Rechtsprechungsupdate Mietrecht 2007

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Rechtsprechungsupdate Mietrecht 2007
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Berliner Seminare für Verwalter und Vermieter:
Rechtsprechungsupdate
Mietrecht 2007
Vorbereitet von: Tobias Scheidacker, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Veranstaltungsort: Kanzlei Welserstraße 10-12, 10777 Berlin
Veranstaltung am 19. Dezember 2007
RA Tobias Scheidacker
Welserstraße 10-12 10777 Berlin
Tel 200 51 40 51 Fax 200 51 40 20
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Übersicht über einige bisherige Veranstaltungen:
zuletzt
25.05.2005
06.07.2005
17.08.2005
28.09.2005
09.11.2005
14.12.2005
11.01.2006
25.01.2006
01.03.2006
05.04.2006
21.06.2006
30.08.2006
25.10.2006
13.12.2006
14.02.2007
23.03.2007
18.04.2007
20.06.2007
05.09.2007
07.11.2007
demnächst
05.03.2008
Wasser abstellen erlaubt!
Schönheitsreparaturen
BGH: die neue Teilrechtsfähigkeit der WEG
Mieterhöhung und der neue Mietspiegel 2005
Verjährung im Mietrecht
Gestaltung von Mietverträgen
Vorbehalte im Mietrecht (ARGE Mietrechtspraktiker)
Bruttomietverträge
Betriebskosten
Mietmängelmanagement
strafbares Verhalten von Mietern
Eneriepaß und EnEV 2007
Das neue AGG
Schönheitsreparaturen ohne Quotenklausel
Schriftform
Schönheitsreparaturen aus der Sicht des Malersachverständigen
(Vortrag vor dem Arbeitskreis der öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständigen des Maler- und Lackiererhandwerks Berlin-Brandenburg)
Die Stellung des Verwalters nach der WEG-Novelle 2007
(Seminarreihe „Die WEG-Novelle 2007“ Teil 1)
Die neuen Beschlußregeln nach der WEG-Novelle 2007
(Seminarreihe „Die WEG-Novelle 2007“ Teil 2)
Prozeß- und Vollstreckungsrecht
(Seminarreihe „Die WEG-Novelle 2007“ Teil 3)
Zusammenfassung und Wiederholung
(Seminarreihe „Die WEG-Novelle 2007“ Teil 4)
Thema noch offen
Bei Interesse an einer der vorgenannten Veranstaltungen informieren wir Sie auf Nachfrage gern über die näheren Einzelheiten. Weitere Informationen finden Sie unter www.berlinerseminare.de.
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Wohnraummiete.
Dabei bestimmen Sie vorab, ob der Schwerpunkt auf
•
einer Grundlagenvermittlung,
•
der vertiefenden Ausbildung in bestimmten Einzelgebieten
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oder auf einer Aktualisierung des Kenntnisstandes (Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen)
liegen soll. Auch Kombinationen sind möglich.
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Übersicht zum vorliegenden Skript:
I.
Abschluß, Form, Parteien des Mietvertrags......................................................................................4
II. Gewährleistung, Mietminderung, Mietgebrauch.............................................................................13
III. Mieterhöhung......................................................................................................................................24
IV. Erhaltung der Mietsache
1. Schönheitsreparaturen.....................................................................................................................31
2. Modernisierung................................................................................................................................37
V. Betriebskosten
1. Allgemein, Vertrag............................................................................................................................39
2. Form und Art der Abrechnung..........................................................................................................45
3. Abrechnungs- und Einwendungsfrist................................................................................................48
4. einzelne Positionen...........................................................................................................................51
5. Sonstiges.........................................................................................................................................55
VI. Kündigung, Beendigung.....................................................................................................................57
VII.Abwicklung des Mietverhältnisses....................................................................................................66
VIII.sonstiges.............................................................................................................................................68
Anlage: BGH VIII ZR 143/06 - Urteil vom 26.09.2007 (weiche Quotenklausel)
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I. Abschluß, Form, Parteien des Mietvertrags
Abgrenzung Wohn-/Geschäftsraummietvertrag
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.09.2006 I-10 U 61/06-(ZMR 2007, 269)
Der Ehemann hatte vom Vermieter sowohl eine Wohnung als auch Geschäftsräume angemietet; durch eine
Zusatzvereinbarung vom 30.04.2005 war der Mietvertrag über die Wohnung an die Anmietung der Geschäftsräume
gekoppelt. Der Mietvertrag ist, nach den Entscheidungsgründen zu schließen, dann gescheitert. Die Ehefrau
beansprucht nun gegenüber dem Vermieter Ersatz der verauslagten Umzugskosten und Ersatz der verauslagten
Maklerkosten und berief sich diesbezüglich für ihre eigene Berechtigung auf § 1357 BGB, meinte also, dass sie durch
den von ihrem Ehemann abgeschlossenen Mietvertrag berechtigt und verpflichtet worden sei.
Zunächst musste das OLG Düsseldorf entscheiden, ob es sich nun insgesamt um einen Wohnungs- oder aber um einen
Geschäftsraummietvertrag handelt. Hier sind die bislang von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
herangezogen worden. Danach ist ausschlaggebend für die Beurteilung als gewerbliches oder Wohnraummietverhältnis
die überwiegende Nutzungsart. Diese wiederum ist nach dem Vertragszweck und dem Parteiwillen zu entscheiden, bei
deren Feststellung die Mietzins- und Flächenanteile mitbestimmende Gesichtspunkte sind. Vorliegend kam das OLG zu
dem Ergebnis, dass der Schwerpunkt auf der gewerblichen Vermietung liege, sich deshalb der Vertrag insgesamt nach
dem Gewerberaummietrecht zu richten habe. Das OLG entschied, dass § 1357 BGB auf Geschäftsraummietverhältnisse
keine Anwendung finde, so dass schon aus dem Grunde die Klage abzuweisen war ungeachtet, dass auch ein Schaden
der Klägerin im übrigen nicht dargelegt war, da sie als Mitschuldnerin überhaupt nicht in Anspruch genommen war für die
Umzugskosten und auch die Maklerkosten. Die Rechnungen waren beide ausschließlich an den Ehemann adressiert.
Keine (fehlerhafte) Vereinbarung von Preisbindungsrecht möglich
BGH, Urteil vom 07.02.2007 -VIII ZR 122/05- GE 2007 Seite 510 f, besprochen in Info M 2/07 Seite 59
Die Kläger sind Mieter einer Berliner Altbauwohnung, welche in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts grundlegend
saniert wurde. Hierfür hatte die zuständige Behörde öffentliche Mittel genehmigt. Zugleich ermittelte die Behörde die
zulässige Durchschnittsmiete. Vor diesem Hintergrund war im Mietvertrag folgendes vereinbart:
§ 1 Mietsache
...
Art der Wohnung: Die Wohnung ist öffentlich gefördert, mit Mitteln des II. WoBauG errichtet und zweckbestimmt für
Sozialwohnung § 17. Die Wohnung ist preisgebunden.
§ 3 Miete und Nebenleistungen
(Abs. 1) die vom Wohnungsunternehmen ggf. unter Berücksichtung von Objekt- und Subjektverbilligungen ermittelte
Miete beträgt ab Vertragsbeginn monatlich ...
(2) Der Mieter wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ausgewiesenen Zuschüsse/ Subventionen/
Minderungen/ Nachlässe aufgrund objekt- bzw. subjektbezogener, z.T. einkommensabhängiger Umstände wegfallen
können und sich daraus eine Erhöhung der ausgewiesenen Zahlmiete ergeben kann.
...
§ 5 Mietänderung
Das Wohnungsunternehmen ist berechtigt, die in § 3 Abs. 1 genannte Miete nach Maßgabe der gesetzlichen
Vorschriften - auch rückwirkend - zu ändern und bei preisgebundenem Wohnraum gilt die jeweils gesetzlich zulässige
Miete als vertraglich vereinbart.
Die Miete ändert sich insbesondere durch planmäßige oder außerplanmäßige Kürzung, Fortfall oder Änderung des
Zinssatzes bei dem vom Land B. gewährten Förderungsmittel (Objekt- bzw.Subjektverbilligungen).
...
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Im Nachfolgenden zahlten die Kläger als Mieter die vom Vermieter mit Erklärungen vom 27.05.2003 und 26.02.2004
erhöhte Nettokaltmiete. Mit ihrer Klage begehren die Mieter die geleisteten Erhöhungsbeträge vom Vermieter zurück und
die Feststellung, dass die von ihnen geschuldete Nettokaltmiete den Betrag von 359,07 € (das war die vertragliche
Ausgangsmiete) nicht überschreitet und Mieterhöhungen unter Anwendung der §§ 558 ff. BGB zu erstellen sind.
Die Klage der Mieter war vor dem Amts- und Landgericht erfolglos geblieben. Der BGH hat aufgrund der Revision das
erstinstanzliche Urteil abgeändert und festgestellt, dass in der Tat die gezahlten Erhöhungsbeträge ohne Rechtsgrund
geleistet worden seien. Dazu führt der BGH aus: Eine einseitige Mieterhöhung auf der Basis der Vereinbarungen des
streitgegenständlichen Mietvertrages sei deshalb nicht möglich, weil diese Vereinbarungen unwirksam seien. Es stehe
nicht in der Disposition der Vertragsparteien, die Eigenschaft öffentlich geförderten bzw. preisgebundenen Wohnraums
für eine preisfreie Wohnung festzulegen, wie es noch das Landgericht für möglich erachtet hatte. Der BGH führt zur
Dogmatik aus: Die Mieterhöhungsmöglichkeiten für preisfreien Wohnraum seien im Mietrecht des BGB abschließend
geregelt. Danach könne eine Mieterhöhung von den Sonderfällen der §§ 559, 560 BGB abgesehen, nur mit Zustimmung
des Mieters verlangt werden. Die Abweichung von diesen Regeln bestehe vorliegend darin, dass die Mieterhöhung
gerade nicht der Zustimmung des Mieters bedürfe. Dies sei eine ganz grundlegende Abweichung. Diese sei auch für den
Mieter nachteilig. Zwar könne sich dieser, indem er die Zahlung verweigere, im Rahmen der Zahlungsklage des
Vermieters verteidigen, setze sich aber zugleich der Gefahr einer außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543
BGB aus. Dieser Nachteil könne auch nicht etwa dadurch ausgeglichen werden, dass für den Mieter eine geringere
Miete als die ortsübliche, vereinbart werde.
Etwas anderes gelte nur, wenn die Vertragsparteien regelten, dass eine Anhebung der Miete nach dem
Vergleichsmietensystem ihre Grenzen in der preisrechtlich höchstzulässigen Miete im Falle öffentlicher Förderung finden
soll. Keineswegs aber dürfe dem Vermieter ein einseitiges Mieterhöhungsrecht eingeräumt werden.
Sicherungsübereignung von Grundstücksinventar erfasst nur die Herausgabe, nicht den Nutzungsvorteil
BGH, Urteil vom 26.09.2006 -XI ZR 156/05-, GE 2007, 587 f.
Der eine Bowlingbahn betreibende Mieter H. kaufte die Bowlingbahn am 22.04.1997 unter Eigentumsvorbehalt und ließ
sie bis September 1997 in die gemieteten Räume einbauen. Am 10.12.1997 übertrug er der klagenden Sparkasse, die
den Kaufpreis für die Bowlingbahn finanzierte, das Sicherungseigentum an dieser Bowlingbahn. Die Bezahlung des
Kaufpreises erfolgte am 17.09.1998. Die Beklagten erwarben am 25.01.1999 das Eigentum an den Räumen, in die die
Bowlingbahn eingebaut worden war und führten das Mietverhältnis mit dem Mieter H. fort. Dieser wurde insolvent. Die
Beklagten kündigten das Mietverhältnis am 28.11.2001 und übten zugleich das Vermieterpfandrecht an den
eingebrachten Sachen aus. Am 30.11.2001 vermieteten sie die Räumlichkeiten einschließlich der Bowlingbahn an die G.
GmbH, die die Bowlingbahn auch weiter betrieb.
Die klagende Sparkasse verlangt nun von den beklagten Vermietern Zahlung einer Nutzungsentschädigung hinsichtlich
der Nutzung der Bowlingbahn für die Zeit vom 01.12.2001 bis 31.03.2003 in Höhe von 72.000,00 € nebst Zinsen und
erhob auch Antrag auf zukünftige Zahlung in einer monatlichen Höhe von 4.000,00 € so lange die Dauer der Nutzung
anhalte.
Das Landgericht wies die Klage gänzlich ab. Das Berufungsgericht wies die Berufung der klagenden Sparkasse gegen
die Abweisung der Klage auf zukünftige Zahlungen als unzulässig zurück und gab der Zahlungsklage in Höhe von
40.259,34 € statt. Die beklagten Vermieter legten Revision ein und verfolgten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Der BGH erachtete diese Revision für begründet. Er verwies jedoch die Sache an das Berufungsgericht zurück, im
einzelnen:
Zunächst stellte der BGH fest, dass die Bowlingbahn gerade nicht gem. § 94 BGB wesentlicher Bestandteil des
Grundstückes geworden sei, weil der damalige Mieter H. sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück
verbunden habe. Sein Insolvenzverwalter hatte den Anspruch auf Herausgabe und Verwertung der Bowlingbahn an die
klagende Sparkasse abgetreten. Aufgrund dessen sah der BGH auch die Aktivlegitimation der klagenden Sparkasse als
gegeben an. Insoweit folgte er den Ausführungen des Berufungsgerichts. Ebenso rechtsfehlerfrei habe das
Oberlandesgericht festgestellt, dass die beklagten Vermieter durch die Mitvermietung der Bowlingbahn auch Nutzungen
im Sinne des § 100 BGB gezogen hätten. § 314 BGB a.F., wonach sich die Verpflichtung zur Veräußerung oder
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Belastung einer Sache im Zweifel auch auf das Zubehör erstrecke, gelte auch für Mietverträge (BGH vom 29.09.1999, XII
ZR 313/98, WM 2000, 539, 542).
