in Bayern - Bayerischer Landesverein für Heimatpflege eV

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in Bayern - Bayerischer Landesverein für Heimatpflege eV
Volksmusik
in Bayern
Mitteilungsblatt der Volksmusikberatungsstellen
des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e. V.
25. Jahrgang
•
Heft 3
•
München 2008
Mühle, Müller und Müllerin im Lied
Armin Griebel
Auf die Frage nach Liedern zum Thema
Mühle und Müller im deutschen Volkslied
dürfte vielen Eichendorffs Gedicht „In
einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad“, einfallen, auch das Kinderlied „Es
klappert die Mühle am rauschenden Bach“
und „Das Wandern ist des Müllers Lust“,
das Wilhelm Müller 1816 geschrieben
hat. Alle drei sind weithin bekannte und
häufig gesungene Volkslieder. Die ältere
Volksliedkunde hätte sie als bewusst im
Volkston geschaffene Kunstlieder kategorisiert. Doch scheint bei einer Gattung wie
dem Volkslied, in der sich Fund und Erfindung durchdringen, diese Unterscheidung
zweitrangig. Die genannten Lieder rufen in
uns das Bild der Mühle wach: das große
sich stetig drehende Mühlrad, ein schnell
fließender Wasserlauf, die abgeschiedene
Lage. Bildliche Darstellungen nähren solche
Vorstellungen, bis hin zu den gebastelten
Mühlenmodellen in Vorgärten, die meist
ohne Wasser auskommen. Letztere sind
heute selten geworden, dafür kann man in
Freilichtmuseen die alte Mühlenherrlichkeit
im Original bestaunen, mit allem was dazugehört: plätschernder Bach, knarrendes
Holz, rumpelnde Mahlsteine. Und man
kann dort Fundiertes über das Mahlen von
Getreide, aber auch über die Bedingungen
des früheren Müllerlebens erfahren.
Das große Mühlensterben, das Modernisierung und Rationalisierung vor über
100 Jahren mit sich gebracht haben, liegt
inzwischen so weit zurück, dass gegenwärtig kaum einer noch den Beruf des
Müllers kennt. Dennoch bestimmt nicht
das Bild moderner Industriemühlen mit
Silotürmen und Mehlfabriken, die sich
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Mühle aus dem Kahlgrund, Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim; Foto: K. Bedal
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wenig von anderen industriellen Großanlagen unterscheiden, unsere Vorstellung
von einer Mühle, vielmehr hält sich seit
der Romantik beharrlich das beschriebene Bild einer Wassermühle: tief unten im
Tal oder mitten im Wald. Dabei ist dieses
Bild nicht volkstümlichen Vorstellungen
entsprungen, sondern es ist zu Beginn des
19. Jahrhunderts mit der Entdeckung und
Verklärung des Volkslebens durch die gebildete Oberschicht entstanden. Die damals
ausgelöste Mühlenromantik hat im 20.
Jahrhundert dazu geführt, dass manche
ausgediente Mühle einer neuen Nutzung
zugeführt wurde: als Ausflugsgaststätte,
Hotel, Museum. Dem sentimentalen
Heimatfilm der 1950er Jahre diente die
Mühle als beschauliche Kulisse. Letztlich
dürfte der romantische Hang zur Mühle
in die Mühlenbegeisterung unserer Zeit
eingemündet sein, die nicht nur das Bild
in unserem Gemüt, sondern auch das reale
Bauwerk mitsamt seiner Technik in unserer
Umgebung erhalten wissen will. Bundesweit öffnen jedes Jahr am Pfingstmontag
um die 1000 Mühlen – bayernweit etwa 50
– für Besucher ihre Pforten. An diesem Tag
wird seit 1994 der Deutsche Mühlentag
begangen, organisiert von der Deutschen
Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung, um in der Öffentlichkeit für
die Erhaltung dieser historischen Kulturgüter zu werben.
Bis ins 19. Jahrhundert waren die Vorstellungen des Volkes von Mühle und Müller
zum einen bestimmt von der faszinierenden Mühlentechnik, die Metaphern
für die Alltagssprache lieferte, und zum
anderen vom Mühlen-Personal, Müller und
Müllerin, deren Leben abgeschieden vom
geschlossenen Siedlungsverband von Dorf
oder Stadt eine Sonderstellung in der Gesellschaft bedingte. Das regte die Phantasie
für Gerüchte, Märchen, Aberglauben und
Zaubervorstellungen an. Wenn im Folgenden von Mühlen die Rede ist, dann ist die
vom Wasser getriebene Mühle gemeint,
nicht die bei uns seltene Windmühle oder
die von Pferden getriebene Rossmühle.
