Ein Traum wird wahr………… 14 Tage visueller Astro

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Ein Traum wird wahr………… 14 Tage visueller Astro
Ein Traum wird wahr…………
14 Tage visueller Astro-Urlaub auf der Kiripotib-Farm in
Namibia vom 22.05.-06.06.2011
Zwei Monate sind nun vergangen, seit ich von meinem Astro-Urlaub auf der Kiripotib-Farm
in Namibia wieder zurückgekehrt bin, aber diese Zeit wollte ich mir bewusst nehmen,
damit sich alle Eindrücke und Erlebnisse „setzen“ konnten. Natürlich musste ich während
dieser 2 Monate bei Verwandten, Bekannten, Freunden und Kollegen schon ausführlich
erzählen und meine Fotos zeigen. Rückblickend betrachtet kann ich jetzt nun sagen, dass
es einer der schönsten und beeindruckendsten Urlaube war, die ich je unternommen habe.
Und so habe ich mich hingesetzt, und diesen kleinen Reisebericht für alle verfasst, die auch
dem Hobby der Astronomie frönen und von so einem Urlaub träumen.
Seit fast 6 Jahren betreibe ich nun (wieder) intensiv Astronomie und habe ich mich dabei
der Astronomischen Gesellschaft Buchloe (www.astronomie-buchloe.de) angeschlossen.
Ich zähle mich dabei zu den Youngstern in unserem Verein, und so mancher wird über
diesen kurzen Zeitraum schmunzeln. Aber klein anfangen musste jeder mal. Bei unseren
Vereinstreffen kam immer wieder das Gespräch auf einen Astro-Urlaub in Namibia, das als
das Traumland schlechthin für solche Vorhaben gilt. Und so nahm ich im Juni 2010 das
erste Mal per eMail Kontakt mit der Kiripotib-Farm auf. Rolf Scheffer antwortete mir auf
meine ersten Fragen und mit diesen Mails begann ich, im Verein ein wenig die
Werbetrommel nach Mitreisenden zu rühren. Zuvor musste ich mir natürlich noch die
„Erlaubnis“ meiner Frau einholen, denn den WAF („Wife Accepting Factor“) darf man nicht
unterschätzen; schließlich ist so ein Urlaub kein Last-Minute-Schnäppchen. Ziemlich bald
war klar, das das Interesse bei meinen Vereinskollegen Reinhard Lehmann und Werner
Hasubick auch geweckt war. Auf der AME 2010 traf ich dann Rolf Scheffer persönlich, der
ausführlich und kompetent die Kiripotib-Farm beschrieb. Nach einigen weiteren Mails mit
der Farm und der Fluglinie Air Berlin sowie bei der Urlaubsplanung mit Kollegen,
kristallisierte sich der Zeitraum 22.05.-06.06.11 heraus. Dazu hatten wir uns entschlossen,
ein 10-Zoll-SC ACF von Meade auf der Fornax-Montierung vor Ort zu mieten. Wir alle drei
hatten aber noch jeweils private, kleinere Geräte dabei. Außerdem wollten Werner und
Reinhard fotografieren, während ich rein visuell „spechteln“ wollte. Dazu hatte mir mein
Vereinskollege Peter Hofmann, der eine komplett ausgestattete Werkstatt und ein
sagenhaftes Händchen für Holzbearbeitung hat, einen kleinen Reisedobson gebaut (8 Zoll,
f4, 800mm Brennweite), der stabil genug war, um auch das 21er Ethos problemlos tragen
zu können. Vorweg kann ich sagen, dass man als „Visueller“ auf einer Astrofarm ein
absoluter Exot ist. Lediglich Rolf Scheffer, der mit uns nach Namibia flog und die ganze Zeit
unser Astro-Betreuer vor Ort war, outete sich auch als überwiegend visueller Beobachter.
Nach einem 10-stündigen Nachtflug kamen wir etwas gerädert in Windhoek an. Gleich am
Flughafen erwartete mich der erste Schreck, da mich der Zoll herauspickte und mir für
meinen Reisedobson, der anscheinend noch zu neu aussah, 200 N$ abknöpfte;
umgerechnet ca. 20 Euro. Die hätte ich zwar bei der Ausreise wieder zurückbekommen,
aber mir war beim Heimflug der Papierkrieg zu viel und so betrachtete ich diesen Betrag
als persönliche Entwicklungshilfe für Namibia. Am Flughafen stieß Frank Sackenheim aus
Köln zu uns, der auch 2 Wochen auf Kiripotib verbringen wollte. In weiteren 2 Stunden
wurden wir dann problemlos zur Farm kutschiert. Dort wartete ein erstes spätes Frühstück
auf uns, das uns wieder aufpäppelte. Anschließend bekamen wir unsere Zimmer zugeteilt:
richtig schöne Einzelzimmer, geschmackvoll eingerichtet, mit bequemen Betten und viel
Platz, um unseren mitgebrachten Astro-Kram ausbreiten zu können. Wir stellten auch
schnell fest, dass es auf der Farm ein offenes WLAN gab, so dass wir mit Netbooks und
Handies Kontakt nach Hause halten und auch Facebook füttern konnten.
