Mediation warum - Universität Siegen
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Mediation warum - Universität Siegen
Über die Notwendigkeit, sich mit Mediation, Konfliktlösung, außergerichtlicher Streitschlichtung und Verhandlungsmanagement zu beschäftigen (vgl. mein Aufsatz in der IURRATIO, Ausgabe 3/2013, S. 116 ff.) Rechtsanwalt Karl Ehler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mediator (ADR/Program on Negotiation at Harvard Law School), Lehrbeauftragter für Mediation, Konfliktlösung, Streitschlichtung und Verhandlungsmanagement an der Universität Siegen und der FH Schmalkalden Berufsbilder im Wandel machen nicht bei Naturwissenschaftlern und Ingenieuren halt, sondern betreffen natürlich und gerade auch Juristen.1 Fachwissen allein wird in der Zukunft nicht ausreichen, für den Berufsalltag gerüstet zu sein.2 Neben dem juristischen Handwerkszeug des normorientierten Subsumierens wird die Bewältigung von Streitigkeiten und Konflikten über den Streitgegenstand hinaus immer bedeutsamer. Denn neben dem gerichtlichen und dem schiedsgerichtlichen Verfahren haben sich in den letzten Jahren Dank Mediation, außergerichtlicher Streitschlichtung und dem Verhandlungsmanagement3 verschiedene Verfahrensweisen und Methoden herausgebildet und entwickeln sich weiter 4, mit deren Hilfe Streitigkeiten und Konflikte unterschiedlich teuer, unterschiedlich schnell, unterschiedlich beziehungswahrend und damit unterschiedlich effektiv in Qualität und Quantität gelöst werden können. I. Anekdote über Churchill zur Einleitung Um Winston Churchill, der unter anderem für seine Sprachgewalt bekannt ist, ranken sich viele Anekdoten. Eine davon lautet wie folgt: Lady Nancy Astor hatte einen Disput mit Churchill, der für Frauenrechte nicht viel übrig gehabt haben soll.5 Im Verlauf der verbalen Gefechte soll Lady Astor zu Winston Churchill gesagt haben: „Wenn ich mit Ihnen verheiratet wäre, würde ich Ihnen morgens beim Frühstück Gift in den Kaffee schütten.“ Worauf Churchill erwidert haben soll: „Und wenn ich mit Ihnen verheiratet wäre – ich würde ihn trinken.“6 Das ist sicherlich schlagfertig. Was diese Form des Umganges aber in Verhandlungen bewirken würde, kann man sich lebhaft vorstellen; Einigungshindernisse werden dadurch „eher nicht beseitigt“ - die Beziehung kaum entlastet. II. Warum sich mit Mediation beschäftigen? 1. Aspekt: Ausbildungsinhalt von Juristen Aufgrund der Änderungen im Deutschen Richtergesetz, und zwar dessen § 5a Abs. 3 S. 1 DRiG, der Schlüsselqualifikationen, insbesondere die Streitschlichtung, die Mediation und das Verhandlungsmanagement ausdrücklich zum Gegenstand der Ausbildung macht, haben die Länder ihre Ausbildungsordnungen für Juristen entsprechend angepasst. Alle Landesregelungen zur Juristenausbildung verweisen auf § 5a Abs. 3 S. 1 DRiG (wie z. B. Thüringen durch § 8 ThürJAG7 i. V. m. § 1 Abs. 5 ThürJAPO8) oder übernehmen teilweise wörtlich (wie z. B. das Wellmann/Kraus/Kampherm, in: PricewaterhouseCoopers/Europa-Universität Viadrina (Hrsg.), Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmer“, 2007, S. 9, 25 f. 2 „Ein Jurist der nicht mehr ist, denn ein Jurist, ist ein arm Ding“ (Martin Luther). 3 Fisher/Ury/Patton, Das Harvard-Konzept, 24. Auflage 2013. 4 Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013, S. 96 ff. 5 Zum Teufel alle miteinander – Anekdoten über Churchill, S. 30. 6 Zum Teufel alle miteinander – Anekdoten über Churchill, S. 30; Rolf Miller, „Kein Grund zur Veranlassung“, Bühnenprogramm 2007. 7 Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst i. d. F. v. 28.01.2003 (GVBl. §. 33). 8 Thüringer Juristenausbildungs- und prüfungsordnung i. d. F. vom 24.02.2004 (GVBl. S. 217) 1 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen9 in dessen § 7 Abs. 2 JAG) die Norm des § 5a Abs. 3 S. 1 DRiG: „Die Inhalte des Studiums berücksichtigen die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis einschließlich der hierfür erforderlichen Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit.“ Für den Rechtsanwalt gilt, dass er als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten unter anderem seine Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten hat (§ 1 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte). Je größer der Anteil der späteren Tätigkeit im beratenden und gestaltenden Bereich sein wird, desto wichtiger und unerlässlicher werden die Themen Mediation, Konfliktlösung, außergerichtliche Streitschlichtung und Verhandlungsmanagement. Jeder verhandelt jeden Tag über mehr oder weniger wichtige Gegenstände 10; in der Berufs-, Arbeits- und Geschäftswelt gehört erfolgreiches Verhandeln zu den größten Herausforderungen. Trotzdem beschäftigen sich nur sehr wenige mit dem, wie man eigentlich verhandelt.11 Verhandlungskompetenz fällt einem nicht zu; vielmehr muss man sich diese erarbeiten – theoretisch wie praktisch. Verhandeln beschränkt sich dabei nicht auf Methoden, um den Gesprächspartner von der eigenen Auffassung zu überzeugen oder den eigenen Standpunkt argumentativ vertreten zu können. Dies ist eher Gegenstand der Rhetorik. „Eine Verhandlung ist kein Streitgespräch. Verhandeln ist vielmehr ein komplexes Zusammenwirken von Informationen, Vorschlägen, Bewertungen und Alternativen im Hinblick auf eine mögliche Einigung zwischen den Beteiligten“.12 Verhandlungen „bestehen aus einer komplexen Abfolge einzelner Entscheidungsschritte der Verhandlungspartner“. 13 „Verhandlungsmanagement bedeutet, moderne Erkenntnisse der interdisziplinären Verhandlungsforschung dazu einzusetzen, beim Verhandeln bessere Ergebnisse zu erzielen.“ 14 Oftmals geht es aber auch darum, überhaupt ein Ergebnis zu erzielen und Gespräche (und Beziehungen) nicht abbrechen zu lassen. Das wesentliche Element von Verhandlungen ist die Ergebnis- bzw. Entscheidungsfindung.15 „Verhandlungsmanagement soll es ermöglichen, auf Basis einer tiefen Einsicht in das Geschehen reflektiert und authentisch zu handeln.“ 16 „Verhandeln wird als eine Art der Findung einer Entscheidung verstanden.“17 „Das Element der Entscheidungsfindung, die Gestaltung der Zukunft unterscheidet Verhandlungen von anderen, verwandten Kommunikationsformen.“18 Mit diesen drei Zitaten wird punktgenau formuliert, was Verhandeln bzw. Verhandlungsmanagement im Kern bedeutet: handeln, gestalten, entscheiden. Konfliktmanagement, Streitschlichtung und Verhandlungsmanagement werden damit auf einfache Weise in ihrem vernetzten Zusammenhang deutlich. Diese Fähigkeit zu verhandeln, ist nicht angeboren, sondern erworben19 (Verhandlungskompetenz). Wer verhandelt, der gestaltet. Mit der Entscheidung, welche I. d. F. vom 11.03.2003. Fisher/Ury/Patton, Das Harvard-Konzept, 24. Auflage 2013, S. 23. 11 Vgl. Voeth/Herbst, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 30. 12 Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 4. 13 Gamm, Verhandlungen gewinnt man im Kopf, 2009, S. 20. 14 Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 1. 15 Bazerman/Mannix/Thompson, Groups as mixed-motive negotiations, in: Advances in Group Processes, 1988, p. 195-216; Davis/Laughlin/Komorita, The social psychology of small groups: Cooperative and mixed-motive interaction, in: Annual Review of Psychology, Volume 27, 1976, p 501-541; Johnson, Negotiation Basics, Concepts, Skills, and Experiences, 1993. 16 Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 3. 17 Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 23. 18 Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S. 5. 19 Ponschab/Schweizer, Schlüsselqualifikationen, 2008, S. 147 mit Hinweis auf Haft, Verhandeln, die Alternative zum Rechtsstreit, 1992. 9 10 2 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 Ergebnisse konsensfähig sind und welche nicht, wird unmittelbar Einfluss genommen. Die Möglichkeit der Einflussnahme zur Gestaltung muss aber auch genutzt werden können, um ergebnis- und zielorientiert eigene Interessen umsetzen zu können (Gestaltungskompetenz). Das Handeln liegt bereits im Begriff „VerHANDLUNGsmanagement“ und muss nicht weiter erläutert werden. Die Fähigkeit zu handeln ist offensichtlich eine Komponente des Verhandlungsmanagements (Handlungskompetenz). Der wesentliche Kern des Verhandlungsmanagements, in dem sowohl die Handlungs- als auch die Gestaltungskompetenz aufgehen, ist die Fähigkeit, Entscheidungen mit möglichst hoher Ergebnisqualität treffen zu können (Entscheidungskompetenz). Der Anwendungs- und