BuB-Monatsbrief - Bankrecht und Bankpraxis

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BuB-Monatsbrief - Bankrecht und Bankpraxis
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Nr. 4 • April 2016
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines Bankrecht
BGH 29.1.2016
Kreditsicherheiten – Zahlung unter Nennwert – Grundschuld –
Zustimmung des Sicherungsgebers
2
BGH 19.1.2016
Kreditrecht – Sondertilgungsrechte – Berechnung
Vorfälligkeitsentschädigung 4
BGH 22.10.2015
Übertragung von Erbanteilen zu Bruchteilen – Auswirkungen
auf gemeinsames Nachlassgrundstück
6
GmbH-Recht – Mischeinlage
8
Insolvenzanfechtung – Teilzahlung Dritter auf Kredit mit Verzicht
auf Restforderung 9
Gesellschaftsrecht
OLG Celle 5.1.2016
Insolvenzrecht
BGH 28.1.2016
Internationales Prozessrecht
EuGH 13.5.2015
Impressum
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer anti-suits-Schiedssprüche
durch die Gerichte der Mitgliedstaaten im Rahmen der EuGVVO a.F.
11
7
Autoren: P. Berger • Dr. M. Brass • H. Dunker • Dr. S. Fackler • S. Herz • T. Kamm • M. Kaufmann • M. Kern •
Dr. S. Straßburger • A. Gelmroth • Dr. C. Wulfers
Allgemeines Bankrecht
Kreditsicherheiten – Zahlung unter Nennwert d. Grundschuld – Zustimmung des Sicherungsgebers zur Löschung
Zahlt der Ersteher des Grundstücks zur Ablösung einer in der Zwangs- oder Teilungsversteigerung bestehengebliebenen Grundschuld eine unter deren Nennbetrag liegende Summe, darf der Grundschuldgläubiger die Löschung der Grundschuld, die ihm in Höhe des
restlichen Nennbetrages weiterhin zusteht, ohne eine entsprechende Vereinbarung mit dem
Sicherungsgeber nicht bewilligen (Abgrenzung zu dem Urteil des Senats vom 04. Februar
2011 = BGHZ 188, 186 = WM 2011, 596 Rdn. 13).
(BGH, Urt. v. 29.1. 2016, Az.: V ZR 285/14, WM 2016, S. 452 ff.)
In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall hatte die seitens der ehemaligen Grundstückseigentümerin verklagte
Grundschuld­
gläubigerin die Zwangsversteigerung nicht aus ihren erstrangigen Grundpfandrechten, sondern vielmehr aus einer ihr ebenfalls
zustehenden zweitrangigen Grundschuld betrieben. Vor dem Versteigerungstermin hatte die
Beklagte eine schriftliche Abrede mit dem Ersteher getroffen, der das Grundstück für insgesamt
200.000,00 € erhalten sollte. Vereinbarungsgemäß gab der Ersteher in dem Versteigerungstermin ein Gebot über 175.000,00 € ab und erhielt den Zuschlag. Gegen Zahlung von weiteren
25.000,00 € bewilligte die Beklagte die Löschung
der erstrangigen Grundschulden. Mit ihrer Klage
verlangt die ehemalige Grundstückseigentümerin
von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von
115.998,16 € mit der Begründung, dass sich die
Beklagte an dem Zuschlagsbeschluss festhalten lassen müsse. Daher habe sie 175.000,00 €
(Bargebot) zzgl. € 219.855,51 (bestehen gebliebene Grundschulden) erzielt, mithin 394.855,51 €.
Abzüglich der persönlichen Forderungen der
Beklagten in Höhe von 278.857,34 € errechnet sich daraus die Klageforderung in Höhe von
115.998,16 €. Das Landgericht hatte der Klage in
vollem Umfang stattgegeben, das Oberlandesgericht hatte unter Aufhebung des erstgerichtlichen
Urteils die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision war erfolgreich.
Nach Auffassung des BGH hafte die Beklagte
der Klägerin auf Schadensersatz, da sie ihre
treuhänderischen Pflichten aus der Sicherungsabrede verletzt habe. Zwar liege die Pflichtver-
letzung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darin, dass die Beklagte die
Zwangsvollstreckung ohne ersichtlichen Grund
aus der nachrangigen Grundschuld betrieben
habe. Ebenso habe es der Beklagten freigestanden, mit dem Ersteher interne Absprachen zu
treffen, die für die daran nicht beteiligte Klägerin
keine Bindungswirkung entfalte. Allerdings habe
die Beklagte dadurch gegen die Sicherungsabrede verstoßen, dass sie nach Zuschlag die
Löschungsbewilligung hinsichtlich der erstrangigen Grundschulden erteilt habe, obwohl die
hierfür seitens des Erstehers geleistete Zahlung
in Höhe von 25.000,00 € unter dem Nennbetrag
der Grundschulden in Höhe von 219.855,51 €
lag. Infolgedessen sei sie ihrer Pflicht zur Rückgewähr der Grundschuld nicht nachgekommen.