Das vom Wasser angetriebene Rad und die
dabei gewonnene Energie haben in einer
handwerklich ausgerichteten Zeit eine
weitaus größere Wirkung entfaltet, als es
heutzutage die zahlreichen und wesentlich
komplizierteren Erfindungen tun, die sich
in raschem Wechsel ablösen. Das fließende Wasser und die ständige Drehung des
Rades üben auf den Betrachter eine starke
Anziehungskraft aus, ebenso das Mahlwerk selbst. Das Mahlgut wird von oben
aufgeschüttet und kommt unten zerkleinert heraus. Die eigentliche Umwandlung
entzieht sich der Beobachtung, weshalb
für den Laien der Unterschied zwischen
dem Anfangs- und Endprodukt immer
erstaunlich bleibt. Hier tut sich folglich ein
weites Feld für die Phantasie auf.
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Mühle und Müller schufen mit dem Mehl
die Grundlage des täglichen Brotes: sie
standen wegen ihrer Unentbehrlichkeit im
Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Bis
zum Ende des 19. Jahrhunderts war das
Land von einem engmaschigen Netz kleiner Mühlenbetriebe überzogen, welche die
regionalen Getreideernten verarbeiteten.
Die zahlreichen Orts- und Flurnamenbildungen mit Mühle und die Häufigkeit des
Familiennamens Müller und seiner Varianten weisen darauf hin: Müllner, Mahler,
Mahlmann, Melber, Miller, oder die aus der
älteren germanischen Bezeichnung quirn
oder kürn abgeleiteten Namen: Kerner
oder Körner, und die Zusammensetzungen
wie Aumüller, Frohnmüller, Hofmüller. In
Vielem können auch Lieder Aufschluß über
vergangene Verhältnisse geben. Aber mehr
noch als die Realität der Müllerei fanden
Einstellungen und Meinungen gegenüber
Mühle und Müller im volkstümlichen
Liedgut ihren Niederschlag.
Es war einmal eine Müllerin ...
Beginnen wir gleich mit einem der ältesten
Lieder zum Thema: dem Lied von der stolzen
Müllerin. Es ist seit dem 15. Jahrhundert
nachgewiesen und neben der Fahrt ins
Heu das bekannteste und verbreitetste Lied
der Gattung Ehebruchschwank. Die Komik
des Schwanks beruht darauf, dass er ein
Geschehen darstellt, das von der Norm abweicht, aber gleichwohl immer wieder vorkommt. Allerdings sollte man den Schwank
nicht als platte Wiedergabe der historischen
Realität, also der sittlichen Zustände einer
bestimmten Zeit, interpretieren. Zu seiner
Beliebtheit und weiten Verbreitung hat
sicher die Tatsache beigetragen, dass das
Lied vor und im Ersten Weltkrieg oft und
gerne von Soldaten gesungen wurde. Die
auf diesem Wege tradierten Fassungen
sind an dem angefügten, sehr langen
Kehrreim zu erkennen, ganz abgesehen
davon, dass sie im 4/4-Takt stehen, um
dem Marschtritt der Soldaten gerecht zu
werden. Nach jeder Strophe ist ein bis zu
fünffacher, ebenfalls sehr anzüglicher Refrain von 16 Takten angefügt, der das Lied
gewaltig aufbläht, damit man möglichst
lange dazu marschieren kann. John Meier,
der Gründer des Deutschen Volksliedarchivs
und Grandseigneur der Volksliedforschung,
hat diese soldatische Singweise in seinem
zweibändigen Balladenwerk abgedruckt
(Band 2, Nr. 102).
Wirtshaussänger in Eichelsbach / Ufr. hängten an jede Balladenstrophe folgenden
Refrain:
Ei, das war die böse Schwiegermamama,
hei Schwiegermamama, die war Schuld daran.
Einen triko triko triko triko [taille] hat sie an,
Stiefel ohne Sohlen und kein Absatz dran.
Denn sie war zu Pferde,
wau, wau, wau, wau, wau, wau,
denn sie war zu Pferde,
wau, wau, wau, wau.
Uns ist dies ein Beleg für das von John
Meier postulierte „Herrenrecht des Volkes
am Lied“, das sich in der Konsequenz auch
solche, dem Gebildeten geschmacklos und
sinnlos erscheinende Zutaten gefallen lassen
muss. Es zeigt aber auch, und das hatte die
neuere Volksliedpflege oft aus den Augen
verloren, dass für den Sänger das Singen
im Vordergrund steht, und nicht das Lied.
Das klingt banal, aber daran lässt sich ablesen, dass Volkslieder in der traditionellen
Singpraxis eine dienende Funktion hatten
und nicht um ihrer selbst willen gepflegt
wurden, wie heute häufig üblich, etwa aus
antiquarischem Interesse oder weil man
sie für wertvolle Denkmäler der Volkskunst
hält.
Das Lied von der stolzen Müllerin wird
in der Forschung als Schwankballade
bezeichnet; der Inhalt: ein Ehestreit, der
vordergründig um die Mühle geführt wird.
Dahinter kann man leicht die Auseinandersetzung des Ehepaares um ihre geschlechtliche Beziehung ausmachen. Während der
Müller abwesend ist, verbringt seine Frau
– ein wunderschönes Weib – die Nacht
mit ihrem „Knaben“, sie mahlt mit ihm.