Danach sei auch die Bowlingbahn als Zubehör der vermieteten Räume vom Mietvertrag umfasst gewesen. Wenn die
Beklagten Vermieter dies nicht hätten gegen sich gelten lassen wollen, hätten sie einen entsprechenden Gegenbeweis
führen müssen, dass entgegen der Regelung von § 314 BGB a.F. die Bowlingbahn gerade nicht Zubehör zur Mietsache
gewesen sei.
Indes stünde der klagenden Sparkasse gleichwohl kein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzung zu, weil der
Sicherungsübereignungsvertrag, der im übrigen auch dem Bestimmtheitsgrundsatz genüge, dies nicht hergebe. Dieser
räume lediglich das Recht ein, die Sache herauszuverlangen und dann ggf. freihändig und öffentlich versteigern zu
lassen, also zu verwerten. Ein Recht, die Sache zu nutzen oder bereits gezogene Nutzungen herauszuverlangen, sehe
aber der Vertrag gerade nicht vor. Im übrigen ergebe sich das reklamierte Recht auch nicht etwa aus einer
treuhänderischen Sicherungsabrede. Der BGH stellt fest, dass andere Verwertungsarten als die Veräußerung, z.B. eine
Nutzungsziehung, Verfall des Sicherungseigentums oder Selbsteintritt des Sicherungsnehmers nur dann beansprucht
werden könne, wenn dies auch vereinbart sei. Das Sicherungseigentum sei nämlich kein volles, ungebundenes
Eigentum. Es gewährleiste dem Sicherungsnehmer für den Fall der Nichterfüllung seiner Forderung die Befriedigung aus
dem Sicherungsgut, belasse den sicherungsübereigneten Gegenstand aber regelmäßig zunächst dem Sicherungsgeber
zur Nutzung, um ihm die Fortführung seines Betriebes zu ermöglichen. Dieser Zweck ändere sich nicht zwangsläufig mit
dem Eintritt der vereinbarten Voraussetzungen für die Verwertung durch den Sicherungsnehmer.
Sodann stellte der BGH fest, dass sich die angegriffene Entscheidung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand
auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweise (§ 561 ZPO). Ob ggf. ein Anspruch der klagenden Sparkasse gem. §
990 Abs. 1, 987 Abs. 1 BGB (bösgläubiger Besitzer) in Betracht komme (vgl. hierzu BGH vom 24.10.1979, WM 79,
1326, 1327) könne nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht bejaht werden. Deshalb wurde die Sache
zurückverwiesen.
Reichweite von Aufklärungspflichten bei Vertragsschluß (hier: Rentabilitätsrisiken für den Mieter)
OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 03.11.2005, 24 U 103/05 (Rechtsbeständig), abgedruckt in DWW 2007, 147 f.
Gegenüber der Zahlungsklage der Vermieterin wehrte sich die beklagte Mieterin damit, ihr seien
Schadensersatzansprüche aus Verschulden der Vermieterin bei Vertragsverhandlung (§§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 282,
311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) erwachsen, mit welchen sie gegen die geltend gemachten Pachtbeträge aufrechnen könne.
Das Landgericht Düsseldorf hatte die beklagte Pächterin verurteilt. In dem zitierten Hinweisbeschluss des OLG
Düsseldorf wies dies auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels hin, worauf dieses zurückgenommen wurde. Die beklagte
Pächterin meinte, die klagende Verpächterin einer Parkgarage habe es gegenüber der Beklagten versäumt, die
Rentabilität der Parkgarage unter besonderer Berücksichtigung des Parkkonzepts (kostenlose Überlassung von 100
Stellplätzen zeitlich begrenzt für einen Einkaufszentrummieter und von 20 Stellplätzen zeitlich unbegrenzt für einen
Grundstücksnachbarn) eingehend zu prüfen und Pacht nur in der Höhe zu verlangen und zu vereinbaren, dass das
Objekt von der Pächterin auch wirtschaftlich betrieben werden könne.
Das OLG stellt in seinem Hinweisbeschluss fest, dass eine solche Aufklärungspflicht der klagenden Verpächterin selbst
dann nicht bestanden hätte, wenn dieser die Rentabilitätsrisiken bekannt gewesen wären. Jedem Vertragspartner
obliege es, die wirtschaftlichen Chancen und Risiken einer rechtlichen Bindung zu prüfen und einzuschätzen. Bis zu den
Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (§ 138 BGB) bleibe es den Vertragsparteien deshalb überlassen, welchen
Preis sie für die vereinbarte Leistung vereinbarten (unter Hinweis auf BGH NJW -RR 2002, 8; NJW 2002, 55, NJW 2004,
3553).
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Einhaltung der Schriftform bei Mietvertrags-Nachträgen
LG Frankfurt a.M. Urteil vom 22.09.2006 2-19 O 48/05, NZM 2007, 288 f.
Die beklagte Mieterin hatte mit der klagenden Vermieterin unter dem 31.10./14.11.2000 einen schriftlichen Mietvertrag
über Büroräume im 2. OG einer Liegenschaft für die Zeit vom 01.12.2000 bis 31.12.2005, also für fünf Jahre und einen
Monat, geschlossen. Unter dem 07.08./14.11.2001 schlossen die Parteien einen weiteren schriftlichen Vertrag über
Büroräume im 5. OG der selben Liegenschaft und zwar für den Zeitraum 01.12.2001- 31.12.2007 also für sechs Jahre
und einen Monat. Im Rahmen des zuletzt geschlossenen Mietvertrages vereinheitlichten die Parteien die
Vertragslaufzeiten beider Mietverträge. Aus diesem Grunde wurde nach längeren Verhandlungen in den Mietvertrag über
das 5. OG der Passus aufgenommen: "Der bestehende Mietvertrag für das 2.OG wird hiermit verlängert bis zum
31.12.2007. Somit haben beide Mietverträge die gleiche Laufzeit bis zum 31.12.2007.".
Mit Schreiben vom 28.06.2004 kündigte die beklagte Mieterin die Mietverhältnisse zum 31.12.2004.
Die gegen diese Kündigung erhobene Feststellungsklage der Vermieterin hatte Erfolg.
Die Mieterin berief sich auf die fehlende Schriftform des Mietvertrages, nämlich, dass eben in dem ursprünglichen
Mietvertrag als Urkunde nicht die Verlängerung aufgenommen wurde, sondern in dem zuletzt abgeschlossenen
Mietvertrag. Deshalb seien die beiden Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und mit der gesetzlichen
Kündigungsfrist kündbar.
Das Landgericht Frankfurt wendet § 242 BGB an und führt aus, dass die Berufung auf die fehlende Schriftform des
Mietvertrages gegen Treu und Glauben verstoße. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles stelle
auch ein anderes Ergebnis ein schlechthin untragbares Ergebnis dar. Das Gericht stellt fest, dass sich die
Vertragsparteien bei Abschluss beider Verträge und auch über einen Zeitraum von mehreren Jahren danach stets über
deren Inhalte und deren Wirksamkeit einig gewesen seien. Dementsprechend habe sich auch der in der mündlichen
Verhandlung anwesende Leiter der Immobilienabteilung der Beklagten, Herr N., dahingehend geäußert, dass zum
Zeitpunkt beider Vertragsabschlüsse sämtliche Vertragsinhalte zwischen den Parteien - teilweise ausführlich ausgehandelt und gewollt waren. Dementsprechend wurden sie fixiert. Zur Kündigung der Vertragsverhältnisse sei es
letztlich nur deshalb gekommen, weil die Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen sich von den Verträgen lösen wollte und
ihren Prozessvertreter beauftragt habe, "einen Weg zu finden" um die Verträge kündigen zu können.
Streitgegenständlich blieb die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Räume im 2. OG. Diese Kündigung wurde
ebenfalls auf die Nichteinhaltung der normierten Schriftform gestützt (§§ 550 BGB bzw. 566 BGB a.F.).
Das Landgericht problematisierte, ob nicht ohnehin der neue Mietvertrag auch als Nachtragsurkunde bzw. Ergänzungsoder Änderungsvertrag zu dem vorausgegangenen Mietvertrag der Räume im 2. OG anzusehen sei. Sofern dies
angenommen werden könnte, wäre die Schriftform ohnehin gewahrt, da auf den ursprünglichen Vertrag Bezug
genommen wird und zum Ausdruck bringt, dass es unter Einbeziehung des Nachtrags bei dem verbleiben solle, was
früher bereits formgültig niedergelegt war, vorausgesetzt, dass die neue Urkunde ebenfalls von beiden Parteien
unterzeichnet ist. Dies war der Fall. Das Landgericht Frankfurt problematisiert dann, dass der BGH in seiner
Entscheidung vom 20.12.2001 BGHZ 149, 326 = NJW 2002, 1050 = NZM 2002, 229 (230) darauf hingewiesen habe,
dass über Formmängel im allgemeinen nicht hinweggesehen werden könne, eine Ausnahme komme auch schon nicht
deshalb in Betracht, weil die Unwirksamkeit eines Vertrages zu einem harten Ergebnis für den anderen Teil führte; das
Ergebnis müsse schlechthin untragbar sein. Dies sei anzunehmen, wenn entweder die wirtschaftliche Existenz des einen
Vertragsteils durch die Nichtigkeit des Vertrages gefährdet werde oder in den Fällen einer besonders schweren
Treuepflichtverletzung des anderen Teils (vgl. BGHZ 149, 226). Diese Grundsätze sind, auch wenn die Rechtsfolge des
Formverstoßes nicht die Nichtigkeit des Vertrages sondern nur dessen unbefristete Laufzeit vorsieht, auch für Fragen
eines treuwidrigen Verhaltens in vorliegender Fallkonstellation zu beachten, da die Interessenlage vergleichbar ist.
Das Landgericht Frankfurt Main führt dann aus, worin es im einzelnen die Treuepflichtverletzung der beklagten Mieterin
sieht, nämlich darin, dass übereinstimmend die Laufzeitverlängerung des Mietverhältnisses im 2. OG gewollt war weil
diese für beide Vertragsparteien offensichtlich wirtschaftlich vorteilhaft gewesen sei aber auch, dass die Klägerin der
Beklagten im Falle einer Nichtanpassung der Laufzeiten die Büroflächen im 5. OG nicht vermietet hätte oder dass es im
Interesse der beklagten Mieterin lag, eine einheitliche Laufzeit beider Mietverträge zu erzielen. Hinzu käme, dass die
Parteien ohnehin diese Vertragsverlängerung bereits über einen längeren Zeitraum praktiziert hätten. Das Landgericht
nimmt des Weiteren Bezug auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf in OLG-Report 2003, 271 nwN.
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Schließlich verwies das Landgericht für seine Auffassung auf § 13 des Mietvertrages "Schlussbestimmungen", wo
geregelt sei, das bei Änderungen und Ergänzungen des Vertrages die Schriftform einzuhalten sei und dass im Rahmen
einer salvatorischen Klausel jede Partei sich verpflichtet habe, unwirksame Vertragsbestimmungen durch gültige zu
ersetzen, die dem damit verfolgten Zweck am nächsten kämen.
Anmerkung:
Die Schriftform dürfte aus anderen Gründen hier verletzt sein. In der Wiedergabe des Sachverhalts wird ausgeführt, dass
der Mietvertrag für das 2.OG am 31.10./14.11.2000 geschlossen worden sei. Die beiden Daten werden wohl der
jeweiligen Unterschrift der Vertragspartei zugeordnet gewesen sein, so dass mit der Rechtsprechung des
Kammergerichts die Annahme des Angebotes zu spät erfolgte, sofern man unterstellt, dass beide Parteien am Orte
ansässig waren. Das gleiche gilt meines Erachtens für den Mietvertrag im 5. OG, wo die Daten 07.08./14.11.2001
wiedergegeben werden. Zwischen diesen Daten liegen drei Monate.
„Eine Partei kann sich nicht auf einen Schriftformmangel berufen, wenn dies vertraglich (auch durch AGB)
ausgeschlossen ist.“
KG, Urteil vom 13. 11.2006 – 8 U 51/06 – GE 07, 650
Das überrascht in dieser Allgemeinheit. Das Gericht setzt sich nämlich gar nicht mit der Funktion der Klausel
auseinander. So hat zum Beispiel das LG Stendal, Urteil vom 29.1.2004 – 22 S 107/03 –, NZM 2005, 15 angenommen,
daß die Schriftform neben der Schutzfunktion für den potentiellen Erwerber auch eine Warn- und
Dokumentationsfunktion hinsichtlich der Parteien habe.
Einhaltung der Schriftform bei Vertragsanlagen
HansOLG Bremen, Uerteil vom 13.9.2007 – 1 U 28/06 - ZMR 07, 363
Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB setzt eine Beifügung der in Bezug genommenen Anlage nicht
voraus. Vielmehr ist die Schriftform schon gewahrt, wenn in der unterzeichneten Urkunde – etwa durch
Verweis – eine zweifelsfreie Bezugnahme erfolgt.
Bei Untermietverhältnissen über Gewerberäume ist dann auch eine Vertragsbestimmung rechtlich
unbedenklich, wonach das Untermietverhältnis nach Auflösung des Hauptmietvertrages endet.
In dem Untermietvertrag war der Hauptmietvertrag nicht konkret erwähnt. Es war aber an verschiedenen Stellen auf
einen Hauptmietvertrag Bezug genommen worden. Letztlich reichte es dem Gericht, daß doch ersichtlich überhaupt ein
Hauptmietvertrag bestehen müsse. Auf die Einwände der Untermieterin, sie kenne den Vertrag gar nicht, komme es nicht
an.
Die wesentlichen Vertragspunkte seien auch geregelt: Das Vertragsende (dessen Fehlen im Untermietvertrag die
Untermieterin rügte) ergebe sich aus dem Verweis auf den Hauptmietvertrag.
Schriftform bei ungenauer Bezeichnung der Mietsache
OLG Frankfurt, Urteil vom 21. Februar 2007 – 2 U 220/06 – DWW 07, 201
Der Erwerber muß sich gegebenenfalls beim Veräußerer erkundigen, um im Prozeß vortragen zu können
Die Schriftform ist auch dann gewahrt, wenn sich aus den örtlichen Gegebenheiten ergibt, was gemeint sein
soll. Hier: Begrenzung einer Freifläche durch Mauern.