Werde bei der Zwangsversteigerung die Grundschuld einschließlich ihres nicht mehr valutierenden Teils als bestehenbleibendes Recht im
Sinne des § 52 Abs. 1 S. 1 ZVG vom Ersteher
übernommen, so hafte dieser für den Nennbetrag der Grundschuld dinglich. Die Übernahme
der Grundschuld bilde einen Teil des von ihm geschuldeten Versteigerungserlöses. Zuzüglich des
bar zu zahlenden Teils des geringsten Gebots im
Sinne von § 49 Abs. 1 ZVG ergebe sich daraus
der Preis, den der Ersteher für das Grundstück
zu bezahlen habe. Löse der Ersteher die bestehen gebliebene Grundschuld in voller Höhe ab,
gehe sie gemäß der §§ 1142, 1143 BGB analog
kraft Gesetzes auf ihn über. Den erzielten Erlös
müsse der Grundschuldgläubiger nach dem Sicherungsvertrag zunächst auf die gesicherte
Forderung verrechnen. Im Hinblick auf den nicht
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BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
2
Allgemeines Bankrecht
Kreditsicherheiten – Zahlung unter Nennwert d. Grundschuld – Zustimmung des Siche-rungsgebers zur Löschung
valutierenden Teil der Grundschuld trete an die
Stelle des zuvor bestehenden Anspruchs des
Sicherungsgebers auf Rückgewähr der Grundschuld nunmehr der verbleibende Übererlös,
den der Grundschuldgläubiger folglich an den
Sicherungsgeber auskehren müsse.
Zahle der Ersteher des Grundstücks dagegen, wie vorliegend, zur Ablösung einer in
der Zwangsversteigerung bestehenbleibenden
Grund­schuld eine unter deren Nennbetrag liegende Summe, so werde die Grundschuld nur
in Höhe der Zahlung zur Eigentümergrundschuld
des Erstehers. Der Grundschuldgläubiger dürfe
die Löschung des Grundschuldteils, der ihm in
Höhe des restlichen Nennbetrages weiterhin
zusteht, ohne eine entsprechende Vereinbarung mit dem Sicherungsgeber nicht bewilligen.
Vielmehr könne der Sicherungsgeber die Rückgewähr der (anteiligen) Grundschuld beanspruchen, die entweder durch Abtretung der Grundschuld an ihn oder in Gestalt der Auskehr des
Übererlöses als Surrogat des dinglichen Rechts
erfolgen müsse. Diesen Rückgewähranspruch
dürfe der Grundschuldgläubiger nicht vereiteln,
indem er – wie vorliegend die Beklagte – die Löschung der Grundschuld bewillige.
Da die Beklagte demnach die Rückgewähr der
Grundschuld im Hinblick auf deren restlichen
Nennbetrag schuldhaft unmöglich gemacht
habe, hafte sie gegenüber der Klägerin dem
Grunde nach gemäß §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3,
275 Abs. 1 und 4, 283 BGB auf Schadensersatz.
(Diesem Ergebnis stehe die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 04.02.2011 (BGHZ
188, 186 = WM 2011, 596 Rdn. 13) nicht entgegen, da es in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall lediglich um die Verpflichtung
des Gläubigers gegangen sei, nicht valutierte
dingliche Zinsen anzumelden.)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei es für den Bestand und die Höhe des
Schadensersatzanspruches schließlich ohne
Bedeutung, ob bei der ebenfalls möglichen Vollstreckung aus den erstrangigen Grundschulden
ein unter der persönlichen Forderung liegender
Betrag bzw. ein geringerer Übererlös erzielt worden wäre. Dieser Einwand eines rechtmäßigen
Alternativverhaltens greife vorliegend schon deshalb nicht, weil das rechtswidrige Verhalten der
Beklagten nicht die Vollstreckung aus der zweitrangigen Grundschuld als solche, sondern die
Erteilung der Löschungsbewilligung gewesen sei.
Daher könne die Vollstreckung aus den erstrangigen Grundschulden schon im Ausgangspunkt
nicht als rechtlich beachtliches Alternativverhalten herangezogen werden. Die Handlungsalternative zur Erteilung der Löschungsbewilligung sei
vielmehr die Geltendmachung des Nennbetrages
und Auskehr des Übererlöses bzw. die Abtretung
des nicht mehr valutierenden Teils der Grundschulden an die Klägerin gewesen. Hierbei wäre
der Schaden jeweils nicht entstanden. [MB]
Dr. Michael Brass, UniCredit Bank AG
BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Allgemeines Bankrecht
Kreditrecht – Sondertilgungsrechte – Berechnung
Vorfälligkeitsentschädigung
Die von einem Kreditinstitut bei der Vergabe grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen an
Verbraucher, bei denen Darlehensnehmern Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt werden, verwendete vorformulierte Vertragsbestimmung
„Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung
bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt.“, ist gemäß § 307 Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
(BGH, Urt. v. 19.1.2016, Az. ZR XI 388/14, ZIP 2016, S. 515 ff.)
Das beklagte Kreditinstitut vergab grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen an Verbraucher, in
denen den Darlehensnehmern Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt wurden. Die entsprechenden
Darlehensverträge enthielten unter der Überschrift „Besondere Vereinbarungen“ nachfolgende streitgegenständliche Klausel: „Zukünftige
Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlungen bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt.“ Der klagende Verbraucherschutzverein
wendete sich mit einer Unterlassungsklage gem.
§ 1 UKlaG insbesondere gegen die weitere Verwendung der Klausel bei der Berechnung von
Vorfälligkeitsentschädigungen in Verbraucherdarlehensverträgen. Der XI. Senat des BGH
hatte nun zu entscheiden, ob diese Klausel der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BGB standhält und dem Transparenzgebot nach
§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB entspricht.
In einem ersten Schritt arbeitete der BGH heraus, dass sich die streitgegenständliche Klausel
als vorformulierte Vertragsbestimmung am Maßstab der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle messen lassen müsse. Denn bei der Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Falle
vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung handele
es sich nicht um eine originäre, darlehensvertragliche Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers, weshalb die Klausel einer richterlichen
Inhaltskontrolle nicht entzogen sei.
