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Panorama D < > SLO
Deutsch-slowenischer Erfahrungsaustausch über Architekturpolitik und Baukultur
German-Slovenian expert meeting on architectural policy and Baukultur
Panorama D < > SLO
Deutsch-slowenischer Erfahrungsaustausch
über Architekturpolitik und Baukultur
German-Slovenian expert meeting on architectural policy
and Baukultur
Zur Einführung
4
Introduction
Kurzer Überblick über Sloweniens Baukultur
10
A brief survey of Slovene Baukultur
Claus Käpplinger
Baukultur als europäisches Projekt
20
Baukultur as a European project
Wolfgang Kaschuba
Veranstaltungsbilder
28
Event pictures
Diskurs „Architektur und Identität“
30
Discourse on “Architecture and Identity”
Diskurs „Architekturpolitik Baukultur Kommunikation“
34
Discourse on “Architectural Policy, Baukultur and Communication”
Abschlussdebatte „Baukultur in Slowenien und Deutschland“
38
Concluding debate “ Baukultur in Slovenia and Germany”
Zeitgenössische Architektur in Slovenien und Deutschland:
eine Doppelausstellung
44
Contemporary architecture in Slovenia and Germany:
a double exhibition
Was ist der AKJAA?
48
What is the AKJAA?
Panorama Europa
50
Panorama Europe
Indira van ’t Klooster, Cilly Jansen
Baukulturinstitutionen in Slowenien und Deutschland
Organisations of Baukultur in Slovenia and Germany
54
Zur Einführung
Baukultur ist zum Thema geworden, sowohl in Deutschland als auch in Slowenien und vielen
anderen europäischen Staaten. Eine hohe Qualität der gebauten Umwelt im Bereich des privaten
Bauens und der öffentlichen Räume, neue spektakuläre Architektur und ein sozial und ökologisch
ambitionierter Städtebau erweisen sich immer mehr als erfolgreiche Strategien für die Gestaltung
von Zukunftsoptionen in der eigenen Stadt, der Region und dem Land.
Viele Länder und Städte Europas stehen vor den ähnlichen Herausforderungen. Heute trifft eine
Flut äußerer Einflussfaktoren auf die baulich-räumlichen und kulturellen Eigenarten der jeweiligen Länder, Regionen und Städte. Gleiches gilt für die Anforderungen an Städtebau und
Architektur: Ökologie, Demografie, Integration, Stadtumbau, Umgang mit dem historischen
Bestand, soziale Aspekte, Stadtbildreparaturen oder Baukultur als ökonomischer Standortfaktor
heißen die Stichworte. Hier ist die nationalstaatliche Verantwortung für die Gestaltung der
Rahmenbedingungen ebenso gefragt wie die regionale Initiative.
Trotz der Ähnlichkeit in den Rahmenbedingungen und vergleichbarer Herausforderungen trifft
man in den einzelnen Ländern auf überraschend und erfreulich unterschiedliche Antworten.
Baukultur ist ein Thema mit nationalen und regionalen Eigenarten. Glücklicherweise ist das so,
denn Baukultur lebt gerade von den Unterschieden und wird erst so wahrnehmbar und erlebbar.
Darin liegt die Spannung des Themas und letztlich auch der Anlass für einen internationalen
Baukulturaustausch, der mit dem Panorama als einem Format für den bilateralen Austausch
verschiedener „Baukulturen“ bereichert werden soll . Das Panorama ist als ein Labor gedacht.
Hier kann man die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des baukulturellen Anliegens in Europa
aufspüren. Baukultur ist auch im europäischen Maßstab ein Lernprozess.
Baukultur ist identitätsbildend: Sie vermittelt Wahrnehmbarkeit, Prägnanz und Unterscheidbarkeit nach außen sowie Herkunft, Identität und Heimat nach innen. Ohne prägnante Eigenschaften, ohne behütete Traditionen der Städte und Kulturlandschaften gehen in Zeiten der Globalisierung Haltepunkte für eine nationale baukulturelle Identität verloren. Daher liegt Baukultur
im öffentlichen Interesse und muss als öffentlicher Auftrag verstanden werden. Darüber, ob es
eine gemeinsame europäische Identität gibt, auf die man in solchen Zeiten setzen kann, wird seit
langem gestritten. Die Debatten über den Begriff der Europäischen Stadt zeigen das. Für die
Baukultur bleibt festzuhalten: Es gibt nicht nur eine Baukultur, sondern viele. Obwohl es einen
leicht herstellbaren Konsens über die Ziele guten Gestaltens gibt, sind doch die Aktivitäten in
den Ländern und Regionen so unterschiedlich wie ihre Protagonisten. Dabei können nicht nur die
kleinen von den großen Ländern lernen, sondern Deutschland durchaus auch von Slowenien.
Die „Initiative Architektur und Baukultur“ in Deutschland steht über ihre zahlreichen Mitwirkenden aus Vereinen, Stiftungen und Verbänden in einem kontinuierlichen internationalen Austausch. Mit dem ersten, als gemeinsames Format der Initiativepartner realisierten Panorama
wurde im Jahr 2002 ein Schaufenster in die Niederlande und umgekehrt aus den Niederlanden
nach Deutschland aufgemacht, um sich über Baukultur und Architekturpolitik in beiden Ländern
auszutauschen. 2007 hat Deutschland mit dem „European Forum for Architectural Policies“ (EFAP)
4
Introduction
Baukultur has become an issue of growing interest, both in Germany and in Slovenia and many other
European countries. A high quality of the built environment in the field of private construction and public
spaces, new spectacular architecture and urban design with ambitious social and ecological objectives
are increasingly proving to be successful strategies for shaping options for the future in people’s own city,
region and country.
Many countries and cities in Europe face similar challenges. Today, a multiplicity of external factors
impact on the distinctive physical/spatial and cultural features of the individual countries, regions and
cities. The same applies to the requirements that have to be met by urban design and architecture.
Ecology, demography, integration, urban restructuring, stewardship of the historic environment, social
aspects, repairs to the townscape or Baukultur as an economic locational factor are the catchwords.
Here, the responsibility of central government for shaping the parameters is just as important as regional
initiatives.
Despite the similarity of the parameters and comparable challenges, the responses in the various coun­
tries are surprisingly and encouragingly different. Baukultur is an issue with distinctive national and re­
gional features. And this is a good thing, because Baukultur thrives on these very differences, which make
it perceptible and tangible. This is why the issue is so fascinating, and it is ultimately also the reason for
launching an international exchange of ideas and experience on Baukultur , which is to be enriched
by the Panorama as a format for a bilateral exchange between different Baukulturen . The Panorama is
designed as a laboratory. It is a place where the differences and commonalities between Baukultur issues
in Europe can be identified. Baukultur is also a learning process on a European scale.
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in Hamburg den Austausch in Hinblick auf die Leipzig-Charta zur nachhaltigen Europäischen
Stadt gesucht. Mit dem Panorama D < > SLO von Deutschland und Slowenien hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung den internationalen Dialog fortgesetzt.
Zunehmend streben europaweit die Fachleute der planenden Berufe sowie die Akteure aus Staat
und Zivilgesellschaft danach, Architekturpolitik und Baukultur durch explizite politische Handlungsfelder, Kommunikationsstrategien und Projekte zu stärken. Das gilt auch für Slowenien.
Im Rahmen der europäischen Ratspräsidentschaft wurde durch das Ministerium für Umwelt und
Raumplanung der Entwurf zu einer umfassenden nationalen Architekturpolitik vorgelegt und
Architekten und Architekturpolitiker aus ganz Europa nach Ljubljana eingeladen. Überdies hat
sich Slowenien mit herausragenden Architekturleistungen international ins Gespräch gebracht.
Einer im internationalen Vergleich jungen, international ausgebildeten und gut vernetzten
Architektenschaft gelangen in den letzten Jahren Aufsehen erregende Entwürfe, die über die
Grenzen des Landes hinaus strahlten und zum Teil mit Preisen gewürdigt wurden. Sie tragen zu
einer wahrnehmbaren – baukulturellen! – Identität des Landes bei.
Für den „Arbeitskreis junger Architekten und Architektinnen“ ( AKJA A ) im Bund Deutscher Architekten war dies Anlass genug, ihre Jahresexkursion 2008 nach Slowenien zu verlegen. Sie haben
im Vorfeld des Panorama D < > SLO recherchiert und Kontakte geknüpft. In direkter Folge dieser
Aktivitäten kam die Ausstellung „Contemporary Slovene Architecture“ im Rahmen des Panorama
nach Berlin. Die parallel stattfindende Werkschau der jungen deutschen Architekten trat mit
dieser Schau in einen anregenden Dialog. Hier sprachen die Architektinnen und Architekten in
ihrer eigenen, professionellen Ausdruckweise, in Form von Architekturmodellen, -fotografien
und Entwurfszeichnungen miteinander. Ein Jahr darauf gelangte die deutsche Ausstellung in das
Goethe-Institut von Ljubljana – ein ganz konkreter Nutzen der Veranstaltung, und wenn man so
will, eine spezielle Form von Architekturexport. Das Panorama D < > SLO war also ein Prozess des
gegen seitigen Austauschs, der insgesamt fast zwei Jahre intensiv geführt wurde und zwischen den
Beteiligten hoffentlich weiter anhalten wird.
Das Panorama gliederte sich nach den Einführungsbeiträgen in drei Diskussionsrunden, die
jeweils mit unterschiedlichen Themen, Fragen und Akteuren vorbereitet und besetzt wurden.
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Baukultur helps to define identity. It conveys perceptibility, distinctiveness and distinguishability to
the exterior and origin, identity and Heimat to the interior. Without distinctive features, without pro­
tected traditions of cities and cultural landscapes, benchmarks of national Baukultur identity will be
lost in this era of globalization. That is why Baukultur is in the public interest and has to be seen
as a public task. The arguments about whether there is a common European identity on which we
can focus in such times have been going on for a long time. This is illustrated by the debates sur­
rounding the concept of the European City. As far as Baukultur is concerned, it can be said that there
is not one Baukultur but many. Although it is easy to establish a consensus on the objectives of good
design, the activities in the countries and regions are as different as their protagonists. And it is not
just about small countries learning from large countries, but also vice versa – Germany can certainly
learn from Slovenia.
The “Architecture and Baukultur Initiative” in Germany is engaged in a continuous international ex­
change of experience through its numerous participants from societies, foundations and associa­
tions. The first Panorama, which was staged in 2002 as a joint format of the partners in the initiative,
opened a window to the Netherlands, and vice versa from the Netherlands to Germany, enabling
people in both countries to exchange ideas and experience on Baukultur and architectural policy.
In 2007, Germany hosted the “European Forum for Architectural Policies” (EFAP) in Hamburg, where
it sought to promote an exchange on the Leipzig Charter on Sustainable European Cities. With the
Panorama D < > SLO , involving Germany and Slovenia, the Federal Ministry of Transport, Building and
Urban Development continued the international dialogue.
Throughout Europe, the experts from the planning professions and the players from government and
civil society are increasingly seeking to strengthen architectural policy and Baukultur by means of
explicit fields of policy action, communications strategies and projects. This is also true of Slovenia.
Within the framework of the EU Council Presidency, the Ministry of the Environment and Spatial
Planning presented the draft of a comprehensive national architecture policy and invited architects
and architectural policymakers from all over Europe to Ljubljana. In addition, Slovenia has attracted
much international interest with its outstanding architectural achievements. In recent years,
its architects – who are young in comparison with other countries, internationally trained and
well networked – have produced sensational designs which have received much attention in other
countries, and some of which have been awarded prizes. They contribute to a perceptible identity –
a Baukultur identity – of the country.
For the “Working Party of Young Architects” in the Association of German Architects, this was a
good enough reason to move their 2008 annual excursion to Slovenia. They researched ahead of
the Panorama D < > SLO and established contacts. As a direct consequence of these activities, the
“Contemporary Slovene Architecture“ exhibition came to Berlin as part of the Panorama. The exhibi­
tion of the work of young German architects, which was taking place at the same time, entered into
a stimulating dialogue with the Slovenian exhibition. Here, the architects conversed with one ano­
ther using their own professional terminology, in the form of architectural models, photographs and
blueprints. One year later, the exhibition went on display at the Goethe Institute in Ljubljana – a very
concrete benefit of the event and, it could be said, a special form of architectural export. The Pano­
rama D < > SLO was thus a process of mutual exchange that was carried on intensively for almost two
years and that will hopefully also continue between the participants.
After the introductory contributions, the Panorama was divided into three panels, each of which had
been prepared to look at different topics and issues and comprised different players. The first panel,
facilitated by the Association of German Architects, addressed the dialogue between German and
Slovene architects. It provoked highly interesting questions. Are there local, regional and national
identities that go beyond the respective building traditions of the country and can be carried for­
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Im ersten, vom BDA moderierten Panel, ging es um den Dialog der deutschen und slowenischen
Architektinnen und Architekten. Er provozierte höchst interessante Fragen: Gibt es lokale, regionale und nationale Identitäten, die über die jeweiligen Bautraditionen des Landes hinausgehen
und mit zeitgenössischen architektonischen und städtebaulichen Lösungen in der Gegenwart
und Zukunft fortgeschrieben werden können? Wie verortet man sich als praktizierender Architekt
erfolgreich im internationalen Diskurs und Wettbewerb?
In einer zweiten Diskussionsrunde standen Fragen zur Stadtentwicklung im Mittelpunkt. Der
Zu stand eines Gemeinwesens lässt sich nicht zuletzt an der Sorgfalt, an der Kreativität und der
Qualität der gebauten Umwelt insgesamt und im Speziellen an ihren öffentlichen Räumen ablesen. Baulich attraktive und vitale Städte schaffen Angebote zu Identifikation. Die Beispiele aus
Deutschland und Slowenien fanden einen gemeinsamen Nenner in einer gemeinsamen Leitidee
von der europäischen Stadt. Zahlreiche Aspekte von der städtebaulichen Denkmalpflege über
die soziale Integration, die Bewältigung strukturbedingter Leerstände und die Qualität des öffentlichen Raumes wurden angesprochen. Es wurde deutlich, dass Deutschland mit seiner Praxis der
integrierten Stadtentwicklung international interessante Erfahrungen vermitteln kann.
Dass der Baukulturdiskurs nicht allein auf den Kreis der Fachleute beschränkt bleibt, sondern
einen öffentlichen Kommunikationsprozess erforderlich macht, wurde im dritten Panel thematisiert. Baukultur umfasst eben nicht nur das gute Planen und Bauen, eine möglichst qualitätvolle
baulich-räumliche Umwelt, einen achtsamen Umgang mit dem historischen Erbe und herausragende Leistungen von Architekten und Ingenieuren. All diese Ansprüche und Qualitäten
müssen auch verständlich gemacht, in die Öffentlichkeit gebracht und schließlich zu einem
„common sense“ der Gesellschaft verdichtet werden. Der Baukulturdiskurs muss daher auch Protagonisten außerhalb der Fachwelt, aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft erreichen, eben gerade
jene, für die der Begriff unklar ist und vielleicht sogar überflüssig erscheint. Mit der Bundesstiftung Baukultur wurde in Deutschland eine Instanz geschaffen, deren Aufgabe es ist, einen
solchen Kommunikationsprozess bundesweit und im internationalen Raum zu organisieren.
Die Gespräche in dieser Arbeitsgruppe fanden in einem größeren Kreis von Baukulturaktivisten
aus unterschiedlichen europäischen Ländern statt, um über diese, durchaus nicht einfache Vermittlungsaufgabe der Baukultur in die Öffentlichkeit zu diskutieren.
Das Panorama D < > SLO im Jahr 2008 bildete den Auftakt zu einer Reihe, die als regelmäßige
bi laterale Treffen deutscher Baukulturakteure mit Vertretern aus einem anderen Land in
den Folgejahren stattfinden sollen. Es soll zu einem Prototyp für den internationalen Baukulturaustausch werden, initiiert vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und
getragen von der Initiative Architektur und Baukultur. Diese Ebene erlaubt eine Erweiterung
des thematischen Horizonts und ermöglicht Zuspitzungen. Hier wird die Vielfalt der Planungsund Baukulturen in Europa pointiert und konkret herausgearbeitet und für die Diskussionen
in Deutschland und Europa fruchtbar gemacht.
Der Baukulturdiskurs wird dann interessant und ertragreich, wenn er nicht auf der allgemeinen
Ebene verbleibt, sondern inhaltlich fassbar und konkret wird. Sein Erfolg muss sich am fachlichen
und politischen Ertrag messen lassen. Deutschland will von Anderen lernen und eigene Erfahrungen, das Know-how der deutschen Planer und Architekten weitergeben. Das Panorama
bietet so eine Möglichkeit, sich im internationalen Diskurs zu verorten und diesen anzureichern.
Wie 2002 begonnen und 2008 fortgesetzt, wird es dann von Nutzen sein, wenn der Austausch
intellektuell anregend, konkret-praktisch sowie verständlich gestaltet wird, wenn sich die Teilnehmer als kritisch, auskunftsfähig und lernbereit einbringen. Baukultur ist keine abgeschlossene
Idee, sondern ein Prozess des ständigen Lernens, aus dem eigenen Handeln und aus dem der Anderen.
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ward with contemporary architectural and urban design
solutions in the present and future? How does a practising
architect successfully position him or herself in interna­
tional discourse and competition?
A second panel focused on urban development issues.
The state of a polity is apparent not least from the care,
creativity and quality of the built environment in general
and its public spaces in particular. Physically attractive and
vibrant towns and cities are places that people can identify
with. The examples from Germany and Slovenia found a
common denominator in a common vision of the European
City. Numerous aspects were addressed, ranging from
preservation of the historic built environment, through
social inclusion and how to tackle structurally caused high
levels of vacant buildings, to the quality of the public realm. It became apparent that Germany, with
its practice of integrated urban development, can pass on interesting experience to other countries.
The third panel addressed the fact that Baukultur should not remain confined to professional circles
but requires a process of public communication. Because Baukultur comprises not just good plan­
ning and building, a physical and spatial environment of a quality that is as high as possible, prudent
stewardship of the historical heritage and outstanding achievements by architects and engineers.
