2015 Auslandshandelskammer Polen

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2015 Auslandshandelskammer Polen
Universität Bremen
Fachbereich 8
Integrierte Europastudien
Praktikumsbericht
Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer Warszawa
Auslandshandelskammer Polen
Zeitraum: Februar-April 2015
Kurzzusammenfassung des Praktikums
In dem Zeitraum 02.02.2015 bis 24.04.2015 absolvierte ich ein Praktikum bei der DeutschPolnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau. Die Tätigkeit fand in der Abteilung
Individuelle Marktberatung statt, welche Teil des Internationalen Netzwerks DEinternational ist.
DEinternational umfasst klassische Consultingtätigkeiten, richtet sich weltweit nach den
gleichen Standards und wird in den meisten Auslandshandelskammern angeboten. Die
Abteilung Individuelle Marktberatung in Warschau besteht aus fünf Vollzeitkräften, zwei
Angestellten mit befristetem Arbeitsverhältnis und je nach Auftragslage zwischen zwei und vier
Praktikanten.
Meine Tätigkeit umfasste klassische „Praktikantenarbeit“ wie zum Beispiel Adresssuche,
aber auch sehr verantwortungsvolle Tätigkeiten wie KeyAccount Management für polnische
Firmen oder das Einholen von Preisangeboten bei Unternehmensreisen. Generell waren alle
Projekte, die ich betreuen durfte, für polnische Firmen bzw. polnische Auftraggeber bestimmt,
da ich aufgrund meiner Sprachkenntnisse und meiner Herkunft den deutschen Markt gut
bearbeiten konnte. Dennoch übersetzte ich auch kleine Texte oder Präsentationen aus dem
Polnischen ins Deutsche und hatte somit - und auch aufgrund der Umgangssprache Polnisch
innerhalb der AHK - die Möglichkeit meine Sprachkenntnisse weiter auszubauen.
Während meiner Zeit bei der AHK konnte ich viel Erfahrung, vor allem für den Arbeitsalltag
sammeln. Ich habe zwar bereits vor dem Studium 18 Monate Vollzeit gearbeitet, jedoch war
dies eine rein operative Tätigkeit in der Luftfahrtbranche. Die Arbeit bei der AHK ist sehr
langfristig ausgerichtet. Entsprechend konnte ich sehr gute und mich weiter bringende
Fähigkeiten und Erfahrungen in den Bereichen Zeitmanagement, Projektmanagement,
Kreativität und Teamarbeit sammeln. Hinzu kommen natürlich viele neue Kenntnisse über
bilateralen Handel, Marketing, Kundenakquise, Beratung sowie Soft Skills, wie zum Beispiel
kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Herangehensweisen an Geschäftsbeziehungen.
1. Vorbereitungsphase und Motivation
Schon zu Beginn meines Studiums wusste ich, dass ich mein Praktikum im Ausland absolvieren
möchte. Das Pflichtpraktikum ist eine großartige Möglichkeit Arbeitserfahrung im Ausland zu
sammeln. Ich habe schon vor dem Studium im Ausland gearbeitet und denke daher, dass man
diese Erfahrungen und Fähigkeiten im zukünftigen Arbeitsalltag immer wieder anwenden kann.
Da ich den Studienschwerpunkt Mittelosteuropa gewählt habe, war es schnell klar, dass ich
mein Praktikum in Polen absolvieren sollte, auch um meine Sprachkenntnisse weiter zu
verbessern und unter Umständen sogar anzuwenden. Der zeitliche Rahmen hat sich dann wie
von selbst ergeben. Im 5. Semester stand das Erasmus-Semester an. Als die Entscheidung auf
Warschau fiel, wusste ich, dass ich dort ebenfalls mein Praktikum absolvieren möchte, da
Warschau der eindeutige Mittelpunkt der polnischen Wirtschaft und Politik ist.