Nutzungsbereich wird dabei durch zwei Funktionen 20 formuliert: Deal-Making (Verträge zu einem Abschluss zu bringen) und Conflict Resolution (Beilegung von Konflikten). Fakt ist, dass Schlüsselqualifikationen, insbesondere Gesprächsführung, Konflikt- und Verhandlungsmanagement Themen des Hier und Heute und noch mehr der Zukunft sind. In jedem Gespräch, das man führt, in jedem Konflikt, den man austragen muss, in jeder Verhandlung, an der man beteiligt ist, sind diese Fähigkeiten und Kenntnisse wichtig, sind Schlüsselqualifikationen gefragt und entscheiden über den Ausgang der einzelnen konkreten Situationen. Dies lässt sich am Beispiel der Unternehmensnachfolge kurz darstellen. Handwerksbetriebe, Familienunternehmen und kleine bzw. mittelständische Unternehmen sind wesentlich davon geprägt, dass die persönliche Identifikation mit dem Unternehmen sehr hoch ist, bzw. das Unternehmen oft an die nächste Familiengeneration weitergegeben wird. Zahlen, Fakten, Rechtsformen, Businesspläne sind natürlich sehr wichtig und Teil von Prüfung und Beratung. Die Welt der Unternehmensnachfolge wird wesentlich von Zahlen geprägt - allerdings nicht ausschließlich. Gerade in Familienunternehmen lassen sich wirtschaftlich-technische Rahmenbedingungen nicht von der familiären, persönlichen, menschlichen Beziehungsebene trennen.21 Auch wenn das Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, nicht an die „Next Generation“ weitergegeben wird, werden Aspekte und Kriterien außerhalb der sachlich-rationalen Ebene bei der Entscheidung über die Übertragung eine maßgebliche Rolle spielen. 2. Aspekt: Mediation, Konfliktlösung und Verhandlungsmanagement sind mehr als Schlüsselqualifikationen a. Verfahrensmanagement Mediation, Konfliktlösung und Verhandlungsmanagement - wie es der Gesetzgeber in § 5a Abs. 3 S. 1 DRiG getan hat - als Schlüsselqualifikationen einzuordnen, ist vor diesem Hintergrund aber nur bedingt richtig; denn es geht dabei um wesentlich mehr: es geht darum, auf Streitigkeiten und Konflikte dasjenige Verfahren und diejenigen Methoden anzuwenden, die ganzheitlich, effektiv, ressourcensparend, kostengünstig und vor allem auch die Beziehung wahrend eine Lösung bewirken können. Dem Prozess, innerhalb dessen ein Konflikt gelöst bzw. ein Streit geschlichtet wird, fällt damit eine große, entscheidende Funktion zu.22 So ist im Verständnis um eine umfassende und nachhaltige Streitschlichtung bzw. Konfliktlösung (ADR = alternative/appropriate dispute resolution 23) die Strukturierung des Wermke, Mediation – Mit den wesentlichen Textstellen des MediationsG und Erläuterungen, 1. Auflage 2012, S. 22. 21 Vgl. Ehler, Familienrecht – Wie subsumiert man eigentlich Emotionen, FPR 11/2013, S. 500 ff. (FamiliePartnerschaft-Recht, interdisziplinäres Fachjournal, C. H. Beck Verlag). 22 Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013. 23 Unter Praktikern steht das Akronym ADR auch für avoiding disastrous results. 20 3 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 Verfahrens (Verfahrensmanagement) eines der wesentlichen Aufgaben bei der Konfliktlösung, wobei die flexible Anwendung von ganz unterschiedlichen Konfliktlösungsverfahren und einzelnen Strukturmerkmalen die Möglichkeit und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, zu einer Lösung des Konfliktes zu kommen.24 Dabei sei an dieser Stelle bereits auf einen der großen Irrtümer über Mediation hingewiesen. Denn es gibt nicht nur ein einziges Verfahren zur Streitschlichtung und Konfliktlösung; das Mediationsverfahren ist nur eines von vielen Verfahren und Methoden der ADR; daneben gibt es eine Vielzahl von Konfliktlösungsund Streitschlichtungsverfahren, deren gezielte Anwendung und gezielte Mischung gute Chancen haben, eine außergerichtlichen Lösung eines Konfliktes oder Streites zu befördern, sofern der ernsthafte, wirkliche Wille für eine Klärung vorhanden ist 25. Leider beschränkt sich das vermittelte Wissen üblicherweise auf das Mediationsverfahren. Gegenstand muss aber die ADR mit ihren unterschiedlichen Methoden und Verfahren sein. Die Vielzahl vorhandener und sich weiter entwickelnder Verfahrensweisen ist die logische Konsequenz aus dem Bemühen, für die Parteien und deren Konflikt flexible