Ist in dem Mietvertrag „ein“ Kellerraum vermietet, steht das der Schriftform nicht entgegen. Der Vermieter
hat dann eben ein Bestimmungsrecht nach § 315 BGB.
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Der neue Vermieter hatte unter Verweis auf die mangelnde Schriftform gekündigt. Hierzu hatte er zunächst vorgetragen,
das damalige Angebot durch den Vermieter sei nicht rechtzeitig angenommen worden. Allerdings konnte der Vermieter
zu einzelnen im Streit stehenden Daten nichts Genaueres vortragen, was zu seinen Lasten ging.
Weiter war in dem Mietvertrag einfach von der Freifläche vor dem Ladenlokal die Rede und waren insoweit
Nutzungsregelungen getroffen. Der Vermieter meinte, das sei nicht bestimmt genug. Dem folgte das Gericht in Hinblick
auf die örtlichen Gegebenheiten nicht. Aus Lichtbildern ergebe sich, daß nur eine Fläche mit per Auslegung zu
ermittelnden Abgrenzungen gemeint sein könne. Schließlich fordert die Schriftform nicht, daß die Mietsache konkret
umschrieben werde, wenn eine solche konkrete Mietsache gar nicht vereinbart sei.
Die Entscheidung steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des LG Berlin, nach der durch die Bestimmung die
Mietsache konkretisiert wird, siehe Urteil vom 22.10.2006, 63 S 126/06, GE 07, 723.
zu weit gehende Aufrechnungsklausel (AGB)
BGH – XII ZR 54/05 – Urteil v. 27.06.2007
Eine Formularvereinbarung, welche die Zulässigkeit der Aufrechnung auch mit unbestrittenen
Gegenforderungen jeweils von der Zustimmung des Vermieters abhängig macht, ist unwirksam.
In einem Gewerberaummietvertrag war vereinbart, dass der Mieter nur mit solchen Zahlungen aus dem Mietverhältnis
aufrechnen oder die Zurückbehaltung erklären kann, die entweder rechtskräftig festgestellt sind oder zu denen der
Vermieter im Einzelfall seine Zustimmung erklärt. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die zweite Alternative, also
die Aufrechung mit unbestrittenen Forderungen, die nur zulässig sein soll, wenn der Vermieter seine Zustimmung erklärt,
den Mieter unangemessen benachteilige (§ 307 BGB), da es in das Belieben des Vermieters gestellt sei, die Aufrechnung
selbst mit unbestrittenen Forderungen zu versagen. Der Verstoß habe zur Folge, dass die Klausel insgesamt unwirksam
sei.
Kein Anspruch auf Heilung mangelnder Schriftform durch salvatorische Klausel
BGH – XII ZR 143/05 – Urteil v.25.07.2007
Eine allgemeine salvatorische Klausel (Erhaltungs- und Ersetzungsklausel) in einem auf längere Zeit als ein
Jahr geschlossenen Mietvertrag über Gewerberäume verpflichtet die Vertragsparteien nicht zur Nachholung
der nicht gewahrten Schriftform.
Die Parteien schlossen einen Gewerberaummietvertrag über 20 Jahre, in dem die vermieteten Räume postalisch
bezeichnet waren. Ferner wurde auf eine – nicht beigefügte – Zeichnung verwiesen. Bei Rechtsunwirksamkeit einer der
Vertragsbestimmungen sollte die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen unberührt bleiben und in einem solchen Fall der
Vertrag seinem Sinn gemäß zur Durchführung gebracht werden.
Der Mieter kündigte vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit ordentlich, da er der Ansicht war, dass aufgrund der
Tatsache, dass das Mietobjekt nicht hinreichend bestimmbar beschrieben sei, die Schriftform nicht gewahrt und der
Mietvertrag damit auf unbestimmte Zeit geschlossen sei. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass die salvatorische Klausel
den Fall der fehlenden Schriftform des Mietvertrages nicht erfasse, weil die fehlende Schriftform nicht zur Unwirksamkeit
des Mietvertrages führe, sondern dieser lediglich für unbestimmte und nicht für bestimmte Zeit geschlossen sei und es
deshalb keiner Erhaltung eines von einer Unwirksamkeit gemäß § 139 BGB bedrohten Restvertrages bedürfe.
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Einhaltung der Schriftform bei nicht definiertem Vertragsbeginn
BGH – XII ZR 178/04 – Urteil v.02.05.2007
Die Regelung in einem Mietvertrag, dass das Mietverhältnis mit der künftigen Übergabe der Mietsache
beginnt, steht der Wahrung der Schriftform des § 566 BGB a.F. nicht entgegen.
Die Vereinbarung im Mietvertrag lautete:
Das Mietverhältnis beginnt mit dem 1. des Monats, der auf die Übergabe des bezugsfertigen Mietobjekts folgt,
voraussichtlich am 1. Oktober 1993.Ferner wurde vereinbart, dass die Übergabe des Mietobjekts in einem
Übergabeprotokoll festzuhalten ist.
Einhaltung der Schriftform: „Unterzeichnungsfrist“
KG – 8 U 182/06 – Urteil v. 05.07.2007
Zur Wahrung der Schriftform nach § 550 I BGB ist es in der Regel ausreichend, wenn das nach § 147 II BGB
abgegebene Vertragsangebot der einen Mietpartei von der anderen Mietpartei binnen zwei bis drei Wochen
angenommen wird. Sog. „Einrichtungspläne“, die die konkrete Ausführung insbesondere der Anschlüsse für
die Versorgungs- und Entsorgungsleitungen beschreiben, brauchen dem Mietvertrag nicht beigefügt zu
werden.
Die eine Partei hatte den Gewerberaummietvertrag über noch zu errichtende Räume am 01.09.1994, die andere am
08.09.1994 unterschrieben. Die Schriftform sah das KG als eingehalten an, da die genaue Lage der vermieteten Räume
den beigefügten Grundrissplänen zu entnehmen sei. Zudem ergäben sich aus den dem Mietvertrag beigefügten Bauund Ausstattungsbeschreibungen die noch auszuführenden Arbeiten, so dass es unschädlich sei, dass die
Einrichtungspläne noch nicht erstellt gewesen seien.
Kein Ersatz von Vertrauensschaden bei Kündigung nach Schriftformmangel
OLG Rostock – 3 U 187/06 – Urteil v. 23.03.2007
Nach Kündigung eines wegen Nichtbeachtung der gesetzlichen Schriftform ordentlich kündbaren
Mietvertrags kann der Vermieter, der im Vertrauen auf das Zustandkommen eines langfristigen
Mietverhältnisses das Mietobjekt nach den Vorgaben des Mieters errichtet hat, diesen nicht wegen des
enttäuschten Vertrauens auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.
Die Beklagte kündigte das mietvertraglich auf 25 Jahre befristete Mietverhältnis ordentlich. Die Kündigung war wirksam,
weil die gesetzliche Schriftform aufgrund der Tatsache, dass der Mietvertrag nur von einem der Kläger, dem Mitglied
einer GbR, unterzeichnet worden war, nicht eingehalten war.
Form eines Vorvertrages
BGH XII ZR 40/05, Urteil vom 07.03.07 (GE 2007, 1116)
Ein Vorvertrag, vermittels dessen ein langfristiges Mietverhältnis begründet werden soll, unterliegt selbst
nicht dem Schriftformerfordernis. Er verpflichtet die Parteien aber zur Mitwirkung am Zustandekommen
eines der Form des § 566 BGB a. F. genügenden Hauptvertrages.
Vorliegend hatte die Mieterin eines Vorvertrages über ein noch zu errichtendes Altenheini den Vorvertrag gekündigt. Sie
sah sich hieran wegen § 566 B(iB a. F. nicht gehindert.
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Schriftform eines Verzichts auf eine Eigenbedarfskündigung
BGH VIII ZR 223/06, Urteil vom 04.04.07 (GE 2007, 906)
Ein länger als ein Jahr geltender Verzicht auf das Recht zur Eigenbedarfskündigung bedarf wie der gesamte
Mietvertrag gemäß § 550 BGB der Schriftform.
Sinn und Zweck von 550 BGB sei es. es dem Grundstückserwerber zu ermöglichen, sich über den Umfang seiner
Bindungen zu unterrichten. Für den Erwerber sei aber nicht nur eine vollständige Befristung, sondern auch eine
wesentliche Einschränkung seiner Rechte, sich von dem Vertrag zu lösen, von erheblichem Interesse.
Schriftform einer Staffelmiete
LG Berlin 62 T 72/07, Beschluss vom 25.06.07 (GE 2007, 1052)
Keine Berufung auf Unwirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung wegen Schriftformverletzung, wenn im Vertrag
vereinbart ist, dass sich die Parteien für den Fall eines solchen Formmangels zur Nachholung verpflichtet haben.
Fehlender Vertretungszusatz führt zu Schriftformmangel. Berufung auf selbst verschuldeten
Schriftformmangel ist nicht treuwidrig.
LG Berlin 25 0 254/06, Urteil vom 21.12.06 (GE 2007, 846)
Der Vertrag war auf Vermieterseite ohne Vertretungszusatz von einer Person unterzeichnet worden, die nicht der
gesetzliche Vertreter der Vermieterin war. Diese kündigte den (langfristigen) Vertrag wenige Monate später unter Berufung
auf den Schriftformmangel.
Eine Treuwidrigkeit sei hier nicht anzunehmen gewesen, da die Formunwirksamkeit von Seiten der Vermieterin nicht
bewusst herbeigeführt worden sei. Weiter hat die Kammer in der Begründung die Ansicht vertreten, die Rechtsprechung
zur Treuwidrigkeit in den Fällen, in denen sich der Begünstigte einer zur Formunwirksamkeit führenden Vertragsänderung
auf die Unwirksamkeit berufe, sei hier schon deswegen nicht anwendbar, weil sich die Unwirksamkeit nicht aus einer
Vertragsänderung, sondern bereits aus dem Ursprungsvertrag ergebe.
Schriftform eines Mietvertrags mit einer GmbH, Vertretungszusatz
BGH XII ZR 121/05, Urteil vom 19. September 2007
Zur Wahrung der Schriftform eines Mietvertrages mit einer GmbH als alleiniger Mieterin oder Vermieterin ist
es nicht erforderlich, dass die auf deren Seite geleistete Unterschrift mit einem die Vertretung
kennzeichnenden Zusatz versehen wird. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH satzungsgemäß von zwei
Geschäftsführern gemeinsam vertreten wird, die Unterschrift in der für die GmbH vorgesehenen
Unterschriftszeile aber (hier: mit dem Zusatz "i.V.") von einem Dritten stammt. Ob dieser hierzu
bevollmächtigt war oder als vollmachtloser Vertreter unterzeichnet hat, ist eine Frage des
Zustandekommens des Vertrages, nicht der Wahrung seiner Form.
Ob der Mietvertrag bereits mit dieser Unterzeichnung wirksam zustande kam oder mangels Vollmacht des
Unterzeichnenden erst noch der Genehmigung der von ihm vertretenen Partei bedurfte, ist keine Frage der Schriftform. §
550 BGB kann und will in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten
des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem
schriftlichen Vertrag ersehen kann. Sinn und Zweck der Schriftform ist es hingegen nicht, ihm Gewissheit zu verschaffen,
ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist und im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch besteht oder etwa
von den Mietvertragsparteien mündlich aufgehoben wurde. Denn soweit ein Eintritt des Grundstückserwerbers in einen
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Mietvertrag nicht stattfindet, weil dieser nicht oder nicht mehr besteht, bedarf es auch nicht des Schutzes der Schriftform
vor einer langjährigen Bindung an unbekannte Bedingungen. Nichts anderes gilt, soweit die Schriftform auch dazu dient,
die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Parteien sicherzustellen und die Parteien vor der unbedachten
Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.
Schriftform einer Fälligkeitsabrede
BGH XII ZR 198/05, Urteil vom 19. September 2007
Regeln die Parteien die Fälligkeit des Mietzinses abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen, gehört
diese Vereinbarung zu den wesentlichen Vertragsbedingungen und bedarf der Schriftform.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich
erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und
Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben. Für Abänderungen gelten dieselben Grundsätze wie
für den Ursprungsvertrag. Sie bedürfen deshalb ebenfalls der Schriftform, es sei denn, dass es sich um unwesentliche
Änderungen handelt.
Das OLG hatte eine wesentliche Änderung des Vertrages darin gesehen, dass die Parteien "mündlich oder konkludent"
die Zahlungsweise der Miete von quartalsweise auf monatlich umgestellten hätten. Zu der abweichenden Handhabung
war es gekommen, weil die beklagte Mieterin den Mietzins - ohne jede Absprache mit dem damaligen Vermieter monatlich überwiesen und der damalige Vermieter dies hingenommen habe. Dabei beurteilte das OLG, ob die
vorliegende Änderung der Zahlungsweise wesentlich ist oder nicht, u.a. danach, dass sich hierdurch die
Kündigungsmöglichkeit wegen Zahlungsverzugs zugunsten der Klägerin änderte. Die Klägerin hätte, wenn die Beklagte
die Miete nicht mehr bezahlt hätte, das Mietverhältnis infolge der Änderung bereits nach zwei Monaten kündigen können,
während dies bei der ursprünglichen vierteljährlichen Zahlungsverpflichtung erst nach fünf Monaten der Fall gewesen
wäre (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Dass das OLG die Änderung der Zahlungsweise deshalb als wesentlich
bewertet hat, liegt im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden
und entspricht auch der Auffassung des BGH. Da die Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt ist, leidet der Mietvertrag
an einem Formmangel, weshalb er gemäß § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und nach § 580 a Abs.