Heimgekehrt, versucht der Müller sich
seiner Frau zu nähern: sie ist müde vom
„Mahlen“ in der Nacht. Daraufhin droht
der Gatte seinerseits, die Müllerin zu verlassen und sie mit anderen zu hintergehen:
er will „die Mühle“ verkaufen und das
Geld mit Mädchen „versaufen“. Doch
unbekümmert kontert die Müllerin, dass
sie dann eine Liebschaft mit einem Mann
eingehen werde, der ihr wohl gefalle und
der bei besten Kräften sei. Im Lied ist dies
durch das Bild der Mühle verschlüsselt, die
sich die Frau neu in der „grünen Heide“
errichten will, denn dort sprudelt ein Quell
und viel zu mahlen gibt es auch (siehe
Chorsatz auf S. 44).
Angesichts dieses „eigentlichen“ Liedinhaltes scheint es von untergeordneter
Bedeutung zu sein, dass die Streitenden in
unserem Lied gerade Müller und Müllerin
sind. Die Volksliedsammlerin Elizabeth
Marriage, die 1902 Volkslieder aus der badischen Pfalz herausgegeben hat, bemerkt
dazu: „Unerbaulich genug ist diese ganze
Sippschaft der ‚Müllerlieder‘“ und stellt die
rhetorische Frage: „Weshalb stehen Müller
und Müllerin beim Volke in so schlechtem
Ruf?“ In Zusammenhang mit diesem
Lied ist die Frage unberechtigt, denn das
Lied scheint nicht gegen den Müllerstand
gerichtet zu sein. Vielmehr stehen die
technischen Vorgänge des Müllerhandwerks mit gewollter Doppelsinnigkeit hier
für den Geschlechtsakt. Es mag sein, dass
dieses Sprachbild dazu beitrug, dass die
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Die Müllari
rem Personal handeln. Ob Erfahrung oder
Vorurteil ihren Realitätsgehalt bestimmen,
muß man von Fall zu Fall entscheiden.
Unklar ist, welche Lebensweisheit sich
hinter der Warnung des folgenden, vom
Egerland bis nach Franken verbreiteten
Vierzeilers verbirgt:
(Die stolze Müllerin)
Bou(b)m, wennst am Frei gäihn wöllts,
gäihts niat in d‘ Mühl, in d‘ Mühl,
d‘ Mühlmaid hams Klappern gwiahnt,
döi liegn niat still.
Oder:
Wer amal heian wül,
neat in koan Mühl, koan Mühl,
suar a Maidl hauts Kloppan gwüahnt,
döi halt niat still.
2. ||: Und wöi da Mülla van Wirtshaus kint,
van Renga wara noß. :||
Stäih aaf, stäih aaf, du Müllari,
und schir a weng oan Uafn hi,
van Renga bin in noß,
van Renga bin in noß.
3. ||: Ich stäih niat aaf, laou dich niat ei,
sua sagt döi Müllri fei. :||
Ich ho die ganz Nacht gmohln
mit mein schäin gunga Boum,
die ganz Nacht bis zan Toch,
daari niat aafstäih moch.
4. ||: Stäihst du niat aaf, leßt mich niat ei,
sua sagt da Mülla fei. :||
Tou ich maa Mühl vakaafm
und tou maa Geld vasaafm
mit raoutn und gelbm Wei,
mit raoutn und gelbm Wei.
Der Liedersammler Albert Brosch hat das Lied im Egerland in einer für eine Volksballade ungewöhnlichen Dialektfassung aufgezeichnet (Der Liederschatz des Egerlandes, Bd. I, Sulzbach-Rosenberg
1986, Nr. 93). Der Brander Viergesang hat sie neu gefasst wieder in Umlauf gebracht. In: „Brandner
Loidaböichl“, hg. v. Brander Viergesang und vom Bezirk Oberfranken (= Schriften zur Heimatpflege
in Oberfranken, Reihe II, Nr. 2). Bayreuth 2000, S. 44. Von Rainer Rößler nach einer Aufzeichnung
von Albert Brosch eingerichtet.
Mühle zu einem Ort des Liebesabenteuers
abgestempelt wurde – des handfesten, des
galanten und schließlich des romantischen
Liebesabenteuers. Eine andere Frage ist, in
welchem Maße den Sängerinnen und Sängern dieser Lieder die Doppelsinnigkeit des
Textes bewusst wurde und ob sie dessen
eigentlichen Sinn auch wahrnahmen. Augusta Bender aus dem badisch-fränkischen
Bauland, die um 1900 die Lieder aus ihrer
Jugend dem österreichischen Volksliedforscher und –pfleger Josef Pommer vorsang,
berichtet zum Müllerinlied: „Daß dieses
Lied ursprünglich einen schlüpfrigen Sinn
gehabt haben soll, erfuhr ich erst nach der
Niederschrift bei Böhme [gemeint ist die
wissenschaftliche Sammlung „Deutscher
Liederhort“ von Ludwig Erk und Franz
Magnus Böhme]. Wir sangen ganz naiv als:
Sparsame Müllerin, d. h. unter wörtlicher
Auffassung der ersten Strophe.“
Auch eine andere Schwankballade, die
vom Edelmann im Habersack, spielt im
Milieu einer Mühle. Über den Edelmann,
der sich als Liebhaber im Sack in die Mühle
einschmuggeln lässt, lachte man schon im
16. Jahrhundert. Der Sack bekommt um
Mitternacht Hände und Füße – in vielen
Fassungen tritt noch das deutlich erotische
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Spießmotiv dazu – und versucht vergeblich, sich der standhaften Müllerstochter zu
nähern. Die Tochter verhält sich ehrenhaft,
aus Sicht der Mutter aber ist es dumm, die
gute Partie zu verschmähen.