Mit der offiziellen Bestätigung des Studienorts begann meine Bewerbungsphase. Mein
großer Wunsch war ein Praktikum bei der deutschen Botschaft in Warschau oder bei einem der
Generalkonsulate in Polen. Die Zahl der Bewerber übersteigt dort aber die Zahl der
Praktikumsstellen deutlich, weshalb ich meine Suche etwas ausweitete. Ich wollte meinem
Studium schon sehr lange eine eher wirtschaftliche Ausrichtung geben und dachte deshalb an
die
Auslandshandelskammer.
Ich
hatte
schon
von
Kommilitonen
gehört,
dass
die
Auslandshandelskammer ein sehr guter Praktikumsplatz sei. Bei der Suche nach einer
Praktikumsstelle im Wirtschaftssektor stieß ich auch auf die Entwicklungsbank KfW. Bei der
KfW war ein sechsmonatiges Praktikum in Pretoria ausgeschrieben; auch auf die
Anforderungen passte mein Profil sehr gut. Schnell wurde diese Bewerbung zu einer
Herzensangelegenheit, vor allem da ich das Land sehr gut kenne. Umso größer war die
Ernüchterung, als außer einer Bestätigung über den Erhalt der Bewerbung keine Rückmeldung
kam. Jedoch meldete sich die AHK schon sehr schnell und bot mir ein Praktikum in der
Abteilung Projektmanagement an. Nach einer persönlichen Vorstellung in den Büros in der AHK
wurde zwar zunächst schnell klar, dass die Leiterin der Abteilung die Polnischkenntnisse B.1.2
etwas überschätzt hatte, doch konnte man mir dennoch ein Praktikum zusichern, letztendlich in
der Abteilung Individuelle Marktberatung.
Die Bewerbungen verliefen bei allen potentiellen Stellen sehr ähnlich. Die Bewerbung
erfolgte online, bei AHK und Botschaft über ein Portal. Ich hängte allen Bewerbungen meine
vorhandenen Sprachzertifikate, mein Motivationsschreiben, mein Arbeitszeugnis aus Südafrika
und meine bisherigen Studienleistungen an. Die Rückmeldungen verliefen sehr unterschiedlich.
Bei der KfW und AHK bekam ich sofort eine Bestätigung über den Eingang der Bewerbung,
während die Konsulate und Botschaften sich erst ein halbes Jahr später meldeten, dann
immerhin mit einem Stellenangebot, welches aber zeitlich nicht mehr attraktiv war.
2. Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer
Die AHK Polen feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen und besteht aus über 970
Mitgliedsunternehmen. Die AHK Polen ist eine von 83 Auslandshandelskammern weltweit und
ist im DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) vernetzt. Die AHK Polen wurde
offiziell 1995 von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem polnischen Ministerpräsident Józef
Oleksy eröffnet. Zum ersten Präsidenten wurde Jan Kulczyk, polnischer Unternehmer und
heutiger Ehrenpräsident, gewählt.
Die Hauptaufgabe der AHK ist die Interessensvertretung der Mitglieder auf dem deutschen
beziehungsweise
polnischen
Markt.
Dazu
gehören
repräsentative
Aufgaben,
Unternehmensreisen aber auch Dienstleistungen. Zusätzlich übernimmt die AHK Aufträge vom
BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), polnischen Marschallämtern und
deutschen Landesministerien. Der Dienstleistungssektor dient vor allem der Selbstfinanzierung
der Handelskammern.
Zu den Mitgliedern der AHK Polen zählen polnische und deutsche Unternehmen sowie
Organisationen. Die Mitgliedschaft ermöglicht den Zugang zum Kontaktnetzwerk der AHK,
Teilnahme an Veranstaltungen der AHK sowie stetige Informationen über Marktentwicklung in
Deutschland und Polen. Zusätzlich werden immer wieder branchenspezifische Informationen
veröffentlicht. Die Dienstleitungen der AHK Polen werden den Mitgliedern vergünstigt
angeboten.
Unter der Servicemarke DEinternational werden bei den Auslandshandelskammern die
Dienstleistungen angeboten. Die AHK Polen bietet dabei eines der umfangreichsten Angebote.