Die Auslegung nach dem Sinn und Zweck und
dem Wortlaut der Klausel durch den BGH er-
gab, dass sich die Klausel auf den Anspruch
auf Vorfälligkeitsentschädigung des Darlehensgebers nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB beziehe.
Nach Maßgabe dieser Vorschrift erhält der Darlehensgeber einen Anspruch auf Zahlung seines Vorfälligkeitsschadens – dessen Höhe sich
nach dem Gesetz und den hierzu entwickelten
Grundsätzen der Rechtsprechung bestimmt –
wenn der Darlehensnehmer das Darlehen unter
den Voraussetzungen des § 490 Abs. 2 S. 1 BGB
vorzeitig tilgt.
In seinen Ausführungen zu den gesetzlichen
Berechnungsgrundlagen zur Höhe des Anspruchs aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB hält der
BGH in Übereinstimmung mit seiner bisherigen
Rechtsprechung fest, dass für die Ermittlung der
Anspruchshöhe einer Nichtabnahmeentschädigung der Zinsschaden und der Verwaltungsaufwand des Darlehensgebers maßgeblich seien.
Ersatzfähig soll jedoch nur der Zinsschaden
sein, der in den Zeitraum der rechtlich geschützten Zinserwartung fällt. Dieser Zeitraum werde,
so der BGH, durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt, da diese ein kündigungsunabhängiges Teilleistungsrecht des Darlehensnehmers zur Rückerstattung der Valuta ohne
Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung begründen. Mit der Einräumung
solcher, insbesondere hinsichtlich der Höhe
der eingeräumten Teilleistungen und des Leistungszeitpunktes an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Sondertilgungsrechte, gebe der
Darlehensgeber von vorneherein seine rechtlich
geschützte Zinserwartung im jeweiligen Umfang
dieser Rechte auf.
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BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Allgemeines Bankrecht
Kreditrecht – Sondertilgungsrechte – Berechnung
Vorfälligkeitsentschädigung
Zusammenfassend hält der BGH sodann fest,
dass der wesentliche Grundgedanke des § 490
Abs. 2 S. 3 BGB der Ausgleich derjenigen Nachteile sei, die dem Darlehensgeber durch die im
Interesse des Darlehensnehmers ausnahmsweise zulässige vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrages und die Rückzahlung der Darlehensvaluta entstünden. Durch eine generelle
Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger
Sondertilgungsrechte bei der Bemessung einer
Vorfälligkeitsentschädigung werde von diesem
gesetzgeberischen Leitbild abgewichen, was
eine von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation des Darlehensge-
bers zur Folge habe. Da diese Abweichung vom
gesetzgeberischen Leitbild weder sachlich gerechtfertigt, noch ein gesetzlicher Schutz auf andere Weise sicher gestellt sei und diese Schlechterstellung des Darlehensnehmers auch nicht
anderweitig kompensiert werde, müsse man von
einer unangemessenen Benachteiligung ausgehen. Die Klausel halte einer AGB-rechtlichen
Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie die Darlehensnehmer entgegen den Geboten von Treu
und Glauben unangemessen benachteilige. Die
Klausel ist nach Auffassung des BGH wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam. [Gregor Pingel/Wu]
Dr. Christian Wulfers, UniCredit Bank AG
Intensivseminar
Datenschutz in der Finanzwirtschaft 2016
7. Juni 2016 in Köln
Das Intensivseminar bietet neben einem praxisorientierten Einstieg in die EU-Datenschutzgrundverordnung anhand von Schwerpunktthemen Gelegenheit, sich mit der
Materie auseinanderzusetzen. Vor dem Hintergrund, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung Sanktionsmöglichkeiten drastisch anheben wird (Strafen von bis zu 10.
bzw. 20 Mio. €, bzw. 2% oder 4% des Jahresumsatzes des Unternehmens, je nachdem, welcher der Beträge höher ist) erlangt das Thema zusätzliche Bedeutung.
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Information und Anmeldung:
Stefan Lödorf | 0221/5490-133 | [email protected] BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Bank-Verlag GmbH | Wendelinstraße 1 | 50933 Köln
Allgemeines Bankrecht
Übertragung von Erbteilen zu Bruchteilen – Auswirkungen
auf Nachlassgrundstück „in Erbengemeinschaft“
Übertragen Miterben ihre Anteile am Nachlass jeweils zu gleichen Bruchteilen auf mehrere
Erwerber, entsteht eine Bruchteilsgemeinschaft nur an den Erbteilen. Hinsichtlich des Nachlasses bleiben die Inhaber der Erbteile gesamthänderisch verbunden.
Befindet sich im Nachlass ein Grundstück, werden die Erwerber deshalb mit dem Zusatz
„in Erbengemeinschaft“ als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Ihre Eintragung als
Miteigentümer ist nur nach entsprechender Auflassung möglich.
(BGH, Beschl. v. 22.10.2015, Az. V ZB 126/14, WM 2016, S. S. 528 ff.)
Dem Beschluss des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Erbengemeinschaft bestehend aus zwei Personen war im Grundbuch
als Eigentümerin eines Grundstücks (in Erbengemeinschaft) eingetragen. Mit notarieller Urkunde aus dem Jahr 2013 übertrugen die beiden Miterben ihren jeweiligen Erbanteil jeweils
zur Hälfte an die Beteiligten zu 1 und 2, welche
im Hinblick auf das Nachlassgrundstück sodann
mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ in das
Grundbuch eingetragen wurden. Die Beteiligten
zu 1 und 2 begehrten in der Folge die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass sie als Miteigentümer je zur Hälfte eingetragen werden. Das
Grundbuchamt lehnte dies mit der Begründung
ab, dass hierzu eine vorherige Erbauseinandersetzung verbunden mit einer Auflassung des
Nachlassgrundstücks erforderlich sei.
