Botanical Garden, New York

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Botanical Garden, New York
Promos Erfahrungsbericht zum sechsmonatigen Aufenthalt am New
York Botanical Garden im Rahmen der Masterarbeit (2012/13)
1.Vorbereitung
Nachdem ich mit dem Betreuer meiner Masterarbeit in Bochum ein Projekt festgelegt hatte,
war es klar, dass ich dafür für ein paar Monate am New York Botanical Garden arbeiten
würde. Zwischen dem Lehrstuhl für Evolution und Biodiversität der Pflanzen der RUB und
dem Pfizer Plant Research Laboratory des New York Botanical Garden besteht seit längerem
eine Kooperation, durch die es mir ermöglicht wurde, dort den praktischen Teil meiner
Masterarbeit zu machen. Deshalb machte ich mich sofort an die Arbeit, um eine ausführliche
Vorhabensbeschreibung für die Promos-Bewerbung zu erstellen. Die Bewerbung ist relativ
umfangreich und man sollte schon ein paar Wochen Vorbereitungszeit dafür einplanen. Als
dann feststand, dass ich das Stipendium bekomme, musste ich mich um weitere Formalitäten
kümmern. Dazu gehörten der Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung, die
Beantragung eines Visums, die Wohnungssuche in New York und die Suche einer
Untermieterin für mein Studentenzimmer in Bochum. Das Visum sollte man so früh wie
möglich beantragen, da es gerade in den Sommermonaten einige Wochen dauern kann, bis
man einen Termin beim Konsulat in Frankfurt bekommt. Auf das Interview beim Konsulat
sollte man sich auch gut vorbereiten, alle wichtigen Unterlagen mitbringen und sich auch
schon überlegen, was man antwortet (was ist der Grund für den Aufenthalt, wie lange möchte
man in den USA bleiben, was hat man nach dem Aufenthalt vor etc.). Mein Interviewtermin
verlief unproblematisch und das Visum wurde mir ca. 3 Wochen vor Abreise per Post
zugeschickt. Die Wohnungssuche gestaltete sich sehr schwierig. Das lag zum einen daran,
dass es in New York City ohnehin nahezu unmöglich ist, eine bezahlbare Unterkunft zu
finden, und zum anderen schieden für mich alle Studentenwohnheime aus, da ich in den USA
an keiner Uni eingeschrieben war, sondern nur am New York Botanical Garden meine
Masterarbeit gemacht habe. Nach mehreren Wochen erfolgloser Suche über diverse
Internetseiten und Bekannte in den USA entschloss ich mich, eine Makleragentur zu
beauftragen, da ich nur noch 2 Wochen bis zur Abreise hatte. Das verursachte natürlich
zusätzliche Kosten, war aber die einzige Möglichkeit. Die Maklerin hatte genau ein Angebot,
das in Frage kam: ein WG-Zimmer in der Bronx mit U-Bahn-Anbindung zum Botanischen
Garten. Ich mietete das Zimmer für $ 680 pro Monat.
2. Unterkunft
Meine Unterkunft, ein Zimmer in einer 2er-WG, fand ich zu Anfang zum einen praktisch, da
die Wohnung komplett möbliert war und ich mich um die Einrichtung somit nicht kümmern
musste, zum anderen stellte sich jedoch bei meiner Ankunft heraus, dass die Wohnung nur auf
dem Papier eine 2er-WG war. Außer mir und meiner Mitbewohnerin wohnten dort außerdem
die Vermieterin und ihre Nichte. Da die Wohnung aber nur 2 Schlafzimmer hatte, schliefen
die beiden im Wohnzimmer hinter einem Vorhang. Diese Wohnsituation fand ich nicht
optimal, musste mich aber für die
kommenden 6 Monate damit abfinden,
da ich den Vertrag für 6 Monate
unterschrieben hatte. Obwohl die
Wohnung, genau wie der Botanische
Garten, in der Bronx liegt, brauchte ich
ca. 40 Minuten, um mit der U-Bahn
und zu Fuß zum Garten zu kommen.