2 BGB ordentlich gekündigt werden konnte.
Der Mieter verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er sich auf diesen Formmangel beruft. Treuwidrig
handelt nur, wer eine später getroffene Abrede, die lediglich ihm vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche
Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihm inzwischen lästig gewordenen Mietvertrag zu lösen. Diese
Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Die Umstellung der Zahlungsweise hat der Beklagten keinen rechtlichen Vorteil
gebracht, auch wenn die geänderte Zahlungsweise für die Beklagte "praktischer" gewesen sein sollte.
kein Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis, wenn der Mieter bereits vor dem Eigentumsübergang
ausgezogen war
BGH VIII ZR 219/06, Urteil vom 04.04.07 (NZM,1 2007, 441)
Zwar werde von der h. M. vertreten, dass der Erwerber dann analog § 566 BGB in ein zumindest noch bestehendes
Abwicklungsverhältnis eintrete, wenn das Mietverhältnis zwar beendet ist, der Mieter die Wohnung aber noch nicht
zurückgegeben habe. Für eine noch weiter gehende Analogie bestehe aber kein Raum. Das LG Berlin hatte seine
(gegenteilige) Auffassung u. a. damit begründet, die Verpflichtung zur Rückzahlung der Kaution sei erst nach dem
Eigentumswechsel fällig geworden.
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II. Gewährleistung, Mietminderung, Mietgebrauch
Vermieterpflicht, das Abstellen eines Rollators zu ermöglichen; Abgrenzung zu Fahrrädern und Kinderwägen
LG Hannover, Urteil vom 17.10.2005, 20 S 39/05, NZM 2007, 245
Der Mieter hatte Gehprobleme und stellte einen so genannten Rollator im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses, in dem
sich seine Wohnung befand, ab. Die Klägerin, eine Wohnungsgenossenschaft, nahm den beklagten Nutzer (Mieter) auf
Unterlassung des Abstellens des Rollators im Hausflur und zwar am Fuß der Treppe, in Anspruch.
Das Amtsgericht wies diese Klage ab; das Landgericht Hannover bestätigte als Berufungsgericht diese Entscheidung
und führte aus: Jeder Mieter bzw. jedes Mitglied einer eine Wohnung entgeltlich zur Nutzung überlassenden
Genossenschaft, habe das Recht, das Treppenhaus ebenso wie die übrigen Mitbewohner zu benutzen, allerdings nur in
gemeinschaftsverträglicher Weise. In der zugrunde liegenden Hausordnung war in § 8 auch geregelt, dass Fahrräder und
ähnliche Dinge nicht und Kinderwagen nur übergangsweise im Hausflur abgestellt werden können, wenn diese nicht den
Durchgang versperren oder für ältere Bewohner eine Behinderung darstellen.
Das Amtsgericht wie auch das Landgericht waren der Auffassung, dass ein Rollator nicht mit einem Fahrrad
gleichzusetzen sei, es handele sich dabei um eine rollende Gehhilfe, die in ihrer Bedeutung für gehbehinderte Menschen
anders zu bewerten sei als ein Fahrrad. Der Rollator gebe nämlich letztlich diesen Menschen noch eine gewisse
Bewegungsfreiheit und damit auch Lebensqualität. Deshalb müsse für diese Rollatoren in jedem Falle in einem
Mehrfamilienhaus ein Abstellplatz eingeräumt werden, sofern die bauliche Ausstattung des Hauses es ermögliche und
eben die Zusammensetzung der Mieterschaft dies vertrage. Allerdings dürfe der Rollator nur zusammengeklappt
abgestellt werden. Im konkreten Falle bejahte das Gericht die konkrete Möglichkeit, einen Rollator abzustellen und wies
deshalb die Klage ab.
zulässige Nutzung des Hausflurs durch Dritte im (mutmaßlichen) Mieterinteresse: ablegen von Stapeln von
Branchenbüchern zur Mitnahme durch die Mieter bei späterer Abholung liegengebliebener Exemplare
BGH, Urteil vom 10.11.2006, V. ZR 46/06, ZMR 2007, 180 ff.
Die Beklagte vertreibt jährlich erscheinende Neuauflagen eines Branchenbuches "D.M.". Dort werden die
Gewerbetreibenden mit Telefonnummern, aber auch Behörden eingetragen. Des weiteren enthält dieses Branchenbuch
Stadpläne und Straßenverzeichnisse und ist DIN A4 groß und ca. 3,5 cm dick. Aufgrund dessen passt es in der Regel
nicht mehr in die Briefkästen. Die Beklagte legte deshalb einen von ihr geschätzten Stapel dieser Branchenbücher vorne
im Hauseingangsbereich ab und gewährleistete allerdings auch, dass nach einer gewissen Zeit nicht mitgenommene
Branchenbücher wieder abgeholt wurden. Der Hauseigentümer und Vermieter verlangte nun auf dem Klagewege von der
Beklagten, dass sie genau dies unterlasse. Der ursprüngliche Kläger verstarb, statt seiner setzte der
Testamentsvollstrecker die Klage fort.
Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Beklagte ging in die Berufung. Im Laufe des Berufungsverfahrens
verpflichtete sie sich in strafbewehrter Form, es zu unterlassen, Bücher auf Treppenstufen, Treppenpodesten, dem
unmittelbaren Zutrittsbereich zu Stufen und Podesten und vor den Hauseingangstüren der zum Nachlass gehörenden
Häuser abzulegen. Daraufhin erklärten beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Die verbleibende
Klage hat das Landgericht abgewiesen, die Revision des Testamentsvollstreckers blieb erfolglos.
Das Berufungsgericht hatte den geltend gemachten Anspruch verneint und kam zu der Auffassung, der Hauseigentümer
habe die von der Beklagten praktizierte Ablage der Bücher zu dulden. Eine Gefahr gehe davon nicht aus. Der
Unterlassungsanspruch scheitere daran, dass die Mieter zum Mitgebrauch der Gemeinschaftsflächen der Häuser
berechtigt seien und deshalb von der oder den jeweiligen Ablagestellen die Bücher mitnehmen könnten. Ihr Interesse,
solche Bücher zu erhalten, übersteige das Unterlassungsinteresse des Klägers. Soweit einzelne Exemplare der Bücher
von dem Mietern nicht mitgenommen würden, gewährleiste ja die Verteilungspraxis der Beklagten, dass diese kurzfristig
entfernt würden. Unter diesem Gesichtspunkt habe der Unterlassungsanspruch keinen Erfolg. Das Revisionsgericht hat
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sich dieser Auffassung angeschlossen. Die Entscheidung wird dann noch ausführlich von Assessor Edwin Schläger,
Düsseldorf, in der ZMR aaO besprochen und auf die Gefahr des Freibriefes für Reklamefirmen verwiesen. Allerdings
müsse dieser Dritte Einwurfsverbote für Werbung, wie sie auf vielen Briefkästen anzutreffen seien, beachten. Dies gelte
auch für größeres Material. Im vorliegenden Falle müssten dann aber alle Mieter ein solches Verbot auf ihrem Briefkasten
angebracht haben.
Anspruch auf Untervermietung, Reichweite der Mieterpflicht zur Auskunft über den Untermieter, Schriftform
BGH, Urteil vom 15.11.2006 XII ZR 92/04 DWW 2007, 64 ff.
Die Parteien streiten über die Frage, ob ein gewerbliches, auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossenes Mietverhältnis
über eine Gewerbefläche von ca. 650 qm in einem Einkaufszentrum mit insgesamt 22.000 qm außerordentlich seitens
der Mieterin wegen Versagung der Zustimmung zur Untervermietung gekündigt werden konnte.
§ 11 des Mietvertrages lautete:
1. Nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch den Vermieter kann der Mieter das Mietobjekt ganz oder teilweise
oder zur ausschließlichen Nutzung als Einzelhandelsfläche untervermieten oder unterverpachten. ...
2. Die Haftung der Mieterin für sämtliche Verpflichtungen aus diesem Vertrag bleibt im Falle jeder Art von
Untervermietung unverändert bestehen.
3. Die Vermieterin kann die Zustimmung zur Untervermietung nur aus wichtigem Grund versagen. Ein wichtiger Grund
ist insbesondere dann gegeben, wenn im Bereich der genehmigten Einzelhandelsfläche ein Untermietverhältnis
begründet werden soll, das geeignet ist, die Einzelhandelsgenehmigungen für den Mietgegenstand zu gefährden oder
durch die Untervermietung eine Konkurrenzsituation zu einem anderen Mieter des Objekts entsteht.
Die beklagte Mieterin bat die klagende Vermieterin unter dem 25.09.2002 unter Hinweis auf die schlechten Geschäfte um
Zustimmung zur Untervermietung an einen "Sonderpostenhändler für asiatische Lebensmittel und Geschenkartikel".
Hierauf antwortete die Klägerin unter dem 10.10.2002: "... vor einer endgültigen Entscheidung bezüglich der
Untervermietung bitten wir Sie, uns noch folgende Dinge mitzuteilen:
- Person des Untermieters
- Daten zur Beurteilung der Zuverlässigkeit und Bonität.
- Mietbedingungen, insbesondere die Miethöhe, im Untermietverhältnis
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir erst nach Vorlage dieser Informationen unsere Prüfung fortsetzen können. ...".
Die Beklagte antwortete am 30.10.2002: "... Es handelt sich bei unserem Untermieter um Herrn N. M. etwaige Angaben
zur Zuverlässigkeit und Bonität des Untermieters sind für Ihre Beurteilung nicht von Relevanz. Ebenso sind wir nicht
verpflichtet, Angaben zur vereinbarten Mietzinshöhe und sonstigen Nebenleistungen des Untermieters zu machen. Sie
können aber in jedem Falle davon ausgehen, dass der hier vereinbarte Mietzins nicht die im Hauptmietverhältnis zitierte
Miethöhe erreicht. ...".
Am 19.11.2002 schrieb die Klägerin der Beklagten: "... Auf der Grundlage der uns zur Verfügung gestellten Informationen
können wir Ihnen leider keine Zustimmung zur Untervermietung erteilen. Entgegen Ihrer Auffassung Angaben zur Bonität
des Untermieters sowie die Mietbedingungen, insbesondere auch die Miethöhe, selbstverständlich von Relevanz. Nur
durch diese Angaben werden wir in die Lage versetzt zu prüfen, ob in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund
vorliegt. Es steht Ihnen natürlich frei, uns diese Informationen nachzureichen. ...".
Mit Schreiben vom 09.12.2002 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis außerordentlich und berief sich diesbezüglich
auf die verweigerte Zustimmung zur Untervermietung. Die Kündigung erfolgte zum 30.06.2003. Ab dem 01.07.2003
zahlte die beklagte Mieterin keine Miete mehr und die klagende Vermieterin kündigte ihrerseits im März 2004 wegen des
Mietrückstandes das Mietverhältnis fristlos. Sie verfolgt mit ihrer Klage die Miete für den Monat Juli 2003 in Höhe von
9.275,00 € nebst Zinsen. Diese Klage hat das Landgericht abgewiesen. Im Berufungsverfahren wurde dann der
Zahlungsantrag um zwei weitere Monatsmieten erweitert. Das OLG gab der Berufung und der Klageerweiterung statt.
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Die Beklagte ging in Revision. Der BGH hat nach Aufhebung des angefochtenen OLG Urteils den Rechtsstreit
zurückgewiesen. Die Entscheidung des OLG ist abgedruckt in NZM 2004, 461.
Das OLG war der Auffassung, dass der beklagten Mieterin kein außerordentliches Kündigungsrecht wegen der
Ablehnung der Untervermietungserlaubnis zur Seite stünde. Die Mieterin habe dies geforderten Informationen mitteilen
müssen um der Klägerin eine ausreichende Prüfung zu ermöglichen. Das es bislang in Rechtsprechung und Literatur
nicht abschließend geklärt sei, was im einzelnen der Mieter zur Person der Untervermietung sagen muss, verbleibe es bei
der Regelung des § 11 des Mietvertrages, der eine Versagung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsehe. Demnach
sei eine Versagung der Untermieterlaubnis nur dann gerechtfertigt, wenn sie für den Vermieter unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen unzumutbar sei. Das OLG war der Auffassung, dass es dann ausreichende Angaben über die
Person des Untermieters bedürfe, wenn der Vermieter sie ausdrücklich verlange. Zumindest sei eine Beurteilung oder die
Einholung von Auskünften dem Vermieter nur dann möglich, wenn ihm der Name, die Anschrift, das Geburtsdatum und
der Beruf des Untermieters bekannt gemacht würden. Im vorliegenden Fall sei ihm jedoch lediglich der Name, dazu ein
ausländischer Name, dessen richtige Schreibweise nicht überprüfbar sei, mitgeteilt worden. Dabei erstrecke sich die
Auskunftsberechtigung auch auf die Bonität des Untermieters, obgleich für diesen der Hauptmieter haftet, weil sie
Rückschlüsse darauf zulasse, ob der Untermieter ernsthaft und mit einer gewissen Gewähr auf Dauer das beabsichtigte
Gewerbe in den Mieträumen betreiben werde. Einem Vermieter sei regelmäßig in einer geringen Fluktuation und an der
Vermeidung von Leerständen gelegen. Das gelte umso mehr, wenn wir hier, eine Betriebspflicht vereinbart worden sei
und das Mietverhältnis noch etliche Jahre andauere. Es folgen dann noch weitere Ausführungen in dem OLG Urteil in
diese Richtung.
Der BGH kommt zum Schluss, dass das OLG Urteil nur zum Teil der rechtlichen Nachprüfung Stand halte. Überraschend
ist, dass er in allen Argumenten dem OLG folgt, aber dann gleichwohl der Revision stattgibt, weil, was das OG
übersehen habe, die Schriftform des Mietvertrages gem. § 550 BGB nicht gewahrt gewesen sei, weil im Mietvertrag zur
Lage und Individualisierung des Mietobjekts sowie der mit vermieteten Parkplätze auf eine farbliche Markierung in einem
- angeblich - angehefteten Lageplan verwiesen worden sei, ohne dass der Lageplan selbst beigefügt gewesen sei.
Insofern enthalte der Mietvertrag unter § 1 entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine ausreichende
Individualisierung des Mietobjekts, weshalb ein Formverstoß vorliege.
Parabolantenne, Informationsinteresse bei Mietern mit Migrationshintergrund (1)
LG Krefeld, Beschluss vom 19.09.2006, 2S 52/05, NZM 2007, 246 f.