Der BGH musste im Rahmen einer Rechtsbeschwerde darüber befinden, ob bei einer Übertragung aller Erbteile zu gleichen Bruchteilen auf
mehrere Erwerber die Erbengemeinschaft fortbesteht oder ob sie erlischt mit der Folge, dass
die Erwerber ohne vorherige Auflassung als
Bruchteilseigentümer des zum Nachlass gehörenden Grundstücks eingetragen werden können. Diese seit langem im Schrifttum kontrovers
diskutierte Rechtsfrage hat der BGH im Sinne
der zuerst genannten Auffassung entschieden
(a.A. Staudinger/Werner § 2033 Rn. 7; Soergel/
Wolf § 2033 Rn. 15, MüKo § 1008 Rn. 11; wie
BGH Palandt/Weidlich § 2033 Rn. 2).
Zur Begründung weist der BGH darauf hin, dass
die Veräußerung eines Erbteils dazu führe, dass
der Veräußerer aus der mit dem Erbfall kraft Gesetzes zwischen ihm und den übrigen Miterben
entstandenen Gesamthandsgemeinschaft ausscheide und die Gemeinschaft mit dem Erwerber fortgeführt werde. Das gelte nach der Wertung des § 2037 BGB zumindest grundsätzlich
selbst dann, wenn keine Miterben mehr beteiligt
wären, sondern nur noch Dritte Erbteile halten
würden. Denn ansonsten litte die Verkehrsfähigkeit des Erbteils, weil ein Erwerber in Rechnung stellen müsste, dass der Anteil von dem
Ausscheiden des letzten Miterben an nicht mehr
als solcher übertragen werden könnte. Aus Sicht
des BGH könne der Fortbestand der durch den
Erbfall begründeten Gesamthandsgemeinschaft
nur dann als Folge einer teleologischen Reduktion ausnahmsweise verneint werden, wenn die
sachenrechtliche Zuordnung der Nachlassgegenstände in keiner Weise gefährdet sei. Dies
sei etwa anerkannt in den Fällen, in denen die
Erben(gesamtheits-)gemeinschaft
sämtlicher
Erbanteile an nur einen einzigen Miterben oder
Dritten überträgt.
Für den Fortbestand der Erbengemeinschaft in
Konstellationen der hier vorliegenden Art gibt
es nach Auffassung des BGH darüber hinaus
weitere gute Gründe: Bei dem anteilsmäßigen
Erwerb sämtlicher Erbteile durch eine Mehrzahl
von Erwerbern soll diesen bei der gebotenen
typisierenden Betrachtung mit Blick auf die an››
BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Allgemeines Bankrecht
Übertragung von Erbteilen zu Bruchteilen – Auswirkungen
auf Nachlassgrundstück „in Erbengemeinschaft“
sonsten eintretende verschärfte Miterbenhaftung (vgl. § 2059 Abs. 1 Satz 1, § 2060 BGB)
regelmäßig daran gelegen sein, vor einer Aufteilung des Nachlasses zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen. In aller Regel
könne auch erst nach Klärung der Passivseite
des Nachlasses eine sachgerechte Entscheidung darüber getroffen werden, ob und ggf.
hinsichtlich welcher Nachlassgegenstände eine
Auseinandersetzung stattfinden soll, ob sie in
Allein- oder Bruchteilseigentum überführt werden sollen oder ob es zweckmäßig erscheint,
die Gesamthandsbindung bis auf Weiteres aufrechtzuerhalten. Ein automatischer Wegfall der
gesamthänderischen Bindung – wie es von Teilen der Literatur vertreten wird – würde einen
entsprechenden Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum verhindern. [Wu]
Dr. Christian Wulfers, UniCredit Bank AG
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BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Gesellschaftsrecht
GmbH-Recht – Mischeinlage
1. Verspricht ein GmbH-Gesellschafter, bei Gründung auf einen übernommenen GmbH-Anteil
von 15.000 € einen PKW im Wert von 9.725 € zu übereignen, so stellt sich die Einlagepflicht
als Mischeinlage dar.
2. Eine solche Mischeinlage kann nur so gestaltet werden, dass vor Eintragung der PKW zu
übereignen und auf die Bareinlagepflicht ein Viertel einzuzahlen ist.
3. Sieht der Gesellschaftsvertrag neben der Übereignung des PKW keine Verpflichtung zu
Bareinlage vor, liegt darin eine gem. § 19 Abs. 2 GmbHG unzulässige Befreiung von der
Pflicht des § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG.
(OLG Celle, Beschl. v. 5.1.2016, Az.: 9 W 150/15, ZIP 2016, S. 368 f. - nicht rechtskräftig)
Diese noch nicht rechtskräftige Entscheidung des
OLG Celle eröffnet die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Entscheidung zum Thema Mischeinlage. Anlass des Streitfalls war die Weigerung
des zuständigen Registergerichts, eine GmbH
einzutragen. Nach Ansicht des Registergerichts
hatte die betreffende Gesellschafterin, die einen
Geschäftsanteil von 15.000 € übernommen hatte,
ihren Kapitalaufbringungspflichten nicht dadurch
genügt, dass sie einen PKW im Wert von 9.725 €
an die GmbH übereignet hatte. Sie hätte vielmehr
zusätzlich von dem verbleibenden Restbetrag
mindestens ein Viertel einzahlen müssen. Demgegenüber waren der involvierte Notar und die
GmbH der Meinung, das fragliche Viertel müsse
nicht einbezahlt werden.
