Zur Umsatzsteuer von Vermittlungsprovisionen
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Zur Umsatzsteuer von Vermittlungsprovisionen
Management & Wissen Bericht BMVF aktuell Zur Umsatzsteuer von Vermittlungsprovisionen Von Hans-Ludger Sandkühler Am 10.12. 2008 hat der BFH ein Urteil zur Umsatzsteuer beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen und Versicherungen veröffentlicht, das in der Branche für Unruhe gesorgt hat. Hier die wichtigsten Informationen: Der BFH hatte zu beurteilen, ob die Zuführung, Betreuung, Schulung, Unterstützung und Überwachung nachgeordneter Vermittler beim Vertrieb von Gesellschaftsanteilen umsatzsteuerfrei ist. Der BFH verneinte dies mit der Begründung, dass das Umsatzsteuergesetz keine allgemeine Steuerbefreiung für alle Vertriebsleistungen enthalte, die dem Absatz von Finanzprodukten dienen, sondern nur die Vermittlung von Finanzdienstleistungen steuerfrei stelle. 82 Hans-Ludger Sandkühler ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF) e.V. Für AssCompact greift der Verband monatlich aktuelle Themen für Makler auf. hältnis besteht. Daher könnten auch Untervermittler ohne unmittelbare Beauftragung durch eine der Vertragsparteien umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen erbringen. Steuerfreiheit der Vermittlung Steuerpflicht für über die Vermittlung hinausgehende Vertriebstätigkeit allgemeiner Art Dabei sei nach der Rechtsprechung des EuGH unter Vermittlung die Tätigkeit einer Mittelsperson zu verstehen, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages über ein Finanzprodukt einnehme und deren Tätigkeit sich von den vereinbarten Leistungen der Vertragsparteien unterscheide. Zweck der Vermittlungstätigkeit sei, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse habe. Die Mittlertätigkeit könne darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Gemeinsames Merkmal dieser Vermittlungstätigkeiten sei der Bezug zu einzelnen Wertpapier- oder Anteilsumsätzen. Die Mittlertätigkeit müsse sich jeweils auf ein einzelnes Geschäft beziehen, das vermittelt werden soll. Eine über die Vermittlung von Einzelabschlüssen hinausgehende Vertriebstätigkeit allgemeiner Art sei dagegen nicht steuerfrei. Eine Vermittlung könne zwar in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfallen, die dann ihrerseits als Vermittlung steuerfrei sein können. Dies gelte jedoch nach der EuGH-Rechtsprechung nur, wenn es sich bei der einzelnen Leistung um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handele, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllt. Leistungen einer arbeitsteiligen Vermittlung seien daher nur steuerfrei, wenn der jeweilige Vermittler eine Mittlertätigkeit ausübt, die sich auf einzelne Geschäftsumsätze bezieht. Dies sei etwa der Fall, wenn ein Untervermittler verbindliche Vertragsangebote einzelner Interessenten einhole und diese an einen Hauptvermittler übermittle, der sie dann nach eigener Kontrolle an das Finanzinstitut weiterleite. Es sei aber nicht erforderlich, dass zwischen dem Vermittler und einer der Vertragsparteien ein Vertragsver- Eine weitergehende Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen AssCompact · Februar 2009 Bericht Nach den Feststellungen des Senats war die im zu entscheidenden Fall vom Kläger erbrachte Anwerbung, Schulung und Fortbildung sowie die Betreuung, Unterstützung, Überwachung, Koordination und Organisation der Regionaldirektoren und Anschlussvertreter das wesentliche und prägende Element seiner Tätigkeit, nicht aber die Teilnahme des Klägers bei Kundenveranstaltungen und beim Verkaufsgespräch mit Kunden. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers habe daher weder darin bestanden, dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen nachzuweisen noch mit Interessenten Kontakt aufzunehmen oder Verhandlungen zu führen. Einheitlicher Vermittlungsbegriff auch bei Versicherungen Der BFH führt in dem Urteil weiter aus, dass diese Überlegungen nicht nur beim Absatz von Finanzprodukten, sondern auch beim Vertrieb von Versicherungen gelten. In beiden Fällen handele es sich um eine Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen. In diesem Zusammenhang hatte der BFH bereits in einer früheren Entscheidung unter ausdrücklicher Aufgabe früherer Rechtsprechung entschieden, dass die Begriffe Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler bei der Frage nach der Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen nicht handelsrechtlich, sondern richtlinienkonform nach der sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie auszulegen seien. Insoweit zählen nach Ansicht des Senats Dienstleistungen wie z. B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provision der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Dienstleistungen seien deshalb auch nicht steuerfrei. Dies gelte insbesondere auch für die Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern. Diese Leistungen seien nur steuerfrei, wenn der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken könne. Dafür reiche es aus, dass die Möglichkeit bestehe, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen. Korrektur des BMF Bis hierhin entspricht der Inhalt des Urteils dem BMFSchreiben vom 09. 10. 2008. Nach der Ansicht des BMF sollte es sogar genügen, wenn der Unternehmer beim Einsatz von standardisierten Verträgen und Vorgänge durch einmalige (!) Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken könne. Dieser weitgehenden Erleichterung hat der BFH jetzt ausdrücklich eine Absage erteilt. Nach Ansicht des Senats handelt es sich insoweit um Leistungen, die im Schwerpunkt durch steuerpflichtige Leistungselemente geprägt seien. Abweichend von dem BMFSchreiben reiche die einmalige Prüfung und Genehmigung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen als steuerbefreiende Einwirkungsmöglichkeit nicht aus. Management & Wissen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, einem anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, bestehe nicht. So komme für vertriebsunterstützende Aufgaben wie etwa die Administration einer Vertriebsorganisation ohne Beteiligung an der konkreten einzelfallbezogenen Mittlertätigkeit eine Umsatzsteuerbefreiung nicht in Betracht, weil es sich dabei um eine über die Vermittlung hinausgehende allgemeine Vertriebstätigkeit handele, die von der Umsatzsteuerbefreiung nicht mehr erfasst werde. Dies gelte auch dann, wenn es sich bei der Tätigkeit um ein für die Bewirkung der steuerfreien Leistung unerlässliches Element handele. Abschließend stellt der BFH in seiner Entscheidung klar, dass sich die Steuerfreiheit der allgemeinen Vertriebstätigkeit auch nicht aus einer von Vermittlungserfolgen abhängigen Vergütungsregelung ergeben kann, wenn die dargestellten Voraussetzungen für eine Vermittlungstätigkeit nicht vorliegen. Es sei unerheblich, ob die Höhe des Entgelts für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen davon abhänge, in welchem Umfang die Untervermittler auch tatsächlich dauerhafte und bestandskräftige Verträge vermittelten. Fazit Grundsätzlich bleibt es wie bisher bei der Umsatzsteuerfreiheit von Vermittlungscourtagen und -provisionen. Auch der in der Praxis übliche Einsatz von Untervermittlern (Handelsvertretern) in Vermittlerbüros wird keine Umsatzsteuerpflicht zur Folge haben. In der Regel reichen Untervermittler Anträge auf Abschluss oder Änderung von Versicherungsverträgen bei einem Versicherungsmakler oder einem anderen Obervermittler ein. Dieser prüft und bearbeitet den Antrag und reicht ihn an den Versicherer weiter. In diesen Fällen ist den Voraussetzungen der Entscheidung des BFH genüge getan. Von der Entscheidung sind eher Strukturvertriebe und Pools betroffen, wenn und soweit sie selbst oder Untervermittler (auch) für die Administration der Vertriebsorganisation Provisionseinnahmen erzielen, ohne an der konkreten einzelfallbezogenen Mittlertätigkeit beteiligt zu sein. Diese Provisionseinnahmen bleiben nur steuerfrei, wenn gewährleistet wird, dass auf jeder Stufe der Vermittlungskette auch Vermittlungsleistungen erbracht werden. Das setzt voraus, dass auf jeder Stufe organisatorisch die Möglichkeit besteht, durch eine Einzelfallprüfung eines Vermittlungsvorgangs mittelbar auf eine der Vertragsparteien einzuwirken. Ob bei Vertriebsorganisationen mit hohem Administrationsanteil bloße Geschäftsanweisungen ausreichen werden, kann zurzeit noch nicht abgeschätzt werden. AssCompact · Februar 2009 83