Lernpaket Mel Ramos - Weltkulturerbe Völklinger Hütte
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Lernpaket Mel Ramos - Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Lernpaket für Lehrer und Schüler Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 1 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Mel Ramos 50 Jahre PopArt 18. Juni 2011 bis 8. Januar, täglich ab 10Uhr Lernpaket für Lehrer und Schüler Inhalt 1. Ausstellungsdaten und Service für Schulen S.3 2. Vorwort S.5 3. PopArt S.7 4. Mel Ramos S.8 5. Biographie: Mel Ramos S.11 6. Werkphasen S.14 7. Schlüsselwerke S.30 8. Zeitleiste S.38 9. Unterrichtsvorschläge S.43 10. Quellentexte S.55 11. Zitate S.70 12. PopArt-ABC S.73 13. Katalog zur Ausstellung S.77 14. Literatur S.77 15. Links S.81 Impressum Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 2 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1. Ausstellungsdaten und Service für Schulen Öffnungszeiten bis 8. Januar 2011 Erzhalle, täglich von 10 bis 19 Uhr Ermäßigt 10,00 € Normal 12,00 € Familien (2 Erwachsene mit Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahre) 25,00 € Kinder und Jugendliche 3,00 € Kinder und Jugendliche im Klassenverband 3,00 € Gebuchte Führung 80,00 € (plus ermäßigten Eintritt) (max. 30 Personen, Dauer der Führung ca. 1,5 Stunden). Jahreskarten Jahreskarten Kinder/ Schüler Erwachsene Familien 6,00 € 25,00 € 55,00 € Sonderkonditionen für Schulen Schulklassenführung im Bonuspaket zum Preis von 100 Euro inkl. Führung (max. 30 Personen einschließlich Lehrkraft) in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 10 und 14 Uhr. Bucht eine Schule zum gleichen Termin drei Führungen zahlt sie nur 2! Kontakt /Besucherservice Telefon +49 (0)6898 - 9 100 100 +49 (0)6898 - 9 100 106 Fax +49 (0)6898 – 9 100 111 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 3 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Service zur Ausstellung Sonderpublikation zur Ausstellung, Mel Ramos, 50 Jahre PopArt, 2011, Edition Völklinger Hütte, Ostfildern 2011, 280 Seiten, 150 Farbabbildungen, Sonderpreis 19,80 € Lucky Lulu Blonde 1965 Öl auf Leinwand 122 x 102 cm Louis K. Meisel Gallery, New York Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 4 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 2. Vorwort Mel Ramos, PopArt und die Völklinger Hütte Sehr geehrte Frau Fachleiterin, sehr geehrter Herr Fachleiter, liebe Freunde des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, die Pop-Kultur hat unsere Gesellschaft und unser Leben seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts vollständig verändert. Dank der PopArt gibt es heute keine Trennung mehr zwischen Hochkultur und Alltagskultur. Die Wirklichkeit des Alltagslebens ist im 21. Jahrhundert – dank und wegen der PopArt - genauso kunstfähig wie industrielle Massenproduktion mit ihrem seriellen Gepräge, wie weggeworfene und übrig gelassene Dinge des Lebens oder die Stereotypen der Werbung, wenn sie von Künstlerinnen und Künstlern in den Transformationsprozess ihrer Kunst einbezogen werden. Ohne die tief gehende Bewusstseinsveränderung und Perspektivverlagerung der PopArt, die unseren Bewertungsmaßstab von Kultur vollständig neu definiert hat, wäre die 1986 stillgesetzte Völklinger Eisenhütte nie in den Rang eines UNESCO Weltkulturerbe gelangt. Als 1994 die Völklinger Eisenhütte von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit klassifiziert wurde, war das der erste Höhepunkt eines Prozesses, der wesentlich von der PopArt ausgelöst wurde. Der ehemals industrielle Produktionsort, mit seinen gigantischen Maschinen und Gebäuden, an dem in aktiver Zeit über 17.000 Menschen am Tag arbeiteten, wird Schritt für Schritt zu einem Kulturort umgewertet. Es gehört zum Programm eines solchen Prozesses, bedeutende Positionen der PopArt am Ort sichtbar zu machen. Es ist uns deshalb eine große Freude, dass wir nach der Ausstellung „Duane Hanson - Sculptures of the American Dream“ die Kunst Mel Ramos mit ihren künstlerisch synthetisierten Bildern einer Warenwelt und ihren Frauenbildern, welche die Verlockungen der Werbebotschaften transportieren und symbolisieren, als weitere bedeutende internationale Position der PopArt in der Völklinger Hütte zeigen können. Herzlicher Dank gilt all denen, die dieses spannende Projekt ermöglicht haben, Otto Letze für die Tournee, meinem Kollegen Manfred Baldauf in der Geschäftsführung, unserer Gesellschaft und meinem Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 5 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Weltkulturerbeteam um Frank Krämer für die Einrichtung der Mel Ramos- Ausstellung. Meinrad Maria Grewenig Generaldirektor und CEO des Weltkulturerbe Völklinger Hütte - Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Campari: The Lost Painting of 1965 #19 2000 Öl auf Leinwand 182 x 125,5 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 6 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 3. PopArt Mitte der 1950er Jahre entwickelte sich unabhängig in New York und London das Phänomen PopArt. Künstler wie Peter Blake, Andy Warhol und Roy Lichtenstein entdeckten die Welt der Unterhaltungsindustrie und der Werbung als Quelle der Inspiration für ihre Kunst. Sie isolierten, vergrößerten und verfremdeten die Motive der Massenmedien in ihren Arbeiten. Andy Warhol erlangte mit der Darstellung einer Suppendose der Firma Campell 1968 weltweite Berühmtheit. Die PopArt entstand vor dem Hintergrund der damals vorherrschenden abstrakten Kunstströmungen. Indem die Künstler ihre Werke mit der Lebenswirklichkeit des Betrachters verbanden, verweigerten sie sich nicht länger ihrer realen Umwelt. Der britische PopArt Künstler Richard Hamilton forderte der PopArt ab „populär, vergänglich, verbrauchbar, billig, massenproduziert, jung, witzig, sexy, spielerisch, verführerisch, geschäftstüchtig“ zu sein. Bildquelle: www.ludwigforum.de Bildquelle: www.ac- amiens.fr Andy Warhol Campbell's Soup Can I 1968 Roy Lichtenstein M-maybe 1965 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 7 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 4. Mel Ramos Der kalifornische Maler ist einer der bedeutendsten Repräsentanten der PopArt-Bewegung. Wie auch Andy Warhol oder Roy Lichtenstein übernimmt Mel Ramos Motive aus den Massenmedien und der Werbung für seine Werke. Dabei setzt er unterschiedliche Konsumgüter zusammen mit makellosen, selbstbewussten oft nackten Frauen auf der Leinwand in Szene. Mel Ramos, 2010 © Dieter Zeitler, Nürnberg Die Vorbilder für diese weiblichen Akte entnimmt er den Pin-up-Magazinen der 1950er und 1960er Jahre sowie den heutigen Lifestylemagazinen und malt sie in lasziver Haltung eng verschlungen mit Produkten überdimensionierten Cola- oder Ketchupflaschen. Aufgrund eines Unfalls in der Kindheit, der der eine Schädigung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 8 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig des Sehnervs zur Folge hatte, bereitet es ihm Schwierigkeiten, von nah auf fern umzustellen, und umgekehrt. Das ist der Hauptgrund, weshalb Mel Ramos Fotografien oder Abbildungen als Vorlage verwendet. Noch heute sorgen seine Motive, die bereits in den 1960er Jahren zu Ramos Markenzeichen wurden, in der Öffentlichkeit für Aufruhr. Zwar hat sich der in Kalifornien geborene Künstler durch seine Commercial Pin-ups einen Namen in der Kunstwelt gemacht, jedoch ist ein Œuvre vielfältiger. Seine künstlerischen Interessen gelten beinah der gesamten Kunstgeschichte. Erste Bilder entstanden bereits in den 1950er Jahren, als in den amerikanischen Kunsthochschulen Abstrakter Expressionismus unterrichtet wurde. Mel Ramos versuchte damals seinen eigenen kreativen Weg zu finden und malte nicht im abstrakten Stil, wie viele seiner Zeitgenossen, sondern figurativ. Anschließend griff er Comic-Motive auf. Gemalte oder gezeichnete Comic-Helden wie Batman oder The Flash waren die Bildmotive der folgenden Jahre. Von da aus war es kein weiter Weg zu den Wonder Women Comic-Heldinnen, welche die Vorgängerinnen seiner Pin-upGirls werden sollten. Später bediente er sich bedeutender Gemälde aus der Kunstgeschichte wie u.a. Modiglianis Akte oder Mondrians Farbkompositionen in verschiedenen Serien: A Salute to Art History, Unfinished Paintings, Drawing Lessons, The Artist‟s Studio. Dem Zentralmotiv seiner Werke bleibt er nach wie vor treu: dem weiblichen Akt, akribisch ausgeführt und frei von Macken oder Unreinheiten. Er malt seine Modelle lebendig, gleichzeitig wirken sie jedoch künstlich, was wiederum ein Verweis auf Medienwelt ist. Die Ausstellung MEL RAMOS. 50 Jahre PopArt zelebriert den Künstler anlässlich seines 75. Geburtstages. Sein zeichnerisches und malerisches Werk sowie auch Exkurse in die Welt der Skulptur sind zum ersten Mal in dieser größten europäischen Retrospektive versammelt. Zu sehen sind rund 90 Arbeiten, von seinen ersten menschlichen Darstellungen, Comic-Helden und Heldinnen, seinen prominenten Pinup-Girls bis hin zu seinen aktuellsten Arbeiten, Skulpturen und Gemälde aus der Serie Galatea. Der Künstler hat an der Konzeption der Ausstellung mitgewirkt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 9 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 5. Mel Ramos – Biographie 1935 Geburt von Melvin John Ramos am 24. Juli 1935 als Sohn eines Rennfahrers portugiesischer Abstammung in Sacramento, Kalifornien 1954-1956 Kunststudium am Sacramento Junior College und am San José State College 1955 Heirat der Künstlerin und kalifornischen Schönheitskönigin Lolita Alice (Leta) Helmers 1957-1958 Studium und Abschluss am Sacramento State College bei Wayne Thiebaud 1958-1966 Lehrtätigkeiten an verschiedenen High Schools in Sacramento Erstmals Teilnahme an PopArt-Ausstellungen im Oakland Museums of California und im Contemporary Art Museum Houston 1964 Etablierung als Hauptvertreter der PopArt neben Andy Warhol und Roy Lichtenstein durch eine Einzelausstellung in der Bianchini Gallery New York 1965 Teilnahme an der Gruppenausstellung „Pop Art, Nouveau Réalism, etc.“ im Palais des Beaux-Arts, Brüssel 1965-1966 Lehrtätigkeit an der Sacramento State University 1966-67 Teilnahme an der Wanderausstellung „11 Pop Artists“ durch die USA Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 10 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1967 Aufnahme der Lehrtätigkeit an der California State Universtiy, Hayward Einzelausstellung im San Francisco Museum of Art 1969 Erste Einzelausstellung in Deutschland im Gegenverkehr, Zentrum für aktuelle Kunst, Aachen 1972 Einzelausstellung im Utah Museum of Fine Arts 1974 Teilnahme an einer PopArt-Ausstellung im Whitney-Museums of American Art in New York 1975 Einzelausstellung im Museum Haus Lange, Krefeld 1977 Erste Retrospektive im Oakland Museum of California 1980-1997 Professor an der California State University, Hayward 1986 Auszeichnung mit dem Visual Artits Fellowship Grant durch die National Endowment for the Arts Reise nach Frankreich im Rahmen eines Austauschstipendiums 1991-1993 Teilnahme an der großen internationalen Wanderausstellung „Pop Art“ (Royal Academy of Arts, London; Museum Ludwig, Köln; Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid; The Montreal Museum of Fine Arts) Seit 1992 Zweitwohnsitz in Horta de San Juan, Spanien Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 11 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1999 Teilnahme an der druckgraphischen Gruppenausstellung „Pop Impressions“ im Museum of Modern Art, New York 2007-2008 Teilnahme an der Ausstellung „Pop Art Portraits“ in der National Portrait Gallery in London und in der Staatsgalerie in Stuttgart Mel Ramos lebt und arbeitet in Oakland, Kalifornien, und Horta de San Juan, Spanien. Scott 1968 Öl auf Leinwand, Sechseck 30 x 30 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 12 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 6. Werkphasen 1. Grafiken und Zeichnungen Im Alter von fünfzehn oder sechzehn Jahren inspiriert ihn Salvador Dalis Werk „ Weiche Konstruktion mit gekochten Bohnen (Vorahnung des Bürgerkriegs)“ aus dem Jahre 1936 selbst Künstler zu werden. So fertigt er in seiner Highschool-Zeit bereits Plakate für seine Schule an. Auch im späteren Werk von Ramos tauchen typografische Elemente wieder auf. Auf dem College adaptiert er zunächst den Stil der „Bay Area Figurative School“, den sein Professor Wayne Thibaud, selbst ein Vertreter dieser Stilrichtung, lehrte. Weiterhin sind in Mel Ramos„ Gemälden dieser Zeit Einflüsse des Abstrakten Expressionismus zu erkennen, welcher seit den späten 