All these aspirations and qualities also have to be made understandable, brought into the public
domain and finally consolidated into “common sense” of society. The discourse on Baukultur must
therefore also reach protagonists outside the professional world, from industry and civil society,
in other words precisely those people for whom the term is unclear and to whom it may even appear
superfluous. With the Federal Foundation for Baukultur , a body has been created in Germany whose
task is to organize such a process of communication throughout Germany and internationally.
The discussions in this working party involved a sizeable group of Baukultur activists from various
countries of Europe, who discussed the task – which is certainly not easy – of conveying the concept
of Baukultur to the public.
The Panorama D < > SLO in 2008 was the kick­off event in a series that is to take place as regular
bilateral meetings between German Baukultur players and representatives from another country in
the years ahead. It is to become a prototype for the international exchange of ideas and experience
on Baukultur , initiated by the Federal Ministry of Transport, Building and Urban Development and
sponsored by the Architecture and Baukultur initiative. This level makes it possible to widen the
thematic horizon and focus on specific issues. Here, the diversity of planning and Baukultur in Europe
is elaborated in an incisive and concrete manner and made fertile for the discussions in Germany
and Europe.
The discourse on Baukultur will become interesting and fruitful if it does not remain at the general
level, but becomes comprehensible and concrete in its subject matter. Its success must be measured
against the professional and political return. Germany wants to learn from other countries and pass
on its own experiences, the know­how of German planners and architects. In this way, the Panorama
provides an opportunity for us to position ourselves in the international discourse and to enrich it.
Like at its launch in 2002 and its continuation in 2008, it will be of benefit if the exchange of ideas
and experience is intellectually stimulating, concrete and practical as well as understandable, if the
participants are critical, able to give information and willing to learn. Baukultur is not a fully formu­
lated idea, but rather a process of continuous learning – from one’s own actions and those of others.
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Kurzer Überblick
über Sloweniens Baukultur
A brief survey of Slovene Baukultur
Claus Käpplinger, Stadt- und Architekturkritik, Berlin
Die meisten Städte Sloweniens sind in ihrer Anlage und
Architektur von der langen Zugehörigkeit des Landes
zum Hause Habsburg geprägt, welches über Slowenien
vom Spätmittelalter bis zum Ende des 1.Weltkriegs
herrschte. Die Ausformungen von Renaissance, Barock,
Klassizismus und „Ringstraßen-Historismus“ ähneln
sich beiderseits der heutigen Grenzen Sloweniens zu
Österreich und Kroatien sehr. Maribor und sein Umland
waren noch bis 1921 Teil der Untersteiermark. Dieser
nordöstliche Teil Sloweniens orientiert sich auch heute
wirtschaftlich wie kulturell zur nahen Steiermark.
An der Küste hingegen, im slowenischen Teil Istriens,
ist bis heute ein starker venezianischer Einfluss in Stadtanlage und Architektur erkennbar.
The layout and architecture of most towns and cities in
Slovenia are characterized by the fact that for a long time
the country belonged to the Habsburg dynasty, which
ruled over Slovenia from the late Middle Ages to the end
of the First World War. The forms of the Renaissance, Ba­
roque, Classicism and “Ringstrasse Historicism” are very
similar on either side of Slovenia‘s present­day borders
with Austria and Croatia. Thus, Maribor and its hinterland
were part of Lower Styria until as late as 1921. Even today,
this northeastern part of Slovenia is oriented economical­
ly and culturally towards nearby Styria. By contrast, on
the coast, in the Slovene part of Istria, a strong Venetian
influence is perceptible in the layout of towns and cities
and their architecture.
Max Fabiani (1865 – 1962) und Josef Plečnik (1872 – 1957),
beides Schüler des Wieners Otto Wagner, sind die
ersten slowenischen Architekten, die Ende des 19.Jahrhunderts eine überregionale Bedeutung erlangten.
Vor allem Plečnik, der auch in Wien und Prag arbeitete,
prägte in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts als
Stadtbaumeister und Lehrer das Stadtbild von Ljubljana.
Er bemühte sich erstmals um eine eigene slowenische
Architektur in Absetzung von Österreich. Mit istrischem
Steinmaterial, antiken und mediterranen Elementen
schuf er einen unverwechselbaren eklektischen Architekturstil, der sich deutlich von der mitteleuro päisch
geprägten Vergangenheit unterscheidet.
Kein anderer Architekt wird bis heute in Slowenien so
verehrt wie Josef Plečnik, der international erst in den
1970er Jahren von der Postmoderne wieder entdeckt
wurde.
Max Fabiani (1865 – 1962) and Jože Plečnik (1872 – 1957),
both pupils of the Viennese architect Otto Wagner, are
the first Slovene architects that became prominent out­
side the region at the end of the 19th century. In the first
half of the 20th century, Plečnik in particular, who also
worked in Vienna and Prague, shaped the townscape of
Ljubljana as chief architect and teacher. He was the first
to endeavour to create a separate Slovene architecture,
breaking away from Austria. Using Istrian stone, and
with classical and Mediterranean elements, he created
a distinctive eclectic architectural style which was signi­
ficantly different from the style of the past, with its
Central European influence. Since then, no other archi­
tect has been revered in Slovenia as much as Jože Plečnik,
who was not rediscovered internationally until the 1970s
by the post­modernist movement.
Seine Schüler, von denen nicht wenige wie Edvard Ravnikar (1907 – 1993) mehrere Jahre im Büro Le Corbusiers
arbeiteten, setzten nach dem 2.Weltkrieg die Entwicklung fort. Mit sehr expressiven, skulpturalen Bauten
und haptischen Materialien schufen sie eine unverkennbar slowenische Architektur innerhalb der blockfreien
Volksrepublik Jugoslawien, die starke Bezüge zu Le
Corbusier, Alvar Aalto oder dem Brutalismus aufweist.
In Konzeption und Ausführung sind viele Bauten der
Nachkriegszeit auch international betrachtet von
hoher Qualität. Städtebaulich wurden ab den 1950ern
His pupils, several of whom, such as Edvard Ravnikar
(1907 – 1993), worked in Le Corbusier’s office, continued
this development after the Second World War. With very
expressive, sculptural edifices and haptic materials, they
created a distinctive Slovene architecture within the non­
aligned People’s Republic of Yugoslavia, which exhibits
strong links with Le Corbusier, Alvar Aalto or brutalism.
Many buildings of the post­war era are of high­quality
design and construction, even when viewed from an
international angle. In the field of urban design, Swedish
settlement layouts were adopted from the 1950s onwards,
Josef Plečnik, „Drei Brücken“ im Zentrum Ljubljanas, 1930–32 | Jože Plečnik, “The Three Bridges” Ljubljana, 1930–32
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Josef Plečnik, Markthallen an der Ljubljanska, 1942 | Jože Plečnik, market hall Ljubljanska, 1942
schwedische Siedlungsanlagen rezipiert, deren Nachwhose neighbourhood model was transferred to Slovenia.
barschaftsmodell man nach Slowenien übertrug.
There are thus no large housing estates and their social
Großsiedlungen und ihre sozialen Probleme fehlen so
problems in Slovenia. Scattered groups of houses pre­
in Slowenien. Es überwiegen eingestreute Hausgruppen, dominate, some of which were designed as groups of
die teilweise als Wohnhochhausgruppen realisiert wurhigh­rise residential buildings. Starting in the mid­1980s,
den. Ab Mitte der 1980er Jahre erlahmte die Bau tätigkeit construction activity slackened significantly, which is why
stark, weshalb viele Schüler Ravnikars wie Aleš Vodopimany pupils of Ravnikar – pupils such as Aleš Vodopivec
vec (geb. 1949) oder Janez Koželj (geb. 1945) nur wenige
(b. 1949) or Janez Koželj (b. 1945) – were unable to realize
Bauten realisieren konnten.
many buildings.
Sloweniens Architekturszene
seit der Unabhängigkeit
The Slovene architecture scene
since independence
Die wirtschaftliche Depression und politische Destabili- The economic depression and political destabilization of
sierung Jugoslawiens in den 1980er Jahren sowie die
Yugoslavia in the 1980s, plus the subsequent wars of inde­
folgenden Unabhängigkeitskriege ab 1991 führten zu
pendence starting in 1991, resulted in a clear break in Slo­
einem markanten Bruch in der Architekturkultur Slowe- vene Baukultur. It was not until the mid­1990s that large­
niens. Erst Mitte der 1990er wurden wieder größere
scale investment was made again, by which time many of
Investitionen getätigt, als viele der früheren Planungsthe former planning offices no longer existed. Moreover,
büros nicht mehr existierten. Zudem veränderte die
the very extensive privatization and deregulation policies
sehr weit reichende Privatisierungs- und Deregulieof the first Slovene governments, which were liberal­
rungspolitik der ersten slowenischen liberal geprägten
leaning, changed all the parameters of its planning and
Regierungen alle Rahmenbedingungen seiner Planungs- Baukultur . After independence, the central government,
local authorities and public­sector developers awarded
und Baukultur. Staat, Kommunen und öffentliche Bauträger fielen nach der Unabhängigkeit als Auftraggeber hardly any contracts. Most of the stock of socialist
weitgehend aus. Der sozialistische Wohnungsbestand
Edvard Ravnikar: Viertel um den Platz der Republik, 1960–80 | E dvard Ravnikar: Republic Square complex, 1960–80
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Kurzer Überblick über Sloweniens Baukultur
A brief survey of Slovene Baukultur
Slowenische Industrie­ und Handelskammer von Sadar + Vuga in Ljubljana, 1999 | Slovenian Chamber of Commerce by
Sadar + Vuga in Ljubljana, 1999
wurde zum größten Teil mit Krediten vergünstigt an
die Mieter verkauft. Ebenso wurden die sozialistischen
Unternehmen privatisiert bzw. aufgelöst. Das staatliche
„Institut für Stadtplanung der Republik Slowenien“
wurde teilweise privatisiert und erhält heute nur eine
staatliche Sockelfinanzierung und muss Aufträge akquirieren. Private Bauherren, zumeist slowenische, teilweise aber auch österreichische Bauunternehmen dominieren das Baugeschehen.
Das erste größere Gebäude, das nach der Unabhängigkeit gebaut wurde, war die „Industrie- und Handelskammer Sloweniens“ in Ljubljana (Wettbewerb 1994,
Bau 1996 – 99), das einer neuen Generation von Architekten zum Durchbruch verhalf. Im Büro der Architekten Sadar + Vuga, den in den 1960er Jahren geborenen
Wettbewerbsgewinnern, arbeiteten damals die meisten
der heute führenden Architekten Sloweniens. Wie
Boštjan Vuga hatte die Mehrheit dieser Architekten die
housing was sold to the tenants, who received low­inter­
est loans. Likewise, the socialist companies were privat­
ized or disbanded. The state “Institute for Urban Planning
of the Republic of Slovenia“ was partially privatized and
today receives only basic funding from the state and
has to acquire contracts. Private sector clients, mostly
Slovene but in some cases also Austrian construction com­
panies, dominate building activities.
The first sizeable building to be constructed after inde­
pendence was the „Slovene Chamber of Industry and
Commerce” in Ljubljana (competition in 1994, construc­
tion from 1996 to 1999), which helped a new generation
of architects to achieve a breakthrough. At that time,
most of today’s leading Slovenian architects worked at
Sadar + Vuga Architects, the winners of the competition,
who were born in the 1960s. Like Boštjan Vuga, most of
these architects had used the 1990s to go abroad to study
for a postgraduate master‘s degree at the Architectural
Association in London, the Berlage Institute in Amsterdam
650 Apartments, Sozialwohnungen in Ljubljana-Poljane von Ofis Architekten, 2006 | 650 Apartments, social housing
in Ljubljana- Poljane by Ofis architects, 2006
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Wohneigentumsanlage von Enota in Ljubljana, Jurčkova pot, 2007 | Housing Complex by Enota in Ljubljana, Jurčkova pot, 2007
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Kurzer Überblick über Sloweniens Baukultur
A brief survey of Slovene Baukultur
Studentenwohnheim in Ljubljana von Bevk­Perovič Architekten, 2006 | Student Housing in Ljubljana by Bevk­Perovič
architects, 2006
Neunziger dazu genutzt ins Ausland zu gehen, um an
der Architectural Association/London, dem Berlage
Institut/Amsterdam oder der UCLA/Los Angeles einen
Postgraduate-Master zu erwerben. Geschult in der westlichen Wettbewerbskultur lösten sie rasch die ältere
Generation von Architekten ab. Heute dominieren die
Büros Bevk-Perovič, Ofis, Sadar + Vuga, DeklevaGregorič, Elastik und Maechtig-Vrhunc, die 2005 mit
der Wanderausstellung „6IX: Pack“ auch international
große Beachtung erlangten.
Viele der älteren slowenischen Architekten leiten heute
nur kleinere Büros, arbeiten in der Verwaltung – wie
Janez Koželj, der „Deputy mayor for Urbanism“ in
Ljubljana ist – oder sind Professoren an der Architekturfakultät Ljubljana. Eine Minderheit hat jüngere Partner
ins Büro aufgenommen und ist erfolgreich, wie
A.BIRO mit Miloš Florjančič (geb. 1955) und Matej Blenkus (geb. 1971). Viele ältere Architekten stehen der Generation der „6IX: Pack“-Architekten kritisch gegenüber, die vermeintlich oder real den slowenischen Weg
der Architektur zugunsten internationaler Trends
aufge geben hätten. Boris Podrecca (geb. 1941 in Triest,
Büro
in Wien) genießt bei den Älteren als der international
erfolgreichste Architekt „slowenischen Ursprungs“
großes Ansehen. In Teilen der jüngsten Generation von
Architekten wie „AA kultura“ in Koper (Marko Apollonio) deutet sich heute eine stärkere Hinwendung zu
den regionalen Traditionen an. Eher verhalten zeichnet
sich dabei eine Diskussion über die Identität und Orientierungen der slowenischen Architektur ab, die jedoch
bislang häufiger im Ausland (Haus der Architektur
Graz 2006, Architekturzentrum Wien 2007) als im Inland offen geführt wird.
or the UCLA in Los Angeles. Trained in the competitive
culture of the West, they soon replaced the older gene­
ration of architects. Today, the scene is dominated by
Bevk­Perovič, Ofis, Sadar + Vuga, Dekleva­Gregorič,
Elastik and Maechtig­Vrhunc, who attracted great inter­
national attention in 2005 with their touring exhibition
entitled “6IX: Pack”.
Today, many of the older Slovene architects manage
smaller firms, work in the administration – such as
Janez Koželj, who is “Deputy Mayor for Urbanism” in
Ljubljana – or are professors at the Faculty of Architecture
in Ljubljana. A minority have taken on younger partners
and are successful, such as A.BIRO with Miloš Florjančič
(b. 1955) and Matej Blenkus (b. 1971). Many older archi­
tects take a critical view of the generation of the
“6IX: pack” architects, who, they claim, have supposedly
or actually abandoned the Slovene approach to archi­
tecture in favour of international trends. Boris Podrecca
(b. 1941 in Trieste, office in Vienna) is held in high esteem
by the older generation as the internationally most
successful architect “of Slovene origin”. Today, it is
becoming apparent that some of the youngest genera­
tion of architects, such as “AA kultura” in Koper (Marko
Apollonio) are turning more towards the regional tradi­
tions. A discussion on the identity and directions of
Slovene Baukultur is emerging cautiously, although so
far it has been openly conducted more frequently in
other countries (House of Architecture in Graz, 2006,
Archi tekturzentrum in Vienna, 2007) than in Slovenia.
17
Stadtplanung und Bauwirtschaft
heute
Urban planning and
construction industry today
Fast alle slowenischen Gesprächspartner beklagen
die Abwesenheit von Stadt- und Raumplanung im postsozialistischen Slowenien. Entlang der Autobahnen,
Stadtränder und Ausfallstraßen sind im letzten Jahrzehnt größere Logistikcenter, Büro- und Einkaufskomplexe entstanden. Erheblich größere Büro- und
Einkaufsprojekte sind für Ljubljana geplant, die wie im
Falle des „BTC-Centers“ nahe Ljubljana mit 142 Hektar
sehr große Dimensionen erreichen. Erst in den letzten
Jahren begannen die Kommunen die Bebauungs- und
Flächennutzungspläne der 1980er zu aktualisieren.
Obwohl der slowenische Staat mit dem Bau von Wasserund Biokraftwerken bedeutende Initiativen im Bereich
regenerativer Energien unternimmt, gibt es jedoch in
der Bauwirtschaft noch keine erkennbaren Entwicklungen zu Niedrigenergiestandards.
Today, almost all Slovene stakeholders bemoan the
absence of urban and spatial planning in post­socialist
Slovenia. In the last decade, sizeable logistics centres,
office complexes and shopping centres have sprung up
along motorways, urban fringes and radial routes.
Significantly larger office and retail projects are planned
for Ljubljana, some of which will be of huge dimensions,
such as the “BTC Center“ near Ljubljana, which will cover
142 hectares. Only in recent years have local authorities
started to update the local plans and land use plans
dating from the 1980s. However, although the Slovenian
state is undertaking significant initiatives in the field of
renewable energy with the construction of hydroelectric
and biomass power plants, there are as yet no discernible
trends towards low­energy standards in the construction
industry.
Soziale Brennpunkte in Wohnvierteln existieren kaum.
Seit den 1960ern entstanden zahlreiche Ein- und Zweifamilienhäuser ohne Baugenehmigung, die erst später
legalisiert wurden. Für kinderreiche Familien, Behinderte und Ältere hat man in den letzten Jahren einen
sozialen Wohnungsbau in Form der Subjektförderung
eingeführt. Für Wenigverdiener hat der Staat einen
Sozialfond ins Leben gerufen, in den Wenigverdiener
monatlich Geld einzahlen können, um später subventionierte Wohnungen für etwa 900 – 1000 =C pro qm
erwerben zu können . Äußerst kostengünstig baute so
Ofis zwei Sozial-Wohnbaublöcke für nur 600 =C in Izola/
Istrien.
There are hardly any pockets of deprivation in residential
neighbourhoods in Slovenia. Starting in the 1960s, nu­
merous single­family and two­family houses were con­
structed without planning permission and not legalized
until later. For families with a large number of children,
the disabled and elderly, social housing in the form of de­
mand­side subsidies has been introduced in recent years.