Diese
umfassen
Adressrecherche,
Geschäftspartnersuche,
Vetriebspartnersuche,
Markteinstieg/KeyAccount Management, Rechtsberatung, Projektmanagement, Personalsuche
und Buchhaltung.
3. Meine Tätigkeiten
Die AHK Warschau bietet generell 3-monatige Praktika an. In aller Regel werden diese an
polnischen Studierende der Warsaw School of Economics und deutschen Studierenden mit
polnischen Sprachkenntnissen vergeben. Die Grundanforderungen sind dabei relativ offen
gestaltet, vorteilhaft sind natürlich ein wirtschaftswissenschaftlicher Hintergrund und gute
Sprachkenntnisse. Ich hatte das Glück einen Arbeitsplatz direkt in der Abteilung zu bekommen;
eigentlich gibt es für Praktikanten ein gesondertes Büro. Dies ermöglichte mir einen sehr guten
Eindruck in das alltägliche Arbeiten. Die Aufgabenstellung der Praktikanten unterscheidet sich
generell nicht von den Aufgaben der Mitarbeiter. Trotzdem bearbeiten die Praktikanten eher
kleinere Projekte und sind besonders bei Akquise-Aufträgen gefordert.
Die Arbeitszeit war täglich von 09:00 Uhr – 17:00 Uhr und begann somit eine halbe Stunde
später als die der Angestellten. Dies hat seinen Hintergrund in der Vergütung. Da Praktikanten
in den ersten Monaten nicht bezahlt werden (eine weltweite Regelung aller AHK), müssen sie
auch keine Extrastunden für die nichtbezahlte Pause von 30 Minuten machen. Urlaubstage
werden daher auch nach Bedarf genehmigt; es wird vor dem Praktikum keine Zahl festgemacht.
Die Einarbeitungsphase dauerte entgegen meiner Erwartungen lediglich zwei Stunden.
Schon vom ersten Tag an werden Praktikanten komplett in den Arbeitsalltag und eigene
Projekte einbezogen. Nach einem kurzen Studium der angebotenen Dienstleistungen wurden
mir vier Projekte zugeteilt, davon zwei in Eigenverantwortung. Die Herangehensweise wurde
mir dabei selbst überlassen und nur bei konkreten Fragen wurde mir Hilfe angeboten. Das
größte Projekt war dabei ein KeyAccount-Management für einen polnischen Hersteller von
energetischen Leitungen. Ein KeyAccount- Management umfasst zum einen die Vorbereitung
des Markteinstieges, in diesem Fall für den deutschen Markt. Hinzu kommt zum anderen das
Einholen von Preisangeboten, beispielsweise für Zertifikate und Zulassungen und endet mit
einer
ein-
bis
zweimonatigen
Kundensuche.
Anschließend
wird
dem
Kunden
eine
Zusammenfassung und eine Marktanalyse erstellt. Dieser Auftrag war in den Anfangstagen
besonders schwer und forderte viel Einarbeitung, da die Gespräche mit dem Auftraggeber zu
meinem Einstellungstermin schon geführt worden waren. Diese Gespräche dienen der AHK
dazu, eine Vorstellung von Produkt und Anwendungsbereich zu gewinnen; oft werden dabei
noch die Firma und die Produktionsflächen vorgestellt.
Konkret begann das Projekt für mich mit der Übersetzung der Unternehmenspräsentation
aus dem Polnischen ins Deutsche. Diese umfasste acht Seiten und war teilweise in Textform.
Dies war sicherlich eine sehr große Herausforderung, vor allem da es viele Fachwörter
beinhaltete. Mit großem Zeitaufwand konnte ich die Aufgabe jedoch eigenständig umsetzen.
Anschließend ging es vor allem um die Erstellung der Zielgruppe. Hierbei werden potentielle
Kunden in einer Datenbank erfasst und kategorisiert. Da der Kunde drei verschiedene Produkte
herstellt, konnte die Zielgruppe sehr breit aufgestellt werden. Zu meiner eigenen Überraschung
konnten wir schon während der anschließenden Kontaktphase gute Ergebnisse erzielen:
Preisangebote an deutsche Firmen versenden und am Ende ein konkretes Geschäft anbahnen.