und effektive Verfahren zur Konfliktbewältigung zur Verfügung zu stellen.26 Das Mediationsverfahren ist nur ein Verfahren der ADR. ADR beschreibt als „Sammelbegriff“27 („umbrella term“) die Konfliktlösung bzw. Streitschlichtung außerhalb gerichtlicher Entscheidungsmacht. Durch die Nutzung einer Vielzahl an außergerichtlichen Konfliktlösungsverfahren wird ein maximales Maß an Flexibilität und individualisiertem Verfahrens- und Methodenzuschnitt geleistet. Man muss sich also bewusst machen, dass die ADR nicht jeweils ein einziges Verfahren für einen bestimmten Konflikt oder Streit vorhält (keine Schubladenmethodik); vielmehr wird man zunächst die Konflikt- bzw. Streitsituation analysieren, um dann ein Verfahren auszuwählen, welches dazu passt. Da man zu Beginn der Verhandlungen aber noch nicht alle Aspekte kennt, sondern diese oft erst während der Gespräche herausgearbeitet werden müssen, muss immer wieder geprüft werden, ob nicht mit einer anderen Verfahrensstruktur fortzusetzen ist bzw. Abschnitte, Aspekte oder Elemente anderer ADR-Verfahren integriert oder ausgewechselt werden können, um die Kommunikation 28, die Konfliktgespräche bzw. die Verhandlungen besser voranzubringen (Verfahrensmanagement29). Im Zusammenhang mit dem sog. Grünbuch über alternative Verfahren der Kommission Europäischen Gemeinschaften30 wurde als Ergebnis einer Anhörung vom 21. Februar 2003 zur ADR festgehalten, dass die Kommission mit verschiedenen Vertretern und Repräsentanten u. a. der Mediationsverbände, einen "European Code of Conduct for Mediators", also einen Verhaltenskodex für Mediatoren entwerfen sollte, während sich die Kommission gleichzeitig vornahm, einen Richtlinienvorschlag für die Durchführung von Mediation vorzulegen. Auf diese sog. europäische Mediationsrichtlinie wurde bereits hingewiesen. Unter Ziffer 3.1 des European Code of Conduct for Mediators ist zu lesen: „Der Mediator leitet das Verfahren in angemessener Weise und 24Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013; Ehler, BB 2010, 702, 703 f.; Ehler, RAK Thüringen 01/2011, S. 11 f. 25 Ehler, BB 2010, 702, 704; s. a. Eberl-Borges, ZErb 2010, 255 ff. 26 Risse, Mediation und Recht, Beilage 2 zu BB Heft 16/2001, S. 16; Alexander/Ade/Olbrisch, Mediation, Schlichtung, Verhandlungsmanagement, 2005, S. 5 ff. 27 Duve, Alternative Dispute Resolution (ADR) – die außergerichtliche Streitbeilegung in den USA, Betriebs-Berater Beilage 10 „Mediation & Recht“ vom 01.10.1998, S. 9. 28 S. z. B. FPR 11/2013 mit Themenschwerpunkt Kommunikation im familiengerichtlichen Verfahren. 29 29Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013, insbes. S. 88 ff. und S. 167 ff. 30 KOM(2002) vom 19.04.2002. 4 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 berücksichtigt die jeweiligen Umstände des Falls, einschließlich einer ungleichen Machtverteilung und des Rechtsstaatsprinzips, eventueller Wünsche der Parteien und der Notwendigkeit einer raschen Streitbeilegung. Die Parteien können unter Bezugnahme auf vorhandene Regeln oder anderweitig mit dem Mediator das Verfahren vereinbaren, nach dem die Mediation vorgenommen werden soll.“ Wenn also das Verfahren vereinbart werden soll, nach dem die außergerichtliche Streitschlichtung durchgeführt werden kann, dann spricht auch dies dafür, dass neben dem Mediationsverfahren auch andere, sprich die ADR-Verfahren, eingesetzt werden sollen. Flexibilität gehört damit zum tragenden Prinzip des Verfahrensmanagements. Es können sich demnach unterschiedliche Verfahren oder Verfahrensbausteine ergeben, die auf die Konfliktsituationen und –parteien angepasst werden müssen. Dabei sei unmissverständlich deutlich gemacht, dass das Ziel des Einsatzes von neuen Formen der Konfliktlösung (ADR) nicht darin besteht, traditionelle Verfahren wie z. B. das Gerichtsverfahren, zu ersetzen. Es ist insgesamt deutlich zu machen, dass weder das Gerichtsverfahren noch die Mediation oder andere Verfahren der außergerichtlichen Streitschlichtung (ADR) per se „besser“ sind als andere Verfahren. Insgesamt geht es darum zu prüfen, welches Verfahren unter Berücksichtigung aller Umstände, des Konfliktstoffes und der Konfliktbeteiligten die meisten Vorteile bietet, eine Lösung der Konfliktsituation