Aus Lentenbach, Kr. Hersbruck/Mittelfranken, 1935:
Bua, wannst aufs Fensterl gäihst,
gäih auf kain Mühl!
D‘ Mühlmadla ham‘s Hoppan gwohnt,
haltens nia still. (A 193403.)
Die nicht der gewohnten Norm entsprechenden Zustände auf der Mühle sind
auch Thema eines schwäbisch-fränkischen
Vierzeilers:
Dunda in der Illeri
gitts a schenna Milleri,
gitts a schenna Millersmad,
do bleib mer iber Nacht.
Der Liedersammler Albert Brosch hat viele
deftige Vierzeiler zum Thema aus dem
Egerland überliefert. Das lustige Leben auf
der Mühle ist weithin zu hören, wenn man
einem dieser Verse glauben will:
Das Bild des Müllers in Vierzeiler und
Spottlied
D‘ Mühlboubm af da Radstubm
san a lustis poar Leut;
döi häiat ma schon singa,
drei Viertlstund weit.
Neben den Schwankliedern sind es vor
allem Vierzeiler, die von Mühlen und ih-
In schlechte Gesellschaft stellt der folgende
Spottvers die Müller:
Bou, wennst aufs Fenstern gäihst
Beratungsstelle für Volksmusik in Franken, Liedblatt Nr 192. Vorgesungen von den
Offenbauer Sängern, Gewähr: Georg Dorner, Offenbau, 1980 aufgez. v. Erwin Zachmeier.
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D‘ Fouhaleut san staubi,
d‘ Müllaleut a,
und d‘ Metzka san blouti,
und d‘ Schindasleut a.
Das sich drehende Mühlrad als Sinnbild des
Lebens beschreibt ein Lumpenliedvers:
Schneid ham ma, dass‘s a Mühlradl treibt,
Geld ham ma, dass‘s übri bleibt;
Mühlradl, drah di zou, drah di zou,
Geld ham ma gnou.
Oder:
Mühlradl, drah di um an Spund,
wenn ma nimma lebm, san ma nimma gsund,
Mühlradl, drah di zou, drah di zou,
Göld ham ma gnou.
Anders als dem naiv die Schwank-Ballade
singenden Jungmädchen Augusta Bender
ist dem Schnodahüpfl-Sänger die verhüllterotische Symbolik der Mühle geläufig,
wenn es heißt:
Wenn i haimgäih, gäih i glei,
gäih i haim za mein Wei,
haut a wunnaschäina Mühl,
koan i af schü(d)n, wenn i will.
Die Erkundigung des verschmähten Freiers
als Eingangsstrophe eines Liebesliedes ist
wohl weniger eine erotische Anspielung
als die Sorge um das Befinden der Geliebten, wenn er seine Frage in folgendes
Bild kleidet:
Ei, allerliebsts Schatzerl,
wie gäiht denn dan Mühl?
Und wäi gäiht denn dan Mühl?
Und ei, dass sie neiat klappert
und gäiht a sua still?
Um den stillen Gang der Mühle geht es
auch in einem Lied, das von der Schweiz
über Württemberg bis an die schwäbischfränkische Grenze bekannt ist, es hat den
Eingang: Ei du verzweifelts Müllerle, warum
geht denn deine Mühl so still?
In den 1852 veröffentlichten Schwäbischen
Volksliedern finden sich eingerahmt durch
die Frage: Ei du verdammtes Müllele, Was
geht das Müllele so stillele! folgende Verse:
Bald ist das Wasser z‘ groß
Und gibt der Mühl ein’n Stoß...
Bald ist das Wasser z‘ klein
Bald fehlt es an dem Stein...
Bald fehlts am Wasserrad,
Bald stiehlt das Mehl die Magd...
Bald ist das Wasser z‘ schlecht,
Bald fehlt es an dem Knecht...
Bald ist das Wasser z‘ klein,
Bald läufts zur Mühl hinein...
Die Fassung, die 1988 der 90jährige Bauer
Xaver Reiter aus dem Kesseltal vortrug,
scheint ein Spottlied auf einen Müller oder
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Aus: Lieder aus dem Kesseltal – Ergebnisse neuerer Feldforschung zwischen Donau und Ries,
zusammengestellt von Dagmar Held. München 1990, S. 78.
den Müllerstand zu sein, das unordentliche
Verhältnisse in der Mühle anprangert.