1940er Jahren in Amerika en vogue war. Charakteristisch für diese erste Werkphase waren einzelne Personen vor einem undefinierten Hintergrund als Motiv, der pastose Farbauftrag, sowie pastellige Farbtöne. Walking Girl 1960 Öl auf Leinwand 28 x 23 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 13 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 2. Comic-Helden Mit dem Jahr 1961 kommt der Wendepunkt: die Motivik seiner Gemälde wechselt von gewöhnlichen Menschen aus dem Alltag zu Comic-Helden. Er stellt sowohl Frauen, als auch Männer dar. Bei den weiblichen Heldinnen orientiert er sich daran, wie Frauen in den Medien dargestellt werden. Die Farben werden greller, der Stil wird verfeinert. Trotz der neuen Bildthematik sind gestalterische Einflüsse aus der Vergangenheit nicht zu leugnen. Wonder Woman ist eine Art Prototyp für die folgenden Frauendarstellungen. Wonder Woman #1 1962 Öl auf Leinwand 127 x 112 cm Sammlung Rochelle Leininger Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 14 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 3. Pin-ups Mitte der 60er Jahre transformiert Ramos seine Comic-Heldinnen in Heldinnen der Werbung. Die Darstellung des weiblichen Körpers erfolgt auf eine sehr realistische Weise, auch die Bikinistreifen der California-Girls wurden mit aufgenommen. Im Gegensatz zum pastosen Farbauftrag der frühen Werke, wirken die Bilder nun wie retuschiert, vergleichbar mit Abbildungen aus Hochglanzmagazinen. Ramos persifliert die Werbestrategien, in denen nach dem Motto „Sex sells“ mit attraktiven Frauen so gut wie jedes Produkt beworben wird, egal ob es nun passt oder nicht. Es geht ihm dabei nicht um die Kritik daran, sondern um eine Offenlegung von vorherrschenden Zuständen. Vorlagen für seine Pin-up-Girls fand er im „Playboy“ oder dem „Esquire“. Lola Cola Ohne Jahr Lithographie auf Papier 82 x 67 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 15 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 4. Fashion Paintings Ebenfalls Mitte der 60er begann Mel Ramos mit der Serie „Fashion Paintings“. Inspiriert wurde er von Modedesignern wie Rudi Gernreich, Emanuel Ungaro oder André Courrèges. Interessant ist hierbei die Tatsache, dass der Künstler seine Modelle wie üblich auf die Leinwand malte, für Kleidung und Accessoires aber mit einer Holzfaserplatte arbeitete. Typisch für die Fashion Paintings sind die monochromen Farbquadrate im Hintergrund, sowie die modisch elegant gekleideten Frauen im Vordergrund; sie scheinen, als seien sie einem Modekatalog entnommen. Lolita 1966 Öl auf Leinwand und Holzfaserplatte 152 x 102 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 16 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 5. Animal Paintings Modelle mit Tieren zusammen zu malen war Ramos„ künstlerischer Schwerpunkt in den Jahren von 1964-1971. Mel Ramos ist jedoch keineswegs der Erste, der sich mit diesem Thema beschäftigte. Im Gegenteil, es besitzt eine lange Tradition innerhalb der Kunstgeschichte, denken wir zum Beispiel an das oft behandelte Topos Leda mit Zeus in Gestalt eines Schwanes. Um die Tiere so realistisch wie möglich zu malen, verwendete er als Vorlage Fotographien aus der Zeitschrift „National Geographic“. Da der Hintergrund eine monochrome Farbfläche darstellt, wird hier der naturalistische Charakter des Bildmotivs relativiert. Elephant Seal 1970 Öl auf Leinwand 165 x 203 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 17 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 6. „You get more Salami with a Modigliani“ Aus den 70er Jahren stammend, sind die Werke dieser Phase an den italienischen Maler und Bildhauer Amedeo Modigliani angelehnt. Vergleicht man sein Werk mit dem von Mel Ramos, sind einige Parallelen in der Bildthematik zu finden. Beide beschäftigten sich mit der Portrait- und Aktmalerei, sowie der Darstellung von Landschaften, wenngleich letzteres nur marginal als Thema aufgegriffen wurde. You Get More Salami With Modigliani#15 1976 Aquarell auf Papier 87,5 x 68 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 18 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 7. „Salute to Art History“ Französische Maler des 18. und 19. Jahrhunderts dienten Mel Ramos als Vorlage für diese Reihe. So transformiert er Gemälde von Jean-AugusteDominique Ingres und Edouard Manet in das Hier und Jetzt, oder bedient sich der griechischen Mythologie, indem er den jeweiligen Topos in seinem eigenen Stil behandelt. Das Zitieren bekannter Werke der Kunstgeschichte findet sich in einigen seiner Werkphasen wieder. Bonnards Bath 1979 Aquarell auf Papier 58 x 78,5 cm Sammlung Kirk Wayland Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 19 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 8. „I Still Get a Thrill When I See Bill” Ramos zitierte nicht nur die Werke der alten Meister, auch Willem de Kooning diente ihm als Quelle seiner Inspiration. Insbesondere dessen „Women-Serie“ aus den 1950er Jahren war für Mel Ramos gut 20 Jahre später von Bedeutung. Wie schon in vorherigen Pin-up-Serien geschehen, setzte er den abstrahierten Körpern berühmte Köpfe auf, so zum Beispiel den von Farrah Fawcett. Die USamerikanische Schauspielerin wurde unter anderem durch die Fernsehserie „Drei Engel für Charly“ bekannt. I Still Get a Thrill When I See Bill #12 1977 Öl auf Leinwand 182 x 127 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 20 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 9. Landschaften Mit Beginn der 80er widmete sich Mel Ramos eines bis dato seinerseits noch nicht behandelten Sujets, den Landschaftsdarstellungen. Als Motiv wählte er häufig kalifornische Landschaften. Dabei erfolgt die malerische Umsetzung nicht in der von uns erwarteten Art und Weise des Panoramas. Ramos gibt stattdessen lediglich den Blick nach oben frei, der von zwei Gegenständen an den Bildrändern flankiert wird. In diesem Fall sind es zwei Palmen, die er sah, wenn er aus seinem Atelierfenster in Oakland blickte. The Four Seasons: Autumn 1982 Öl auf Leinwand 107 x 254 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 21 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 10. „The Artist‟s Studio“ In dieser Phase, die ihre Wurzeln in den 80er Jahren hatte, ging es um die Darstellung des künstlerischen Schaffensprozesses, deutlich gemacht, indem hier Einblicke in das Atelier des Künstlers gegeben werden. Im Mittelpunkt stehen hier Vorzeichnung und der immer wieder auftauchende Spiegel, welcher die Reflexion der Modell sitzenden Frau zeigt. Der Akt spielt jedoch hier nicht mehr die Hauptrolle. Vielmehr geht es in der Bildserie darum, wie ein Gemälde entsteht. The Artist's Studio #1 1987 Öl auf Leinwand 157 x 207 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 22 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 11. „Unfinished Paintings“ In den 90er Jahren fertigte Mel Ramos unter anderem eine Serie scheinbar unvollendeter Bilder. Der Eindruck wird dadurch erweckt, dass sie halb gezeichnet und halb gemalt sind. Wie schon bei „The Artist‟s Studio“ gesehen, steht hier der Entwicklungsprozess eines Werkes im Fokus. Die Zeichnungen lassen sein Talent Proportionen exakt wiederzugeben erkennen. Unfinished Painting Delacroix 1990 Öl auf Leinwand 55 x 85,5 cm Courtesy LEVY, Hamburg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 23 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 12. „The Drawing Lessons“ Mel Ramos zeigt mit dieser Reihe von Bilder aus den 90er Jahren eine neue Facette eines Œuvres. Dis bisher zumeist in einer gestellten Pose verharrenden Modelle sind nun sich bewegenden Körpern gewichen, deren Haltung auf eine Art Momentaufnahme hindeutet. Der gezielte Einsatz von Licht und Schatten hebt die Plastizität hervor. Konträr zu den Pin-up-Girls tragen die hier abgebildeten Frauen keine Bikini-Streifen mehr. The Drawing Lesson: Ode to Ang #1 1990 Bleistift auf Papier 69 x 48cm Courtesy LEVY, Hamburg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 24 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 13. „The Lost Paintings of 1965“ In dieser Werkphase greift Mel Ramos Themen aus vergangenen Schaffensphasen auf. Anhand von Zeichnungen und Entwürfen, die er beispielsweise während der 60er Jahre begonnen hatte, produziert er, 30 Jahre später, neue Gemälde. Der Titel „verlorene Gemälde“ ist jedoch etwas irreführend, handelt es sich doch im Grunde genommen um eine Vollendung eines Bildzyklus, dessen Ideen Jahrzehnte zurückliegen. Die Gemälde thematisieren vorrangig Pin-up-Mädchen mit Produkten aus der Werbeindustrie. Candy 2: The Lost Painting of 1965 #32 2003 Öl auf Leinwand 96 x 63,5 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 25 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 14. „The Transfiguration of Galatea“ Seit dem Jahr 2000 hat Mel Ramos das Thema antike Sagen für sich entdeckt. Besonders faszinierte ihn der griechische Mythos von Galatea. Galatea war eine der Nymphen des Mittelmeeres. Ihr Geliebter Acis wird von dem Zyklopen Polyphem aus Eifersucht mit einem Fels erschlagen. Sie, Galatea, verwandelte das Blut von Acis in einen Fluss. Mel Ramos verwendete jedoch eher die antiken Vorlagen Galateas für seine Gemälde, als die Geschichte an sich. The Transfiguration of Galatea #7 2003 Öl auf Leinwand 164 x 100 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 26 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 15. Skulpturen Neben den Gemälden, wandte sich Mel Ramos im Laufe seines Lebens auch der Bildhauerei zu. Wenn man so will, überträgt er seine Pinup-Darstellungen von der Leinwand in die Dreidimensionalität. Aus diesem Grund finden wir hier die bekannten Motive von Ramos wieder: Frauen, die mit überdimensionalen Konsumgegenständen dargestellt werden. Five Flavor Frieda 2010 Bemaltes Harz 50x96x22,5 cm Galerie Ernst Hilger, Wien Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 27 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 16. Hollywood-Ikonen Die aktuelle Werkreihe ist berühmten Hollywoodschauspielerinnen gewidmet, die in Form eines Aktes in Verbindung mit jeweils einem Buchstaben des Wortes Hollywood treten. Die Gesichter verraten, um welche Schauspielerin es sich handelt. Schon zu früheren Zeiten hat er gerne das Konterfei einer berühmten Persönlichkeit in seinen Akten verwendet, im vorliegenden Fall handelt es sich um das Portrait von Cameron Diaz, einer US-amerikanischen Schauspielerin. Hollywood Suite #9 D 2009 Öl auf Leinwand 102x76cm Galerie Ernst Hilger, Wien Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 28 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 7. Schlüsselwerke 1. „Pete“ Wir sehen hier einen räumlich nicht definierten Hintergrund, welcher von der Farbigkeit in Schlamm- bzw. Erdtönen gehalten ist. Die männliche Person auf dem Gemälde steht seitlich im Profil zum Betrachter; seine Hände sind locker in die Hosentaschen gesteckt. Durch die Drehung des Kopfes nach rechts, kommt es dem Betrachter so vor, als schaue die Person auf einen unbestimmten Punkt aus dem Bild heraus. Durch die Farbwahl im Bild und den Gestus des Mannes strahlt dieses Gemälde eine melancholische Stimmung aus. Pete 1961 Öl auf Leinwand 28 x 23 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 29 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 2. „The Flash“ Dieses Gemälde zeigt einen Helden aus Mel Ramos„ Kindheit: The Flash. In Deutschland ist diese Comicfigur aus dem amerikanischen Verlag D.C. Comics auch bekannt als der Rote Blitz oder der Blitzmann. Er trägt seinen charakteristischen Hut, ein rotes Oberteil auf dem ein Blitz zu sehen ist, sowie einen Gürtel, eine blaue Hose und rote Stiefel, an denen sich ebenfalls Blitze als Applikation befinden. Trotz des neuen Genres, bleibt er dem pastosen Farbauftrag treu, malt jedoch die Konturen präziser. Insgesamt erscheinen die Figuren im Vergleich zu den früheren Arbeiten plastischer und dynamischer. Dieser Eindruck wird vor allem durch die Bewegtheit der Comichelden erzeugt. The Flash #2 1962 Öl auf Leinwand 77 x 48 cm Sammlung Skot Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 30 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 3. „Della Monty“ „Della Monty“ ist ein typisches Beispiel für die sogenannten Commercial Pin-ups. Das Model steht hier hinter einer überlebensgroßen Flasche Ketchup und stützt sich lasziv-locker auf ihr ab, dabei ist ihr Körper zum größten Teil vom Gegenstand verdeckt. Durch dessen Überdimensionierung finden sich Mensch und Produkt in einer Art Konkurrenz wieder, in dem um die Aufmerksamkeit des Betrachters