für den Mandanten (bzw. die Konfliktbeteiligten) beziehungswahrend, dauerhaft, ressourcensparend, effektiv, schnell und kostengünstig erreichen zu können. Dabei soll ein hinzugezogener „Mediator“, insbesondere ein in der ADR erfahrener Konfliktmittler oder Dritter unterstützen. Wer hier gewissenhaft prüft, wird feststellen, dass die außergerichtliche Konfliktlösung in einer Vielzahl von Fällen die bessere Auswahl darstellt31 (vgl. § 253 Abs. 3 Ziffer 1 ZPO, § 23 Abs. 1 S. 3 FamFG) b. Wertschöpfung Wendet man also die effektiven Verfahren und Methoden an und erhöht dadurch die Chance für eine Einigung bzw. Erledigung, so könnte man die Suche nach Lösungen hin zu sog. Win-Win-Situations nutzen, um gemeinsam bessere Ergebnisse zu erarbeiten als im ressourcen- und kräfteraubenden Gegeneinander. Dadurch besteht die Chance, Ergebnisse qualitativ und quantitativ weiter zu verbessern. Es geht also nicht nur um Methodik, Dogmatik und Effektivität, sondern auch um Verbesserung der Ergebnisqualität - es geht somit auch um Wertschöpfung. c. Handlungskompetenz Um den beruflichen Herausforderungen gerade in leitenden Positionen gerecht werden zu können, soll die fachliche Qualifikation um soziale und methodische Kompetenzen ergänzt werden. Durch das Vernetzen von fachlicher, sozialer und methodischer Kompetenz soll die eigentliche Handlungskompetenz entstehen.32 3. Aspekt: Widerspruch von Anwendungshäufigkeit und Ergebnisqualität Eine Studie der Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) hat einen interessanten Aspekt deutlich werden lassen, nämlich dass Gerichtsverfahren im Vergleich zur Mediation zwar als nachteilig empfunden werden (gerade im Hinblick auf Kosten und Grad der Einflussnahme auf das Ergebnis) und die Mediation demgegenüber als positiv gewertet wird, dennoch wird in der Realität viel häufiger das Gericht bemüht 31 31Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013, S. 167 ff.; Ehler, BB 2010 702 ff.; Ehler, RAK Thüringen 01/2011, S. 11 f.; Ehler, RAK Thüringen, 02/2012, S. 21. 32 Faix/Laier, Soziale Kompetenz, 1991, S. 37; vgl. Trenczek/Berning/Lenz (Hrsg.)-Mayer, Mediation und Konfliktmanagement, 1. Auflage 2013, S. 87. 5 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 als der Mediator33. Anwendungshäufigkeit und Ergebnisqualität fallen weit auseinander. Dieser äußerst auffällige Widerspruch muss aufgelöst werden! 34 4. Aspekt: BVerfG vom 14.02.2007 In einer Entscheidung vom 14.02.2007 – 1 BvR 1351/0135 hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass die Mediation bzw. Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung als probate und verfassungsgemäße Mittel zur Beschleunigung der Konfliktlösung, Förderung des Rechtsfriedens und Entlastung der Gerichte anerkannt werden. In dem Urteil ging es um die Verfassungsmäßigkeit der in § 10 Gütestellen- und Schlichtungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (i. V. m. § 15 a EGZPO) vorgesehenen Verpflichtung zur Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens bevor staatliche Gerichte in Anspruch genommen werden können. Zitat aus dem Urteil des BVerfG: „Der möglichen Beeinträchtigung stehen hinreichende Vorteile für die Rechtsuchenden gegenüber. Im Erfolgsfalle führt die außergerichtliche Streitschlichtung dazu, dass eine Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte wegen der schon erreichten Einigung entfällt, so dass die Streitschlichtung für die Betroffenen kostengünstiger und vielfach wohl auch schneller erfolgen kann als eine gerichtliche Auseinandersetzung. Führt sie zu Lösungen, die in der Rechtsordnung so nicht vorgesehen sind, die von den Betroffenen aber - wie ihr Konsens zeigt - als gerecht empfunden werden, dann deutet auch dies auf eine befriedende Bewältigung des Konflikts hin. Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung.“ 5. Aspekt: Bereits in Kraft befindliche gesetzliche Regelungen des Hier und Heute Es existiert bereits eine Vielzahl von Rechtsnormen, die eine „Verhandlung mit dem Ziel einer Einigung“ vorsehen. Auf nur eine sehr wichtige Regelung, deren gesetzgeberischen Inhalt man sich bewusst machen sollte und den es schon seit Jahrzehnten gibt, sei hingewiesen: § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG: „Sie (Arbeitgeber und Betriebsrat) haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen.“ 36 6. Aspekt: Einfache und qualifizierte Mediationsklauseln in Verträgen In die Vertragsgestaltung werden zunehmend sog. Mediationsklauseln37 aufgenommen. Mit deren Hilfe wird in einfacher oder komplexer Form einvernehmlich formuliert, wie im Falle von Meinungsverschiedenheiten, Konflikten oder Streitigkeiten damit umgegangen werden soll. Verfahrensmanagement im oben beschriebenen Sinne wird damit zum wesentlichen Element einer effektiven Vertragsdurchführung; gleichzeitig wird die Zusammenarbeit der Vertragspartner auch bei „Störfällen“ effektiv und beziehungswahrend gestaltet und geregelt sowie eine belastbare Geschäfts- und Kundenbeziehung für die Zukunft erhalten oder aufgebaut. So das Ergebnis einer Studie aus dem Jahr 2005 der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) in Zusammenarbeit mit PricewaterhouseCoopers. 34 S. a. die Nachfolgestudie der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) in Zusammenarbeit mit PricewaterhouseCoopers aus dem Jahr 2007, welche leider lediglich auf einer Datenbasis von nur 17 befragten Unternehmen erfolgte, die im Übrigen nicht alle bereits an der Studie von 2005 teilgenommen haben. 35 ZKM 2007, 128 ff. 36 Ehler, BB 2010, 702, 703; Ehler, BB 2000, 978, 980. 37 Unberath, NJW, 2011, 1320 ff. 33 6 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 7. Aspekt: Mediationsrichtlinie, Mediationsgesetz, Vorschläge der Europäischen Kommission einer Richtlinie über alternative Streitbeilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und über eine Verordnung über Online-Streitbeilegung a. Mediationsgesetz Eines der stärksten Argumente dürfte das auf einer EG-Richtlinie beruhende Mediationsgesetz sein. Der Europäische Rat hat bereits auf seiner Tagung im norwegischen Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 unter dem Aspekt des besseren Zugangs zum Recht in Europa die Mitgliedstaaten aufgefordert, alternative außergerichtliche Verfahren zu schaffen. Dabei ist schon in diesem Zusammenhang Wert darauf zu legen, dass hier der Plural verwendet wird („außergerichtliche Verfahren“). Der nächste Schritt dauerte dann bis zum 19.04.2002, an dem die Kommission der Europäischen Gemeinschaften das sog. Grünbuch über alternative Verfahren vorgelegt hat. Ausdrücklich wird dort die ADR - und zwar „nur“ die ADR genannt, zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht; den Begriff „Mediation“ sucht man dort vergebens. Als Ergebnis einer Anhörung vom 21. Februar 2003 zur ADR beauftragte die Kommission verschiedene Vertreter und Repräsentanten der Mediationsverbände und ADR-Interessierter usw., einen "European Code of Conduct for Mediators" zu entwerfen, während sie sich gleichzeitig vornahm, einen Richtlinienvorschlag für die Durchführung von Mediation vorzulegen. Die angesprochene Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 stand zur Umsetzung bis zum 20. Mai 2011 an. Die Bestimmungen der Richtlinie sollen für grenzüberschreitende Streitigkeiten gelten, aber auch auf interne Mediationsverfahren, also Mediationsverfahren ohne grenzüberschreitenden Bezug, anwendbar sein können. Das Bundesjustizministerium hatte schon frühzeitige beabsichtigt, die Mediation mit nationalem und mit grenzüberschreitendem Bezug auf eine einheitliche Grundlage zu stellen; damit soll vermieden werden, dass für Mediationen mit nationalem und solche mit europäischem Bezug unterschiedliche Maßstäbe gelten. Einer Rechtszersplitterung wird dadurch entgegengetreten.38 Mit Datum des 04.08.2010 wurde der Referentenentwurf zum Mediationsgesetz vorgelegt; es folgte der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 01.04.2011 39. Nach Beteiligung des Rechtsausschusses40 und des Bundesrats41 hat der Bundestag schlussendlich die Letztfassung in seiner Sitzung am 28.06.2012 einstimmig angenommen. Das Mediationsgesetz ist am 26. Juli 2012 in Kraft getreten. b. Weitere Vorhaben der Europäischen Union Nachdem die EU den Anstoß für die Nutzung von Mediationsverfahren gegeben hat, geht die Integration außergerichtlicher Streitschlichtungs- und Konfliktlösungsverfahren nun weiter. Im