Das OLG Celle hat sich der Auffassung des Registergerichts angeschlossen, zugleich allerdings
eine Rechtsbeschwerde zugelassen, um eine
höchstrichterliche Klärung zu ermöglichen. Nach
Ansicht des OLG haben die Parteien eine sog.
„Mischeinlage“ von insgesamt 15.000 € vereinbart, die zum einen durch Übereignung des PKW
im Wert von 9.725 € (Sacheinlage) und zum anderen durch eine Bareinlage in Höhe von weiteren 5.275 € zu erbringen war. Die Gesellschafterin habe deshalb gemäß § 7 Abs. 3 GmbHG die
Sacheinlage komplett und gemäß § 7 Abs. 2 Satz
1 GmbHG die Bareinlage zu mindestens einem
Viertel erbringen müssen.
Durch die Regelungen im Gesellschaftsvertrag,
wonach die Gesellschafterin neben der Erbringung der Sacheinlage vor Eintragung keinerlei
weitere Zahlungen auf den Geschäftsanteil erbringen müsse, werde die Gesellschafterin unzulässig im Sinne von § 19 Abs. 2 GmbHG von
der Ersteinlagepflicht auf Bareinlagen befreit. Der
Gesellschaftsvertrag stehe deshalb einer Eintragung entgegen, solange er insoweit nicht geändert werde.
Das OLG teilt ausdrücklich nicht die Einschätzung der Beschwerdeführer, wonach § 7 Abs. 2
GmbHG so auszulegen sei, dass der Norm im
Falle von teilweisen Sacheinlagen bereits genügt
sei, wenn (i) die geschuldete Sacheinlage erbracht und (ii) dadurch mindestens die Hälfte der
übernommenen Einlage abgedeckt sei. Vielmehr
darf nach Ansicht des OLG am Beispiel des vorliegenden Falls ein Gründungsgesellschafter, der
sich zu einer Mischeinlage in Höhe von 15.000 €
verpflichtet, nicht günstiger gestellt sein als ein
Gründungsgesellschafter, der zwei Geschäftsanteile im Gesamtwert von 15.000 € übernommen
hat, deren einer durch eine Sacheinlage (PKW)
und deren anderer durch eine Bareinlage zu erfüllen sind. Im letztgenannten Fall müsse der
Gesellschafter nämlich ebenfalls die für den einen Geschäftsanteil erforderliche Sacheinlage
komplett und auf die Bareinlage für den anderen
Geschäftsanteil mindestens ein Viertel des Werts
leisten.
Es bleibt abzuwarten wie die höchstrichterliche
Rechtsprechung den Fall beurteilt. Bis dahin sollte
im Falle von Mischeinlagen sicherheitshalber der
strengeren – hier vom OLG Celle vertretenen –
Auffassung gefolgt werden. [SFa]
Dr. Stephan Fackler, UniCredit Bank AG
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Insolvenzrecht
Insolvenzanfechtung – Teilzahlung Dritter auf Kredit mit
Verzicht auf Restforderung
1. Werden durch eine Zahlung des Schuldners eines mit dem Gläubiger vereinbarten Verzichts
über den Zahlungsbetrag hinausgehende Verbindlichkeiten getilgt, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn der in der Zahlung liegende Vermögensverlust durch den damit
verbundenen Verzicht auf weitere Forderungen voll ausgeglichen wird.
2. Eine durch eine Anweisung auf Kredit bewirkte Zahlung löst auch dann keine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn der auftragsrechtliche Erstattungsanspruch des Angewiesenen
nachträglich in ein Darlehen umgewandelt wird.
(BGH, Urt. v. 28.1.2016, Az.: IX ZR 185/13, ZIP 2016, S. 426 ff.)
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom
17.1.2006 über das Vermögen der U (Schuldnerin) am 12.12.2006 eröffneten Insolvenzverfahren. Ab dem Sommer 2005 verhandelte die
Schuldnerin mit der Beklagten, ihrer Hausbank,
über eine Rückführung ihrer Darlehensverbindlichkeiten, die durch Zahlung eines Ablösebetrags von 150.000 € und einen damit verbundenen Forderungsverzicht erfolgen sollte. Nach
einer grundsätzlichen Einigung überwies die M.
GmbH am 24.10.2005 einen Betrag in Höhe
von 250.000 € an die Beklagte als Treuhandzahlung mit dem Zusatz „Ablösezahlung P. und
B. zum Schreiben vom 14.7.2005“ deklariert.
Durch Schreiben vom 24.10.2005 teilte die M.
GmbH der Beklagten mit, dass es sich um eine
Treuhandzahlung Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Grundpfandrechte auf sie und
Freistellung der Schuldnerin von sämtlichen
Verpflichtungen handele. Am 30.11.2005 vereinbarte die Schuldnerin mit der M. GmbH einen
Darlehensvertrag über 100.000 €. Nach seinem
Inhalt erfolgte die Darlehensauszahlung zweckgebunden direkt an die Beklagte zur Erfüllung der
Vergleichszahlung und gegen Übertragung aller
Grundpfandrechte.