gebuhlt wird. Sowohl der menschlicher Körper, als auch das Produkt sind sehr real dargestellt. Dieser hohe Ikonizitätsgrad wird unter anderem durch die Lokalfarbe und die Licht- und Schattenwirkung erreicht. Della Monty 1971 Öl auf Leinwand 152 x 127 cm Privatsammlung Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 31 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 4. „David‟s Duo“ Mit der Serie „A Salute to History“ zeigt Mel Ramos seine Affinität zu den alten Meistern der Kunstgeschichte, indem er berühmte Werke zitiert. Das Gemälde „David‟s Duo“ zeigt ein Selbstportrait des Künstlers mit einer Frau auf einem Kanapee in einem nahezu steril anmutenden Raum. Die Szene scheint den Moment nach dem Geschlechtsakt darzustellen und verweist auf das Gemälde „Amor und Psyche“ von Jacques-Louis David aus dem Jahre 1817. Ramos hat hier Personen, Bühnenbild und Requisiten ausgetauscht. Er selbst schlüpft in die Rolle des Liebesgottes Amor, auch Cupido genannt. Dass es sich hierbei um Amor handelt, ist an seinen Attributen wie den Flügeln und dem Bogen zu erkennen. Der Fensterausschnitt zeigt im Gegensatz zum Original eine kalifornische Landschaft bei Sonnenuntergang. Ramos parodiert hier den Klassizismus. David's Duo 1973 Öl auf Leinwand 178 x 244 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 32 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 5. „Karnak. Ode to Moe“ „Karnak. Ode to Moe“ malte Ramos als Hommage an den Maler US-amerikanischen Morris Louis, ein Vertreter der Farbfeldmalerei an. Zu sehen ist die Tempelanlage von Karnak, jedoch keineswegs in der Totalen. Dem Betrachter wird stattdessen eine Blickrichtung gen Himmel vorgeben. Vom eigentlichen Bildthema sind lediglich die Hälften von zwei Statuen zu sehen, welche die beiden Bildränder flankieren. Somit entsteht in der Mitte eine große graue Farbfläche. Karnak. Ode to Moe 1980 Bleistift auf Papier 56 x 76 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 33 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 6. „The Artist‟s Studio #1“ Zur gleichnamigen Werkserie hat Ramos hier ein Atelier gemalt. In der rechten Bildhälfte sehen wir eine Kohlzeichnung auf einer Staffelei; diese kann als Vorzeichnung zu Ingres „Grand Odalisque“ von 1814 angesehen werden kann. Im Vordergrund sind Farbtuben und Pinsel zu entdecken, mit denen der Künstler im Anschluss an die Vorzeichnung arbeitet. In der linken Bildhälfte ist ein gerahmter Spiegel an die Ecke des Zimmers gelehnt, worin sich das Modell des Künstlers spiegelt. So haben wir zwei Thematiken in einem Bild vereint: Die Darstellung des Schaffensprozesses und den bereits bekannten Rückgriff auf die Kunstgeschichte. The Artist's Studio #1 1986 Aquarell auf Papier 46 x 61 cm Courtesy LEVY, Hamburg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 34 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 7. „Unfinished Painting #1“ „Unfinished Painting #1“ zeigt einen weiblichen Akt, dessen Oberkörper und teilweise auch der Hintergrund koloriert sind. Ab etwa der Mitte des Bauches verschwindet die Farbe und wir sehen die Vorzeichnung. Die Pose des Modells ist als relativ locker zu bezeichnen. Der Kopf ist nach rechts gedreht, die Hände sind jeweils seitlich in die Taille gestemmt und die Hüfte nach rechts eingeknickt, die Füße sind leicht nach außen geöffnet. Aufgrund gezeichneten Teiles im Kontrast zum colorierten Teil der Frau, wirkt letzterer viel plastischer und lebensechter. Unfinished Painting #1 1991 Oil on Canvas 181,5 x 130 cm Courtesy LEVY, Hamburg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 35 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 8. „Martini Miss“ Die Skulptur „Martini Miss“ besteht aus einer Blondine, die sich in einem Glas mit Martini räkelt. Neben dem Glas liegt eine Olive am Spieß, die als klassische Zugabe zu diesem Drink gereicht wird. Mel Ramos fertigte seine Skulpturen aus Kunstharz und besprüht sie anschließend mit Airbrush. Die Pose der Figur erinnert an Auftritte von Dita von Teese, eine US-amerikanische Burlesque-Tänzerin, die darüber hinaus schauspielert und sich als Aktmodell betätigt. Ihre Performance in einem Champagnerglas verhalf ihr zu weltweiter Bekanntheit. Martini Miss 2008 Bemaltes Harz 50 x 36 x 72 cm Galerie Patrice Trigano, Paris Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 36 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 8. Zeitleiste historischer und politischer Entwicklungen von den 1960er bis zu den 1990er Jahren Die 1960er Jahre 1960 Bürgerrechtsbewegung in den USA 1961 Bau der Berliner Mauer 1962 Kuba-Krise 1963 Ermordung John F. Kennedys 1964 Vietnamkrieg 1965 Seit Mitte der 1950er Jahre kämpfen große Teile der afroamerikanischen Bevölkerung und ihr Hauptvertreter Martin Luther King friedlich um die Aufhebung der Rassentrennung. Vom 13. August 1961 bis zum 9. 1989 trennt die Mauer West-Berlin vom Ostteil der Stadt. Ist eine äußerst ernste Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion . Auslöser ist die Stationierung US-amerikanischer, nuklearer Mittelstreckenraketen in Italien und der Türkei im Jahre 1959, gefolgt von der Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba im Jahre 1962. Niemals zuvor ist ein Atomkrieg so wahrscheinlich wie zu diesem Zeitpunkt. Am 22. November 1963 wird Präsident John F. Kennedy in Dallas/ Texas mit mehreren Gewehrschüssen während einer Fahrt im offenen Wagen durch die Innenstadt ermordet. Beginn der amerikanischen Beteiligung am zweiten Indochinakrieg. Die brutalen Kampfeinsätze der Amerikaner werden im Verlauf des Krieges von der eigenen Bevölkerung stark verurteilt. Mehr als 17.000 Menschen arbeiten in der Völklinger Hütte. Es ist die höchste Beschäftigtenzahl in der Geschichte der Völklinger Hütte. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 37 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1966 Kulturrevolution in China 1967 Eine von Mao Zedong ausgelöste politische Kampagne, um seine Macht gegenüber realen und vermeintlichen Gegnern in der kommunistischen Partei zu behaupten und die Volksrepublik China ganz nach seinen persönlichen Vorstellungen umzugestalten. Während ihrer dreijährigen Hochphase kam es zu Morden, Misshandlungen, Zerstörungen und Restriktionen. Jungfernflug der Boeing 737 Im Dezember 1969 erfolgte die Auslieferung der ersten Boeing 737-100 an die Lufthansa. Die Boeing 737 ist heute eines der meistgebauten Flugzeugtypen; etwa alle sechs Sekunden startet eine Maschine. Start des Farbfernsehens in der BRD ARD und ZDF übertragen ab dem 25. August 1967 um 14.30 Uhr in Farbe. Als gemeinsame Testsendung wurde der französische Film „Cartouche, der Bandit“ gezeigt. 1968 Zusammenschluss von Studenten in den USA und Deutschland, die gegen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse (Vietnamkrieg, autoritäre Erziehung) und für die Gleichstellung von Minderheiten protestieren. Höhepunkt der Studentenbewegung 1969 erste Mondlandung mit Apollo 11 Am 16. Juli 1969 starten Armstrong, Michael Collins und Edwin Aldrin mit der Raumfähre Apollo 11 in Richtung Mond. Vier Tage später betritt Armstrong als erster Mensch den Mond. Die 1970er Jahre 1972 Geiselnahme von München bei den Olympischen Spielen Erstes Videospiel Am 5.September nehmen palästinensische Terroristen elf israelische Athleten als Geiseln. Bei einem gescheiterten und unzulänglichen Befreiungsversuch kommen alle Geiseln, ein deutscher Polizist und fünf Terroristen ums Leben. Das von Atari entwickelte Spiel „Pong“ gilt als Urvater der Videospiele. Es ist ein virtuelles Tischtennisspiel. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 38 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1973 Ölkrise 1974 Watergate-Affäre Die erste und bisher folgenreichste Ölkrise beginnt im Herbst 1973, als die Organisation der erdölexportierenden Länder bewusst die Fördermengen drosseln um den Preis für Erdöl zu erhöhen. Dieses Ereignis geht auch unter dem Namen "Ölembargo" in die Geschichte ein. Die angesprochene Drosselung der Fördermengen ist Kalkül und politisches Druckmittel der OPEC-Staaten, die mit der Politik einiger erdölimportierender Staaten nicht einverstanden sind. Gravierende „Missbräuche von Regierungsvollmachten, während der Amtszeit des republikanischen USPräsidenten Richard Nixon zwischen 1969 und 1974. Deren Offenlegung ab Juni 1972 führt Verfassungskonflikt, der mit dem Rücktritt Nixons endet. 1975 Trotz der amerikanischen Interventionen steht Indochina Ende des Vietnamkrieges ab diesem Zeitpunkt unter kommunistischer Kontrolle. 1977 Deutscher Herbst Die Zeit und die politische Atmosphäre in Westdeutschland im September und Oktober 1977, ist geprägt durch Anschläge der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion. Die Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers, die Entführung des Lufthansa-Flugzeugs "Landshut" und die Selbstmorde der inhaftierten führenden Mitglieder der ersten Generation der RAF stellen den Höhepunkt des deutschen Terrorismus dar. Die 1980er Jahre 1981 der erste PC kommt auf den Markt Der erste Personal Computer des Unternehmens IBM kommt auf den Markt. Apple hatte bereits 1977 den ersten industriell gefertigten Computer vorgestellt. Aids wird als Pandemie eingestuft 1984 Stillsetzung der Völklinger Hütte: Der letzte Hochofen wird abgestochen. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 39 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 1985 Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ erscheint. Bis heute wurde er in 46 Sprachen übersetzt und 2006 verfilmt. 1986 Bedienungsfehler und Mängel der Konstruktion des Reaktors lösen einen so genannten Super-GAU aus, das heißt einen Unfall, der die Möglichkeiten der eingesetzten Sicherheitstechnik überfordert. Große Mengen an radioaktiver Materie werden in die Luft geschleudert und verteilten sich hauptsächlich über die Region nordöstlich von Tschernobyl, sowie über viele Regionen Europas. Atomreaktor Katastrophe in Tschernobyl 1989 Fall der Berliner Mauer Nach mehr als 28 Jahren Bestand werden in der Nacht vom 9. auf den 10. November die Grenzen der DDR zur Bundesrepublik geöffnet. Die 1990er Jahre 1990 Wiedervereinigung Deutschlands Am 3. Oktober vollzieht sich die offizielle Deutsche Einheit. Das Internet wird für kommerzielle Zwecke nutzbar gemacht. 1991 zweiter Golfkrieg: 1991-1995 Zerfall Jugoslawiens 1994 Der Irak überfällt Kuwait. Alliierte Kräfte unter der Führung der USA befreien den Golfstaat. Der durch Unabhängigkeitserklärungen der Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina und der damit verbundenen Problematik der ethnischen Vielfalt in den neu gebildeten Nationalstaaten aufbrechende Balkankonflikt zieht eine Reihe von Bürgerkriegen nach sich. Die UNESCO erklärt die Völklinger Hütte zum Weltkulturerbe. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 40 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Völkermord in Ruanda Der Völkermord in Ruanda an den Tutsi und an gemäßigten Hutu beginnt in der Nacht vom 6. April zum 7. April 1994 und kostet innerhalb von nur 100 Tagen 500.000 bis 1 Million Menschenleben. Anlass ist der Konflikt zwischen der damaligen ruandischen Regierung und der Rebellenbewegung Ruandische Patriotische Front. Nach dem Ende der Apartheid wird Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt. 1996 Dolly, das erste geklonte Säugetier, wird geboren. Der letzte von Frankreichs 210 Atombombentests wird auf dem Moruroa-Atoll durchgeführt. 1997 Lady Diana stirbt Am 31. August 1997 kommt Lady Di bei einem Autounfall in Paris ums Leben. Die Unfallursache bleibt ist bis heute ungeklärt. Die Sonde Pathfinder landet am 4.Juli mit dem Geländewagen Sojourner auf dem Mars. 1998 Japan bringt den „Game Boy“ auf den Markt. „Karfreitagsabkommen“ Am 30. April wird das Friedensabkommen für Nordirland geschlossen, das „Karfreitagsabkommen“ (Good Friday Agreement). 1999 Die Anzahl der weltweit lebenden Menschen übersprang nach Berechnungen der UN erstmals die 6-MilliardenMarke. 