November 2011 hat die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss eine Mitteilung über „Alternative Verfahren zur Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten im Binnenmarkt“ vorgelegt. In der „Strategie Europa 2020“, so heißt es, sei ein stärkerer, vertiefter und erweiterter Binnenmarkt für mehr Wachstum und Beschäftigung von fundamentaler Bedeutung. Dies würde sich aber nur realisieren lassen, wenn der Zugang zum Recht im europäischen Waren- und Dienstleistungsverkehr für die Verbraucher (und auch Unternehmen) gewährleistet werden kann. Verbraucher scheuen den Kauf oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen im europäischen Wirtschaftsverkehr, da sie die Durchsetzung wie im eigenen Land nicht gesichert sehen. Würden die So die Leiterin der Abteilung Rechtspflege im Bundesministerium der Justiz Marie Luise Graf-Schlicker auf dem 13. Mediations-Kongress der Centrale für Mediation am 3.4.2009 in Berlin. 39 Drs. 17/5335. 40 Drs. 17/8058. 41 S. Drs. 17/8680 vom 14.02.2012 und Drs. 377/12 vom 29.06.2012. 38 7 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 Verbraucher den gesamten europäischen Markt nutzen, würden auch Unternehmen durch den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr profitieren. Die Unternehmen in den einzelnen Ländern könnten ihren Markt über die eigenen Landesgrenzen hinaus zum europäischen Markt möglichst umfassend erweitern. Der Markt würde sich auch unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs zu Gunsten aller verändern können. Vor diesem Hintergrund schlägt die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Richtlinie und eine Verordnung vor, die zur Erreichung des genannten Ziels der Schaffung eines effektiven Binnenmarkts für Wachstum und Beschäftigung erforderlich und nützlich sind. Dabei handelt es sich zum einen um den Vorschlag für eine Richtlinie42 des Europäischen Parlaments und Rates über Formen der alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung); zum anderen wird der Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (Verordnung über OnlineStreitbeilegung) zur Ergänzung eingebracht. Beide Vorhaben hängen miteinander zusammen und ergänzen sich. Am 12. März 2013 hat das Europäische Parlament sowohl die Richtlinie als auch die Verordnung zur ODR verabschiedet. Unter Beachtung der Veröffentlichungs- und Umsetzungsfristen sollte bis Sommer 2015 mit der tatsächlichen Nutzung der ODR gerechnet werden können. 43 III. Was ist eigentlich Mediation? Etymologisch wird der Begriff abgeleitet aus dem Englischen to mediate, was so viel heißt wie vermitteln; „to mediate“ leitet sich wiederum aus dem lateinischen Wort mediare ab, heißt in seiner ursprünglichen Bedeutung so viel wie „in der Mitte sein, in der Mitte stehen“; daraus wird vielfach ein Vermitteln, Ausgleichen, Ausbalancieren abgeleitet bzw. übertragen. Das Mediationsgesetz formuliert nachfolgende wesentliche Definitionsmerkmale: Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrere Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. (§ 1 Abs. 1 MediationsG) Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. (§ 1 Abs. 2 MediationsG) Die Parteien wählen den Mediator aus. (§ 2 Abs. 1 MediationsG) Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. (§ 2 Abs. 3 S. 1 und 2 MediationsG) Mediation wird in diesem eben definierten Sinne lediglich als quasi abgekürzte Form für das Mediationsverfahren verstanden (s. a. § 2 Abs. 2 MediationsG). Nur so macht diese Definition Sinn; denn bereits durch das Definitionsmerkmal „neutrale Person ohne eigene Entscheidungskompetenz“ wird eindeutig auf ein Mediationsverfahren hingewiesen, ein Verfahren also, mit ganz bestimmten Verfahrensmerkmalen und Strukturen. Auf solche Mediationsverfahren beschränkt sich leider in der Regel das heute kursierende Wissen und Verständnis dazu und blendet auf diese Weise andere Verfahren In Richtlinien werden Ziele festgelegt, die die EU-Länder umsetzen müssen; wie diese Richtlinien umzusetzen sind bleibt den Ländern in gewissem Rahmen selbst überlassen, solange die vorgegebenen Ziele dadurch erreicht werden. 43 Ehler, www.mdiationaktuell.de („Fachartikel“). 