Zusammen mit den älteren Versen, die
Beobachtungen aus dem ländlichen Arbeitsalltag enthalten, verraten sie mehr von
der sonst nie besungenen harten Existenz
des Müllers, dessen Arbeit von Jahreszeit
und Wasserstand abhingen, als die Lieder
der Romantiker. Der erwähnte Klepper- oder
Klapperstecken gehört nicht zur Mühle,
sondern ist ein primitives Mittel zum Bremsen eines Wagens über die Speichen des
Rades. In dem Lied ist zugleich die Sprache
des Mühlrades eingefangen. Der Rhythmus
des Mühlengeräusches bleibt nicht immer
gleich. Er verändert sich, weil der Wasserstand des Mühlgrabens die langsamere oder
schnellere Drehung des Mühlrades bewirkt.
Mit dem Tempo verändert sich die Tonhöhe.
Der Modulationswechsel wird bisweilen als
besondere Fähigkeit empfunden und als
sprachliche Äußerung der Mühle gedeutet.
Die schon erwähnte Augusta Bender berichtet aus ihrem badischen Heimatdorf Oberschefflenz: „Bei reichlichem Wasser sagte
das Mühlrad übermütig und gewissenlos,
des Müllers Handwerksregel ausplaudernd,
in Dur: Stiehl tapfer, stiehl tapfer, drei
Sechstel vom Achtel. Bei spärlichem Wasser
jedoch wurde es fromm, ging in sich und
predigte in Moll dem Müller Mildtätigkeit
gegen die Armen: ’s isch ’n armer Ma daus;
gebt’m, gebt’m.“
Den raschen Gang des Rades gibt der Refrain eines Schweizer Müllerliedes aus dem
Kanton Bern wieder, das mit dem oben
vorgestellen Spottlied verwandt ist:
Ei du verzwicktes Mülilili
gib abe, gib abe,
wie kostest mich so vielilili
gib abe, gib abe.
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Inhaltlich bezieht sich der Ausspruch
des Mühlrades auf die weitverbreitete
Meinung von der Unehrlichkeit des Müllergewerbes.
Dazu noch ein Beispiel aus Franken, entstanden in den 30er, 40er Jahren des 19.
Jahrhunderts, also zu einer Zeit, als die
Müller an Ansehen bei ihren Mitbürgern
gewonnen hatten. Trotzdem hält sich weiterhin aus der Sicht des Mahlkunden, des
Bauern, das überkommene Typenklischee
vom diebischen Müller. Mitgeteilt hat es
Franz Wilhelm von Ditfurth, der wichtigste
Liedersammler Frankens, der ab 1830 in
Unterfranken aufgezeichnet hat, was an
Liedern in seiner Wohnumgebung kursierte. Es stammt von einem Schmied aus
dem Steigerwald, der lustige Lieder in der
Tanzliedmelodik der Zeit gemacht hat. Die
ländliche Bevölkerung teilte damals offenbar (noch) nicht das romantische Empfinden
der Gebildeten gegenüber Mühle und
Müller, und so geht es in Schmied Zehes
Lied mit der Überschrift „Müllerkünste“
um die verschiedenen Arten des Mehlabschöpfens:
„Der Bauer spannt sein Wagen an, fährt
in die Mühl‘, will Mehl drin hol“, fängt das
Lied an und dann sieht er die halbvollen
Säcke, die er doch voll abgeliefert hatte.
Der Liedermacher aus Franken reiht nun
den ganzen Katalog von Vorurteilen in
gereimter Form und auf gut fränkisch
aneinander:
Das Weißmehl gibt den Müllern Brod,
Das Schwarzmehl ist fürn Bauern gut.
Die Kleie fressn den Müller sei Schwein,
Wie kann da noch viel über sein?
Vom selben Vorurteil lebt auch der folgende Vierzeiler aus dem Egerland:
Moidl, heiar kain Schinda,
dau haiast in d‘ Naout,
nimm löiwa an Mülla,
haoust allawal a Braout.
Es ist die Perspektive des Volkes, die verkürzt
und vereinfacht und den Müller damit
abstempelt. Die Wirklichkeit des 18. und
19. Jahrhunderts sah derweil anders aus.
Allerdings müsste die „Gegengeschichte“ von Volkskundlern noch geschrieben
werden, was für Franken, ausgehend
vom Fränkischen Freilandmuseum in Bad
Windsheim, ansatzweise geleistet wurde.
Dessen Untersuchungen aus den 1980er
Jahren zeichnen ein anderes Bild: Die im
18. Jahrhundert längst zunftfähigen Müller
waren angesehene Leute; sie bildeten eine
geschlossene Gesellschaft, das heißt sie heirateten untereinander, und es war schwer, in
ihre Kreise hineinzukommen, was natürlich
den Neid der Außenstehenden hervorrief.