Die Schuldnerin vereinbarte auf der Grundlage
der zuvor getroffenen mündlichen Abreden und
der von der M. GmbH bewirkten Zahlung mit der
Beklagten einen „auflösend bedingten“ Forderungsverzicht. Danach verzichtete die Beklagte
gegen Zahlung von 150.000 € auf ihre Restforderung über 1.679.647,81 €. Der Forderungsverzicht sollte erst in Kraft treten, nachdem aus
dem Vollzug eines Kaufvertrags 50.000 € bei der
Beklagten eingingen und zu Gunsten der Be-
klagten bestellte Grundschulden gegen Zahlung
eines Ablösebetrags von 100.000 € an die M.
GmbH abgetreten wurden. Die von der Schuldnerin gewährten Grundpfandrechte übertrug die
Beklagte am 12.12.2005 auf die M GmbH.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten im Hinblick auf die Zahlung der M.
GmbH über 250.000 € den aus der Vereinbarung vom 30.11.2005 sich ergebenden Betrag
über 100.000 € – jedoch ohne Erfolg.
Nach Ansicht des Senats fehle es nicht an einer
Rechtshandlung als Anknüpfung für eine Insolvenzanfechtung. Die Schuldnerin habe mithilfe
der M. GmbH eine mittelbare Zuwendung an die
Beklagte bewirkt. Anfechtbar können auch solche
Rechtshandlungen sein, durch die der Schuldner
Vermögensbestandteile mithilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebe,
ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in
unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für
den Dritten müsse hierbei erkennbar gewesen
sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe. Eine mittelbare Zuwendung
scheide aus, wenn die Zwischenpersonen mit ihrer Leistung an den Gläubiger auch eine eigene
Verbindlichkeit zu tilgen suchte.
Im Streitfall habe die M. GmbH – wie die Beklagte
erkannte – eine Zahlung von 150.000 € auf Weisung der Schuldnerin erbracht. Infolge des Verweises auf die Unternehmensgruppe, der auch
die Schuldnerin angehörte, war für die Beklagte
erkennbar, dass aus dem Gesamtbetrag über
250.000 € eine Zahlung in Höhe von 150.000 € seitens der Schuldnerin, welche sich der M. GmbH
als Leistungsmittlerin bediente, zur Tilgung ihrer
Verbindlichkeiten veranlasst worden war. Bezüg››
BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Insolvenzrecht
Insolvenzanfechtung – Teilzahlung Dritter auf Kredit mit
Verzicht auf Restforderung
lich der Zahlung, die nicht Gegenleistung für die
Abtretung der Grundschulden bildete, verfolgte
die GmbH auch keinen eigenen Tilgungszweck.
Jedoch scheitere die Anfechtung daran, dass eine
Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten sei.
Im Ansatz zutreffend sei das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass für die Bewertung, ob
bei Verwendung dem Vermögen der Schuldnerin
zuzuordnender Darlehensmittel eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) vorliege,
grundsätzlich zu berücksichtigen sei, dass die
Schuldnerin durch die angefochtene Zahlung
nach den tatrichterlichen Feststellungen unter
Berücksichtigung insolvenzfester Sicherungen
von einer Restforderung über etwa 1 Mio. € befreit
wurde.
Zwar sei grundsätzlich jede Rechtshandlung
selbstständig auf ihre Ursächlichkeit für die konkret angefochtene gläubigerbenachteiligende Folge zu überprüfen, denn die einzelne anfechtbar
Rechts­
handlung begründe ein eigenes selbstständiges Rückgewährschuldverhältnis. Eine
Vorteilsausgleichung nach schadensrechtlichen
Grundsätzen finde im Anfechtungsrecht nicht
statt, weshalb nur solche Folgen als Vorteil der
Masse zu berücksichtigen seien, die ihrerseits
an die konkret angefochtene Rechtshandlung
anknüpften. Vorliegend bildete der Forderungsverzicht eine unmittelbare Gegenleistung der angefochtenen Teilzahlung. Eine Schuldtilgung löse
keine Gläubigerbenachteiligung aus, soweit sie
dazu führe, dass der Schuldner infolge der Zahlung als bleibenden Vermögensvorteil von zusätzlichen Verbindlichkeiten befreit werde.
Freilich wäre eine Gläubigerbenachteiligung erst
ausgeschlossen, wenn auf der Grundlage einer
Vergleichsrechnung feststünde, dass sich die
Befriedigungsaussichten der Gläubiger nach
Vornahme der angefochtenen Zahlung nicht
schlechter als im Falle ihres Unterbleibens dargestellt hatten.
Eine Benachteiligung sei abzulehnen, wenn die
Gläubiger ohne die Rechtshandlung im wirt-
schaftlichen Ergebnis nicht besser stünden. Zur
Beurteilung, ob eine Gläubigerbenachteiligung
vorliege, bedürfte es in einem ersten Schritt der
Prüfung, wie hoch sich die Aktiva der Schuldnerin
nach Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung belaufen hatten. Den verbliebenen Aktiva
wären die um sämtliche Darlehensforderungen
der Beklagten verminderten Passiva gegenüberzustellen und daraus die Befriedigungsquote für
die einzelnen Insolvenzgläubiger zu bilden. In
einem zweiten Schritt wäre zu untersuchen, wie
hoch die Vermögenswerte der Schuldnerin bei
Unterlassung der Rechtshandlung und Verbleib
der Mittel in der Masse zu veranschlagen wären.
Den so ermittelten Aktiva wären die Verbindlichkeiten unter Einschluss der ungeschmälerten
Darlehensforderungen der Beklagten gegenüberzustellen, um die auf die einzelnen Gläubiger entfallende Befriedigungsquote zu ermitteln.