Die beklagte Mieterin hatte die deutsche Staatsangehörigkeit, war aber polnischer Abstammung. Ihr Ehemann war
polnischer Staatsangehöriger, aber nicht Partei des Mietvertrages. Die beiden im Jahre 2000 und 1998 in Deutschland
geborenen Kindern hatten die polnische Staatsbürgerschaft, nicht aber die Deutsche. Die Beklagte installierte auf dem zu
ihrer Wohnung gehörenden Balkon ohne Genehmigung der klagenden Vermieterin eine Parabolantenne. Die Vermieterin
verlangte die Entfernung der Antenne. Zwischenzeitlich war die Familie ausgezogen. Nach übereinstimmender
Erledigungserklärung wurde die Beklagte vom Landgericht Krefeld in die Kosten verurteilt.
Das Landgericht führte aus, dass nach § 541 BGB der Vermieter vom Mieter die Beseitigung eines geschaffenen
vertragswidrigen Zustandes verlangen könne. Das Anbringen einer Parabolantenne sei dann vertragswidrig, wenn eben
der Vermieter nicht verpflichtet sei, dies Parabolantenne zu dulden. Das Landgericht hebt jedoch hervor, dass allein die
fehlende Zustimmung der klagenden Vermieterin zur Anbringung der Parabolantenne den Beseitigungsanspruch nicht
rechtfertige.
Bei der vorliegenden Fallkonstellation sei die Vermieterin auch materiell nicht verpflichtet gewesen sei, eine Zustimmung
zur Anbringung der Antenne zu erteilen bzw. die Anbringung zu dulden. Es führt dann aus, dass der Bildungsanspruch
bei Mietern mit Migrationshintergrund eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Mieters (Art. 5 GG) und
dem Eigentumsinteresse des Vermieters erfordere. Die Eigentümerinteressen seien dabei nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht von vorn herein zu begünstigen. Im vorliegenden Falle ergebe
jedoch die Abwägung, dass die Interessen der klagenden Vermieterin schwerer wögen als diejenigen der beklagten
Mieter. Das im vorliegenden Falle verbleibende ungedeckte Informationsinteresse der Beklagten wiege nur gering.
Konkret konnten die Beklagten über Kabel ein Vollprogramm empfangen. Das Gericht hatte ermittelt, dass über den
Kabelanschluss der Sender TVP empfangbar sei, ebenso der polnische Sender TVN. Dies sei für die Bedürfnisse der
Beklagten und ihrer Familie ausreichend.
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Das Gericht macht dann noch Ausführungen zu den Interessen des Vermieters im Hinblick auf die Wahrung des
äußerlichen Erscheinungsbildes der Hausfassade und betont dieses Interesse stärker als eben das Interesse der
Beklagten hinsichtlich der Informationen aus dem Heimatland.
Parabolantenne (2)
BVerfG 1 BvR 1908/0 1, Beschluss vom 14.02.05 (WuM 2007, 379)
Das Vorhandensein eines Breitbandkabelanschlusses, mit dem auch digitale Zusatzprogramme empfangen
werden können, stellt regelmäßig einen sachlichen Grund dar, die Installation einer Parabolantenne zu
versagen.
Parabolantenne (3)
BVerfG 1 BvR 1320/04, Beschluss vom 27.10.06 (GE 2007, 902)
Es verstößt nicht gegen Art 14 GG, wenn ein Gericht einem Mieter u. a. auch deswegen einen Anspruch auf
eine Parabolantenne zuerkennt, weil der Vermieter schon fünf anderen Mietern gleicher Herkunft das
Anbringen einer solchen gestattet hat.
Parabolantenne (4)
BGH VIII ZR 63/04, Beschluss vom 17.04.07 (WuM 2007, 380, GE 2007,903)
Sieben spanische Fernsehsender über Kabel reichen auch dann aus, wenn sich die Inhalt dreier dieser
Sender weitgehend überschneiden.
Parabolantenne (5)
BGH VIII ZR 207/04, Urteil vom 16.05.07 (GE 2007, 982)
Ist mit der Aufstellung einer Parabolantenne weder eine Substanzverletzung, noch eine nennenswerte
ästhetische Beeinträchtigung verbunden, kann der Vermieter auch bei Vorhandensein eines
Kabelanschlusses zur Gestattung verpflichtet sein.
Parabolantenne (6)
BGH VIII ZR 260/06 (Urteil vom 10. Oktober 2007)
Verlangt der Vermieter von einem ausländischen Mieter (hier: türkischer Staatsbürger alevitischen Glaubens)
einer mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestatteten Wohnung die Entfernung einer auf dem Balkon der
Wohnung aufgestellten Parabolantenne, ist auch dann eine fallbezogene Abwägung des Eigentumsrechts
des Vermieters (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) mit den grundrechtlich geschützten Interessen des Mieters
erforderlich, wenn dieser sich nicht nur auf sein Informationsrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG,
sondern auch auf das Grundrecht der Glaubens- und Religionsfreiheit (Art. 4 GG) beruft, weil die im
Breitbandkabelnetz angebotenen türkischsprachigen Programme nicht über Inhalte des alevitischen
Glaubens berichten.
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Untermiete
LG Berlin 67 S 425/05, Urteil vom 04.12.06 (GE 200 1, 783)
Rechtswidrige Verweigerung einer Untermieterlaubnis löst einen Schadensersatzanspruch in Höhe der
entgangenen Untermiete aus. Zu den Voraussetzungen des § 553 BGB.
Wesentlich für den Anspruch des Mieters sei, dass dieser seinen Lebensmittelpunkt nicht endgültig woanders hin
verlagert habe (vgl. BGH VIII ZR 4105). Vorliegend hatte die Mieterin befristet für zwei Jahre eine auswärtige Tätigkeit
angenommen, war aber etwa einmal monatlich in Berlin (in der Wohnung) gewesen. Zudem habe der Lebensgefährte,
der einen Schlüssel zur Wohnung besaß, die Sachherrschaft für sie ausgeübt
Im übrigen reichten im Rahmen des § 553 BGB "vernünftige Gründe" für das Interesse an der Überlassung aus. Die
durch die doppelte Haushaltsführung entstehenden Mehrkosten stellten solche Gründe dar.
Besichtigungsrecht des Vermieters
AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 06.12.2006, 12 C 378/06, GE 2007, 453
Die Vermieterin hatte gegen den Mieter auf Duldung einer Besichtigung der vermieteten Einzimmerwohnung geklagt. Das
Amtsgericht Schöneberg gibt diesem Begehren statt und verweist auf die allgemeinen Vertragsbestimmungen des
Mietvertrages, wo ein Besichtigungsrecht für Beauftragte der Klägerin nach rechtzeitiger Ankündigung zu angemessener
Tageszeit vorgesehen ist. Das Gericht meint, dass dem Vermieter nach dieser Bestimmung auch ohne besonderen
Grund das Recht zustehe. Auch unter dem AGB-Gesichtspunkt sei dieser Regelung nicht zu beanstanden (unter Hinweis
auf Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Auflage, § 535 Rdnr. 82). Der Mieter werde dadurch nicht unangemessen
benachteiligt. Es sei im übrigen gegen eine missbräuchliche Ausübung des Rechts durch § 242 BGB hinreichend
geschützt. Das Amtsgericht führt ferner aus, dass im übrigen eine Verpflichtung des Mieters, Besichtigungen zu dulden,
aus § 242 BGB im Einzelfall hergeleitet werden könne.
keine fristlose Mieterkündigung wegen Mobilfunk-Sendemast
LG Hamburg, Urteil vom 26.01.2006, 307 S 130/05, ZNR 2007, 198
Der klagende Mieter hatte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15.07.2003 mit der Begründung fristlos gekündigt, dass
ihm der Vermieter nicht mitgeteilt habe, dass kurze Zeit nach Abschluss des Mietvertrages in unmittelbarer Nähe der
angemieteten Wohnung eine Mobilfunkanlage erreichtet worden sei.
Das Landgericht Hamburg setzt sich dann mit der Frage nach der Berechtigung dieser Kündigung auseinander und
verneint die Voraussetzungen der §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 1 BGB. Die letztgenannte Vorschrift erlaube nur dann die
fristlose Kündigung, wenn die Benutzung der Wohnung mit einer erheblichen Gefährdung für seine Gesundheit
verbunden sei. Beweispflichtig sei der klagende Mieter. Er sei diesen Nachweis im konkreten Falle schuldig geblieben.
Die Grenzwerte der 26. Bundesemissionsschutzverordnung seien eingehalten. Die bloße allgemeine Angst vor
bestimmten Umweltgefahren, die sich in keinster Weise objektivieren ließen, genüge nicht, um einen Mangel der
Mietsache anzunehmen. Auch hinsichtlich der Tatsache, dass der beklagte Vermieter den Kläger nicht schon bei
Abschluss des Mietvertrages über die geplante Errichtung der Mobilfunkanlage informiert habe, rechtfertige eine (fristlose)
Kündigung nicht, da für den beklagten Vermieter gegenüber dem klagenden Mieter keine Aufklärungspflicht bestanden
habe. Diese bestehe nicht allgemein, sondern stets nur in Bezug auf die konkreten Vertragsverhandlungen. Maßgeblich
seien dabei nur solche Umstände, die für den Vermieter erkennbar von besonderer Bedeutung für den jeweiligen Mieter
sind. Der Mieter hatte aber im vorliegenden Falle das Thema Mobilfunkantenne nicht angesprochen.
Das erstinstanzliche Gericht hatte deshalb auch ein Minderungsrecht verneint. Das Landgericht Hamburg als
Berufungsgericht hat das amtsgerichtliche Urteil vollumfänglich bestätigt.
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konkludenter Niveauschutz gegen Hartz-IV-Empfänger und Drogensüchtige
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2006, 13 U 51/06, ZMR 2007, 272 ff.
Die beklagte Mieterin hatte im 9. OG des sogenannten Neckarturmes in H. Büroräume zu einem Preis von 11,20 € je qm
mit Wirkung ab Februar 2004 von der klagenden Vermieterin angemietet. Die Gemeinde H. hatte einen Mietspiegel für
Gewerbeobjekte, wo für Büroraum der in Rede stehenden Art eine Spanne von 5,50 bis 10,50 € je qm ausgewiesen war.
Das Exposé, welches Vertragsbestandteil wurde, sprach von einem außergewöhnlichen Bürogebäude mit einmaligem
Ambiente und angenehmer Arbeitsatmosphäre. Des weiteren verfügte das Haus über eine Türsprechanlage sowie eine
Zugangskontrollanlage mit berührungslosen Kartenlesegeräten. Im Laufe der Jahre verschlechterte sich die
Vermietungssituation, so dass die klagende Vermieterin unter anderem an die Agentur für Arbeit vermietete, zunächst
Flächen der 2.-4. Etage, später dann auch noch im 8. OG, wo bislang "gediegene" Mieter zwischenzeitlich ausgezogen
waren.
Die Parteien streiten über ein Minderungsrecht dem Grunde nach wie auch der Höhe nach bzw. über die Frage, ob ein
Anspruch auf Vertragsanpassung wegen gestörter Geschäftsgrundlage bestehe. Das Landgericht billigte der beklagten
Mieterin zunächst wegen der später weggefallenen Zutrittskontrolle im Eingangsbereich ein Minderungsrecht von 5% zu
und kam dann darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass aufgrund der gestörten Vertragsgrundlage eine Reduzierung des
Ursprungsmietzinses um 10% zu erfolgen habe. Beide Parteien gingen in die Berufung. Das OLG Stuttgart als
Berufungsgericht änderte das landgerichtliche Urteil ab und sprach der beklagten Mieterin ein Minderungsrecht von 15%
zu. Wegen der mietvertraglichen Regelungen kam ein Zurückbehaltungsrecht nicht zur Geltung. Es teilte aber nicht die
Auffassung des Landgerichts bezüglich der Störung der Geschäftsgrundlage. Vielmehr verwies das OLG Stuttgart zu
Recht darauf, dass die §§ 536 f. BGB eine ausschließliche Sonderregelung für Störungen aufgrund von Mängeln der
Mietsache sind und insofern das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage hier nicht zum Zuge kommt. Es verweist
insoweit auf Palandt, BGB, 66. Auflage, § 536 Rndr. 13.
Das OLG meint, dass sich das 15%ige Minderungsrecht sowohl auf den Fortfall der Zugangskontrollanlage wie auch auf
die rapide Erhöhung des Besucherverkehrs der Agentur für Arbeit stütze. Es führt unter anderem aus: "Die Überlassung
der Räumlichkeiten an die Agentur für Arbeit zum Zwecke des Betriebs der Hartz-IV-Abteilung, der Suchtberatungsstelle
und der Schuldnerberatung widerspricht den konkludenten (!) Abreden der Klägerin mit der Beklagten über den
Besucherverkehr sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht. Die dadurch hervorgerufenen Umstände
berühren die Einrichtung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebraucht unmittelbar. ...".
keine Mietminderung wegen schwergängiger Tür und Heizungsgeräuschen
LG Berlin, Urteil vom 27.10.2006, 63 S 186/06, GE 2007 367 f.
Die beklagten Mieter hatten gemindert und diese Minderung zum einen auf die Schwergängigkeit der Hauseingangstür
sowie auf Heizungsgeräusche (Strömungsgeräusche) gestützt. Das Amtsgericht hatte die Mieter zur Zahlung der
eingeklagten Mietrückstände verurteilt. Die Berufung der Mieter blieb ohne Erfolg. Das Landgericht führt aus, dass eine
schwergängige Hauseingangstür keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebrauchswertes darstelle und dass
Heizungsgeräusche gar nicht zur Minderung berechtigten, sofern nicht die Geräusche von besonderer Intensität seien
und auch dann nur während der Betriebszeit der Heizung. Übliche Fließ- und Strömungsgeräusche einer Heizung seien
als technisch unvermeidlich hinzunehmen.
kein Zurückbehaltungsrecht des Mieters an bereits tituliertem Rückstand
LG Berlin, Urteil vom 21.11.2006, 64 S 193/06, GE 2007, 516 f.
Die beklagten Mieter hatten gemindert, unter anderem wegen Feuchtigkeit eines ca. 40 qm großen Kellers unter einer
gemieteten Doppelhaushälfte, und sich auch auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Der klagende Vermieter hatte das
Mietverhältnis wegen Mietrückstandes am 22.08.2005 fristlos gekündigt. Das Amtsgericht wie auch das Landgericht
bewerteten diese Kündigung als begründet.