Dass sie neben ihrem materiellen Reichtum
auch sozial anerkannt waren, beweisen die
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Mühlenidyll mit Abschiedsszene. Aus: Deutscher Liederschatz, Bayreuth 1979 (Gondrom-Verlag),
S. 612, Illustration zum Lied „Es steht eine Mühle im Schwarzwäldertal“.
Schultheißen und Bürgermeisterstellen, die
sie oftmals bekleideten, ebenso wie andere
wichtige Ehrenämter, vor allem solche,
die mit ihrem Beruf zusammenhingen,
wie das Amt des Mühlenbeschauers und
Wassergrafen.
des unaufhaltsamen Schicksals. Ausgangspunkt für die romantische Auffassung wird
ein altes Liebeslied. Das Motiv der Eingangsstrophe mit den drei Mädchen, von denen
der Name des dritten nicht genannt werden
darf, läßt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen:
Mühlenlieder der Romantik
Da droben auf jenem Berge,
da steht ein hohes Haus,
da gucken all Morgen und Abend
drei schöne Jungfrauen heraus;
die eine, die heißet Elisabeth,
die andere Bernharda mein,
die dritte, die will ich nicht nennen,
sie sollt mein eigen sein.
Zur gleichen Zeit, in der Romantik des frühen 19. Jahrhunderts, schwillt der Strom
der Mühlenlieder mächtig an, um im Bild
vom Wasser zu bleiben. Die Romantik fängt
auch jene andere Strömung auf, in der die
Mühle als ein Ort der dunklen Ungewißheit
galt: Nicht mehr so sehr das Abenteuer
steht nun im Vordergrund, vielmehr ist es
der tiefe Ernst der Liebe und ihr Pendeln
zwischen Dauer und Vergänglichkeit. Wie
man im Mittelalter im geistlichen Bereich
die Jüngste-Gericht-Mühle kannte, werden
Mühlrad und Mühlbach nun zum Sinnbild
Da unten in jenem Tale,
da treibt das Wasser ein Rad,
das treibet nichts als Liebe,
vom Abend bis wieder an Tag;
das Rad, das ist gebrochen,
die Liebe, die hat ein End,
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und wenn zwei Liebende scheiden,
sie reichen einander die Händ.
Ach Scheiden, ach, ach!
wer hat doch das Scheiden erdacht,
das hat mein jung frisch Herzelein
so frühzeitig traurig gemacht.
Dies Liedlein, ach, ach!
hat wohl ein Müller erdacht;
den hat des Ritters Töchterlein
vom Lieben zum Scheiden gebracht.
Die bedeutsame „Mühlradstrophe“ und
die Scheidestrophe sind später dazugekommen. Es ist das Bild des Mühlrads
aus der zweiten Strophe, das Dichter und
Komponisten der Romantik beflügelt hat,
nachdem der Liedtext durch Achim von
Arnim und Clemens Brentano 1805 in
ihrer für die Entdeckung des Volkslieds
epochalen Sammlung „Des Knaben
Wunderhorn“ veröffentlicht wurde. Es
wurde seither in unzähligen Sammlungen
nachgedruckt und ist von da in die mündliche Überlieferung zurückgekehrt. Wie
bei kaum einem anderen Lied haben hier
Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Prozeß
der Tradierung ineinandergegriffen, so dass
es bis ins 20. Jahrhundert zu einem der
verbreitetsten Liebeslieder des deutschen
Sprachraums geworden ist. Anspielungen
auf einzelne Verse des Liedes haben Literaturwissenschaftler in Werken Achim von
Arnims, Brentanos, Eichendorffs, Heines,
Rückerts, Fouqués, Büchners und anderer
vielfach gefunden. Nach der Wunderhornfassung, die ja ein reiner Textabdruck ist,
haben es später die Komponisten Weber,
Mendelssohn Bartholdy und Brahms bearbeitet. Brentano pflegte das Volkslied
schon früher zu singen; darauf soll Goethes
Umdichtung „Schäfers Klagelied“ beruhen. Goethe beurteilt dieses Lied von der
Liebe und vom Scheiden lakonisch so: „Für
einen, der die Lage fassen kann, unschätzbar”. Die Örtlichkeiten zu Beginn der ersten
beiden Strophen mit den entsprechenden
Motiven sind schnell typisch geworden,
wie wir gleich an einem der bekanntesten
deutschen Lieder erkennen werden. Auch
Eichendorff sang das Lied, wie er in seinem
Tagebuch am 13. August 1808 bekennt.
1809 gelang dem 21jährigen Eichendorff
mit dem in gleicher Vers- und Strophenform verfaßten Lied „In einem kühlen
Grunde“ ein großer Wurf.
Wie wir sehen, hat die zweite Strophe des
oben vorgestellen Liebesliedes (Da unten
in jenem Tale, da treibt das Wasser ein
Rad, …) sein Gedicht deutlich beeinflußt.
