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AUGENBLICK MAL! KINDER TIERE BAU Heil - und Erziehungsinstitut für Seelenpflege-bedürftige Kinder und Jugendliche Lauterbad e.V. 2007/2008 Kommen Sie mit, wir machen einen Rundgang! Wir starten am Park und betreten den künftigen Schulhof. Nach links gewandt sehen Sie den Eingangsbereich, nach rechts haben wir den Blick auf das Gebrüder-Grimm-Haus. Auf dem neuen Verbindungsweg gelangen wir zurück auf den Spielplatz. Inh altsverzeichnis Grußwort Seite 5 Was macht der Bau? Seite 6 Wo sind denn Tatatuck und Hopplaho? Seite 8 Der Sattelbogentext Seite 10 Die Ankunft des Kolumbus in Amerika Seite 13 Am blauen Band der Drusel Seite 16 Pension für Weitreisende Seite 18 Zelten am Edersee Seite 19 Weimar - Goethe - Buchenwald Seite 21 BUS - SCHLUSS... Seite 23 20 Jahre Tanzschule Für Sie Seite 25 Herbst im Gebrüder-Grimm-Haus oben Seite 26 Jungsgruppe - was ist das eigentlich? Seite 29 Wann ist wieder Mädchengruppe? Seite 30 Das liebe Federvieh Seite 31 Augenblick mal... Seite 32 Wer arbeitet wo? Seite 34 Lauterbad sagt danke Seite 37 Freunde fürs Leben Seite 40 Neue Mitarbeiter Seite 42 Not wenden - €uros spenden Seite 43 Termine Weihnachtsspiele Seite 46 Bunter Schluss Seite 47 3 Ich schaue in die Welt, In der die Sonne leuchtet, In der die Sterne funkeln; In der die Steine lagern, Die Pflanzen lebend wachsen, Die Tiere fühlend leben, In der der Mensch beseelt Dem Geiste Wohnung gibt; Ich schaue in die Seele, Die mir im Innern lebet. Der Gottesgeist, er webt Im Sonn’- und Seelenlicht, Im Weltenraum, da draußen, In Seelentiefen, drinnen. Zu Dir, o Gottesgeist, Will bittend ich mich wenden, Dass Kraft und Segen mir Zum Lernen und zur Arbeit In meinem Innern wachse. Rudolf Steiner 4 Liebe Eltern, liebe Freunde, liebe Mitarbeiter, mit diesem Morgenspruch beginnen die Kinder und Jugendlichen der 5. bis 12. Klasse jeden Morgen ihren Schultag. Wenn wir den Inhalt des Textes näher betrachten, können wir erleben, wie der Blick der Schüler in drei Richtungen gelenkt wird: in die Welt, in die eigene Seele und auf den eigenen Lebensweg mit seinem Sinn und Ziel. Jeden Tag begeben wir uns in diesem Sinne gemeinsam mit den uns anvertrauten Menschen auf den Weg, um an dem individuellen „Seelenhaus“ zu bauen. Viele Bausteine gehören dazu, die zum einen aus dem Erleben und Verstehen der Welt und zum anderen aus dem Erkennen und Erüben der eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten bestehen. Daraus kann dann die Kraft im Jugendlichen erwachsen, die es ihm ermöglicht, sein „Haus“ lebendig zu gestalten und mutig, zuversichtlich und verantwortungsvoll aus ihm heraus in die Beziehung zur Welt zu treten. Die Bausteine hierfür sind nicht immer sichtbar und wiegbar, der Mörtel der pädagogischen Bemühungen muss täglich neu gemischt werden. Es wird neu-, um-, und angebaut – wie es so ist im „richtigen Leben“. Bei all der Arbeit sind es dann die wunderbaren Augenblicke, wo das Haus im Licht der Individualität sichtbar wird, die uns Kraft und Zuversicht für das tägliche Tun entfalten. Kein Haus – ob klein oder groß – entsteht ohne die Hilfe Vieler. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an all diejenigen richten, die uns in unserer täglichen Arbeit und in der Umsetzung unserer zukunftsorientierten Pläne helfend unterstützen. Gespannt und erwartungsvoll blicken wir auf das nächste Frühjahr, wenn wir mit Ihnen gemeinsam die Einweihung des neuen Schulgebäudes feiern möchten! Für den Augenblick möchte ich Sie nun aber einladen, bei der Lektüre unserer „Lauterbader Augenblicke“ an unserem vergangenen Jahr und auch wieder neuen Ideen teilzuhaben. Eine besinnliche und lichtvolle Weihnachtszeit und in vielerlei Hinsicht ein gutes und gesundes Neues Jahr 2008 wünscht Ihnen im Namen der Lauterbader Gemeinschaft Gundula Poeplau Institutsleitung Doch Zuversicht knüpft sich für uns Lauterbader auch an das nun farbig sichtbar werdende Schulhaus. Viele sichtbare Bausteine wurden zusammengefügt und Widerstände überwunden. Mit Freude und Neugier schauen die Kinder und Jugendlichen hinüber zu „ihrem Schulhaus“. 5 Was macht der Schulneubau? Form, Farbe und Fenster erwecken den Eindruck, unser neues Schulgebäude sei bereits bezugsfertig. Schauen wir genauer hin, so ist es fast unmöglich, trockenen Fußes in das Gebäude zu gelangen. Auf dem Gelände wird gerade die Wegeverbindung zu den Häusern des Institutes geschaffen. Auch um den Neubau herum muss noch drainiert und gepflastert werden. Die Ursachen für den Auftritt dieser niederen Pflanzengattung in unserem Neubau sind jedenfalls sehr vielschichtig. Ich will jetzt nicht alle einzelnen Bauabschnitte beschreiben, die übers Jahr erfolgten. Bemerkenswert ist jedoch, wie alles voneinander abhängt, abgestimmt und koordiniert werden muss. Durch die oben beschriebene, nicht unerhebliche, Verzögerung werden Planungen und ein reibungslose Abläufe auf die Probe gestellt und immer wieder neu gedacht. DAHER: Aber gleich, wenn wir unter dem Glasvordach des Eingangsbereiches in das Foyer treten, fällt sofort die Unfertigkeit auf. Noch fehlen der Estrich, die Türen usw. Überall stehen die Bautrockner, machen Lärm und es tropft in große Wannen. Viel weiter kann man auch gar nicht gehen, die Flure sind mit Folien und Planen dicht gemacht. Grund hierfür ist eine wochenlange Schimmelsanierung. Diese unplanmäßige Maßnahme führt zu Verzögerungen, die für alle Beteiligten sehr unerfreulich sind. Die in den Sommerferien entdeckten und untersuchten Schimmelpilze, deren Myzele und Sporen, sind mittlerweile auf ein Normalmaß reduziert und werden Mensch und Bau nicht mehr belasten. 6 Allen mit unserem Schulneubau beschäftigten Menschen: Arbeitern, Handwerkern, Ingenieuren und Bauleitern, danke ich ganz herzlich für ihre Geduld, Sorgfalt und den guten Willen für bestmögliche Zusammenarbeit. Fridtjof Graf Gärtnermeister und Baubegleitung Sie erinnern sich? Das war der Beginn der Wandlung eines Pferdestalls in ein Schulhaus. So sah es dann im Frühjahr aus. Das ehemalige Stalltor ist bereits als künftiger Eingangsbereich erkennbar. Das ist der Stand von Mitte November im Innenbereich. Über dem Eingangsbereich mit Blick rüber zum Institut. 7 “Wo sind denn Tatatuck und Hopplaho?” fragten Max und Nopawong immer wieder nach unserem „Klassen-Zwerg“ und seinem Freund, dem Eichhörnchen. Die Abenteuer des Wu r z e l z w e r g e s Tatatuck und seines Begleiters haben die Erstklässler (inzwischen sind es wache und aufmerksame Zweitklässler g e w o r d e n ) gespannt verfolgt und, wie nebenbei, die ersten Laute und Buchstaben bewusst kennengelernt: Die Vokale A – E – I – O – U z.B. im Staunen, Sich wehren, Mut fassen und weiteren Seelenregungen; das M am Mund als unserem Sprechwerkzeug; das F und das B durch Tatatucks Freunde, die Fische und Buba, den Bären. MAMA, BAUM, AFFE und sogar FAMILIE (von Max aus der Anfangssilbe FAM assoziiert) machten Lust auf mehr und längere Wörter, die jetzt im 2. Schuljahr im zügigen Durchgang durch das Alphabet folgen werden. Als Bewegungsausgleich und aus einem innigen Kontaktbedürfnis der Kinder heraus zog es uns regelmäßig zu Tatatucks Freunden, den „echten“ Tieren in unserer naturnahen Umgebung. Wir schauten nach den Schafen unten im Park und freuten uns über die neugeborenen Lämmer, oder nach der Ziege mit ihrem Zicklein, das uns einmal sogar in unserem Klassenzimmer überraschte. Am liebsten aber standen wir am Weidezaun, hinter dem nun nicht mehr Polizeipferde ihren Auslauf hatten, sondern unsere zwei Esel. „Merle! Mara!“ riefen die Kinder und waren hocherfreut, wenn die beiden vom anderen Ende der Weide angetrabt kamen, um sich So bildhaft entwickelt, wurden die Laute dann jeweils zunächst im Mundraum bewusst erlebt und ausgekostet, mit entsprechenden Reimen spielerisch erübt, bevor sie dann als Buchstaben auf Papier, ins Heft und in Knetwachs gebannt wurden. Die kleinen Schüler haben all dies zwar mit unterschiedlichem Auffassungsvermögen aufgenommen und mitgemacht, aber doch in bildhaft lebendiger Weise verinnerlicht. Und so war es für sie ein Aha-Erlebnis und eine Freude, nach und nach die bekannten Buchstaben zu ersten Silben und kurzen Worten verbinden und diese lesen zu können. 