Nach Maßgabe dieser Vergleichsrechnung schiede eine Gläubigerbenachteiligung aus, sofern die
Insolvenzquote in beiden Gestaltungen identisch
oder im Falle der Vornahme der Ablösezahlung
sogar höher wäre.
Im Streitfall konnte das Gericht auf eine derartige
Vergleichsrechnung verzichten, weil eine freiwillige, erst nachträglich in ein Darlehen umgewandelte Drittzahlung der M. GmbH erfolgt sei, die
bereits für sich genommen keine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst habe. Im maßgeblichen
Zahlungszeitpunkt habe, weil damals eine Forderung der Schuldnerin gegen die M. GmbH nicht
bestand (eine Darlehensvereinbarung sei damals
noch nicht getroffen gewesen), eine Anweisung
auf Kredit vorgelegen, nach deren Ausführung
es zu einem bloßen Gläubigertausch gekommen
sei. Die Rückgriffsforderung der M. GmbH sei erst
im Nachhinein in ein Darlehen umgewidmet worden. Dieses Vereinbarungsdarlehen habe ebenso keine mittelbare Gläubigerbenachteiligung
erzeugt, weil auf seiner Grundlage keine Auszahlung von Darlehensmitteln an die Schuldnerin
erfolgt sei. [PB]
Patricia Berger, UniCredit Bank AG
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Internationales Zivilprozessrecht
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer anti-suitsSchiedssprüche durch die Gerichte der Mitgliedstaaten im
Rahmen der EuGVVO a.F.
Die EuGVVO a.F. verwehrt einem Gericht eines Mitgliedstaates nicht die Entscheidung über
die Frage der Anerkennung und Vollstreckung oder deren entsprechende Versagung eines
Schiedsspruchs.
(EuGH, Urt. v. 13.5.2015, Rs C-536/13; ZIP 2016, S. 143 f.)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasste
sich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens mit der Frage, ob es einem Gericht
eines Mitgliedsstaats gemäß der EuGVVO a.F.
verwehrt ist, über die Frage der Anerkennung
oder Versagung eines Schiedsspruchs zu entscheiden.
Beteiligte des Ausgangsverfahrens sind die litauische Lietuvos dujos AB (Beklagte) sowie
der litauische Staat (Kläger), der neben der
deutschen E.ON Ruhrgas International GmbH
und der russischen Gesellschaft Gazprom OAO
(Gazprom) Aktionär der Beklagten ist.
Eingeleitet wurde das Ausgangsverfahren durch
die am 25.3.2011 erfolgte Klageerhebung des
litauischen Energieministeriums namens des
Klägers beim Regionalgericht Vilnius gegen die
Beklagte sowie die von Gazprom benannten
Vorstände der Beklagten auf Untersuchung, ob
diese ordnungsgemäß gehandelt haben. Zudem
wurde für den Fall der Feststellung pflichtwidrigen Handelns der Erlass von Abhilfemaßnahmen beantragt.
Gazprom reichte daraufhin am 29.8.2011 beim
Schiedsgerichtsinstitut der Stockholmer Handelskammer einen Antrag auf Durchführung
eines Schiedsgerichtsverfahrens ein, der dem
Kläger aufgeben sollte, das beim Regionalgericht Vilnius anhängige Verfahren zu beenden.
Gazprom stützte sich dabei auf Art. 7.14 der Aktionärsvereinbarung vom 24.3.2004 nach dessen
Wortlaut sinngemäß alle Streitigkeiten durch ein
Schiedsverfahren endgültig beigelegt werden
sollen. Diesem Antrag wurde mit Schiedsspruch
vom 31.7.2012 teilweise stattgegeben. Dem Klä-
ger wurde darin aufgegeben, bestimmte Anträge
der Klage vom 25.3.2011 zurückzunehmen oder
zu beschränken.
Gleichwohl wurde die vom Kläger beantragte
Untersuchung durch das Regionalgericht Vilnius am 3.9.2012 unter Bejahung der eigenen
Zuständigkeit eröffnet, da der in der Klage gemachte Antrag nach Ansicht dieses Gerichts
nicht schiedsfähig ist. Dagegen legte die Beklagte Rechtsmittel beim litauischen Appellationsgerichtshof ein und leitete ein weiteres
Verfahren ein, in welchem sie die Anerkennung
und Vollstreckung des Schiedsspruchs vom
31.7.2012 beantragte. Beide Verfahren wurden
zurückgewiesen, da nach Ansicht des litauischen Appellationsgerichtshofs das Schiedsgericht im Schiedsspruch vom 31.7.2012 nicht nur
die Befugnis des Klägers, vor einem litauischen
Gericht zu klagen, beschränkt, sondern dem nationalen (litauischen) Gericht auch die Zuständigkeit abspricht, über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden. Dadurch sei die staatliche
Souveränität der Republik Litauen beschränkt.
Dies widerspreche der öffentlichen Ordnung der
Republik Litauen und der internationalen öffentlichen Ordnung.
Nach Einlegung der Kassationsbeschwerde
gegen diese beiden Beschlüsse beim Lietuvos
Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof
von Litauen) setzte dieses das Ausgangsverfahren aus. Schiedssprüche dieser Art könnten
nach Ansicht dieses Gerichts die praktische
Wirksamkeit der EuGVVO a.F. beeinträchtigen.