For people on low incomes, the state has launched a
social fund into which they can pay money each month,
which will enable them to purchase subsidized dwellings
for around =C 900 to =C 1,000 per square metre at a later
date. In this way, Ofis constructed two extremely low­cost
social housing blocks for only =C 600 in Izola (Istria).
Der Wohnungsbau ist der Schwerpunkt der slowenischen Bauwirtschaft. Die zumeist privaten Bauherren
adressieren ihre Wohnungen an ein gehobenes Wohneigentumsklientel. Oft handelt es sich um Projekte mit
12 bis 60 Wohneinheiten. Ein Ausnahmeprojekt ist das
neue Wohnviertel in Ljubljana-Poljane von Ofis-Architekten und Elastik mit mehr als 650 Wohneinheiten.
Aufgrund der ruralen Vergangenheit vieler Slowenen ist
jedoch bislang das Haus auf dem Lande der Wunsch der
Mehrheit. Erst allmählich beginnt eine Gesellschaftsschicht nach westeuropäischem Vorbild auch Interesse
an einem urbanen Wohnen zu finden. Urbanes Wohnen,
die Verdichtung von Quartieren mit Wohnhochhäusern
als auch die Umnutzung alter Bausubstanz gewinnen
erkennbar an Bedeutung. Angesichts einer noch
schneller fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft als in Deutschland gibt es erstaunlicherweise
noch kein Bewusstsein für das Problem. Sadar + Vuga
haben bei ihrem Gebäude „Salamander“ eher erstaunt
zur Kenntnis genommen, dass das ursprünglich für
junge Dienstleister geplante Projekt nun von Über-Fünfzig-Jährigen bezogen wurde.
Housing construction is the focus of Slovene Baukultur .
The mostly private sector clients address their dwellings
to an upmarket home ownership clientele. These develop­
ments are often projects with 12 to 60 housing units.
One exceptional project is the new residential neighbour­
hood in Ljubljana­Poljane by Ofis Architects and Elastik
with more than 650 housing units. However, given the ru­
ral past of many Slovenes, most of them have hitherto
dreamt of a house in the country. Only gradually are
certain elements of society also beginning to show an
interest in urban living along Western European lines.
Urban living, the emergence of high­density neighbour­
hoods with high­rise residential buildings, as well as the
conversion of old building fabric for new uses are becom­
ing noticeably more important. Although society is
ageing at an even faster rate than in Germany, there is
remarkably still no awareness of the problem. Thus, for
instance, after Sadar + Vuga had constructed their “Sala­
mander” building, they were rather amazed to see that
the project, which had originally been planned for young
service providers, was now being occupied by people
over the age of 50.
18
Kurzer Überblick über Sloweniens Baukultur
A brief survey of Slovene Baukultur
Wohnhaus „Salamander“ von Sadar + Vuga in Ljubljana, 2004 | Condominium “Salamander” by Sadar + Vuga
in Ljubljana, 2004
Daneben verdienen viele neue Hotelgebäude in den
Alpen oder an der Küste Beachtung. Der Tourismussektor floriert in Slowenien. Nova Gorica an der Grenze
zu Ita lien entwickelt sich zu einem kleinen Las Vegas.
Das Hotel von Studio Krušec in Celjska Koča und das
Hotel Sotelia in Podčetrtek von Enota sind architektonisch von Interesse wie auch der Bereich neuer Hochschulbauten, der mittels PPP-Projekte verfolgt wird.
So sind in Ljubljana ein neues Klinikzentrum, eine
Technische Hochschule sowie eine neue National- und
Universitätsbibliothek und in Koper ein neuer Universitätscampus geplant. Im Umbruch befinden sich
Ljubljana, Maribor und Koper, wo Nachhaltigkeit,
Umnutzungen, neue Grünzüge und gemischt genutzte
Quartieren an Bedeutung gewinnen.
Auf hohem Niveau konsolidiert erscheint heute die
Baukultur Sloweniens, dessen lebendige Architektenszene auch international mit vielen Architekturpreisen
und Publikationen vielfältige Anerkennung erfahren
hat. Großes Selbstbewusstsein zeigen die Slowenen
heute, die den historischen Umbruch und Eintritt in
die EU problemloser als viele ihrer Nachbarn gestalten
konnten.
In addition, many new hotel buildings in the Alps or on
the coast are worthy of mention. The tourism sector is
booming in Slovenia. Nova Gorica, on the border with
Italy, is developing into a smaller version of Las Vegas.
The hotel designed by the Krušec Studio in Celjska Koča
and the Sotelia Hotel in Podčetrtek are of architectural
interest, as is the field of new buildings for higher educa­
tion institutions, which involves PPP projects. With many
new construction projects, the state is again exerting an
active influence on the country’s Baukultur . Thus, for in­
stance, a new medical centre, an institute of technology
and a new national and university library are planned in
Ljubljana, and a new university campus is planned in
Koper. Ljubljana, Maribor and Koper are going through a
process of transformation, with sustainability, the conver­
sion of existing buildings for new uses, new green spaces
and mixed­use neighbourhoods becoming more impor­
tant. Today, the Baukultur of Slovenia would appear to
have been consolidated at a high level. The country’s
vibrant architecture scene has received much interna­
tional recognition, and its architects have been awarded
many architecture prizes and have authored many publi­
cations. Today, great self­confidence is demonstrated
by the Slovenes, who have been able to manage the
historical upheavals and accession to the EU with fewer
problems than many of their neighbours.
19
Baukultur als europäisches Projekt
Baukultur as a European project
Wolfgang Kaschuba
Architekten beobachten und planen Gebäude und Räume. Und wenn sie gut sind, beobachten sie auch Menschen. Denn dies ist ihr eigentlicher Job: „menschlich“
dimensionierte Raumkörper und Raumlandschaften zu
schaffen.
Ethnologen beobachten Menschen und Kulturen.
Und wenn sie gut sind, beobachten sie auch Räume
und Gebäude. Denn sie wollen die Menschen in ihren
„Lebenswelten“ und „Alltagen“ verstehen – also deren
Erfahrungen, deren Beziehungen, deren Bewegungen
in sozial wie architektonisch geprägten Lebensräumen.
Die Stadtethnologie untersucht diese Lebenswelten
insbesondere in den großen Städten, in den spezifischen
Ausgestaltungen „urbaner Kultur“.
Architektur und Ethnologie: Beide passen also durchaus
zusammen. Gleichsam einem gemeinsamen „anthropologischen Projekt“ verpflichtet, auch wenn dies bisher
eher selten zu wirklicher Zusammenarbeit geführt hat.
Immerhin: Heute spreche ich als Ethnologe auf Ihrer
Tagung, und ich will dabei über Räume und Städte
sprechen und über die Menschen in eben dieser anthropologischen Perspektive. Dabei möchte ich mit einem
kurzen Rückblick in die Geschichte beginnen, bevor ich
dann die Gegenwart der Stadt betrachte.
I. Die europäische Stadt: ein Mythos?
In den Diskussionen der Architektur wie der Stadtethnologie geht es immer wieder um die Vergangenheit und
die Zukunft der „europäischen Stadt“. Sie berge – fast
paradigmatisch – eine besondere historische Qualität in
sich, die nun in Gefahr sei und deshalb bewahrt werden
müsse, heißt es immer wieder.
Nicht immer wird diese Qualität auch tatsächlich
beschrieben. Gemeint ist mit dieser Formel von der
„europäischen Stadt“ aber offenbar eine historisch gewachsene räumliche wie soziale Stadtgestalt, die sich
durch Funktionalität, durch Ästhetik, durch Zentralität
und eben auch durch bürgerliche Selbstverwaltung
auszeichnet. Eine „bürgerliche“ Stadt also mit ausgeprägter Alt- oder Innenstadt samt dem Marktplatzensemble von Rathaus, Kirche, Schule, Gasthaus, Café.
Gemeint ist auch eine nachhaltige Gliederung der gesamten Stadtlandschaft durch Verkehrs- und Gewerbe-
20
Architects observe and design buildings and spaces.
And if they are good architects, they also observe people.
Because this is their real job – to create spatial bodies
and spatial landscapes with “human” dimensions.
Ethnologists observe people and cultures. And if they
are good ethnologists, they also observe spaces and
buildings. Because they want to understand people in
their “lifeworlds” and “everyday lives” – in other words
their experiences, their relationships, their movements in
living spaces that are shaped socially and architecturally.
Urban ethnology studies these lifeworlds, especially in
large cities, in the specific forms taken by “urban culture”.
Architecture and ethnology thus definitely go well to­
gether. They are, as it were, committed to a joint “anthro­
pological project”, even if this has so far rarely resulted
in genuine cooperation. Still, I am speaking as an ethno­
logist at your conference. And I want to talk about spaces
and cities and people from this anthropological per­
spective. I would like to start with a brief historical review
before I look at the present situation of cities.
I. The European city: a myth?
Architects and urban ethnologists are forever discussing
the past and the future of the “European city”. Time and
again, they claim that it has – almost paradigmatically –
a special historical quality that is now at risk and thus has
to be preserved.
This quality is not always actually described. However,
what is obviously meant by this phrase “the European
city” is a spatial and social entity that has evolved over
the course of history and is characterized by functionality,
aesthetics, centrality and also by civic governance.
In other words, a “civic” city with a distinctive old town
or city centre together with the group of buildings
around the market square – town hall, church, school,
inn, café. What is also meant is a permanent organization
of the entire urban landscape by transport and commer­
cial structures, by middle­class and working­class neigh­
bourhoods, by appropriately designed roads and squares.
Baukultur als europäisches Projekt
Baukultur as a European project
21
strukturen, durch Bürger- und Arbeiterviertel, durch
entsprechend angelegte Straßen und Plätze. Und gemeint ist damit schließlich auch ein bestimmter architektonischer Stil, der gewiss nicht spezifisch und einheitlich zu sein braucht, der in der europäischen
Geschichte aber jedenfalls doch beidem gerecht werden
musste: dem bürgerlichen Wunsch nach Geschichtlichkeit und Repräsentation wie dem bürgerlichen Bedürfnis nach dem architektonischen Ausdruck von Gemeinschaft, Ordnung und Solidität.
Diese „europäische Stadt“ entsteht zwar längst vor dem
Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie bildet aber besonders
in dieser Zeit festere bauliche wie soziale Formen aus.
Und sie differenziert sich vor allem deutlich. So bleibt
einerseits zwar der Prototyp dieser „Kleinstadt“ erhalten, wie er sich von England bis ins westliche Russland
und von Italien bis Schweden findet. Von dieser Kleinstadt jedoch beginnt sich die „große Stadt“ zu emanzipieren auf den Spuren der europäischen Vorbilder
Paris und London. Vergegenwärtigen wir uns, dass in
Deutschland 1810 gerade zwei Städte über 100.000 Einwohner aufweisen: Berlin mit 190.000 und Hamburg
mit 120.000 Menschen.
Die berühmte preußische Städteordnung von 1810 ordnet deshalb eben noch „Klein- und Mittelstädte“: Städte,
die eng gebaut und meist ummauert sind, um Schutz
und Sicherheit zu geben, um Nahrung und Wärme zu
speichern, um überschaubar und kontrollierbar zu sein.
So gliedern diesen städtischen Raum Stadttore und
Mauern, schmale Häuserzeilen und enge Gassen, kaum
Gärten und wenige Plätze. Das Ziel ist Verdichtung der
Räume und Vernetzung der Funktionen, um die lokalen
Ressourcen, also vor allem Handwerk und Handel, möglichst gut zu nutzen und zu schützen.
Um 1900, nur drei Generationen später, bietet sich
längst ein anderes Bild. Ein rasantes Wachstum der
Städte hat in Deutschland und Europa stattgefunden
auf das fünf- bis zehnfache der Bevölkerung. Verursacht
bekanntlich durch eine städtische Bevölkerungsexplosion im Zuge der Industrialisierung dank hoher Geburtenzahlen und sinkender Kindersterblichkeit, vor allem
aber aufgrund massenhafter Zuwanderung. Alle Städte,
insbesondere aber die Metropolen wachsen in dieser
Zeit nur durch und aus „Mobilität“. Sie entstehen aus
der gezielten Bewegung von Menschen, von Ideen, von
Dingen. Stadt war also und wird nun noch mehr ein „migrantisches Produkt“ – gerade auch im Blick auf ihre soziale und kulturelle Prägung. Daran sollte man heute
aus gegebenem Anlass und mit Georg Simmel nachdrücklich erinnern: Große Städte waren und sind Orte
der Fremden, die bleiben! 1 Und meist sind es diese Fremden, die dem städtischen Leben neue Form und Gestalt
geben, auch neue architektonische Gestalt. Denn die
Fremden sind am ehesten in der Lage, lokale Regeln und
Traditionen zu überschreiten und tatsächlich Neues zu
gestalten: Neue Regeln der Produktion und der Ökonomie einzuführen, aber auch neue Lebensstile und neue
ästhetische Konzepte.
22
And ultimately, what is also meant is a certain architec­
tural style, which certainly does not have to be specific
and uniform, but which, in the history of Europe, had to
reflect both the civic desire for historicity and represen­
tation and the civic need for the architectural expression
of community, order and solidity.
It is true that this „European city“ emerged long before
the start of the 19th century. But it was during this period,
in particular, that it developed more solid physical and
social forms. And the differences became more pro­
nounced. Thus, on the one hand, the prototype of this
„small town“ was preserved, and could be found from
England to Western Russia and from Italy to Sweden.
How ever, the “large city” started to emancipate itself
from this small town, following in the tracks of Paris and
London as European models. Let us not forget that in
1810, only two cities in Germany had a population of over
100,000 – Berlin with 190,000 and Hamburg with 120,000
inhabitants.
The famous Prussian Municipal Ordinance of 1810 thus
still governed “small and medium­sized towns” – towns
that were densely populated and usually surrounded by
walls, to provide protection and safety, to store food and
heat, to be manageable and controllable. Thus, this
urban space was divided by town gates and walls, narrow
rows of houses and alleyways, hardly any gardens and
few squares. The aim was to consolidate the spaces and
interlink the functions, in order to make optimum use of
and protect local resources, especially crafts and trade.
By 1900, only three generations later, the picture had
long since changed. There had been rapid growth in
towns and cities in Germany and Europe, with a five to
ten­fold rise in population levels. This was caused, as is
generally known, by an explosion in the urban population
in the course of industrialization thanks to high birth
rates and a decline in infant mortality, but it was mainly
due to massive in­migration. During this period, all towns
and cities, but especially the metropolitan areas, grew
solely through and out of “mobility”. They emerged from
the systematic movement of people, ideas and things.
The city had thus become, and was increasingly be­
coming, a “product of migration”– especially with regard
to its social and cultural shape. Today, in the light of
recent events, we should remember the words of Georg
Simmel: Large cities have been and continue to be places
to which outsiders come and stay! 1 And in most cases, it is
these outsiders who give urban life new form and shape,
including new architectural shape. Because the outsiders
are most likely to be in a position to transgress local rules
and traditions and to actually shape something new – to
introduce new rules of production and economy, but also
new lifestyles and new aesthetic concepts.
Baukultur als europäisches Projekt
Baukultur as a European project
„Mischung“ ist hier das Stichwort. Denn in diesem
19. Jahrhundert ist die „europäische Stadt“ eben auch
zu einem spezifischen Modell „urbaner Mischungen“
geworden. Sie verkörpert nun einen Ort „kultureller
Vielfalt“: im Blick auf die vielfach migrantische Herkunft ihrer Bewohner ebenso wie auf die nun von außen
eindringenden Moden und Lebensstile oder auf die
nun vielfach umgestaltete Stadtlandschaft. [...]
Industrie und Verkehr formieren damals die Menschen
zu neuen industriegesellschaftlichen „Massen“. Und
sie formen die Städte um zu industriellen Landschaften.
Dies alles bedeutet eine nachhaltige räumliche, bauliche, infrastrukturelle, ästhetische Veränderung der
Stadtwelt. Damit beginnt die große Zeit der Stadtplaner
und der Sozialreformer, die nach der „Lebenswelt Stadt“
fragen. Ihnen erscheinen gerade die neuen Stadträume
und Verkehrswege dabei als die zentralen Voraussetzungen „urbaner Kultur“: als eines vielfältigen und
vor allem eben lokal verfügbaren und erreichbaren
Angebotes von Arbeit, Wohnen, Nahrung, Bildung,
Wissen und Unterhaltung.
Denn dies ist das urbane Grundprinzip: dass die materiellen wie ideellen Angebote möglichst überall verfügbar und jederzeit erreichbar sein sollen. Und diese
„Freizügigkeit“ als allseitige Bewegung im Raum erfährt
nun Gestaltform. Die Mauern und die Tore fallen, die
Straßen und die Plätze weiten sich, die Bahnhöfe und
die Gasthäuser werden zu Einlasstoren „des Fremden“.
Die Stadt „öffnet“ sich in den Raum – theoretisch bereits
unbegrenzt. Damit wird der Raum seinerseits unaufhaltsam „verstädtert“: durch neue Arbeits-, Siedlungsund Verkehrsstrukturen, aber eben auch durch neue urbane Lebens- und Konsumstile. Es entsteht eine neue
Vielfalt der Formen und Stile, die nun miteinander konkurrieren, sich ergänzen, sich vermischen. Und erst mit
dieser Pluralisierung und Urbanisierung der Lebensformen, werden Raum und Gesellschaft insgesamt zu
Spielräumen und Anlagefeldern des modernen Kapitalismus. […]
Nach 1945 dann wird in vielen europäischen Städten
der Krieg „überbaut“ und „überblendet“: in seinen physischen Schäden und Ruinen wie in seinen psychischen
Bildern und Traumata. Insofern ist die vielfach kritisierte europäische Nachkriegsmoderne in ihrer architektonischen Kühle und Funktionalität auch eine Absage an
schmerzliche Rück-Blicke und Rückbesinnungen.
Damit verweigern sich nun aber auch viele Städte
jener Tradition der „europäischen Stadt“, indem sie
sich „entkernen“, „erschließen“, „modernisieren“.
Vielfach eben ohne soziales Konzept und ohne historisches Augenmaß.