8 Leckereien abzuholen. Und als die beiden dann mal „Urlaub“ machten, sind wir ihnen sogar auf den Kirchhof nach Oberellenbach nachgefahren, wo wir sie aus ihrer Esels-Familie herausrufen mussten. Auch eine Herde mit 100 Ziegen gab es dort zu bestaunen. Gut, dass wir unsere Gummistiefel dabei hatten. Die brauchten wir jetzt übrigens auch nachmittags des öfteren. Nicht nur, um nach Herzenslust in die Pfützen treten zu können, sondern auch um die Drusel in ihrem Bachbett ein Stück zu begleiten oder auch, um einmal staunend mitten im Wald vor einem Stück Erde zu stehen, das ganz frisch von Wildschweinen umgepflügt worden war. Ob die wohl nach Eicheln, Bucheckern oder gar nach Trüffeln gesucht haben?! Bei so vielen Eindrücken und Erlebnissen hatten wir natürlich selber auch bald einen gesegneten Appetit und dann ist es gut, dass im Herbst im Park die Äpfel und Birnen nur noch vom Boden aufgehoben werden mussten. Oder wir waren so müde, dass einige nach dem Mittagsschlaf an den langen Schultagen fast unseren „Kaffeeklatsch“ verschlafen hätten. So erleben und lernen wir draußen und drinnen, heute und morgen, schnell und langsam, laut und leise und kommen dann auch bereitwillig zur Ruhe, wenn wir Hand in Hand und Schritt für Schritt die Erde grüßen: Erde, ich spüre Dich Leise berühr ich Dich! Dulde den Menschengruß, Fühl meinen Liebsgruß. Trägst mich bei jedem Schritt, Nimmst meine Last noch mit. Schenkst mir die Heimat hier, Erde, ich danke Dir. Eberhard Remlinger Klassenlehrer 9 Frau Poeplau und ihre Klasse auf großer Fahrt! D E R ELBO T G T E A N S T Es ist wie verhext Mit diesem Text. An einem bestimmten Ort Fehlt ein _ _ _ _ . Morgen bleibt die Küche kalt, wir fahren in den _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __ . Zurück – was, schon zurück nach Lauterbad? Die Zeit geht zu Ende, ach wie _ _ _ _ _ . Leider müssen wir schon gehen, doch wir haben viel _ _ _ _ _ _ _ : Furth im Wald, Arnsbruck, Bodenmais, es gab viel zu seh’n zum kleinen _ _ _ _ _ . Selbst die dunkle Unterwelt Kostete nur wenig _ _ _ _ . Im Labyrinth hatten wir Glück, der Führer bracht’ uns gut _ _ _ _ _ Unten in dem tiefen Schacht, da war es dunkel wie die _ _ _ _ _. _. Dort im Keller haben wir erfahren, dass vor ca. 60 _ _ _ _ _ _ . Karl-Heinz, ein Kind, Bier holen sollte; Doch wie sein Schicksal es so _ _ _ _ _ _ Hatte er kein Kinderglück Er fand nicht mehr den Weg _ _ _ 10 _ _ _. E X T Mit etwas Glück man ihn treffen kann, Karl-Heinz, den kleinen Erden_ _ _ _ . Schöpfpapier, Glühbirnen mundgeblasen Schätze aus Glas: Tiere und auch _ _ _ _ _ . Am dritten Tag im Silberberg, Gänge wie für einen _ _ _ _ _ . Presslufthammer unter Tage 10 Stunden jeden Tag – welch eine _ _ _ _ _. Dann der Hit, der helle Wahn, das war die Sommerrodel_ _ _ _ ! Ohne Unfall kamen alle unten an Weil: 10 Meter Abstand zu dem Vorder_ _ Nach den langen Tagesreisen Gab es abends warme _ _ _ _ _ _ _ _. _. Müd und glücklich fielen wir ins Bett Und mancher murmelte: der Tag war wieder _ _ _ _. So kann man sagen – ungelogen: ES AR W ATT IN S E L L L O B T O G E N !! 11 Wir packen die Autos, gleich geht’s los! Jan trägt eine geschmiedete Kettenhemd-Haube Erlebnismuseum Flederwisch Julia schaut gebannt dem Glas-Graveur bei seiner diffizilen Arbeit zu. Glasdorf in Arnbruck Oh je, gar nicht so einfach, die römischen Zahlen im Bodenmosaik in der Walhalla zu entziffern 12 Die Ankunft des Kolumbus in Amerika Klassenstück der Klasse 8/9 „Da war doch gestern noch ein ganz anderes Schiff auf der Tafel gemalt, Frau Poeplau.“ „Das ist aber kein römisches Schiff, oder?“ Ja, das ist gut beobachtet von den Schülern. War am Vortag noch eine römische Galeere zu sehen, so ist es nun eine spanische Caravelle. Wie die Römer durch das Mittelmeer gefahren sind, haben die Schüler erlebt. Immer eng an der Küste entlang oder durch die schmalen Stellen. Das war Seefahrertradition. Und die Welt war eine Scheibe, so dachte man zur Zeitenwende! Doch gut 15oo Jahre später wird im einstmals Römischen Reich, das inzwischen zu Italien geworden war, in der Hafenstadt Genua ein Knabe geboren, der eine große Sehnsucht in seinem Herzen trug. Es brauchte zwar viele Jahre, bis er sein Ziel erreicht hatte, doch er verfolgte es beharrlich. Als Zeichner von Seekarten kam dieser Mann nach Lissabon und lernte dort vielerlei Dinge kennen, u. a. auch eine Landkarte, in der Berechnungen über den Weg von Europa nach Asien über den Atlantik dargestellt wurden. Es brauchte großes Geschick, um ein Königshaus zu gewinnen, das eine so waghalsige und ungewisse Unternehmung unterstützen wollte. Die Portugiesen waren nicht zu gewinnen, doch nach zähen Verhandlungen stimmten Königin Isabella und König Ferdinand von Spanien zu. Am 3. August 1492 hieß es für drei Schiffe, die Santa Maria, die Pinta und die Ninja, „Leinen los“ für eine Fahrt ins Ungewisse. Bald waren die Schiffe nur noch von Wasser umgeben und das sollte für über zwei Monate so bleiben. Erst am 12. Oktober entdeckten die Seefahrer Land. Fast eine Woche hörten die Schülerinnen und Schüler immer wieder den Namen dessen, der so wichtig für die Entwicklung der Menschheitsgeschichte wurde. Kolumbus, Kolumbus und schon wieder Kolumbus. Doch wie nahe kommt Kindern und Jugendlichen ein Mensch, wenn sie Geschichten über ihn hören, egal wie bildhaft sie auch erzählt sein mögen? Bei den Indianern gibt es ein Sprichwort: „Wenn Du einen Menschen verstehen willst, dann musst Du in seinen Mokassins gelaufen sein!“ Was lag näher, als gerade bei diesem Thema diese Weisheit zu berücksichtigen. So war die Idee zur Verwirklichung eines Klassenspiels geboren. Das Stück beginnt genau da, wo oben die geschichtliche Beschreibung endete. Die Ankunft des Kolumbus in Amerika Mit verteilten Rollen, gelesen durch Frau Poeplau und die Klassenhelfer Frau Merichenko und Herrn Haugwitz, lernten die Kinder den Inhalt des Stücks kennen. Spätestens nachdem die Schüler zum zweiten Mal gehört hatten, worum es ging, war für die meisten klar, welche Rolle sie übernehmen wollten. Die zaghaften Schüler wurden ermutigt, entsprechend ihren Fähigkeiten sich zu beteiligen. Danach teilten sich die Aktivitäten auf. Zwei Schüler begleiteten die Einkaufsfahrt zum Holzhandel Feldner. Dort wurde der VW-Bus bis an den Rand mit riesigen Hartfaserplatten und Dachlatten beladen. Doch selbst als die einzelnen Teile ausgeladen und verteilt waren, konnte sich noch keiner vorstellen, wie sie sich in Kulissenwände wandeln sollten. Stück für Stück wurden die Platten mit den Latten verschraubt, nachdem diese in der Hausmeisterei gehobelt 13 und auf Maß geschnitten worden waren. Während unserer Klassenfahrt haben dann einige Schüler der Werkstufe zusammen mit dem Werklehrer Herrn Laurentius weiter gearbeitet, um die Verbindungsstücke anzubringen. Nachdem die Platten soweit waren, mussten sie noch mit weißer Farbe grundiert werden. Manchen der Jungen ist es dann ergangen wie Anstreicherlehrlingen: Da war mehr Farbe an der Kleidung als am Holz. Doch nur Übung macht den Meister. Ja, und die anderen Schüler waren in der Zwischenzeit selbstverständlich auch fleißig gewesen. Täglich wurde gelernt, damit der Text gekonnt wurde, wobei die Gruppenerzieher nach Schulschluss großen Anteil hatten, dass das Stück gelingen konnte. So kommt Kolumbus dann an und wird herzlich willkommen geheißen: So seid gegrüßt als Brüder. Friedlich nahen wir Euch Und dankend nehmen wir des Landes Früchte. Ja, ihr müsst Götter sein mit diesen Flügeln Und Eurem Antlitz hell wie Sonnenschein Und Euren Kleidern glänzend wie das Licht! sich alle Schauspieler besser in ihre Rolle. Zeitgleich zu den Proben wurden die Kulissen geschraubt und mit kräftiger Unterstützung von Herrn Laurentius entstanden die Bühnenbilder. Ganz im Verborgenen entstanden die Kostüme für alle Akteure, feine Rüschenhemden, vornehme Umhänge, farbenprächtige Indianergewänder, stolzer Federschmuck und die Friedenspfeife durfte auch nicht fehlen. All das hat die Klassenlehrerin Frau Poeplau abends zu Hause in liebvoller Detailarbeit angefertigt. Doch es geht nicht immer nur friedlich zu (im Stück!): Dem Genuesen geht’s um Land und Leute Wir aber suchen für die Krone Spaniens Beute! Was sollen diese Faxereien, fragt nach Gold, Er muss uns führen. Schnell nimm ihn gefangen Auch während der Klassenfahrt wurde kräftig am Text geübt und bald waren fast alle Schüler in ihrer Rolle sicher und es konnte begonnen werden, den einzelnen Charakteren ein Profil zu verleihen, indem die Betonung einzelner Worte geübt wurde. Und so hielt der Häuptling am Ende des ersten Aktes diese feierliche Rede: Ein Pfeil vom großen Geist gesandt, bin ich, So nimm dies Zeichen. Lass uns Frieden halten, Die Friedenspfeife rauchen wie es Brauch! Des Adlers weise Kühnheit, gib mir großer Geist. Den Weg zum Herzen meiner Brüder lass mich finden! Mit der ersten Textkenntnis ging es dann auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Wer steht wo, wer schaut wohin, ganz schön schwierig war der Anfang, doch von Tag zu Tag fanden 14 Doch die Geschichtsbücher lehren uns, dass dieser Frieden sehr brüchig war. So wie während der Proben, aber das gehört eben auch dazu, dass sich Schüler in dieser besonderen Situation gegenseitig ganz anders, ganz ungewohnt kennen lernen und sich neu auf einander einstellen müssen. Nach einem „Ruck“ öffnet sich der Vorhang zum zweiten Akt. Die Schauspieler haben wieder zusammengefunden, doch die Bühne hat nicht mehr das fröhlich helle Aussehen einer Inselbucht. Zu sehen ist eine düstere Wand, in der sich der Eingang zu einer Goldmine öffnet. Davor stehen wieder Kolumbus und der Häuptling, jedoch die Stimmung ist so beladen wie die Kulisse: Zehn Jahre seid ihr jetzt in unserm Land! Ja, und ihr seid keine Götter, das weiß ich jetzt! Ich kam zurück aus Spanien mit neuer Vollmacht. Ich will Dein Volk in diesem Land noch glücklich sehn. spüren und die Freude darüber, dass man sich der Aufgabe gestellt hat und dass es geglückt ist. Doch noch war das Stück nicht zuende! Der Häuptling geht in Fesseln gebunden zurück zu seinen Schicksalsgenossen, und nachdenklich antwortet Kolumbus einem überheblichen Spanier: Er sollte endlich sich dran gewöhnen, dass andres Los der Sieger, andres Los der Besiegte hat. Nur ist es manchmal schwer zu wissen, wer der Besiegte, wer der Sieger