11. August 1999 – an diesem Tag findet in Europa eine totale Sonnenfinsternis statt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 41 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 9. Unterrichtsvorschläge Fächerübergreifende Unterrichtsvorschläge für Deutsch, Bildende Kunst und Politik (gymnasiale Oberstufe) Unterrichtsvorschlag für das Fach Kunst (Oberstufe) Im Unterricht Thema: PopArt Da Mel Ramos einer der bekanntesten PopArt-Künstler ist, ist es wichtig zu klären, was man unter dieser Stilrichtung versteht. Dazu können weitere Vertreter wie Andy Warhol, Roy Lichtenstein oder Jasper Johns besprochen werden. Begleitend zu dieser Unterrichtseinheit sind im Lernpaket Informationen zu den genannten Künstlern aufgeführt, sowie eine kurze Erläuterung zur PopArt und ein PopArt-ABC, in dem die wichtigsten Begriffe zum Thema aufgeführt sind. Die theoretische Behandlung der Kunstrichtung kann durch eine praktische Arbeit ergänzt werden. Vorschläge Seriendrucke/Siebdruckverfahren Werbegrafiken In der Ausstellung Anhand der Exponate ist es möglich, die Merkmale der PopArt noch einmal nachzuvollziehen oder den Besuch als Vorbereitung für den theoretischen Teil zu nutzen. Thema: Akt in der Kunstgeschichte Aktdarstellungen sind in der Kunstgeschichte ein oft gewähltes Sujet, welche auch Mel Ramos„ künstlerischen Schwerpunkt bilden. Anhand von Werken aus der Vergangenheit können Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Ramos„ Gemälden erarbeitet werden. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 42 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Mögliche Fragen: 1. Wie hoch ist der Ikonizitätsgrad? Licht/Schatten Stofflichkeit Proportionen 2. Wie hat sich die Rezeption solcher Darstellungen verändert? Als Beispiel könnte man an dieser Stelle Edouard Manets „Olympia“ (1863) anfügen, welches bei seiner ersten Präsentation einen Skandal auslöste. Skandale Akzeptanz Begeisterung Als Beispiele können unter anderem die Werke herangezogen werden, die im Kapitel Werkvergleich zu finden sind. In der Ausstellung Die im Unterricht erarbeiten Ergebnisse können in schriftlicher Form mit in die Ausstellung genommen werden und vergleichend zu Mel Ramos„ Arbeiten vorgestellt werden. Thema: Proportion Mel Ramos„ Pin-up-Girls zeichnen sich durch eine nahezu hyperrealistische Gestaltung aus. Dieser Eindruck wird unter anderem durch deren Proportionen erweckt. Mit Hilfe von Fotos oder einer Gliederpuppe kann das korrekte Wiedergeben von Körperrelationen geübt werden. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 43 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Thema: Werkvergleich Innerhalb der Kunstgeschichte ist häufig zu beobachten, dass sich Künstler durch ihre Werke gegenseitig inspirieren. Auch Mel Ramos adaptierte im Rahmen seiner Laufbahn Arbeiten von alten Meistern, aber auch von Malern aus dem 20.Jahrhundert. Hier bietet es sich an, das Original und die Adaption von Ramos einander gegenüber zu stellen. Da ein Werkvergleich formalen Kriterien unterliegt, können diese zur Vorbereitung besprochen werden. Vorschläge für den Werkvergleich: 1. Jean-Auguste-Dominique Ingres: La Grande Odalisque, 1814 Mel Ramos: Plenti-Grand Odalisque, 1973 http://www.artchive.com/artchive/I/ingres/ingres_gr and_odalisque.jpg.html Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 44 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 2. Jacques- Louis David: Amor & Psyche, 1817 Mel Ramos: David‟s Duo, 1973 http://www.kzu.ch/fach/as/gallerie/myth/goetter/a phrodite/aphr41.htm Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 45 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 3. Francis Picabia: Portrait d‟une jeune fille américaine dans l‟état de nudité, 1915 Mel Ramos: A.C. Annie, 1971 http://www.dadart.com/dadaism/dada/ 011-dada-francis-picabia.html Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 46 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 4. Amedeo Modigliani: Nu assis (Sitzender Akt), 1917 Mel Ramos: You Get More Salami With Modigliani #7, 1977 http://www.moreeuw.com/histoireart/biographie-amedeomodigliani.htm#peintures-modigliani Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 47 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 5. Willem de Kooning: Woman I, 1950-1952 Mel Ramos:I Still Get a Thrill When I See Bill #1, 1977 http://www.moma.org/collection/object .php?object_id=79810 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 48 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Thema: Werbung Seine Commercial Pin-ups verhalfen ihm zum Durchbruch als Künstler. Dabei setzt Ramos attraktive Frauen mit überdimensionierten Konsumgütern in Szene, wodurch eine gewisse Ironisierung der Werbeindustrie erreicht wird. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, eine Plakatwerbung oder Werbeanzeige in einer Zeitschrift zu analysieren. Mögliche Fragen: 1. Um welches Produkt handelt es sich? Kosmetik Auto Bekleidung 2. Welche Zielgruppe wird angesprochen? Frauen Männer Erwachsene Jugendliche Kinder 3. Wie ist das Plakat/die Anzeige gestaltet? Motiv Farbigkeit Slogan Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 49 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Unterrichtsvorschlag für das Fach Politik (Oberstufe) Thema: Die Rolle der Frau Kritiker behaupten, Mel Ramos reduziere eine Frau auf ihr Äußeres, so dass sie lediglich als Lustobjekt angesehen wird. Sie unterliegen einer stereotypen Darstellung, die klar die physischen Reize in den Vordergrund stellt. Als Diskussionsgrundlage kann folgendes Zitat verwendet werden: […] Meine Arbeit sollte Der menschliche Körper ist ein potentes und fruchtbares Arbeitsfeld, aber es gibt nur wenige Möglichkeiten, ihn unkonventionell darzustellen, und im Laufe der Kunstgeschichte ist ihm seine Vertrautheit zum Fluch geworden. Was ich versucht habe, ist diese Kastration rückgängig zu machen. (aus: Rosenblum, Robert: Mel Ramos. PopArt Images, Köln 1997, S. 72) In der Ausstellung Bei diesem Thema ist es sinnvoll, sich die Werke vor Ort anzuschauen. Die nachstehend aufgeführten Arbeiten dienen als Beispiele Monterey Jackie, 1965 Miss Fruit Salad, 1990 Stella Strellson, 2007 Thema: Historische und gesellschaftliche Ereignisse von den 1960ern bis in die 1990er Jahre. Hier kann die im Lernpaket enthaltene Zeitleiste den Ausgangspunkt bilden, um Themen auszusuchen. Mögliche Themen: Bürgerrechtsbewegung in den USA Ölkrise Fall der Berliner Mauer Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 50 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Unterrichtsvorschlag für das Fach Deutsch (Oberstufe) Thema: Antike Sagen und Mythen Leda und Zeus– ein griechischer Mythos, mit dem sich Mel Ramos auf verschiedene Art und Weise in seinen Gemälden beschäftigt hat. Im Rahmen des Deutschunterrichtes kann die Sage besprochen werden. Leda und Zeus Diese Sage handelt von Leda, die laut griechischer Mythologie, die Tochter des ätolischen Königs Thestios und Eurythemis war. Die Geschichte von Zeus und Leda ist in zwei Versionen überliefert. Die erste besagt, dass sich Zeus nicht in Leda, sondern in die Rachegöttin Nemesis verliebt habe. Um den Nachstellungen des Liebhabers zu entkommen, verwandelte sie sich in vielerlei Tiere, zuletzt in eine Gans. Sogleich war Zeus in Gestalt eines schönen Schwanes zur Stelle, verführte und schwängerte sie. Doch auch ihr Mann Tyndareos schlief in dieser Nacht mit ihr. Leda gebar alsdann zwei Eier mit vier Kindern - von Zeus Helena und Polydeukes (lateinisch Pollux), von Tyndareos Klytaimnestra und Kastor. Helena und Polydeukes waren dadurch unsterblich, letztere dagegen sterblich. In einigen Versionen ist es nur Helena, die aus einem Ei schlüpft, in anderen werden sie, Kastor und Polydeukes aus demselben Ei geboren. Eine andere Version besagt, dass das göttliche Ei von der Rachegöttin Nemesis Leda untergeschoben wurde, da sie dem spartanischen Königsgeschlecht feindlich gesinnt war. Somit wäre Leda nur die Milchmutter der Helena gewesen. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 51 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Thema: Comics Besonders in der Anfangszeit seiner künstlerischen Laufbahn beschäftigte sich Ramos mit den Helden seiner Kindheit und brachte Comicfiguren wie Superman, Wonder Woman oder The Flash auf Leinwand. Die Gattung Comic kann im Unterricht besprochen werden. Darüber hinaus ist es denkbar, einzelne Comichefte miteinander zu vergleichen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Um dieser Unterrichtseinheit einen aktuellen Bezug zu geben, ist es denkbar die Frage zu stellen, wer die Helden unserer Zeit sind. Superman Phantom Lady Wonder Woman Green Lantern Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 52 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Captain Midnight Batman Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 53 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 10. Quellentexte Mel Ramos. Lebenslauf/Werklauf von Maria Espinosa und Otto Letze „Und die Antwort lautete stets: nein“, sagt Mel Ramos zur der sich selbst wohl täglich gestellten Frage, ob überhaupt irgendein anderes Sujet ihn so sehr faszinieren könnte wie die Frauen. Frauen, Heldinnen, Modeköniginnen, Schauspielerinnen, Musen. Frauen, leicht angezogen, nackt, Frauenköpfe, Frauenbüsten. Frauen verewigt der kalifornische Künstler Mel Ramos in seinem Werk von seinen Anfängen bis heute. Und keine Wende ist in Sicht. Melvin John Ramos wurde am 24. Juli 1935 als Sohn eines Rennfahrers portugiesischer Abstammung in Sacramento, Kalifornien, geboren. Dort verbrachte er auch den größten Teil seiner Jugend. Die Faszination für die Kunst spürt er bereits im Alter von elf Jahren: „1946, ich war damals elf, durfte ich meinen Vater und seine Freunde auf die Jagd begleiten. […] Auf unserem Lagerplatz – er hieß ›Two Back Tuttle‟s Place‹ – vertrieb mir einer der Jagdfreunde meines Vaters abends die Zeit damit, stilisierte Zeichnungen von Insekten für mich anzufertigen, die er als ›Läuse‹ bezeichnete. Das war meine erste ernsthafte Begegnung mit der Kunst. Ich erinnere mich noch, dass ich mächtig beeindruckt war, mit welcher Leichtigkeit er diese Lebewesen aufs Papier warf, und dass ich Stunden damit zubrachte, diese Geschöpfe zu kopieren.“ Die nächste künstlerische Erfahrung dürfte seine Begegnung mit Salvador Dalís Werk „Weiche Konstruktion mit gekochten Bohnen (Vorahnung des Bürgerkriegs)“ von 1936 gewesen sein. Dieses Werk des großen Meisters des Surrealismus sah Ramos mit fünfzehn oder sechszehn Jahren und war so fasziniert, dass er daraufhin beschloss, selbst Künstler zu werden. Bereits in der Highschool begann er, erste eigene künstlerische Erfahrungen zu sammeln. In dieser Zeit gestaltete er Plakate, beispielsweise für das Basketballteam seiner Schule. Er entwarf ebenfalls Teile des Logos seiner Schule, der C. K. McClatchy High School. Diese Tätigkeit als „Grafiker“ sollte ihn fortan begleiten: Schriften sind ein immer wiederkehrendes Element in seinem Werk. Sein typografisches Wissen hatte er sich zum großen Teil autodidaktisch angeeignet, er belegte später aber auch Kurse in grafischer Gestaltung. 1954 begann er sein Studium der Kunst und Kunstgeschichte am Sacramento Junior College. Anschließend studierte er am Sacramento State College bei dem Professor und Künstler Wayne Thiebaud. Anders als die meisten seiner Kollegen vermittelte dieser seinen Studenten nicht den Stil des Abstrakten Expressionismus. Vielmehr war er einer der prominentesten Vertreter der „Bay Area Figurative School“. Thiebaud war für die Konzeption und die Umsetzung der Gestaltung für die jährlich stattfindende Ausstellung in der „California State Fair Exposition“ zuständig, und Ramos assistierte ihm zusammen mit Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 54 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig anderen Studenten über mehrere Sommer hinweg bei den Vorbereitungen und dem Aufbau der Schauen. Die künstlerische Sprache Dalís sowie Thiebauds mit der Bay Area Figurative School, aber auch der Abstrakte Expressionismus waren die wesentlichen Einflüsse in Ramos‟ früher künstlerischer Entwicklung. […] Ramos‟ erste Gemälde kristallisieren sich aus der Auseinandersetzung mit den Stilen beider Schulen heraus. Die 1957 entstandenen Werke stellen einzelne Figuren mehr oder weniger abstrakt vor einem räumlich nicht genauer definierbaren Hintergrund dar, mit dem die Figur zu verschmelzen scheint. Aus diesen ersten Beiträgen zur Kunst nahm er die Figur und die Pastosität der Farbe für seine weitere kreative Reise mit und löste sich allmählich von bereits bestehenden Stilen und Techniken. Präzision und Klarheit sollten sich allmählich zu seinen technischen Qualitäten entwickeln. 