Die Kontaktphase ist ein eher monotoner Prozess, bei dem man die Firmen anruft, den
Entscheidungsträger ausfindig macht und die Produkte vorstellt. Der Ruf der deutschpolnischen Handelskammer ist hierbei sehr förderlich. Die Chance nicht schon an der Zentrale
abgelehnt zu werden, ist für eine „normale“ Consulting Firma sicherlich höher. Interessant ist die
Tätigkeit vor allem, sobald es zu Rückmeldungen oder Rückfragen zum Produkt kommt. Dann
besteht die Hauptaufgabe in der Vermittlung zwischen den Firmen. Hierbei muss man sich sehr
schnell in die Details der jeweiligen Branche einarbeiten. Entsprechend war vor allem Kreativität
und Spontanität gefordert.
Im Rahmen des Prozesses konnte ich auch sehr viel über die Funktionsweisen des
deutschen Marktes lernen. Auf dem deutschen Markt, sehr gegensätzlich zum polnischen
Markt, ist es besonders wichtig, wie langfristig und nicht wie schnell man ein Geschäft aufbaut
und anbahnt. Kurzfristige Absatzmöglichkeiten bietet der deutsche Markt nicht. Dies kann das
Ableisten der Dienstleitungen für polnische Kunden hin und wieder erschweren, da diese eher
schnelle Ergebnisse wünschen.
Im Rahmen meines zweiten KeyAccount-Managements hatte ich die Möglichkeit an einem
Unternehmensbesuch teilzunehmen. Die Reise führte mich in die Wojewodschaft Wielkopolska
zu einem Hersteller von Gartenmöbel und Schirmen. Zu meiner Überraschung wurde ich dem
Kunden nicht als Praktikant vorgestellt. Entsprechend war ich aktiv in den Beratungsprozess
eingebunden und nutzte die Möglichkeit, die AHK aktiv zu vertreten. Der Tag bot mir die
Gelegenheit, Einblicke in den Ablauf von Geschäftstreffen zu bekommen. Das Treffen verlief
erstaunlich formal, ohne dabei eine sehr große Distanz aufzubauen, es herrschte stets eine
angenehme Stimmung. Sprachlich konnte ich das meiste des polnischen Gespräches
verstehen. Die Exportmanagerin der Firma sprach jedoch auch sehr gut Deutsch, weshalb die
Kommunikationssprache
immer
wieder
wechselte.
Im
Rahmen
dieses
KeyAccounts
übernahmen wir eine eher beratende Rolle und weniger die Aufgabe der Kundenakquise. Der
Möbelmarkt ist gesättigt und selbstverständlich ist der Zeitraum Februar bis April nicht geeignet
um Saisonprodukte vorzustellen. Dennoch denke ich, dass die Firma von der Dienstleistung
profitieren wird, vor allem nachdem der selbstständige Versuch auf den deutschen Markt zu
kommen scheiterte. Zusätzlich überarbeitete ich die Texte des Produktkataloges, welcher
ziemlich gravierende Fehler beinhaltete, ein immer wieder auftretendes Problem bei
übersetzten Präsentationen oder Internetauftritten in Polen.
Während meiner Zeit bei der AHK begleitete ich Mitarbeiter zu weiteren repräsentativen
Terminen. Zum einen auf den Africa Europe Summit, bei dem die AHK Partnerunternehmen
war, sowie zum anderen zu einer Informationsveranstaltung für eine Delegation aus BadenWürttemberg. Vor allem bei der zweiten Veranstaltung konnte ich sehr viel von den Vorträgen
lernen und entwickelte ein Grundverständnis für die Besonderheiten des Exportgeschäftes.
Natürlich ging es hier neben rechtlichen Fragen auch um kulturelle Unterschiede. Interessant
war hierbei, mit welch unterschiedlichen Erwartungen Firmen an ein Auslandsgeschäft heran
gehen. Während einige den Markt Polen wenig wertschätzen, konnten andere von guten,
langjährigen Geschäftsbeziehungen berichten.