ist! Zweimal haben die Schüler das Stück aufgeführt. Zweimal zu Beginn Aufregung und Unruhe in sich gespürt. Zweimal haben sie, als der Vorhang sich gesenkt hat, den Applaus genossen, den das Publikum reichlich gespendet hat. Welcher Lohn ist schöner für einen Schauspieler und was spornt mehr an, sich erneut einer vielleicht noch größeren - Aufgabe zu stellen. Wer weiß, was das Frühjahr bringen wird?! Was vermochte ein Kolumbus gegen eine Überzahl von gold- und machtgierigen Spaniern. Das Stück steuerte auf seinen Höhepunkt zu. Der Schauspieler war sich der Bedeutung seiner Rolle ganz bewusst und litt entsetzlich unter Lampenfieber. Die wichtigen Worte, die zu sprechen sind, sie wirbelten durcheinander, wollten nicht den Weg nach draußen finden. Gut dass es im Hintergrund einen Souffleur gab.... Ich danke edler Fremdling, dir, doch gerne Teil ich das Schicksal meines Volkes, welches stirbt! Im Traume sprach der Große Geist zu mir: Er will uns jetzt zu unsern Vätern rufen! Wir machen Platz in diesem Land für alle, Die die Verfolgten fremder Länder sind Und sollt es hier auch wieder Sklaven geben, so wird der Große Geist in Herzen wirken Und unsre Hilfe wird er künftig senden An alle, die Bedrängten Hilfe spenden! Man sah förmlich die Erleichterung, als der Häuptling mit dieser Stelle fertig ist. Erleichterung, die am Ende natürlich alle Ganz zum Schluss muss noch Dank gesagt werden an den, der seine freie Zeit gegeben hat und der tatkräftig und dabei doch einfühlsam bei den Proben geholfen hat, der eigens ein Musikstück komponiert hat, um es vor dem Stück und während der Umbaupause selbst auf dem Klavier zu spielen und der als besonderer Souffleur dem Häuptling bei seiner großen Rede geholfen hat. Es ist Friedemann Klages, der Ehemann der Klassenlehrerin. Thomas Haugwitz Erzieher 15 Am blauen Band der Drusel Quellwasser der Drusel Lauterbad und die Weltkunst Vorbei ist sie, die Weltkunstausstellung, die 12. Documenta, und Kassel versinkt langsam in den fünfjährigen Dornröschenschlaf. Über Mohn- und Reisfeld wächst wieder Gras, auch die 3 + 998 Chinesen mit den Stühlen sind nicht mehr auf den Straßen und erzählen uns was. Die Spuren, die der quirlig lebendige Sommer in Kassel hinterlassen hat, verblassen. Alle Spuren? Nein! Da gibt es doch ein kleines Dorf am Rande von Kassel mit Namen Lauterbad. Und dort ist über die Sommermonate ein Wandgemälde entstanden, das ohne die Documenta nicht zustande gekommen wäre. Ganz fertig ist es noch nicht, denn es gab in diesem Jahr viel Regen; trotzdem ist schon viel zu sehen. Aber nun erstmal der Reihe nach. Die Leitthemen der documenta 12 In der Vorbereitungszeit für die Documenta wurden auch Schulen und Kultureinrichtungen in Kassel gefragt, ob sie nicht die Leitthemen der Ausstellung erarbeiten und gestalten möchten: Was ist das bloße Leben? Was tun? Wie wird Unsichtbares sichtbar? All diese Fragen führten dazu, dass sich Schüler von acht Schulen, der Waldjugend und dem Wassererlebnishaus über längere Zeit mit der Drusel befassten. Die Drusel ist der Bach, der im Habichtswald entspringt, der munter von unserer Schule aus an Waldorf- und Reformschule vorbei nach Kassel hinunterfließt – in früherer Zeit versorgte sie die Stadt mit Trink- und Brauchwasser – jetzt aber kanalisiert unter den anderen Schulen hindurchfließt zur kleinen Fulda wird, die in die große Fulda mündet. Die wiederum verbindet Das kann doch schöner aussehen! 16 sich mit der Werra zur Weser, fließt in die Nordsee und kehrt, wenn die Winde günstig stehen, als Wolke zum Habichtswald zurück. Der Ursprung dieses Kreislaufes ist nicht einfach zu finden. Denn die Drusel entsteht durch ein Quellgebiet; mehrere Zuläufe sind nötig, damit ein Bach erkennbar wird. Eines der Gebiete liegt direkt bei und auf dem Gelände unserer Einrichtung. Aber auch hier ist keine Quelle, munter aus Boden oder Fels hervorsprudelnd, erlebbar. Das Quellwasser sammelt sich in kleinen Teichen, ehe es als Bach weiterfließen darf. Keine Quelle da? Dann malen wir uns eine! Die Stützwand am Eingang von Lauterbad hat sich dafür direkt angeboten. „Oh ja, die sprayen wir an!“ meinten die Jugendlichen. Als sie sich aber an den Kosten für die Farbdosen beteiligen sollten, schwand die Begeisterung. Also doch lieber mit Farbe und Pinsel arbeiten. Zuvor musste die Wand von Schmutz und Moos befreit werden. Das geschah mit einem Hochdruckreiniger und machte dann fast genau soviel Spaß wie sprayen. Nach dem Grundieren, damit die Farbe gut haften bleibt, haben wir erst einmal blau gemacht, denn Wasser und Himmel haben genau diese Farbe. Also Pinsel und Rolle eintauchen in die Farbe und die Wand verbläuen, aber bitte nicht die Kleider und die Schuhe. Später suchten sich die Jugendlichen aus, was sie außerdem noch an der Wand haben wollten und haben das mit Unterstützung von Schulhelfern gemalt. Fertig wird das Bild aus besagtem Grund im nächsten Frühjahr, wenn die Sonne die Farben wieder richtig zum Leuchten bringt. Vernissage bei den Stadtwerken Das Projekt wurde natürlich dokumentiert. Die entstandene Schautafel war dann mit all den wunderbaren Beiträgen der a n d e r e n Te i l n e h m e r während der Documentazeit in den Räumen Und was malen der Stadtwerke wir jetzt? Kassel zu sehen. Es gab auch eine Vernissage mit langen Reden, zum Glück aber auch noch Getränken und Kuchen. Ein paar Wochen später fand eine Abschlussaktion statt. Ein über hundert Meter langes, blaues Band wurde von sehr vielen Schülern - auch wir waren dabei – vom Quellgebiet, die Drusel entlang, bis zur Fulda getragen. Helmut Laurentius Werklehrer Na bitte, sieht doch gleich viel besser aus! 17 Ein Dankeschön an die „Pension für Weitreisende“ Im Sommer 2006 und 2007 durften wir – das Ferienhaus Ostsee aus der Schulgemeinschaft Brachenreuthe am Bodensee – unsere lange Reise mit Übernachtungen in Lauterbad unterbrechen. Und Edmund Eisenhauer hat das so erlebt: „Wir wurden herzlich empfangen in einer Wohngruppe, in welcher wir alle viel Platz hatten. Die Betten waren gerichtet, Handtücher waren bereitgestellt und der Kühlschrank wunderbar bestückt, so dass wir selbständig unser Abendbrot und Frühstück machen konnten. Köstliche Aufstriche und das Brot haben uns gemundet! Am Abend gab es noch einen Spaziergang und am nächsten Morgen eine kleine Führung. Wir haben vieles gesehen (auch den neu gestalteten medizinischen Bereich) und einen Blick „über den eigenen Tellerrand“ machen können.“ Wir danken ganz herzlich für eure freundliche Aufnahme und können euch vielleicht eines Tages hier am Bodensee begrüßen. In Verbundenheit und im Namen aller Mitfahrenden grüßen Edmund Eisenhauer und Susan Boes An die Bewohner und Mitarbeiter vom Heil- und Erziehungsinstitut Lauterbad Sostasio, 15. Oktober 2007 Als ich wieder zu Hause aus dem Auto stieg, schaute ich zum Himmel und sah den Mond, der sich aus den Wolken zwängte. Ja, den gleichen Mond, den ich am Abend zuvor in Lauterbad gesehen hatte, und doch war ich so viele Kilometer von eurem Institut entfernt. Der Mond war immer in seiner gleichen majestätischen Größe zu sehen. Das brachte mich wieder näher zu Lauterbad. „Aber, wo waren die Kinder?“ dachte ich und als ich besser hinschaute, tauchte ein Stern nach dem anderen auf. „Wie ein Spiegelbild.“ Ich danke ganz herzlich für die immense Gastfreundschaft und die wunderbaren Tage, die ich mit euch habe verbringen können. In diesen Tagen habe ich viel gelernt und gleichzeitig bemerkt, wie viel noch zu lernen ist. Eine ganz große Bewunderung bringe ich den Praktikanten entgegen, die mit ihrer natürlichen Art und Weise, und noch wenig Lebenserfahrung, die Situationen gut meistern. Auch sie haben mich sehr viel gelehrt. Die Momente in den Schulstunden und Gruppen waren etwas sehr Eindrucksvolles. Die Geduld und innere Ruhe, mit der die Erzieher ihre Arbeit machen, ist bewundernswert. Wie wichtig der Tagesrhythmus ist, habe ich erst richtig zu spüren bekommen, als es leider wieder Zeit war, nach Hause zu fahren. Ich bin erst im ersten Kursjahr einer Ausbildung für die Heilpädagogik in Italien und gerne möchte ich eine solche Erfahrung wiederholen. Danke für alles, Sonja M. Dommaschk 18 - Zel ten am Edersee Diese drei Tage vom 17. bis 20. Mai am Edersee haben wir nun schon lange hinter uns gelassen. Es waren schöne, aufregende und ereignisreiche Tage, an denen wir sehr viel unternehmen und erleben durften... Statt Großraumzelten bezogen wir unsere dreieckigen Holzhäuschen, die man uns wegen des schlechten Wetters in den Tagen vor unserer Abreise zur Verfügung gestellt hatte. Besonders die Erwachsenen wussten dies zu schätzen. Wir richteten uns gemütlich ein, sammelten Holz fürs Lagerfeuer mit Stockbrot, Würstchen und Liedern am Abend. Wir frühstückten jeden Morgen draußen, besuchten und fütterten Tiere im Wildpark, kämpften gegen die Seekrankheit beim Umrunden des Edersees mit Bus und Auto an, genossen das teilweise sehr schöne Wetter und lernten uns einfach in anderem Rahmen noch besser kennen. Ich habe nun die Aufgabe, für meine Gruppe zu schreiben, und somit die Möglichkeit, noch einmal diese Zeit wiederaufleben zu lassen. Erzählen möchte ich nun von einem ganz besonderen schönen Tag für uns alle: dem 18. Mai 2007. So viele Menschen... Nach einem leckeren Frühstück mit Obstsalat und Müsli fuhren wir bei Sonnenschein und blauem Himmel in Richtung Sommerrodelbahn (übrigens auch sehr für einen Tagesausflug zu empfehlen, da einfach schön gelegen und doch recht schnell zu erreichen). Alle Kinder und Betreuer bekamen ihre Fahrkarten ausgehändigt. Zunächst stellten wir uns in einer Schlange an, die aufgrund des schönen Wetters und des beginnenden Wochenendes immer länger wurde... Um die Sommerrodelbahn kennen zu lernen, fuhr zunächst ein Kind gemeinsam mit jeweils einem Erwachsenen, wobei wir die Strecke erkundeten, die Kurven austesteten und die Steuerung mit Gas und Bremse überprüften. Die Mutigsten fuhren bald alleine, ganz ohne Hilfe, und alle hatten ihren Spaß. Zum Mittagessen gab es dann auch etwas Besonderes: Pommes für alle! Bei dem schönen Wetter machte es Freude, draußen zu sitzen. Nun wurde es langsam Zeit aufzubrechen, denn für einige von uns stand noch ein weiterer Programmpunkt, gesponsort durch private Mittel, auf der Tageordnung: Eine Kutschfahrt durch einen Teil des Nationalparks am Edersee. So trafen wir Kai, Loredana, Christian, Axel, Jan, Frau ... und nur 2 Pferde?? 