The keyword here is “mixture”. Because in that 19th cen­
tury, the “European city” also became a specific model of
“urban mixtures”. It now embodied a place of “cultural di­
versity” – with regard to the migratory origin of many of
its inhabitants, the fashions and lifestyles now being im­
ported from outside, or the urban landscape which un­
derwent numerous modifications. […]
At that time, industry and transport formed people into
new “masses” of the industrial society. And they shaped
the cities into industrial landscapes. All this meant a sus­
tained spatial, physical, infrastructural and aesthetical
transformation of the urban world. This marked the start
of the heyday of urban planners and social reformers,
who called for an “urban lifeworld”. To them, the new
urban spaces and transport infrastructure appeared to be
the key prerequisites of “urban culture” – a diverse and,
above all, locally available and accessible range of work,
housing, food, education, knowledge and entertainment.
Because this is the basic urban principle – that the tangi­
ble and intangible services should, wherever possible,
be available everywhere and accessible at all time. And
this “freedom of movement” in all directions in space now
took on concrete shape. The walls and gates came down,
the roads and squares became wider, the railway stations
and inns became the gates through which “the outside
world” entered. The city “opened” itself to space – al­
ready without any limits, at least theoretically. As a result,
space itself became inexorably “urbanized” by new work,
settlement and transport structures, but also by new
styles of urban life and consumption. A new diversity of
forms and style emerged, which now competed with,
complemented and intermingled with one another. And
it was not until this pluralization and urbanization of ways
of life that space and society as a whole became play­
grounds and investment fields of modern capitalism. […]
After 1945, many European cities “built over” or “faded
out” the War – in its physical damage and ruins and in
its psychological images and traumas. In this respect,
the much criticized European post­war modernism is, in
its coolness and functionality, also a rejection of painful
retrospections and recollections.
In doing so, however, many cities were refusing to accept
the tradition of the “European city” by reducing their
density, developing or modernizing. In many cases with­
out a social plan and with no sense of historical propor­
tion.
23
II. Die europäische Stadt: ein Ethos!
II. The European City: an ethos!
Mit der Metapher von der „Unwirtlichkeit der Städte“
kritisierte der Mahner Alexander Mitscherlich 1965 bekanntlich den doppelten Sündenfall von Architektur
und Verkehrsplanung. Denn der drohte die historisch
gewachsene Lebenswelt „Stadt“ in ihrem Inneren zu
zerstören.
It is well known that in 1965, the admonisher Alexander
Mitscherlich, using the metaphor of the “inhospitality of
cities”, criticized the twin fall from grace of architecture
and transport planning. Because it threatened to destroy
the very heart of the urban lifeworld, which had evolved
over the course of history.
Heute könnte man umgekehrt von einer „Wirtlichkeit
Today, we could turn this round and speak of a “hospital­
der Städte“ sprechen, die bedrohlich zu werden scheint.
ity of cities” which appears to be becoming threatening.
Von einem Sündenfall, der sich in neuen Formen der
Of a fall from grace that involves cities being equipped
architektonischen „Möblierung“ und der kulturellen
with new forms of architectural “furnishings” and being
„Vergemütlichung“ der Stadt vollzieht, der städtische
made culturally “cosy”, that is refurbishing the urban land­
Landschaft und urbane Kultur gleichsam als „Ottomane“ scape and urban culture as “ottomans”, as it were, as
herrichtet, als couchhafte Spiel- und Liegewiese eines
couch­like playing fields and lawns of a new „urbanism“.
neuen „Urbanismus“.
Because, starting in the 1990s, the cities of Europe once
Denn seit den 1990er Jahren formten sich Europas
again dramatically reshaped themselves. On the one
Städte nochmals dramatisch um. Einerseits wurde nach
hand, the political and economic map of Europe was re­
dem Zusammenbruch des Sozialismus und dem Fall des
drawn after the collapse of socialism and the fall of the
Eisernen Vorhangs die politische und wirtschaftliche
Iron Curtain. On the other hand, politics and economics,
Landkarte Europas neu geschrieben. Andererseits ordmigration and travel arranged the European transport
neten Politik und Ökonomie, Migration und Reisen das
and urban networks in a topography that was, in many
europäische Verkehrs- und Städtenetz in einer vielfach
cases, new. Thus, a fundamental restructuring of cities
neuen Topographie an. Damit vollzieht sich erneut ein
is once again taking place.
fundamentaler Stadt-Umbau.
US urban sociology has since coined the cute term
Für diesen inneren Stadtumbau hat die US-Stadtsozio“rezoning” for this internal urban restructuring. This is
logie inzwischen den hübschen Begriff des „Re-Zoning“
a rather euphemistic term, because it is used to describe
erfunden, also der räumlichen „Um-Ordnung“. Das ist
nothing less than a radical functional and social restruc­
eine eher euphemistische Formulierung, weil damit
turing of urban space, a restructuring that is taking place
nicht weniger umschrieben wird als eine radikale funkprimarily to meet the requirements of the private sector
tionale und soziale Umstrukturierung des städtischen
and tourism. Central neighbourhoods are being gentri­
Raumes, eine Umstrukturierung vor allem unter privatfied, social groups are being forced out of these centres
wirtschaftlichen und touristischen Gesichtspunkten.
by high rents and prices, small businesses and trades are
Zentrale Stadtquartiere werden gentrifiziert, soziale
being driven away by boutiques. At the same time, the
Gruppen über hohe Mieten und Preise aus diesen Zenurban space is extending further into the hinterland as a
tren abgedrängt, Kleingewerbe und Handwerke durch
suburban area of living and consumption.
Boutiquen vertrieben. Gleichzeitig erweitert sich der
Large European cities are also being reshaped and redis­
urbane Raum als suburbaner Wohn- und Konsumraum
covered as a result of the rapid growth of budget airlines
weiter in das Umland hinaus.
and mass tourism. They now appear to be a diverse and
Auch durch den rasant wachsenden Flug- und Massenalien “sociotope”, as a historical and museum landscape
tourismus werden europäische Großstädte umgeformt
and, even more so, as a shopping mall and party stage.
und neu entdeckt. Sie erscheinen nun zugleich als vielA totally new tourist mobility is emerging – with a new
fältiges und fremdes „Soziotop“ wie als Geschichts- und
clientele. Because the low­cost airlines and the new
Museumslandschaft und erst recht als Shoppingmall
200 km/h trains are rapidly producing a dense European
und Partybühne. Es ist eine völlig neue touristische
mobility network. And this network is clearly dominated
Beweglichkeit, die da entsteht – auch mit einem neuen
by those cities and metropolitan regions that are cultur­
Publikum. Denn rasch entwickelt sich um die Billigflugally attractive.
linien und die neuen 200 km/h schnellen Zugsysteme
In this context, it is primarily the “modern nomads” who
ein dichtes europäisches Mobilitätsnetz. Und in diesem
appear to be genuinely “urban” – bankers and managers,
Netz dominieren deutlich die kulturell attraktiven
artists and intellectuals, who travel around this “metro­
Städte und Metropolenverbindungen.
poly”. Usually with business connections and homes in
Als wirklich „urban“ erscheinen dabei vor allem die
several cities, they are a living example of “city hopping”
„modernen Nomaden“: Banker und Manager, Künstler
by creative and important people, who declare individual
und Intellektuelle, die in diesem „Metropoly“ unterwegs mobility to be an emblem of post­modernism.
sind. Meist mit Geschäftsbeziehungen wie Wohnsitzen
in mehreren Städten leben sie uns ein „City-Hopping“
der Kreativen und Wichtigen vor, die individuelle Mobilität zum Signet der Postmoderne erklären.
24
Baukultur als europäisches Projekt
Baukultur as a European project
Den „hippen“ Städten bringt dies Geld und Ansehen.
Es bringt ihnen aber auch Apartment-Komplexe, die wie
städtische Urlaubs-Ressorts wirken. Es bringt ihnen
neue Mitbürger, die sich „lokal“ oft wenig interessieren,
engagieren und identifizieren. Es bringt ihnen auch
internationale Architekturstile, die manches Aufsehen
erregen, aber auch viele Baukomplexe zum Verwechseln ähnlich gestalten. Es bringt ihnen soziale Verdrängungsprozesse in den Innenstadtquartieren, die nun
„homogen“ und langweilig anstatt „sozial gemischt“
werden. Und es bringt damit das dritte städtische
Zentrum hervor, jene postmoderne und exklusive
„City in der City“. Gleichsam eine innerstädtische „CityLounge“, die für den Normalbürger in London, Moskau
oder Prag längst nicht mehr zugänglich ist, weil er sich
von der Wohnung bis zum Bier die Preise im Zentrum
nicht mehr leisten kann. [...]
Nun geht es um das Dabeisein. Durch die Festivalisierung der Stadtkultur wird die Metropole immer mehr
zur „Location-Landschaft“ und zur „Party-City“. Zu
einem Raum von Treffpunkten und Gemeinschaftserlebnissen, die nur grell und kurz aufscheinen: das Stadtzentrum als permanenter Eventraum. Im kleinen
Rahmen sind das die Party im Kraftwerk, die Kunstausstellung im Luftschutzbunker, das Simon Rattle-Konzert
im stillgelegten U-Bahnschacht – teils für ein exklusives
Jetset-Publikum, teils für nicht weniger exklusive Subkulturen und Szenen. Und im großen Rahmen präsentieren sich New York-Stadtmarathon, Madonna im
Berliner Olympiastadion, Sinfoniekonzert im Hyde Park,
Street Parade in Zürich, Mona Lisa im Pariser Louvre
oder selbst die Bayreuther Wagner-Festspiele.
Dazwischen formen sich die gentrifizierten Szeneviertel
wie Notting Hill oder Prenzlauer Berg. Oft samt neuer
Bewohnerschaft für die neuen „Quartiere“ und „Locations“ – und inzwischen von Paris bis Bochum mit
„Stränden“ in der Stadt: Sand aufs Pflaster, Liegestühle
unter die Kübel-Palmen, Caipirinha ins Glas und Karibik-Pop aus der Box!
Architektonisch bedeutet dies je nachdem „Multikulti“
oder „Leipziger Allerlei“: viel Event-Architektur jedenfalls, die mit „Ort“ und „Welt“ spielt, mit „Geschichte“
und „Zukunft“, die das „Ruinöse“ rekonstruiert und das
„Pompöse“ inszeniert, die das „Provisorium“ schätzen
lernt und die „Zwischennutzung“. Architektur erscheint
hier oft als ein Stil-Sampling fast wie in der Musik.
Jedenfalls drückt sich darin offenbar eine neue „performative“ Qualität der Architektur aus. Nicht nur in
ihren Bauten, sondern auch in ihren Stars, ihren Gesten,
ihrem Habitus. Wenn etwa die Debatten um rekonstruierte Schlösser und Kirchen als architektonische
Iden titätsstiftung inszeniert werden, wenn sich die
„Schaustelle“ als ein Einblick in die Werkstatt des
großen Machers erweist oder wenn die neuen Wortschöpfungen vom „urbanen Rückbauen“ als sozialtherapeutischer Jargon daherkommen.
Auch insofern wird die Stadt zum „Gesamtkunstwerk“:
Sie bildet nun Bühne und Rahmen für eine dichte Folge
von Politik-, Kunst-, Musik- und Sportevents. Und sie
liefert dem Strom der auswärtigen Besucher damit ein
besonders emotionales „urbanes Erlebnis“. Mehr noch:
Mit dieser Wendung hin zur „Weltstadt“, zum Ort einer
For “hip” cities, this means money and prestige. But it also
means apartment complexes that look like urban holiday
resorts. It also means new inhabitants who often show
little interest in the locality and are reluctant to get in­
volved in and to identify with it. It also means internation­
al architectural styles which sometimes cause a sensation,
but which also design many building complexes such that
they all look the same. It also means processes of social
displacement in the city centre neighbourhoods, which
now become “homogeneous” and boring rather than
“socially mixed”. And it thus produces the third urban cen­
tre, that post­modern and exclusive “city within the city”.
A inner urban “city lounge”, as it were, which is no longer
accessible to the average citizen in London, Moscow or
Prague, because, from an apartment to a beer, he can no
longer afford the prices in the centre. […]
Now, it’s all about taking part. The festivalization of urban
culture is increasingly turning large cities into “location
landscapes” and “party cities”. To a space of meeting
points and shared experiences, which only appear garish­
ly and for a short time – the city centre as a permanent
event space. On a small scale, this means the party in the
power plant, the art exhibition in the air raid shelter, the
Simon Rattle concert in the disused underground tunnel
– in some cases for an exclusive jet set audience, in other
cases for no less exclusive subcultures and scenes. And
on a large scale, it means the New York City Marathon,
Madonna in the Berlin Olympic Stadium, the symphony
concert in Hyde Park, the Street Parade in Zurich, Mona Lisa
in the Paris Louvre or even the Wagner Festival in Bayreuth.
Between these are emerging the gentrified trendy
neighbourhoods such as Notting Hill or Prenzlauer Berg.
Often together with new residents for the new “neigh­
bourhoods” and “locations”. And in the meantime we
have “beaches” in the city, from Paris to Bochum: with
sand on the pavement, deckchairs under the potted
palms, caipi rinha in your glass and Caribbean pop music
from the loudspeakers!
Architecturally, this means “multicultural” or a “mixed
bag”, as the case may be. At any rate, a lot of event
architecture, that plays with “location” and “world”, with
“history” and “future”, that reconstructs the “ruinous”
and stages the “pompous”, that comes to appreciate the
“makeshift” and the “temporary use”. Here, architecture
often appears to be style sampling, almost like in music.
At any rate, this is obviously the expression of a new
“performative” quality of architecture. Not only in its
buildings, but also in its stars, its gestures, its habitus.
Like, for instance, when the debates on reconstructed
palaces and churches are staged as if they were supposed
to foster a sense of architectural identity, when the
“Schaustelle” turns out to be an insight into the world of
the great man of action or when the neologisms of „urban
demolition“ come across as social therapeutic jargon.
Another way in which cities are becoming a “Gesamt­
kunstwerk” is that they now form the stage and frame­
work for a rapid succession of political, artistic, musical
and sporting events. And in doing so, they provide
the stream of external visitors with a special emotional
25
fast globalen Pop-Kultur, öffnet die Stadt sich auch als
Entdeckungsraum für einen „inneren Tourismus“:
Auch „die Einheimischen“ erleben sich nun selbst
als Touristen in der eigenen, jedoch vielfach „fremd“
gewordenen Stadt – vor allem dann, wenn sie sich die
Eventmeile in der eigenen Stadtmitte finanziell nur
noch zwei Mal im Jahr leisten können!
“urban experience”. And there is more. With this trend to­
wards a “world city”, a place of almost global pop culture,
cities are also opening up as a place of discovery for “in­
ternal tourism”. The “locals” also find out what it is like to
be tourists in their own city, a city that in many respects
they find alien – especially if they can only afford to visit
the event mile in their own city centre twice a year!
Die neue Attraktivität von Städten wie Barcelona,
Edinburgh, Berlin oder St. Petersburg ist ohne diesen
Wirkungszusammenhang von „Placemaking“ und
„Branding“ nicht zu erklären. Ethnische Milieus wie
urbane Szenen spielen dabei eine wesentliche Rolle,
künstlerische und akademische Mobilität, Medienverbünde und Internet-Portale – und immer wieder natürlich Baupolitik und Architektur wie im Extremfall
Bilbao. Diese Attraktivität ist aber nicht denkbar ohne
die neuen Verkehrsnetze und die neuen Mobilitätsformen, die das touristische und migrantische Element
der Stadtkultur weiter verstärken.
The new attractiveness of cities such as Barcelona, Edin­
burgh, Berlin or St Petersburg cannot be explained with­
out this correlation between placemaking and branding.
Ethnic milieus and urban scenes play a major role here,
artistic and academic mobility, media networks and inter­
net portals – and of course time and again building policy
and architecture, as in the extreme case of Bilbao. How­
ever, this attractiveness would be inconceivable without
the new transport networks and the new forms of mobil­
ity that further intensify the tourist and migrant elements
of urban culture.
Natürlich droht hier Gefahr, denn dieser Stadtumbau
tendiert zur Ökonomisierung und Uniformierung
der Stadtkultur. Zum Verlust lokaler Merkmale aus Geschichte, Architektur und Atmosphäre, die ja eigentlich
gerade das Einzigartige der Metropole ausmachen:
ihre Unverwechselbarkeit.
All dies gilt längst auch für die kleineren Städte: Stadtumbau, Boutiquisierung und Tourismus „gentrifizieren“
und „konsumieren“ auch hier längst die kulturelle Substanz. Nach den immergleichen Flughäfen, Bahnhöfen
und Hotellobbies muss man sich heute auch in manchen
Opernhäusern, Kunstausstellungen oder ganzen Innenstädten irritiert fragen, ob sie nicht zu jeder beliebigen
Stadt gehören könnten. Der französische Kulturanthropologe Marc Augé spricht von „Nicht-Orten“,
die so gerade im Zusammenspiel von globaler Ökonomie, großstädtischem Verkehr und urbaner Architektur
entstehen. 2 Und mit solchen Nicht-Orten verlieren die
Städte ihre Lebensgeschichte, ihr Gesicht, ihre Identität.
Umso wichtiger wird daher die Frage, „wer“ in der
Stadt leben und „für wen“ sie künftig „gedacht“ und
„gemacht“ werden soll. Und dies ist dann eine zutiefst
politische Frage! Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Florida hatte darauf kürzlich eine
Antwort versucht. Er fragte nämlich in einer Untersuchung der US-amerikanischen Groß- und Mittelstädte
nach deren „Zukunftsfähigkeit“. Diese Zukunftsfähigkeit wiederum hängt für ihn davon ab, ob diese Städte
attraktiv sind für die „kreativen Klassen“. Darunter
versteht er jenes knappe Drittel der Bevölkerung, das
insbesondere in den Technologie- und Kulturindustrien
arbeitet, also etwa Ingenieure und Software-Entwickler,
Medienmenschen und Banker, Künstler und Wissenschaftler.
Diese „Kreativen“ wiederum – so Florida – wünschen
sich ein Lebensumfeld, das durch Geschichte und Architektur geprägt ist, durch soziale und ethnische Vielfalt,
durch vielseitige kulturelle wie kommerzielle Angebote,
durch Liberalität und Toleranz im gesellschaftlichen
Klima. Wo es dies nicht gibt, ziehen sie weg. Als Florida
seine Ergebnisse dann in einem Aufsatz zusammenfasste mit dem provokanten Untertitel: „Warum Städte
26
Of course there is a risk here, because this urban restruc­
turing tends to make urban culture economical and
uniform. It tends to result in the loss of local features from
history, architecture and atmosphere, which constitute
the very thing that is unique about large cities – their
distinctiveness.