Neben den KeyAccounts bestand meine zweite Hauptaufgabe in der Mitorganisation von
Wirtschaftsreisen. Diese Wirtschaftsreisen werden von den Wojewodschaften ausgeschrieben
und oft an die AHK vergeben, da diese in der Umsetzung der formalen Kriterien wenige
Probleme hat. Die erste Reise ging auf die INTEC Messe Leipzig. Im Rahmen dessen betreuten
wir eine Delegation von metallverarbeitenden Betrieben. Zu den Aufgaben gehören
organisatorische
Dinge
wie
Hotel
und
Transportbuchungen,
Anbahnung
von
Unternehmensbesuchen in der Region und das Veranstalten einer Kooperationsbörse im
Rahmen der Messe.
Hierfür wird ebenfalls eine Akquise durchgeführt. So war meine Aufgabe das Kontaktieren
von möglichen Gesprächspartnern auf der Messe. Es wurden Kurzprofile der Unternehmen
angefertigt und an die entsprechenden deutschen Unternehmen, nach Absprache mit diesen,
versandt.
Bei der zweiten Messe wurde ich schon deutlich stärker in den Prozess der Organisation
eingebunden. So holte ich Preisangebote der Busunternehmen ein und war auch in der Lage,
bei den Hotels für die Vertreter der AHK ein preislich attraktiveres Angebot zu finden. Bei der
Akquise übernahm ich die Koordination zwischen den Praktikanten und Praktikantinnen und
konnte meine Tätigkeit mit sehr guten Ergebnissen beenden. Das Korrekturlesen gehörte für
mich als deutschen Muttersprachler zum Tagesgeschäft. Vor allem bei Ausschreibungen wurde
sehr stark auf eine gute Formulierung geachtet und ich freute mich stets, einen großen Beitrag,
auch für die Leiterin des gesamten Dienstleistungsbereichs, leisten zu können.
4. Reflexion
Im Vorfeld der Tätigkeit befürchtete ich vor allem, dass ich sprachliche Probleme haben werde.
Zwar lerne ich seit zwei Jahren Polnisch, aber über das Niveau B1.2 konnte ich mich bisher
leider nicht hinaus entwickeln. Zu meinem Erstaunen konnten aber nahezu alle der Angestellten
fließend Deutsch und mir wurden nur Projekte zugeteilt, bei denen Polnischkenntnisse
nebensächlich waren. Bei meinem kurzen Bewerbungsgespräch im September 2014 wurde vor
allem nach meinem wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund gefragt. Dabei konnte ich auf drei
Jahre Wirtschaftsgymnasium und einige volkswirtschaftliche Seminare an der Universität
Bremen verweisen. Trotz der, im Vergleich zu den an der Warsaw School of Economics
Studierenden, geringen Kenntnis war ich mir sehr sicher, dass ich hier keine Defizite haben
werde. Dies konnte sich im Laufe des Praktikums bestätigen; die eigene Lernbereitschaft und
Lernfähigkeit schien mir durchgehend wichtiger als der Studienhintergrund. Viele der
festangestellten Kollegen und Kolleginnen würde ich ebenfalls als Quereinsteiger beschreiben.
Auch die Studieninhalte aus Bremen konnte ich anwenden. Durch die Kulturinhalte des
Sprachkurses und die wirtschaftswissenschaftlichen Seminare hatte ich ein sehr gutes Bild vom
polnischen Markt und den Chancen und Problemen des Landes. Ich konnte oft feststellen, dass
hier
mein Grundverständnis
nicht
als
selbstverständlich
betrachtet
wurde,
und
die
Studienausrichtung Mittelosteuropa sich klar bemerkbar machte. Vor allem Auswirkungen der
Transformation der 1990er Jahre haben heute eine sehr starke Auswirkung auf die polnische
Wirtschaft.
Zu Beginn des Praktikums wünschte ich mir stets Feedback von Seiten des Managements.
