untersu-
verständigen nach fünf Jahren durch den Besuch
chung im Paul Scherrer Institut. Bei den radioak-
eines Weiterbildungskurses verlangt.
tiven Abfällen bestand je 1 Transport aus der Rückführung von Wiederaufarbeitungsabfällen der Art
8.3 Bewilligungen nach
Kernenergiegesetzgebung
CSD-V und CSD-C von La Hague zur Zwilag; 4
Transporte betrafen radioaktive Abfälle von den
Kernkraftwerken zur ZWILAG zur Verarbeitung
und Zwischenlagerung.
Nach den Artikeln 6 und 34 des Kernenergiegesetzes (KEG) bedarf der Umgang mit Kernmaterialien und radioaktiven Abfällen aus Kernanlagen
einer Bewilligung des Bundes. Artikel 3 des KEG
8.4 Rücknahme von
Wiederaufarbeitungsabfällen
präzisiert den Begriff «Umgang» als Forschung,
Entwicklung, Herstellung, Transport, Einfuhr, Aus-
In La Hague (Frankreich) und in Sellafield (Grossbri-
fuhr, Durchfuhr und Vermittlung. Zuständig für die
tannien) wurden abgebrannte Brennelemente aus
Erteilung solcher Bewilligungen ist das BFE. Im Hin-
schweizerischen Kernkraftwerken durch die Fir-
blick auf die kernenergierechtliche Bewilligung von
men AREVA NC und SL (Sellafield Ltd.) im Rahmen
Transporten prüft das ENSI als Fachbehörde, dass
der abgeschlossenen Verträge wiederaufgearbei-
die nukleare Sicherheit und Sicherung gewährleis-
tet. Durch das Wiederaufarbeitungsmoratorium
tet und die Vorschriften über die Beförderung
(Art. 106, Abs. 4 KEG) beschränken sich diese Ar-
gefährlicher Güter erfüllt sind. Das BFE erteilt die
beiten auf die vor Juli 2006 dorthin transportierten
Bewilligung erst auf Grund einer zustimmenden
Brennelemente. Die bei der Wiederaufarbeitung
Beurteilung durch das ENSI.
entstandenen Abfälle müssen vertragsgemäss in
Im Berichtsjahr hat das ENSI 11 Beurteilungen für
die Schweiz zurückgeführt werden. Zur Rücklie-
kernenergierechtliche Transportbewilligungen ab-
ferung sind bereits verglaste hochaktive Abfälle
gegeben. Von diesen betreffen 6 Bewilligungen
(Glaskokillen) aus der Wiederaufarbeitung bei
Transporte von Kernmaterial und 5 solche von Ab-
AREVA NC und bei SL sowie mittelaktive Abfälle
fällen. Bei den Kernmaterialien handelte es sich um
der AREVA NC erzeugt worden.
90
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Im Berichtsjahr wurde nach einem Unterbruch von
B-Kokillen zurückzuführen. Die Schweizer Kern-
sechs Jahren die Rücklieferung von hochaktiven
kraftwerksbetreiber haben einen gemeinsamen
Abfällen (CSD-V) der AREVA NC fortgesetzt. Im
Vertrag für die Rücknahme von CSD-B-Kokillen mit
Herbst fand eine Anlieferung von hochaktiven Ab-
Areva NC abgeschlossen. Daher stellten sie am
fällen aus La Hague statt, die aus 84 CSD-V-Kokil-
8. Februar 2011 beim Bundesamt für Energie (BFE)
len mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung von
ein Vorabklärungsgesuch für diese Abfall-Kategorie.
Brennstoff aus KKG und KKM bestand. Sie erfolgte
Das BFE hat das ENSI mit der sicherheitstechnischen
in drei TL-Behälter mit je 28 Kokillen. Die drei
Prüfung des Gesuchs beauftragt. Das ENSI hat in
TL-Behälter wurden im HAA-Lager eingelagert.
seiner Stellungnahme zum Vorabklärungsgesuch
Das ENSI hat dem jeweiligen Abfalleigentümer für
vom Juni 2012 festgestellt, dass die CSD-B-Kokillen
jede der Rücklieferungen eine Genehmigung zum
die Kriterien der Richtlinie ENSI-B05 erfüllen. Die
Übertritt in den Aufsichtsbereich des ENSI gemäss
Abfallgebinde sind genügend dokumentiert und
der Richtlinie ENSI-B05 erteilt, die entsprechenden
sind grundsätzlich transport-, zwischen- und endla-
Einlagerungsanträge geprüft und die Einlage-
gerfähig. Das Bundesamt für Energie hat am 9. No-
rungsfreigaben erteilt. Ferner hat auch das ENSI
vember 2012 eine positive Verfügung für die Rück-
stichprobenweise die Beladung eines TL-Behälters
lieferung dieser Abfälle erteilt.
in La Hague inspiziert. Bei dieser Kontrolle wurde
Für die Rückführung der Abfälle aus Sellafield ma-
die Übereinstimmung mit den Vorgaben festge-
chen die schweizerischen Kernkraftwerksbetreiber
stellt. Die entsprechende Rücknahmequote dieser
von der Möglichkeit der Substitution Gebrauch: An
Abfallart betrug per Ende 2012 rund 70% der
Stelle der schwach- und mittelaktiven Abfälle wird
Rücknahmeverpflichtung. Weitere Transporte die-
eine hinsichtlich der radiologischen Eigenschaften
ser Abfallart zum zentralen Zwischenlager der
gleichwertige, aber volumenmässig viel kleinere
ZWILAG werden ab 2014 stattfinden.
Menge an verglasten, hochaktiven Abfällen in
Im Berichtsjahr wurde weiterhin auch die Rücklie-
die Schweiz zurückgeführt und so die Anzahl der
ferung von mittelaktiven verpressten Abfällen
Transporte stark reduziert. Aus organisatorischen
(CSD-C) der AREVA NC fortgesetzt. Wie die Glas-
und logistischen Gründen sind die Rücktransporte
kokillen (CSD-V) werden diese Gebinde in den glei-
der Glaskokillen aus Sellafield erneut verzögert.
chen Behältern angeliefert, da beide Gebinde-
Statt wie ursprünglich für das Jahr 2013 vorge-
typen
aber
sehen, sollen die ersten drei Behälter nun im 2014
identische Abmessungen haben. Die CSD-C kön-
in die Schweiz transportiert werden. Das ENSI hat
nen im ZZL jedoch analog den mittelaktiven Be-
sich vor Ort in Sellafield davon überzeugt, dass die
triebsabfällen wieder ausgeladen und im MAA-
Voraussetzungen für die technische Abwicklung,
Lager eingelagert werden. Die Anlieferung im
die begleitenden Kontrollen und die Einhaltung der
Frühjahr bestand aus 60 CSD-C-Behältern mit Ab-
neuen Terminplanung gegeben sind.
zwar
unterschiedliche
Massen,
fällen aus der Wiederaufarbeitung von Brennstoff
aus dem Betrieb des KKB. Sie erfolgte in drei Transportbehältern mit je 20 Kokillen. Die CSD-C-Behälter wurden jeweils aus den Transportbehältern
8.5 Beschaffung von
Transport- und Lagerbehältern
entladen und in das MAA-Lager der ZWILAG eingelagert. Die entleerten Transportbehälter wurden
Das Konzept der Zwischenlagerung von bestrahl-
anschliessend für die bereits oben beschriebenen
ten Brennelementen und von Glaskokillen besteht
Rücklieferungen hochaktiver CSD-V-Gebinde ein-
darin, diese Abfälle in störfallsicheren Transport-
gesetzt. Die Rücknahmequote der mittelaktiven
und Lagerbehältern (TL-Behältern) einzuschlies-
CSD-C-Abfälle betrug per Ende 2012 rund 60%
sen, deren Dichtheit im Zwischenlager kontinuier-
der Rücknahmeverpflichtung. Das ENSI hat dem
lich überwacht wird. Diese Behälter werden von
jeweiligen Abfalleigentümer für jede der Rücklie-
den Kernkraftwerken bzw. von den Wiederaufar-
ferungen eine Genehmigung zum Übertritt in den
beitungsanlagen zum jeweiligen Zwischenlager
Aufsichtsbereich des ENSI gemäss der Richtlinie
transportiert, dort in der Behälterlagerhalle ab-
ENSI-B05 erteilt.
gestellt und an das Überwachungssystem ange-
Im Jahr 2010 hat Areva NC vorgeschlagen, statt
schlossen. Die TL-Behälter müssen die Sicherheit
bituminierte Schlämme aus den Wasserreinigungs-
für den gesamten Zeitraum der Zwischenlage-
anlagen der Wiederaufarbeitungsanlage verglaste
rung gewährleisten, weshalb hierfür gegenüber
mittelaktive Abfälle in Form von sogenannten CSD-
einem reinen Transportbehälter nochmals erhöhte
ENSI Aufsichtsbericht 2012
91
Anforderungen zu erfüllen sind. Die Anforde-
8.6 Inspektionen und Audits
rungen und Verfahren hierzu regelt die Richtlinie
ENSI-G05. Mit dieser Richtlinie sind nicht nur die
Bei der Beförderung radioaktiver Stoffe müssen zur
Anforderungen an die Auslegung der TL-Behälter
Sicherheit des Transportpersonals und der Bevölke-
spezifiziert, sondern auch die Anforderungen an
rung die Strahlenschutz- und Transportvorschriften
die Behälterfertigung, wie etwa Qualitätsanforde-
eingehalten werden. Die Qualitätssicherungspro-
rungen, begleitende Kontrollen oder Behälterdo-
gramme der Konstrukteure und Hersteller von Ver-
kumentation. Bei der Fertigung derartiger Behäl-
packungen sowie jene der Spediteure, Absender,
ter sind festgelegte und vom ENSI freigegebene
Beförderer und Empfänger von radioaktiven Stoffen
Abläufe einzuhalten, was im Auftrag des ENSI von
müssen die Einhaltung der Vorschriften gewähr-
unabhängigen Experten kontrolliert wird. Für je-
leisten. Im Rahmen der in den Kapiteln 8.1 bis 8.3
des einzelne Behälterexemplar bestätigt das ENSI
beschriebenen Bewilligungsverfahren wird dies vom
schliesslich den qualitätsgerechten Abschluss der
ENSI überprüft. Zudem prüft das ENSI im Rahmen
Fertigung durch seine Freigabe zur Verwendung.
seiner Inspektionen regelmässig übergeordnete
Ende 2012 befanden sich 20 Behälter in den
organisatorische Aspekte, die als gute Indikatoren
verschiedenen Fertigungsphasen, von der Ferti-
für ein «gelebtes» Qualitätsbewusstsein dienen.
gungsvorbereitung bis zur Endprüfung der Ge-
Das ENSI führte im Jahr 2012 in seinem Aufsichts-
samtdokumentation nach Fertigungsabschluss.
bereich 11 Transportinspektionen durch. Die Inspek-
Im Jahr 2012 wurden 16 Brennelementbehälter
tionen betrafen die Abfertigung von Behältern
und 5 Behälter für hochaktive verglaste Abfälle
mit Brennelementen, Brennstäben, hochaktiven
Kontrollen während der Fertigung unterzogen.
Abfällen, Proben, kontaminierten Werkzeugen und
Soweit sich Beanstandungen ergaben, wurden
Komponenten sowie von einem bereits benutzten,
diese in allen Fällen vom Hersteller korrigiert oder
leeren Behälter mit Kontamination im Innenraum.
nach eingehender Prüfung als akzeptabel qualifi-
Grenzwerte für Kontamination, Dosisleistung und
ziert, sofern die auslegungsgemässe Sicherheit
weitere Behältereigenschaften wurden in allen Fäl-
des jeweiligen Behälters nachgewiesen werden
len eingehalten. Bezüglich der Transportdurchfüh-
konnte. Die Anzahl der Beanstandungen hat sich
rung konnte bei allen Inspektionen die Einhaltung
gegenüber dem Vorjahr nicht weiter erhöht. Erste
der Vorschriften bezüglich Sicherheit und Strahlen-
vom Hersteller eingeleitete Korrekturmassnah-
schutz des Personals, der Bevölkerung und der
men entfalten ihre Wirksamkeit. Weitergehende
Umwelt nachgewiesen werden.
Massnahmen wurden verfügt und befinden sich
Bei zwei Inspektionen wurde hinsichtlich der Vor-
in der Umsetzung.
gabedokumente und Prozesse ein Verbesserungs-
Zusätzlich wurde die planmässige Umrüstung von
bedarf festgestellt. Im einen Fall hat das ENSI
drei zunächst für den Transport von kompaktierten
eine fehlende Eindeutigkeit bei der Zuweisung von
Abfällen genutzten TL-Behältern auf die Konfigu-
Verantwortlichkeiten zwischen offiziellen Beför-
ration zum Transport und zur Zwischenlagerung
derungsdokumenten und internen Vorgabedoku-
von hochaktiven Abfällen überprüft. Vorprüfunter-
menten des KKW identifiziert. Im anderen Fall
lagen, Durchführung und Dokumentation wurden
wurde ein fehlender interner Prozess bezüglich der
geprüft und inspiziert. Es ergaben sich keine Bean-
Instruktion von Chauffeuren zum angemessenen
standungen.
Verhalten auf dem Areal des KKW angemahnt. In
Im Berichtsjahr wurden seitens des ENSI drei Frei-
beiden Fällen hat das ENSI entsprechende For-
gaben für die Verwendung und drei Freigaben für
derungen gestellt, die von den Betreibern der KKW
die Einlagerung von Transport- und Lagerbehältern
in konkrete Massnahmen umgesetzt werden.
erteilt.
Zurzeit befinden sich zwei neue Behälterbauarten
im Zulassungsverfahren nach der Richtlinie ENSIG05. Auf Grund des innovativen Charakters dieser
Behälterbauarten und des daraus folgenden
Prüfumfanges werden diese Verfahren als Projekte
unter Beizug externer Experten abgewickelt.
92
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Ein Versuchsstollen
im Felslabor Mont Terri
Foto: Nagra
9. Geologische Tiefenlagerung
radioaktiver Abfälle
Einleitung
chenden Vorgaben wurden im Sachplan geolo-
Für die Abfallverursacher besteht die gesetzliche
gische Tiefenlager (SGT) definiert (Kap. 9.1).
Verpflichtung, die anfallenden radioaktiven Ab-
Das Entsorgungsprogramm 2008 der Entsor-
fälle sicher in geologischen Tiefenlagern zu ent-
gungspflichtigen beschreibt den Realisierungsplan
sorgen. Diese Verpflichtung haben die Abfallverur-
und die notwendigen Schritte und wurde im Be-
sacher an die Nationale Genossenschaft für die
richtsjahr vom ENSI überprüft (Kap. 9.2). Der
Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) übertragen.
schweizerische Bundesrat hat verfügt, dass Hin-
Deren aktuelles Entsorgungskonzept umfasst zwei
weise und offene Fragen aus dem Entsorgungs-
Tiefenlager, eines für schwach- und mittelaktive
nachweis Projekt Opalinuston von den Entsor-
Abfälle und eines für hochaktive Abfälle. Es sieht
gungspflichtigen systematisch zu erfassen und zu
parallel dazu auch die Möglichkeit eines Kombila-
bearbeiten sind. Das ENSI hat im Berichtsjahr zum
gers vor. Die durch die Nagra verfolgte wissen-
entsprechenden Bericht der Nagra Stellung ge-
schaftliche und technische Vorbereitung der geo-
nommen (Kap. 9.3).
logischen
Vielzahl
Die Kernkraftwerkbetreiber sind gesetzlich ver-
interdisziplinärer Projekte und bezweckt die Erar-
pflichtet, alle fünf Jahre die voraussichtliche Höhe
beitung konkreter Vorschläge für die Ausgestal-
der Stilllegungs- und Entsorgungskosten zu be-
tung und den Standort.
rechnen. Das ENSI hat im Jahr 2012 die entspre-
Die Verfahrensleitung der Standortwahl der Tie-
chende Kostenstudie 2011 der Kernkraftwerk-
fenlager erfolgt durch den Bund. Die entspre-
betreiber beurteilt (Kap 9.4).
Tiefenlager
ENSI Aufsichtsbericht 2012
umfasst
eine
93
Das ENSI wird von der Expertengruppe geologische
Schutzbereich für geologische Standortgebiete
Tiefenlagerung (EGT) und Firmen wie Basler und
Im Ergebnisbericht zur Etappe 1 wird festgehalten,
Hoffmann bei seinen sicherheitstechnischen Beur-
dass die in den Sachplan geologische Tiefenlager
teilungen von Aspekten zu den geologischen
aufgenommenen Standortgebiete vor einer Verlet-
Standortgebieten, zur bautechnischen Machbar-
zung der Wirt- und Rahmengesteine, wie sie bei-
keit sowie zur Sicherheit von geologischen Tiefen-
spielsweise aus der Nutzung der tiefen Geothermie
lagern unterstützt (Kap. 9.5).
resultiert, zu schützen sind. Die Kantone haben
Die für die Tiefenlagerung notwendigen Daten
deshalb dafür zu sorgen, dass durch erteilte Bewil-
werden teilweise in Felslaboratorien ermittelt, in
ligungen und Konzessionen jegliche Gefährdung
welchen auch das ENSI Forschungsprojekte be-
der geologischen Standortgebiete ausgeschlossen
treibt (Kap. 9.6).
wird. Dazu hat das ENSI von der Nagra GIS-Karten
Die Verfolgung des Stands von Wissenschaft und
erstellen lassen und diese nach Prüfung im April
Technik bezüglich Tiefenlager-relevanten Prozes-
2012 an die Kantone weitergegeben. Auf Basis
sen wird durch die Mitarbeit in internationalen
dieser Karten beurteilen die Kantone in Zukunft die
Programmen ergänzt (Kap. 9.7).
Bewilligung von Bohrungen und Bauten im Untergrund.