19 Strohscheer, Frau Fuhlendorf und ich (Frau Pfeffer) - auf unseren Kutscher mit seinen zwei Rössern. Kai und Christian durften vorne auf dem Kutschbock sitzen, wir anderen machten es uns hinten gemütlich. So wurden wir eine Stunde lang durch den Wald geschaukelt und bekamen ganz viel Interessantes erklärt. Wir besichtigten eine kleine Kirche im Grünen und genossen dort ein wenig die Stille. Daran hätte man sich gewöhnen können, doch schon ging´s wieder zurück in Richtung Zeltplatz. Dort wartete der Rest der Gruppe auf uns, der schon begonnen hatte, das Lagerfeuer für das Abendessen vorzubereiten. Dies fiel zur Freude aller sehr üppig aus: Es gab Salate und leckeres Grillfleisch und Bratwurst im Brötchen. Nach dem Abendkreis im Freien ließen wir mit Gesang und Gitarrenmusik den Abend ausklingen und einen wunderschönen erlebnisreichen Tag unserer ersten - und hoffentlich nicht letzen - Gruppenfahrt enden. Esther Pfeffer Erzieherin Ein Geißbock.... zwei.....oder drei...? Glücklich und müde 20 Wei mar - Goethe - Buchenwald Für die erste Woche in den Sommerferien planten die Bewohner im Christopherus-Haus kurz entschlossen eine Dreitagesfahrt nach Weimar. Alle Steine waren schnell aus dem Weg geräumt und die Finanzen waren gesichert. An dieser Stelle dem Elternverein ein herzliches Dankeschön! Am 9. Juli starteten wir mit Bus und Bahn nach Weimar. Dort wohnten wir in der Europäischen Jugendbildungsund Begegnungsstätte Weimar (ejbw), eine Einrichtung, deren thematischer Schwerpunkt die politische Jugendbildung ist. Kunst und (Un)Kultur in Weimar Weimar selber ist eine Art Spiegel deutscher und europäischer Kulturund Unkulturentwicklung. So stehen hier neben den bekannten Größen Goethe und Schiller unter anderem Wieland, Herder, Musäus und ebenso Bach und Liszt auf der Liste der kulturfördernden Geistesgrößen. Friedrich Nietzsche lebte hier und Rudolf Steiner wurde in Weimar der Herausgeber von Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. In Weimar entstand das Bauhaus und Henry van de Velde und Walter Gropius seien hier ebenfalls als Kulturschaffende erwähnt. So entwickelte sich Weimar innerhalb von 3 Jahrhunderten zu einem Zentrum geistiger Größen. Um so absurder und schrecklicher ist die Tatsache, dass während der Nazizeit an diesem Ort das Konzentrationslager Buchenwald entstand, in dem auf bestialische Weise Zehntausende zu Tode kamen. Wir planten für diese Reise sowohl den Besuch des Goethegartenhauses, des Goethehauses und der Fürstengruft als auch einen Besuch der Gedenkstätte Buchenwald. Im Vorfeld befragten wir uns Mitarbeiter gegenseitig, ob dieser Besuch sinnvoll ist und traten mit der Gedenkstätte in Kontakt. Von dort wurden Bedenken hinsichtlich des Zieles eines solchen Vorhabens geäußert. Dennoch entschieden wir uns dafür. Am zweiten Tag der Fahrt brachen wir nach Buchenwald auf und bekamen von dem dortigen Pädagogen Herrn Gäde eine sehr einfühlsame und für unsere Jugendlichen angemessene Führung. Er führte über die dortigen Kunstobjekte in die unvorstellbaren Grausamkeiten des dritten Reiches ein. Durch die behutsame Art dieser Begleitung konnten die Jugendlichen ihrem persönlichen Entwicklungsstand entsprechend diesen Ort als Ort der Trauer und Ernsthaftigkeit erleben. Das „Sensationelle“ und „Drastische“ trat in den Hintergrund und so gelang es, eine emotionale Überforderung der Jugendlichen zu vermeiden. Nach dem Besuch der Gedenkstätte gingen wir die Kulturschneise zum Schloss Ettersburg, wo angeblich die Iphigenie zu Goethes Lebezeiten uraufgeführt wurde. Dort warteten zwei Taxen, die uns nach Leuthental brachten. Das ist ein kleines Dorf 12 km nördlich von Weimar. Hier leben die Eltern einer unserer Mitarbeiterinnen. Wir wurden mit Suppe und anschließend mit Kaffee und Kuchen versorgt. In diesem Dorf besichtigten Ferrari trifft Goethes Kutsche... 21 wir zwei Privatmuseen. Das eine ist eine Art Kuriositätensammlung, in dem vom Hausrat über Mineralien und geschichtlichem „Beweismaterial“ alles zu finden ist, während das andere die Möglichkeit bietet, an mechanischen fuß- oder handbetriebenen Maschinen z.B. zu drechseln oder töpfern. Es gibt hier eine Vielzahl an Nachbauten von Leonardo da Vincis genialen Erfindungen. Am späten Nachmittag fuhren wir zurück nach Weimar und ließen am Abend die Tageseindrücke im Gespräch noch einmal Revue passieren. Für die abendlichen Zusammenkünfte stellte uns die Einrichtung einen Extraraum zur Verfügung, in dem wir die Abende mit Rückblick und geselligen Beisammensein verbrachten. In den drei Tagen erlebten wir viel und für die Jugendlichen war es ein sicherlich bleibendes Erlebnis. Wir bedanken uns bei allen, die diese Reise kurzfristig ermöglichten und unterstützten. Ein besonderes Dankeschön an den Leiter und die Mitarbeiter der EJBW, die flexibel auf die besonderen Bedürfnisse unserer Gruppe eingingen. Ein Danke an Herrn Gäde, Pädagoge der Gedenkstätte Buchenwald und nicht zuletzt ein Danke an Herrn und Frau Malarski aus Leuthental, die uns sehr nett bewirteten und willkommen hießen. Kristin Hempel Heilpädagogin Hinter Goethes Gartenhaus an der Ilm 22 Endlich der richtige Durchblick! BUS - SCHLUSS... Mit den Autos geht es munter Oft recht schnell den Bach hinunter. Auch der Bus – der grüne – rutschte in den Graben Und erlitt totalen Schaden. Lag auf der Seite hinter’m Hohen Gras Für Kinder und den Fahrer war’s kein Spaß. Aber alle konnten ohne Retter Durch die Hintertüre klettern Und mit einem riesengroßen Schreck Kamen sie noch recht gut weg. Nur zur Reittherapie Gelangten sie an diesem Tage nie!.... Schuld daran war nur etwas Schnee, dafür kriegen wir ‘nen neuen VW. Das mit dem Schnee ist nicht ganz wahr, doch es reimt sich wunderbar.... Es war nämlich Eis, das verursacht diesen.......Mist. Heute ist das längst vorbei, Fotos gibt’s noch bei der Poliz-Ei. Allzeit Gute Fahrt im roten VW-Bus wünscht euch euer Anonymus. 23 Das Institut Lauterbad und alle tanzbegeisterten Jugendlichen möchten sich bei Uwe Kaufmann und seinem Team bedanken: für die geduldigen und lustigen Stunden, die er mit unseren Jugendlichen beim Tanzen verbracht hat und für die schönen Momente die er uns gegeben hat. Für die Zukunft wünschen wir der „Tanzschule für Sie“ weiterhin viel Erfolg und hoffen, dass die noch heranwachsenden Kinder aus Lauterbad die gleichen schönen Momente haben werden. 24 20 Jahre Tanzschule „Für Sie“ Am 03. Oktober wurden die Mitglieder des diesjährigen Tanzkurses und deren Freunde zu einer Discoparty in die „Tanzschule für Sie“ eingeladen. Ebenso wichtig ist es, sobald man in der Tanzschule eingetroffen ist, sich ein Getränk, natürlich alkoholfrei, von der Bar zu besorgen. Dort gab es einen Tag der offenen Tür mit einem vielfältigen Programmangebot bestehend aus Tanzvorführungen und Mitmachaktionen für Kinder und große Leute. Und warum? Eingeübt und gelernt werden die Grundschritte u. a. von Disco Fox und Langsamen Walzer. Diese einfachen Schritte können die meisten der Jugendlichen tanzen, auch wenn es bei Uwe Kaufmann feierte mit seiner Tanzschule das 20-jährige Bestehen! Etwa seit der Hälfte der Zeit, nämlich jetzt das zehnte Jahr, besucht eine Gruppe von Lauterbader Jugendlichen aus fast allen Gruppen zweimal jährlich den Tanzkurs. Organisation und Anmeldungen laufen über die Lebenshilfe. Für mich, der bisher jeden einzelnen Tanzkurs von Anfang an begleitet hat, ist es schön zu beobachten, wie wichtig für jeden der Jugendlichen die Teilnahme an den Tanzstunden ist oder war. Über die Jahre gerechnet müssten jetzt 30-40 Jugendlichen von Lauterbad teilgenommen haben! Bereits am Nachmittag beginnen die Vorbereitungen, man macht sich für das Tanzen zurecht. Die einen duschen, andere nehmen ein Bad. Dann folgt die Kleiderwahl, die meist aus der besten Sonntagsgarderobe besteht. Dies alles ist ein selbstverständliches Ritual für die Jugendlichen. manchen erst nach dem zweiten Tanzkurs sicher gelingt. Daher liegt in den Tanzkursen eine große therapeutische Qualität. Denn man braucht schon etwas Bewusstsein in seinen Füßen, um diese Schritte zu lernen. Außerdem ist für die Jugendlichen in diesem Alter die Begegnung