Man wird in den Anfangswochen vor sehr große Aufgaben gestellt und ich war mir nicht immer
sicher, ob ich diese zur vollsten Zufriedenheit erfüllen konnte. Dieses Gefühl legte sich jedoch
relativ schnell. Sobald ich erste Erfolge erzielen konnte, war ich auch selbst von meiner Arbeit
überzeugt und konnte anschließend auch aus arbeitsrelevanten Gesprächen deuten, dass ich
stets gut arbeitete. Glücklicherweise bestätigte sich dies auch im Arbeitszeugnis.
Vor den ersten Kontakten mit deutschen Firmen fühlte ich mich erstaunlich nervös, sicherlich
auch geschuldet durch eine geringe Fachkenntnis in den zu führenden Gesprächen. Diese
Nervosität legte sich ebenfalls sehr schnell. Akquise-Gespräche laufen immer in einem sehr
ähnlichen Schema ab, sodass ich bereits nach einem Gespräch eine Sicherheit gewinnen
konnte.
Zusammenfassend konnte ich in der Zeit bei der AHK sehr viel mitnehmen und sehr viel
dazulernen. Dies beginnt bei einfachen Dingen wie der Umgang mit den MS Office
Programmen, bei denen man selbstverständlich während der Anwendung sehr viel lernt oder
der Umgang mit Kollegen und Kolleginnen im Arbeitsalltag. Erstmals in meinem Arbeitsleben
wurde ich vor Time-Management Probleme, die über den aktuellen Arbeitstag hinausgehen,
gestellt. Dies bewältigte ich recht gut, durchaus auch begünstigt durch einen stets angepassten
Workload. Am meisten Spaß machte mir die Arbeit an Tagen, an denen es wirklich stressig
zuging, viele Emails zu beantworten waren und viele Termine anstanden. Diese Tage vermitteln
einem das Gefühl wirklich vieles der To-Do-Liste abzuarbeiten und Teil der Arbeitsprozesse der
AHK zu sein.
Für meine Zukunft sehe ich die Kenntnisse über den bilateralen Handel jedoch am
entscheidendsten. Ich würde gerne zukünftig in diesem Bereich arbeiten und konnte gute
Einblicke in die Probleme des Export- bzw. Importgeschäfts bekommen.
Ich kann ein Praktikum bei der AHK Warschau nur empfehlen. Sicherlich gibt es Arbeitstage,
die eher monoton ablaufen, aber ich kann mir nur sehr wenige Stellen vorstellen, bei denen der
Praktikant oder die Praktikantin so früh und so intensiv sowie selbstständig einbezogen und
gefordert wird.
Natürlich spielen bei einem Praktikum auch menschliche Aspekte eine sehr große Rolle. Die
AHK tritt stets als professioneller, aber auch sehr persönlicher Arbeitgeber auf. Das Team ist
sehr jung und so finden auch immer wieder Team-Building-Maßnahmen verschiedenster Art
außerhalb der Arbeitszeiten statt. Die Büros der AHK befinden sich am Rande der Altstadt, sind
sehr gut zu erreichen und ermöglichen die freie Wohnungswahl innerhalb der Stadt. Die
Mittagspausen nutzen die Praktikanten in einem der umliegenden Cafés, weshalb eine schnelle
Integration sich als sehr einfach darstellt.
Durch das Praktikum bei der AHK kann ich in Bezug auf meine berufliche Zukunft neue
Schlüsse ziehen. Auch wenn mir die tägliche Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat, möchte ich
eine Consulting Tätigkeit für die Zukunft eher ausschließen. Das stetige Arbeiten für Kunden
erscheint mir langfristig weniger attraktiv als aktiv in den Prozessen der eigenen Firma
mitzuwirken. Mein Wunsch nach einer eher wirtschaftswissenschaftlichen Ausrichtung im
Masterstudium konnte sich aber bestätigen, da ich glaube, dass mir eine Tätigkeit in der „freien“
Wirtschaft eher zusagt als im öffentlichen Sektor.