9.1 Sachplan
geologische Tiefenlager
Ergänzende Untersuchungen in Etappe 2
Gemäss Konzeptteil des Sachplans geologische
Tiefenlager hatten die Entsorgungspflichtigen im
Der vom Bundesrat im April 2008 genehmigte Sach-
Hinblick auf die Etappe 2 vorgängig mit dem ENSI
plan geologische Tiefenlager regelt das Standortaus-
abzuklären, ob der Kenntnisstand der sicherheits-
wahlverfahren für geologische Tiefenlager. Das Ver-
relevanten Prozesse und Parameter ausreicht, um
fahren ist in drei Etappen aufgeteilt. Gegen Ende
die in der Etappe 2 vorgesehenen provisorischen Si-
2011 wurde nach Prüfung durch die Aufsichtsgre-
cherheitsanalysen und den sicherheitstechnischen
mien des Bundes der von der Nagra für die Etappe 1
Vergleich (ENSI 33/075) durchführen zu können,
des Sachplans eingereichte Vorschlag gutgeheissen.
und welche ergänzenden Untersuchungen dafür
Dieser Vorschlag umfasst sechs Standortgebiete für
notwendig sind. Die Nagra hatte dazu den Bericht
ein Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle
NTB 10-01 eingereicht. Das ENSI wiederum hat zu
(SMA, Gebiete Südranden, Zürich Nordost, Nördlich
diesem im Bericht ENSI 33/115 Stellung genom-
Lägern, Jura Ost, Jura-Südfuss und Wellenberg) so-
men und 41 Forderungen für zusätzliche Untersu-
wie drei Standortgebiete für die Lagerung hochak-
chungen gestellt, die vor der Einreichung der Un-
tiver Abfälle (HAA, Gebiete Zürich Nordost, Nördlich
terlagen für die Etappe 2 erfüllt sein müssen. Die
Lägern und Jura Ost). Diese Gebiete wurden in die
Hauptforderungen des ENSI betreffen die Verbesse-
Raumplanung der jeweiligen Region aufgenommen.
rung des Kenntnisstands über die Wirtgesteine
In der im Jahr 2012 gestarteten Etappe 2 des Sach-
Brauner Dogger und Effinger Schichten, die syste-
planverfahrens hat die Nagra zunächst innerhalb
matische Beschreibung der hydraulischen Fliess-
der aus der Etappe 1 resultierenden Standortge-
wege in den Standortregionen und vertiefte Unter-
biete und der sie umgebenden Planungsperimeter
suchungen zu bautechnischen Aspekten.
Standorte für Oberflächenanlagen vorgeschlagen.
Als Teil der Untersuchungen zur Etappe 2 hat die
Diese Vorschläge und die zu deren Herleitung an-
Nagra im Winter 2011/2012 in der Nordschweiz
gewendete Methodik waren Basis für die Diskus-
neue seismische Profile von 305 km Länge aufge-
sionen in den Regionen, welche durch die Regio-
nommen. Diese 2D-Seismik-Kampagne wurde ne-
nalkonferenzen und deren Fachgruppen vertreten
ben den HAA-Standortgebieten Jura Ost und Nörd-
wurden. Das ENSI unterstützte deren Arbeit durch
lich Lägern auch auf die SMA-Gebiete Südranden
Präsentationen zu grundsätzlichen Themen bezüg-
und Jura-Südfuss ausgedehnt. Die Auswertung
lich Sicherheit und den Aufgaben des ENSI. Dies
dieser Seismik-Messungen ist im Gange. Zwischen-
geschah im Rahmen von Ausbildungsveranstal-
resultate wurden den Fachvertretern der Bundes-
tungen für die Mitglieder der Regionalkonferenzen
und Kantons-Behörden und deren Experten durch
sowie durch Auskünfte zu standortunabhängigen
die Nagra im November 2012 vorgestellt.
Fragen, beispielsweise bezüglich der sicherheits-
In der Etappe 2 sind je mindestens zwei geolo-
technischen Vor- und Nachteile von Schächten und
gische Standortgebiete für ein Tiefenlager für SMA
Rampen als Zugangsbauwerke.
und für HAA vorzuschlagen. Für die vorgeschla-
94
ENSI Aufsichtsbericht 2012
genen Standorte werden für weitere Untersuchungen, wie z.B. Sondierbohrungen, Bewilligungen
notwendig sein, um in der Etappe 3 – das heisst im
Hinblick auf die Rahmenbewilligung – den gemäss
Kernenergieverordnung (KEV, SR 732.11) geforderten Kenntnisstand zu erreichen. Das ENSI erwartet deshalb, dass die Nagra mit den Standortvorschlägen in der Etappe 2 entsprechende Gesuche
einreichen wird.
Vorgaben für Etappe 2 SGT
Bei der Standortauswahl für ein geologisches Tiefenlager hat Sicherheit oberste Priorität. Das ENSI
hat das im Sachplan geologische Tiefenlager festgeschriebene Vorgehen für die Auswahl von mindestens zwei geologischen Standortgebieten pro
Lagertyp präzisiert. Dazu hat das ENSI Fachsit-
Vermessen
eines Bohrkerns
zungen und Behördenseminare mit Vertretern des
Beirats Entsorgung, der Arbeitsgruppe Sicherheit
sind. Die Nagra muss zudem beweisen, dass die
der Kantone (AG SiKa) der kantonalen Experten-
Erschliessung des Tiefenlagers vom Standortareal
gruppe Sicherheit (KES), der Expertengruppe Geo-
an der Oberfläche aus sicher gebaut, betrieben und
logische Tiefenlager (EGT) und der Nagra organi-
verschlossen werden kann. Dabei sind auch mög-
siert und die Meinung zahlreicher Experten
liche Varianten der Zugangsbauwerke (Rampe/
berücksichtigt.
Schacht-Kombinationen) zu untersuchen. Allfällige
Im Rahmen der Gutachten und Stellungnahmen
Auswirkungen – insbesondere auf die Langzeit-
zur Etappe 1 und zum Nagra-Bericht NTB10-01
sicherheit – sind dabei aufzuzeigen.
Foto: Comet
wurde von verschiedenen Seiten die von der Nagra
in der Etappe 1 verwendete Bewertungsmethodik
Technisches Forum Sicherheit
kritisiert. Da die Nagra gemäss Sachplan in der
Der Sachplan geologische Tiefenlager sieht für die
Etappe 2 ebenfalls die Standortgebiete anhand der
Beantwortung sicherheitstechnischer Fragen das
13 Kriterien zur Sicherheit und technischen Mach-
Technische Forum Sicherheit vor, das vom ENSI ge-
barkeit bewerten muss, hat das ENSI die Bedenken
leitet wird. In Zusammenarbeit mit Vertretern der
an der Bewertungsmethodik aufgenommen, alter-
Kantone, der Standortregionen und der Nachbar-
native Lösungsansätze untersucht, diese anhand
länder, der Bundesbehörden und weiterer interes-
von Fallbeispielen geprüft und seine Vorgaben im
sierter Organisationen werden sicherheitsrelevante
Bericht ENSI 33/154 weiter präzisiert.
Fragen gesammelt, beantwortet und die Fragen/
Ergänzend hat das ENSI den Ablauf der Überprü-
Antworten der Öffentlichkeit zur Verfügung ge-
fung des Kenntnisstands im Bericht ENSI 33/155
stellt. Im Jahr 2012 fanden vier Sitzungen des Tech-
festgehalten. Wichtiger Schritt in diesem Ablauf
nischen Forums Sicherheit statt. Von den bis Ende
ist, dass im Rahmen von Fachsitzungen die Behör-
2012 eingetroffenen 88 Fragen waren deren 70 bis
den und Gremien des Sachplanverfahrens über die
Ende 2012 beantwortet. Die Fragen und Antworten
Ergebnisse der Nagra informiert werden und der
sind unter www.technischesforum.ch einsehbar.
erreichte Kenntnisstand festgestellt wird.
Basierend auf den seit 2008 eingereichten Fragen
In der Etappe 2 sind die bautechnischen Risiken
hat das ENSI die Broschüre «Geologische Tiefen-
stufengerecht und für die jeweiligen Standorte zu
lager – Radioaktive Abfälle sicher entsorgen» zu-
betrachten. Das ENSI hat die entsprechenden An-
sammengestellt, die wichtige und häufig gestellte
forderungen für die bautechnischen Risikoanaly-
Fragen erläutert. Dabei wurden verständliche Texte
sen zusammen mit seinen Experten entwickelt und
und anschauliche Grafiken verwendet. Die Bro-
im Bericht ENSI 33/170 festgehalten. Die Nagra
schüre zeigt aber auch, in welchen Punkten noch
muss gemäss diesen Vorgaben die geologischen
weiterer Forschungs- und Untersuchungsbedarf
Risiken der Zugangsbauwerke bei Bau und Betrieb
besteht.
eines Tiefenlagers ausweisen und zeigen, mit wel-
Im Rahmen von Fachbeiträgen wurden im Tech-
chen Massnahmen diese Risiken beherrschbar
nischen Forum Sicherheit auch spezifische Themen
ENSI Aufsichtsbericht 2012
95
dargelegt und diskutiert, darunter das Thema der
zum Bericht NTB 10-01 (siehe Kap. 9.1) erst 2012
von der Nagra durchgeführten 2D-Seismik und
abgeschlossen. Das ENSI und das BFE kommen in
deren aktueller Stand der Auswertung. Im Sinne
ihrer Prüfung und Beurteilung zum Schluss, dass
eines Fachaustausches mit den deutschen Nach-
die Nagra im Auftrag der Entsorgungspflichtigen
barn wurde zudem das «Eckpunktepapier zur
mit dem Einreichen des Entsorgungsprogramms
Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver
den gesetzlichen Auftrag gemäss Art. 32 KEG
Abfälle in Deutschland» vom Umweltministerium
(Kernenergiegesetz, SR 732.1) und Art. 52 KEV
Baden-Württemberg vorgestellt und diskutiert.
grundsätzlich erfüllt hat. Hinsichtlich der nächsten
Aktualisierung des Entsorgungsprogrammes im
9.2 Entsorgungsprogramm
Jahre 2016 fordert das ENSI verschiedene Ergänzungen und die vorgängige Einreichung des aktualisierten Forschungs- und Entwicklungspro-
In Artikel 52 KEV wird festgelegt, dass die Entsor-
gramms, welches die stufengerechte Abarbeitung
gungspflichtigen ein Entsorgungsprogramm vorle-
der offenen Fragen aufzeigen muss.
gen müssen und alle fünf Jahre anzupassen haben.
Der Bericht der Nagra und die dazu erfolgten Stel-
Zuständig für die Überprüfung und Überwachung
lungnahmen seitens der Bundesbehörden wurden
der Einhaltung des Programms sind das ENSI und
in der zweiten Jahreshälfte 2012 in einer dreimo-
das Bundesamt für Energie (BFE). Das BFE prüft da-
natigen Anhörung vernehmlasst. Im letzten Quar-
rin den Finanzplan für die Entsorgungsarbeiten bis
tal 2012 begann die Auswertung der eingegan-
zur Ausserbetriebnahme der Kernanlagen sowie
genen Stellungnahmen durch das BFE und das
das Informationskonzept der Nagra. Das ENSI prüft
ENSI.
die sicherheitsrelevanten und auslegungsspezifischen Aspekte.
Der Bericht zum Entsorgungsprogramm (NTB 0801) wurde im Oktober 2008 durch die Entsor-
9.3 Offene Fragen
aus dem Entsorgungsnachweis
gungspflichtigen mit den Standortvorschlägen für
Stollen im Felslabor
Mont Terri
geologische Tiefenlager eingereicht. Die Prüfung
Der Schweizerische Bundesrat hatte im Juni 2006
des Entsorgungsprogramms wurde aufgrund der
verfügt, dass der Entsorgungsnachweis für abge-
vorgezogenen Beurteilungen zur Etappe 1 und
brannte Brennelemente (BE), verglaste hochaktive
Foto: Comet
96
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Abfälle (HAA) und langlebige mittelaktive Abfälle
gige Fonds sichergestellt. Der Stilllegungsfonds
(LMA) erbracht ist. Er legte fest, dass die Kernkraft-
deckt die Kosten zur Stilllegung der Kernanlagen,
werkgesellschaften gleichzeitig mit dem Entsor-
der Entsorgungsfonds deckt die Kosten zur Entsor-
gungsprogramm nach Artikel 32 KEG dem Bun-
gung der radioaktiven Abfälle und der abgebrann-
desrat einen Bericht zu unterbreiten haben, der
ten Brennelemente in geologischen Tiefenlagern.
alle in den Gutachten und Stellungnahmen der da-
Beide Fonds werden durch Beiträge der Betreiber
maligen HSK, KNE und KSA sowie der OECD/NEA-
geäufnet, die gemäss Art. 27 und 31 KEG zur
Experten enthaltenen offenen Fragen, Hinweise
Übernahme dieser Kosten verpflichtet sind.
und Empfehlungen systematisch erfasst und auf-
Die Kernkraftwerkbetreiber sind gesetzlich ange-
zeigt, wie diese im weiteren Verfahren zeit- und
wiesen, die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs-
sachgerecht beantwortet werden. Diese offenen
und Entsorgungskosten gemäss Stilllegungs- und
Einzelpunkte und Empfehlungen stellen die grund-
Entsorgungsfondsverordnung (SEFV, SR 732.17)
sätzliche Machbarkeit eines geologischen Tiefenla-
alle fünf Jahre zu berechnen und als Kostenstudien
gers in der Schweiz nicht in Frage, sie müssen aber
zur Überprüfung einzureichen. Die Kraftwerk-
stufengerecht im Verlauf der schrittweisen Weiter-
betreiber (vertreten durch swissnuclear) und die
entwicklung bearbeitet werden.
Nagra haben ihre letzte Kostenstudie aus dem
Die Nagra reichte daher zeitgleich mit dem Entsor-
Jahre 2006 (KS06) per November 2011 überarbei-
gungsprogramm (siehe Kap. 9.2) den Bericht NTB
tet und die aktualisierte Kostenstudie 2011 (KS11)
08-02 ein und legte darin ihre Vorgehensweise zu
zur Prüfung eingereicht. Das ENSI wurde beauf-
den rund 200 Empfehlungen dar. Das ENSI hat
tragt, die Studien zu den Stilllegungs- und
seine Stellungnahme zum Bericht NTB 08-02 im
Entsorgungskosten zu prüfen. Zur Überprüfung
Jahr 2012 veröffentlicht und darin festgestellt,
hat das ENSI externe Experten beigezogen. Die
dass die Nagra alle Empfehlungen der verschie-
Deutsche TÜV NORD EnSys Hannover GmbH & Co
denen begutachtenden Gremien in den vom
hat Stellungnahmen zu den Stilllegungskostenstu-
Schweizerischen Bundesrat geforderten Bericht
dien verfasst. Das Schweizer Ingenieurunterneh-
aufgenommen hat, diese stufengerecht und ziel-
men Basler & Hofmann hat die Kostenstudien für
führend bearbeitet hat und damit der Verfügung
den Bau (einschliesslich aller Bauvorgänge, Materi-
des Schweizerischen Bundesrats nachgekommen
alien und Unterhalte) der geologischen Tiefenlager
ist. Wichtige Empfehlungen aus dem damaligen
überprüft. Als anerkannte Experten weisen diese
Verfahren wurden bereits in den Konzeptteil des
Firmen praktische Erfahrung in der Stilllegung von
Sachplans geologische Tiefenlager und in die
Kernkraftwerken beziehungsweise im Erstellen
Richtlinie ENSI-G03 integriert. Sie wurden von der
von Untertagebauwerken auf. Gestützt auf deren
Nagra bei der Ausarbeitung des Vorschlags geolo-
Expertisen kommt das ENSI in seiner Beurteilung
gischer Standortgebiete in der Etappe 1 des SGT
zum Schluss, dass die Kostenstudie 2011 vollstän-
berücksichtigt. Im Hinblick auf das Rahmenbewilli-
dig und korrekt ausgeführt ist. Die vorgelegten
gungsgesuch weist das ENSI in seiner Stellung-
Kostenschätzungen sind aus seiner Sicht für den
nahme auf Themen hin, die in das Forschungs- und
aktuellen Projektstand plausibel und ausreichend.
Entwicklungsprogramm der Nagra aufzunehmen
Es hat zwölf Punkte mit Verbesserungsbedarf
sind und bis zur Einreichung des Gesuchs abgear-
identifiziert, die bei der nächsten Aktualisierung zu
beitet sein müssen.
berücksichtigen sind.
Der Bericht der Nagra und die dazu erfolgten Stellungnahmen seitens der Bundesbehörden waren
zeitgleich mit den Dokumenten zum Entsorgungsprogramm der Nagra (siehe Kap. 9.2) während drei
9.5 Expertengruppe geologische
Tiefenlagerung (EGT)
Monaten zur Vernehmlassung aufgelegt.
Die Expertengruppe geologische Tiefenlagerung
9.4 Kostenstudie
(EGT) wurde vom ENSI 2012 ins Leben gerufen. Sie
übernimmt im Sachplan geologische Tiefenlager
die Rolle der vom Bundesrat aufgelösten Kommis-
Die Finanzierung der Stilllegung der Kernkraft-
sion Nukleare Entsorgung (KNE). Geleitet von Pro-
werke nach deren Ausserbetriebnahme einerseits
fessor Simon Löw (ETH Zürich) deckt die Experten-
und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle ande-
gruppe Fragen zur geologischen Beurteilung der
rerseits wird in der Schweiz durch zwei unabhän-
Standortgebiete sowie zur bautechnischen Mach-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
97
barkeit und Sicherheit von geologischen Tiefenla-
Rechensimulationen verfügbar gemacht werden.
gern ab. Die EGT bietet dem ENSI die Möglichkeit,
Am RC-Experiment beteiligen sich neben dem ENSI
bei wichtigen Fragestellungen mit international
und der ETH auch die deutsche Bundesanstalt
anerkannten Experten zusammenzuarbeiten und
für Geowissenschaften und Rohstoffe BGR (geo-
damit das eigene Know-how zu erweitern. Im Jahr
physikalische Messungen) und die swisstopo (geo-
2012 haben vier Sitzungen stattgefunden. Schwer-
dätische Messungen).
punkte waren die Lagerauslegung, seismische Un-
Neben dem RC-Experiment beteiligt sich das ENSI
tersuchungen, Erdbeben in relevanten Zeiträumen,
ausserdem an zwei kleineren Experimenten. Das
die tektonische und geodynamische Entwicklung
eine Experiment untersucht das zyklische Austrock-
im Tafeljura der Nordschweiz, geochemische Pro-
nungsverhalten der Stollenwand des Opalinustons
zesse im Nahfeld und der Gastransport in den
in Abhängigkeit des Stollenklimas (Temperatur,
technischen und geologischen Barrieren. Vertreter
Luftfeuchtigkeit). Mit dem anderen Experiment
der EGT beantworteten ferner Fragen im tech-
evaluiert das ENSI zusammen mit swisstopo eine
nischen Forum Sicherheit.
neue Methode der Durchlässigkeitsbestimmung in
Bohrungen anhand von Verdunstungsmessungen.