mit Gleichaltrigen des anderen Geschlechts wichtig. Am Ende eines jeden Kurses, der zehn Tanzstunden beinhaltet, steht der Abschlussball. Dazu sind die Eltern und Freunde der Jugendlichen eingeladen und das Gelernte wird vorgeführt. Über die Winter- und Sommermonate gibt es eine Pause. Aber zum nächsten Tanzkurs wird man sich bestimmt wieder sehen. Friedemann Fuhlendorf Heilpädagoge Anm. d. Red.: Und wenn wir mal feiern, und man wird von einem der Kursteilnehmer zum Tanz aufgefordert, und es ist dann richtig Walzer oder ein Dico Fox, der getanzt wird, dann ist das eine feine Sache und macht einfach nur Spaß! 25 Her bst im Gebrüder-Grimm-Haus oben Die Kinder sind aus den Sommerferien zurückgekommen. Wir mussten uns erst einmal alle wieder einfinden. Es gab neue Gesichter in der Gruppe, Praktikanten wie Kinder, und es gab alte Gesichter, die nun woanders zu sehen waren. Vieles war neu und so brauchte es seine Zeit, bis jeder wieder seinen Platz kannte, bis jeder sich an seine kleinen alltäglichen Aufgaben erinnerte oder sogar neue Ämter übernommen hatte und bis der gesamte Rhythmus bei uns wieder Einzug gehalten hatte. Dann wurde es Herbst. Wir bereiteten uns langsam auf das Erntedankfest vor. Draußen gab es überall etwas zu ernten. Ganz besonders haben es uns in diesem Jahr die Holunderbeeren angetan. Am Nachmittag zogen wir uns gut an – es ist manchmal auch im September schon recht stürmisch hier oben im Habichtswald - dann ging es los. Wir suchten Holundersträucher, von denen wir noch die letzten tief violetten Beeren ernten konnten. Die Kinder strengten sich an, sie reckten sich, um an die Beeren, die so hoch hingen, heran zu kommen. Die Mitarbeiter mussten helfen. Einigen schmeckte es gleich, aber nein, die darf man doch so gar nicht essen! Außerdem wollten wir doch Gelee daraus machen. Endlich war der Korb voll und wir traten den Rückweg an. Unsere kleine unterschiedliche Schar zog durch den hohen Wiesenweg, an dessen Rand noch die letzten Blumen blühten. Unser Kleinster hüpfte fröhlich voran. Doch dann wurde er müde. schwupps, da flogen auch schon seine Schuhe ins Gebüsch; mochte so viel heißen wie: „nun mag ich nicht mehr laufen“. Oh je, was sollten die Erwachsenen da nur machen? Sie konnten ihn doch nicht tragen. Ernst und streng wurden die Schuhe wieder angezogen. Doch schon bald war der Ernst wieder vergessen und wir kamen müde und zufrieden „zuhause“ an. Am nächsten Tag setzten sich alle auf den Balkon und zuppelten mit einer Gabel die Beeren von den Stängeln. Wieder war unser Kleinster dabei, er sprang auf der Erde umher und suchte nach den herunter gefallenen Beeren. Es war so lustig, wie die über den Boden sprangen. Er konnte sich so 26 darüber freuen. Am Abend kochte unser Anerkennungspraktikant mit den Großen die Marmelade. Und – oh, sie schmeckte so vorzüglich, dass wir fast gar nichts anderes mehr mochten. Nächstes Jahr werden wir wieder sammeln gehen! Inzwischen hatten sich die Blätter an den Bäumen bunt gefärbt, wir sahen sie tänzelnd zur Erde fallen. Es kam Michaeli. Gesang von draußen tönte durch die Flure in die Kinderzimmer und weckte die schlafenden Kinder. Zum Frühstück gab es Hefezopf oder selbstgebackene Schwerter. Später ging es auf die große Wiese im Wald, umbei gutem Wind viele selbstgebaute Drachen fliegen zu lassen. Sie sollten zwischen Himmel und Erde feurig den Kampf mit dem Wind aufnehmen. Wenn in Lauterbad Michaelizeit ist, ist auch das Schmieden ein stets gepflegter Brauch. Die Kinder konnten am sprühenden Feuer ein glühendes Eisen auf dem Amboss mit des Hammers Schlag hart und biegsam schmieden. Es entstanden Haken, Spitzen und Nägel. Diese selbst geschmiedeten Drachen waren der ganze Stolz unserer Kinder. Schließlich brauchte es auch einiges an Mut, um sich erst einmal an das Feuer heran zu wagen, danach brauchte es viel Kraft, um den Hammer zu schwingen. Neben dem Schmieden fanden natürlich auch Mutspiele statt. Hätten Sie den Mut, über das Feuer zu springen, durch die Drachenhöhle zu klettern oder gar mit dem Drachen selber zu kämpfen? Der Erzengel Michael, von dem wir viele Geschichten gehört haben und von dem wir viele Lieder gelernt und gesungen haben, war Vorbild für unseren eigenen Mut. Er hatte den Drachen im Himmel besiegt. Und nun übten wir hier auf der Erde in vielen Spielen mutig zu sein und uns zu überwinden. Denn Mut brauchen wir nicht nur an Michaeli, Mut brauchen wir auch, wenn wir das Fahrradfahren üben, oder allein in der Küche nach Lebensmitteln fragen sollen, obwohl wir gar nicht so gern sprechen. Mut brauchen wir, wenn wir allein einen Text im Heft schreiben wollen, und glauben, es gar nicht zu können. Aber an Michaeli können wir all diesen Mut im Spielerischen üben. Doch auch die Fantasiekräfte wurden geschult. Auf dem Schulhof entstand aus buntem Herbstlaub und ein paar Hagebutten ein großes St. Michaelibild, wie er mit dem Drachen kämpft. Dann war das Schmiedefeuer verlöscht, die Drachen haben den Wind besiegt, viele Kinder haben ihren eigenen inneren „Drachenkampf“ gewonnen und es ging langsam auf die Herbstferien zu. Wie schön war es, wieder einmal zuhause zu sein. Einige Kinder aus der Feriengruppe fieberten dem Tag entgegen, an dem auch sie endlich nachhause abgeholt wurden. Doch die H e r b s t f e r i e n dauerten nicht so lang, schon nach zwei Wochen trafen wir uns wieder. Draußen war es inzwischen richtig herbstlich geworden. Die Blätter hatten nun ihre glühenden Farben verloren, morgens dauerte es lange, bis die Sonne sich durch den nassen Nebel gekämpft hatte und abends wurde es viel früher dunkel. In Lauterbad bereiten wir uns nun langsam auf St. Martin vor. Wir besinnen uns auf die Geschichte vom Ritter St.Martin, wie er seinen Mantel mit dem armen Mann teilt. An St. Martin werden wir alle in der Gruppe Hefekringel backen, die dann jedes Kind mit einem anderen teilen kann. So versuchen wir, den Kindern mit Symbolen und erlebbaren Bildern die Inhalte der christlichen Jahresfeste nahe zubringen. Die ungemütlichen, meist verregneten Nachmittage nutzen wir, um drinnen an unseren Laternen zu basteln. Wenn es draußen dunkel wird, ist es wichtig, dass wir uns innen – auch innerlich – ein Licht entzünden. Aber die Herbstesstürme pfeifen noch durch die Ritzen und rütteln an den Fensterläden. Auch in unserer Gruppe tobt noch so m a n c h e r Herbstessturm in den Gemütern. Für manche ist der Herbst keine leichte Zeit. Um so wichtiger ist es, mit unserem Licht langsam zur Ruhe zu kommen. Beim besinnlichen Basteln singen wir die St. Martins Lieder und manchmal wird es schon recht still. Dann kann man das innere Licht erahnen, das wir noch mit einem Mantel schützen wollen, um es sicher durch die dunkle Winterzeit zu tragen. Wenn wir es geschafft haben, dieses Licht zu behüten, tief in unserem Herzen, dann wird es uns in der Adventszeit sicher auch leuchten und bis zum Weihnachtsfest mit jedem Tag ein bisschen heller werden. Denn dann wächst ja auch die Vorfreude auf Weihnachten mit jedem Tag. Die Sinne werden wieder wach, beim Duft aus der Plätzchenbäckerei oder bei der Freude, die die Kinder haben, wenn sie für ihre Eltern Geschenke basteln. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine ruhige und besinnliche Adventszeit. Anja Ring Erzieherin 27 28 Jun gsgruppe, wer und was ist das eigentlich? Seit Beginn des Jahres gibt es in Lauterbad die Jungsgruppen, anfänglich nur eine, inzwischen drei. Die Gruppen setzen sich aus drei bis fünf Jungs und einem Betreuer zusammen. Sie sind bewusst klein gehalten, um auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen eingehen zu können. Auch die Zusammenstellung ist so, das die Jungs in einer Gruppe ähnliche Möglichkeiten haben, damit man allen gerecht werden kann. In meiner Jungsgruppe geht es um Jungssachen, Abenteuer, sportliche Grenzerfahrungen, Autos, ein bisschen Kultur, Frauen und alles was junge Männer halt so interessiert. Ursprungsidee für die Jungsgruppe war der verstärkte Wunsch der Einrichtung, sich mit der Sexualität der Jugendlichen bewusster und offensiver auseinander zu setzen. Seit einigen Jahren stellen wir fest, dass die Sexualität bei den Kindern und Jugendlichen früher und intensiver thematisiert wird. Mit der zunehmenden Sexualisierung in den Medien, insbesondere in der Werbung, werden bei den Kinder schon sehr früh Interessen geweckt, mit denen sie eigentlich noch gar nichts zu tun haben sollten und mit denen sie nicht umgehen können. Auch im Sprachgebrauch haben sich viele sexuelle Begriffe etabliert, vor allem negativ beladene, die die Kinder längst kennen und unreflektiert benutzen. Mit einer gezielten pädagogischen Bearbeitung dieser Thematik und mit der notwendigen Offenheit soll der Heimlichkeit und der damit entstehenden Gefahr der Übergriffe unter den Jugendlichen begegnet werden. Damit uns das gelingen kann, arbeiten wir mit professioneller Unterstützung durch Pro Familia und auch anthroposophische Fortbildungen zum Thema. Die Jungsgruppe ist für die Jungs im Alter zwischen 12 und 16 bzw. bis zum Eintritt in die Werkstufe und soll ihnen unter anderem eine Möglichkeit bieten, sich untereinander auszutauschen, Themen und Fragen zu besprechen. Wie ist es, wenn man verliebt ist? Was ist eine Beziehung? Wie findet man eine Freundin? Wie entsteht ein Kind? Was darf man und was nicht? Dadurch, dass sich in der Jungsgruppe Jugendliche aus verschiedenen Gruppen treffen, können Freundschaften über die eigene Gruppe hinaus entstehen und gepflegt werden. Freundschaften sind ein wichtiges soziales Übfeld, auch für Beziehungsfähigkeit. Friedrich Neitzel Erzieher 29 „Wann ist wieder Mädchengruppe?