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Interessant ist im Hinblick auf die konkrete Besonderheit dieses Falles, dass das Zurückbehaltungsrecht vorliegend nicht
mehr zu berücksichtigen war. Der zur fristlosen Kündigung führende Rückstand war nämlich bereits durch Urteil des
Amtsgerichts Spandau rechtskräftig tituliert. In diesem Prozess war offensichtlich entweder durch Säumnis des beklagten
Mieters oder sonst wie keine Zug um Zug Verurteilung erfolgt, also das Zurückbehaltungsrecht nicht geltend gemacht
worden. Deshalb und weil die Mieter den aktuellen Rückstand auch nicht vollständig ausgeglichen hatten, blieb die
Kündigung wirksam und auch die erstinstanzliche Verurteilung zur Räumung. Die Berufung der Mieter war lediglich
wegen eines geringen Teils einer Nebenforderung erfolgt.
Zum Bestehen des Erfüllungsanspruchs (und eines ZBR), wenn das Minderungsrecht infolge Kenntnis des
Mieters bei Vertragsschluss ausgeschlossen ist.
BGH XII ZR 139/05, Urteil vom 18.04.07 (GE 2007, 840)
Grundsätzlich bestehe der Erfüllungsanspruch unabhängig von einem etwaigen Ausschluß des Minderungsrechts, da
letzterer auf bloßer Kenntnis beruhe, während dem Erfüllungsanspruch nur eine vertragliche Vereinbarung
entgegengehalten werden kann, wonach der (mangelhafte) Zustand als vertragsgerecht gelten soll. "Häufig", so der
BGH, weide allerdings die bewußte Annahme einer mangelhaften Mietsache durch den Mieter den Schluss rechtfertigen,
dass der Zustand auch als vertragsgerecht vereinbart werden sollte.
Mietminderung auch in Innenstadtlagen mit Gewerbeumgebung möglich
LG Frankfurt/Main 217 S 113/06, Urteil vom 06.03.07 (WuM 2007, 316)
In dem nur knapp begründeten Urteil vertritt die Kammer die Auffassung, auch in Innenstadtlagen mit Gewerbegebieten
stelle der Abriss und Neubau von Gebäuden die Ausnahme dar, während die jahrzehntelange ,Baufreiheit" während der
Lebensdauer der Gebäude der "Normalfall" sei.
keine Mietminderung bei Wohnflächendifferenz, wenn nach der vertraglichen Vereinbarung die
Wohnungsgröße anders als nach WohnFlVO zu berechnen ist
LG Berlin, Urteil vom 19.01.2007, 63 S 241/06, GE 2007, 448
Die Mietvertragsparteien stritten darüber, ob die unstreitig vorhandene Wohnflächendifferenz zur Minderung berechtige.
Die Mieter klagten auf Rückzahlung vermeintlich überzahlter Mieten aus dem vorgenannten Grunde. Den Ausführungen
ist nicht zu entnehmen, wie die erste Instanz (Amtsgericht) entschieden hat. Die Vertragsparteien hatten in dem
Mietvertrag folgendes vereinbart:
"Das Haus besteht aus sieben Zimmern, Wintergarten, Küche, zwei WC, Bad, einem Kellergeschoss (bestehend aus
zwei Zimmern, Sauna, Solarium, Badezimmer mit Whirlpool, WC, Heizungskeller und Lagerraum) sowie einem
teilausgebauten Dachboden. Die Wohnfläche beträgt etwa 320 qm".
Das Landgericht führt aus: Der Begriff der Wohnfläche sei auslegungsfähig (BGH, Urteil vom 22.02.2006 VIII ZR 219/04
= GE 2006, 642 = NJW/RR 2006 801) und hier sei der Begriff der Wohnfläche auch auslegungsbedürftig. Da vorliegend
die Parteien nicht nur die zum Wohnen zu nutzenden Zimmer und Nassräume der Gesamtangabe für die Wohnfläche
vorangestellt hätten, sondern darüber hinaus auch ausdrücklich und im Detail beschrieben den Dachboden als
teilausgebaut mit eingezogen hätten, seien die Parteien ersichtlich davon ausgegangen, dass die Wohnungsgröße sich
nicht nur auf die reinen zu Wohnzwecken errichteten Räume bezogen habe, sondern darüber hinaus auch die übrigen
sonstigen Räumlichkeiten umfassen sollte. Unerheblich sei, dass die Parteien im Mietvertrag weder die genaue Größe
des teilausgebauten Dachbodens noch der sonstigen im Kellergeschoss befindlichen Räumlichkeiten angegeben hätten.
Sie seien von einer Berücksichtigung dieser sonstigen Räumlichkeiten mit einem solchen Anteil ausgegangen, dass
zusammen mit den Zimmern und den Nassräumen eine Wohnfläche von etwa 320 qm erreicht werden sollte. Deshalb
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handele es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung der Partei, was wiederum den Begriff der Wohnfläche im Einzelfall
eine von den §§ 42-44 II. BV abweichende Bedeutung beimesse. Dies sei auch zulässig.
Deshalb entfalle das Minderungsrecht. Die Klage der Mieter wurde abgewiesen.
nochmal: Auslegung des Begriffs „Wohnfläche“ bei Flächendifferenz
LG Berlin, Urteil vom 16.01.2007, 63 S 267/05, GE 2007, 449
Die Mieter hatten eine Dachgeschosswohnung angemietet mit diversen Schrägen. Die tatsächliche Größe gemessen
nach der Wohnflächenverordnung bzw. nach der II. BV lag um mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen
Fläche. Im Mietvertrag waren "81,89 qm Wohn-/Hobbyfläche" angegeben. Bei Zugrundelegung der II. BV ergab sich nur
eine Wohn-/ Nutzfläche von 66,69 qm (allerdings ohne den Hobbyraum).
Die 63. ZK des Landgerichts verwies auch hier darauf, dass der Mangel und damit auch ein Minderungsrecht nur dann
gegeben sei, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit nachteilig
abweiche. Der Begriff der Wohnfläche sei auslegungsfähig und auch auslegungsbedürftig, wobei Vereinbarungen der
Mietvertragsparteien oder eine Bezugnahme auf andere Regelungen und ihre Berechnung ausdrücklich für möglich
erachtet würden (unter Hinweis auf BGH VIII ZR 44/03, Urteil vom 24.03.2004, GE 2004, 680).
Diese Vereinbarungen oder Bezugnahmen seien eben vorrangig zu berücksichtigen. Dies sei im vorliegenden Fall der
Begriff "Wohn-/Hobbyfläche". Damit hätten die Parteien über den Begriff der Wohnfläche hinaus eben auch die Flächen
anderer Räume bewusst miteinbezogen.
keine Wohnflächendifferenz bei fehlender Flächenangabe im Mietvertrag (trotz Zeitungsannonce und trotz
Flächenangabe in Betriebskostenabrechnung)
LG Mannheim, Urteil vom 08.11.2006, 4 S 96/06, DWW 2007, 118 f.
Der klagende Mieter begehrte Rückzahlung zu viel gezahlter Miete wegen eines Mangels der Mietsache, nämlich einer
erheblichen Abweichung der Wohnfläche. Hintergrund war folgender: In einer Zeitungsanzeige hatte die beklagte
Vermieterin die Wohnfläche mit "ca. 90 qm" angegeben und auch unstreitig auf Frage des klagenden Mieters nach der
Wohnfläche diese mit 90 qm vorvertraglich bestätigt. Im Laufe des Mietverhältnisses hatte auch die beklagte Vermieterin
die Betriebskosten unter Zugrundelegung einer Wohnfläche von 90 qm abgerechnet. Der klagende Mieter meinte nun, es
könne sich nur um eine Wohnfläche im Sinne der II. BV handeln. Da die Berechnung der Wohnfläche nach Maßgabe der
II. BV zu einem um mehr als 10% niedrigeren Flächenergebnis führe, sei in der Vergangenheit die Miete überzahlt
worden, die jetzt kondiziert werden dürfe. Der Mietvertrag selber enthielt keine Flächenangabe.
Deshalb wies das Landgericht Mannheim auch die Berufung des klagenden Mieters zurück und führte aus: Weil der
Mietvertrag keine Wohnfläche angebe, könne man auch nicht von einer Flächenvereinbarung der Mietvertragsparteien
reden. Schweige der schriftliche Mietvertrag über Umstände, die eine der Parteien für bedeutsam halte, und dies mache
der Kläger für die Wohnfläche geltend, dann sei dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass sich der Vermieter hinsichtlich
dieses bekannt gegebenen Umstandes gerade nicht habe binden wollen und dass die andere Partei auf die Aufnahme
im Mietvertrag letztlich keinen Wert gelegt habe, weshalb eine vertragliche Bindung ausscheide. Die Angaben in der
Anzeige oder mündlichen Angaben vor Abschluss des schriftlichen Mietvertrages dienten in aller Regel nur dazu, die
Mietsache zu beschreiben. Aus ihnen folgten mietvertraglich erhebliche Umstände, ohne weiteres nicht. Anderes könne
sich nur dann ergeben, wenn der beklagte Vermieter dem klagenden Mieter eine bestimmte Wohnfläche zugesichert
habe (§ 536 Abs.2 BGB).
Der klagende Mieter hatte vorgetragen, dass die Parteien übereinstimmend unter Wohnfläche nur die Wohnfläche
verstanden hätten, wie sie nach der II. BV ermittelt werde. Das Landgericht hält dem entgegen, dass der allgemeine
Sprachgebrauch mit dem Begriff Wohnfläche nicht eine bestimmte Berechnungsart verbinde und deshalb aus den
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Äußerungen der vertragschließenden Parteien durch Auslegung zu ermitteln sei, was sie halt darunter verstanden hätten.
Das Landgericht Mannheim beruft sich insoweit auf die Entscheidung des BGH vom 24.03.2004 NJW 2004, 2030.
Es wies demzufolge die Rückzahlungsklage des Mieters ab.
kein Ersatz von Ermittlungskosten (Gutachter) bei - sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellenden
- Mängelanzeigen des Mieters
AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 12.12.2006, 239 C 122/06, GE 2007, 455
Die Mietvertragsparteien stritten über die Qualität der Lärmisolierung der Geschossdecke zwischen Erdgeschoss und 1.
OG, wo die beklagten Mieter ihre Wohnung hatten. Im Erdgeschoss betrieb das L. Kolleg die Fortbildung von
Jugendlichen und Erwachsenen zur Erlangung des Abiturs auf dem zweiten Bildungsweg. Mit Anwaltsschreiben vom
07.10.2005 forderten die Mieter die klagende Vermieterin auf, den vom L. Kolleg ausgehenden Lärm durch Ergreifung
geeigneter Lärmschutzmaßnahmen zu reduzieren und sicherzustellen, dass der Hauseingang und der Hausflur nicht
ständig durch Schüler blockiert werde. Die betroffene Vermieterin kündigte die Beauftragung eines
Lärmschutzgutachtens an, dem die Beklagten zustimmten, jedoch mit dem Hinweis, dass sie nicht die Kosten des
Sachverständigen tragen würden. Das Schallschutzgutachten ergab, dass die Lärmdämmwerte der Geschossdecke
vorliegend eingehalten wurden, da ein Bauschall-Dämm-Maß von 60 dB festgestellt worden sei, die DIN 4109 jedoch nur
einen Wert von 53 dB vorschreibe.
Daraufhin wollte die Vermieterin von den Mietern die Sachverständigenkosten ersetzt bekommen, die sie einklagte. Das
Amtsgericht Charlottenburg wies die Klage ab und führte aus, dass der begehrte Anspruch eine schuldhafte
Vertragsverletzung der Mieter voraussetze. Die erhobene Mängelrüge wegen der behaupteten Lärmbelästigung stelle
jedoch ebenso wenig wie die Klageandrohung bei Nichtergreifen von Lärmschutzmaßnahmen eine solche schuldhafte
Pflichtverletzung dar. Grundsätzlich sei von Geräuschemissionen durch das L. Kolleg auszugehen. Trotz des Gutachtens
sei nicht auszuschließen, dass in der Wohnung der Beklagten Geräusche in einem Ausmaß wahrzunehmen seien, die als
erheblich die Nutzung der Mietsache beeinträchtigend anzusehen seien. Im übrigen habe der Gutachter unter anderem
stillgelegte Schornsteinzüge bzw. andere Lärmbrücken wie Türen und Fenster nicht berücksichtigt. Überdies stelle die
Einhaltung der DIN lediglich bei normalem Lärm keine Mangel der Mietwohnung dar (Kinne/ Schach/ Bieber, Miet- und
Mietprozessrecht, 4. Auflage, § 535 Rdz. 78). Liege jedoch eine außergewöhnliche Lärmemission vor, reiche der
Nachweis des Einhaltens der DIN nicht aus, um eine Lärmbelästigung auszuschließen, die die Mietmangelgrenze
überschreitet. Das von dem L. Kolleg stärkerer Lärm als der normale ausgehe, sei wahrscheinlich und könne jedenfalls
nicht ausgeschlossen werden.
Konkurrenzschutz
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. September 2006, 10 U 28/06 (GE 07, 651 = NZM 07, 357)
Konkurrenzschutz für Radiologen in einem Ärztehaus bedeutet nicht Schutz vor Ärzten mit fachbezogener
Röntgenberechtigung.
Mietmängel (Baugerüst, Treppenhaus, WC-Spülung, Durchlauferhitzer, Badewanneneinlauf)
LG Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2006, 63 S 194/06 (GE 07, 655)
Ein Baugerüst seitlich vor Küchenfenster stört nicht. Eine WC-Spülung, die nicht richtig spült, weil der Mieter eine
Änderung vornahm, ist nicht mangelhaft. Ein Durchlauferhitzer, der nach 15 Sekunden anspringt und eine Wanne, die 30
Minuten zum Vollaufen braucht, sollen in Ordnung sein. Letzteres kann nur ein Mangel sein, wenn vorher eine kürzere
Füllzeit bestand.