In einem weiteren Experiment untersucht das ENSI
9.6 Felslaboratorien
ferner zusammen mit der swisstopo und der französischen Organisation ANDRA das Materialver-
In der Schweiz werden zwei Felslaboratorien im
halten (u.a. Langzeitbeständigkeit) der Glasfaser-
Kristallin- und im Tongestein (Felslabor Grimsel
technologie mit integrierten Mess-Sensoren. Dies
und Felslabor Mont Terri) betrieben, wo unter
geschieht, um deren Tauglichkeit zur Langzeit-
internationaler Beteiligung umfangreiche For-
überwachung geologischer Tiefenlager (Monito-
schungsprojekte durchgeführt werden. Sie dienen
ring) zu testen.
einerseits der Charakterisierung und Erfassung der
geotechnischen, geochemischen und hydraulischen Eigenschaften der dortigen Gesteinsforma-
9.7 Internationaler Wissenstransfer
tionen und andererseits der Entwicklung und Überprüfung von Lagerkonzepten für den sicheren
Die Mitarbeit in nationalen und internationalen
Einschluss radioaktiver Abfälle. Für die Beurteilung
Arbeitsgruppen bietet dem ENSI Gelegenheit, alle
der Sicherheit von geologischen Tiefenlagern lie-
relevanten Fragestellungen im Bereich der Entsor-
fern diese Forschungsarbeiten wichtige Erkennt-
gung in geologischen Tiefenlagern im europäischen
nisse. Sie erlauben, anhand von Demonstrations-
Rahmen zu verfolgen und bezüglich Stand von
versuchen das Verhalten technischer (Bentonit,
Wissenschaft und Forschung über die aktuellen
Zement, Stahlbehälter) und natürlicher Barrieren
Entwicklungen informiert zu bleiben. Die Resultate
(Wirtgestein und Rahmengesteine) zu unter-
dieser Arbeiten fliessen in die Aufsichtstätigkeit
suchen. Zudem ermöglichen sie die Validierung
des ENSI im Rahmen des Sachplans geologische
entsprechender Modellrechnungen.
Tiefenlager ein.
Das ENSI beteiligt sich seit 2003 mit eigenen Pro-
Neben der Beteiligung des ENSI an der internatio-
jekten und Kooperationen an der Forschung im
nalen Forschung im Felslabor Mont Terri (Kap. 9.6)
Felslabor Mont Terri, um die behördeninterne
engagiert es sich im Rahmen weiterer Forschungs-
Fachkompetenz zu erhalten und zu fördern. Der
programme zur Entsorgung (EU-Projekte) und ar-
Schwerpunkt der Forschungsarbeiten lag 2012 auf
beitet in verschiedenen internationalen Gremien
der Fortführung und Auswertung des sogenann-
mit. Das 2009 gestartete Forschungsprojekt
ten RC-Experimentes, welches von der Ingenieur-
FORGE («fate of repository gases») der Euro-
geologie der ETH Zürich betreut und 2013 ab-
päischen Union dient der Erforschung der in einem
geschlossen
dieses
geologischen Tiefenlager durch Korrosion oder
Experiments ist es, die durch den Bau der Gale-
Zersetzung produzierten Gase, dem damit verbun-
rie-2008 infolge von Spannungsumlagerungen
denen Gasdruckaufbau und dem Abtransport des
hervorgerufenen Deformationen im Opalinuston
Gases durch ein wenig durchlässiges Medium (z.B.
quantitativ zu erfassen. Ergänzt werden diese Un-
ein tonreiches Gestein). Das Projekt wird im Jahr
werden
soll.
Zielsetzung
tersuchungen durch umfangreiche felsmechanische
2013 abgeschlossen.
Laborversuche, mit welchen die felsmechanischen
Das Projekt SITEX («sustainable network of inde-
Kennwerte des Opalinustons ermittelt und für
pendent technical expertise for radioactive waste
98
ENSI Aufsichtsbericht 2012
disposal») wurde im Februar 2012 gestartet mit
richt zusammengestellt. Er gibt einen umfassenden
dem Ziel, eine Plattform für die Aufsichtsbehörden
Überblick über den aktuellen Stand von Wissen-
und ihre Experten für geologische Tiefenlager auf-
schaft und Technik auf diesem Gebiet und wird
zubauen. Im Rahmen dieser Plattform soll der regu-
2013 veröffentlicht. Andererseits wurde ein neues
latorische Bedarf für alle Phasen der Realisierung
Projekt mit dem Titel «Argillaceous Media Data-
eines geologischen Tiefenlagers diskutiert und eva-
base Compilation» gestartet. Es beschäftigt sich
luiert werden. Es soll darauf aufbauend geklärt wer-
mit den für die Sicherheitsbeurteilung von geo-
den, welche Schwerpunkte für die regulatorische
logischen Tiefenlagern in Tongesteinen massge-
Sicherheitsforschung und bei der technischen Ex-
benden geologischen, hydrogeologischen, mine-
pertise für zukünftige Realisierungsschritte gesetzt
ralogischen, geophysikalischen, geochemischen
werden sollen. Der Erfahrungsaustausch über ver-
und felsmechanischen Daten. Diese sollen in einem
schiedene regulatorische Fachthemen wird für das
Bericht zusammengestellt werden. Berücksichtigt
ENSI bei den sicherheitstechnischen Beurteilungen
werden nur diejenigen Tongesteinsformationen,
der Arbeiten der Nagra im Sachplanverfahren geo-
die heute als Wirtgesteine für geologische Tiefen-
logische Tiefenlager wertvolle Impulse liefern.
lager vorgesehen sind und mit den aktuellsten
Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Agneb
Methoden umfassend charakterisiert wurden. Es
(Arbeitsgruppe des Bundes für die nukleare Entsor-
sind dies der Callovo-Oxfordian-Ton (Frankreich),
gung) verfolgt das ENSI die Aktivitäten am vierjäh-
der Boom-Clay und der Ypresian-Clay (Belgien),
rigen EU-Forschungsprojekt MoDeRn («monito-
der Queenstone Shale und die Georgian Bay For-
ring developments for save repository operation
mation (Kanada) sowie der Opalinuston (Schweiz).
and staged closure», 2009 – 2013). Mit diesem
Einbezogen werden auch alle Tongesteinsfor-
Projekt werden die aktuellen Aktivitäten und
mationen, in denen Felslabors errichtet wurden
technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der
(HADES, Bure, Tournemire und Mont Terri). Ein
Umweltüberwachung (Monitoring) und der dazu
spezielles Kapitel wird den Stellenwert der Geolo-
relevanten Messtechnik antizipiert.
gie und der sicherheitsrelevanten Eigenschaften
Das ENSI beteiligt sich ferner an den Aktivitäten
der Tongesteine für den Sicherheitsnachweis dar-
der OECD-NEA Arbeitsgruppe IGSC («Integration
legen. Die Nuclear Waste Management Organi-
Group for the Safety Case») sowie der Unter-
sation NWMO in Kanada koordiniert das Projekt.
gruppe «Working Group on Measurements and
Die Mitarbeit im Clay Club und in der IGSC ermög-
Physical Understanding of Groundwater Flow
licht den Zugang zu wichtigen internationalen
through Argillaceous Media» (Clay Club). Spezi-
Informationsplattformen. Im Zentrum steht dabei
fisches Thema der IGSC war 2012 das Manage-
der Wissenstransfer bezüglich dem Sicherheits-
ment von Ungewissheiten im Sicherheitsnachweis.
nachweis für ein geologisches Tiefenlager und
Der Clay Club beschäftigt sich mit spezifischen
der Tongesteinsforschung. Vertretungen der Hoch-
Aspekten des Stofftransportes in Tongesteinen,
schulen, der Idustrie, der Fachbehörden sowie der
dem in der Schweiz bevorzugten Wirtgestein für
Endlagerprojektanden bringen dazu ihr Wissen
die geologische Tiefenlagerung. In beiden Arbeits-
ein.
gruppen sind neben dem ENSI weitere Behörden
und Organisationen aus Ländern vertreten, die sich
mit der sicheren Entsorgung radioaktiver Abfälle
in Tongesteinen befassen.
Ziel des Clay Clubs ist es, den internationalen Stand
der Wissenschaft in der Tongesteinsforschung zu
verfolgen, den Kenntnisstand der sicherheitsrelevanten Prozesse und Parameter von Tongesteinen
zu diskutieren, allfällige Lücken zu erkennen und
mit gemeinsamen Projekten zu schliessen. Die Arbeiten des Clay Clubs umfassten im Berichtsjahr
2012 zwei Schwerpunkte: Einerseits wurden die
Beiträge der im September 2011 vom Clay Club in
Karlsruhe (Deutschland) durchgeführten internationalen Fachtagung «Imaging and Nano Scale
Characterisation of Clays» in einem Tagungsbe-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
99
10. Anlagenübergreifende Themen
10.1
Probabilistische
Sicherheitsanalysen und
Accident Management
Untersuchungen wurden entsprechende Accident Management-Massnahmen und -Hilfsmittel überarbeitet und erweitert, was eine Senkung des Risikos bewirkt. Das KKB wird Ende
10.1.1 Probabilistische Sicherheitsanalysen
2013 eine überarbeitet PSA einreichen.
Mit der Probabilistischen Sicherheitsanalyse (PSA)
Im Rahmen der Stellungnahme zur periodischen
wird u.a. das Risiko abgeschätzt, dass ein schwerer
Sicherheitsüberprüfung des KKG veröffentlichte
Unfall in einem Kernkraftwerk auftritt. Als schwe-
das ENSI seine Überprüfungsergebnisse zur PSA
rer Unfall wird ein Störfall bezeichnet, bei dem der
des KKG. Die Überprüfung ergab eine Reihe
Reaktorkern nicht mehr gekühlt werden kann und
von Verbesserungspunkten, zu denen das ENSI
in der Folge zu schmelzen beginnt.
entsprechende Forderungen erhob. Um die PSA
Eine PSA kann in drei Stufen unterteilt werden:
zeitnah in den wichtigsten Punkten zu verbes-
Ausgehend von einem breiten Spektrum von aus-
sern, hat das ENSI mittels Zwischenstellungnah-
lösenden Ereignissen werden in der Stufe-1-PSA
men vorab einige Anpassungen an den PSA-
alle möglichen Unfallsequenzen bis zum Kernscha-
Modellen für den Leistungsbetrieb und den
den (Kernschmelze) betrachtet. Die auslösenden
Stillstand gefordert. Die Unterlagen zu den ge-
Ereignisse umfassen sowohl anlageninterne Stör-
forderten Zwischenaktualisierungen wurden von
fälle, wie z. B. Brände, Brüche von Kühlmittel füh-
KKG termingerecht eingereicht. Durch diese An-
renden Leitungen oder Ausfälle der Wärmeabfuhr,
passungen haben sich die Kennwerte der PSA
als auch Störfälle mit Ursprung ausserhalb der An-
erhöht. Die CDF (Core Damage Frequency) be-
lage, wie Erdbeben, unfallbedingter Flugzeugab-
trägt nun rund 3,4∙10 -6 pro Jahr. Damit liegt die
sturz oder Überflutungen. Die auf den Ergebnissen
CDF weiterhin deutlich unter der in der Kern-
der Stufe-1-PSA aufbauende Stufe-2-PSA umfasst
energieverordnung vorgegebenen Obergrenze
die Analyse des weiteren Verlaufs eines Kernscha-
für neue Kernkraftwerke.
dens bis zu einer eventuellen Freisetzung von
Das KKL hat im Berichtsjahr ein überarbeitetes
radioaktiven Stoffen in die Umwelt. Mit der Stufe-
PSA-Modell fertig gestellt und Unterlagen zur
3-PSA wird schliesslich der Schaden in der Umge-
Schliessung von fünf offenen Geschäften aus
bung des Kraftwerks analysiert.
der ENSI-Stellungnahme zur letzten perio-
Basierend auf Art. 41 der Kernenergieverordnung
dischen Sicherheitsüberprüfung dem ENSI ein-
verlangt das ENSI für alle schweizerischen Kernkraft-
gereicht. Das neue KKL-PSA-Modell wurde so
werke PSA-Studien der Stufen 1 und 2. Die Anforde-
gestaltet, dass es in Zukunft einfacher möglich
rungen an die Erstellung und Anwendung einer PSA
sein wird, Erkenntnisse aus der PSA für die de-
sind in den Richtlinien ENSI-A05 (Qualität und Um-
terministische Störfallanalyse zu nutzen oder
fang) und HSK-A06 (Anwendungen) festgehalten.
Verfahrensvorschriften, Testintervalle oder Test-
Jeder Betreiber hat eine anlagenspezifische PSA
vorschriften aus Sicht der PSA zu bewerten. Das
entwickelt und aktualisiert diese regelmässig.
neue PSA-Modell basiert auf aktualisierten Zu-
Im Jahr 2012 wurden im Wesentlichen folgende
verlässigkeitsdaten. Ferner beinhaltet es eine
Arbeiten im Bereich PSA durchgeführt:
Verfeinerung der Modellierung der Sekundär-
Das KKB arbeitete schwerpunktmässig an der
anlage (wie zum Beispiel das Abgassystem, das
Nachführung der Beznau-PSA im Hinblick auf
Hauptkondensatsystem und die Turbinenven-
die nächste Periodische Sicherheitsüberprüfung
tile) sowie eine Überarbeitung der Erdbebena-
(PSÜ). Aufgrund der Ereignisse in Fukushima hat
nalyse. Arbeiten zur Erweiterung der Stufe-2-
das KKB ein Konzept zur Beherrschung eines
PSA für die Bewertung des Stillstandsbetriebs
TSBO (Total Station-Blackout, Ausfall der gesam-
sind noch im Gang. Die neue CDF des KKL be-
ten Wechselstromversorgung) im KKB nach
trägt 3,1∙10 -6 pro Jahr und ist damit etwas tiefer
einem Starkerdbeben erstellt. Als Folge dieser
als in der vorangegangenen Analyse.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
101
Das KKM überarbeitete im Laufe des Berichts-
tung des gesamten Vorjahres (also 2011) und an-
jahres das Stufe-1-PSA-Modell für Volllast und
dererseits durch die risikotechnische Bewertung
reichte es dem ENSI ein. Dieses Modell berück-
einzelner Vorkommnisse. Spezifische Anforderun-
sichtigt nunmehr neue Erkenntnisse bezüglich
gen an die beiden Analysen (probabilistische Be-
Erdbeben, externen und internen Überflutungen
wertung der Betriebserfahrung eines Jahres bzw.
sowie die wichtigsten in der Zeit seit Einreichen
eines Vorkommnisses) sind in der Richtlinie HSK
der letzten PSA getätigten Nachrüstungen (In-
A06 festgehalten. Im Folgenden wird auf die bei-
stallation eines zusätzlichen, luftgekühlten Not-
den Analysen eingegangen.
stromaggregats, Installation von Ansaugstutzen
Alle Kernkraftwerksbetreiber reichten im Berichts-
für den SUSAN-Kühlwassereinlauf, Verbesse-
jahr eine probabilistische Bewertung der Betriebser-
rung der Leckageabsperrmöglichkeiten bei in-
fahrung des Vorjahres ein. Bei diesem Bewertungs-
ternen Überflutungen). Es stellt aus Sicht des
verfahren wird anhand des PSA-Modells der Einfluss
ENSI eine deutliche Verbesserung der PSA dar
von unvorhergesehenen Kraftwerksabschaltungen
und ist geeignet, um aussagekräftige PSA-Kenn-
sowie von Komponentenunverfügbarkeiten infolge
werte zu berechnen. Die ausgewiesene CDF be-
Instandsetzungen, Wartung oder Funktionstests auf
trägt 2,35∙10 -5 pro Jahr und liegt damit in dem
das Risiko eines Kernschmelzunfalls ermittelt.
Bereich, in dem gemäss Richtlinie HSK-A06
Das wartungsbedingte inkrementelle kumula-
Massnahmen zur Reduktion des Risikos zu iden-
tive Risiko wie auch die wartungsbedingten
tifizieren und – sofern angemessen – umzuset-
Risikospitzen waren bei allen Werken kleiner als
zen sind. KKM hat zwischenzeitlich einen Kon-
die Planungswerte gemäss Richtlinie HSK-A06.
zeptantrag für das Nachrüstprojekt DIWANAS
Zur risikotechnischen Optimierung des zeitlichen
eingereicht. Damit kommt KKM bereits der ge-
Ablaufs von Wartungen hat das KKB vor zwei
nannte Anforderung der Richtlinie nach.
Jahren eine interne Weisung eingeführt. Im Jahr
Im Laufe des Berichtsjahres reichte das KKM um-
2011 wurde in einem Fall entgegen der Weisung
fangreiche Unterlagen ein. Dies betrifft folgende
zwei Ventilatoren aufgrund einer falschen Zu-
Bereiche:
ordnung von Instandhaltungsaufträgen gleich-
eine Überprüfung der Erfolgskriterien für den
zeitig freigeschaltet. Das KKB wurde aufgefor-
Stillstand und
dert, konkrete Massnahmen zur besseren
eine überarbeitete Stufe-2-Analyse für den Still-
Umsetzung der Weisung zu treffen.
stand, die nunmehr das gesamte Spektrum aus-
Seit 2009 werden meldepflichtige Vorkommnisse
lösender Ereignisse umfasst.
gemäss der Richtlinie ENSI-B03 in Ergänzung zur
Die oben genannten Analysen stellen aus Sicht
deterministischen Betrachtungsweise auch syste-
des ENSI eine deutliche Verbesserung der PSA
matisch mit der PSA bewertet. Dazu wird die inkre-
dar. Sie aktualisieren einen wichtigen Teil der
mentelle bedingte Kernschadenswahrscheinlich-
Stillstandanalysen der PSA, die im Zusammen-
keit eines Vorkommnisses (ICCDP Vorkommnis ) gemäss
hang mit der Periodischen Sicherheitsüberprü-
Richtlinie HSK-A06 berechnet. Ein Vorkommnis
fung Ende 2010 dem ENSI eingereicht wurde.
wird anhand der ICCDP Vorkommnis einer der Stufen 0
Die Beurteilung der neuen KKM-PSA ist Gegen-
bis 3 der internationalen Bewertungsskala für nu-
stand der ENSI-Stellungnahme zur Periodischen
kleare Ereignisse (INES) zugeordnet.
Sicherheitsüberprüfung.