“ „Was machen wir am Donnerstag?”, stürmt es auf mich ein, wenn ich Tage vorher über’s Gelände gehe. Jede Woche auf’s neue freuen sich die Mädchen auf ihren Nachnittag „ganz unter Frauen“. Am Wichtigsten ist ihnen das das gemütliche Zusammensein, und das möglichst außerhalb von Lauterbad. So wurde meine Wohnung im Moselweg bald beliebter Treffpunkt. Beim gemeinsamen Kaffeetrinken ergeben sich immer wieder Gespräche über so manches, was junge Mädchen bewegt. Favorit ist bei uns Kochen und Backen: Ein leckerer Nachtisch, selbstgemachtes Eis, selbst zubereitete Marmelade, oder Apfelmus kochen. Und auf dem Weg nach Hause wird im Auto kräftig gesungen. Oh ja, dieses Hexenhaus wollen wir backen! Das schmückt dann während der Adventszeit unseren Speisesaal. Frisch an’s Werk! Bald wird es in der Küche wunderbar duften. Wirklich schade, dass das kein Riechheft ist... Agnes Storz Heilpädagogin 30 Das liebe Federvieh - oder der Ausflug nach Kaunitz Wie fing das überhaupt an mit den Gänsen und Hühnern? Die Gänse bekam ich einmal geschenkt, die letzte zur Zeit der Geflügelpest und der Stallpflicht. Damals stand gerade der Schafstall leer und ich musste mal zum Zahnarzt. Dieser stand jäh vor dem Problem, seine Hühner und Gänse einsperren zu müssen – so gab er mir die Gänse mit. Es waren nur zwei, ein Gänsepaar. Gänse sind übrigens sehr monogam und es passiert nicht selten, dass Gans oder Ganter sich zu Tode trauert, wenn der andere Teil des Paares durch eine unglückliche Begegnung mit Fuchs oder Marder zu Schaden kommt. Nun, diese beiden legten noch keine Eier. Ein Freund wollte Hühner haben, bestellte 12 Eintagsküken – die werden übrigens im Karton verschickt – und nach einer Weile kristallisierten sich nur fünf Hühner heraus. Der Rest waren Hähne. „Fridtjof, habt ihr nicht Hühner da oben?“ „Noch nicht“ sagte ich, „bzw. nicht mehr, aber wir arbeiten dran, sind im Prozess.“ Er wollte natürlich einen Hahn los werden. In Kaunitz – ein kleiner Ort in Ostwestfalen – ist jeden ersten Samstag im Monat ein großer Vieh- und Trödelmarkt. Dieser hat eine besondere Atmosphäre, geprägt durch den Charakter des Federviehs und den der Viehhändler. Man findet nicht nur Nutzrassen, sondern auch Kolibris, Kanarienvögel, Papageien. Das Gekrächze, der besondere Geruch und das Marktgeschrei – das alles muss man wahrhaft verkraften können. Oft gibt es morgens um 9.00 Uhr schon keine Jungtiere mehr. Also fuhren Sebastian B., Daniel G., Jan S., Frau Merichenko und ich sehr früh los, denn wir wollten in Kaunitz junge Hühner kaufen. Uns gefielen die weißen Deutsche Leghorn, die grauen Grünleger (die Schale ist zart grün) und zwei braune. Der oben erwähnte Hahn ist von einer robusten und frostempfindlichen Rasse, genannt Westfälischer Totleger (legen Eier, bis sie sterben). Nicht der Hahn! (Anmerkung der Redaktion). Wir fuhren über Paderborn zurück nach Lauterbad und holten auf dem Weg noch den Hahn ab. Alle Jungtiere sind jetzt fast ausgewachsen. Bis die Hühner Eier legten, hat es eine Weile gedauert! Jan S. schließt – meistens – die Ställe und mistet gut aus. „Kleinvieh“ macht auch Mist“ – als Kind wusste ich mit dieser Aussage nicht wirklich etwas anzufangen. Das mag mit der Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Mühe, Arbeit und Erfolg zu tun haben, der in diesem Satz gut ausgedrückt ist. Der Mist bezieht sich ja nicht nur auf die Arbeit des Ausmistens, sondern ist die Voraussetzung für die Bodenfruchtbarkeit und eine ausgewogene Ernte. Mist ist allerdings auch, dass die Viecher rumlaufen und sich unerlaubt auf die Baustelle begeben, und ganz großer Mist ist, dass der Gockel so früh schon kräht... Fridtjof Graf Gärtnermeister 31 Aug enblick mal... ... in Lauterbad gibt es ja nicht nur neue Mitarbeiter, die sich hier im Heft noch vorstellen wollen! Hier gibt es auch ganz andere Wesen, die schon seit Jahren im Hintergrund arbeiten! Und z.B. Gras fressen, morgens mit einem fröhlichen IA oder Kikeriki (nicht nur) für Freude sorgen, auch für Aufregung, wenn sich mal wieder jemand selbständig gemacht hat und die mit vielen Streicheleinheiten umsorgt werden. dürfen, außer von den ganz kleinen Kindern. Natürlich gibt es auch noch diverse Meerschweinchen, Kaninchen, Fische und Kanarienvögel. Nicht zu vergessen sind die beiden Hunde. Ronja mehr auf der Gruppe im Gebrüder-GrimmHaus unten und Lucy mehr auf dem Gelände, aber auch mal in der Schule, beide fordern Streicheleinheiten und Spaziergänge ein. Es gibt eine kleine Anzahl von verschiedenen Tieren in Lauterbad, die, z.T. in Privatbesitz, die Kinder mit ihrer Anwesenheit beglücken: Unsere lebenden Rasenmäher, im Moment sind es 8 Schafe, leben schon länger in Lauterbad. Im Herdenverband sind Schafe oft etwas scheu und werden erst zutraulich, wenn sie jemanden besser kennen. Im Frühjahr erfreuen sie uns regelmäßig mit niedlichen Lämmern und später kann man auch bei der Schur helfen oder zuschauen. Des weiteren gibt es 10 aufmerksame Wesen, die mit viel Geschrei sämtliche Bewegungen auf dem Gelände kommentieren. Unsere Gänse sollte man lieber respektvoll von Weitem beobachten. Die sechs Hühner und ihr Hahn dagegen sind recht zutraulich und beschenken uns täglich mit Eiern. Ganz neu nach den Sommerferien zugezogen ist Elfriede, unsere Ziege, sehr zutraulich und freundlich, möchte sie gar nicht so gerne auf ihrer Weide bleiben, sondern viel lieber in der Nähe von den Menschen sein. Sie teilt sich die Wiese mit zwei ruhigen und ausgeglichenen Eseln: Mara und Merle, die aber auch mal mit Galoppsprüngen für Aufregung sorgen, da sie noch sehr jung sind und noch nicht geritten werden Die Erfahrungen mit den Tieren haben gezeigt, dass allein ihre Anwesenheit die Stimmung bei den meisten Kindern positiv beeinflusst, Rücksichtnahme und Durchsetzungsvermögen bei den Kindern fördert oder dass Ängste abgebaut werden. Das Zusammensein mit Tieren fördert die Sprachentwicklung, weil man mit den Tieren sprechen muss, wenn man etwas von ihnen will und sie liefern immer wieder neue Gesprächsinhalte. Aus der Reit- oder Delfintherapie ist seit längerem bekannt, dass Tiere eine ganz e i g e n e therapeutische A n s p r a c h e ermöglichen und es wird immer wieder von überraschenden Erfolgen durch den Einsatz von Tieren in der Therapie berichtet. Denn: Tiere sprechen nicht zuerst den Verstand, sondern direkt die tieferen Schichten einer Persönlichkeit an; ohne selbst zu fordern, bringen sie immer wieder neu positive Gefühle ein; sie schenken sinnliche Reize und Erlebnisse, die von einem menschlichen Gegenüber nicht immer geboten oder angenommen werden können. 32 · · · Tiere ersetzen dabei keine Menschen - nicht in Beziehungen, nicht in der Erziehung, nicht in der Therapie. Aber Tiere können Menschen helfen - in der Anbahnung von Beziehungen, in der Ausgestaltung einer Therapie oder auch in der Erziehung. Denn Tiere haben keine VorUrteile, sie sind nicht am Intelligenzquotienten oder einem besonders attraktiven Äußeren des Menschen interessiert. Sie reagieren direkt auf die Persönlichkeit ihres Gegenübers, nicht auf dessen sozialen Stand oder e v e n t u e l l e Beeinträchtigungen. Dadurch können Tiere gerade unseren Kindern in Lauterbad so viel geben. Vor allem Kinder mit einem aktiven Betreuungsbedarf genießen es, wenn sie ein Tier führen dürfen. Die Arbeit mit den Tieren unterstützt verschiedene Ziele: · die Mobilisierung und Förderung sozialer, emotionaler und kognitiver Fähigkeiten und Fertigkeiten. die spielerische Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und Schwächen die Entwicklung von Empathie und eigenen Verhaltensstrategien gegenüber einem anderen Wesen um das angestrebte Ziel (z.B. eine kleine Zirkusvorstellung) zu erreichen, müssen Fantasie, Kreativität, Konzentration und Durchhaltevermögen mobilisiert werden. Zuneigung erleben und Streicheleinheiten zurückgeben · · · · Vor den Herbstferien lief in der sechsten Klasse eine “Probeepoche” zum Thema “Tiere in Lauterbad”, die sich für alle Beteiligten als sehr positiv für die verschiedenen Kinder herausstellte. Es war für jedes Kind etwas dabei: vom Führen eines Epochenheftes, über das Erlernen eines Anbindeknotens, das Spazieren gehen mit den Tieren und dass man viele Leute kennen lernt, wenn man mit Esel und Ziege zum Herkules wandert, bis hin zum Aufräumen der Wiesen oder einfach nur mal kuscheln. Der Höhepunkt waren die Ausflüge zu den näher gelegenen BioBauernhöfen, wo wir einmal als Geschenk für unsere tatkräftige Hilfe und wegen unserer Begeisterung ein Huhn geschenkt bekamen. In unserer Einrichtung gibt es die Idee, ein Projekt „tiergestützte Pädagogik“ zu starten, um professioneller die Arbeit mit den Tieren in den Alltag einzubeziehen. Unser Traum wäre die Anschaffung von Alpakas, Minischweinen und eines Pferdes. Haben Sie Interesse an dieser speziellen pädagogischen Arbeit? Dann rufen Sie uns an, wir informieren Sie gerne! Judith Neitzel Erzieherin 