All this has also long since applied to smaller towns and
cities. Here, too, urban restructuring, boutiquization
and tourism have long since been “gentrifying” and “con­
suming” the cultural fabric. After the airports, railway
stations and hotel lobbies that all look the same, people
are today forced to ask themselves in some opera houses,
art exhibitions or entire city centres whether they could
not belong to any city. The French cultural anthropologist
Marc Augé talks of “non­places”, which emerge through
the interplay of the global economy, big­city transport
and urban architecture 2. And with such non­places, cities
lose their history, their face and their identity.
Thus, the question as to “who” is to live in cities and
“for whom” they are to be “conceived” and “made” in the
future becomes all the more important“ And this is a
profoundly political question. The American economist
Richard Florida recently attempted to answer it. In a study
of large and medium­sized US cities, he inquired into
their “sustainability”. For him, this sustainability depends
on whether these cities are attractive to the “creative
classes”. By this he means the just under one third of the
population who work in the technology and culture
industries, such as engineers and software developers,
media folk and bankers, artists and academics.
Florida argues that, in turn, these “creative classes” desire
to live in an environment that is characterized by history
and architecture, by social and ethnic diversity, by a wide
range of cultural activities and commercial services, by
liberalism and tolerance in the social climate. If this does
Baukultur als europäisches Projekt
Baukultur as a European project
ohne Schwulenszene und Rockbands im Rennen um
ökonomische Entwicklung verlieren“, brach vor allem
in Stadtverwaltungen des amerikanischen Mittleren
Westens offene Panik aus. 3
not exist, they will move away. When Florida then summa­
rized his findings in an essay with the provocative subtitle
“Why cities without gays and rock bands are losing the eco­
nomic development race”, undisguised panic broke out in
many city administrations in the US, especially those in the
Mid West.3
Nun kann man Floridas Antwort sicherlich nur als Hinweis nehmen. Die „Kreativen“ – wenn es sie als Gruppe
Now, Florida’s answer can undoubtedly only be taken
überhaupt gibt – sind gewiss ein buntes Völkchen, aber
eben auch kein besonders zuverlässiges „Stadtpersonal“. as a pointer. The “creative class” – if they exist at all as a
group – are certainly a motley bunch, but they are not
Denn eine reine „Lifestyle-“ oder „Nomaden-Stadt“ wird
especially reliable “urban personnel”. Most people would
man sich als städtische Zukunft wohl auch nicht wünprobably not want to see purely “lifestyle cities” or
schen wollen. Was aber stattdessen erwünscht ist, das
“nomad cities” as the urban future. However, every city
muss sich jede Stadt heute in der Tat genau überlegen.
must today carefully consider what it would rather have.
Manche dieser Überlegungen operieren gegenwärtig
Some of these considerations are currently operating
einfach mit dem Begriff „Spacing“. Dieses Schlagwort
simply with the term “spacing”. In the ongoing spatial
will in den aktuellen Raum- und Stadtdebatten darauf
and urban debates, this buzzword is intended to draw
aufmerksam machen, dass es buchstäblich um: „Raum
attention to the fact that it is literally a matter of “making
machen“ geht. Dass „Bauen“ in der Tat eine komplexe
space”. That “building” does indeed mean a complex
und systematische Veränderung des Raumes durch
and systematic transformation of space by new material
neue materielle wie virtuelle Plastizität meint, also
durch neues räumliches Wissen wie durch neue mediale and virtual plasticity, in other words by new spatial
knowledge and new media­based images of spatiality
Bilder von Räumlichkeit wie durch neue räumliche
and by new spatial practices.
Praxen.
„Spacing“ will also erst einmal nachfragen. Es will die
Planung und Koordination von Stadt und Raum in Prozessdimensionen neu denken. Will Stadt nicht als Bühne für „Architektur-Events“, sondern als „BaukulturLandschaft“ verstanden wissen. Will mehr auf die
Unterschiede in den Raum- und Zeitmanagements der
Nutzer Rücksicht nehmen. Will den Zusammenhang
von Stadt und Bewohnern als „öffentlichen Raum“ im
Sinne der alten Idee von der „europäischen Stadt“ ernst
nehmen. Will vor allem die Funktion der Innenstädte
als „soziale Bewegungsräume und kulturelle Begegnungszonen“ erhalten – als eine „soziale Stadt“: begehbar, erkennbar, genießbar, bezahlbar von allen und für
alle!
Denn nur aus dieser Attraktivität „für alle“ entsteht
Identifikation! Und nur aus solcher Identifikation wiederum erwächst die Bereitschaft zum Handeln in individueller wie in „stadtbürgerlicher“ Verantwortung!
Das jedenfalls lehrt uns die bisherige Geschichte der
großen Städte. Und das wäre dann eben auch: die europäische Stadt „als Ethos“, als eine in „soziale“ Gestalt
und „kulturelles“ Bauprogramm übersetzte Idee! –
Diese europäische Stadt ist und bleibt attraktiv. Daran
sollten Architekten und Stadtplaner denken und weiter
bauen!
Thus, “spacing” wants to start by inquiring. It wants to
rethink the planning and coordination of cities and
spaces in process dimensions. It wants cities to be seen
not as a stage for “architectural events” but as a “ Bau­
kultur landscape”. It wants to devote more consideration
to the differences between the spatial and time manage­
ment systems of the users. It wants to take seriously the
connection between cities and their inhabitants as the
“public realm” in the sense of the old idea of the “Euro­
pean city”. Above all, it wants to preserve the function
of city centres as “spaces of social movement and zones
of cultural encounter”, as a “social city” – accessible,
perceptible, enjoyable and affordable for everyone!
Because it is only from this attractiveness “for everyone”
that identification can develop. And it is only from such
identification, in turn, that people will become willing
to act with individual and “civic” responsibility. This,
at any rate, is what the history of large cities teaches us.
And this also means: the European city “as an ethos”, as
an idea translated into a “social” shape and a “cultural”
building programme! This European city is attractive and
will remain so. Architects and urban planners should think
about this and continue building!
[1] See Kaschuba, Wolfgang, Die Überwindung der Distanz: Zeit und Raum
[1] siehe Kaschuba, Wolfgang: Die Überwindung der Distanz: Zeit und
Raum in der europäischen Moderne, Frankfurt am Main 2004.
[2] Augé, Marc: Orte und Nicht-Orte: Vorüberlegungen zu einer Ethnologie der Einsamkeit, Frankfurt am Main 1994.
in der europäischen Moderne, Frankfurt am Main 2004.
[2] Augé, Marc, Orte und Nicht­Orte: Vorüberlegungen zu einer Ethnologie
der Einsamkeit, Frankfurt am Main 1994.
[3] Florida, Richard, ‘The Rise of the Creative Class. Why cities without gays
[3] Florida, Richard: The Rise of the Creative Class. Why cities without gays
and rock bands are losing the economic development race’, in idem, The rise
and rock bands are losing the economic development race, in: ders.:
of the creative class and how it‘s transforming work, life, community and
The rise of the creative class and how it‘s transforming work, life, commu-
everyday life, New York 2004.
nity and everyday life, New York 2004.
27
Veranstaltungsbilder
Event pictures
28
29
Diskurs „Architektur und Identität“
Discourse on “Architecture and Identity”
Christian Brückner von Brückner & Brückner Architekten/Tirschenreuth, Würzburg
Aljoša Dekleva und Tina Gregorič, Dekleva-Greogorič Architekten/Ljubljana
Dean Lah, Enota Architekten/Ljubljana
Eva Maria Lang , Knerer & Lang Architekten/Dresden
Claus Käpplinger, Architekturkritiker/Berlin (Moderation)
Welche Bedeutung der Begriff Identität für Architektur
und Gesellschaft besitzt oder gewinnen kann, war
Thema dieses Panels, das von vier Kurzvorträgen slowenischer und deutscher Architekten eingeleitet wurde.
Eva Maria Lang von Knerer & Lang Architekten machte
den Anfang mit kritischen Beobachtungen zu ihrer
Heimatstadt Dresden. Am Beispiel des Altmarktes und
der Prager Straße stellte sie Dresdens Sehnsucht nach
Identität zur Diskussion, die sich auf eine „Wiedererfindung“ jener Stadt richte, die im Bombenkrieg unterging. Architektur und Städtebau seien hierzu starke
Instrumente. Was zuvor jedoch mit der Moderne verbunden war, nämlich der Glaube, dass man mit Architektur und Stadtplanung eine Gesellschaft gestalten
könne, werde nun auf die alte Stadt und Neuinterpretationen vergangener Stadtstrukturen übertragen.
What significance does the concept of identity have for
architecture and society or what significance can it gain?
This was the question addressed by this panel, which was
introduced by four brief presentations by Slovene and
German architects. Eva Maria Lang from Knerer & Lang
Architects kicked off with critical observations on her
home city of Dresden. Taking the Altmarkt and Prager
Straße as examples, she launched a discussion on Dres­
den’s yearning for identity, which is focused on a “re­
invention” of the city that was destroyed by the air raids.
She said that architecture and urban design were power­
ful instruments for this purpose. However, what was
formerly associated with modernism, namely the belief
that a society could be shaped with architecture and
urban planning, was now being applied to the old city
and reinterpretations of previous urban structures.
Aljoša Dekleva und Tina Gregorič wählten einen anderen,
einen biographischen Zugang zum Thema. Viele slowenische Architekten ihrer Generation hätten durch ihre
Studien- oder Arbeitsaufenthalte in Westeuropa in den
Neunzigern eine neue Sicht der eigenen Geschichte
und Identität gewonnen. Zuvor sei man sich über das
Eigene nicht derart bewusst gewesen, da man wie alle
anderen die damals einzige Architekturhochschule
Sloweniens in Ljubljana besucht hatte. Doch die Begegnung mit amerikanischen oder asiatischen Kollegen im
Westen hätte ihren Blick auf eine europäische Identität
mit zahlreichen nationalen wie regionalen Facetten geöffnet, die stets für den Ort das Spezifische suche und sich
in der Architektur auf Kontext, Geschichte wie auch die
Dialektik zwischen industriellem Standard und einzigartiger Handwerklichkeit stütze.
Aljoša Dekleva und Tina Gregorič chose a different, bio­
graphical approach to the topic. They said that many
Slovene architects of their generation had acquired a new
perspective on their own history and identity as a result
of studying or working in Western Europe in the 1990s.
Previously, they had not been so conscious of their own
history and identity because, like all other architects,
they had attended the only Slovene architectural aca­
demy that existed at that time, which was in Ljubljana.
However, meeting American or Asian colleagues in the
West had opened their eyes to a European identity
with numerous national and regional facets, that always
sought the specific for the place and in architecture drew
on context, history and the dialectic between industrial
standard and unique craftsmanship.
Dean Lah präsentierte hingegen fünf konzeptionelle
Strategien, mit denen seine Architektenpartnerschaft
Enota auf die baulichen Anforderungen der Gegenwart
zu reagieren versucht, die zumeist in Bauvolumen,
Programm und Gestalt nicht unmittelbar mit dem
Kontext und Ort vereinbar seien. Identität sei immer
ein Konstrukt, weniger eine fassbare Struktur als eine
Art des Denkens, die sehr stark von persönlichen Erfahrungen geprägt sei. Nicht der Ort und sein Kontext,
sondern der Prozess vieler verschiedener Entscheidungen drücke Identität aus, die später in ihrem Ergebnis,
allein dem konkreten Haus vor Ort ihren Ausdruck fände.
30
By contrast, Dean Lah presented five conceptual strate­
gies with which his architectural partnership, Enota, is
attempting to respond to the physical challenges of the
present which, he said, are not always directly compatible
with context and place, mostly in terms of construction
output, programmes and shapes. Identity was always
a construct, less a tangible structure and more a kind of
thinking strongly shaped by personal experience. It was
not the place and its context, but the process of many
different decisions that expressed identity, which was
later manifested in its outcome, the concrete building on
the ground.
Diskurs „Architektur und Identität“
Discourse on “Architecture and Identity”
Tina Gregorič, Aljoša Dekleva, Christian Brückner
31
Der Oberpfälzer Christian Brückner knüpfte mit seinem
Vortrag an Lahs Äußerungen an, indem auch er Identität
vor allem als etwas Sensuelles darstellte, die vom Ort
und einer Aufgabe ausgehend von allen Beteiligten
einen Prozess des Findens erfordere. Gerade seine persönliche Erfahrung von der Provinz zum Studium in
die Großstadt und danach wieder zurück gewechselt
zu sein, habe ihm bewusst gemacht, wie wichtig heute
die Weiterentwicklung eines regionalen Charakters
in der Architektur sei. Dazu sei der Blick zurück in die
Geschichte notwendig, aber könne nicht der alleinige
Maßstab sein, was rasch in einer Ideologie enden könne.
Im besten Falle schaffe Identität besondere Momente.
Dies brachte den Moderator Claus Käpplinger zu fragen,
ob Architektur nicht eher Identifikation als Identität
fördern könne. Identität sei stets auf ein Subjekt bezogen und reflexiv, weshalb ein Objekt nie Identität besitzen könne. Das Beste, was Architektur erreichen könne,
sei die höchst mögliche Identifikation der Nutzer mit
einem Gebäude. Eine Feststellung, die kein Architekt
teilen wollte. Tina Gregorič fand zwar den Begriff Identität zu inflationär verwendet, doch Plečnik habe
zweifellos der Stadt Ljubljana weniger als Stil denn als
Methode der Stadtplanung eine unverwechselbare
Identität geschaffen. Vielleicht sei auch Identität mehr
eine Möglichkeit der Stadtplaner als der Architekten,
die zumindest heute immer nur für einen Ort, ein
Programm und einen Nutzer eine spezifische bauliche
Lösung entwickeln könnten.
32
In his presentation, Christian Brückner from the Upper
Palatinate followed on where Lah left off. He also por­
trayed identity as primarily something sensual which,
staring from the place and a task, called for a process of
finding from all stakeholders. He said that his personal
experience, which had involved moving from the pro­
vinces to study in a large city and then going back again,
had made him aware of just how important the evolution
of a regional character in architecture was. To this end,
it was necessary to look back into history, but this could
not be the sole benchmark, because this could easily end
up as an ideology.
This prompted the facilitator, Claus Käpplinger, to ask
whether architecture could not promote identification
rather than identity. He said that identity was always re­
lated to a subject and reflexive, which was why an object
could never possess identity. The best thing that archi­
tecture could achieve was the maximum identification
of users with a building. This was a view that none of the
architects agreed with. Tina Gregorič said she thought
the term “identity” was overused, but Plečnik had un­
doubtedly created a distinctive identity for the city of
Ljubljana, less as a style and more as a method of urban
planning. Perhaps identity was more of an option for
urban planners than for architects who, at least today,
could only develop a specific physical solution for one
place, one programme and one user.
Aljoša Dekleva emphasized just how much urban design
and architecture can influence people’s lives and make
possible or prevent feelings from which they cannot with­
Diskurs „Architektur und Identität“
Discourse on “Architecture and Identity”
Aljoša Dekleva betonte wie sehr Städtebau und Architektur das Leben beeinflussen und Gefühle ermöglichen
oder verhindern können, denen man sich im Gegensatz
zu Kunstwerken kaum entziehen kann. Dies veranlasste
Christian Brückner zu fragen, in wieweit heute in Slowenien Bürgerinitiativen Einfluss auf Projekte nehmen.
Erst in den letzten Jahren seien Bürgerinitiativen in
Ljubljana entstanden, so Tina Gregorič, was durch die
größeren Dimensionen vieler aktueller Projekte erklärbar sei.
Eva-Maria Lang drückte ihre Bewunderung für die slowenischen Projekte aus, die mit ihrem starken Selbstbewusstsein der Gegenwart so kaum in Dresden vorstellbar wären. Mit der Moderne würden heute viele
Ostdeutsche zumeist nur den Plattenbau verbinden,
während das wenige Alte, was Krieg und Wiederaufbau
überstanden hätte, hoch geschätzt würde, worin sich
nicht zuletzt eine Sehnsucht nach Vergangenheit und
Sicherheiten ausdrücke. Die Slowenen stellten fest,
dass in ihrem Land der Wandel nicht so abrupt und dramatisch verlief wie in Ostdeutschland. Kaum zerstört
und stets auch kulturell verbunden mit westlichen
Ländern suchte man in Slowenien nach dem Fall des
Eisernen Vorhangs nach neuen Erfahrungen, was ausdrücklich Experimente erlaubte. Vorbilder und Väter
hätten für die jungen slowenischen Architekten in den
Neunziger Jahren auch kaum existiert, so Dean Lah.
Da schon lange vor dem Ende Jugoslawiens kaum mehr
etwas gebaut wurde, sei damals die alte Generation
von der neuen Marktorientierung völlig überfordert gewesen. Dies sei der wesentliche Umbruch in Sloweniens
Baukultur gewesen.
draw, as they can from works of art. This prompted
Christian Brückner to inquire about the extent to which
citizens‘ action groups exert influence on projects in
present­day Slovenia. Tina Gregorič replied that it was
not until the last few years that citizens’ action groups
had emerged in Ljubljana. The reason for their emergence
was the larger dimensions of many current projects.
Eva Maria Lang expressed her admiration for the Slovene
projects which, she said, with their strong self­confidence
in the present, would be scarcely conceivable in this form
in Dresden. Today, she said, the only thing that many
people in Eastern Germany associated with modernism
was prefabricated concrete panel buildings, whereas
the few old buildings that had survived the War and re­
construction were cherished, which was not least an
expression of a longing for the past and its assurances.
The Slovenes stated that in their country, the transfor­
mation had not been so abrupt and dramatic as in Eastern
Germany. Slovenia had hardly been destroyed and had
always had cultural ties with Western countries. After the
fall of the Iron Curtain, people in Slovenia had looked for
new experiences, which explicitly allowed experiments.
Dean Lah said that in the 1990s, there had hardly been any
role models or fathers for the young Slovene architects.