1955, kaum 20-jährig und noch mitten im Studium, hatte er seine Jugendliebe, die Künstlerin Leta geheiratet. Diese sein Leben prägende Zielstrebigkeit bewirkte, dass er bereits 1957 erste Lehrtätigkeiten an der Elk Grove High School übernahm; 1958 schloss er sein Studium ab. Von 1967 bis 1998 lehrte er an der California State University in Hayward und finanzierte damit seine künstlerischen Aktivitäten. Von seinen ersten Werken bis heute bleibt die Faszination für die menschliche, überwiegend die weibliche Figur ungebrochen. Ende der 1950er-Jahre malt er den menschlichen Körper bewusst im Stil des ebenfalls aus Oakland stammenden Künstlers Nathan Oliveira, der ebenfalls der Bay Area Figurative School angehörte. Später sind es gemalte weibliche Akte, ebenso bewusst im Stil des großen Meisters des Abstrakten Expressionismus Willem de Kooning gehalten. Eigene Elemente wurden freilich integriert und ließen schon damals Bestandteile dessen, was sein eigener Stil werden sollte, erkennen: farbenprächtige, peinlichst genau wiedergegebene weibliche Körper. Charakteristisch für diese früheren Werke waren die dick aufgetragenen Ölfarben sowie der grobe Pinselstrich. Mel Ramos blieb wie viele der anderen kalifornischen Künstler den traditionellen Maltechniken der Westküste eng verbunden. 1961 fand in seiner Bildmetaphorik eine Wende statt: „Ich beschloss, nicht die Menschen zu malen, die ich kannte, sondern Menschen, mit denen ich groß geworden war und die ich bewunderte.“ Die Sujets seiner Arbeiten aus den frühen 1960er-Jahren entnahm Ramos den Bilderwelten von Comicheften. Er beschäftigte sich mit den Alltagsmythen dieser Zeit. Bereits seine frühen Gemälde zelebrieren die Idole seiner Kindheit: Superman, Hawkman oder Captain Midnight. Diese Auseinandersetzung mit dem Medium Comic war in der Kunstwelt nicht neu. Seit dem ersten Erscheinen von Comics Ende des 19. Jahrhunderts gab es zahlreiche Interaktionen mit der Welt der Kunst. Zu Ramos‟ Zeit befasste sich der PopArtMaler Roy Lichtenstein damit. Mel Ramos‟ erstes Motiv war Superman. So zog er seinen Figuren ein blaues Kostüm an, ähnlich demjenigen, das Clark Kent in Superman verwandelt. Die Motive aus den Comics verliehen seinem Werk Leichtigkeit und Heiterkeit, womit er sich Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 55 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig auch von der Bay Area Figurative School und dem Abstrakten Expressionismus distanzierte und neue bildnerische Dimensionen ansteuerte. Er verfeinerte allmählich seinen Stil, die Figur wurde stets plastischer und genauer in der Ausführung. Porträts und Ganzkörperhelden – mitten in einer Bewegung verewigt – ließen seine Bilder wie Comicszenen in Öl aussehen. Parallel zu dieser „Menschwerdung“ der Figur wurde Ramos‟ Farbpalette greller und reiner. Die Cartoon-Serie von 1962 bis 1964 führte zu seinem Durchbruch als PopArt-Künstler und beinhaltete bereits die ersten Motive, die ihn für den Rest seines künstlerischen Lebens bis heute beschäftigen sollten: Frauen, damals noch in der Form von Heldinnen oder „Wonder Women“, feminine amerikanische Wunderwaffen: „Wonder Woman, Phantom Lady, Camilla, Sheena, Königin des Dschungels – ich wollte alle meine Lieblingshelden und Heldinnen aus den Comicbüchern malen, die ich als Jugendlicher so geliebt hatte!“ . Seine Heldinnen besaßen nicht nur übermenschliche Kräfte, sondern auch deutliche physische Reize. Ramos schöpfte zusätzliche Inspiration aus der Pin-up-Fotografie und übertrug Gesichtszüge und Körper verschiedener Modelle auf seine Heldinnen. Phantom Lady 2007 Jacquard Wandteppich 173 x 132 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Wenn er zuvor seine einsamen Figuren mit einem blauen Superman-Anzug bekleidet hatte, so entkleidete er nun die lasziven Wonder Women. Von Bedeutung in dieser Schaffensphase waren Fotografien und Postkarten von Earl Moran und Zoë Mozert. Auch George Petty, der von 1933 bis 1941 die Pin-ups für die Zeitschrift Esquire zeichnete, und Alberto Vargas, der ihm 1941 bis 1946 folgte und auch den „Playboy“ belieferte, inspirierten Ramos. Ihr Verdienst war es gewesen, die Pin-up-Zeichnung in die Massenmedien der USA integriert und ihnen somit eine weithin anerkannte Geltung verschafft zu haben. […] Bereits in seinen Anfängen bezog sich der aufmerksame Medienbeobachter Ramos auf die Fotografie und Illustrationszeichnung, was sich in der Genauigkeit und Klarheit seines Œuvres niederschlägt. Jedem Gemälde gehen etliche Skizzen und Zeichnungen voraus. Schon seine Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 56 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Inspirationsquellen sind von der erotischen Aufladung gekennzeichnet, welche Ramos‟ Arbeit von den Comicheldinnen des Frühwerks bis heute ununterbrochen prägt. […] Nach den Comicmotiven war seine Ehefrau Leta eines seiner ersten Modelle. Die Comicheldinnen verwandelten sich in Warenheldinnen. Sie wurden freizügiger, erotischer und frecher. Sie versuchten nicht mehr die Welt zu retten, sondern sie zu verkaufen. Ramos wendete sich Mitte der 1960er-Jahre fast ausschließlich dieser Darstellungen weiblicher Einzelfiguren zu. […] In dieser Zeit entstand auch die Serie „Wolf Calls“. Sie zeigt lebensechte Porträts vor dem Hintergrund großer Buchstaben, welche die Bildunterschrift bilden. […]Typografische Elemente hatte Ramos bereits bei seinen „Wonder Women“ eingesetzt. Nun fanden sie bei den ersten Pin-up-Girls in Zusammenhang mit Obst und Gemüse erneut Verwendung. Für die darauffolgende Serie, die sogenannten „Peek-A-Boo“, ließ sich Ramos von den erotischen Bildern des Mutoskops inspirieren. Das Mutoskop ist ein Gerät zur Vorführung bewegter Bilder – ähnlich einem Daumenkino. Ramos übersetzte diese technische Erfindung in die Malerei, indem er das Bild als voyeuristischen Blick durch die dunkle Silhouette eines Schlüssellochs konzipierte. Der Betrachter kann sich so unbeobachtet und in aller Ruhe an einer nackten oder leicht bekleideten Frau sattsehen. Gerade im Begriff sich zu entkleiden oder in einer sexy Stellung verharrend, blickt die junge Heldin ihrem unsichtbaren Beobachter fröhlich und ohne Scham entgegen. Mit diesen Bildern werden die Farben greller und die Figuren „fleischiger“, was für einen besonders starken Kontrast zum schwarzen Rahmen des Schlüssellochs sorgt. Eine weitere Serie aus den 1960er-Jahren zeigte sich durch die Welt der Mode inspiriert. Die 1938 in die USA ausgewanderte österreichische Modeikone Rudi Gernreich ist der Impulsgeber. Seine provokativen und bahnbrechenden Designs freizügiger Frauenmode machten aus ihm einen der einflussreichsten Modeschöpfer des 20. Jahrhunderts. Auch Ramos war von ihm fasziniert. In vielen seiner Werke aus den Jahren 1965 und 1966 bezog er sich auf Entwürfe des revolutionären Modemachers, so zum Beispiel auf den „Monokini“ oder die Unisex-Mode, welche die amerikanische Gesellschaft in den 1960er-Jahren erschütterten. […] Weitere Modekreationen entnahm er den Kollektionen von Emanuel Ungaro oder André Courrèges. […] Der Künstler präsentiert nun die ausgezogenen Pin-up-Girls zusammen mit Alltagsprodukten aus der amerikanischen Konsumgesellschaft der 1950er- und 1960er-Jahre wie Zahnpasta oder Erfrischungsgetränke mit den „erotischen“ Vorbildern der Zeit, welche er den oben genannten Zeitschriften entnahm. Bereits in diesen frühen Arbeiten Mitte der 1960er-Jahre wagte er es, die Körper der Frauen mit „berühmten Häuptern“ zu bestücken, wie zum Beispiel den Köpfen von Elizabeth Taylor oder Ursula Andress. Die Idee von verführerischen Frauenfiguren, die für Produkte, Themen oder Aktivitäten werben, gibt es seit Jahrhunderten. Bereits 1491 wirbt ein Holzschnitt für die belgische Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 57 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Ausgabe des Buches „Histoire de la belle Melusine“ von Jean d‟Arras. Dieses illustrierte Plakat zeigt Melusine, die halb nackte Hauptfigur des Buches, beim Baden. Der Sex-Appeal der Frauen scheint sich auf das Produkt zu übertragen– so zumindest die Hoffnung der Werber – und suggeriert, dass das Buch unterhaltsame und anregende Stunden garantiert. An dieser Werbestrategie hat sich im Laufe der Geschichte nichts geändert. Vantage 1971 Öl auf Leinwand 152 x 127 cm Privatsammlung Die erotisch aufgeladene Werbebotschaft birgt bis heute das Versprechen, dass der SexAppeal auf das Produkt und in der Folge auf den Käufer überspringt. Die Überdimensionierung der beworbenen Markenprodukte verschafft Ramos‟ Bildern eine ironische Komponente und irritiert unsere Sehgewohnheiten. Durch die verhältnismäßig kleine weibliche Figur neben dem überdimensionalen Produkt wird die ursprüngliche Werbebotschaft in die Dimension des Absurden verschoben. Seine Bilder sind nicht zwingend als Kritik an der Konsumgesellschaft zu verstehen; vielmehr scheint er ihre werberischen Mechanismen mit Gelassenheit und Humor zu begleiten. 1964 bis 1971 waren Mel Ramos Bilder von provozierenden Frauengestalten bevölkert, die höchst erotisch mit Tieren interagieren: „The Animal Paintings“. Solche Darstellungen sind bereits in der Antike zu finden, wie der Künstler sehr wohl weiß, denn er schöpft nicht nur für diese Serie aus dem Fundus der Kunstgeschichte. Der wolllustige Satyr mit den Nymphen, Leda mit Zeus in Gestalt eines Schwanes, aber auch King Kong mit einer zarten Blonden sind immer wiederkehrende Verkörperungen jenes mythischen Topos, den Ramos in die Bildsprache der modernen Gesellschaft übersetzt. […] Mit dem weiblichen Akt bedient sich Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 58 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Ramos eines der beliebtesten Motive nicht nur der Werbung, sondern auch der Kunst. Dies gilt auch für die Künstler der PopArt-Bewegung. Doch Ramos‟ Darstellungen unterscheiden sich wesentlich von denen anderer PopArt-Künstler: Weder instrumentalisierte er den weiblichen Akt noch reduzierte er die Frau auf ihre Sexualität. Seine Frauen wirken selbstbewusst und menschlich, im Einklang mit dem präsentierten Produkt oder Gegenstand sowie mit sich selbst. Ihrem Blick kann man eine gewisse Ironie über die dargestellte Situation ablesen. Dies gilt auch für seine Tierdarstellungen. Ob schmuckvoll zu Markenwaren drapiert oder lustvoll auf Tieren reitend, bewahren Ramos‟ weibliche Figuren stets eine graziös anmutende Körperhaltung, die an die Akte der klassischen Meister der Kunstgeschichte erinnert. Gleichwohl wird er für seine Vorliebe für das Nackte nicht nur von Feministinnen kritisiert. Seine makellosen Frauendarstellungen werden oft als ordinäre Übersteigerungen und sexistische Idealisierungen denunziert. Seine erotisch aufgeladenen Bilder provozieren den Geschmackskonsens des normalen Kunstkonsumenten noch heute, obschon Ramos lediglich eines der ältesten Motive der Kunstgeschichte neu belebt: den weiblichen Akt. Wie seine großen Vorbilder thematisiert er die Sinnlichkeit des Körpers, die Anmutung und Haltung der Modelle übernimmt er häufig direkt von den Vorbildern. Aller Widerrede zum Trotz bedient Ramos letztendlich in aller Großzügigkeit die geheimen Wünsche unserer visuellen Konsumkultur. Seit Ramos nach den ersten Werkserien seinen verfeinerten plastischen Malstil erreicht hat, hat sich seine malerische Vorgehensweise kaum geändert. Der Arbeitsprozess ist, wie er einmal sagte, von seinen „schlechten Augen“ bestimmt. Aufgrund eines Sehfehlers hat er Schwierigkeiten mit der Fokussierung beim Wechsel zwischen Nah und Fern. Um solche Fokussierungsprobleme zu umgehen, arbeitet er für gewöhnlich auf der Basis von Fotografien, die er selbst anfertigt, in Lifestylemagazinen findet oder in jüngerer Zeit im Computer zu den angedachten Szenen oder Motiven komponiert. Wenn er mit Modellen arbeitet, fotografiert er diese in den von ihm vorgegebenen Posen. Seine Gemälde sind durchdacht und genauestens inszeniert. Fotomaterial und mittlerweile auch Computerentwürfe bilden schließlich die Basis für die darauffolgenden kreativen Schritte: Er fertigt Entwürfe und Zeichnungen an, anhand derer die Gemälde entstehen. Ramos malt ganz nah an der Leinwand. Er arbeitet sogar mit einem Vergrößerungsglas, um jeden Millimeter der Oberfläche peinlichst genau zu bearbeiten. Die Anwendung der Fotografie als Vorlage für das gemalte Werk stellt ihn in die Nähe der Fotorealisten, welche die Fotografie ebenfalls als Basis ihres Schaffens betrachten. Allerdings sind Fotografien für Ramos nicht unantastbar und unabdingbar. Er kombiniert oder verändert sie, um die von ihm angestrebte Inszenierung zu erzielen. Sein Umgang mit Farbe, die er mit Emotionen auflädt und nicht selten extrem intensiviert, distanziert ihn zusätzlich vom Fotorealismus. Ab und zu, wenn es das Motiv erfordert, engagiert er professionelle Modelle oder Studenten, wie zum Beispiel für die Serie zu Amedeo Modiglianis Gemälden, „You Get More Salami with Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 59 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Modigliani“ aus den 1970er-Jahren. Die Figur der Modelle kombiniert er mit bekannten Gesichtern aus der Medienwelt, aber auch mit den Gesichtszügen seiner Ehefrau oder anderer Vorlagen. […]“Was meine Kunst ausmacht, ist, dass Kunst aus Kunst entsteht. Das ist das Wesentliche, und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um anspruchsvolle Kunst, primitive Kunst, populäre Kunst oder was auch immer handelt.