Am Anfang hatte ich es in Betrachte
gezogen, mir ein Fahrrad zu kaufen
und damit zum Botanischen Garten zu
fahren, da das Monatsticket für die
Subway mit $104 auch nicht gerade Typisches Straßenbild in der Bronx
günstig ist. Davon nahm ich aber
schnell wieder Abstand, da es in der Bronx so gut wie keine Radwege gibt, es außerdem sehr
hügelig ist und wahrscheinlich lebensgefährlich gewesen wäre.
Die Gegend, in der ich wohnte, war sehr laut und sehr belebt. Auf den Straßen war immer viel
los und auch in der Wohnung hatte man nie seine Ruhe. Gerade zu Anfang fand ich es
besonders nervig, dass die meisten Leute nur Spanisch und kein Wort Englisch sprechen.
Sogar in den Supermärkten werden statt „cheese“ und „chicken“ „queso“ und „pollo“
verkauft. An der Wohnungstür klingelten oft Leute, die auf Spanisch wild auf mich einredeten
und mir irgendetwas verkaufen oder mich bekehren wollten, und auch nicht zu reden
aufhörten, als ich ihnen klarmachte, dass ich kein Wort verstand und die Tür zumachte. Die
ganze Situation war ersteinmal eine Art Kulturschock für mich, besonders, da ich zuvor schon
längere Zeit in den USA gelebt hatte und mit so etwas nicht gerechnet hatte. Allerdings hatte
ich mir die Bronx weitaus krimineller und gefährlicher vorgestellt. Sicherlich werden dort
mehr Menschen ausgeraubt und ermordet als anderswo, aber ich hatte in dieser Hinsicht
wirklich Glück, da mir nichts dergleichen passiert ist. Außerdem war ich, als Ende Oktober
Supersturm Sandy in New York wütete, doch ganz froh, in der Bronx zu wohnen, da der
Schaden dort vergleichsweise gering ausfiel und ich zu den Glücklichen gehörte, die keinen
Stromausfall hatten.
3. Studium an der Gasthochschule
Wie bereits zuvor angedeutet, war ich in New York an keiner Universität eingeschrieben,
sondern habe im Pfizer Plant Research Laboratory, welches sich im New York Botanical
Garden befindet, den praktischen Teil meiner Masterarbeit gemacht. Zum New York
Botanical Garden gehört mit ca. 7 Mio. Belegen eines der größten Herbarien der Welt. Diese
Tatsache war einer der Hauptgründe, für die Masterarbeit nach New York zu gehen, denn die
Herbarbelege waren die wesentliche Grundlage meiner molekularen Arbeiten. Weiterhin
ausschlaggebend war, dass mein Betreuer in New York einer der führenden Experten im
Bereich DNA-Barcoding ist, wodurch eine optimale Betreuung meiner Masterarbeit
gewährleistet wurde. Das Pfizer Plant Research Laboratory selbst wurde erst 2006 gebaut und
ist sehr modern eingerichtet und ausgestattet. Ich hatte meinen Arbeitsplatz im Großraumbüro
zwischen vielen Doktoranden. Durch den direkten Kontakt und ständigen Austausch erfuhr
ich viel über die Projekte der anderen Studenten und bekam auch einige gute Ratschläge für
meine Arbeit. Nachdem ich mich einige Wochen lang in die Thematik eingearbeitet hatte,
nahm ich an einem 3-tägigen Seminar über DNA-Barcoding teil, welches vor Ort von meinem
Betreuer angeboten wurde. Danach fing ich mit der Laborarbeit an. Da ich noch keine
praktische Erfahrung mit den Methoden hatte, wurden mir die Abläufe von Labormitarbeitern
gezeigt. Danach arbeitete ich dann selbständig. Mit meinem Betreuer vor Ort hielt ich
regelmäßig Rücksprache über Fortschritte und Probleme. Außerdem hatte ich regelmäßigen
Kontakt zu meinem Betreuer an der Heimathochschule in Bochum per Email und Skype.
Der New York Botanical Garden
Das Pfizer Plant Research Laboratory
Von September bis Dezember nahm ich zusätzlich zweimal wöchentlich an einem
Phytoinformatikkurs teil, der auch von meinem Betreuer abgehalten wurde. Darin erhielt ich
eine Einführung in die Programmiersprachen MySQL und PERL und lernte den Umgang mit
Programmen für molekulare Phylogenie.