Even long before the end of Yugoslavia, hardly any
new buildings had been constructed. As a result, the old
generation had been totally unable to cope with the
challenges posed by the new market­focused system. This,
he said, was the major revolution in Slovenia’s Baukultur .
33
Diskurs „Architekturpolitik Baukultur
Kommunikation“
Discourse on “Architectural Policy, Baukultur and Communication”
Michael Braum, Bundesstiftung Baukultur/Potsdam
Metca Černelč, Slowenisches Ministerium für Umwelt und Raumplanung/Ljubljana
Barbara Feller, Plattform Architekturpolitik und Baukultur/Wien
Vladimir Krajcar, Architekten- und Ingenieurkammer Slowenien/Ljubljana
Maroje Mrduljaš, Architekturzeitschrift Oris/Zagreb
Jörn Tore Schaper, Bremer Zentrum für Baukultur/Bremen
Veronika Brugger, Bundesstiftung Baukultur/Potsdam (Moderation)
Baukultur ist ein kontinuierliches Ringen um die Qualität des gebauten Gemeinwesens. Wie dieser Prozess
gelingt, hängt davon ab, welche Bedeutung die Politik
dem Thema beimisst und wie die Zivilgesellschaft eingebunden werden kann. Das slowenische Ministerium
für Umwelt und Raumplanung legte im Herbst 2008
einen Entwurf zu einer nationalen Architekturpolitik
vor. Der Deutsche Bundestag hat seinem Willen mit der
Errichtung der bundesweit agierenden Bundesstiftung
Baukultur Ausdruck verliehen, die im Frühjahr 2008
ihre Arbeit aufgenommen hat. Das „Panorama bot die
Möglichkeit, beide Initiativen in einen erweit“erten
übernationalen Kontext zu stellen und bereits in der
Einführungsphase den Austausch mit den europäischen
Nachbarn zu suchen. In welchem Umfeld die Debatte
um die gebaute Umwelt in der Dialektik der beiden öffentlichen Akteure Politik und Zivilgesellschaft geführt
werden kann, wurde hier mit erprobten architekturpolitischen Vertretern aus beiden Ländern und jungen
Akteuren europäischer Architekturkommunikation
diskutiert.
Eine Inventarisierung des nationalen Bauschaffens gab
2004 den Anstoß, dass die slowenische Architektenkammer eine Initiative startete für Architektur und die
Architekten eine stärkere politische Unterstützung zu
organisieren. Vladimir Krajcar, Präsident der slowenischen Kammer, referierte zur aktuellen Lage: „Seit 1990
beobachten wir eine hohe Produktion von privatfinanzierter Architektur mit miserabler Qualität. Von Städtebau kann keine Rede sein, die Planung beschränkt sich
auf die Parzelle. Nur der öffentliche Bauherr sorgt für
ein Minimum an Stadtplanung. Architekturpolitik kann
und muss dagegen etwas tun.“ Der aktuelle Entwurf
der slowenischen Architekturpolitik schreibt so nun die
gebaute Umwelt als öffentliches Gut fest und fordert
einen nachhaltigen Umgang mit allen Fragen des
Planens und Bauens. Die Vertreterin des Ministeriums,
34
Baukultur is a constant struggle for the quality of the built
polity. How well this process succeeds depends on how
much importance policymakers attach to the issue and
how civil society can be involved. In the autumn of 2008,
the Slovene Ministry of the Environment and Spatial
Planning presented the draft of a national architectural
policy. The German Bundestag expressed its will by
esta blishing the Federal Foundation for Baukultur , which
started work in the spring of 2008 and operates through­
out Germany. The “Panorama” provided an opportunity to
place both initiatives in a wider supranational context
and to seek an exchange of ideas and experience with
European neighbours while they were still in their intro­
ductory phase. In what environment can the debate on
the built environment be conducted in the dialectic
between the two public players – policymakers and civil
society? This was the question that was discussed by
experienced representatives of architectural policy from
the two countries and young players involved in European
architectural communication.
An inventory of national building activity in 2004 pro­
vided the impetus for the Slovene Chamber of Architects
to launch an initiative for architecture and for the
architects to organize stronger political support. Vladimir
Krajcar, President of the Slovene Chamber, spoke on the
current situation: “Since 1990, we have observed a high
level of output of privately funded architecture of
abysmal quality. There are no elements of urban design
whatsoever; planning is confined to individual lots.
Only the public sector client can ensure a minimum level
of urban planning. Architectural policy can and must do
something about this.” Thus, the current draft of the
Slovene architectural policy now stipulates that the built
environment is a public asset and calls for all issues
relating to planning and building to be addressed in a
Diskurs „Architekturpolitik Baukultur Kommunikation“
Discourse on “Architectural Policy, Baukultur and Communication”
35
Metca Černelč, zeigte sich zufrieden mit dem Papier.
Sie sah dessen Umsetzung jedoch als große Aufgabe,
denn „am schwierigsten ist es, das Bewusstsein von
Architektur ins alltägliche Leben zu integrieren.“
Der Vorsitzende der neuen Bundesstiftung, Michael
Braum, schätzte in dieser Hinsicht seine Institution in
einer besseren Ausgangslage, denn „in Deutschland
gibt es viele lokale Institutionen, die sich der Architekturvermittlung widmen, zudem haben wir eine solide
Wettbewerbskultur“. Unzufrieden zeigte er sich, dass
das Thema nach wie vor in erster Linie Architekten und
Stadtplaner erreicht: „Mit der Stiftung stehen wir vor
der Frage, wie wir ein großes Publikum in das Gespräch
über die gebaute Umwelt verwickeln können“.
Für das zivilgesellschaftliche Engagement in Deutschland stand im Panel beispielhaft das Bremer Zentrum
für Baukultur. Das Zentrum arbeitet wissenschaftlich
und bietet zugleich allen Bremer Bürgern ein Diskussionsforum. Jörn Tore Schaper zeigte sich stolz, dass der
von Planern gegründete Verein inzwischen zur Hälfte
von „ganz normalen Bürgern“ getragen wird. Die eigene Betroffenheit als Anlass sich mit baukulturellen
Prozessen zu beschäftigen, ist der Ausgangspunkt der
niederländischen Initiative Architectuur Lokaal, die
Indira van t’Klooster vorstellte. Ihre staatliche Agentur
schult die Kompetenz kommunaler Bauherren und trägt
so auch zur Qualitätssicherung der Projekte kleinerer
Gemeinden bei. Sie wünschte sich, „dass der Gang zum
Architekten so normal wird wie der Besuch beim Zahnarzt“. Barbara Feller von der österreichischen Plattform
Architekturpolitik und Baukultur empfahl dazu eine
Ausweitung der Qualitätsdebatte stärker in private
Bereiche hinein, denn „die Leute geben das meiste Geld
für Wohnen aus. Dieses Interesse muss man ins Öffentliche setzen und auf größere Zusammenhänge lenken!“.
36
sustainable manner. The Ministry’s representative,
Metca Černelč, said she was satisfied with the paper.
However, she considered its implementation to be a major
challenge, because “the most difficult thing is to integrate
the awareness of architecture into everyday life”.
In this respect, the chairman of the new Federal Founda­
tion, Michael Braum, said that he thought his institution
was in a better starting position, because “in Germany,
there are many local institutions that devote themselves
to communicating architecture, plus we have a sound
competitive culture”. He was dissatisfied with the fact
that the issue was still being addressed primarily by
architects and urban planners. “Our Foundation faces
the question as to how we can involve a large audience
in the discussions on the built environment.“
The Bremen Centre for Baukultur was represented on
the panel as an example of civil society engagement in
Germany. The Centre performs academic work and at the
same time provides a discussion forum for all citizens of
Bremen. Jörn Tore Schaper expressed his pride that one
half of the association, which was founded by planners,
is now sustained by “quite average citizens”. Taking one’s
own concerns as a reason for addressing Baukultur pro­
cesses – this is the starting point of the Dutch Architec­
tuur Lokaal initiative, which Indira van t’Klooster present­
ed. Her government agency trains local authority clients
to provide them with the skills they require, and in doing
so also contributes to quality assurance in projects
carried out by smaller municipalities. She said she wished
“that going to the architect‘s would become as normal as
going to the dentist‘s”. Barbara Feller from the Austrian
Platform for Architectural Policy and Baukultur recom­
mended a widening of the quality debate, going more
into private spheres, because „people spend most money
Diskurs „Architekturpolitik Baukultur Kommunikation“
Discourse on “Architectural Policy, Baukultur and Communication”
Für die Akteure aus den südosteuropäischen Ländern
stand die politische Brisanz baukultureller Prozesse
außer Frage. Maroje Mrduljaš aus Kroatien, Organisator
eines Architekturfestivals und Herausgeber der Fachzeitschrift Oris, sah im Bauboom der Post-Jugoslawischen Staaten einen recht rüden Verteilungskampf
zwischen privaten und öffentlichen Interessen. Mrduljaš
äußerte die Hoffnung, dass der Boom so viele Planer mit
der Realität konfrontiert, dass „die Planer eine kritische
Masse erreichen und damit auch in Kroatien die öffentliche Debatte über Baukultur unausweichlich wird“.
Yvette Vašourková stellte das interdisziplinäre Center
of Central European Architecture in Prag vor, dessen Anspruch es ist, ein alternatives Bildungs- und Forschungsinstitut zu sein, das mit neuen Blickweisen über aktuelle
Fragen informiert. Vorbildlich für ihre gesellschaftliche
Breitenwirkung gilt schon seit Jahren die finnische
Architekturpolitik, die mit ihren Initiativen alle Altersstufen und Schichten erreicht. Anna Brunow und
Tiina Valpola vom finnischen National Council of
Architecture beklagten dennoch, dass der Standard der
finnischen Architekturproduktion noch nicht dem politischen Engagement entspricht.
Die Diskussion zeigte, dass Baukultur ein stetes Austarieren der gesellschaftlichen und politischen Kräfte
erfordert, die formulierten Ansprüche mit der gebauten
Realität in Verbindung zu bringen. In Deutschland
entstand dazu mit der Bundesstiftung Baukultur eine
unabhängige Institution, die aus den vielfältigen Erfahrungen der europäischen Nachbarn lernt, um die in der
Leipzig Charta formulierten Idee einer europäischen
Baukultur Realität werden zu lassen. Nur ein interdisziplinärer, kommunikativer Ansatz über alle Professionen
hinweg, so der allgemeine Tenor des Panels, kann die
Baukultur der europäischen Länder und damit das
Lebensumfeld ihrer Bürger verbessern. Nach dem
lebhaften Austausch nationaler Gegebenheiten und
Erfahrungen waren sich alle Teilnehmer einig, dass der
Prozess der Baukultur auch nicht zuletzt regelmäßig
solcher internationaler Treffen bedarf.
on housing. This interest has to be brought into the public
domain and guided towards the larger context!”
For the players from the countries of Southeastern Europe,
the politically explosive nature of Baukultur processes
was beyond all question. Maroje Mrduljaš from Croatia,
organizer of an architecture festival and publisher of the
Oris journal, regarded the building boom in the states
of the former Yugoslavia as a coarse struggle for a piece
of the cake between private and public interests.
Mrduljaš said he hoped that the boom would confront so
many planners with the reality that “the planners reach
a critical mass and, as a result, the public debate on
Baukultur becomes inescapable in Croatia, too”. Yvette
Vašourková presented the interdisciplinary Center of
Central Euro pean Architecture in Prague, which aspires
to be an alternative educational and research institute,
providing information on topical issues from new per­
spectives. Finnish architectural policy has for many years
been considered an example of best practice. Its initia­
tives reach all age groups and classes. Nevertheless,
Anna Brunow and Tiina Valpola from the Finnish State
Council of Architecture bemoaned the fact that the
standard of Finnish architectural output still does not
match the political commitment.
The discussion showed that Baukultur requires constant
balancing of the social and political forces to link the
formulated aspirations to the built reality. In Germany,
the Federal Foundation for Baukultur was created for this
purpose. It is an independent institution which learns
from the numerous and diverse experiences of its Euro­
pean neighbours in order to translate into reality the
idea, formulated in the Leipzig Charter, of a European
Bau kultur . The general tenor of the panel was that only
an interdisciplinary, communicative approach across all
professions can improve the Baukultur of the countries
of Europe and thus the living environment of its citizens.
After the lively exchange of national information and
experience, all participants agreed that the process
of Baukultur also needs, not least, such international
meetings on a regular basis.
37
Abschlussdebatte „Baukultur in
Slowenien und Deutschland“
Concluding debate “ Baukultur in Slovenia and Germany”
Michael Braum, Bundesstiftung Baukultur/Potsdam
Andrej Hrausky, DESSA Architekturgalerie/Ljubljana
Dean Lah, ENOTA Architekten/Ljubljana
Benedikt Schulz, Schulz & Schulz Architekten/Leipzig
Abed Naumann Thabet, Goethe-Institut/Ljubljana
Kerstin Gust, Gust & Grünhagen/Berlin (Moderation)
Die intensiven Diskussionen verschiedener Arbeitsgruppen am Nachmittag mündeten in eine Abschlussdebatte
über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Baukultur
in Slowenien und Deutschland. Dabei brachte Kerstin
Gust als Moderatorin, die viele Jahre im Architekturzentrum Wien arbeitete, ihre Erfahrungen mit den Ländern
des östlichen Mitteleuropa in die Diskussion ein.
The intensive discussions in various panels in the afternoon
led to a concluding debate on the commonalities and dif­
ferences between Baukultur in Slovenia and Germany. It
was facilitated by Kerstin Gust, who worked for many years
in the Architekturzentrum in Vienna. She was able to con­
tribute her experience with the countries of Eastern Central
Europe to the discussion.
Gust: Es gab in den letzten Jahren viele Kongresse und
Ausstellungen in Europa, die slowenische Architektur
thematisierten. Wenn man den Publikationen Glauben
schenken darf, hat die slowenische Architektur im letzten Jahrzehnt eine Erfolggeschichte erlebt. Sehr viele
junge Architekten mit ambitionierten Projekten und
spektakulärer Architektur scheinen das neue Bild Sloweniens zu bestimmen. Ist dies wirklich die Realität
oder muss das Bild differenziert werden?
Gust: In recent years, there have been many congresses
and exhibitions in Europe that have addressed Slovene
architecture. If the publications are to be believed, Slovene
architecture in the past decade has been a success story.
A large number of young architects with ambitious projects
and spectacular architecture appear to be determining the
new image of Slovenia. Is this the reality or does the picture
need to be differentiated?
Hrausky: Worüber wir sprechen und was wir in der Ausstellung sehen, das ist das Beste, die Spitze der Produktion. Wir brauchen das Beste, die Avantgarde, die nach
neuen Wegen sucht und Qualität in der Architektur vertritt. Warum zeigen wir heute aber unsere Architektur
außerhalb Sloweniens? Globalisierung existierte auch
schon früher, nehmen sie nur den Barock oder den Historismus, die sie in der ganzen Welt finden. Nationale
Zuschreibungen machen in der Architektur keinen Sinn,
aber man muss immer seine eigene Position im internationalen Diskurs finden und stärken. Was gut oder
schlecht ist, dazu braucht man heute noch mehr als früher den Vergleich und Austausch mit dem Ausland.
Naumann Thabet: Die Situation Sloweniens ist anders
als in den anderen Post-Jugoslawischen Ländern. Slowenien war in der glücklichen Lage, die Industrierepublik
Jugoslawiens zu sein. Slowenien war reich, hatte offene
Grenzen und die Slowenen fühlten sich eher zu den
westlichen als östlichen Ländern hingezogen. Trotzdem
gab es nach der Unabhängigkeit ein starkes Bestreben
38
Hrausky: What we are talking about and what we see in the
exhibition, this is the best, the pinnacle of our output.
We need the best, the avantgarde, that looks for new ap­
proaches and represents quality in architecture. But why
are we showing our architecture outside Slovenia today?
Globalization existed in the past, just think of the Baroque
or Historicism, which you can find all over the world. Na­
tional attributes make no sense in architecture, but you
always have to find and strengthen your own position in in­
ternational discourse. To determine what is good or bad, we
need a comparison and exchange of ideas and experience
with other countries, even more so today than in the past.
Naumann Thabet: The situation in Slovenia is different to
that in the other countries of the former Yugoslavia. Slove­
nia was in the fortunate position of being the industrialized
republic of Yugoslavia. Slovenia was rich, had open borders
and the Slovenes felt a stronger affinity with the countries
of the West than those of the East. Nevertheless, after in­
dependence they were very anxious to confirm their own
identity in all spheres of life. The language is enshrined in
the constitution, it is cultivated and promoted. Given that
it has only been independent for a short time, it is under­
standable that this small country is anxious to preserve and
present its identity.
Abschlussdebatte „Baukultur in Slowenien und Deutschland“
Concluding debate “ Baukultur in Slovenia and Germany”
Michael Braum, Dean Lah, Kerstin Gust, Andrej Hrausky, Abed Naumann Thabet, Benedikt Schulz
zur Bestätigung der eigenen Identität in allen Bereichen
des Lebens. Die Sprache ist in der Verfassung verankert,
man pflegt und fördert sie. Angesichts einer kurzen Zeit
der Eigenstaatlichkeit kann man verstehen, dass dieses
kleine Land sich bemüht seine Identität zu erhalten und
zu präsentieren.
Dazu gehört die Förderung der Öffnung nach Westen,
das zeigt sich auch in dem Willen vieler junger Menschen in diese Länder zu gehen, sich zu zeigen und dort
Anregungen zu holen. Die Besonderheit der Slowenen
ist, dass diese jungen Menschen oft nicht im Ausland
bleiben wollen, sondern dann wieder in ihr Heimatland
zurückkehren, um sich dort weiter zu entwickeln.
Selbst als Laie wie ich es bin, kann man beobachten,
dass der Mut der Architekten zu einer avantgardistischen Form in den Städten so auch den eigenen Weg
Sloweniens aufzeigen soll.
Lah: In den Siebziger Jahren brach die Entwicklung der
Architektur in Slowenien aufgrund der wirtschaftlichen
und politischen Entwicklungen Jugoslawiens ab. Es entstand ein Vakuum, das uns jungen Architekten nach der
Unabhängigkeit die Möglichkeit gab, neu anzufangen,
stärker Einfluss zu nehmen und Identität stärker lokal
als national zu definieren.