33 Wer arbeitet wo? Johannes-Haus oben Barbara Strohscheer, Esther Pfeffer, Andrea Palitza, Daniela Fuhlendorf, Patrick Hildebrandt, Sonja Hernmarck, Jomart Omurov Es fehlen Nadine Körber und Sarah Wermers (Schulhelferinnen) Johannes - Haus unten Margareta Wolff-Angebauer, Yvonne Hoppert, Tina Machulik Friedrich Neitzel, Franz Storz Es fehlen Alina Stroe, Lüder Kriete sowie die Schulhelfer Sophia Riehm und Eduardo Alvites 34 Haupthaus Richard Klöker Ines Schöler Charlotte Barthel Birgit Zapf Meryem Sahin Christine Neumann Alexandra Kaps Es fehlt Marie Krüger (Schulhelferin) Gebrüder-Grimm-Haus oben Jürgen Ehlert Robert Meerhoff Frithjof Graw Annette Siebenbrock Anja Ring Es fehlen Ann-Kathrin Rabe und Jasmin Reul (Schulhelferin) Christopherus - Haus Lukas Hadasch (SH) Kristin Hempel Friedemann Fuhlendorf Wolfgang Pramann Patricia Seidel Es fehlen Lars Groterjahn und Katharina Schaub (Schulhelferin) 35 Gebrüder-Grimm-Haus unten Thomas Haugwitz (SH), Thomas Rink, Helga Rink Danielle Herrmann, Katharina Stell (SH), Olena Leus, Sabina Craciun Es fehlt Kerstin Drews Das Kollegium aus der Schule Kirsten Heberer, Gundi Pollmann, Gerri Clemens, Michael Weiß, Ursula Linnemann, Thomas Mögel, Eva-Maria Rohde-Tesar, Hilde Fiedler, Eberhard Remlinger, Verena Weber, Helmut Laurentius, Ilu Thiäner, Gundula Poeplau. Es fehlt Andreas Bünsow 36 Lau terbad sagt Danke, für langjährige, treue Mitarbeiterschaft Dieses Jahr rundeten sich bei verschiedenen Mitarbeitern die Dienstjahre in Lauterbad. Da es doch einige waren, die es zu beglückwünschen galt, haben wir die Jubiläen mit Kaffetrinken gefeiert, bei dem wir die Jubilare benannten, ehrten und wertschätzten. Vielleicht haben Sie die Bilder und Kommentare im Internet verfolgt. Es ist ja in Lauterbad Brauch, ein richtiges Jubiläumsfest nach fünfundzwanzig Dienstjahren zu begehen. So hielten wir es auch in diesem Jahr. Für 20-jährige, treue Mitarbeiterschaft wurden Herr Bünsow, Frau Angebauer und Frau Dobiaschowski beglückwünscht. Noch ein paar Jahre und Ihr bekommt auch ein großes Fest... Für 25-jährigen, engagierten, liebevollen und intensiven Einsatz beglückwünschten wir Helga und Tomas Rink sowie Helmut Laurentius. Helmut Laurentius war leider aus persönlichen Gründen verhindert, an der Feier teilzunehmen. Helga und Tomas Rink sind ja nun doch in einer besonderen Weise mit Lauterbad verbunden. Sie wohnen und leben dort, sie haben dort ihre Kinder mit den Heimkindern großgezogen und sie sind stets ansprechbar, ob nachts, in den Ferien oder am Wochenende, wenn es irgendwo brennt oder „Not-Alarm“ droht, sie sind zur Stelle. Sie sind auch in ihren leitenden Positionen bekannt. Frau Rink als Institutsleitung für den Heimbereich und Herr Rink in gewisser Weise auch durch seine Tätigkeit im Vorstand und schlicht durch seine ganz persönliche Präsenz in vielen tragenden Kommissionen: im Baukreis, im Sozialfond oder sonstige tragende Elemente unserer Einrichtung. 37 So pflegen Rinks die Verbindung zu vielen Betreuten noch lange Jahre nach deren Verlassen des Instituts. Sie besuchen sie auf ihren Reisen in verschiedensten Teilen Deutschlands, um beispielweise Klassenspiele oder andere Anlässe mitzuerleben. Wie gut, dass sie so ein großes Wohnmobil haben! Nun zurück zu unserer Jubiläumsfeier. Weil diese beiden eine so langjährige gemeinsame Erfahrung haben, die so viele Höhen und Tiefen durchlebt hat, da wollten wir jüngeren Kollegen einfach mal wissen, wie gut ist ihre Teamfähigkeit denn wirklich? Und nun komme ich zum humorvollen Teil der Feier, wir nutzten die fröhliche Atmosphäre für einen Sketch. „ToGa“ wurde ins Leben gerufen. Sie bestand aus dem sehenden Kopf von Helga und den blinden Händen von Thomas. Wie jedes Kind in Lauterbad musste auch „Es“ das alltägliche Procedere über sich ergehen lassen, vom Waschen, musizieren, über das Haare kämmen, Einkremen, bis hin zum Frühstücken, das seinen krönenden Abschluss im Zähneputzen fand. Natürlich hatten wir Kollegen unseren Spaß, zu sehen, wie Herr Rink blind seiner Frau die Zähne putzen musste, aber alle Achtung, es bleibt zu sagen, Helga, Thomas, Ihr seid ein super Team! Wir danken Euch für Euer Dasein! Ich selbst bin noch nicht so lang in Lauterbad tätig, wenn ich auch schon seit vielen Jahren immer wieder in engem Kontakt stand. Dennoch, oder gerade deshalb, möchte ich persönlich all Denjenigen, die bereits so viel Zeit, Lebenskraft und liebevolles Engagement geleistet haben, meine ganz persönliche, herzlichste Anerkennung aussprechen! Das Wichtigste sind und bleiben ihnen jedoch wohl unsere besonderen Schützlinge. Immer sind sie bemüht, jedem Kind, das in Lauterbad anklopft, einen Raum zu öffnen, einen Platz zu schaffen, an dem es sich entwickeln und wachsen kann, physisch wie seelisch. 38 Und in diesem Zusammenhang möchte ich noch Helmut Laurentius für all die vielen Jahre, die er schon für die Kinder und Jugendlichen da ist und für die er auch ein ganz besonderes Händchen hat, ganz besonders danken: wann welches Kind oder welcher Jugendliche diese oder jene Materialien bearbeiten könnte und welchen motorischen oder feinmotorischen Anspruch das Werkstück haben darf. Muss erst einmal die überschüssige Kraft heraus? Oder soll heute mehr die Ausdauer im Feinen geschult werden? So gibt es unzählige Aspekte, die er mit einem tiefen, geschulten und liebevollen Blick auf die ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen in sein Tun einfließen lässt. Ich glaube, es gibt kein Kind, das sich nicht auf den vielfältigen Werkunterricht bei ihm freut. Dort wird gemalt, gezeichnet, gewerkelt, getont, ja sogar Möbel wurden schon hergestellt: Fabian F. baute für seine Mutter ein Bücherregal, Jan S. baute einen Wandspiegel, auch ein „echter“ Ferrari aus Holz, ganz in rot, sauste bereits aus der Werkstatt. Durch solche besonderen Tätigkeiten gelingt es ihm immer wieder, die Kinder zu begeistern und sie mit Freude ins Tun kommen zu lassen. Dass man an solchen Dingen auch Geduld und Ausdauer, oder die Notwendigkeit des Aufräumens erlernt und erübt, fällt vor lauter Eifer und Stolz gar nicht auf. Helmut Laurentius lässt den Lauterbader Kindern auch außerhalb der Schulzeit seine Fähigkeiten zu gute kommen. Jeden Mittwoch ist es für die großen Jugendlichen eine Freude, in sein Atelier zu fahren, um dort einmal „wie richtige Künstler“, an der Staffelei zu malen, oder auch einfach mal bei Cappuccino und Musik „abzuhängen“ und sich über Themen der „Großen“ auszutauschen. Auch auf dem Gelände von Lauterbad kann man seine Spuren verfolgen. So sind seine Werke im Park, am JohannesHaus oder am Schulhof zu finden, die uns um Einiges an Kunst und K u l t u r bereichern. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Materialien und Werkzeugen weckt die Sinne. Da muss man fühlen, wie rau das Holz noch ist, wie glatt man es noch schleifen muss oder ob die Raspel noch mal gefragt ist. Kann ein Kartenständer schließlich eingeölt werden, spricht das stark der Geruchsinn an, wenn der Duft des Leinöls durch den Raum zieht. In diesen Bereichen ist Helmut Laurentius stets wach dafür, individuell zu sehen, Helmut, es ist schön, dass wir Dich als Kollegen bei uns wissen dürfen. Vielen Dank! Anja Ring Erzieherin 39 Dennis und Markus haben viele Jahre in Lauterbad gelebt. Noch heute gehen regelmäßig die Telefonate oder Besuche in beide Richtungen hin und her. Wir freuen uns mit den Beiden, dass sie ihren Lebenort gefunden haben und wie sie sich den Anforderungen des Lebens stellen. “Zu den Pionieren des ambulant betreuten selbstständigen Wohnen gehören seit fünf Jahren Dennis Szemeitat und Markus Martin.” (Aus “Leben, wie es uns gefällt”) Freunde fürs Leben Dennis Szemeitat und Markus Martin gehören zu den ersten Menschen mit einer geistigen Behinderung, die den Schritt gewagt haben: Die beiden Freunde leben seit Helle Schweden-Möbel, Blumen auf dem Tisch, Bettwäsche von Borussia Dortmund, Pokale im Schrank, an der Wand ein Wimpel der Kassel Huskies. In einer Ecke steht ein Computer und auf der Fensterbank sitzt Fritz, ein Teddy aus Kindertagen, der noch immer seine Dienste tut. Die Wohnung von Dennis Szemeitat und Markus Martin sieht aus wie eine ganz normale Wohngemeinschaft von jungen Leuten. Die beiden 28-jährigen haben jedoch länger auf ihre Unabhängigkeit warten und mehr dafür trainieren müssen als ihre Altersgenossen. Denn Dennis und Markus sind geistig behindert. Nach sieben Jahren endlich eine eigene Wohnung Kennengelernt haben sich die beiden vor 18 Jahren, als sie gemeinsam eine Sonderschule in Kassel besucht haben. Aus dieser Zeit ist die Begeisterung für die Kassel Huskies geblieben. „Die werden dieses Jahr wieder in die erste Eishockeyliga aufsteigen“, ist Markus überzeugt. Als sich nach der Schulzeit 10 40 die Frage stellte wo und wie sie zukünftig leben wollen, sah sich die Mutter von Dennis in Solingen nach einer geeigneten Einrichtung um. Sie entschied sich für eine Wohneinrichtung des Vereins Behindertenheimstätte. Dennis zog 1995 dort ein, Markus folgte seinem Freund ein Jahr später. „Nach sieben Jahren im Heim hatten wir dann endlich eine eigene Wohnung“, erzählt Dennis. Zuvor hatten die beiden ein Trainingsprogramm für mehr Selbstständigkeit absolviert: die Bedienung der Waschmaschine, alleine einkaufen