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Putzschäden als Mangel
AG Köpenick – 8 C 129/07 – Urteil v. 15.08.2007
Der Vermieter muss auch dann - bei Vertragsschluss noch nicht vorhandene - großflächige Putzschäden an
der Außenfassade beseitigen, wenn Schäden an der Wärmedämmung noch nicht eingetreten sind.
Parken / Laden und Entladen auf dem Innenhof ohne vertragliche Vereinbarung
AG Hohenschönhausen, Urteil vom 22.2.2007 – 10 C 492/06 (GE 07, 725)
Der Vermieter darf das Parken auf dem Innenhof untersagen, wenn hierüber keine Vereinbarung mit dem Mieter besteht,
auch wenn er es eine Zeitlang geduldet hat. Er muß jedoch nach erfolgter Absperrung durch ein Tor dem Mieter
gegebenenfalls (dauerhaft) einen Schlüssel zur Verfügung stellen, wenn dem Mieter Platz auf der öffentlichen Straße zum
Be- und Entladen nicht zur Verfügung steht.
Anspruch des Mieters auf Beseitigung von Mängeln am Nachbargrundstück, das auch dem Vermieter gehört
AG Charlottenburg, Urteil vom 23.4.2007 – 221 C 531/06 (GE 07, 727)
Hat der Nachbar eine Sichtblende auf seinem Grundstück angebracht, kann der Mieter vom Vermieter deren Beseitigung
verlangen, wenn der Vermieter auch Vermieter des Nachbargrundstücks ist.
Mangel durch Hitze (Sonneneinstrahlung)
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.1.07 – 2 U 106/06 (NZM 07, 330)
Die Frage, ob wegen Aufheizen des Gebäudes auf Grund von Sonneneinstrahlung ein Mangel vorliege,
richtet sich nach der vertraglichen Vereinbarung und dem Zustand des Gebäudes, nicht nach der
Arbeitsstättenverordnung.
Vor allem bei Bürogebäuden scheint die Raumtemperatur immer wieder Anlaß zu Streit zu sein. Das OLG folgt der meist
einen Mangel annehmenden Rechtsprechung (mit der es sich umfassend auseinandersetzt) nicht, hat aber die Revision
zugelassen.
Doppelvermietung
KG, Beschluß vom 25. Januar 2007 – 8 W 7/07 (DWW 07, 201)
Im Fall der Doppelvermietung kann der Mieter dem Vermieter nicht im Wege der einstweiligen Verfügung
aufgeben lassen, es zu unterlassen, den Besitz an der Mietsache dem Dritten einzuräumen.
Die Frage, welche Möglichkeiten der Mieter hat, ist in Literatur und Rechtsprechung strittig. Das KG meint, würde man
den Erlaß einer einstweiligen Verfügung zulassen, herrsche das Zufallsprinzip. Der privatautonom handelnde Vermieter,
habe Wahlfreiheit, an welchen Mieter er Schadenersatz leisten wolle. Durch den Schadenersatzanspruch sei der Mieter
hinreichend geschützt.
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Mangel durch Bauarbeiten in der Nachbarschaft
LG Berlin – 62 S 82/07 – Urteil v. 02.04.2007
Grundsätzlich muss der Mieter in einem Wohngebiet mit Altbaubestand regelmäßig mit Bauarbeiten in der
Nachbarschaft rechnen und kann deshalb keine Mietminderung geltend machen. Das gilt jedoch nicht ohne
weiteres für umfangreiche Bautätigkeiten.
Der Mieter minderte die Miete u.a., weil wegen der kompletten Entkernung des Nachbargebäudes erheblicher Baulärm
entstanden sei. Das Landgericht modifizierte die Rechtsprechung, wonach in einem Wohngebiet mit Altbaubestand
regelmäßig mit baulichen Veränderungen und Reparaturen zu rechnen und der Mieter deshalb nicht zu einer Minderung
berechtigt sei. Für den Fall der kompletten Entkernung komme eine Minderung nur dann nicht in Frage, wenn der
Vermieter darlegen könne, dass mit einer derart umfangreichen Baumaßnahme wegen äußerer Anzeichen bereits zu
rechnen gewesen sei, als der Mieter den Mietvertrag abgeschlossen habe.
Mangel durch nur angedrohte behördliche Nutzungsuntersagung des beabsichtigten Gewerbes
LG Frankfurt (Oder) – 15 S 129/06 – Urteil v.05.04.2007
Ein zur Mietminderung berechtigender Sachmangel in einem Mischmietverhältnis liegt selbst dann vor, wenn die
Bauaufsichtsbehörde die Untersagung der vertraglich vereinbarten Nutzung zu Gewerbezwecken und zu Wohnzwecken
nur androht, das Verfahren aber später eingestellt wird.
Mangel durch Taubenabwehrnetz
AG Schöneberg – 16b C 180/07 – Urteil v. 03.09.2007
Die Montage eines Taubenabwehrnetzes stellt keine Veränderung der Mietsache und keinen Sachmangel im
Sinne des § 536 BGB dar.
Die Anbringung eines schwarzen Taubenabwehnetzes im Bereich Dachaußenwand/Außenfassade ist, anders als bei
Treppenhäusern, Fahrstühlen, Wasch- und Trockenräumen sowie sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen, nicht vom
mietvertraglichen Gebrauch umfasst. Zudem gehen von dem Netz keine objektiven Beeinträchtigungen aus, weil es
weder die Licht- noch die Sicht- noch die Luftverhältnisse in der Wohnung in negativer Weise beeinträchtigt.
Schimmelbildung, unzumutbar häufig notwendiges Lüften
AG Frankfurt am Main – 33 C 1906/06-31 – Urteil v. 09.07.2007
Die durch hohe Raumfeuchtigkeit bedingte Schimmelbildung in der Wohnung begründet als Mangel die
Mietminderung auch dann, wenn der Mieter eine den Schimmel verhindernde Lüftung unterlässt, weil das
Ausmaß der erforderlichen Lüftung wegen Unzumutbarkeit dem Mieter nicht abverlangt werden kann.
Es ist unzumutbar, wenn eine Wohnung öfter als üblich, im vorliegenden Fall 5 Mal täglich, gelüftet werden muss, damit
sich keine Feuchtigkeit niederschlägt.
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Schimmel nach Fensteraustausch, Hinweispflichten des Vermieters
LG München – 31 S 14459/06 – Urteil v. 08.03.2007
Nach Einbau isolierverglaster Fenster muss der Vermieter den Mieter sachgerecht und präzise auf die neuen
Anforderungen an dessen Heiz- und Lüftungsverhalten im veränderten Raumklima hinweisen.
Der Vermieter hatte undichte, schlecht schließende Fenster gegen isolierverglaste austauschen lassen. In der Folgezeit
bildete sich in der Wohnung Schimmel. Das Landgericht stellte klar, dass der Mieter nicht verpflichtet sei, selbstständig
Überlegungen zu einem veränderten Lüftungsverhalten anzustellen.
keine Mieterpflicht zur schimmelvermeidenden Möbelanordnung
LG Mannheim – 4 S 62/06 – Urteil v.14.02.2007
Der Mieter einer Wohnung ist mangels abweichender Vereinbarung nicht gehalten, die Möbel in einer
bestimmten Weise oder Anordnung aufzustellen. Er ist daher auch dazu berechtigt, die Möbel direkt an den
Außenwänden aufzustellen. In bauphysikalischer Hinsicht müssen Mietwohnungen so beschaffen sein, dass
sich bei einem Wandabstand von nur wenigen Zentimetern Feuchtigkeitserscheinungen nicht bilden können.
Der Mieter ist – soweit mietvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist – berechtigt, die Wohnung mit
handelsüblichen Möbeln (auch bodenbündigen Schränken) an jedem beliebigen Ort in der Wohnung, auch an
Außenwänden, einzurichten. Es besteht deshalb grundsätzlich keine Pflicht, Möbel mit einem Wandabstand von 5 cm
oder mehr aufzustellen.
III. Mieterhöhung
Formelle Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen
BGH VIII ZR 11/07, Urteil vom 12. Dezember 2007
Zur Frage der Entbehrlichkeit einer ausdrücklichen Mitteilung der im Mietspiegel für die Wohnung
angegebenen Spanne
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, welche Begründungserfordernisse an ein Mieterhöhungsverlangen zu stellen
sind, das auf einen qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB) gestützt ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in Berlin. Durch Schreiben vom 29. Oktober 2003
verlangte der Kläger die Zustimmung zur Erhöhung der Bruttokaltmiete um monatlich 73 € ab dem 1. Januar 2004 und
führte unter anderem aus:
"Bei der Wohnfläche von 136,28 qm beträgt damit die verlangte Miete je Quadratmeter monatlich nettokalt 3,43 €. Die
ortsübliche Miete für vergleichbaren nicht preisgebundenen Wohnraum wird dadurch nicht überschritten. Zur
Begründung verweise ich auf den öffentlich bekannt gemachten Berliner Mietspiegel 2003 für die westlichen Bezirke.
Ihre Wohnung ist in das Mietspiegelfeld J1 einzuordnen. Gemäß § 558 BGB nF reicht es zur Begründung des
Erhöhungsverlangens aus, dass der verlangte Mietzins innerhalb der Mietzinsspanne des maßgeblichen
Mietspiegelfeldes liegt. …"
Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die
Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat das Mieterhöhungsverlangen als bereits formell unwirksam angesehen,
weil der Kläger nur das Mietspiegelfeld mitgeteilt habe, ohne auch die dort vorgesehene Mietspanne ausdrücklich
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anzugeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und
zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Mieterhöhungsverlangen des Klägers entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Es ist in einer den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Weise begründet worden (§ 558a Abs. 1 und 3 BGB). Nach diesen Bestimmungen hat der Vermieter,
der sein Erhöhungsverlangen auf einen qualifizierten Mietsspiegel stützt, dem Mieter die Angaben des Mietspiegels für
die Wohnung mitzuteilen. Bei dem Berliner Mietspiegel 2003 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel; er
enthält ein Raster aus mit Buchstaben und Ziffern bezeichneten Feldern, in denen für bestimmte Kategorien von
Wohnungen jeweils eine bestimmte Mietspanne ausgewiesen ist.
In einem solchen Fall ist nur die genaue Angabe des - nach Auffassung des Vermieters - für die Wohnung einschlägigen
Mietspiegelfelds erforderlich, um den Mieter auf die im Mietspiegel für die Wohnung vorgesehene Spanne hinzuweisen
und ihm eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die geforderte Miete innerhalb der Spanne liegt. Die Spanne muss im
Erhöhungsverlangen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausdrücklich genannt werden, wenn der
Mieter sie in dem vom Vermieter angegebenen Mietspiegelfeld ohne weiteres ablesen kann. Der Mietspiegel selbst muss
dem Erhöhungsverlangen auch nicht beigefügt werden, wenn er - wie im vorliegenden Fall - im Amtsblatt veröffentlicht
und damit allgemein zugänglich ist.
Anspruch auf schriftliche Zustimmungserklärung trotz vorbehaltloser Zahlung
LG Berlin, Beschluss vom 03.01.2007 63 T 130706 (AG Hohenschönhausen, Beschluss vom 15.12.2006, 18 C 21/06),
ZMR 2007, 196
Der Vermieter hatte eine schriftliche Zustimmung zur Mieterhöhung begehrt, obgleich der Mieter zuvor mehrfach
vorbehaltlos die erhöhte Miete bezahlt hat. Amtsgericht und Landgericht kommen zu dem Schluss, dass auch in einer
solchen Fallkonstellation der Vermieter Anspruch auf eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung habe.
Die beklagten Mieter hatten eingewandt, sie hätten (aufgrund ihrer vorbehaltlosen und vollständigen Zahlung des
Erhöhungsbetrages über mehrere Monate) keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Deshalb müsse die klagende
Vermieterin die Kosten tragen. Amts- und Landgericht haben gleichwohl die Mieter in die Kosten verurteilt und hierzu
ausgeführt: Zwar hätten die Mieter bereits vor dem Zeitpunkt der Klageeinreichung am 04.10.2006 zweimal die erhöhte
Miete an die Klägerin gezahlt, darin könne jedoch noch kein vorprozessuales Anerkenntnis gesehen werden, denn die
Klägerin habe gegenüber den Beklagten gem. § 558 b) Abs. 2 Satz 1 BGB einen Anspruch auf schriftliche Zustimmung
zur Mieterhöhung. Die beklagten Mieter waren mehrfach durch die Klagen der Vermieterin hierzu aufgefordert worden,
waren dem aber nicht gefolgt.
notwendiger Nachweis konkreter Betriebskosten bei Bruttomieterhöhung
BGH, Versäumnisurteil vom 12.07.2006 VIII ZR 215/05, DWW 2007, 63 f.
Die Vermieterin, eine GbR, hatte gegenüber dem beklagten Mieter eine Mieterhöhung über die Hausverwaltung
ausgesprochen. Der betroffene Mieter beanstandete zunächst die vorgelegte Hausverwaltervollmacht und erteilte die
Zustimmung nicht. Die Klägerin erhob Zustimmungsklage. Die Bereinigung der zwischen den Parteien geltenden
Bruttokaltmiete geschah mit den Betriebskostenwerten wie sie im Berliner Mietspiegel 2003 (westliche Bezirke)
aufgeführt sind. In der Zustimmungsklage hatte jedoch die Klägerin den Beklagten erneut (in der Klagebegründung) auf
Zustimmung der begehrten Mieterhöhung in Anspruch genommen und auch dort mit dem arithmetischen
Betriebskostenanteil aus dem Mietspiegel 2003 die Vergleichbarkeit zur Bruttokaltmiete hergestellt. Die Klägerin hatte
jedoch nicht mit ihrer Klage den konkreten Betriebskostenanteil dargelegt. Das Amtsgericht wies die Klage deshalb ab.
Das Landgericht als Berufungsgericht verurteilte den Beklagten zur der begehrten Mieterhöhung. Es ließ jedoch die
Revision zu, von der der beklagte Mieter Gebrauch machte.