Dem EuGH wurde daher unter anderem die
Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein
mitgliedstaatliches Gericht berechtigt ist, die An››
BuB-Monatsbrief • Nr. 4 • April 2016
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Internationales Zivilprozessrecht
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer anti-suitsSchiedssprüche durch die Gerichte der Mitgliedstaaten im
Rahmen der EuGVVO a.F.
erkennung eines Schiedsspruchs mit dem Inhalt
der Untersagung bzw. Beschränkung der Geltendmachung bestimmter Ansprüche einer Partei bei einem Gericht eines Mitgliedstaats (zum
Teil als „anti-suit Schiedsspruch“ interpretiert),
das gemäß der EuGVVO a.F. zuständig ist, mit
der Begründung zu versagen, dass der Schiedsspruch die Befugnis des Gerichts beschränkt,
selbst darüber zu entscheiden, ob es für den
Rechtsstreit nach den Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO a.F. zuständig ist?
Zunächst stellt der EuGH fest, dass der im Ausgangsfall ausgesprochene Schiedsspruch keinen Verstoß gegen das in der EuGVVO a.F. geregelte System der Zuständigkeiten der Gerichte
der Mitgliedstaaten darstellt. Insoweit kann für
das Ausgangsverfahren nicht das bereits vom
EuGH erlassene Urteil in Sachen Allianz und
Generali Assicurazioni Generali (Rs C-185/07,
EU:C:2009:69) herangezogen werden. Im vorgenannten Verfahren wurde entschieden, dass
ein Urteil eines Gerichts eines Mitgliedstaates,
welches einer Partei untersagt, sich eines anderen Verfahrens als des Schiedsverfahrens zu
bedienen, nicht mit der EuGVVO a.F. vereinbar
ist. Dies verstößt gegen den sich aus der Rechtsprechung des EuGHs ergebenden allgemeinen
Grundsatz, wonach jedes angerufene Gericht
eines Mitgliedstaats befugt ist, nach seinem
geltendem Recht selbst über die Zuständigkeit
des bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreits
zu entscheiden. Eine Beschränkung dieser Befugnis widerspräche dem Vertrauen, das die Mitgliedstaaten gegenseitig ihren Rechtssystemen
und Rechtspflegeorganen entgegenbringen. Zudem könnte eine Partei durch ein solches Urteil
vom Zugang zu staatlichen Gerichten ausgeschlossen werden und damit ihren Anspruch auf
rechtliches Gehör verlieren.
Nach dem EuGH verletzt der im Ausgangsverfahren ergangene Schiedsspruch die EuGVVO
a.F. jedoch nicht. Im Ausgangsverfahren geht es
– im Unterschied zur Rechtssache Allianz und
Generali Assicurazioni Generali – nicht um die
Entscheidung über die Anerkennung oder Versagung eines Urteils eines Gerichts eines Mitgliedstaats sondern um die Entscheidung eines
Schiedsgerichts. Sinn und Zweck der EUGVVO
a.F. sei es, Regelungen über Zuständigkeitskonflikte zwischen Gerichten der Mitgliedstaaten zu
schaffen. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist gemäß
Artikel 1 Abs. 2 Buchst. b der EuGVVO a.F. von
deren Anwendungsbereich ausgeschlossen,
weshalb kein Zuständigkeitskonflikt vorliegt und
das Schiedsgericht nicht an die EuGVVO a.F.
gebunden war.
Durch den ausgesprochenen Schiedsspruch
wird nicht der Grundsatz des gegenseitigen
Vertrauens der Mitgliedstaaten in ihre Rechtssysteme und Rechtspflegeorgane, welche in der
Vereinheitlichung der Zuständigkeitsvorschriften
auf der Grundlage des mit der EuGVVO a.F.
geschaffenen Systems zum Ausdruck kommt,
verletzt. Durch die Regelungen der EuGVVO
a.F. wird den mitgliedstaatlichen Gerichten nicht
die Entscheidung über die Anerkennung und
Vollstreckung eines Schiedsspruchs bzw. deren
entsprechende Versagung verwehrt. Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung des
Schiedsspruchs oder deren Versagung erfolgt
auf Basis des nationalen Verfahrensrechts des
Mitgliedsstaats sowie den in diesem Mitgliedstaat anwendbaren völkerrechtlichen Vorschriften. Da die Parteien im Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs
beteiligt sind, wird Ihnen durch den Schiedsspruch auch nicht der Zugang zu staatlichen
Gerichten verwehrt.
Eine Beschränkung der Befugnis eines Gerichts eines Mitgliedsstaats zur Entscheidung
über die jeweils eigene Zuständigkeit könnte
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Internationales Zivilprozessrecht
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer anti-suitsSchiedssprüche durch die Gerichte der Mitgliedstaaten im
Rahmen der EuGVVO a.F.
sich im Ausgangsverfahren auch nicht ergeben,
wenn die Anerkennung und Vollstreckung des
Schiedsspruchs auf Basis des New Yorker Übereinkommens vom 10.6.1958 erfolgen würde. Art.
71 Abs. 1 EuGVVO a.F. lässt Bestimmungen in
Übereinkommen der Mitgliedstaaten unberührt,
welche die gerichtliche Zuständigkeit sowie die
Anerkennung oder Vollstreckung abweichend
von der EuGVVO a.F. regeln. Diese Konkurrenzregelung gilt jedoch nur für Übereinkommen,
welche besondere Rechtsgebiete zum Gegenstand haben, und die zugleich in den Anwendungsbereich der EuGVVO a.F. fallen (TNT Express Nederland, Rs C-533/08, EU:C:2010:243,
Rz. 48 und 51.). Das vorgenannte Übereinkommen regelt hingegen den von der EuGVVO a.F.
ausgenommenen Bereich der Anerkennung und
Vollstreckung von Schiedssprüchen. [MKa].
M. Kaufmann, UniCredit Bank AG
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