“ Wie bereits erwähnt erinnern Ramos‟ weibliche Figuren in ihren graziös anmutenden Haltungen an die Ikonografie der Aktmalerei der klassischen westlichen Kunst. 1972 begann er mit seiner Serie „A Salute to Art History“. In diesem Bilderzyklus ehrt der Künstler alle Vorbilder und Quellen seiner Inspiration, insbesondere die französischen Meister des 18. und 19. Jahrhunderts. Mel Ramos imitiert den Stil von Künstlern wie Jean-Auguste-Dominique Ingres oder Édouard Manet nicht, er übersetzt die Gemälde dieser und anderer Meister in seinen eigenen Stil und in seine eigene Zeit. Der Künstler selbst beschreibt diesen Vorgang als „das Saubermachen der Porträts“: Die Bilder sind die gleichen, er habe ausschließlich die kunsthistorische Patina entfernt. In der Tat erweisen sich die Gemälde beim genaueren Betrachten als nicht identisch mit den Vorbildern, sie haben nicht nur ein »Update« erfahren. Ramos tauscht auch Attribute aus oder fügt andere hinzu. Die Farben entsprechen der Künstlichkeit der PopArt und Ramos‟ eigener Farbpalette. Obwohl die kalifornischen Schönheiten in den Olymp der Mythen und göttlichen Wesen enthoben worden sind, zieren Bikinistreifen ihre Haut, was ihnen eine „irdische Patina“ verleiht. […]Mel Ramos‟ Künstlervorbilder stammen nicht nur aus vergangenen Jahrhunderten. Ein konkretes Beispiel stellt die Auseinandersetzung mit seinem Beinahe-Zeitgenossen Willem de Kooning dar. Mitte der 1970er-Jahre befasste sich Mel Ramos in seinem Zyklus „I Still Get a Thrill When I See Bill“mit de Koonings „Women“-Serie aus den 1950er-Jahren. I Still Get a Thrill When I See Bill 1977 Zeichnung und Fotografie auf Papier 98,5 x 75,5 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 60 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Erneut stellte Ramos unter Beweis, wie unbekümmert er sich aus dem unerschöpflichen Fundus der Kunstgeschichte großzügig bedienen und mit fantasievollen Verknüpfungen unterschiedlichster Stilrichtungen einzigartige Kreationen auf die Leinwand bringen kann. Ramos übernimmt die aggressive Kraft der spontanen Linienführung von de Kooning, ziert die so entstandenen, geradezu monströsen Frauenbilder allerdings mit perfekt naturgetreu gemalten Köpfen. Der Körper wirkt wie ein Kokon, ja fast wie eine Ritterrüstung, deren Bestimmung die Verhüllung dieses zierlich wirkenden Frauenkopfes ist. Ein weiterer Bildzyklus aus den 1970er-Jahren verbindet ihn mit einem anderen einmaligen Künstler. In der Serie „You Get More Salami with Modigliani“ verfuhr Ramos mit Amedeo Modiglianis Werken ähnlich wie mit denen de Koonings. In den 1980er-Jahren begab sich Ramos auf für ihn noch unerforschte Terrains: Selbstporträts und überraschenderweise Landschaften – überwiegend kalifornische – füllen nun seine Leinwände. In der Serie „The Four Seasons“ erfolgt die geografische Situierung ausschließlich anhand eines Hauptmerkmals der Region. […] In den 1980er- und 1990er-Jahren wendete sich Ramos auf verschiedenen Wegen der Zeichnung zu. In den 1980er-Jahren stellte er das Modell in den Mittelpunkt. Der Frauenakt war nach wie vor Vorwand für die Bildkomposition. Doch der Betrachter von Ramos-Akten dieser jüngeren Periode genießt nicht nur den Blick auf einen perfekt vollendeten Frauenakt; ihm wird vielmehr auch der kreative Schaffensprozess des Werkes veranschaulicht. In der Serie „The Artist‟s Studio“ (1980er-Jahre) übernimmt die Gattung Zeichnung eine wesentliche Rolle. Weibliche Figuren posieren neben abstrakt stilisierten Zeichnungen ihrer selbst. Mit dieser Serie würdigte Mel Ramos die Gattung Zeichnung, die oft nur als Vorbereitungsmittel für Gemälde angesehen wird, und unterstreicht ihre Eigenwertigkeit. […]Nicht zufällig wählte Ramos die Meister Matisse und Picasso für die zeichnerischen Zitate in den Gemälden, denn diese beiden Maler haben im 20. Jahrhundert intensiv den Topos des Malers und seines Modells in ihrem Werk reflektiert. Der Schaffensprozess wird nicht nur durch die Präsenz der Zeichnung im Gemälde gewürdigt, sondern auch durch die Präsenz gemalter, nicht gezeichneter Arbeitsgeräte von Malern wie zum Beispiel von Staffeleien, Pinseln und Farbtuben. Dadurch wird zudem die Ahnung eines Arbeitsraumes geweckt: „The Artist‟s Studio“. Dies ist ebenfalls eine Besonderheit der so benannten Serie, denn selten spielt die Räumlichkeit eine solch bedeutende Rolle für den kalifornischen Künstler. Darüber hinaus wird nicht die gemalte Figur dem Betrachter präsentiert, sondern ihr Spiegelbild. Diese Einrahmung der Figur durch den Spiegel lässt sie wie ein vollendetes Bild erscheinen und verleiht dadurch dem Topos des Bildes im Bild, der Vergegenwärtigung des Schaffensprozesses, eine weitere Dimension. Darüber hinaus demonstriert der Künstler mittels der Spiegelung des Bildes im Bild und der damit einhergehenden Multiplizität des Betrachtungswinkels sein herausragendes technisches Vermögen. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 61 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Heidi Heinz 2009 Bemaltes Harz 43 x 43 x 90 cm Galerie Patrice Trigano, Paris In seinem Zyklus „Unfinished Paintings“ aus den 1990er-Jahren thematisiert Ramos abermals den Topos des Schaffensprozesses. Die in klassischen Posen dargestellten, halb gemalten und halb gezeichneten weiblichen Figuren erwecken den Eindruck, das Bild sei noch nicht fertig. […] Den endgültigen Schritt zur Würdigung der Gattung Zeichnung vollzog Ramos dann in den 1990er-Jahren mit dem Bildzyklus „Drawing Lesson“. Hier wird die Bildfläche fast ausschließlich von der Zeichnung und dem posierenden Modell in Beschlag genommen. Thematisch steht die Auseinandersetzung mit dem Modell erneut im Mittelpunkt: […]Ebenfalls in den 1990er-Jahren entstand die Serie „The Lost Paintings of 1965“. Dabei handelt es sich um Überarbeitungen von Themen und Stilen aus vergangenen Arbeitsphasen. Es sind, anders als die Bezeichnung der Serie nahelegt, keine neuen Interpretationen bereits existierender Werke, sondern nie verwirklichte Gemälde, die auf früheren Zeichnungen und Entwürfen basieren. […] In den letzten Jahren hat Ramos einige Exkurse in die Bildhauerei unternommen. Seine auf Zigarren reitenden Amazonen erinnern an phallische Amulette der römischen Antike, so wie sie unter anderem in Pompeji gefunden wurden. Allerdings scheinen sich Ramos‟ Heldinnen in der Glattheit der Zweidimensionalität einer Leinwand wohler zu fühlen. Auch hier beschäftigt er sich hinsichtlich des Sujets mit Vorbildern aus der antiken Plastik. Seit dem Jahr 2000 stellt der Künstler mit der Serie „The Transfiguration of Galatea“ die griechische Mythologie in den Mittelpunkt. […] Wie bereits erwähnt ist das Zurückgreifen auf Themen und Motive früherer Jahre programmatisch für Ramos‟ Werk, wie die Serie „The Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 62 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Lost Paintings of 1965“ bezeugt. Darüber hinaus taucht ab Ende der 1970er-Jahre zum Beispiel das Comicthema seiner Anfangsjahre wieder auf. In diesen letzten Jahren beschäftigt sich Ramos immer wieder mit vergangenen Werken, versucht außerdem diese in für ihn neue Medien wie die schon erwähnten Skulpturarbeiten oder Emailleplatten zu übertragen. Seine aktuellste Serie – entstanden zwischen 2008 und 2009 – übernimmt nicht nur die Gesichtszüge bekannter Hollywoodschauspielerinnen, sondern spricht zum ersten Mal direkt eine seiner Inspirationsquellen explizit an: Hollywood, dessen neun überdimensionale in den Berg gestellte Buchstaben – das weltweit bekannte Markenzeichen für die Scheinwelt des Films – in Ramos‟ neuer Serie mit seinen weiblichen Ikonen präsentiert werden. Mit welchen Werken der unermüdliche Künstler uns in der Zukunft noch überraschen wird vermögen wir nicht zu erahnen, humorvoll, ironisch und höchstwahrscheinlich mit weiblichen Wesen bestückt werden sie in jedem Fall sein. Und keine Wende ist in Sicht. Auszüge aus dem Katalog: Maria Espinosa/Otto Letze: Mel Ramos. Lebenslauf/Werklauf, in: Otto Letze/Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig (Hg.):Mel Ramos. 50 Jahre PopArt, Edition Völklinger Hütte, Ostfildern 2007 Stella Strellson 2007 Öl auf Leinwand 95 x 64,5 cm Strellson AG, Kreuzlingen Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 63 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Girls, Candies, and the Art- die Welt von Mel Ramos von Klaus Honnef Da er sein ästhetisches Repertoire zuweilen aus den Medien der populären Bildwelten bezog, findet sich Mel Ramos in der einschlägigen Literatur meist unter dem Stichwort der PopArt wieder. Gleichwohl zeugt sein stilistisches Konzept, gemessen an den Werken, die so bedeutende Künstler wie Andy Warhol, Roy Lichtenstein, James Rosenquist oder Tom Wesselmann realisiert haben, von tendenziellen und auch prinzipiellen Unterschieden. Denn anders als den genuinen PopArt-Künstlern („Hardcore Pop Artists“) kam es Ramos nie darauf an, die Zeichen und Produkte der kommerziellen Massenmedien ins Feld der Kunst zu spielen und sie ästhetisch aufzuwerten. Während Warhol die Fotografien der Massenmedien durch ständige Wiederholungen in moderne Bildikonen verwandelte, Lichtenstein die visuelle Sprache der populären Comiczeichner aufblies und vereinfachte, Rosenquist Details aus Reklamebildern zu gewaltigen Montagen verschmolz und Wesselmann das kosmetische Frauenbild der Amerikaner zugleich ver- und enthüllte, indem er es auf Kontur und symptomatische Signalreize reduzierte, verwendete Ramos ausgewählte Elemente der industriell fabrizierten Idiome allein im Sinne traditioneller Verfahren der Kunst. Mit signifikanten Variationen der erkorenen Vor-Bilder verlieh er seinen Gemälden und Papierarbeiten eine eigenständige, kunstimmanente Gestalt. Die Bilder, die er malt und zeichnet, orientieren sich an den überlieferten Kriterien der Kunst stärker als an der ausgesprochenen und unausgesprochenen Absicht der PopArt, die Kluft zwischen Kunst und Realität einzuebnen. Performative Künste wie Happening und Fluxus haben dieser Tendenz den Boden bereitet. Als Warhol im Kielwasser Marcel Duchamps handelsübliche Kartons für das Waschmittel Brillo vom Warenhaus in eine Kunstgalerie verpflanzte, öffnete er den Horizont der Kunst für einfache Gebrauchsgegenstände, für die Dinge der Alltagskultur. Im Gegensatz zu dem Franzosen Duchamp, den der Protest gegen eine bürgerliche Kultur antrieb, die seiner Meinung nach in den Materialschlachten des Ersten Weltkriegs untergegangen und nur als falscher Schein übrig geblieben war, liegt dem Amerikaner Ramos jeder Gedanke an Provokation fern. Ihm gelang durch seine Aktion vielmehr die Aufhebung eines eingewurzelten Widerspruchs der autonomen Kunst. Einerseits gab er seiner Faszination der industriellen Alltagskultur Ausdruck, zugleich bekräftigte er die unverminderte Definitionsmacht der durch Museen und Galerien institutionalisierten Kunst. Denn im Warenhaus wären die Kartons nicht als sie selbst, als formale Gegenstände wahrgenommen worden, sondern als Verpackungsmaterial; nur in den Räumen der Kunst war der Perspektivwechsel möglich. Es ist überflüssig, festzustellen, dass Warhols Waschmittelkartons täuschend echt nachgeahmt und aus Holz gefertigt waren. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 64 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Chic 1965 Öl auf Leinwand 41 x 36 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos So eng die nachgerade legendär gewordenen Gemälde von Ramos im kalifornischen Windschatten der PopArt auch dem Design der Werbemaschinerie verwandt erscheinen, weil sie adrette Pin-up-Girls mit geläufigen Nahrungs- und Genussmitteln verbinden – mit der einschlägigen Reklame haben sie allenfalls die äußere Prägung gemein, außerdem die gesellschaftlichen Bedingungen, innerhalb derer sich beide Bildformen entfalten. Was sie deutlich trennt, ist die Ebene der Reflexion. Ein Vergleich liefert den Beweis. So haben sich in den Bildern von Ramos die Proportionen erheblich verschoben: Eine Colaflasche hat die Größe eines Pin-up-Girls; ein anderes hockt auf einem Hamburger. Die Produkte wirken monströs. Die Pin-up-Girls werben nicht für sie, entwickeln allenfalls ein spielerischironisches Verhältnis zu ihnen, was der Werbung eher abträglich ist, sie nutzen sie als Mittel, sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Außerdem gesellen sich zu den halb oder vollständig nackten weiblichen Körpern anstelle der Konsumgüter alsbald Tiere wie Seelöwen oder Vögel. Sie verleihen den Bildern einen Zug ins Mythische. Und schließlich werden die sterilen Schönen mitunter durch Blenden und überdimensionale Schlüssellöcher beobachtet. Doch die Girls wissen, dass sie beobachtet werden. Die Blenden und Schlüssellöcher dienen als Rahmen und simulieren den indiskreten Blick nur. Es dauerte einige Zeit, bis Mel Ramos Distanz zu den Motiven seiner Bilder gewonnen und die ästhetische Fähigkeit erworben hatte, aus dem Vorgefundenen eine eigenständige Bildwelt zu entwerfen, die über das Offensichtliche hinauswies. Noch anno »1962 und 1963 malte er die Super-Helden und -Heldinnen der Comic-Books, ›Batman‹, ›Crime Buster‹ und ›Glory Forbes-Vigilante‹, wobei es seine erklärte Absicht war, diese ohne Einschränkung zu verherrlichen«, schrieb Nancy Marmer in einer frühen Analyse seines Werkes. Anders aber Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 65 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig als der Bezug Lichtensteins oder gar Warhols zu den Comics war seiner persönlicher, intensiver, weniger geschäftsmäßig. In der Manier seiner Malerei dokumentierte sich dies. Ramos hatte sich für einen pastosen Malauftrag entschieden, gegen eine anonyme Herstellungstechnik, wie sie Lichtensteins Malerei kennzeichnet. Und die Spuren seines Pinselstrichs bekunden sichtbar ein subjektives Moment. Darin manifestiert sich alles andere als der Wunsch, eine Maschine zu sein (Andy Warhol). Ramos‟ Art zu malen ist von der künstlerischen Auffassung des New Yorker Pop weit entfernt. Sie ist eher der Haltung eines Naturalisten verwandt, der die Gegenstände seiner Neigung getreulich abbildet, ohne seine Sicht maltechnisch zu bagatellisieren. […] Als sich der Künstler im Jahr 1963 von den Comics ab- und dem neuen Topos der Pin-up-Girls zuwandte, trat der surrealistische Aspekt in den Hintergrund. Seither demonstriert Ramos in unaufhörlich variierten Folgen die mehr oder minder standardisierten Modelle der Vorzeigemädchen in unterschiedlichen Posen. Die zunächst von kommerziellen Zeichnern entworfenen Bilder und später die fotografierten Modelle haben ihren Namen daher, dass sie in einer frauenlosen Gesellschaft, der Welt männlicher Soldaten, auf die Türen der Spinde gepinnt wurden. Die Abbildungen mit akzentuierten weiblichen Geschlechtsmerkmalen, namentlich Busen und Po – bis in die 1980er-Jahre unter peinlichster Aussparung der Schampartie –, beschwören Männerfantasien. Hollywoodstars wie Betty Grable, noch im züchtigen Badekostüm, stellten die Vorbilder im Zweiten Weltkrieg; Schauspielerinnen wie Marilyn Monroe begannen damit ihre Karrieren. Ramos holte seine Inspirationen zunächst aus den Comics, die ebenfalls häufig von vollbusigen Frauenfiguren bevölkert wurden, und den grellen Kinoplakaten, danach aus dem „Playboy“ und sonstigen Sexmagazinen. Nicht nur in den USA leitete der „Playboy“ eine veränderte Haltung zum Thema Sex ein. Von einer sexuellen Befreiung ist indes nicht mehr die Rede. Obwohl Mel Ramos in den ersten seiner gemalten Pin-up-Bilder noch nicht auf den dickflüssigen Farbauftrag verzichtete, muten seine Arbeiten kühler an als die gedruckten, quasinaturalistischen Urbilder mit ihrem unverblümten Lustappell. Auch er inszenierte seine Modelle spärlich bekleidet und alsbald völlig nackt in verlockenden Haltungen, kühlte ihre Intensität jedoch ab, indem er sie meistens im Bildzentrum ansiedelte, streng vertikal und mit der Konsequenz einer symmetrischen Bildstruktur: ein Prozess der distanzierenden Ästhetisierung. Darüber hinaus schaffte er Abstand durch die Zwischenschaltung von Kreisblenden und Schlüssellochumrissen. Dadurch ergibt sich eine Pendelbewegung zwischen dem Objekt der Schaulust, dem Pin-up-Girl, und der Sehlust selber, die sich sozusagen vergegenständlicht und als voyeuristischer Akt begegnet. Allmählich verdünnte und glättete er zudem die Oberflächen der Bilder und fügte als zusätzliches Verfremdungsmittel wohlfeile Konsumgüter wie Käsepäckchen, Zahnpastatuben und Flaschen mit Tomatensauce hinzu. Nicht auf einem einladenden Bett, sondern auf der silbernen Folie eines Schmelzkäses aus der Fabrik räkelt sich der herausfordernde Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 66 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Rückenakt in „Val Veeta“ (1965), mit einem vielsagenden Blick aus den Augenwinkeln auf die Betrachter. The Drawing Lesson #4 1989 Öl auf Leinwand 182 x 136 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Kein Zweifel, die Bilder des Künstlers sind ambivalent. […] Entscheidender jedoch ist, dass Ramos offenbar keine wirklichen Modelle zum Gegenstand seiner Bilder macht, sondern kommerzielle Zeichnungen oder Fotografien. Doch selbst wenn seine Modelle echt sein sollten oder gar sind, wie die durchaus differenzierten Ausdrucksformen der Gesichter signalisieren (könnten), ähneln seine Bilder viel stärker massenmedial verbreiteten Wunschbildern als porträtähnlichen Darstellungen. […] Verdanken sich die gezeichneten Bilder in den Magazinen der individuellen Hand eines Zeichners, führen sich die fotografierten auf die Inszenierungskünste eines Fotografen zurück. Ramos‟ Bilder positionieren sich irgendwo dazwischen, ohne fixierten Ort. Ihr schillernder Charakter ist programmatisch. Eine vergleichbare Aufgabe erfüllt die Kontur. Sie ist von unregelmäßiger Dichte. Manchmal verdickt sie sich zu einem winzigen Schattenriss. Dementsprechend plastisch heben sich die ausgeformten Körper der Pin-up-Modelle von den flachen, mitunter auch leicht wolkigen Farbfonds ab. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn die Konturen verankern die Modelle auch in der Fläche. Sie nehmen zwischen Volumen und Bildfläche eine vermittelnde Funktion wahr und absorbieren die mögliche Ausdehnung in einen imaginären Raum. Spannung entsteht an den Grenzen von Körpern und Fond: ein Flimmern, eine Reibung, die daran erinnert, dass auch die körperlichen Volumina in der Malerei als illusionäre Gebilde tatsächlich der Fläche angehören. […] In späteren Gemälden fällt die Kontur meist zugunsten einer kräftigeren Binnenmodellierung der Körper weg. Vereinzelt blitzt sie noch als knappe Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 67 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Trennungslinie auf. Demgegenüber gliedert sich der vormals neutrale Bildgrund in eine Reihe hintereinander gestaffelter Scheinräume aus Spiegeln, Rahmen, Brüstungen und Gemälden. Die Modelle erscheinen nun wie vordem die Bilder des Künstlers, sie sind irgendwo dazwischen; zwischen den einzelnen Bildelementen. So hat die Kontur ihre formale Aufgabe als Verklammerungs- und Scheidungselement auch in diesen Bildern eingebüßt. In einer seit 1968 geschaffenen Werkgruppe von Gemälden und Papierarbeiten mit übermächtigen Tierfiguren changiert die Kontur noch ins weißlich Graue, bevor sie nach und nach völlig verschwindet. Augenscheinlich schlägt Ramos mit dem Aufmarsch der Seelöwen, Affen, Nashörner, Leoparden und Kängurus erneut die sur-realistische Seite seiner Kunst an. Die Tiere haben für eine Weile die Konsumartikel ersetzt. […] Einigen der wohl spektakulärsten Gemälden der Kunstgeschichte widmete Mel Ramos eine Anzahl seiner beziehungsreichsten und deshalb provokantesten Bilder; es sind Gemälde, die durch Reproduktionen bekannter geworden sind als vermöge individueller Anschauung – wie zum Beispiel Jean-Auguste-Dominique Ingres‟ „Die große Odaliske“ (1814) oder Edouard Manets „Olympia“ (1863). Zwar veränderte Ramos an der Grundstruktur der Kompositionen, ihrem Schema, nichts Wesentliches. Dennoch weichen seine Variationen beträchtlich vom Original ab. Sie betreffen die Farbe, die Malweise und zahlreiche figürliche Details. […] Besitzen die Gemälde der Altmeister Glanz, obgleich nicht im selben Maße, stattete Ramos seine Bilder mit Glamour aus. Glamour bedeutet in der Übersetzung zwar das Gleiche wie Glanz, bezeichnet aber einen kulturellen Wandel in der Qualität der visuellen Anmutung von der Moderne hin zur Spätmoderne in Richtung einer stärkeren Veräußerlichung. […] Spätestens seit Ramos‟ beziehungsreichen Paraphrasen der Kunstgeschichte – neben den erwähnten Künstlern wären noch Peter Paul Rubens e tutti quanti zu nennen – geschieht in seiner Kunst das Gegenteil einer Nobilitierung des Trivialen: nämlich eine subversive Trivialisierung der hohen, oder präziser: der hegemonialen Museumskunst, die ihrerseits durch tausendfache Reproduktion in Büchern und Bildkarten trivialisiert worden ist. Mel Ramos schlägt keine längst ausgefochtenen ästhetischen Schlachten. Er unterhöhlt stattdessen die falschen, idealisierenden Vorstellungen der Kunst. Nachbemerkung: Dieser Essay ist die überarbeitete Fassung eines ausführlichen Aufsatzes, den der Autor im Katalog der ersten europäischen Solo-Schau des Künstlers außerhalb der privaten Galeriensphäre verfasst hat. »Eine Analyse des malerischen Werks von Mel Ramos von Klaus Honnef«, in: Mel Ramos, Ausst.-Kat. Gegenverkehr Aachen, Zentrum für aktuelle Kunst, Aachen 1969. Auszüge aus dem Katalogtext: Klaus Honnef: Girls, Candies, and the Art. Die Welt von Mel Ramos, in: Otto Letze/ Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig (Hg.):Mel Ramos. 50 Jahre PopArt, Edition Völklinger Hütte, Ostfildern 2007 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 68 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 11. Zitate Als ich mit fünfzehn, sechzehn zum ersten Mal eine Reproduktion eines Gemäldes von Salvador Dali sah, stand für mich fest, dass ich Künstler werden wollte. Mel Ramos Mein Schaffen ist zweifelsohne vom Surrealismus geprägt. Mel Ramos Einmal wollte jemand wissen, ob ich bei den Comichelden eine bestimmte Arbeitsmethode hätte. Da ging mir durch den Kopf, dass Homer die Götter besungen hat, aber erfunden hat er sie nicht, ebensowenig wie die Allegorien, in denen sie beschrieben sind. Er spürte die Bedeutung dieser mythischen Figuren, gab seinem Material eine sinnvolle Ordnung und bot es überzeugend dar. Ich denke mir, das ist auch meine Methode. Mel Ramos Ich interessiere mich sehr für die Kunstgeschichte, und sie ist die wichtigste Triebfeder meiner Arbeit. Mel Ramos Meine Themen haben mit Kunstklischees zu tun, den symbolhaften Verweisen, denen man in der Kunstgeschichte immer wieder begegnet. Mel Ramos Wenn man nach Inspirationen für ein Bild sucht, dann gibt es keine bessere Quelle als die Kunstgeschichte. Ich habe ein paar alte Bilder gereinigt. Die Bilder sind geblieben, aber ich habe die kunsthistorische Patina entfernt. Mel Ramos Mir ist es wichtig, solche Dinge zu benutzen, die in der Gesellschaft bereits zu Klischees geworden sind und die jeder sofort erkennt. Mel Ramos Mein Interesse gilt seit jeher der Malerei als Malerei. Eine Konstante meiner Arbeiten ist, dass man die Tatsache, dass es sich um eine gemalte Oberfläche handelt, niemals aus den Augen verlieren darf. Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 69 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig An Cézannes Aquarellen bewundere ich die Ideen; aber an Winslow Homer bewundere ich die technische Virtuosität. Die Beherrschung des Mediums hat Vorrang vor der Idee. Als Marshall McLuhan verkündete, dass „das Medium die Botschaft ist“, war ich als Maler ungeheuer erleichtert. Mel Ramos Mein Interesse galt dem Bodensatz, dem, was von der visuellen Explosion der Reklame übrigblieb, der Art und Weise, wie dieser Bodensatz unser Denken beeinflusste. Mel Ramos Meine Arbeiten sind eng mit der Werbegrafik verwandt, denn sie durchbrechen intellektuelle Posen und machen eine direkte Aussage. Mel Ramos Das Fleisch ist geradezu übertrieben fleischlich gemalt. Die Farben sind wirklich beißend, reines Kadmiumgelb, reines Kadmiumorange und so weiter. Und an den Rändern arbeite ich viel mit Überstrahlung. Mel Ramos Ich schaue gern. Mel Ramos Alles wird Kunst sein, und nichts wird Kunst sein, weil alles, wie ich glaube, schön ist. Andy Warhol Warenhäuser werden zu Museen, Museen werden zu Warenhäusern. Andy Warhol […] Du kannst Fernsehwerbung für Coca Cola sehen und du weißt, daß der Präsident Coke trinkt, daß Liz Taylor Coke trinkt und, denk‟ nur – auch du kannst Coke trinken. Coke ist Coke, und keine Summe Geld kann dir ein besseres Coke verschaffen als das, das der Penner an der Ecke trinkt. Jedes Coke ist gut. Liz Taylor weiß es, der Präsident weiß es und du weißt es. Andy Warhol Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 70 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Ich möchte eine Maschine sein. Andy Warhol Pop Art ist gewiss eines der Dinge, von denen ich glaube, dass sie zu den frechsten und erschreckendsten Charakteristika unserer Kultur gehören, Dinge, die wir hassen, die aber doch einen starken Einfluss auf uns haben. Roy Lichtenstein Die Welt ist draußen, Pop Art schaut hinaus in die Welt. Roy Lichtenstein Kunst soll etwas anderes tun als im Museum auf dem Hintern zu sitzen. Claes Oldenburg Ich bin für die Kunst verlorener oder weggeworfener Dinge… Ich bin für Kunst, die man raucht wie eine Zigarette… Ich bin für Kunst, die wie eine Fahne flattert. Claes Oldenburg In der Pop Art wird Kitsch erlöst und in einen neuen Zustand ästhetischer Erhabenheit versetzt. Umberto Eco Untitled Study (Shark Attack) 1961 Bleistift auf Papier 24 x 18 cm Sammlung Familie Leta und Mel Ramos Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 71 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 12. PopArt-ABC Abstrakter Expressionismus Bay Area Figurative Movement Als Abstrakten Expressionismus bezeichnet man eine aus Nordamerika stammende Kunstrichtung, die sich in den späten 1940 Jahren entwickelte. Innerhalb dieses Stils gibt es zwei Strömungen. Zum einen gibt es die Variante mit einer dynamischen Pinselführung zu arbeiten, zum anderen die Farbfeldmalerei. Einer der Hauptvertreter ist Jackson Pollock. Auch bekannt als Bay Area Figurative School. Es war eine Gruppe von Künstlern der San Francisco Bay Area, die sich in den 1950er und 1960er Jahren gegen den vorherrschenden Stil des Abstrakten Expressionismus wandte und die Rückkehr zum Figurativen proklamierten. Comic Strips Sie waren die wichtigste Inspirationsquelle für die Werke des Künstlers Roy Lichtensteins (siehe auch L). Er vergrößerte die Vorlagen aus Comic-Heften und übersetzte sie in seinen Arbeiten in eine Rasterstruktur aus farbigen Punkten. Dose Dosen werden häufig in Zusammenhang mit der Kunst von Andy Warhol gebracht, der 1968 Suppendosen der Firma Campell als Kunstwerk inszenierte. Environment Dieser englische Begriff steht für eine Ausdrucksform der Aktionskunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es besteht aus einer Anordnung verschiedener Gegenstände und Materialien im Raum. Der Betrachter wird unmittelbar in das Kunstwerk miteinbezogen. Fotorealismus Gegen Ende der 1960er Jahre entstand diese Kunstrichtung in den USA. Die Künstler bedienten sich einer fotografischen Vorlage, die sie in naturalistischer Weise reproduzierten. Gegenstand Der Gegenstand in der PopArt ist meist von trivialer Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 72 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Natur, dem Alltag, Comics oder der Werbung entnommen. Happening Als Happening bezeichnet man avantgardistische provokative Kunstveranstaltungen ab Ende der 1950er Jahre in Fortführung dadaistischer und surrealistischer Inszenierungen. Das Publikum ist Teil der vom Künstler erdachten Aktion. Independant Group 1952 wurde die Gruppe um den Kunstkritiker Lawrence Alloway in Großbritannien gegründet, die durch die Einbeziehung von Alltagsgegenständen in ihre Kunstwerke bahnbrechend war für die Durchsetzung der PopArt. Jasper Johns (*1930) Er ist zusammen mit Robert Rauschenberg (siehe auch R) der Wegbereiter der PopArt in den Vereinigten Staaten. Bekannt wurde Johns durch seine Serien von amerikanischen Flaggen und Zielscheiben. Konsum Die Welt des Konsums lieferte den PopArt Künstlern ihre Bildmotive. Gegenstände wie Colaflaschen, Suppendosen und Hamburger wurden zur Kunst erhoben. Roy Lichtenstein (19231997) Neben Andy Warhol ist er einer der wichtigsten Vertreter der PopArt. Lichtenstein greift für seine Arbeiten vor allem auf Zeitungsannoncen und Comic Hefte (siehe auch C) zurück. Er übertrug die Vorlagen in einer Rasterstruktur auf große Formate. Kurze, oft ironisierende Texte in Sprechblasen begleiten die Darstellungen. Medien Sie bilden eine entscheidende Inspirationsquelle für alle PopArt Künstler. Egal ob Zeitungsbericht, Werbeplakat oder Comic Heft. Die Künstler übernahmen die Motive und entwickelten sie in ihren Arbeiten weiter. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 73 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Nouveau Réalisme Der 1960 in Europa begründete Realismusbegriff basiert auf den Ideen des Dadaismus. Künstler wie Yves Klein und Jean Tinguely schufen Werke in die sie Gegenstände der Alltagswelt einbrachten. Original Im 20. Jahrhundert stellen die Künstler die Idee des originalen, einzigartigen Kunstwerkes und damit auch ihre eigene Rolle als Kunstproduzent radikal in Frage. Marcel Duchamp deklarierte industriell gefertigte Gebrauchsgegenstände als Kunstwerk und stellte sie aus. Auch Andy Warhol anonymisierte den Arbeitsprozess seiner Kunstwerke, in dem er sie in seiner „Factory“ seriell von Mitarbeitern herstellen ließ. Prominente Andy Warhol (siehe auch W) bediente sich prominenter Idole aus Politik, Film und Musik wie z.B. Marilyn Monroe, Elvis Presley, Elizabeth Taylor und Mao Tse Tung als Motive für seine Kunstwerke. Robert Rauschenberg (*1925) Er schuf 1953 eine neue Bildgattung: die Combinepaintings, in denen freistehende Objekte aus der Alltagswelt mit der Malerei kombiniert wurden. Hierdurch versachlichte Rauschenberg die ungegenständliche Malerei und wurde damit zum Vorreiter für die PopArt. Siebdruck Druckverfahren bei dem die Druckfarbe durch ein feinmaschiges Sieb aus Textil- oder Kunstfasern bzw. ein Drahtgeflecht gedrückt wird. Typische Technik für die Werke Andy Warhols (siehe auch W), die den plakativen Charakter seiner Arbeiten steigerte und den Stellenwert des Originals (siehe auch O) in Frage stellte. Vietnamkrieg Der Vietnamkrieg (auch Zweiter Indochinakrieg oder Amerikanischer Krieg) bezeichnet die letzte, besonders verlustreiche Etappe in einem dreißigjährigen bewaffneten Konflikt, der 1946 mit dem Widerstand der Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 74 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig vietnamesischen Kommunisten und anderer Gruppierungen gegen die französische Kolonialmacht begonnen hatte. 1950 erhielt Frankreich finanzielle und materielle Hilfe von den Vereinigten Staaten, die auch Truppen ins Land sendeten. Ab 1955 begann der Guerillakrieg der Vietcong gegen die Amerikaner. Aufgrund der aussichtslosen Lage den Krieg zu gewinnen und den unmenschlichen Kampfmethoden der amerikanischen Armee wurde die Kritik an der Beteiligung der USA immer lauter. Viele amerikanische Künstler verurteilten den Krieg. Andy Warhol (1928-1987) Andy Warhol war der führende Vertreter der PopArt. Für seine Werke vergrößerte er Details aus der Werbung und anderen Medien, reproduzierte sie in Variationen und reihte sie nebeneinander (siehe auch D). Seit 1962 entstanden die meisten seiner Werke in der „Factory“, seiner Wohn- und Arbeitsstätte, durch eine Vielzahl von Assistenten. Chiquita Banana 2008 Bemaltes Harz 110 x 110 x 170 cm Galerie Patrice Trigano, Paris Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 75 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 13. Katalog zur Ausstellung Otto Letze /Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig (Hg.) Mel Ramos. 50 Jahre PopArt Edition Völklinger Hütte, Ostfildern 2007 280 Seiten, 150 Farbabbildungen, Sonderpreis: 19,80€ 14. Literatur Literatur zu PopArt Cécile Whiting Pop L.A.: art and the city in the 1960s Berkely 2006 Karl Ruhrberg/Manfred Schneckenburger/Christian Fricke/Klaus Honnef Ingo F. Walther(Hg.) Kunst des 20. Jahrhunderts, Band I und II Köln 2005 Mark Francis Pop London 2005 Walter Grasskamp (Hg.) Was ist Pop? Zehn Versuche Frankfurt am Main 2004 Clare Oliver 1960-80: experiments an new direction: from Op and Pop Art to Super-Realism, Minimalism and Conceptual Art Milwaukee 2001 David McCarthy Kunst basics pop art Ostfildern 2001 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 76 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Tilman Osterwold Pop Art Köln 1999 Marco Livingstone (Hg.) Pop Art München 1992 Jürgen Jacob Die Entwicklung der Pop Art in England. Von ihren Anfängen bis 1957 Frankfurt am Main 1986 José Pierre DuMont‟s kleines Lexikon der Pop Art Köln 1978 Literatur zu Mel Ramos Thomas Levy/Alexander Sairally (Hg.) Mel und Leta Ramos im Atelier, 1967 ©Archiv Mel Ramos 100+. Zeichnungen von Mel Ramos Bielefeld/Leipzig/Berlin 2010 Galerie Ernst Hilger Mel Ramos Wien 2009 Marcel Strouk Galerie Rive Gauche: Mel Ramos Paris 2009 Thomas Levy Mel Ramos I Love Women Bielefeld 2007 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 77 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig National Portrait Gallery, London Pop Art Portraits. 11.10.2007-20.01.2008 Katalog London 2007 Donald Kuspit/Louis K. Meisel Mel Ramos. Pop Art Fantasies. The Complete Paintings New York 2004 Thomas Levy (Hg.) Heroines, Goddesses, Beauty Queens Bielefeld 2002 Walter Guadagnini Mel Ramos Modena 1999 Louis K. Meisel Gallery Mel Ramos. The Heroines of 1962-64 New York 1991 Aaron Miller (Hg.) Mel Ramos. The Artist‟s Studio. 1986-1989 Katalog New York 1989 Elizabeth Claridge The Girls of Mel Ramos Chicago 1975 Gegenverkehr, Aachen. Zentrum für aktuelle Kunst Mel Ramos. 23.10.-22.11.1969 Katalog 7/69 Aachen 1969 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 78 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Literatur zu weiteren PopArt Künstlern Andy Warhol Mark Francis(Hg.) Andy Warhol: Photographs, films, videos, books, interviews München 2004 Heiner Bastian (Hg.) Andy Warhol : Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie Berlin Berlin 2001 Roy Lichtenstein Avis Berman/Bob Adelman/Eckhard Schneider (Hg.) Roy Lichtenstein : Klassik des Neuen, Kunsthaus Bregenz Köln 2005 Wieland Schmied (Hg.) Roy Lichtenstein Kestner-Gesellschaft Hannover Ausstellungskatalog Hannover 1968 Jasper Johns Stephanie Barron/Lynn Zelevansky Jasper Johns to Jeff Koons : four decades of art from the Broad collections Los Angeles 2001 Georges Boudaille Jasper Johns Paris 1989 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Photo Ring 1962 21 x 24 cm Louis K. Meisel Gallery, New York Seite 79 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig 15. Links Links zu Mel Ramos Die offizielle Website von Mel Ramos http://www.melramos.net/ Kurzbiographie http://www.ramos-mel.de/ ausführliche Biographie http://www.villastuck.de/ausstellungen/2010/ramos/bio.htm Links zu Andy Warhol Das Andy Warhol Museum Pittsburgh http://www.warhol.org/ Burda Museum Baden Baden, Kurzbiographie http://www.bad-bad.de/burda-museum/warhol.htm Website zu Andy Warhols “Factory“ http://www.factorymade.org/ Links zu Jasper Johns Jasper Johns im Museum of Modern Art New York http://www.moma.org/exhibitions/1996/johns/ Biographie http://www.kettererkunst.de/kunst/kd/bio/JasperJohns-1930.php Links zu Roy Lichtenstein Die Roy Lichtenstein Foundation http://www.lichtensteinfoundation.org/ Biographie http://www.roy-lichtenstein.de/ Links zur PopArt http://de.wikipedia.org/wiki/Pop_Art http://ddragon.interratec.de/kunst/kpopar00.php Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 80 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Centre Pompidou, Abriss zur Pop Art auf englisch http://www.centrepompidou.fr/education/ressources/ENS-Object-EN/ENSobjet-EN.htm Links zu PopArt Filmen Internet Movie Data Base, dort können Filme von Andy Warhol runtergeladen werden http://german.imdb.com/name/nm0912238/ Peek-a-Boo II 2002 Lithographie auf Papier 80 x 58,5 cm Artoma Collection Hamburg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 81 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig Impressum Herausgegeben von Meinrad Maria Grewenig Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur © Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen Tel +49 (0) 6898 / 9 100 100 Fax +49 (0) 6898 / 9 100 111 [email protected] www.voelklinger-huette.org Konzept und Redaktion Frank Krämer Recherche Jeanette Wagner Aufsätze Otto Letze/Maria Espinosa: Mel Ramos. Lebenslauf/Werklauf Klaus Honnef: Girls, Candies, and the Art- die Welt von Mel Ramos Stand Dezember Juni 2011 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner Tel. 06898/9100-159, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 82