42 8 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 der Streitschlichtung und Konfliktlösung sowie wesentliche und wichtige Erkenntnisse und Methoden aus. Das Mediationsverfahren ist aber nur ein Verfahren der sogenannten ADR, worauf bereits hingewiesen wurde.44 IV. Moderne Anwendungsbereiche und ergänzende Themenkreise Als besonders wichtige Anwendungsfelder, die eine vergrößerte Bandbreite der notwendigen Qualifikationen darstellen, sollen kurz erwähnt sein: 1. Compliance Unternehmen, die an US-amerikanischen Börsen notiert sind, sind durch das Sarbanes Oxley ACT (SOX) verpflichtet, bestimmte Verhaltenspflichten insbesondere zur Einhaltung von Gesetzen bzw. zu Berichtspflichten und Feststellungen von Gesetzesverstößen organisatorisch abzusichern 45. Diese Absicherung erfolgt wesentlich durch den sog. Code of Conduct. Der Deutscher Corporate Governance Kodex 46 hat dieses übertragen auf Unternehmen in Deutschland (s. § 161 AktG). Mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex sollen „die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und –überwachung für nationale wie internationale Investoren transparent gemacht werden, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken.“47 2. Wirtschaftsethik Wirtschaftsethik ist im Zeichen von Finanzkrise und Bonuszahlungen untrennbar mit der Wertevermittlung verbunden. Datenschutz 48 und auch Ethik-Richtlinien49 stellen im Zusammenhang mit Compliance-Vorschriften ein thematisches Netzwerk zusammen, welches prägend die Unternehmensphilosophie und die Unternehmenskultur beschreiben und bestimmen. 3. Streitkultur Mediation und Methoden der außergerichtlichen Streitschlichtung und Konfliktlösung sind grundsätzlich keine Entdeckung des 20. oder 21. Jahrhunderts. 50 Konfliktlösung ist Bestandteil einer Gesellschaft zusammenlebender Menschen und muss es auch sein, will man nicht dem sog. Stärksten das Feld überlassen. Dies führt unweigerlich zu dem Begriff „Kultur“, besser „Streitkultur“ – überlässt man die Durchsetzung von Interessen dem „Stärkeren“ oder will man eine werteorientierte, chancengleiche Interessenklärung. Übrigens: In Japan und China ist der Vermittlungsgedanke seit jeher das hauptsächliche Mittel zur Beilegung von Konflikten51, was bis heute auf die starke Betonung von Konsens, Kooperation und Harmonie in diesen Ländern zurückzuführen ist52. Ehler, BB 2010, 702 ff. Mengel, Compliance und Arbeitsrecht, 2009, 1. ff. 6 f. 46 Eingeführt durch das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz- und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) vom 19.07.2002, BGBl. Teil I Nr. 50 vom 29.07.2002. 47 So die vom Bundesministerium der Justiz im September 2001 eingesetzte Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die am 26.02.2002 den CGK verabschiedet hat. 48 Thüsing, NZA 2009, 865; Kock/Francke, NZA 2009, 646 ff. 49 BAG vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07, NZA 2008, 1248; LAG Düsseldorf vom 14.11.2005 – 10 TaBV 46/05, NZA 2006, 63. 50 Ehler, Vom nachlassgerichtlichen Vermittlungsverfahren zum Konsiliarverfahren bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, 2013, S. 27 ff. 51 Pißler, Mediation in China, ZChinR 2008, 307 ff.; Potsch-Ringeisen, Mediation als Methode der Konfliktbearbeitung in der deutsch-chinesischen Wirtschaftskooperation, in: Crijns/Thalheim (Hrsg.), 44 45 9 RA/FAfArbR Karl Ehler, Mediator (ADR), Lehrbeauftragter Stand 11/2013 Im asiatischen Kulturkreis kennt man den Spruch „Einen Freund zu behalten ist wichtiger, als einen Sieg zu erringen“. Im europäischen Kulturkreis kann man den Eindruck gewinnen „Lieber einen Freund verloren, als einen guten Witz verpasst“. Hieraus werden bereits große Unterschiede im soziokulturellen Verständnis deutlich. V. Schlusszitat In Anlehnung an Gilbert Keith Chesterton53 soll das Schlussstatement lauten: „Die Leute streiten im Allgemeinen nur deshalb, weil sie nicht verhandeln können“. Kooperation und Effizienz in der Unternehmenskommunikation, 2006; Iwanowski, Reisegast in Japan, 2005, S. 151 ff. Haft/Schlieffen-Hehn, Handbuch Mediation, 2002, S. 154. 52 Haft/Schlieffen-Hehn, Handbuch Mediation, 2002, S. 154 und 167; Oboth/Seils, Mediation in Gruppen und Teams, 2006, S. 17. 53 1874 – 1936, engl. Schriftsteller und Journalist 10