Gekonnt imitiert er den antiquierten und
holprigen Volksliedstil („mein Liebchen”,
„gewohnet”, „ein’”). Die Melodie dazu
komponierte der nachmalige Pfarrer
Friedrich Glück als Student in Tübingen
im Jahre 1814; Friedrich Silcher (1789
– 1860) veröffentlichte sie in Tübingen
1826 in leicht veränderter Form. Die me38
lodische Wendung im drittletzten Takt,
den hohen Ton auf dem dritten Achtel,
hat der Volksmund „hinzukomponiert“. In
dieser stimmungsvollen Vertonung wurde
es volkstümlich. Vor allem die Eingangswendung wurde rasch sprichwörtlich. Die
Mühle ist, wie auch in Wilhelm Müllers
Zyklus „Die schöne Müllerin“, Schauplatz
einer unglücklichen Liebe, die zuletzt in
der Identifikation von Mühlrad und Herz
gipfelt: Nur in beider Stillstand wäre Beruhigung zu finden. Dass selbst ein derart
verhalten ausgedrücktes Liebesleid den
Argwohn der Sittenwächter des späten
19. Jahrhunderts wecken konnte, erscheint
fast unglaublich, ist aber durch Franz Magnus Böhme überliefert: „Die Vorsteherin
eines Mädchenpensionats änderte ‚mein
Liebchen ist verschwunden’ zu ‚mein Onkel
ist verschwunden’“.
Noch ein weiteres Mühlenlied wurde auf
die Melodie von Friedrich Glück gesungen,
Justin Kerners Gedicht von 1830:
Dort unten in der Mühle
saß ich in süßer Ruh,
und sah dem Räderspiele
und sah den Wassern zu.
In einem kühlen Grunde
Unter Erlen steht ’ne Mühle
2. Leise öffnet sich ein Fenster,
dann ein zarter Händedruck,
||: Schüchtern gab des Müllers Lieschen
ihr’m Geliebten einen Kuss. :||
4. Denn mein Vater will’s nicht haben,
meine Mutter noch viel mehr,
||: dass wir zwei einander lieben,
lebe wohl, es geht nicht mehr.“ :||
3. „Einen Abschied sollst du haben,
ob dir’s recht ist oder nicht,
||: Denn ich darf dich nicht mehr lieben,
lebe wohl, vergiss mein nicht. :||
5. Und im Garten schleicht ein Schatten,
hinterher der Müllerbu.
||: Und im Mühlbach tiefstem Grunde
finden beide ihre Ruh. :||
6. Drum ihr Eltern lasst euch sagen,
störet nie des Kindes Glück,
||: Denkt an eure Jugendtage,
denket nur an euch zurück. :||
Vorgesungen von Resi und Titus Schmitt, 63843 Niedernberg, Lkr. Miltenberg. In: Armin Griebel
und Heidi Schierer (Hg.): Wann mir beisamme sitze. Gesellige Lieder vom Untermain. Walkershofen
1999, S. 127 f. Die 1. Strophe lautet im Original: „Unter Erlen stand ’ne Mühle, … und in stiller
Mondnachtskühle …“; sie wurde hier an die allgemein bekannte Fassung angepasst.
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Das ist das Lied vom Wanderer in
der Sägemühle, der bei seiner Rast
wie im Traum erfährt, dass die gerade geschnittenen Bretter für seinen
Sarg bereitet sind. Auch dieses Lied
scheint im frühen 20. Jahrhundert
bei der Jugend recht beliebt gewesen
zu sein. Von da rührt es wohl her,
wenn Anna Arnold (1911-2006) aus
Premich in der Rhön, die als junges
Mädchen in den 1920er Jahren von
Frühjahr bis Herbst als Dienstmagd
auf unterfränkischen Gutshöfen
arbeiten musste, Eichendorffs markante Eingangswendung „In einem
kühlen Grunde“ durch „Dort unten
bei der Mühle“ ersetzt.
Das Gedicht „Das Wandern ist des
Müllers Lust“ wurde 1818 von Wilhelm Müller geschrieben, der seine
Berühmtheit zuerst Franz Schuberts
Vertonung des Zyklus‘ „Die schöne
Müllerin“ verdankt. Zum Volkslied
wurde jedoch die 1844 komponierte
Melodie des seinerzeit hochangesehenen deutschen Chordirigenten
und -komponisten Karl Friedrich
Zöllner.
Lange bevor sie eine Mühle gesehen
haben, nehmen Kinder seit Generationen die Vorstellung von der klappernden Mühle am rauschenden
Bach in sich auf.
der Text mit seiner ungewöhnlichen
Moralstrophe so manchem aus dem
Herzen.
Die Vertrautheit des Bildes der Mühle
wird zur Heimatchiffre, wenn es in
einem Lied heißt:
Wo’s Dörflein traut zu Ende geht,
wo’s Mühlenrad am Bach sich dreht,
da steht im duftgen Blütenstrauß
mein liebes, altes Elternhaus.