oder die Verwaltung des eigenen Geldes. Je mehr Dinge sie gelernt hatten, desto sicherer fühlten sie sich. Die „Rundum-Betreuung“ im Heim haben sie eigentlich nie gebraucht, ganz ohne Betreuung geht es aber auch nicht. Mit jeweils etwas mehr als drei Stunden in der Woche werden Dennis und Markus von Svenia Schmitz und An- na Joerß betreut. Sie besprechen mit den beiden Fragen der Haushaltsführung, helfen ihnen bei Behördengängen und Geldangelegenheiten. Svenia Schmitz begleitet Dennis, wenn er ein neues Hörgerät benötigt. „Die Nachbarn haben uns gefragt, ob wir putzen können“ mern sich im Herbst um das Laub. Auch in ihrer eigenen Wohnung nehmen die beiden das Saubermachen sehr genau. Montag bis Mittwoch ist Wäsche waschen dran und dienstags putzen sie die Wohnung. Einmal in der Woche planen sie das Essen für die Woche. Auf dem Speiseplan steht weit mehr als nur Pizza und Pommes. Beim Einzug waren die neuen Nachbarinnen und Nachbarn noch skeptisch. „Die haben uns gefragt, ob wir putzen können“, erzählt Markus mit einem schmunzeln. Mittlerweile haben sie durch ihre freundliche und unkomplizierte Art die Nachbarschaft für sich gewonnen. Dennis und Markus putzen das Treppenhaus zur Zufriedenheit der anderen Mieter, schippen schon mal Schnee für die Nachbarn oder küm- Dennis und Markus sind Mieter der 70 Quadratmeter großen Wohnung mit Küche, Wohnzimmer, Bad und zwei Zimmern. Jeder bezahlt die Hälfte der Kosten. Dennis verdient sein Geld als Hausmeister im Kulturzentrum Cobra in Solingen und Markus arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen in der Garten- und Landschaftspflege. Beide sind stolz daraus, dass sie ihr Geld selber verdienen. Markus würde gerne in einer „richtigen Firma“ auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten: „Das ist das einzige, was ich mir noch wünsche.“ „Ihre Freizeit ist total ausgefüllt“ Die beiden freuen sich ganz offensichtlich über ihre Unabhängigkeit und über die Freiheit, ihr Leben so zu gestalten, wie es ihnen passt. Ihre Betreuerinnen müssen sie bei ihren vielen Aktivitäten manchmal bremsen, „weil ihre Freizeit total ausgefüllt ist“, wie Svenia Schmitz meint. Sie spielen Theater und Fußball, gehen mit Freunden zu fast jedem Spiel von Union Solingen, Bayer Leverkusen oder den Kölner Haien und vergnügen sich mit Arbeitskollegen auch schon mal bis drei Uhr nachts mit Computerspielen. fünf Jahren in einer gemeinsamen Wohnung und haben nicht vor, daran etwas zu verändern. Dennis ist begeisterter Bahnfahrer und fotografiert gerne. Bisher lässt er seine Fotos in einem Drogeriemarkt vergrößern. Er überlegt jedoch, sich eine Digitalkamera zu kaufen. Im letzten Jahr haben die beiden gemeinsam eine Woche Urlaub in Berlin gemacht. Markus wird heute noch ganz aufgeregt, wenn er sich daran erinnert, wie sie alleine die Zugverbindung und ein Hotel raus gesucht haben. Berlin haben sich die beiden hauptsächlich mit der S-Bahn erobert. Sie sind in viele Museen gegangen und haben nach Resten der Mauer gesucht. „Ganz ohne Betreuung“, meint Markus selbstbewusst und Dennis zeigt stolz die Fotos, die er in Berlin gemacht hat. Mit freundlicher Genehmigung dem Heft “Leben, wie es uns gefällt” des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), Dezernat Soziales und Integration 11 entnommen. 41 In diesem Jahr (wieder) gekommen... Ich heiße Sabina Craciun, bin 27 Jahre alt und komme aus Rumänien. In Rumänien habe ich schon als Erzieherin und Lehrerin gearbeitet. Anschließend habe ich im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres im Heil-und Erziehungsinstitut für Seelenpflege- bedürftige Kinder und Jugendliche Lauterbad in Kassel gearbeitet. Das Freiwillige Soziale Jahr und die Zeit, wo ich in Rumänien als Lehrerin arbeitete, haben mein Interesse und meine Neugier für Heilpädagogik geweckt und so bin ich 2006 nach Kassel zurückgekommen, um am Rudolf Steiner Institut Kassel eine Zusatzausbildung als Heilpädagogin zu machen. 2007 habe ich meine Bewerbung als Mitarbeiterin eingereicht und so kam ich wieder nach Lauterbad. Hier fühle ich mich herzlich aufgenommen und hoffe auf eine lange fruchtbare Zusammenarbeit. Sabina Craciun Heilpädagogin Hallo, ich bin Sonja Hernmarck und arbeite seit Mitte August 2007 im Johanneshaus oben. Im Schwäbischen geboren und aufgewachsen, lebte ich einige Jahre in Rostock und später acht Jahre in Bingenheim. Dort arbeitete ich als Lehrling und später als Gärtnerin im Gemüsebau mit Seelenpflege-bedürftigen Jugendlichen und Erwachsenen zusammen. Meine dreijährige Ausbildung zu Heilerziehungspflegerin schloss ich im Sommer 2007 ab. Ich freue mich, hier in Lauterbad in einer anthroposophischen Einrichtung tätig zu sein, da ich die Gestaltung des Lebens im Lauf der Tageszeit und der Jahreszeiten als wesentlich für die heilpädagogische Arbeit erlebe und mir die anthroposophischen Erkenntnisgrundlagen hilfreich für das Verständnis der Bedürfnisse des einzelnen Kindes sind. Sonja Hernmarck Heilerziehungspflegerin Frau Craciun und Frau Hernmarck stehen stellvertretend für weitere neue Kollegen und Kolleginnen: Simone von Glahn (Assistentin d. Inst.-Leitung), Hilde Fiedler (Schule), Gundi Pollmann (Eurythmie), Ilu Thiäner (Sport), Michael Weiß (Oberstufenlehrer). Ausgeschieden sind Ulla Bartz (Sport), Sigrun Student (Klassenlehrerin), Anja SchnückerBerners und Mariola Jeschka-Lorke (Wohngruppen). Geheiratet haben Frau Hohmann - jetzt Anja Ring und Frau Schröter -jetzt Birgit Zapf. 42 Not - wenden, €uros spenden... .... das haben sich in den vergangenen Monaten wieder viele Menschen auf die Fahnen geschrieben und vielfältigste Ereignisse zum Anlass genommen, uns eine Spende zukommen zu lassen: · Die Großmutter von Marian feierte ihren 80. Geburtstag. Anstelle von Geschenken bat sie ihre Gäste um eine Spende. · Die Urgroßmutter von Saskia starb im Frühjahr. Die Familie beschloss, statt Blumen und Kränze mögen die Trauernden für Lauterbad spenden. · Beim Lions Club Kassel wechselte der Präsident. Herr Prof. Penkhues veranlasste, dass bei der Feier keine Geschenke überreicht werden, sondern dass die Mitglieder uns mit einer Spende bedenken mögen. Die Software-AG-Stiftung beteiligte sich in diesem Jahr an den Baukosten für das neue Schulgebäude. Das Kuratorium für Behinderte steuert schon einige Zeit Mittel für das Therapeutische Reiten bei. Die Hans-Magiera-Stiftung stellte uns eine größere Summe zur Verfügung, davon wurden in allen Größen die dringend benötigten neuen Schultische und Stühle gekauft – machen Sie sich ein Bild davon: · · · Diese Genannten stehen natürlich stellvertretend für viele weitere gemeinschaftliche oder einzelne Aktivitäten, die alle das gleiche Ziel hatten: uns in unserer Arbeit mit den Seelenpflege- bedürftigen Kindern und Jugendlichen zu unterstützen. Ihnen allen, den Einzelspendern und auch denen, die über die Jahre einen Dauerauftrag laufen haben, sei an dieser Stelle für Ihr Engagement von Herzen gedankt! 43 Sie als Leser dieses Heftes haben ja nun sicher wahrgenommen, was in Lauterbad lebt, was weiterhin erforderlich sein wird, was an neuen Zukunftsperspektiven und Impulsen seine Verwirklichung sucht. Um das alles zu ermöglichen, braucht es viele Helfer, viele Ideen und vor allem ein Interesse für die besonderen jungen Menschen und an unserer heilpädagogischen Arbeit. So möchten wir Sie an dieser Stelle bitten, dieses Interesse zu bekunden, Ideen umzusetzen und Ihrerseits Menschen zu finden, die das alles begleiten und unterstützen. So werden Sie alle dazu beitragen, dass wir weiterhin vertrauensvoll in die Zukunft mit den vielfältigsten alltäglichen Herausforderungen in Schule und Heim blicken dürfen. Gudrun Dobiaschowski Mitarbeiterin Nein, so viel muss es nun doch nicht sein! Denn wie schrieb Herr Graf in seinem Beitrag zum Federvieh? Kleinvieh macht auch Mist! Haben Sie daher keine Scheu, kleine Beträge zu überweisen. Denn das bedeutet, dass Viele an uns denken. Solch einen Kreis von Menschen dann um sich zu wissen, tut gut, spornt an und beflügelt die Arbeit. +++ Kasseler Sparkasse +++ Kasseler Sparkasse +++ Kasseler Sparkasse +++ Kto.-Nr. 6058069 +++ BLZ 52050353 +++ Kto.-Nr. 6058069 +++ BLZ 52050353 +++ 44 Oberuferer Christgeburtsspiel am Sonntag, 16.12.2007 um 20.00 Uhr Lauterbad im Schulsaal Irisches 3-König-Singspiel am Sonntag, 06.01.2008 um 09.30 Uhr in der Kirche in Zierenberg 45 Zeichnung von Helmut Laurentius Impressum Titelfotos: Fotos: Seiten 40 + 41: Auflage: Herausgeber: Redaktion und Gesamtgestaltung: Druck: 46 Klaus Schaake (Kinder) und privat Privat „Leben, wie es uns gefällt“. LVR 800 Exemplare Heil- und Erziehungsinstitut Lauterbad e.V. Gudrun Dobiaschowski Druckerei Riehm, Zentgrafenstraße 43A 34130 Kassel Tel.: 0561 - 88987 Schluss...bunt... Heil- und Erziehungsinstitut für Seelenpflege- bedürftige Kinder und Jugendliche Lauterbad e.V. Ehlener Straße 27 34131 Kassel Telefon: 0561 / 93 8 96 - 0 Telefax: 0561 / 93 8 96 - 66 E-Mail: [email protected] Homepage: www.institut-lauterbad.de Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen wollen, freuen wir uns über Ihre Spende auf unser Bankkonto Kasseler Sparkasse Konto-Nr.: 6 058 069 BLZ: 520 503 53 Gerne übersenden wir Ihnen eine Spendenbescheinigung. Die Mildtätigkeit unserer Einrichtung ist anerkannt.