Im Jahr 2012 ergab sich beim KKB-2 ein Startversa-
Gemäss den per Ende 2012 vorliegenden Analysen
gen beim monatlichen Probelauf des Notstanddie-
der Schweizer Kernkraftwerke wird das von der
sels 29XMA 3000 am 10. Mai 2012. Gemäss INES
IAEA für bestehende Anlagen empfohlene pro-
User’s Manual (IAEA, Wien 2008) ergibt sich eine
babilistische Sicherheitsziel einer Kernschadens-
Einordnung auf der Stufe 0. Aufgrund der natio-
häufigkeit von weniger als 10 pro Jahr von allen
nalen Kriterien in der Richtlinie HSK-A06 (bzw.
Anlagen eingehalten.
ENSI-B03) wird das Vorkommnis jedoch aufgrund
-4
der Risikoerhöhung (ICCDP Vorkommnis zwischen 10 -4
10.1.2
Risikotechnische Beurteilung
der Betriebserfahrung
und 10 -6 ) hochgestuft und der Stufe 1 zugeordnet.
Alle weiteren von den Kernkraftwerkbetreibern im
Jahr 2012 mit der PSA bewerteten Vorkommnisse
Die probabilistische Bewertung der Betriebserfah-
waren risikotechnisch unbedeutend, d. h. als INES-
rung eines Kernkraftwerks erfolgt auf zwei Arten:
Stufe 0 beurteilt (ICCDP Vorkommnis mindestens 10 -8,
Einerseits durch eine zusammenfassende Bewer-
jedoch kleiner als 10 -6) oder es erfolgte keine Ein-
102
ENSI Aufsichtsbericht 2012
stufung auf der INES (ICCDP Vorkommnis kleiner als
Kernanlagen gelten weitaus strengere Bestim-
10 -8) aufgrund der Risikobewertung.
mungen als für Normalbauten. Der Stand von Wissenschaft und Technik wurde und wird vom ENSI
10.1.3 ADAM-System
laufend verfolgt. Neue Erkenntnisse führten in der
Vergangenheit bereits zu Weiterentwicklungen der
Dem ENSI werden auf einem eigenen Übermitt-
Erdbebenanalysen und zu Ertüchtigungen in den
lungsnetz im Zweiminutentakt von jedem Schwei-
Kernanlagen.
zer Kernkraftwerk bis zu 27 relevante Anlagen-
Als weiteren Schritt dieser fortwährenden Entwick-
parameter (ANPA) zugestellt. Im ENSI werden die
lung verlangte das ENSI im Jahre 1999 von den
ANPA-Werte vom ADAM-System («Accident Dia-
Kernkraftwerksbetreibern, die Erdbebengefährdung
gnostics, Analysis and Management») verarbeitet.
nach dem fortschrittlichsten Stand der metho-
ADAM besteht aus vier Modulen mit folgenden
dischen Grundlagen neu zu bestimmen und dabei
Funktionen:
insbesondere die Unschärfe der Rechenergebnisse
PI-Modul: Das PI-Modul unterstützt den Pikett-
umfassend zu quantifizieren. Zur Umsetzung der
ingenieur (PI) des ENSI im Einsatzfall. Es bereitet
Forderung des ENSI gaben die Kernkraftwerk-
die ANPA-Werte grafisch so auf, dass sich der PI
betreiber das Projekt PEGASOS (Probabilistische
bei einem Störfall rasch über dessen Ablauf und
Erdbebengefährdungsanalyse für die KKW-Stand-
Ausmass ins Bild setzen kann.
orte in der Schweiz) in Auftrag. In Anlehnung an
Diagnosemodul: Das Diagnosemodul interpre-
eine in den USA neu entwickelte Methode wurde in
tiert die ANPA-Werte und liefert Hinweise zu
diesem Projekt die Erdbebengefährdung unter um-
möglichen Ursachen eines Störfalls und zum
fassender Berücksichtigung des Kenntnisstandes
Zustand wichtiger Anlagenteile.
der internationalen Fachwelt berechnet. Dazu wur-
Simulationsmodul: Mit dem Simulationsmodul
den Fachleute von erdwissenschaftlichen und un-
kann eine Vielzahl von Unfallabläufen simuliert
abhängigen fachtechnischen Organisationen aus
und untersucht werden. Mit dem Modul kann
dem In- und Ausland beigezogen. Mit dem Projekt
auch der Eintrittszeitpunkt bestimmter kritischer
PEGASOS hat die Schweiz Neuland betreten. Es
Ereignisse (Kernschaden, RDB-Versagen, etc.)
ist die erste und bisher einzige Studie dieser Art in
abgeschätzt werden.
Europa.
STEP-Modul: Die Abkürzung STEP steht für
Das Projekt wurde vom ENSI von Anfang an mit
«Source Term Program». Das Modul verwendet
einem Expertenteam überprüft. Das ENSI kam zum
ANPA-Werte und Benutzereingaben, um Quell-
Schluss, dass mit dem Projekt PEGASOS die metho-
terme (Menge und Zeitverlauf der Freisetzung
dischen Vorgaben erfüllt wurden und dass hinsicht-
radioaktiver Stoffe) bei einem schweren Unfall
lich verschiedener Aspekte (Qualitätssicherung, Er-
abzuschätzen. Dieser Quellterm wiederum kann
weiterung der Methode auf die Charakterisierung
für Ausbreitungsrechnungen verwendet werden.
der Standorteinflüsse) sogar ein neuer Stand der
Um die Benutzer- und Wartungsfreundlichkeit zu
Technik erzielt wurde. Doch stellte das ENSI auch
erhöhen und die Kompatibilität mit dem neuen
fest, dass die in den PEGASOS-Ergebnissen ausge-
Betriebssystem zu gewährleisten, wurde ADAM
wiesene Bandbreite der Unsicherheiten recht gross
überarbeitet. Die Überarbeitung des ADAM-Sys-
ist und durch weitere Untersuchungen verkleinert
tems ist entwicklerseitig fast abgeschlossen. Neue
werden könnte.
ADAM-Versionen werden vom ENSI jeweils noch-
Mit dem Ziel, die Unschärfe der PEGASOS-Ergeb-
mals unabhängig überprüft. Das bisherige ADAM-
nisse zu reduzieren, starteten die Kernkraftwerk-
System stand der Notfallorganisation im Berichts-
betreiber im Jahr 2008 das von der swissnuclear ge-
jahr uneingeschränkt zur Verfügung.
leitete «PEGASOS Refinement Project» (PRP). Mitte
2009 wurde das PRP auf die damals neu vorge-
10.2
Erdbebengefährdungsanalyse
sehenen Kernkraftwerkstandorte erweitert. Die
Hauptthemenkreise des Projekts sind wie bereits bei
PEGASOS die Charakterisierung der Erdbeben-
Für den sicheren Betrieb der Schweizer Kernkraft-
herde, der Erdbebenfortpflanzung und der lokalen
werke sind fundierte Kenntnisse der Erdbeben-
Effekte an den Standorten der Kernkraftwerke. Das
sicherheit wichtig. Bereits beim Bau der heute
PRP berücksichtigt die seit dem Abschluss von
bestehenden Kernkraftwerke wurde der Erdbeben-
PEGASOS neu vorliegenden Erkenntnisse aus der
sicherheit grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Für
Erdbebenforschung und die Resultate aus den
ENSI Aufsichtsbericht 2012
103
neuen Messungen der seismologischen Boden-
bens und der Kombination von Erdbeben und erd-
kennwerte an den Kernkraftwerkstandorten. Vor
bebenbedingtem Hochwasser einzelfehlersicher ge-
dem Hintergrund, dass für starke Erdbeben in der
währleistet sind. Die Dosislimite von 100 mSv wird
Schweiz Beschleunigungsmessdaten fehlen und
bei diesen Störfällen eingehalten. Das Kriterium ge-
somit empirische Erdbebenfortflanzungs- bzw.
mäss Art. 3 der «Ausserbetriebnahmeverordnung»
-abminderungsbeziehungen nur begrenzt ableitbar
(SR 732.114.5) wird nicht erreicht. In den ENSI-
sind, gewann die Frage der Übertragung von in-
Stellungnahmen zu den erbrachten Erdbebennach-
ternational für spezifische Regionen entwickelten
weisen wurden Nachforderungen gestellt, die in der
Abminderungsbeziehungen auf die Schweiz im Pro-
Regel einzelne Komponenten der Kernanlagen be-
jektverlauf zunehmend an Bedeutung. Die Arbeiten
treffen, deren Analysen noch zu vertiefen sind oder
dazu haben Forschungscharakter und führten im
deren Erdbebenverhalten durch kleinere bauliche
Jahr 2012 mit zum Entschluss, den Projektabschluss
Anpassungen verbessert werden kann. Alle Nach-
um sechs Monate auf Mitte 2013 zu verschieben.
forderungen wurden in einzelne Folgegeschäfte
der ordentlichen Aufsicht überführt und werden in
10.3
Aktionsplan und Umsetzung
diesem Rahmen weiter bearbeitet.
10.3.2 Überflutung
Im Jahr 2012 hat das ENSI die umfangreichen
Massnahmen fortgesetzt, die es aufgrund des
Mit Verfügung vom 1. April 2011 hatte das ENSI
schweren Unfalls im Kernkraftwerk Fukushima
von allen schweizerischen Kernkraftwerken ge-
Dai-ichi vom 11. März 2011 getroffen hat. Diese
fordert, den deterministischen Nachweis der Be-
werden im Rahmen eines nationalen Aktionsplans
herrschung des 10 000-jährlichen Hochwassers zu
koordiniert, der auf der ENSI-Website verfügbar ist:
erbringen. Die entsprechenden Nachweise wurden
Aktionsplan Fukushima 2012, ENSI-AN-7844
dem ENSI eingereicht. Das ENSI kam in seinen
(28. Februar 2012)
Stellungnahmen zum Schluss, dass alle Anlagen in
Aufgrund der sicherheitstechnischen Bedeutung
einen sicheren Zustand überführt werden können,
sowie der Synergien mit laufenden Projekten wur-
auch wenn gleichzeitig die externe Stromversor-
den für das Jahr 2012 elf Schwerpunkte gesetzt,
gung ausfällt. Die geltenden Grenzwerte werden
auf die im Folgenden aus übergeordneter Sicht
von allen Anlagen eingehalten. Im Zusammenhang
kurz eingegangen wird. Werksspezifische Anga-
mit den Untersuchungen zum erdbebenbedingten
ben sind in den Kapiteln 1.3.4, 2.3.4, 3.3.4 und
Hochwasser erhob das ENSI im Jahr 2012 neue
4.3.4 zu finden.
Forderungen, die das Gesamtergebnis der Überprüfung jedoch nicht in Frage stellen.
10.3.1 Erdbeben
Aus Sicht des ENSI wurde im internationalen Vergleich bereits ein hoher Stand der Technik bei der
Die Schweizer Kernkraftwerke haben dem ENSI
Analyse der Hochwassergefährdung der schweize-
fristgerecht per Ende März 2012 die in der Verfü-
rischen Kernkraftwerke erreicht. Weitere Verfeine-
gung vom 1. April 2011 geforderten Nachweise
rungen dieser Analysen sind möglich, sollten aber
zur Beherrschung eines 10 000-jährlichen Erdbe-
durch Forschungsergebnisse unterstützt werden.
bens sowie der Kombination von Erdbeben und
Dies betrifft insbesondere die Auswertung histo-
Hochwasser eingereicht. Bereits vorgängig wurden
rischer Hochwasser und die erweiterte Anwen-
die Erdbebenfestigkeiten (Fragilities) für alle re-
dung von gekoppelten hydraulischen-sedimen-
levanten Bauwerke, Systeme und Komponenten
tologischen
ermittelt. Im deterministischen Nachweis haben die
Szenarien. Ferner setzt sich das ENSI dafür ein, mit
Werke dargelegt, dass die Störfälle unter Einhaltung
anderen Bundesbehörden ein Forschungsprojekt
der vom ENSI vorgegebenen Randbedingungen
zur Hochwassergefährdung des Aare-Einzugs-
beherrscht
gebiets zu starten, bei dem die Ergebnisse der
werden
und
der
nach
Strahlen-
schutzverordnung (SR 814.501) zulässige Grenz-
2-D-Rechnungen
für
spezifische
Entwicklungsarbeiten einfliessen sollen.
wert von 100 mSv unterschritten wird. Aufgrund
der Prüfung der eingereichten Dokumentation
10.3.3 Extreme Wetterbedingungen
kam das ENSI zum Schluss, dass die Kernkühlung
und die Kühlung des Brennelementlagerbeckens
Das ENSI hat am 4. Juli 2012 die Anforderungen an
unter Einwirkung eines 10 000-jährlichen Erdbe-
die probabilistischen Gefährdungsanalysen und an
104
ENSI Aufsichtsbericht 2012
die Nachweise des ausreichenden Schutzes der An-
kraftstoff und Schmieröl, um einen Betrieb von
lage gegen extreme Wetterbedingungen präzisiert.
Accident-Management-Aggregaten während sie-
Für die Gefährdungen durch extreme Winde, Tor-
ben Tagen gewährleisten zu können, sowie weiteren
nados, extreme Luft- und Flusswassertempe-
Hilfsmitteln wie Kabel, Stecker und Transportmög-
raturen, Starkregen auf dem Anlagenareal und
lichkeiten für Aggregate und Tanks für das lokale
Schneehöhen sind quantitative Analysen durchzu-
Nachtanken.
führen.
Die Inspektionen haben gezeigt, dass die Werke
Folgende Gefährdungen können qualitativ behan-
die bestehenden Strategien gezielt weiter entwi-
delt werden, sofern die Auswirkungen auf die
ckelt haben und dass ausreichende Mittel für das
Anlage nicht zu einer Anforderung von Sicher-
Accident Management vorhanden sind, um Kern-
heitssystemen führen: Hagel, vereisender Regen,
schäden nach einem SBO zu verhindern. Die Aus-
Trockenheit (d. h. niedrige Fluss- und Grundwas-
wertung der Inspektionen war Ende 2012 noch
serpegel), Waldbrand, Vereisung hervorgerufen
nicht abgeschlossen.
durch niedrige Aussen- bzw. Flusswassertemperaturen und Kombinationen von
10.3.5 Verlust der letzten Wärmesenke
ausserordentlich rauen Winterbedingungen mit
Schnee(verwehungen), niedrigen Temperaturen
Da mit Ausnahme des KKM alle Schweizer Kern-
und Vereisung sowie
kraftwerke über eine diversitäre Wärmesenke verfü-
ausgeprägt harten Sommerbedingungen mit
gen, sind die das KKM betreffenden Massnahmen
hohen Temperaturen, Trockenheit, Waldbrand
im Kapitel 2.3.4 dargestellt.
und niedrigen Fluss- oder Grundwasserspiegeln.
Das Konzept zum Nachweis des ausreichenden
Schutzes gegen extreme Wetterbedingungen
10.3.6 Containment-Druckentlastung
und Wasserstoffmanagement
wurde von den Betreibern Ende 2012 termingerecht eingereicht. Den Betreibern wurde aufgrund
Die Vorsorge gegen die Gefährdung durch Wasser-
der grossen Anzahl von Analysen ein Jahr mehr Zeit
stoff wurde bei den Schweizer Kernkraftwerken
eingeräumt als im Aktionsplan 2012 vorgesehen.
frühzeitig in der Auslegung berücksichtigt. Aufgrund der Ereignisse in Fukushima werden verschie-
10.3.4 Lang andauernder Verlust
der Stromversorgung
dene Aspekte dieser Vorsorge erneut überprüft. Die
Arbeiten im Jahr 2012 betrafen die Untersuchungen zur Vorsorge gegen die Wasserstoffgefährdung
Zur Überprüfung der Vorsorgemassnahmen für die
im Bereich der Brennelement-Lagerbecken, die
Beherrschung eines lang andauernden Ausfalls der
Erdbebenfestigkeit der Containment-Druckent-
Wechselstromversorgung (Station Blackout, SBO)
lastungssysteme und die Folgeaktivitäten aus den
führte das ENSI im 4. Quartal 2012 Teaminspek-
Inspektionen zum Thema Containment-Druckent-
tionen in allen Werken durch. Überprüft wurden
lastung.
die Strategien zur Beherrschung des auslegungs-
Die Betreiber haben die Untersuchungen zum
überschreitenden Störfalls SBO, die zur Störfall-
Schutz vor Wasserstoffgefährdungen im Bereich
beherrschung verfügbaren Accident-Management-
der Brennelement-Lagerbecken eingereicht. Das
Mittel, die Anschlussstellen für die notfallmässige
ENSI ist aufgrund der Prüfung der eingereichten
Einspeisung von Kühlwasser und elektrischer Ener-
Unterlagen zu dem Schluss gekommen, dass die
gie sowie die Notfallvorschriften bezüglich SBO.
durch Radiolyse produzierten Mengen an Wasser-
Nach Fachgesprächen zu den werksspezifischen
stoff nicht ausreichend sind, um ein zündfähiges
Strategien und den Zeit- und Ressourcenverhält-
Gemisch im Bereich der Brennelement-Lager-
nissen wurden im Rahmen einer Anlagenbege-
becken zu generieren. Ferner zeigen die Unter-
hung die Einsatzmittel wie Accident-Management-
suchungen, dass bei einem 10 000-jährlichen Erd-
Notstromaggregate, Pumpen, Tanklöschfahrzeuge
beben/Hochwasser, überlagert mit dem Ausfall
oder Motorspritzen sowie deren Lager- und Ein-
der
satzorte begutachtet. Auch das Vorhandensein
mindestens drei Tage für die Einleitung entspre-
und die Zugänglichkeit von Einspeise- und An-
chender Massnahmen zur Verfügung stehen. Aus
schlussstellen unter SBO-Bedingungen wurden
Sicht des ENSI hat die Prävention gegenüber der
kontrolliert. Zum Inspektionsumfang gehörte wei-
Mitigation Vorrang, weshalb das ENSI werkspezi-
ter die Überprüfung der Betriebsmitteln wie Diesel-
fisch zusätzliche Forderungen zur Überwachung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Notstromversorgung,
bei
allen
Anlagen
105
des Brennelementbeckens, Ertüchtigung der Sys-
die politischen Konsequenzen des Unfalls in der
teme zur Brennelementbeckenkühlung und Erwei-
Schweiz, namentlich der beschlossene Ausstieg
terung der entsprechenden anlageninternen Not-
aus der Kernenergie, auf die Sicherheitskultur der
fallmassnahmen verfügte. Dadurch wird das Risiko
Schweizer Anlagen haben. Über diese Fragen
eines schweren Unfalls im Bereich des Brenn-
nachzudenken und bei Bedarf konkrete Massnah-
elementbeckens weiter reduziert.
men zu treffen ist die Verantwortung der Betreiber
der Schweizer Kernkraftwerke. Das ENSI versi-
10.3.7 Notfallmanagement auf
schweizerischer Ebene
cherte sich im Jahre 2012, dass die Betreiber diese
Verantwortung tatsächlich wahrnehmen. Dies erfolgte im Rahmen der Fachgespräche zur Sicher-
Am 4. Juli 2012 nahm der Bundesrat den Bericht
heitskultur mit dem Ziel, die Selbstreflexion der
der interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Über-
Betreiber über die eigene Sicherheitskultur zu för-
prüfung der Notfallschutzmassnahmen bei Extrem-
dern. In allen Kernkraftwerken wurden zwischen
ereignissen in der Schweiz (IDA NOMEX) zur Kennt-
Juli und Dezember 2012 solche Fachgespräche
nis und beauftragte verschiedene Bundesstellen
durchgeführt.
mit der Erarbeitung organisatorischer und gesetz-
Wie der Unfall in Fukushima gezeigt hat, wird die
geberischer Massnahmen. Das ENSI erstellte 2012
Sicherheitskultur einer Betreiberorganisation auch
zusammen mit Vertretern von BAG, Suva und GSKL
von der Sicherheitskultur der Aufsichtsbehörde, der
einen Bericht über die bestehende Situation betref-
Aufsichtskultur, massgeblich beeinflusst. Im Rah-
fend Betreuung und Behandlung stark verstrahlter
men eines mehrjährigen Projekts setzt sich das ENSI
Personen und die Vereinbarungen mit den Werken
mit seiner Aufsichtskultur intensiv auseinander.
und schlug konkrete Lösungsvarianten vor.