Schlagerkomponisten bemächtigten
sich des Themas: der Berliner Wilhelm
Lindemann – bekannt auch als Fritze
Bollmann –, dessen Walzerlied von
1927 „Trink, trink, Brüderlein trink”
heute noch gesungen wird, vertonte
Kerners Gedicht „Dort unten in der
Mühle“ im Schlagerstil. Der für seine
Kriegslieder berüchtigte NS-Komponist Herms Niel nutzte die Bekanntheit
dieser Bilder und Formeln für ein
Marschlied (1936), das fränkische
Wirtshaussänger so zurechtgekürzt
singen:
Liedpostkarte des Spezialverlags Robert Franke, Hamburg.
Feldpostkarten mit Soldatenschlagern von Herms Niel waren
im Zweiten Weltkrieg sehr verbreitet.
Es klappert die Mühle am rauschenden
Bach: Klippklapp!
Bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets
wach: Klippklapp!
Er mahlet uns Korn zu dem kräftigen Brot,
und haben wir dieses, so hat’s keine Not!
Klippklapp, klippklapp, klippklapp!
Der Lehrer und Gelegenheitspoet Ernst Anschütz hat mit diesem Handwerkerlied von
1824 die Arbeit des Müllers einmal ohne
die üblichen Anspielungen geschildert, und
so den bis dahin im Volkslied übel beleumdeten Müllerstand gleichsam rehabilitiert.
1799 hatte Rudolph Zacharias Becker das
mit drei Müllerlobliedern in seinem Mildheimischen Liederbuch erfolglos versucht.
Sein Lied „Müller, Mahler, Müller, Mahler“
greift offenbar bewußt den in Kinder- und
Schmähversen verbreiteten Versanfang:
„Müller, Mahler ... Roggenstahler“ auf, um
ihn neu und positiv zu besetzen.
Das Lied „Unter Erlen“ nimmt die Mühlenstimmung der Romantik auf und verknüpft
sie mit einer Erzählung, die sentimental
verpackt auch ein Quentchen Sozialkritik
enthält. Was mit dem traulichen Bild der
Mühle beginnt, nimmt rasch eine tragische
Wendung: Der arme Müllerbursche darf die
reiche Müllerstochter nicht heiraten und
so beschließen beide den gemeinsamen
Selbstmord.
Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3
Noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde dieses Lied von Jugendlichen
gern gesungen. Auf den durch bäuerliche
Heiratsinteressen geprägten Dörfern sprach
Zu Sanssouci am Mühlenberg
da steht ein kleines Haus,
da schauen jeden Morgen früh
zwei hübsche Mädel raus.
Die eine heißt Veronika,
die andre heißt Marie,
die warten, bis vorüber zieht
die erste Kompanie.
Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Mühle
im Lied immer mehr zum symbolisch aufgeladenen Schauplatz von Geschichten, die
mit der Realität der Mühlen nichts gemein
Wo’s Dörflein traut zu Ende geht
Text: Franz Wiedemann (1821 - 1882); Weise: A. Büchse / Carl Heß
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hatten. Die folgende Inschrift vom Wappen
eines Frankfurter Mühlarztes spielt auf die
Härte des Berufs an. Sie soll am Schluss
stellvertretend für die unbesungene Seite
des Müllerlebens stehen:
O eisenharter Müllerstand!
O felsenhartes Leben!
Wie lieblich schienst du mir zu sein,
Eh ich mich dir ergeben.
Nun aber kenn ich deinen Stand
Und kenn auch deinen Orden.
Wenn ich dies hätt zuvor gewußt,
Wär ich kein Müller worden.
Literatur:
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Denken des Volkes. In: Schwäbische Heimat
12 (1961), S. 73 ff.
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40
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Band 1-4. Sulzbach-Rosenberg 1986.
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Mühle, Mühlstein, Müller; Sp. 998-1005:
Müllerschwänke.
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Liederhort. Auswahl der vorzüglicheren Deutschen Volkslieder nach Wort und Weise aus der
Vorzeit und Gegenwart. Band 1 – 3. Hildesheim
/ New York; Wiesbaden 1972; Nachdruck der
Ausgabe Leipzig 1893.
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mir beisamme sitze. Gesellige Lieder vom
Untermain. Walkershofen 1999 (= Veröffentlichungsreihe der Forschungsstelle für fränkische
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GROSSE, Siegfried: Die Mühle und der Müller
im deutschen Volkslied. In: Jahrbuch des
Österreichischen Volksliedwerkes 11 (1962),
S. 8 ff.
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München 1990 (= Lied, Musik und Tanz in
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Wolga. Freiburg im Breisgau 1979 (= Quellen
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Klemm aus Almáskamarás im ungarischen
Banat. Freiburg 1980 (= Quellen deutscher
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MAHR, Otto: Das Volkslied im bäuerlichen Jahr der
Rhön. Diss. Frankfurt / Main 1939.
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MEIER, John: Balladen. Zwei Teile. Leipzig 1936,
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Volksmusik in Bayern 25 (2008), Heft 3