Die Mittagspausen im Labor gestalteten sich etwas anders als zu Hause. Da es keine Mensa
oder Kantine gab, brachten sich die meisten Mitarbeiter ihr selbstgekochtes Essen mit und
wärmten es in der Mikrowelle auf. Hin und wieder bestellten wir auch alle zusammen etwas
beim Mexikaner um die Ecke.
4. Alltag und Freizeit
In New York sind die Freizeitmöglichkeiten nahezu unbegrenzt. Es gibt allein ca. 700 Museen
in der Stadt, die ich natürlich nicht alle, aber doch einige, besichtigt habe. Zu den Besten
gehören meiner Meinung nach Ellis Island, das Museum of Natural History und das
Metropolitan Museum of Arts. Neben Museumsbesuchen habe ich viel mit anderen Studenten
und Labormitarbeitern unternommen, z.B. gemeinsame Barbecues, Barabende, gemeinsames
Thanksgiving Dinner, Adventsparty etc. Zu Anfang bin ich am Wochenende immer wieder
nach Manhattan gefahren und einfach durch die Straßen gelaufen und habe jedes Mal wieder
die Hochhäuser und die verrückten Menschen bestaunt. Obwohl ich vorher schon zweimal in
New York gewesen war, konnte ich mich trotzdem nicht sattsehen. Dazu kommt, dass die
Bronx kein attraktives Freizeitangebot (eigentlich gar keins) hat. Es gibt weder
Sehenswürdigkeiten (außer natürlich den Botanischen Garten und den Bronx Zoo, der direkt
nebenan ist), noch nette Bars, Cafés oder Restaurants, in die man gehen könnte. Deshalb habe
ich die meisten Wochenenden in den
anderen New Yorker Stadtteilen
verbracht. Auch Brooklyn und
Queens sind zum Shoppen und
weggehen durchaus eine gute
Alternative zu Manhattan. Allerdings
dauert die Fahrt dorthin von der
Bronx aus länger.
Während der 6 Monate in New York
hatte ich auch viel Besuch (natürlich
will jeder gerne nach New York
kommen…), unter anderem von
meinen Eltern und einigen Freunden. Brooklyn Bridge und die Skyline von Manhattan
Weihnachten verbrachte ich mit
einem Teil meiner Familie in Florida, was vor allem durch die Wärme eine schöne
Abwechslung war. Von New York aus gibt es gute Busverbindungen in zahlreiche größere
Städte im Osten der USA, die teilweise sogar sehr günstig sind. Ich bin an einem Wochenende
z.B. nach Ohio gefahren, um dort Freunde zu besuchen. Allgemein kann einem in New York
eigentlich nie langweilig werden, da es einfach zu viel zu sehen gibt, und man nur raus auf die
Straße gehen muss, um jedes Mal wieder etwas neues zu entdecken.
5. Fazit
Insgesamt war der New York Aufenthalt in erster Linie eine große Bereicherung für meine
Masterarbeit. Ohne den Zugang zum Herbarium und die ausgezeichnete Betreuung vor Ort
hätte ich dieses Projekt nicht realisieren können. Ich habe eine Reihe neuer
molekularbiologischer Methoden gelernt, die sicherlich für die berufliche Zukunft bedeutsam
sein werden. Im Labor herrschte allgemein ein sehr angenehmes Arbeitsklima. Alle waren
sehr aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Ich konnte viele neue Kontakte knüpfen,
besonders auch mit internationalen Studenten aus Zentral- und Südamerika.
Die schlechteste Erfahrung war allgemein, sechs Monate in der Bronx zu wohnen, und die
spezielle Wohnsituation. Wenn ich nochmal nach New York käme, würde ich in einem
anderen Stadtteil wohnen wollen und dafür auch längeres Pendeln in Kauf nehmen.
New York ist eine Stadt, die niemals schläft, und in der es vieles zu entdecken gibt. Sie ist
allerdings auch ganz anders als jede andere amerikanische Stadt; viel internationaler und
europäischer. Wer die Gelegenheit hat, nach New York zu kommen, sollte sie auf jeden Fall
wahrnehmen!