In Zusammenarbeit mit Bundesstellen und den
10.3.9 Erfahrungsrückfluss
Kraftwerksbetreibern wurde der aktuelle Stand der
Mess- und Prognosesysteme bewertet. Anhand
Im 4. Quartal 2012 führte das ENSI in allen Kern-
der Analyse und den Lehren aus Fukushima wur-
kraftwerken Schwerpunktinspektionen zu den
den die Anforderungen an solche Systeme neu
Prozessen und Vorgabedokumenten zur Auswer-
festgelegt.
tung externer Vorkommnisse durch. Das ENSI be-
Der Abschluss der Überprüfung der Referenzsze-
urteilte die in den Kernkraftwerken vorhandenen
narien und deren Annahmen für den Notfallschutz
Vorgaben als geeignet. Ebenso ist in allen Werken
hat sich aufgrund der umfangreichen, von den
festgelegt, wie aus externen Vorkommnissen
Betreibern Ende September 2012 eingereichten
Massnahmen abzuleiten umzusetzen sind. Ein Teil
Unterlagen verzögert. Diese Aufgabe wird in
dieser Vorgaben liegt erst als Entwürfe vor. Dass
einem Projekt, zusammen mit der Überprüfung
dies einen Verbesserungsbedarf darstellt, wurde
des Zonenkonzepts in der Umgebung der Kern-
von den Werken bereits erkannt. Die definitiven
kraftwerke, zusammen mit Kantonen und Bundes-
Dokumente sind dem ENSI noch einzureichen und
stellen durchgeführt.
werden von diesem überprüft.
Das ENSI inspizierte im November und Dezember
2012 die Notfall- und Ersatznotfallräume an den
Kernkraftwerks-Standorten. Die Auswertung die-
10.3.10 Internationale Aufsicht
und Kooperation
ser Inspektionen war Ende 2012 noch im Gang. In
und organisatorische Aspekte des Notfallmanage-
International harmonisierte
Bewertungsmassstäbe
ments behandelt.
Die internationale Behördenzusammenarbeit für
diesem Zusammenhang werden auch menschliche
die Sicherheit der Kerntechnik dient der Weiterent-
10.3.8 Sicherheitskultur
wicklung und Harmonisierung der Sicherheitsvorgaben. Dazu gehören die Safety Standards der
Der Unfall in Fukushima kann die Sicherheitskultur
Internationalen Atomenergieagentur IAEA und die
der Schweizer Kernkraftwerke zweifach beeinflus-
Safety Reference Levels der Western European Nu-
sen: Einerseits gilt es zu prüfen, inwiefern Erkennt-
clear Regulators‘ Association WENRA. Der Direktor
nisse über Sicherheitskulturaspekte aus Fukushima
des ENSI ist seit Ende 2011 Präsident der WENRA.
auf die Schweizer Kernkraftwerke übertragbar
Das ENSI nutzt dies, um die Entwicklung harmoni-
sind. Andererseits ist zu prüfen, welchen Einfluss
sierter Safety Reference Levels für alle Bereiche der
106
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Kernenergie und deren Umsetzung in den europä-
ting in Accordance with Article 5 of the Conven-
ischen Kernenergiestaaten weiter voranzutreiben.
tion (May 2012)
Die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke waren
Im Vorfeld der ausserordentlichen Konferenz
mit Verfügung des ENSI vom 1. Juni 2011 aufgefor-
haben elf Staaten, darunter die Schweiz, Ände-
dert worden, sich am EU-Stresstest zu beteiligen.
rungsvorschläge für die sogenannten Guidance
Dieser wurde in der Schweiz in derselben Weise
Documents zur CNS eingereicht und im Rahmen
durchgeführt wie in den EU-Ländern mit Kern-
von zwei Consultancy Meetings im Juni und Juli
kraftwerken. Das ENSI beteiligte sich ebenso an
2012 gemeinsame Änderungsvorschläge erar-
dem bis April 2012 durchgeführten Peer-Review-
beitet. Die meisten Vorschläge, auch die von der
Prozess, bei dem internationale Teams sowohl die
Schweiz gewünschten Verbesserungen, wurden
Länderberichte als Ganzes als auch themenweise
zumindest in ihrem Grundgehalt bei der Konferenz
nach einheitlichen Kriterien bewerteten. Auf der
akzeptiert. Sie bringen praktische Verbesserungen
technischen Ebene hat sich die WENRA unmittel-
beim Inhalt der Berichte und bei deren Diskussion
bar nach dem Erscheinen des Peer-Review Haupt-
während den Konferenzen, aber keine substan-
berichts das Ziel gesetzt, die wichtigen Erkennt-
tiellen, verbindlichen Änderungen des internatio-
nisse aus dem EU-Stresstest zu übernehmen. Die
nalen Sicherheitsregimes.
Vereinigung der Aufsichtsbehörden der EU-Mit-
Die Schweiz hat Anträge zur Änderung der Kon-
gliedsländer, die European Nuclear Safety Regula-
vention eingebracht. Sie wollte dabei insbesondere
tors’ Group ENSREG, hat für die Folgemassnahmen
die Verbindlichkeit internationaler Peer Reviews, die
einen Aktionsplan verabschiedet.
Durchführung
Die Schweiz arbeitet laufend in den Safety Stan-
überprüfungen und Verbesserungen der Trans-
dards Groups der IAEA mit. Zudem hat die Schweiz
parenz erreichen. Die Vorschläge zur Konvention
an der IAEA General Conference im September
waren in dieser Form leider nicht konsensfähig. Die
2012 und an der Ministerialkonferenz zur nukle-
Vertragspartner einigten sich stattdessen darauf,
aren Sicherheit in Fukushima im Dezember 2012
eine Arbeitsgruppe (Effectiveness and Transparency
teilgenommen. Diese Veranstaltungen sollen als
Working Group) einzusetzen. Diese soll bis zum
Teil des IAEA Action Plan zur Stärkung des interna-
nächsten regulären Review Meeting im Jahre 2014
tionalen nuklearen Sicherheitsregimes beitragen.
versuchen, breit abgestützte Vorschläge zur Verbes-
von
periodischen
Sicherheits-
serung der CNS und ihrer Prozesse zu erarbeiten.
Internationale Reviews und Transparenz
von Aufsicht und Betreibern
10.3.11 Externes Lager Reitnau
In der Schweiz hatte im November 2011 eine zweiwöchige IRRS-Mission mit einem Team von 24 Ex-
Bereits am 1. Juni 2011 war das vom ENSI im März
perten aus 14 Nationen stattgefunden. Die Inter-
2011 von allen Betreibern schweizerischer Kern-
nationale Atomenergieagentur IAEA schloss den
kraftwerke geforderte Lager für Severe-Accident-
Schlussbericht der Überprüfungsmission des Inte-
Management-Ausrüstungen als zentrales Lager
grated Regulatory Review Service IRRS im Mai
im aargauischen Reitnau in Betrieb genommen
2012 ab. Darin sind 19 «Good Practices», 12 Emp-
worden. Am 20. Januar 2012 stellte die Betreiber-
fehlungen und 18 Anregungen enthalten. Das Eid-
gesellschaft des Lagers dem ENSI das Konzept
genössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI
zum externen Lager der Schweizer Kernkraftwerke
hat bis Ende 2012 für die Verbesserungsvorschläge
fristgerecht zu. Das ENSI beurteilte die neue Ein-
einen Massnahmenplan im Hinblick auf die IRRS-
richtung als zur Lagerung von Geräten und Hilfs-
Folgemission erarbeitet.
stoffen im Rahmen eines erweiterten Notfallschutzes der schweizerischen Kernkraftwerke bei
Convention on Nuclear Safety
schweren Unfällen tauglich. Das ENSI bemängelte
Im August 2012 fand eine ausserordentliche Kon-
lediglich die drahtgebundene Kommunikation
ferenz zur Convention on Nuclear Safety CNS statt.
über einen zwar erdverlegten, aber nicht redun-
Die Schweiz hat dafür im Mai 2012 fristgerecht
danten Kabelweg, da im Anforderungsfall das
ihren Länderbericht eingereicht; dieser wurde zu-
Mobilfunknetz wegen Überlastung oder Ausfall
dem auf der Website des ENSI veröffentlicht:
möglicherweise nicht zur Verfügung steht.
Implementation of the Obligations of the Con-
Am 27. September 2012 zeigte eine Inspektion
vention on Nuclear Safety, National Report of
der Lagerhaltung in Reitnau, dass die in der
Switzerland for the Second Extraordinary Mee-
Inventarliste angegebenen Accident-Management-
ENSI Aufsichtsbericht 2012
107
Ausrüstungen in gewartetem und einsatzbereitem
stufenweise Einsatz von Accident-Management-
Zustand vollständig vorhanden waren. Die drei un-
Mitteln entspricht weitgehend den Erwartungen
terirdischen Lagergebäude befanden sich in einem
des ENSI. Die zum Einsatz der in Reitnau gelager-
sauberen, trockenen und aufgeräumten Zustand.
ten Geräte und Hilfsstoffe erforderlichen Abläufe
Sowohl die Laderampen wie auch die Transport-
werden Schritt für Schritt in die Notfallvorschriften
flächen waren für einen Abtransport per LKW oder
der Kernkraftwerke aufgenommen und sollen in
per Helikopter zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit.
Notfallübungen überprüft werden.
Der im Konzept vom 20. Januar 2012 genannte
108
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Anhang
Sicherheitsbewertung
111
Abbildung 1
ENSI-Sicherheitsbewertungs-Skala
114
Abbildung 2
Definition der ENSI-Kategorien G, N, V und A
116
Tabelle 1
Hauptdaten der schweizerischen Kernkraftwerke 2012
117
Tabelle 2
Betriebsdaten der schweizerischen Kernkraftwerke 2012
117
Tabelle 3
Bestand an zulassungspflichtigem Personal und Gesamtbelegschaft
117
in den Kernkraftwerken Ende 2012
Tabelle 4
Meldepflichtige Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit 2012
118
Tabelle 5
Kollektivdosen in den schweizerischen KKW im Berichtsjahr
118
Tabelle 6a
Zusammenstellung der Abgaben radioaktiver Stoffe an die Umgebung im
119
Tabelle 6b
Zusammenstellung der Abgaben des Paul Scherrer Instituts im Jahr 2012
Jahr 2012 und der daraus berechneten Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung
120
und der daraus berechneten Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung
Tabelle 6c
Fussnoten
121
Tabelle 7
Abgaben der schweizerischen Kernkraftwerke in den letzten fünf Jahren im
122
Vergleich mit den Abgabelimiten
Tabelle 8
Radioaktive Abfälle in den Kernkraftwerken und im PSI per 31.12.2012
123
Tabelle 9
Radioaktive Abfälle in den Anlagen der ZWILAG per 31.12.2012
123
Tabelle 10
Richtlinien des ENSI
124
Figur 1
Zeitverfügbarkeit und Arbeitsausnutzung, 2003–2012
126
Figur 2
Vorkommnisse 2003–2012
127
Figur 3
Ungeplante Reaktorschnellabschaltungen (Scrams), 2003–2012
128
Figur 4
Brennstabschäden (Anzahl Stäbe), 2003–2012
129
Figur 5
Jahreskollektivdosen (Personen-mSv/Jahr) der Kernanlagen, 1980–2012
130
Figur 6
Berechnete Dosen für die meistbetroffenen Personen (Erwachsene)
130
in der Umgebung der schweizerischen KKW
Figur 7a
Funktionsschema eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor
131
Figur 7b
Funktionsschema eines Kernkraftwerks mit Siedewasserreaktor
131
Verzeichnis der Abkürzungen
ENSI Aufsichtsbericht 2012
132
109
Sicherheitsbewertung
liegenden Ebenen aufzufangen. Zur 1. Ebene gehören systematische Vorkehrungen zur Vermei-
Das ENSI wacht als unabhängige Aufsichtsbehörde
dung von Abweichungen vom Normalbetrieb. Für
darüber, dass die Betreiber von Kernanlagen ihre
den Fall, dass es dennoch zu Abweichungen
Verantwortung für die nukleare Sicherheit umfas-
kommt, umfasst die 2. Ebene Vorkehrungen zur
send wahrnehmen. Das Ziel nuklearer Sicherheit
Beherrschung von Abweichungen vom Normalbe-
ist es, Mensch und Umwelt vor schädlichen Aus-
trieb mittels Begrenzungs- und Schutzsystemen
wirkungen ionisierender Strahlung zu schützen.
und zur Entdeckung von Fehlern. Für Situationen,
Zur Gewährleistung der nuklearen Sicherheit müs-
in denen diese nicht erfolgreich sind, werden auf
sen die Betreiber von Kernanlagen eine umfas-
einer 3. Ebene Vorkehrungen zur Beherrschung
sende Sicherheitsvorsorge treffen, die verschie-
von Auslegungsstörfällen getroffen. Für die selte-
dene Aspekte umfasst. Das ENSI beurteilt die von
nen Fälle, in denen diese nicht ausreichend wirksam
ihm beaufsichtigten Aspekte hinsichtlich ihrer
sind, werden auf einer 4. Ebene Vorkehrungen
Aufgabe innerhalb der Sicherheitsvorsorge. Bisher
zur Beherrschung auslegungsüberschreitender An-
fliessen die Inspektionstätigkeit, die Analyse mel-
lagenzustände getroffen. Die Sicherheitsebenen 1
depflichtiger Vorkommnisse und auf der Basis der
bis 4 bilden die anlageninterne Sicherheitsvor-
periodischen Berichterstattung ermittelte Sicher-
sorge.
heitsindikatoren in der nachfolgend beschrie-
Schliesslich umfasst die gestaffelte Sicherheitsvor-
benen Weise in eine systematische Sicherheits-
sorge für den noch unwahrscheinlicheren Fall, dass
bewertung ein. Damit deckt das Bild, das sich aus
trotz aller Massnahmen auf den Ebenen 1 bis 4
der Sicherheitsbewertung ergibt, zurzeit vor allem
grössere Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt
betriebliche Aspekte ab. Weiter unten ist beschrie-
werden sollten, auf einer 5. Ebene Vorkehrungen
ben, welche weiteren Datenquellen in Zukunft das
zur Linderung der Auswirkungen. Die Sicherheits-
Bild vervollständigen sollen.
ebene 5 umfasst die anlagenexterne Sicherheits-
Das ENSI ordnet alle in die Sicherheitsbewertung
vorsorge. Jede Ebene der gestaffelten Sicherheits-
eingehenden Aspekte nach mehreren Kriterien: Es
vorsorge dient dazu, vier grundlegende Schutzziele
unterscheidet zwischen den in den Dokumenten
zu gewährleisten: Erstens ist beim Umgang mit
eines Kernkraftwerks festgelegten Vorgaben und
Kernbrennstoffen jederzeit zu gewährleisten, dass
dem tatsächlichen Betriebsgeschehen. Da die nu-
die Reaktivität unter Kontrolle ist (Schutzziel «Kon-
kleare Sicherheit sowohl von technischen als auch
trolle der Reaktivität»). Zweitens müssen Brenn-
von menschlichen und organisatorischen Faktoren
elemente jederzeit ausreichend gekühlt werden
abhängt, macht das ENSI zudem sichtbar, ob sich
(Schutzziel «Kühlung der Brennelemente»).
eine Beurteilung auf die Technik bezieht oder
Drittens sind radioaktive Stoffe jederzeit sicher ein-
auf Mensch und Organisation. Dies ergibt vier
zuschliessen (Schutzziel «Einschluss radioaktiver
Bereiche, die systematisch zu beurteilen sind:
Stoffe») und viertens ist die Strahlenexposition
1. Auslegungs-Vorgaben, 2. Betriebs-Vorgaben,
von Mensch und Umwelt jederzeit zu begrenzen
3. Zustand und Verhalten der Anlage sowie
(Schutzziel «Begrenzung der Strahlenexposi-
4. Zustand und Verhalten von Mensch und
tion»). Die drei ersten Schutzziele dienen alle
Organisation.
dazu, das vierte Schutzziel der Begrenzung der
Die Sicherheitsvorsorge der Kernkraftwerke lässt
Strahlenexposition sicherzustellen. Massnahmen
sich aus zwei alternativen Perspektiven betrachten,
zur Gewährleistung der Schutzziele 3 und 4 wer-
die
den auch als Strahlenschutz bezeichnet.
im
Folgenden
dargestellt
werden.
Die
eine Perspektive ist das Konzept der gestaffel-
Für die Ebenen 1 bis 4 der gestaffelten Sicherheits-
ten Sicherheitsvorsorge, das Sicherheitsebenen
vorsorge – die anlageninterne Sicherheitsvorsorge
und Barrieren umfasst. Die andere Perspektive ist
– gilt, dass jede Sicherheitsebene für jedes Schutz-
das Konzept der Schutzziele, denn der Zweck
ziel Vorkehrungen umfasst. Somit werden für
der Sicherheitsvorsorge ist letztlich die Einhaltung
jedes Schutzziel Vorkehrungen auf jeder dieser
übergeordneter Schutzziele.