Das slowenische Wort „Enota“ bezeichnet Einheit oder
Gemeinde. Wir wählten es als Namen unseres Büros,
damit sich mehr Leute mit den Architekten und Architektur identifizieren können, um neue Strukturen
zu entwickeln, die stärker lokal verankert sind. Wir
This includes promoting the opening­up to the West, which
is also demonstrated by the desire of many young people to
go to these countries, to show themselves there and to pick
up ideas. The peculiarity of the Slovenes is that these young
people often do not want to remain abroad, but return to
their home country in order to develop their skills. Even a
non­professional like me can observe that the courage of
the architects to adopt a new, avantgarde form in the cities
is also designed to highlight Slovenia’s own approach.
Lah: In the 1970s, the evolution of architecture in Slovenia
stopped because of the economic and political develop­
ments in Yugoslavia. A vacuum was created which, after
independence, gave us young architects an opportunity
to make a fresh start, to exert more influence and to define
identity in local rather than national terms.
The Slovenian word “Enota” means unit or community.
We chose it as the name of our office so that more people
can identify with architects and architecture, to develop
new structures that have stronger local roots. We no longer
wanted to work in the classic master­pupil relationship,
but to express our notion of teamwork. After all, we live in
the age of globalization, where it is important to absorb
knowledge and ideas from outside one’s own country and
to transform them for use at home under local conditions.
We believe in local identities, which are our basis, but which
also have to be complemented from other contexts.
Slovenes like to return to their country, because it is a very
39
Abed Naumann Thabet
wollten nicht mehr im klassischen Meister-SchülerVerhältnis arbeiten, sondern damit auch unseren Teamgedanken zum Ausdruck bringen. Schließlich leben
wir im Zeitalter der Globalisierung, wo es wichtig ist,
das Wissen und Ideen auch außerhalb des eigenen
Landes zu rezipieren und sie für den Ort und die lokalen
Verhältnisse zu transformieren. Wir glauben an lokale
Identitäten, welche unsere Basis sind, aber eine Ergänzung aus weiteren Kontexten benötigen. Slowenen
kehren gern in ihr Land zurück, da es ein sehr schönes
und vielfältiges, aber auch ein kleines Land mit offenen
Grenzen ist. Viele Länder sind in Slowenien innerhalb
von nur 200 Kilometern erreichbar.
Gust: Wie ist die Situation der Architektur und junger
Architekten in Slowenien, Herr Schulz? Ist sie vergleichbar zu der, die sie selbst bei der Gründung ihres Büros
in Leipzig erlebt haben? Sind die Bedingungen der Produktion von Architektur in Slowenien und Deutschland
ähnlich?
Schulz: Wir, der Arbeitskreis Junger Architekten und
Architektinnen im BDA, suchen uns immer für unsere
Treffen einmal im Jahr einen Ort im Ausland aus. Wir
suchten uns Slowenien aus, weil wir beeindruckt waren
von der Flut an Publikationen der letzten Jahre über
Spitzenarchitektur. Wir wollten erfahren, wie sehen
diese Gebäude in ihrem Umfeld aus, das man nicht aus
den Veröffentlichungen entnehmen kann. Wir wussten
40
beautiful and diverse country, but also a small country with
open borders. Many countries can be easily reached from
Slovenia, and you are never more than 200 km away from
another country.
Gust: What is the situation of architecture and young archi­
tects in Slovenia, Mr Schulz? Is it comparable to the situa­
tion that you experienced yourself when you established
your office in Leipzig? Are the conditions of architectural
output in Slovenia and Germany similar?
Schulz: Once a year, we, the Working Party of Young Archi­
tects in the Association of German Architects, select a place
outside Germany for our meeting. We chose Slovenia be­
cause we were impressed by the plethora of publications in
recent years about cutting­edge architecture. We wanted
to see what these buildings looked like in their natural en­
vironment, which is not apparent from the publications. We
also knew from the publications that almost all the projects
had been built by young architects like us, and we simply
wanted to make their acquaintance. When we were there,
we were indeed impressed by the projects and by the fact
that so many outstanding buildings could be constructed in
a relatively small country.
Abschlussdebatte „Baukultur in Slowenien und Deutschland“
Concluding debate “ Baukultur in Slovenia and Germany”
Andrej Hrausky
aus den Publikationen auch, dass fast alle Projekte von
jungen Architekten wie wir gebaut wurden, die wir einfach kennenlernen wollten. Als wir dort waren, waren
wir tatsächlich von den Projekten beeindruckt wie in einem vergleichbar kleinen Land so viele hervorragende
Bauten entstehen können.
In den Gesprächen haben wir entdeckt, dass die Protagonisten viel globaler denken als große Teile von uns,
dass sie im Ausland ihre Ausbildung durchlaufen haben
und ihre Projekte auch anders angehen. Im Vergleich
zur Zeit nach der Wende gab es in Slowenien nicht einen so großen Druck auf die Bauaufgaben wie bei uns.
Es wurde in Slowenien weniger gebaut, aber mit einer
Aufbruchstimmung. So große Probleme wie der Wiederaufbau und die Rettung der Altbausubstanz in den ostdeutschen Städten gab es in Slowenien nicht. Und wir
haben den Unterschied ausgemacht, dass man sich
heute in Slowenien stärker mit der Architektur der 60er
Jahre auseinandersetzt, während wir in Deutschland
in vielen Diskussionen einige Jahrzehnte weiter zurückgehen.
Braum: Ich war in Ljubliana erstaunt über die Qualität
der Stadt und der Architektur Plečniks. Ich war fasziniert und irritiert zugleich wegen des starken habsburgischen Einflusses, der Stadtstrukturen und des Lebensgefühls, die viele Bezüge zu dem besitzen, was man
bereits kennt. Was mich aber auch überrascht hat, war
die Qualität der zeitgenössischen Architektur. Wenn jedoch die normale Architektur auch diese Qualität hätte,
dann wäre Slowenien wirklich beispielhaft. Ich habe
aber auch in Slowenien die gleiche schlechte Architektur wie in Deutschland gesehen, wenn auch nicht in
In our talks, we discovered that the protagonists think in
much more global terms than most of us, that they received
their training abroad and also approach their projects in a
different way. Following the collapse of Communism, the
pressure on construction tasks was not as great in Slovenia
as it was in Germany. There was less building activity in Slo­
venia, but it took place in a mood of optimism. Slovenia did
not experience such great problems as the reconstruction
of the towns and cities of Eastern Germany and the mainte­
nance of the fabric of their old buildings. And we also iden­
tified the difference that today, people in Slovenia engage
more with the architecture of the 1960s, whereas we in Ger­
many go back a few decades further in many discussions.
Braum: When I was in Ljubljana, I was amazed by the quality
of the city and Plečnik’s architecture. I was fascinated and,
at the same time, bemused by the strong Habsburg in­
fluence, the urban structures and the attitude towards life,
which moreover have many links to that with which we are
already familiar. But what also surprised me was the quality
of the contemporary architecture. If the normal architec­
ture also had this quality, Slovenia would truly be exem­
plary. But in Slovenia I saw the same poor architecture as in
Germany, although not on the same scale. If I do not want
to lose faith in architects, we have to find an answer to the
41
Benedikt Schulz
dem Umfang. Wenn ich nicht den Glauben an die Architekten verlieren möchte, stellt sich hier wie dort die
Frage, wie kann ich Investoren, Politiker und die Öffentlichkeit für höhere Standards gewinnen. Da stehen
hier wie dort die Architekten oft allein den Investoren
gegenüber.
Hrausky: Die Sozialisten wollten eine neue Welt und
einen neuen Mensch schaffen. Architektur hatte damals
eine viel größere Bedeutung. Es gab viel mehr Wettbewerbe, d.h. Qualität war viel wichtiger und der Architekt
konnte bauen, wenn sein Projekt gut war. Dies ist heute
nicht mehr der Fall. Heute sind private Netzwerke viel
wichtiger. Mit der neuen Eigentumsfrage entscheidet
oft nur noch der Profit. Der Urbanismus ist heute in Slowenien in einer tiefen Krise. Nur allmählich reift bei uns
die Einsicht, dass wir Urbanismus brauchen, dass das
Kapital nicht allein über Urbanismus entscheiden kann.
In Ljubljana können sie heute viele leerstehende Geschäfte als Folge der Deregulierung finden, welche
die Kommune ohne Mittel und gesetzliche Regelungen
zurückließ.
Braum: Netzwerkstrukturen rühren von Unsicherheiten
und Offenheiten her. Netzwerke sind Absicherungen
besonders für junge Architekten. Ich sehe das nicht un-
42
question, in both Germany and Slovenia: How can I gain the
support of investors, politicians and the public for higher
standards? Both here and there, the architects often face
the investors alone.
Hrausky: The Socialists wanted to create a new world and a
new type of man. At that time, architecture was of much
greater significance. There were far more competitions, in
other words quality was much more important and an ar­
chitect could build if his project was good. Today, this is no
longer the case. Today, private networks are much more
important. With the new question of ownership, profit is
often the only decisive factor. Today, urbanism is in a pro­
found crisis in Slovenia. We are only gradually realizing that
we need urbanism, that capital cannot be the only decisive
factor in urbanism. Today, in Lubljana, you can see many
empty shops as a consequence of the deregulation that left
the local authority without funds and statutory regulations.
Braum: Network structures arise from uncertainties and
unresolved issues. Networks are safety nets for young
architects. I don’t say this is necessarily a good thing, but
Abschlussdebatte „Baukultur in Slowenien und Deutschland“
Concluding debate “ Baukultur in Slovenia and Germany”
Michael Braum
bedingt positiv, aber es ist für viele eine Notwendigkeit.
Ich glaube aber fest an regionale Identitäten und Bautraditionen, dass Ökonomie nicht allein unsere Städte
definieren kann. Ich hoffe auf eine Erdung der Globalisierung ohne die nationalistischen Abgrenzungen
der Vergangenheit. Da stellt sich die Frage nach Baukultur viel stärker als in der Vergangenheit. Um zum
Beginn unserer Debatte zurückzukehren: Ja, der Barock
war global, aber auch der Barock besaß seine regionalen
Ausformungen. Auf die Feinheiten und Differenzen
kommt es an, auf die Personen und Hintergründe der
gebauten Kultur. Ich wäre froh, wenn wir global denken,
aber regional handeln und sich dies in unserer gebauten Umwelt auch widerspiegelt.
Hrausky: Wir denken immer mit Worten. Sprache ist
unsere Grenze des Denkens. Die slowenische Sprache
ist das Gedächtnis unserer Nation, aller Erfahrungen
und Erlebnisse. Identität ist so nichts Konstruiertes,
sondern kommt von selbst ganz natürlich in den Raum
und die Sprache, in denen wir arbeiten. Deshalb unterscheidet sich unsere Architektur von selbst von anderen
Ländern und Regionen.
for many it is a necessity. I do, however, believe firmly in re­
gional identity and building traditions, and that economics
alone cannot define our cities. I hope globalization will
be brought down to earth, but without the nationalistic de­
limitations of the past. This raises the question of Baukultur
much more strongly than in the past. To come back to the
start of our debate. Yes, the Baroque was global, but the
Baroque, like other styles, had its regional manifestations.
It is the subtleties and differences that matter, the people
involved in and the backgrounds behind built culture.
I would be glad if we thought globally but acted regionally,
and if this were also reflected in our built environment.
Hrausky: We always think with words. Language is the limit
of our thinking. The Slovenian language is the memory of
our nation, of all our experiences. Identity is thus not some­
thing that is constructed, but arises quite naturally in the
space and language in which we work. Our architecture is
thus intrinsically different from that of other countries and
regions.
43
Zeitgenössische Architektur
in Slovenien und Deutschland:
eine Doppelausstellung
Im Rahmen von Panorama D < > SLO wurde eine Doppelausstellung
eröffnet: Neben ‚Contemporary Slovene Architecture‘, einer Ausstellung,
die von der Architekturgalerie Dessa in Ljubljana produziert wurde und
durch ganz Europa tourte, war in Berlin eine Selbstpräsentation des
Arbeitskreises Junger Architektinnen und Architekten im BDA ( AKJA A ) zu
sehen. Beide Ausstellungen zeigten Beispiele gebauter Architektur mit
hohem gestalterischem Anspruch.
Contemporary architecture in Slovenia and Germany:
a double exhibition
As part of the dialogue launched with panorama D < > SLO a double ex hibition
was opened: Along with ‘Contemporary Slovene Architecture’ – a show
that was produced by Dessa architectural gallery in Ljubljana and has been
displayed all over Europe – members of the Working Party of Young Architects
in the Association of German Architects ( AKJA A ) presented some examples of
their work. The focal point of both exhibitions was high­quality architecture
by young professionals.
44
45
Contemporary Slovene Architecture
Architecture is a global phenomenon, as it always was. But its “style” is not uniform, it is
composed of a number of different buildings that are all a creation of an individual architect
who reacted to a particular situation. For this reason every architectural creation is unique.
This diversity gives architecture its richness, its colour and its atmosphere. This diversity
is exactly what is interesting in exchanging our views via architectural exhibition. Slovenia
is presenting its own experiences. Our architecture is shaped by the conditions we have to
cope with, by particularities of our investors, by our own historic heritage and so on.
On the exhibition we present 30 projects built since 1999. What you see is the present situa­
tion that resulted in centuries of development of the craft. In all projects one finds a strong
concern for the context in which the building is situated, an effort to become an integral
part of the already existing environment, the skill of treating materials and details and a
devotion to ambience. We believe that these are the most characteristic virtues of our ar­
chitecture. They are a result of our Central European culture and the tradition of our school
of architecture that started with the work of Jože Plečnik, without doubt the most important
Slovenian architect.
In the last decades Slovenia went through radical changes. It became an independent state,
entered the EU and introduced the Euro. We would like to catch up with the rest of Europe
also in the field of architecture. So far our efforts have not been without success. Ofis archi­
tects received the Young Architect of the Year Award in London in 2001 and the European
Grand Prix for Innovation Award in Monaco in 2006. Sadar + Vuga arhitekti received the
Bauwelt Prize in Berlin in 2001. Bevk­Perovic arhitekti received the Kunstpreis Berlin 2006 for
young architects and an Emerging Architect Special Mention within the European Union
Prize for Contemporary Architecture Mies van der Rohe Award 2007 in Barcelona. Such inter­
national recognitions are a good sign indicating the vitality and creativity of contemporary
architecture in Slovenia that we would like to present to you.
Andrej Hrausky
DESSA­Architectural Gallery
46
47
Was ist der AKJAA?
Der AKJA A – Arbeitskreis Junge Architektinnen und Architekten im Bund Deutscher Architekten BDA – spiegelt mit seinen vierzig Mitgliedern repräsentativ und auf hohem Niveau
die neue Vielfalt der jungen deutschen Architektengeneration wider. 1993 gegründet, kommt
mit dem AKJA A die Netzwerkvorstellung junger Architekten unmittelbar zum Ausdruck.
Einzigartig für Deutschland ist der kontinuierliche Dialog dieses „Think-Tank“, der Architekten unter 45 Jahren zu einer architekturtheoretischen Auseinandersetzung führt. Dabei bieten die Treffen des AKJA A , die abwechselnd im In- und Ausland stattfinden, einerseits Raum
für einen internen Meinungsaustausch, andererseits eröffnen sie ein Forum zwischen deutschen und europäischen Architekten und damit eine architektonische Standortbestimmung.
Aus diesem Grunde reiste der AKJA A im Sommer 2008 nach Ljubljana. Dabei interessierte
die Gruppe zum einen besonders die junge Architekturszene Sloweniens, die jenseits einer
spezifischen Tradition neue Ausdrucksformen praktiziert. Zum anderen wollte man sich über
die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dieser Baukultur näher informieren, die über Sloweniens Grenzen hinaus große internationale öffentliche Beachtung
gefunden hat. Und in der Tat waren die Architekten des AKJA A in Slowenien erstaunt über die
hohe Qualität und Breite der neuen slowenischen Architektur.
Mit dieser Exkursion nach Ljubljana setzte der AKJA A seinen fachlichen Austausch mit jungen
Architekten in Europa fort. Frei von architektonischen Stildiskussionen vertritt dabei der
AKJA A das pluralistische Verständnis der deutschen Architektur beispielhaft. Minimalistische,
rationalistische, sachlich-konstruktive, tektonische, typologische oder topologische Entwurfshaltungen finden sich so hier im Kreis der Architekten des AKJA A gleichermaßen vertreten. Die unterschiedlichen regionalen Prägungen junger deutscher Architekten oder
auch grenzüberschreitende Architekturvorstellungen werden nun von den in der Ausstellung
vorgestellten architektonischen Projekte der Mitglieder des AKJA A reflektiert , die im
Sommer 2008 bereits auf dem BDA-Tag in München einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt
wurden.
Die in Berlin präsentierte Ausstellung stellt so die unterschiedlichen architektonischen
Positionen des AKJA A und junger deutscher Architekten zur Diskussion. Ihr verbindendes
Element liegt dabei in ihrer besonderen Gestaltungsqualität. Zugleich wollen wir mit
der Ausstellung den Dialog mit der jungen Architektengeneration in verschiedenen europäischen Ländern weiter intensivieren.
Benedikt Schulz
Vorsitzender des AKJA A
48
Was ist der AKJAA?
What is the AKJAA?
What is the AKJAA?
With its forty members, the AKJA A – the Working Party of Young Architects in the Association of
German Architects (BDA ) – reflects the diversity of the young generation of German architects in
a representative manner and at a high level. Founded in 1993, the AKJA A gives direct expression
to the network concept of young architects. The continuous dialogue of this think­tank, in which
architects under the age of 45 engage in a debate on architectural theory, is unique to Germany.
The AKJA A ’s meetings, which take place alternately in Germany and abroad, provide a space
for an internal exchange of views on the one hand, while on the other hand they open up a forum
between German and European architects and enable them to assess the state of play in the
architecture sector.
For this reason, the AKJA A travelled to Ljubljana in the summer of 2008. The group was especially
interested in the young architecture scene in Slovenia, which is practising new forms of expres­
sion beyond any specific tradition. In addition, they wanted to gather more information about
the political and economic framework of this Baukultur , which has attracted great international
public attention beyond the borders of Slovenia. And when they were in Slovenia, the AKJA A
architects were indeed amazed by the high quality and breadth of the new Slovene architecture.