Am ersten Abend beschlossen wir, uns am Südhimmel erst einmal nur mit unseren
Ferngläsern zu orientieren. Um 19 h war‘s bereits stockfinster und Skorpion stieg komplett
bis fast in den Zenit auf. Milchstraße, Dunkelwolken und andere Strukturen kamen so klar
und deutlich heraus, dass ich Gänsehaut bekam. Diesen ersten Blick auf den Südhimmel
werde ich nie mehr vergessen. Ich legte mich mit einem farmeigenen Spezialstuhl direkt
unter das Kreuz des Südens und graste mit meinem Fernglas unsere Milchstraße ab. Gegen
22h gingen wir dann aber dann doch zurück auf unsere Zimmer, da uns der Flug mit doch
sehr wenig Schlaf noch in den Knochen steckte. Dieser ersten Nacht sollten noch 11
weitere folgen….. Wir hatten also unwahrscheinliches Glück mit dem Wetter.
Am zweiten Tag half uns Rolf unsere gemietete Ausrüstung aufzubauen und „einzusüden“.
Es ist äußerst vorteilhaft, wenn vor Ort immer jemand da ist, der sich mit technischen
Problemen auskennt und sie auch lösen kann. Rolfs Ausrüstungsbunker, liebevoll
Schatzkästchen genannt, hatte für alle Probleme die passenden Kabel, Adapter, Filter etc.
parat. In den folgenden Nächten hatte ich dann Gelegenheit Eta Carinae, Omega-Centauri,
Kreuz des Südens mit Kohlensack, Große und Kleine Magellansche Wolken, und alle
Südsternbilder der Reihe nach zu beobachten. Teilweise mit meinem mitgebrachten
Reisedobson, teilweise mit dem gemieteten SC, die beide hervorragend funktionierten.
Auch Werner und Reinhard, die Belichtungsserien mit ihren (rotempfindlichen) DSLR’s
schossen, waren sehr zufrieden mit der Genauigkeit der Fornax. Sternkarten, Deep-SkyReiseatlas und Software hatten wir vor Ort dabei, so dass wir (fast) alles finden konnten.
Ich glaube, ich habe die südlichen Objekte im Deep-Sky-Reiseatlas komplett
durchgemacht. An den Beobachtungsplattformen war alles vorhanden, was der
Beobachter so braucht: Strom aus normalen Schuko-Steckdosen, Tische, Stühle, Leiter,
Windschutz. Karten und ergänzende Literatur gab‘s in der Astrovilla, einem Aufwärmraum
nahe der Plattformen, wo jeden Abend ab etwa 22.00h noch ein kleiner Snack bereitstand.
Wir bekamen schnell mit, wie praktisch dieser Raum sein kann und wie nötig unsere
mitgebrachte warme Kleidung war: wir hatten nachts teilweise bis minus 5° Celsius und
mir fror auch einmal sogar meine Sternkarte am Tisch der Beobachtungsplattform fest.
Natürlich wollten wir während unseres Aufenthalts auf Kiripotib nicht nur nachtaktiv sein,
sondern wollten auch etwas von der Farm und der näheren Umgebung sehen. Claudia von
Hase, die Farm“herrin“ zeigte uns ausführlich die Kern-Farm und erklärte uns die Produkte,
die auf Kiripotib hergestellt werden. Auch zwei Ausflüge mit dem Safari-Mobil zu den
Kalahari-Dünen und im Farmgelände zeigten uns die Schönheit dieser Landschaft, und
warum es dort so optimal für Astrobeobachtungen war.
Reinhard und ich machten in der zweiten Woche unseres Aufenthaltes einmal einen
Tagesausflug nach Windhoek. Der Trip ist nicht ganz billig und hat uns 2800,-- N$ gekostet,
also ca. 280 €, da das Taxi, das freundlicherweise von der Farm bestellt worden war,
zweimal die Strecke Windhoek – Kiripotib - Windhoek fahren musste. Aber es war sehr
interessant, das lebhafte Treiben in der namibischen Hauptstadt zu erleben: die
Independence Avenue mit ihren Ladenzeilen, die Alte Feste aus der Deutschen
Kolonialzeit, der Tintenpalast (Parlament), die Fußgängerzone, das Eisenbahnmuseum und
der Supreme Court. Auch die Bruchstücke des Gibeon-Meteoriten haben uns schwer
beeindruckt, auch wenn ein Teil offenbar fehlte. Wir waren’s nicht! ;-)
Zwei Highlights möchte ich unbedingt noch erwähnen, nämlich die Sonnenunter- und die
Sonnenaufgänge. Die Untergänge haben wir täglich beobachtet. Dabei ließen wir uns auch
nicht von der Glocke zum Abendessen stören. Er war fast ein Ritual, uns alle kurz zuvor bei
der Rezeption im Freien zu treffen und dieses Schauspiel zu genießen. Farbenpracht und
Wolkenstrukturen habe ich bei uns noch nicht erlebt und wir haben so manches Foto
geschossen.
Aber auch die Sonnenaufgänge über den Sternwartenplattformen hatten’s in sich. Dazu
musste man aber schon um 05.15 h wieder aufgestanden sein oder gleich die ganze Nacht
durchgemacht haben. Wir hatten noch dazu das Glück, dass wir eine schöne
Planetenparade beobachten konnten, bestehend aus Merkur, Venus, Mars und Jupiter, zu
der sich auch noch unser Mond gesellte.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass es ein einmalig schöner Urlaub war und ich
Kiripotib jedem empfehlen kann, auch wenn er „nur“, so wie ich, visuell beobachtet.
Wenn ich Schulnoten vergeben müsste, würde das Zeugnis so ausfallen:
Astronomisches Gerät:
sehr gut
Astronomische Betreuung:
hervorragend
Unterkunft:
sehr gut
Verpflegung (Frühstück, Nachmittagskaffee, Abendessen,Mitternachtsmahl): hervorragend
Gemeinschaft:
sehr gut
Michael Scheßl, 06.08.2011