Sicherheitsebenen getroffen. Einzig die Sicher-
Zum Konzept der gestaffelten Sicherheitsvorsorge:
heitsebene 5 – die anlagenexterne Sicherheitsvor-
Dieses besteht aus mehreren hintereinander gestaf-
sorge – dient ausschliesslich dem Schutzziel «Be-
felten Ebenen von Vorkehrungen, von denen jeweils
grenzung der Strahlenexposition», weil sie für den
die nächste dazu dient, Schwachstellen der davor
äusserst unwahrscheinlichen Fall da ist, dass die
ENSI Aufsichtsbericht 2012
111
anderen Schutzziele in einer Weise verletzt sind,
geforderten Mass erfüllt. Die Bewertungen der
die zur Freisetzung einer grösseren Menge radio-
Kategorien 1 bis 7 basieren auf der Beurteilung
aktiver Stoffe geführt hat oder führen kann.
von drei verschiedenen Kriterien: 1. auf den radio-
Dem Schutzziel «Einschluss radioaktiver Stoffe»
aktiven Abgaben an die Umwelt, 2. auf der Strah-
dienen in Kernkraftwerken drei hintereinander lie-
lenexposition des Personals und 3. (im Bereich der
gende Barrieren: Die Brennstoffmatrix und die
Kategorien 1 bis 3) auf der Wirksamkeit der gestaf-
Hüllrohre der Brennelemente bilden die erste, die
felten Sicherheitsvorsorge zur Verhinderung eines
Umschliessung des Primärkreislaufs die zweite
Kernschadens und zur Verhinderung eines Scha-
und das Containment die dritte Barriere. Die Inte-
dens an den radiologischen Barrieren sowie (im Be-
grität dieser Barrieren wird in der systematischen
reich der Kategorien 4 bis 5) auf der Schwere eines
Sicherheitsbewertung dargestellt.
Kernschadens oder Barriereschadens. Es zählt je-
Nicht alle beurteilten Aspekte lassen sich klar einer
weils das Kriterium, das zur höchsten Einstufung
oder mehreren spezifischen Sicherheitsebenen
führt. Eine Einstufung aufgrund radioaktiver Ab-
zuordnen. Manche Aspekte sind potenziell für alle
gaben an die Umwelt bedeutet ab Kategorie 1,
Sicherheitsebenen von Bedeutung und betreffen
dass das Schutzziel «Einschluss radioaktiver Stoffe»
somit das Gesamtrisiko des Kernkraftwerks. Solche
verletzt worden ist, wobei die freigesetzte Aktivität
Aspekte werden als Aspekte mit ebenen- oder
bis zur Kategorie 7 um mehrere Grössenord-
barrierenübergreifender Bedeutung bezeich-
nungen zunimmt. Eine Einstufung aufgrund der
net. Ebenso lassen sich nicht alle Aspekte klar einem
Strahlenexposition des Personals bedeutet ab
oder mehreren spezifischen Schutzzielen zuordnen.
Kategorie 1, dass das Schutzziel «Begrenzung der
Diese Aspekte werden als Aspekte mit schutzziel-
Strahlenexposition» verletzt worden ist, wobei die
übergreifender Bedeutung bezeichnet.
Strahlendosis bis zur Kategorie 4 um mehrere
Sämtliche Bewertungen, welche sich auf Aspekte
Grössenordnungen zunimmt. Eine Einstufung auf-
der Sicherheitsvorsorge beziehen, finden sich so-
grund der Wirksamkeit der gestaffelten Sicher-
wohl in der Darstellung der Perspektive der gestaf-
heitsvorsorge kann in den Kategorien 1 bis 3
felten Sicherheitsvorsorge als auch in der Darstel-
bedeuten, dass die Schutzziele «Kontrolle der Re-
lung der Schutzzielperspektive. Alle Bewertungen,
aktivität», «Kühlung der Brennelemente» oder
die sich auf den Zustand oder das Verhalten der
«Einschluss radioaktiver Stoffe» nicht alle im ge-
Anlage beziehen, werden hierbei als Aspekte der
mäss den bewilligten Betriebsbedingungen gefor-
Sicherheitsvorsorge verstanden und erscheinen in
derten Mass erfüllt sind. Es ist aber auch möglich,
beiden Darstellungen. Hingegen werden Bewer-
dass diese Schutzziele gerade noch erfüllt sind,
tungen, die sich auf radiologische Auswirkungen
aber zusätzliche Fehler zu einer Schutzzielverlet-
beziehen, nur aus der Schutzzielperspektive sicht-
zung führen würden. Eine Einstufung aufgrund
bar. Denn wenn zum Beispiel eine Person einer er-
der Schwere eines Kernschadens oder eines Barrie-
höhten Strahlendosis ausgesetzt wird, ist zwar das
reschadens bedeutet, dass Schutzziele verletzt
Schutzziel «Begrenzung der Strahlenexposition»
worden sind.
betroffen, nicht aber die Sicherheitsvorsorge.
Bei der Sicherheitsbewertung wird jeder beurteilte
Für alle Bewertungen wird eine einheitliche Skala
Aspekt sämtlichen Sicherheitsebenen, Barrieren
verwendet. Die Skala basiert auf der internatio-
und Schutzzielen zugeordnet, für die er von Be-
nalen Ereignisskala (INES), ist aber nach unten – im
deutung ist. Dadurch erscheinen manche Aspekte
Bereich «below scale» (INES 0) – erweitert. Dadurch
auf mehreren Sicherheitsebenen oder bei mehre-
deckt sie nicht nur Vorkommnisse ab, sondern auch
ren Schutzzielen. Ein Aspekt (zum Beispiel eine
den ungestörten Normalbetrieb und sogar Aspekte,
Komponente, ein Dokument, eine Person oder
die Vorbildcharakter für andere Anlagen haben
eine Handlung), der sich auf mehrere Sicherheits-
(vgl. Abbildung 1). Die Skala umfasst folgende
ebenen oder Schutzziele auswirkt, kann entspre-
Kategorien: G (gute Praxis), N (Normalität), V (Ver-
chend auch mehrere Sicherheitsvorkehrungen
besserungsbedarf), A (Abweichung), 1 (Anomalie),
schwächen. Da – wie bereits erwähnt – das Kon-
2 (Zwischenfall) und so weiter gemäss INES.
zept der gestaffelten Sicherheitsvorsorge und
Die Kriterien für die Zuordnung zu den Kategorien
das Konzept der Schutzziele alternative Betrach-
G, N, V und A sind in Abbildung 2 genannt. In den
tungsweisen sind, kann jedes Element der Sicher-
Kategorien G, N, V und A sind stets alle Schutzziele
heitsvorsorge sowohl Sicherheitsebenen als auch
im gemäss den bewilligten Betriebsbedingungen
Schutzzielen zugeordnet werden. Entsprechend
112
ENSI Aufsichtsbericht 2012
erscheint jeder beurteilte Aspekt sowohl in der
werden zusätzliche Datenquellen in die Bewertung
Perspektive der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
einfliessen. Weil zurzeit die verwendeten Daten-
als auch in der Schutzziel-Perspektive. Einer Bar-
quellen vor allem Informationen über das Betriebs-
riere wird ein bewerteter Aspekt dann zugeordnet,
geschehen liefern, liegt der Erkenntnisgewinn der
wenn eine Aussage über den Zustand oder die
systematischen Sicherheitsbewertung vorderhand
Dichtheit dieser Barriere gemacht wird. Kompo-
vor allem in diesem Bereich. Sobald wie geplant
nenten mit Barrierenfunktion werden nur dann
auch die Beurteilung von Änderungen im Rahmen
auch Ebenen der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
von Freigaben für die Sicherheitsbewertung
zugeordnet, wenn auch die Funktion eines Sys-
genutzt wird, wird das Bild im Bereich der beiden
tems von ihrem Funktionieren abhängt. Kompo-
linken Spalten der Sicherheitsbewertungs-Darstel-
nenten, welche ausschliesslich eine Barrierenfunk-
lung vollständiger. Anlagenverbesserungen wer-
tion haben, werden keiner Ebene – aber dem
den damit in Zukunft auch in der Sicherheitsbe-
Schutzziel «Einschluss radioaktiver Stoffe» – zuge-
wertung sichtbar. Ergebnisse wiederkehrender
ordnet.
Prüfungen erscheinen in der Sicherheitsbewertung
Das ENSI hat im Aufsichtsjahr alle Ergebnisse von
jeweils im Jahr der Prüfung. Wenn eine Prüfung
Inspektionen, Zulassungsprüfungen, Vorkommnis-
nicht jährlich erfolgt und ein Befund – weil er zu-
analysen und alle Sicherheitsindikatoren nach dem
lässig ist – bis zur nächsten Prüfung belassen wer-
beschriebenen System bewertet. Für die Kernkraft-
den kann, wird er in den Jahren, in denen keine
werke hat es die Bewertungen zu einem umfas-
Prüfung stattfindet, in der Sicherheitsbewertung
senden Gesamtbild zusammengefügt. Das Ge-
zurzeit nicht dargestellt. Zentrale Ergebnisse dieser
samtbild besteht einerseits aus einer Vielzahl von
Bewertung für das Aufsichtsjahr 2009 sind jeweils
Einzelbewertungen in den verschiedenen Zellen
am Schluss der Kapitel 1 bis 4 unter dem Punkt
der Sicherheitsbewertungs-Darstellung (z. B. 1
«Sicherheitsbewertung» dargestellt.
Bewertung A, 5 Bewertungen V, 12 Bewertungen
Das ENSI nimmt aufgrund der Ergebnisse der sys-
N und 1 Bewertung G). Zum anderen hat das
tematischen Sicherheitsbewertung und weiterer
ENSI alle in einer Zelle enthaltenen Bewertungen
Erkenntnisse aus der Aufsichtstätigkeit eine vier-
zu jeweils einer Gesamtbewertung verdichtet (z. B.
teilige Gesamtbeurteilung der Sicherheit jedes
Bewertung A). Die Zellen-Gesamtbewertung ist
Kernkraftwerks vor, nämlich hinsichtlich der In-
normalerweise gleich der höchsten Einzelbewer-
haltsbereiche
tung, weil die Tragweite eines Fehlers naturgemäss
Vorgaben, Zustand und Verhalten der Anlage so-
grösser ist als die Tragweite der erwartungsgemäs-
wie Zustand und Verhalten von Mensch und
sen Sachverhalte. Entsprechend müssen sich die
Organisation. Dieser vier Bereiche entsprechen
aus
abzuleitenden
den Spalten der Tabellendarstellung der Ergebnisse
Massnahmen auch primär auf die Diskrepanzen
der Sicherheitsbewertung der einzelnen Kernkraft-
zum Erwarteten richten.
werke. Für die Gesamtbewertung verwendet das
Das ENSI betrachtet die Transporte von und zu den
ENSI in absteigender Reihenfolge die Kategorien
Kernkraftwerken bei der systematischen Sicher-
«hoch», «gut», «ausreichend» und «ungenügend».
der
Sicherheitsbewertung
Auslegungs-Vorgaben,
Betriebs-
heitsbewertung separat. In den nächsten Jahren
ENSI Aufsichtsbericht 2012
113
Abbildung 1
ENSI-Sicherheitsbewertungs-Skala basierend
auf der Internationalen
Ereignisskala INES
Abbildung 1
ENSI-Sicherheitsbewertungs-Skala
basierend auf der internationalen Ereignisskala INES
7
Schwerwiegender Unfall
Kriterien gemäss INES-Manual
6
Ernsthafter Unfall
Kriterien gemäss INES-Manual
5
Unfall mit Gefährdung der
Umgebung
5
Kriterien gemäss INES-Manual
4
Unfall ohne signifikante
Gefährdung der Umgebung
Kriterien gemäss INES-Manual
4
radioaktive Abgaben an die Umwelt:
>JAL und Dosis der Off-Site meist
exponierten Person >1 mSv
3
Ernsthafter Zwischenfall
Zwischenfall
Anomalie
3
2
Ernsthafter Zwischenfall
3
Zwischenfall
Anomalie
2
Kriterien gemäss INES-Manual
Zwischenfall
Kriterien gemäss INES-Manual
1
Kriterien gemäss INES-Manual
0
Ernsthafter Zwischenfall
Kriterien gemäss INES-Manual
Kriterien gemäss INES-Manual
1
Kriterien gemäss INES-Manual
Unfall ohne signifikante
Gefährdung der Umgebung
Kriterien gemäss INES-Manual
Kriterien gemäss INES-Manual
radioaktive Abgaben an die Umwelt
>KAL und <JAL und Dosis der meist
exponierten Person <0,1 mSv
0
4
Schäden an der Anlage
radioaktive Abgaben an die Umwelt
<JAL und >0,1 mSv Dosis der OffSite meist exponierten Person oder
>JAL und Dosis der Off-Site meist
exponierten Person <0,1 mSv
1
Unfall ohne signifikante
Gefährdung der Umgebung
Kriterien gemäss INES-Manual
radioaktive Abgaben an die Umwelt
>JAL und Dosis der Off-Site meist
exponierten Person >0,1 mSv und
<1 mSv
2
Unfall mit Gefährdung der
Umgebung
Anomalie
Kriterien gemäss INES-Manual
0
Kriterien gemäss INES-Manual
Vorkommnisklassierungen:
Radioaktive Abgaben
an die Umwelt
Vorkommnisklassierungen:
Strahlenexposition
des Personals
Vorkommnisklassierungen:
Gestaffelte Sicherheitsvorsorge
Teilskala 1
Teilskala 2
Teilskala 3
114
ENSI Aufsichtsbericht 2012
7
77
Schwerwiegender
7
Schwerwiegender
Unfall
Unfall
6
6
6
Ernsthafter
6
Ernsthafter
Unfall
Unfall
5
5
5
Unfall
5 mitUnfall
Gefährdung
mit Gefährdung
der
der
Umgebung
Umgebung
4
4
4
Unfall
4 ohne
Unfall
signifikante
ohne signifikante
Gefährdung
der Umgebung
Gefährdung
der Umgebung
3
33
Ernsthafter
3
Ernsthafter
Zwischenfall
Zwischenfall
2
2
2
Zwischenfall
2
Zwischenfall
1
1
1
Anomalie
1
Anomalie
A
A
Abweichung
A
Abweichung
V
V
Verbesserungsbedarf
V
Verbesserungsbedarf
N
N
N
Normalität
N
Normalität
G
G
G
GuteGPraxis
Gute Praxis
l
4
l
Zwischenfall
2
Zwischenfall
1E-4 < ICCDP
1E-4
<<
ICCDP
1E-2Vork. < 1E-2
Vork.
1
l
Anomalie
1
Anomalie
1E-6 < ICCDP
1E-6
<<
ICCDP
1E-4Vork. < 1E-4
Vork.
0
ICCDP
0Vork. <ICCDP
1E-6Vork. < 1E-6
Vorkommnisklassierungen:
Vorkommnisklassierungen:
ICCDPVorkommnis
rge ICCDPVorkommnis
gemäss ENSI-A06
gemäss ENSI-A06
Teilskala 4Teilskala 4
ENSI Aufsichtsbericht 2012
A
V
Zellen-Bewertungen
Zellen-Bewertungen
in
in
Sicherheitsbewertungs-Matrix
Sicherheitsbewertungs-Matrix
ENSI
2
l
unterhalb der Skala
1E-2 < ICCDP
1E-2
<<
ICCDP
1
Vork.
Vork. < 1
INES
Ernsthafter
3
Ernsthafter
Zwischenfall
Zwischenfall
ENSI
3
unterhalb der Skala
ICCDPVork. =
ICCDP
1
Vork. = 1
l
l
Unfall
4 ohne
Unfall
signifikante
ohne signifikante
Gefährdung
der Umgebung
Gefährdung
der Umgebung
INES
g
115
Abbildung 2
Definition der ENSIKategorien G, N, V und A
116
ENSI Aufsichtsbericht 2012
KKB 1
KKB 2
KKM
KKG
KKL
Thermische Leistung [MW]
1130
1130
1097
3002
3600
Elektrische Bruttoleistung [MW]
380
380
390
1035
1245
365
365
373
985
1190
Reaktortyp
Elektrische Nettoleistung [MW]
Druckwasser
Druckwasser
Siedewasser
Druckwasser
Siedewasser
Reaktorlieferant
Westinghouse
Westinghouse
GE
KWU
GE
Turbinenlieferant
BBC
BBC
BBC
KWU
BBC
Generatordaten
2·228
2·228
2·214
1140
1360
Flusswasser
Flusswasser
Flusswasser
Kühlturm
Kühlturm
1969
1971
1972
1979
1984
Kühlung
Kommerzielle Inbetriebnahme
Thermisch erzeugte Energie [GWh]
2
KKB 2
KKM
KKG
KKL
8464
8699
8751
24 670
23 958
Abgegebene elektrische Nettoenergie [GWh]
2725
2794
3003
8010
7874
Abgegebene thermische Energie [GWh]
169,7
18,7
1,6
193,3
0
Zeitverfügbarkeit [%]
85,5
87,8
91,9
94,3
76,8
1
1
KKB 1
Nichtverfügbarkeit durch Jahresrevision [%]
14,5
5,6
8,1
5,6
23,7
Arbeitsausnutzung 2 [%]
85,1
87,3
91,1
93,7
75,6
Anzahl ungeplanter Schnellabschaltungen (Scrams)
0
2
1
1
0
Unvorhergesehenes Abfahren der Anlage
0
0
0
0
0
Störungsbedingte Leistungsreduktionen (>10 % PN )
0
0
3
2
2
Tabelle 1
Hauptdaten
der schweizerischen
Kernkraftwerke 2012
Tabelle 2
Betriebsdaten
der schweizerischen
Kernkraftwerke 2012
Zeitverfügbarkeit (in %): Zeit, in der das Werk in Betrieb bzw. in betriebsbereitem Zustand ist.
Arbeitsausnutzung (in %): Produzierte Energie, bezogen auf die Nennleistung und eine hundertprozentige Zeitverfügbarkeit.