With this excursion to Ljubljana, the AKJA A was continuing its exchange of professional ideas
and experience with young architects in Europe. Free from discussions of architectural style,
the AKJA A represents the pluralistic approach of German architecture in an exemplary manner.
Minimalist, rationalist, objective­constructive, tectonic, typological or topological design
concepts can be found in equal measure among the AKJA A architects. The different regional
styles of young German architects, or cross­border architectural concepts, reflect the archi­
tectural projects of the AKJA A architects presented in the exhibition, which had already been
displayed to a wider public at the Association of German Architects’ congress in Munich in the
summer of 2008.
The exhibition presented in Berlin thus puts up for discussion the different architectural posi­
tions of the AKJA A and young German architects. The element that links them is their special
design quality. At the same time, by mounting this exhibition we also want to further intensify
our dialogue with the young generation of architects in different European countries.
Benedikt Schulz
Chairman of the AKJA A
49
Panorama Europa
Panorama Europe
Europäisches Netzwerk für Architektur und Städtebau in Politik und Praxis
European network for architechture and urban design in policy and practice
Indira van ’t Klooster und Cilly Jansen/Architectuur Lokaal
PANORAMA EUROPA ist eine Initiative von Architectuur
Lokaal zur Schaffung eines europäischen Programms hinsichtlich des Austausches von Ideen und Erfahrungen.
Auf der Ebene nationaler Architekturpolitik und Baukultur wirkt Architectuur Lokaal als Brückenbauer zwischen
den in den Niederlanden am Bauprozess Beteiligten bereits seit 1993. In den letzten Jahren wurden nun auch zu
gleichartigen Organisationen in anderen europäischen
Ländern intensive Kontakte mit Behörden, Organisationen und Personen geknüpft, die auf der Ebene der nationalen Politik tätig sind. Im Ergebnis dieser Kontakte
konnte festgestellt werden, dass in der Zukunft nicht
nur in den Niederlanden sondern auch in weiteren europäischen Ländern ein Bedarf an einem strukturierten
Austausch auf nationaler Ebene besteht.
PANORAMA EUROPE is an initiative launched by Architectuur
Lokaal to create a European programme for the exchange
of ideas and experience. At the level of national architec­
tural policy and Baukultur, Architectuur Lokaal has been
acting as a bridge­builder between the parties involved
in the construction process in the Netherlands since 1993.
In recent years, it has also established intensive contacts
with similar organizations in other European countries and
with authorities and persons that operate at the level of
national policymaking. The outcome of these contacts was
that it was apparent that, in the future, there is a need for
a structured exchange of ideas and experience not only in
the Netherlands but also in other European countries.
On the one hand, policymakers abroad are highly interest­
ed in Dutch architectural policy and construction processes.
Einerseits besteht unter den Entscheidungsträgern im
On the other hand, developments abroad are just as impor­
Ausland großes Interesse an der niederländischen Architant for Dutch architectural policymakers. Thus, discussions
tekturpolitik und Bauprozessen. Umgekehrt sind die
with partners from Germany, Belgium, England, Scotland,
Entwicklungen im Ausland für die niederländische ArFrance and the Scandinavian countries in recent years
chitekturpolitik mindestens genauso wichtig. So wurde
have revealed that there is, above all, a need for a European
in den Gesprächen mit Partnern aus Deutschland, Belgien, network that is accessible to everyone. This principle be­
England, Schottland, Frankreich und den skandinavicame the basis of the international exchange programme
schen Ländern in den letzten Jahren ersichtlich, dass
entitled PANORAMA EUROPE , which was launched in 2001
on the initiative of Architectuur Lokaal. Its programme
vor allem Bedarf an einem europäischen Netzwerk, zuis of a pragmatic nature. Concrete results have been the
gänglich für jedermann, besteht. Dieses Prinzip wurde
PANORAMA NL < > D , PANORAMA NL < > VL and PANORAMA
zur Grundlage des internationalen Austauschprogramms
NL < > SC meetings, which have since prompted various
PANORAMA EUROPE , das im Jahre 2001 auf Initiative
von Architectuur Lokaal entstand. Sein Programm ist auf
countries to launch their own PANORAMA organizations.
Thus, for instance, following the creation of PANORAMA
pragmatische Weise angelegt. Als konkrete Ergebnisse
NL < > SC , Scotland continued its exchange programme
können die Treffen PANORAMA NL < > D , PANORAMA
NL < > VL und PANORAMA NL < > SC genannt werden,
with Ireland, and in December 2008 players from Germany
die inzwischen verschiedene Länder ihre eigenen PANO and Slovenia met in Berlin.
RAMA -Organisationen ins Leben riefen ließen. Nach der
Gründung von PANORAMA NL < > SC setzte so Schottland
sein Austauschprogramm mit Irland fort und im Dezember 2008 trafen sich in Berlin Akteure Deutschlands und
Sloweniens.
50
Panorama Europa
Panorame Europe
2002 fand das erste Treffen mit dem PANORAMA NL < > D
in Köln statt. Im Mittelpunkt standen Themen wie Architekturpolitik und Auftraggeberschaft im Wohnungsbau.
Wesentliche Aufmerksamkeit galt hier den Instrumenten
zur Qualitätssicherung auf den Gebieten Architektur und
Städtebau. Ein großer Unterschied zwischen beiden Ländern bestand darin, dass die Niederlande zum damaligen
Zeitpunkt bereits zehn Jahre lang Architekturpolitik betrieb, was weltweite Aufmerksamkeit für die niederländische Architektur zur Folge hatte. Andererseits erwiesen
sich die deutschen Erfahrungen mit der IBA Emscherpark
als wertvoll für die Provinz Overijssel, die zu diesem Zeitpunkt gerade mit einem Programm zur Konversion brachliegender Industrieflächen begonnen hatte. Eine zweite
interessante Frage betraf die in Deutschland gewonnenen
Erfahrungen mit der privaten Auftraggeberschaft. In den
Niederlanden bestanden zu diesem Zeitpunkt dazu kaum
systematische Erfahrungen. Lange vor Roombeek wurden
so in Kronsberg in Hannover ‚Architektenmessen‘ abgehalten und ein spezieller Informationspunkt für private
Auftraggeber eingerichtet. Auf dem Gebiet des Städtebaus wurde dort auch ein ausgeklügeltes System verschiedenartiger Wohnungstypen zur Wahrung der architektonischen Vielfalt entwickelt.1
The first meeting was held in 2001 – the PANORAMA NL < > D
in Cologne. It centred on issues such as architectural policy
and commissioning in the construction housing. Here,
much attention was focused on the instruments for quality
assurance in the fields of architecture and urban design.
One of the major differences between the two countries
was that at that time the Netherlands had already been
pursuing an architectural policy for ten years, which had
attracted worldwide attention to Dutch architecture.
On the other hand, the lessons learned by Germany from
the Emscherpark International Building Exhibition proved
to be valuable for the Province of Overijssel, which had just
launched a programme for the redevelopment of derelict
industrial sites. A second interesting topic concerned the
experience gained in Germany of private commissioning.
At that time, there was hardly any systematic experience
of this in the Netherlands. Thus, long before Roombeek,
“architects’ fairs” were held at Kronsberg in Hanover and
a special information point was set up for private clients.
In the field of urban design, a sophisticated system of
various types of dwelling was developed there to preserve
the architectural diversity. 1
51
In Deutschland wurde hingegen der Erfolg der niederländischen Architekturpolitik einer hervorragend funktionierenden Wettbewerbskultur zugeschrieben, während
gerade eine solche in den Niederlanden eine völlig untergeordnete Rolle spielte. Die Tatsache, dass dieser Erfolg
vor allem einem feinmaschigen Netz lokaler Architekturzentren und spezieller Stiftungen (Europan, Archiprix,
NAi usw.) zu verdanken ist, stellte wiederum für Deutschland eine Quelle der Inspiration hinsichtlich seiner nationalen Architekturpolitik dar, welche die Einrichtung einer nationalen Stiftung Baukultur mitbeförderte.
Die Veranstaltung NL < > VL fand am 18. November 2004
in Brüssel statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung
PANORAMA NL < > VL stand die Schaffung von Anreizen
verschiedener Formen der Auftraggeberschaft. Dabei
wurden sechs gemeinsame Problemstellungen in Bezug
auf sechs verschiedene Gebiete formuliert: Raum, ländlicher Raum, Erhaltung und Pflege, städtischer Raum,
Erbe und „Entwicklungsplanologie“. Im Verlauf der Veranstaltung wurde festgestellt, dass in beiden Ländern auf
mehr oder weniger gleichartige Aufgaben und Probleme
überwiegend andere Lösungen gesucht wurden, wobei
Flandern die Prozesse in den meisten Fällen besser in
den Griff bekam. „Es bestand schon immer der Mythos der
Gleichheit zwischen den Niederlanden und Flandern.
52
In Germany, the success of the Dutch architectural policy
was attributed to an excellently functioning competitive
culture, whereas such a culture played a totally minor role
in the Netherlands. In turn, the fact that this success was
due above all to a close­meshed network of local architec­
ture centres and special foundations (Europan, Archiprix,
NAi, etc.) was a source of inspiration for Germany with
regard to its national architectural policy, which promoted,
among other things, the establishment of National Founda­
tion for Baukultur.
The NL < > VL event was held in Brussels on 18 November
2004. The PANORAMA NL < > VL centred on the creation
of incentives for various forms of commissioning. This in­
volved formulating six common problems in relation to
six different fields: space, urban areas, preservation and
conservation, urban areas, heritage and “development
planology”. In the course of the event, it was discovered
that in the two countries, predominantly different solutions
were sought to more or less similar tasks and problems,
with Flanders being able to master the processes better
in most cases. “There was always the myth that the Nether­
Panorama Europa
Panorame Europe
Nunmehr treten die Unterschiede ans Tageslicht.
Und gerade die Unterschiede bieten sich als Anknüpfungspunkte an“, stellte Marc Santens, stellvertretender
„Bouwmeester“ Flanderns fest. 2
lands and Flanders were the same. Now, the differences are
being revealed. And it is these very differences that provide
us with new points of departure”, stated Marc Santens,
Deputy “Bouwmeester” of Flanders. 2
Das Treffen PANORAMA NL < > SC im März 2007 brachte
eine „Zukunftsagenda“3 hervor. In den Niederlanden hat
das schottische „Landscape Character Assessment“ als
Hilfsmittel im Rahmen von Entwurfsstudien Eindruck
hinterlassen. Durch das breit angelegte Vorgehen entsteht eine neue Quelle von Informationen, die ein zielgerichteteres Herangehen in Teilbereichen ermöglichen.
Das Maß an Reflektion und das historische Verständnis,
mit denen Landschaft dabei in Schottland im Entwurfsprozess behandelt werden, stellten für die Niederlande
eine neue Erfahrung dar. In den Niederlanden ist die
Landschaft ständig Veränderungen unterworfen, wodurch sich im Lande kaum Gefühle wie Ewigkeitswert
oder Ruhe und Beschaulichkeit entwickeln können. Die
schottischen Partner fanden wiederum die Art und Weise
sehr interessant, wie in den Niederlanden auf Veränderungen in
der Landschaft eingegangen wird. Wenn auch Berge aus
Granit sich nicht verändern lassen, wurden die Veränderungen im Verhältnis zur Natur und Landschaft durch
den Prozess der fortschreitenden Urbanisierung noch
nicht ohne weiteres reflektiert. Die Gespräche über gemeinsame Themen mit Kollegen aus anderen Ländern
führten letztlich zur Verfassung einer „Zukunftsagenda“.
Darin wird beschrieben, wie mit der jeweiligen Realität
der Landschaft umgegangen werden kann und welche
Aspekte, Kooperationen und Vorgehensweisen für die
Pflege und Gestaltung von Landschaft verfolgt werden
sollten.
The PANORAMA NL < > SC in March 2007 produced an
“agenda for the future” 3. In the Netherlands, the Scottish
Landscape Character Assessment has left an impression
as a tool for design studies. The broad­based approach
results in a new source of information, which facilitates
targeted action in some areas. The degree of reflection
and the historical understanding with which landscape is
treated in the design process in Scotland were a new ex­
perience for the Netherlands. In the Netherlands, the land­
scape is subject to continuous change, and as a result feel­
ings such a sense of eternity or calm and tranquillity cannot
develop in the country. The Scottish partners, in turn,
found the way in which people in the Netherlands address
changes in the landscape interesting. Even though moun­
tains of granite cannot be changed, the changes in the
relationship with nature and landscape through the process
of ongoing urbanization have not yet been adequately
contemplated. The discussions on common themes with
colleagues from other countries ultimately resulted in the
drafting of an “agenda for the future”, describing how it
is possible to deal with the reality of the landscape in both
countries, and what aspects, collaborative schemes and
approaches for the cultivation and design of landscape
should be adopted.
[1] A detailed report on PANORAMA NL < > D can be found at
http://www.arch­lokaal.nl/internationaal
[2] See http://www.vlaams­bouwmeester.be/vlaamsbouwmeester/opdracht/
opdracht_vlaams_bowmeester.asp
[1] Ein ausführlicher Bericht von PANORAMA NL < > D ist zu finden unter:
[3] See the report PANORAMA NL < > SC
http://www.arch-lokaal.nl/internationaal
http://www.arch­lokaal.nl/default.asp?path=ozgwbnj0&projectid=120
[2] Siehe http://www.vlaams-bouwmeester.be/vlaamsbouwmeester/
opdracht/opdracht_vlaams_bouwmeester.aspx
[3] Siehe Bericht PANORAMA NL < > SC
http://www.arch-lokaal.nl/default.asp?path=ozgwbnj0&projectid=120
53
Baukulturinstitutionen in Slowenien
und Deutschland
Organisations of Baukultur in Slowenia and Germany
Slowenien
Architects’ Society of Ljubljana/
Društvo arhitektov Ljubljana DAL
Karlovška 3
SI-1001 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 252 79 30
www.drustvo-arhitektov-lj.si
Architect’s Bulletin/Arhitektov Bilten
Židovska steza 4
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 251 60 10
www www.ab-magazine.com
Architekten- und Ingenieurkammer Slowenien
Vegova 8
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 242 06 70
www.zaps.si
Architekturbiennale Ljubljana
Monochrome Architects
Poljanska Cesta 6
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 438 26 50
Architekturfakultät der Universität Ljubljana
Zoisova 12
SI-1000 Ljubljana,
Tel.: +386 (0) 1 / 426 43 19
www.fa.uni-lj.si
Architektur- und Ingenieur-Fakultät
der Universität Maribor
Smetanova 17
SI-2000 Maribor
Tel.: +386 (0) 2 / 229 43 02
www.kamen.uni-mb.si
Architekturgalerie DESSA
Židovska steza 4
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 251 40 74
www2.arnes.si
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Architekturmuseum Ljubljana
Schloss Fužine, Studenec 2a
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 140 97 98
www.aml.si
Piran Tage der Architektur
Obalne galerije
Tartinijev Trg 3
SI-6330 Piran
Tel.: +386 (0) 5 / 671 20 80
www.pida.si
Plečnik Architektur Museum
Karunova Ulica 4
SI-1000 Ljubljana
Tel.: +386 (0) 1 / 280 16 00
www.aml.si
TrajekT
Institute for Spatial Culture
Murglah 133
SI-1000 Ljubljana
Email: [email protected]
www.trajekt.org
Deutschland
Architekturgalerie am Weißenhof
Am Weißenhof 30
70191 Stuttgart
Tel.: +49 (0) 711 / 257 14 34
www.weißenhofgalerie.de
Architekturmuseum der
Technischen Universität München
Arcisstraße 21
80333 München
Tel.: +49 (0) 89 / 289 22 49 3
www.architekturmuseum.de
Bundesarchitektenkammer e.V.
Askanischer Platz 4
10963 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 26 39 44-0
www.bak.de
Bundesingenieurkammer
Charlottenstraße 4
10969 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 25 34 29 00
www.bundesingenieurkammer.de
Deutsches Architektur Zentrum DAZ
Köpenicker Straße 48/49
10179 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 27 87 99-28
www.daz.de
Bund Deutscher Architekten BDA
Bundesgeschäftsstelle
Köpenicker Straße 48/49
10179 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 278 79 90
www.bda-bund.de
Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Schlegelstraße 1
53113 Bonn
Tel.: +49 (0) 228 / 90 91-0
www.denkmalschutz.de
Bund Deutscher Baumeister BDB
Wildenowstraße 6
12203 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 84 18 97 22
www.baumeister-online.de
Bund Deutscher Landschaftsarchitekten
Köpenicker Straße 48/49
10179 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 27 87 15-0
www.bdla.de
Bundesstiftung Baukultur
Schiffbauergasse 3
14467 Potsdam
Tel.: +49 (0) 331/ 2012 59-0
www.bundesstiftung-baukultur.de
Museum für Architektur und
Ingenieurkunst NRW –- M:AI
Leithestraße 33
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49 (0) 209 / 925 78-0
www.mai-nrw.de
StadtBauKultur NRW
Europäisches Haus der Stadtkultur e.V.
Leithestraße 33
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49 (0) 209 / 319 81-0
www.stadtbaukultur-nrw.de
Stiftung Bauhaus Dessau
Gropiusallee 38
06846 Dessau
Tel.: +49 (0) 340 / 65 08-250
www.bauhaus-dessau.de
Deutsches Architekturmuseum DAM
Schaumainkai 43
60596 Frankfurt am Main
Tel. +49 (0) 69 / 212 38 84 4
www.dam-online.de
55
Herausgeber
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Invalidenstraße 44
10115 Berlin
Projektkonzeption und -begleitung
Dr. Marta Doehler-Behzadi, Michael Marten,
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Lars-Christian Uhlig
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Veranstaltungsplanung und Realisation
Lars-Christian Uhlig, Thomas Gohr
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Redaktion
Claus Käpplinger
Gestaltung und Satz
xplicit Gesellschaft für visuelle Kommunikation, T. Meyer-Bautor
Bezug
Geschäftsstelle der „Initiative Architektur und Baukultur“
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
www.architektur-baukultur.de
Vervielfältigung
Alle Rechte vorbehalten
Stand
Oktober 2010