KKB 1 + 2
KKM
KKG
KKL
Reaktoroperateur
37 (39)
24 (21)
26 (26)
31 (27)
Schichtchef
27 (23)
11 (13)
21 (18)
18 (20)
Pikettingenieur
14 (14)
9 (8)
11 (14)
11 (12)
5 (5)
4 (4)
4 (4)
3 (3)
Strahlenschutzsachverständiger
Strahlenschutzfachkraft
7 (7)
7 (9)
6 (6)
9 (10)
Strahlenschutztechniker
6 (4)
6 (5)
4 (5)
6 (5)
547 (543)
345 (328)
503 (489)
541 (533)
Gesamtbelegschaft (Personen)
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Tabelle 3
Bestand an zulassungspflichtigem
Personal und Gesamtbelegschaft in
den Kernkraftwerken
Ende 2012 (in Klammern Werte von 2011)
117
Tabelle 4
Meldepflichtige
Vorkommnisse im
Bereich der nuklearen
Sicherheit 2012
Datum
KKW
Einstufung INES
8.2.2012
KKM
Ausfall einer Speisewasserpumpe mit Reduktion der Reaktorleistung
0
8.2.2012
KKM
Ausfall einer Speisewasserpumpe mit Reaktorschnellabschaltung
0
1.3.2012
KKG
Ausfall eines 220-V-Gleichrichters
0
8.3.2012
KKB
Überschreitung eines Prüfintervalls der Notstandsleittechnik
0
13.3.2012
KKM
Nicht konforme Bezettelung von Versandstücken
0
23.3.2012
KKB
Manuelle Reaktorschnellabschaltung infolge defekter
Wellendichtung einer Reaktorhauptpumpe
0
29.3.2012
KKL
Fehler einer thermischen Limite des Reaktorkerns
0
4.4.2012
KKG
Freischaltung einer Stromschiene nach Schalterversagen
0
10.4.2012
KKB
Ausfall der radiologischen Luftüberwachung im Containment
0
29.4.2012
KKB
Störung in der Kälteanlage des Notstandgebäudes
0
10.5.2012
KKB
Startversagen des Notstanddiesels bei Funktionsprüfung
1
11.5.2012
KKG
Ausfall einer Hauptkühlmittelpumpe
0
11.5.2012
KKG
Leistungsreduktion infolge kurzzeitig lokal erhöhter Neutronenflussdichte
0
6.6.2012
KKL
Hüllrohrschaden an einem Brennstab im 28. Betriebszyklus
0
7.6.2012
KKG
Leckage an einer Leitung des Systems zur Kühlmittellagerung
und –aufbereitung
0
12.6.2012
KKB
Rissanzeige an einer Einschweissnaht am RDB-Deckel
0
19.6.2012
KKG
Wanddickenschwächung an zwei Dampferzeugerheizrohren
0
22.6.2012
KKM
Störung der Ortsdosisleistungsmessung an der Frischdampfleitung
0
25.6.2012
KKB
Unterschreitung der rechnerischen Mindestwandstärke
an einer Speisewasserleitung
0
27.6.2012
KKB
Kippen eines Brennelements beim Beladen des Reaktors
0
30.6.2012
KKG
Reaktorschnellabschaltung infolge defekter Überspannungsschutzdiode
0
1.7.2012
KKB
Trennung einer Notstromschiene vom Wasserkraftwerk Beznau
0
2.7.2012
KKB
Beschädigung an einer Dichtfläche des RDB-Deckels
0
15.7.2012
KKB
Störung in der Kälteanlage des Notstandgebäudes
0
11.8.2012
KKL
Beschädigter Abstandshalter an einem Brennelement
0
22.8.2012
KKB
Leckage vor einer Entlüftungsarmatur der Mindestmengenleitung
der Containmentsprühpumpen
0
28.8.2012
KKL
Riss in einer Schweissnaht eines Speisewasserstutzens am RDB
0
5.10.2012
KKG
Fremdkörper in einer Regelarmatur der Dampferzeugerabschlämmung
0
15.10.2012
KKG
Beschädigung an einem Gebinde mit schwachaktiven Abfällen
0
21.11.2012
KKB
Reaktorschnellabschaltung infolge Fehlauslösung eines
Sicherungsautomaten
0
23.11.2012
KKM
Fehler in der Signalübermittlung in einem Kanal des Reaktorschutzes
0
21.12.2012
KKL
Brennelementschaden im 29. Betriebszyklus
0
21.12.2012
KKB
Leckage an der Entleerungsleitung einer Ladepumpe infolge eines Risses
in einer Schweissnaht
0
26.12.2012
KKM
Ausfall einer Edelgasmessung im Abluftkamin
0
Tabelle 5
Kollektivdosen in den
schweizerischen KKW
im Berichtsjahr
(pro Werk in Pers.-mSv)
Vorkommnis
KKB 1
Aktionen
2011
BE-Wechsel
104
Revisionsstillstand
2012
KKB 2
2011
KKL
KKM
2011
2012
2011
2012
2011
2012
393
426
598
1914
786
596
56
544
399
Zwischenabstellung
118
2012
KKG
55
Leistungsbetrieb
39
40
35
41
107
67
416
212
105
263
Total
143
584
434
153
500
493
1014
2126
891
859
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Ort
Medium
Abwasser
4400 m3
KKB 1
+
KKB 2
Abluft
Art der
Abgaben 1
Bilanzierte Abgaben 2
Messung Normiert
1,2
Limiten
Berechnete Jahresdosis 3
4
Bq pro
Jahr
Bq pro
Jahr
Bq pro
Jahr
Nuklidgemisch
ohne Tritium
4,3·10 8
–
4·10 11
Tritium
1,2·10 13
1,2·10 13
7·10 13
17 %
<0,001
<0,001
<0,001
Edelgase
6,2·10 12
5,3·10 12
1·10 15
0,5 %
<0,001
<0,001
<0,001
Aerosole
3,9·10 5
–
6·10 9
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
5,1·10
1,2·10
4·10
<0,1 %
Abluft
KKG
0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
–
–
<0,001
<0,001
0,0015
<0,001
0,001
0,0016
Nuklidgemisch
ohne Tritium
1,1·10 7
–
2·10 11
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Tritium
1,4·10 13
1,4·10 13
7·10 13
Edelgase
<1,2·10
<1,4·10
1·10
Aerosole
2,6·103
7,9·10
7
9
20 %
<0,001
<0,001
<0,001
15
<1,4 %
<0,001
<0,001
<0,001
–
1·10 10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
5
–
7·10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Kohlenstoff:
14
C in CO 2
4,1·10 10
–
–
–
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
Nuklidgemisch
ohne Tritium
1,3·10 8
–
4·10 11
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Tritium
1,4·10 12
1,4·10 12
2·10 13
Edelgase
1,3·10
11
Aerosole
5,1·10 6
3,5·10
3,5·10
131
I
13
13
9
Dosis total
Abluft
KKL
<0,001
<0,001
<0,001
–
2·10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
–
2·10 10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
2·10
0,2 %
<0,001
<0,001
<0,001
6,4·10 11
–
–
–
0,0024
0,0032
0,0054
0,0024
0,0032
0,0054
Nuklidgemisch
ohne Tritium
3,0·10 9
–
4·10 11
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Tritium
2,4·10 11
2,4·10 11
2·10 13
0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
15
131
I
7%
15
Kohlenstoff:
14
C in CO 2
Iod:
7
7
10
Dosis total
Abwasser
4332 m3
Abluft
KKM
Edelgase
9,3·10
10
–
2·10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Aerosole
3,1·10 6
–
2·10 10
<0,1 %
0,0028
0,0027
0,0026
9,4·10
6
–
2·10
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Kohlenstoff:
14
C in CO 2
3,2·10 11
–
–
–
<0,001
0,001
0,0017
0,0036
0,0037
0,0043
Nuklidgemisch
ohne Tritium
1,9·10 8
–
2·10 11
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Tritium
3,1·10 7
–
–
β / γ-Aerosole
3,4·10
4
α-Aerosole
1,3·10 4
Iod:
131
I
10
Dosis total
Abwasser
526 m3
Abluft
ZZL
<0,001
–
Iod:
Abwasser
15 487 m3
<0,001
3,2·10 10
6
Dosis total
Abwasser
7272 m3
<0,001
Kohlenstoff:
14
C in CO 2
Iod:
131
I
Prozent
Erw.
10j Kind
1j Kind
der Limite mSv/Jahr mSv/Jahr mSv/Jahr
–
<0,001
<0,001
<0,001
–
1·10
9
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
–
3·10 7
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Kohlenstoff:
14
C in CO 2
4,5·10
8
–
1·10
12
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
Tritium
8,8·10 9
–
1·10 14
<0,1 %
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
Dosis total
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Tabelle 6a
Zusammenstellung der
Abgaben radioaktiver
Stoffe an die Umgebung im Jahr 2012 für
die Kernkraftwerke und
das Zentrale Zwischenlager Würenlingen und
der daraus berechneten
Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung
119
120
–
–
<0,1%
<0,00015
<0,00015
Kleinkinder
<0,1%
<0,00015
<0,00015
Kind 10j
Anteil am quellenbezogenen
Dosisrichtwert 1
<0,00015
<0,00015
Erwachsene
3
Jahresdosis [mSv/Jahr] für:
14
Kohlenstoff: C in CO2
1,2·106
1,2·1010
Tritium als HTO
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
–
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
6,1·109
–
–
–
2,0·10
Iod (Summe aller Isotope)
8
–
–
–
–
2,0·10
5
–
–
BetriebsGebäude
radioaktive
Abfälle
–
–
–
2,7·10
β /γ-Aerosole , ohne Iod
α-Aerosole
–
–
8
4
2,8·1011
[Bq/a]
–
–
Forschungslabor
Edelgase und andere Gase
Abgaben über die Abluft
–
–
Tritium
2,4
–
–
Saphir,
Proteus
3
5
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
1,4·1010
5,9·10
–
3,0·10
–
–
–
Bundeszwischenlager
4,4%
0,0066
0,0067
0,0065
–
1,1·1012
5,5·10
7
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
–
–
–
3,5·10
–
2,5·10
6
7,5·109
10
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
–
–
–
–
–
<0,1%
<0,00015
<0,00015
<0,00015
–
–
–
–
–
–
8
–
1,2·1012
1,1·10
–
2,5·10
10
2,0·1014
–
1,2·10
–
10
Abluft
3,1·107
Abwasser
1527 m3
<5,0%
<0,007
<0,007
<0,007
–
–
1.5·108
–
–
4,3·1014
3,8·106
Aequivalentabgaben
Abgaben Bq/Jahr
C-Labor
Injektor II
2,0·1014
Zentrale
Fortluftanlagen
Gesamtanlage des PSI 2,4
PSI West
Tabelle 6b
Nuklidgemisch ohne Tritium
Abgaben im Abwasser 2,4 [Bq/a]
Hochkamin
PSI Ost
Zusammenstellung
der Abgaben des
Paul Scherrer Instituts
im Jahr 2012 und
der daraus berechneten
Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Tabelle 6c (Fussnoten)
1 Bei der Art der Abgaben resp. den Bilanzierten Abgaben ist
Folgendes zu präzisieren:
Abwasser: Die Radioaktivität ist beim Vergleich mit den
Abgabelimiten in Bq/Jahr normiert auf einen Referenz-LEWert von 200 Bq/kg angegeben. Die LE-Werte für die einzelnen
Nuklide sind dem Anhang 3 der Strahlenschutzverordnung
(StSV) entnommen. Ein LE-Wert von 200 Bq/kg entspricht
einem Referenz-Nuklid mit einem Ingestions-Dosisfaktor von
5·10 -8 Sv/Bq. Die unnormierte Summe der Abwasserabgaben
ist in der Spalte «Messung» angegeben.
Edelgase: Die Radioaktivität ist beim Vergleich mit den
Abgabelimiten in Bq/Jahr normiert auf einen Referenz-CA-Wert
von 2·10 5 Bq/m3 angegeben. Die CA-Werte für die Edelgasnuklide
sind dem Anhang 3 der Strahlenschutzverordnung (StSV)
entnommen. Ein CA-Wert von 2·10 5 Bq/m3 entspricht einem
Referenz-Nuklid mit einem Immersions-Dosisfaktor von 4.4·10 -7
(Sv/Jahr)/(Bq/m3). Die unnormierte Summe der Edelgasabgaben
ist in der Spalte «Messung» angegeben.
Beim KKG wird für die Bilanzierung der Edelgase eine β-totalMessung durchgeführt; für die Aequivalent-Umrechnung wurde in diesem Fall ein Gemisch von 80 % 133 Xe, 10 % 135 Xe und
10 % 88 Kr angenommen.
Gase: Beim PSI handelt es sich dabei vorwiegend um die Nuklide
11
C, 13 N, 15 O und 41 Ar. Deren Halbwertszeiten sind kleiner als
zwei Stunden. Hier ist für die einzelnen Abgabestellen und
das gesamte PSI die Summe der Radioaktivität dieser Gase
und Edelgase ohne Normierung auf einen Referenzwert angegeben. Für die Gesamtanlage wird zusätzlich auch die auf
den Referenz-CA-Wert von 2·10 5 Bq/m 3 normierten Abgabe
aufgeführt.
Aerosole: Hier ist in jedem Fall die Summe der Radioaktivität
ohne Normierung auf einen Referenzwert angegeben.
Der Dosisbeitrag von Aerosolen mit Halbwertszeiten kleiner
8 Tagen ist bei den Kernkraftwerken vernachlässigbar.
Beim KKM ergibt sich der Hauptbeitrag zur Dosis durch die
Strahlung der abgelagerten Aerosole, die im Jahre 1986 durch
eine unkontrollierte Abgabe in die Umgebung gelangten. Der
Dosisbeitrag der Aerosole, welche im Berichtsjahr abgegeben
wurden, ist demgegenüber vernachlässigbar und liegt in der
Grössenordnung der anderen schweizerischen Kernkraftwerke.
Iod: Bei den Kernkraftwerken ist die Abgabe von 131 I limitiert;
somit ist bei den bilanzierten Abgaben nur dieses Iod-Isotop
angegeben.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Beim PSI, bei dem andere Iod-Isotope in signifikanten Mengen
abgegeben werden, ist die Abgabe für die einzelnen Abgabestellen und die Gesamtanlage als Summe der Aktivität der
gemessenen Iod-Nuklide angegeben. Für die Gesamtabgabe wird
zudem auch ein 131 Iod-Aequivalent als gewichtete Summe der
Aktivität der Iod-Nuklide angegeben, wobei sich der Gewichtungsfaktor aus dem Verhältnis des Ingestionsdosisfaktors des
jeweiligen Nuklides zum Ingestionsdosisfaktor von 131 I ergibt.
Die Ingestionsdosisfaktoren sind der StSV entnommen.
Für die Berechnung der Jahresdosis werden sowohl für die KKW
wie für das PSI immer sämtliche verfügbaren Iod-Messungen
verwendet, d.h. es ist beispielsweise für KKB auch der Beitrag
von 133 I berücksichtigt.
Kohlenstoff 14C: In den Tabellen ist der als Kohlendioxid vorliegende Anteil des 14 C, der für die Dosis relevant ist, angegeben.
Die für 14 C angegebenen Werte basieren bei allen Werken auf
aktuellen Messungen.
2 Die Messung der Abgaben erfolgt nach den Erfordernissen
der Reglemente «für die Abgaben radioaktiver Stoffe und die
Überwachung von Radioaktivität und Direktstrahlung in der
Umgebung des...» jeweiligen Kernkraftwerkes resp. des ZZL oder
PSI. Die Messgenauigkeit beträgt ca. + 50 %. Abgaben unterhalb 0,1% der Jahresabgabelimite werden vom ENSI als nichtrelevant betrachtet und werden in der Spalte «Normiert» nicht
ausgewiesen (-).
3 Die Jahresdosis ist für Personen berechnet, die sich dauernd
am kritischen Ort aufhalten, ihre gesamte Nahrung von diesem
Ort beziehen und ihren gesamten Trinkwasserbedarf aus dem
Fluss unterhalb der Anlage decken. Die Dosis wird mit den in der
Richtlinie ENSI-G14 angegebenen Modellen und Parametern
ermittelt.
Dosiswerte kleiner als 0,001 mSv – entsprechend einer Dosis,
die durch natürliche externe Strahlung in ca. zehn Stunden
akkumuliert wird – werden in der Regel nicht angegeben. Beim
PSI wird die Jahresdosis der Gesamtanlage als Summe über die
Abgabestellen gebildet.
4 Abgabelimiten gemäss Bewilligung der jeweiligen Kernanlage.
Die Abgabelimiten wurden so festgelegt, dass die Jahresdosis
für Personen in der Umgebung (vgl. Fussnote 3) für die
Kernkraftwerke unter 0,3 mSv/Jahr respektive das Zentrale
Zwischenlager in Würenlingen (ZZL) unter 0,05 mSv/Jahr
bleibt. Für das Paul Scherrer Institut (PSI) sind die Abgaben
gemäss Bewilligung 6/2003 direkt über den quellenbezogenen
Dosisrichtwert von 0,15 mSv/Jahr limitiert.
121
Abluft
Edelgase
Edelgasabgaben mit der Abluft
1.E+16
Radioaktivitäts-Äquivalentabgabe [Bq/Jahr]
Tabelle 7
Abgaben der
schweizerischen
Kernkraftwerke in
den letzten fünf
Jahren im Vergleich mit
den Abgabelimiten
2008
2009
2010
2011
2012
Limite
1.E+15
Limite
Limite
Limite
1.E+14
1.E+13
1.E+12
1.E+11
KKB
KKG
KKL
KKM
Abluft
Iod
Iodabgaben mit der Abluft
Radioaktivitäts-Äquivalentabgabe [Bq/Jahr]
1.E+11
2008
1.E+10
2009
2010
2011
2012
Limite
Limite
KKL
KKM
Limite
Limite
1.E+09
1.E+08
1.E+07
1.E+06
KKB
KKG
Abwasser
mit Tritium
Tritiumabgaben mit dem Abwasser
Radioaktivitäts-Äquivalentabgabe [Bq/Jahr]
1.E+15
2008
2009
2010
2011
Limite
1.E+14
2012
Limite
Limite
Limite
1.E+13
1.E+12
1.E+11
1.E+10
KKB
KKG
KKL
KKM
Abwasser
ohne Tritium
Aktivitätsabgabe mit dem Abwasser (ohne Tritium)
Radioaktivitäts-Äquivalentabgabe [Bq/Jahr]
1.E+12
2009
Limite
1.E+11
2010
2011
2012
Limite
Limite
KKL
KKM
Limite
1.E+10
1.E+09
1.E+08
1.E+07
122
2008
KKB
KKG
ENSI Aufsichtsbericht 2012
unkonditioniert
Tabelle 8
konditioniert
Bestand
Produktion
Auslagerung
–
444
21
–
1517
28
28
66
2
–
1161
39
41
47
15
–
881
Anfall
Auslagerung
PSI
66
KKB
KKM
1
2
Bestand
KKG
18
22
39
10
–
235
KKL
64
67
8
17
–
1288
Total
215
158
604
65
–
5082
Radioaktive Abfälle in
den Kernkraftwerken und
im PSI per 31.12.2012
(inklusive Abfälle aus
Medizin, Industrie und
Forschung), Bruttovolumina gerundet in m3
Bruttovolumen der im Berichtsjahr zur Zwilag transferierten Abfälle für die Behandlung in der Plasma-Anlage
und der Konditionierungsanlage.
2
Transfer konditionierter Abfälle zur Zwischenlagerung bei der Zwilag.
1
unkonditioniert
konditioniert
Anfall
Annahme zur Konditionierung
bzw. Triage 2
Bestand
Produktion
70 1
572
476 3
99
Einlagerung
Auslagerung
Bestand
Verarbeitung [m3]
Bestand (konditionierte Abfälle)
Bruttovolumen konditionierter Abfälle 4 [m3]
110
1585
Anzahl Behälter mit Brennelementen
3
29
Anzahl Behälter mit Glaskokillen
3
11
Anzahl Behälter mit Lucens-Abfällen
–
6
Tabelle 9
Radioaktive Abfälle
in den Anlagen der
ZWILAG per 31.12.2012
Hierin enthalten sind:
1
– Sekundärabfälle aus allen Betriebsbereichen der Zwilag
– Im Werksauftrag entstandene, zu verarbeitende Abfälle.
2
Nur teilweise radioaktiver Abfall.
3
Hierin enthalten sind 38 Gebinde (8 m3) mit leicht angereichertem uranhaltigem Material aus dem Versuchsatomkraftwerk Lucens.
4
Alle Lagerteile der Zwilag ausgenommen sep. aufgeführtem Bestand des HAA-Lagers.
ENSI Aufsichtsbericht 2012
123
Richtlinien des ENSI
Tabelle 10
Fett gedruckte Titel
beziehen sich auf
Richtlinien, die in
Kraft sind.
Die Sicherungsrichtlinien sind nicht aufgeführt. Aktuelle Liste
per Dezember 2012.
G-Richtlinien
(Generelle Richtlinien)
A-Richtlinien
(Richtlinien für
Anlagebegutachtung)
124
Ref.
Titel
Stand
G01
Sicherheitstechnische Klassierung für bestehende Kernkraftwerke
Januar 2011
G02
Spezifische Auslegungsgrundsätze für Kernkraftwerke mit Leichtwasserreaktoren
G03
Spezifische Auslegungsgrundsätze für geologische Tiefenlager und Anforderungen
an den Sicherheitsnachweis
April 2009
G04
Auslegung und Betrieb von Lagern für radioaktive Abfälle
und abgebrannte Brennelemente
März 2012 (Revision 1)
G05
Transport- und Lagerbehälter für die Zwischenlagerung
April 2008
G06
Anforderungen an die Baudokumentation
G07
Organisation von Kernanlagen
G08
Anforderungen an die systematischen Sicherheitsbewertungen
April 2008
G09
Betriebsdokumentation
G11
Sicherheitstechnisch klassierte Behälter und Rohrleitungen:
Planung, Herstellung und Montage
G12
Festlegungen von baulichen und organisatorischen Strahlenschutz-Massnahmen
für den überwachten Bereich von Kernanlagen
G13
Strahlenschutzmessmittel in Kernanlagen: Konzepte, Anforderungen und Prüfungen
Februar 2008
G14
Berechnung der Strahlenexposition in der Umgebung aufgrund von Emissionen
radioaktiver Stoffe aus Kernanlagen
Dezember 2009 (Revision 1)
G15
Strahlenschutzziele für Kernanlagen
November 2010
G16
Sicherheitstechnisch klassierte Leittechnik: Auslegung und Anwenung
G17
Stilllegung von Kernanlagen
G18
Auslegung und Qualifikation elektrischer Ausrüstungen
G20
Auslegung und Betrieb von Reaktorkern, Brennelementen und Steuerelementen in Kernkraftwerken
Ref.
Titel
Stand
A01
Anforderungen an die deterministische Störfallanalyse für Kernanlagen:
Umfang, Methodik und Randbedingungen der technischen Störfallanalyse
Juli 2009
Mai 2010 (Revision 1)
A02
Gesuchsunterlagen für den Bau von Kernkraftwerken
A03
Anforderungen an die Periodische Sicherheitsüberprüfung von Kernkraftwerken
A04
Gesuchsunterlagen für freigabepflichtige Änderungen an Kernanlagen
September 2009 (Revision 1)
A05
Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Umfang und Qualität
Januar 2009
A06
Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Anwendungen
Mai 2008
A07
Methodik und Randbedingungen für die Störfallanalyse von Kernanlagen
mit geringem Gefährdungspotential
A08
Quelltermanalyse: Umfang, Methodik und Randbedingungen
A15
Gesuchsunterlagen für Betriebsbewilligungen
Februar 2010
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Ref.
Titel
Stand
B01
Alterungsüberwachung
Juli 2011
B02
Periodische Berichterstattung der Kernanlagen
März 2012 (Revision 3)
B03
Meldungen der Kernanlagen
März 2012 (Revision 3)
B04
Freimessung von Materialien und Bereichen aus kontrollierten Zonen
August 2009
B05
Anforderungen an die Konditionierung radioaktiver Abfälle
Februar 2007
B06
Sicherheitstechnisch klassierte Behälter und Rohrleitungen: Instandhaltung
Mai 2010
B07
Sicherheitstechnisch klassierte Behälter und Rohrleitungen:
Qualifizierung der zerstörungsfreien Prüfungen
September 2008 (Revision 1)
B08
Sicherheitstechnisch klassierte Behälter und Rohrleitungen:
Zerstörungsfreie Wiederholungsprüfungen
B09
Ermittlung und Aufzeichnung der Dosis strahlenexponierter Personen
Juli 2011
B10
Ausbildung, Wiederholungsschulung und Weiterbildung von Personal
Oktober 2010
B11
Notfallübungen
Dezember 2012 (Revision 1)
B12
Notfallschutz in Kernanlagen
April 2009
B13
Ausbildung und Fortbildung des Strahlenschutzpersonals
November 2010
B14
Instandhaltung sicherheitstechnisch klassierter elektrischer
und leittechnischer Ausrüstungen
Dezember 2010
Nr.
Titel
Datum der
gültigen Ausgabe
R-4
Aufsichtsverfahren beim Bau von Kernkraftwerken, Projektierung von Bauwerken
Dezember 1990
R-6
Sicherheitstechnische Klassierung, Klassengrenzen und Bauvorschriften
für Ausrüstungen in Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren
Mai 1985
R-7
Richtlinien für den überwachten Bereich der Kernanlagen und des Paul Scherrer Institutes Juni 1995
R-8
Sicherheit der Bauwerke für Kernanlagen, Prüfverfahren des Bundes
für die Bauausführung
Mai 1976
R-16
Seismische Anlageninstrumentierung
Februar 1980
R-30
Aufsichtsverfahren beim Bau und Betrieb von Kernanlagen
Juli 1992
R-31
Aufsichtsverfahren beim Bau und dem Nachrüsten von Kernkraftwerken,
1E klassierte elektrische Ausrüstungen
Oktober 2003
R-35
Aufsichtsverfahren bei Bau und Änderungen von Kernkraftwerken, Systemtechnik
Mai 1996
R-39
Erfassung der Strahlenquellen und Werkstoffprüfer im Kernanlagenareal
Januar 1990
R-40
Gefilterte Druckentlastung für den Sicherheitsbehälter von Leichtwasserreaktoren,
Anforderungen für die Auslegung
März 1993
R-46
Anforderungen für die Anwendung von sicherheitsrelevanter rechnerbasierter
Leittechnik in Kernkraftwerken
April 2005
R-48
Periodische Sicherheitsüberprüfung von Kernkraftwerken
November 2001
R-49
Sicherheitstechnische Anforderungen an die Sicherung von Kernanlagen
Dezember 2003
R-50
Sicherheitstechnische Anforderungen an den Brandschutz in Kernanlagen
März 2003
R-60
Überprüfung der Brennelementherstellung
März 2003
R-61
Aufsicht beim Einsatz von Brennelementen und Steuerstäben in Leichtwasserreaktoren
Juni 2004
R-101 Auslegungskriterien für Sicherheitssysteme von Kernkraftwerken mit
Leichtwasserreaktoren
Mai 1987
R-102 Auslegungskritierien für den Schutz von sicherheitsrelevanten Ausrüstungen
in Kernkraftwerken gegen die Folgen von Flugzeugabsturz
Dezember 1986
R-103 Anlageninterne Massnahmen gegen die Folgen schwerer Unfälle
November 1989
ENSI Aufsichtsbericht 2012
B-Richtlinien
(Richtlinien für
Betriebsüberwachung)
R-Richtlinien
(von der früheren
Hauptabteilung für
die Sicherheit der
Kernanlagen HSK
verabschiedet)
125
Figur 1
Zeitverfügbarkeit
und Arbeitsausnutzung
2003 –2012
100%
Zeitverfügbarkeit
Arbeitsausnutzung
95%
KKB 1 + 2
90%
80%
75%
70%
KKB 1
KKB 2
85%
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2011
2012
2011
2012
2011
2012
KKM
100%
Zeitverfügbarkeit
Arbeitsausnutzung
95%
90%
85%
80%
75%
70%
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
KKG
100%
Zeitverfügbarkeit
Arbeitsausnutzung
95%
90%
85%
80%
75%
70%
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
KKL
100%
Zeitverfügbarkeit
Arbeitsausnutzung
95%
90%
85%
70%
126
57,1%
75%
2003
2004
56,7%
80%
2005
2006
2007
2008
2009
2010
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Figur 2
12
Meldepflichtige,
klassierte Vorkommnisse, 2003–2008 sowie
meldepflichtige Vorkommnisse im Bereich
der nuklearen Sicherheit 2009–2012.
Aufgrund der geänderten Meldekriterien
können die Zahlen
vor 2009 nicht mit
denjenigen ab 2009
verglichen werden.
KKB 1: nur B-Ereignisse
10
KKB 2: nur B-Ereignisse
8
beide Blöcke betreffend
6
4
2
0
KKB 1 + 2
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
KKM
12
nur B-Ereignisse
10
8
6
4
2
0
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
KKG
12
nur B-Ereignisse
10
8
6
4
2
0
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009 2010* 2011
2012
* inkl. das im März
gemeldete Vorkommnis
von 2008
KKL
12
nur B-Ereignisse
10
8
6
4
2
0
2003
2004
ENSI Aufsichtsbericht 2012
2005
2006
2007
2008
2009 2010* 2011
2012
127
Figur 3
Ungeplante Reaktorschnellabschaltungen
(Scrams), 2003–2012
KKB 1 + 2
5
KKB 1
KKB 2
4
3
2
1
0
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
KKM
5
4
3
2
1
0
KKG
5
4
3
2
1
0
KKL
5
4
3
2
1
0
128
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Figur 4
Brennstabschäden
(Anzahl Stäbe),
2003–2012
5
Anzahl Stäbe
4
KKB 1 + 2
3
2
1
0
02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12
Jahr
KKM
5
Anzahl Stäbe
4
3
2
1
0
02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12
Jahr
KKG
5
geringfügige Schäden a
grössere Schäden b
Anzahl Stäbe
4
3
2
1
0
02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12
Jahr
KKL
5
geringfügige Schäden a
grössere Schäden b
Anzahl Stäbe
4
3
2
1
0
z.B. Haarrisse
im Hüllrohr
b
z.B. grosser Riss oder
Bruch des Hüllrohrs mit
Brennstoffauswaschung
a
02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12
Jahr
ENSI Aufsichtsbericht 2012
129
Figur 5
Jahreskollektivdosen
der Kernanlagen in der
Schweiz in Pers.-mSv,
1980 –2012
12
Personen-mSv/Jahr
10
8
6
KKB 1+2
4
KKM
KKL
2
KKG
PSI
0
ZZL
80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Figur 6
Berechnete Dosen für
die meistbetroffenen
Personen 1 (Erwachsene)
in der Umgebung der
schweizerischen KKW
1
KKB 1, 2
KKG
Quellenbezogener Dosisrichtwert (0,3 mSv)
KKL
mSv im jeweiligen Jahr
KKM
0,1
0,01
0,001
1992
1
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
Fiktive erwachsene Person, die sich dauernd am kritischen Ort aufhält, ihre gesamte Nahrung von diesem Ort bezieht und nur Trinkwasser aus dem Fluss
unterhalb des jeweiligen Kernkraftwerks konsumiert. An diesem Ort ist der Dosisbeitrag durch die Direktstrahlung aus den Kernanlagen vernachlässigbar.
Diese Werte sind mit Vorsicht zu geniessen, da im Laufe der Zeit die Berechnungsgrundlagen für die Dosisberechnungen geändert wurden.
130
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Figur 7a
Funktionsschema eines
Kernkraftwerks mit
Druckwasserreaktor
Figur 7b
Funktionsschema eines
Kernkraftwerks mit
Siedewasserreaktor
ENSI Aufsichtsbericht 2012
131
Verzeichnis der Abkürzungen
ADAM
Accident Diagnostics, Analysis and Management
ADR
European Agreement concerning the International Carriage of Dangerous Goods by Road
AIRS
Advanced Incident Reporting System
ALARA
«As low as reasonably achievable» (so gering wie vernünftigerweise erreichbar)
Konzept der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) zur Dosisbegrenzung
AM
Accident Management
ANPA
System zur automatischen Übertragung der Anlageparameter der KKW zum ENSI
AÜP
Alterungsüberwachungsprogramm
ASME
American Society of Mechanical Engineers
BAG
Bundesamt für Gesundheit
BFE
Bundesamt für Energie
Bq
Becquerel
BZL
Bundeszwischenlager
BE
Brennelement
CFS
Commission franco-suisse de sûreté nucléaire et de radioprotection
CNS
Convention on Nuclear Safety
DSK
Deutsch-Schweizerische Kommission für die Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen
DWR
Druckwasserreaktor
EGT
Expertengruppe geologische Tiefenlager
ENSI
Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat
EOR
Einsatzorganisation bei erhöhter Radioaktivität
EPFL
Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne
ETH
Eidgenössische Technische Hochschule
GWh
Gigawattstunde = 10 9 Wattstunden
HAA
Hochradioaktive Abfälle
HSK
Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (seit 2009: ENSI)
IAEA
International Atomic Energy Agency (Internationale Atomenergieagentur), Wien
INES
International Nuclear Event Scale (Internationale Ereignisskala)
IRA
Institut de radiophysique appliquée, Lausanne
IRS
Incident Reporting System
KEG
Kernenergiegesetz
KEV
Kernenergieverordnung
KKB
Kernkraftwerk Beznau
KKG
Kernkraftwerk Gösgen
KKL
Kernkraftwerk Leibstadt
KKM
Kernkraftwerk Mühleberg
KKW
Kernkraftwerk
KNS
Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit
132
ENSI Aufsichtsbericht 2012
KOMABC
Eidgenössische Kommission für ABC Schutz
KSR
Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität
kV
Kilovolt = 10 3 Volt, Spannungseinheit
LMA
Langlebige mittelradioaktive Abfälle
LOCA
Loss of coolant accident
LWR
Leichtwasserreaktor
MAA
Mittelradioaktive Abfälle
MADUK
Messnetz zur automatischen Dosisleistungsüberwachung in der Umgebung
der Kernanlagen
MIF
Medizin, Industrie und Forschung
MOX
Uran-Plutonium-Mischoxid
mSv
Millisievert = 10 -3 Sievert
μSv
Mikrosievert = 10 -6 Sievert
MW
Megawatt = 10 6 Watt, Leistungseinheit
MWe
Megawatt elektrische Leistung
MWth
Megawatt thermische Leistung
NADAM
Netz für die automatische Dosisleistungsmessung und -alarmierung
Nagra
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle
NAZ
Nationale Alarmzentrale, Zürich
NEA
Nuclear Energy Agency, Kernenergieagentur der OECD, Paris
NFO
Notfallorganisation
NTB
Nagra Technischer Bericht
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
OSART
Operational Safety Review Team (IAEA)
Pers.-mSv
Personen-Millisievert = 10 -3 Personen-Sievert
Pers.-Sv
Personen-Sievert = Kollektivstrahlendosis
PSA
Probabilistische Sicherheitsanalyse
PSI
Paul Scherrer Institut, Würenlingen und Villigen
PSÜ
Periodische Sicherheitsüberprüfung
QM
Qualitätsmanagement
QS
Qualitätssicherung
RCIC
Reaktorkernisolations-Kühlsystem
RDB
Reaktordruckbehälter
RID
Regulations concerning the International Carriage of Dangerous Goods by Rail
SAA
Schwachradioaktive Abfälle
SAMG
Severe Accident Management Guidance
SMA
Schwach- und mittelradioaktive Abfälle
StSG
Strahlenschutzgesetz
ENSI Aufsichtsbericht 2012
133
StSV
Strahlenschutzverordnung
SUVA
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern
Sv
Sievert = Strahlendosisäquivalent (1 Sv = 100 rem)
SVTI
Schweizerischer Verein für Technische Inspektionen
SWR
Siedewasserreaktor
TBq
Terabecquerel (1 TBq = 10 12 Bq)
TL-Behälter
Transport- und Lagerbehälter
TLD
Thermolumineszenz-Dosimeter
UVEK
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
WANO
World Association of Nuclear Operators
WENRA
Western European Nuclear Regulators’ Association
ZWIBEZ
Zwischenlager für radioaktive Abfälle, KKW Beznau
ZWILAG
Zwischenlager Würenlingen AG
134
ENSI Aufsichtsbericht 2012
Herausgeber
Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI
CH-5200 Brugg
Telefon +41 (0)56 460 84 00
Telefax +41 (0)56 460 84 99
[email protected]
www.ensi.ch
Zusätzlich zu diesem Aufsichtsbericht…
…informiert das ENSI in weiteren jährlichen
Berichten aus seinem Arbeits- und Aufsichtsgebiet
(Erfahrungs- und Forschungsbericht, Strahlenschutzbericht, Tätigkeits- und Geschäftsbericht des
ENSI-Rates).
ENSI-AN-8300
ISSN 1661-2876
© ENSI, Juni 2013
136
ENSI Aufsichtsbericht 2012
ENSI-AN-8300
ISSN 1661-2876
ENSI, CH-5200 Brugg, Industriestrasse 19, Telefon +41 (0)56 460 84 00, Fax +41 (0)56 460 84 99, www.ensi.ch