Der BGH gab der Revision statt und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin zurück. Es stellte fest, dass für
das eigentliche Mieterhöhungsverlangen die Angabe der atithmetischen Betriebskostenwerte aus dem Mietspiegel
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ausreichend sei. Dies genüge für die formelle Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens. Wenn allerdings dann der
Vermieter klage, müsse er im Prozess die konkreten Betriebskostenwerte für die Wohnung darlegen und damit seinen
materiellen Zustimmungsanspruch begründen. Da dies nicht erfolgt sei und im übrigen auch kein diesbezüglicher
Hinweis seitens des Berufungsgerichts erfolgte, war die Sache zurückzuverweisen.
zu Kriterien der Spanneneinordnung (Bad, Kaltwasserzähler, Citylage)
LG Berlin, Urteil vom 12.12.2007, 63 S 71/06, GE 2007, 597
Es geht um die Einordnung einer Wohnung im Rahmen eines Mieterhöhungszustimmungsklageverfahrens betreffend
eine in Schöneberg gelegene Wohnung. Das Landgericht führt aus: Ein Bad im Sinne des Berliner Mietspiegels sei
unabhängig seiner Größe auch dann vorhanden, wenn es nur über die Küche erreichbar sei. Bei einer Bruttomiete sei ein
Kaltwasserzähler nicht wohnwerterhöhend. Der Schöneberger Kietz sei keine Citylage.
Übernahme von Kleinreparaturen durch den Vermieter nicht wohnwerterhöhend
LG Dortmund, Urteil vom 30.05.2006, 1 S 10705, NZM 2007, 245 f.
Der auf Zustimmung zur Mieterhöhung klagende Vermieter hatte gemeint, er könne als wohnwerterhöhendes Merkmal
auf die Werte des örtlichen Mietspiegels auch einen Zuschlag erheben für Kleinreparaturen, die er, der Vermieter,
ausführen müsse, die aber in Ansehung des örtlichen Mietspiegels vom Mieter zu tragen seien. Das Amtsgericht wies die
Klage ab und das Landgericht Dortmund als Berufungsgericht wies auch die Berufung des Vermieters zurück.
Das Landgericht Dortmund äußert mit dem Amtsgericht die Auffassung, dass die wirtschaftliche Bedeutung der
Kleinreparaturkosten nicht mit der von Schönheitsreparaturen und dazu ergangenen Entscheidungen vergleichbar sei.
Letztere gehöre als Hauptleistungs- und Teil der Instandhaltungspflicht zu den Hauptpflichten des Vermieters. Die
Übernahme eines derartigen Pflichtenkreises habe bei der Kalkulation der Miete eine erhebliche Rolle gespielt.
Demgegenüber sei die wirtschaftliche Belastung von Kleinrepraturen mit einer Höchstgrenze zwischen 75,00 € und
100,00 € von untergeordneter Bedeutung. Das Landgericht Dortmund hat jedoch die Revision zugelassen.
Heilung eines Formmangels noch im Klageverfahren; keine übersteigerten Anforderungen an die Aktualität
von Betriebskostendaten bei Bruttomieterhöhung
LG Berlin, Urteil vom 02.02.2007, 63 S 277/06, GE 2007, 447 f.
Der auf Zustimmung klagende Vermieter hatte in den Mieterhöhungsschreiben zwei Betriebskostenanteile zur
Umrechnung der Bruttokaltmiete angegeben, jedoch nicht hinzugefügt, ob es sich hierbei um die konkreten
Betriebskosten oder um die Betriebskosten nach dem Mietspiegel handele. Das Amtsgericht sah deshalb dieses
Mieterhöhungsbegehren als formell unwirksam an. Diesen Formmangel sah jedoch das Landgericht als mit der
Klageschrift behoben an. Dort war dazu näher vorgetragen worden. Deshalb wurde das amtsgerichtliche Urteil lediglich
hinsichtlich des Wirksamkeitszeitpunktes abgeändert.
Zugleich hat das Landgericht aaO klargestellt, dass bei den anzugebenden konkreten Betriebskosten (im Rahmen der
Zustimmungsklage) eine Aufstellung dann hinreichend aktuell sei, wenn die angegebenen Beträge zumindest aus
Zeiträumen stammen, für die eine Abrechnung schon fällig sei.
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geleaster Wasserzähler als wohnwerterhöhendes Merkmal
LG Berlin, Urteil vom 19.2.2007 – 67 S 400/06 (GE 07, 652)
Auch ein geleaster Wasserzähler ist ein Wasserzähler im Sinne der Orientierungshilfe und daher
wohnwerterhöhend.
Das Gericht folgt der ZK 62, GE 2007,55. Problematisch war, daß nach dem Mietspiegel die Einrichtung vom Vermieter
gestellt sein muß, soll sie wohnwerterhöhend sein. Ist sie das auch, wenn der Vermieter nicht die Kosten der Einrichtung
trägt, weil er die Kosten als Betriebskosten umlegen kann? Das Gericht meint: Ja. Es komme nicht darauf an, wer
wirtschaftlich die Anschaffung trägt. Klargestellt werden sollte im Mietspiegel nur, daß die Ausstattung nicht vom Mieter
eingebracht worden sein darf.
Auch andere Ausstattungsmerkmale (Kabel, Concierge) würden letztlich vom Mieter getragen. Das sei von den Erstellen
des Mietspiegels hingenommen worden.
geleaster Wasserzähler als wohnwerterhöhendes Merkmal (2)
AG Köpenick, Urteil vom 27.3.2007 – 7 C 362/06 (GE 07, 725)
Ein geleaster Wasserzähler ist wohnwerterhöhend. Die Werterhöhung kann aber im Wege der Schätzung
korrigiert werden, wenn die Wohnwerterhöhung durch die Meßeinrichtung tatsächlich geringer ist.
Das AG nahm eine Wohnwerterhöhung an. Hiernach waren dann alle Merkmalsgruppen positiv, es war auch ein
„modernes Bad“ gegeben, was eine Miete von 5,47 €/qm rechtfertigte.
Dann korrigierte das AG jedoch: innerhalb der dargestellten Spanne (das Gericht kam nach Anwendung der
Orientierungshilfe an sich nicht mehr zu einer „Spanne“) sei ein Abzug von 0,10 €/qm aufgrund Schätzung nach § 286
ZPO gerechtfertigt. In der Merkmalsgruppe Bad/WC sei nur ein Merkmal positiv (weil schon ein modernes Bad vorläge).
Das führe dazu, daß der Wasserzähler einen Zuschlag von jährlich 100,00 EUR erzeuge, was aber wiederum zu dem
(eingesparten) Wasserverbrauch in keinem Verhältnis stehe.
Orientierungshilfe: Ausgußbecken genügt als Spüle
AG Köpenick, Urteil vom 1.2.2007 – 3 C 229/06 (GE 07, 659)
Daß der Mieter selbst eine neue Spüle angeschafft habe, sei unerheblich. Der Ausguß sei vertragsgerecht. Hätte er den
angeblich maroden Ausguß durch Vermieter richten lassen, hätte er jetzt eine Spüle.
Bei preisgebundenem Wohnraum ist die Vereinbarung einer Staffelmiete nicht zulässig.
LG Berlin, Urteil vom 14.12.2006 – 67 S 207/06 (GE 07, 719)
einvernehmliche Mietänderungen berühren nicht die Jahresfrist
BGH – VII ZR 285/06 – Urteil v. 18.07.2007
Bei der Berechnung der Jahresfrist nach § 558 I 2 BGB bleiben nach Satz 3 auch solche Mieterhöhungen
unberücksichtigt, die auf den in § 559 BGB genannten Gründen beruhen, jedoch einvernehmlich von den
Parteien vereinbart worden sind.
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Mieterhöhung nach Modernisierung trotz Verstoß gegen Ankündigungsfrist
BGH – VIII ZR 6/07 – Urteil v. 19.09.2007
Einer Mieterhöhung wegen Modernisierung steht nicht entgegen, dass der Vermieter den Beginn der
Modernisierungsarbeiten weniger als drei Monate vorher angekündigt und der Mieter der Maßnahme
widersprochen hat.
Ein Vergleich der Rechtsfolgen, die eintreten, wenn der Vermieter die gesetzlich vorgeschriebene Mitteilung ganz
unterläßt, nämlich eine Verschiebung des Beginns der Mieterhöhung um sechs Monate (§ 559b II 2 1. Alt BGB), mit dem
vorliegenden Fall, in dem die Modernisierungsankündigung lediglich verspätet erfolgt ist, ergibt, dass die Verspätung der
Mitteilung nicht den Ausschluss des Rechts des Vermieters auf Mieterhöhung zur Folge haben kann.
Kriterien der Spanneneinordnung (gestaltete Müllstandsfläche, Schürzenbadewanne)
LG Berlin – 65 S 156/07 – Urteil v. 10.08.2007
a. Schon eine von der Pflasterung des angrenzenden Gehweges abweichende Pflasterung stellt eine
gestaltete Müllstandsfläche im Sinne der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel dar. Ein
weitergehendes Mindestmaß an ästhetischer Gestaltung fordert der Mietspiegel nicht. Insbesondere fordert
er nicht, dass die Gestaltung etwa die Müllgefäße verdeckt.
b. Eine mit einer leicht demontierbaren Verblendung verkleidete Badewanne (Schürzenbadewanne) ist keine
Einbauwanne im Sinne des Mietspiegels.
Kriterien der Spanneneinordnung (Fliesen im Arbeitsbereich, unzureichende Elektroinstallation, zusätzlicher
Nutzraum außerhalb der Wohnung)
LG Berlin – 67 S 481/06 – Urteil v. 12.07.2007
a. Wandfliesen im Arbeitsbereich sind nur dann wohnwerterhöhend, wenn der gesamte Arbeitsbereich
einschließlich Spüle abgedeckt ist.
Vorliegend existierte eine Verfliesung nur im Bereich des Herdes. Das Landgericht führt aus, dass die Verfliesung, die als
Spritzschutz dienend eine leichtere Reinigung ermöglicht, nur wohnwerterhöhend zu berücksichtigen ist, wenn der
gesamte Arbeitsbereich verfliest ist.
b. Das Fehlen von Steckdosen im Bad ist als unzureichende Elektroinstallation wohnwertmindernd zu
berücksichtigen.
c. Ein Trockenraum außerhalb der Wohnung ist ein zusätzlicher Nutzraum im Sinne der Orientierungshilfe.
Der zusätzliche Nutzraum kann, muss aber nicht mit einer Sonderausstattung versehen sein, um das
wohnwerterhöhende Merkmal zu erfüllen.
Leicht behebbare Mängel sind im Rahmen der Spanneneinordnung nicht zu berücksichtigen, andere schon.
LG Berlin – 67 S 367/06 – Urteil v. 30.04.2007
Bei Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind behebbare Mängel der Wohnung grundsätzlich nicht zu
berücksichtigen. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Mangel nicht leicht zu beheben ist. Dies ist dann der
Fall, wenn sich der Vermieter weigert, den Mangel zu beseitigen.
Der Vermieter wollte im Rahmen einer Modernisierung die vorhandene Gasetagenheizung in eine Gas-Zentralheizung
umwandeln. Der Mieter stimmte der Modernisierung nicht zu, trotzdem führte der Vermieter die Umwandlung durch, so
dass die Gasetagenheizung des Mieters nicht mehr gebrauchsfähig war. Auch der danach ausgesprochenen
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Mieterhöhung, die die Wohnung in das Mietspiegelfach mit Sammelheizung einordnete, stimmte der Mieter nicht zu. Die
Klage des Vermieters auf Mieterhöhung scheiterte.
Ob die Miete schon bei Vertragsschluss unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, ist im Rahmen der
§§ 558 ff. BGB unerheblich.
BGH Vlll ZR 303/06, Urteil vom 20.06.07 (GE 2007, 1110)
Die Miete hatte schon bei Vertragsschluß unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen, und letztere hatte sich
seither nicht verändert. Dennoch geht der BGH davon aus, dass sich eine derartige Einschränkung aus den §§ 558 ff.
BGB nicht ergebe.
Ist die tatsächliche Fläche um bis zu 10% größer als die vertraglich vereinbarte, so gilt für
Mieterhöhungsverlangen die vertraglich vereinbarte Fläche.
BGH VIII ZR 138/06, Urteil vom 23.05,07 (GE 2007, 1046)
In der Kommentierung im "Grundeigentum" (2007, 1022) heißt es, mit diesem Urteil führe der BGH seine
Rechtsprechung fort, im Zuge derer er Entsprechendes bereits für den umgekehrten Fall (tatsächliche Fläche 10%
geringer) entschieden hätte (vgl. BGH VIII ZR 192/03, Urteil vom 07.07.04, GE 2004, 1021). Dem kann nicht gefolgt
werden:
In der zuletzt zitierten Entscheidung hatte der BGH dem Rückforderungsanspruch eines Mieters stattgegeben, der einem
Mieterhöhungsverlangen in Unkenntnis der Tatsache zugestimmt hatte, dass seine Wohnung tatsächlich um mehr als
10% kleiner war, als im Vertrag angegeben. Grundlage des Rückforderungsanspruchs war ein Wegfall der
Geschäftsgrundlage gewesen,
Dass der Mieter aber tatsächlich verpflichtet sein soll, aufgrund einer Vereinbarung zur Wohnungsgröße im Mietvertrag
einer Miete zuzustimmen, die über der ortsüblichen Miete für Wohnungen vergleichbarer Größe liegt, hat der BGH so
nicht entschieden und erscheint im Hinblick auf § 558 Absatz 6 BGB auch zumindest zweifelhaft, da die vom Gericht
angenommene Vereinbarung zur Wohnungsgröße jedenfalls mittelbar eine dem Mieter im Rahmen der §§ 558 ff BGB
nachteilige Vereinbarung darstellen dürfte.
automatische Mieterhöhung nach Auslaufen der Preisbindung
BGH Vlll ZR 1501/06, Urteil vom 27.06.07 (GE 2007, 1114)
Eine mietvertragliche Vereinbarung, wonach die im Vertrag vorgesehene Miete in voller Höhe nach Auslaufen
der Preisbindung zu zahlen ist, ist wirksam (hier entschieden für die Kappungsgrenze bei Neuvermietung
nach dem Mietenüberleitungsgesetz).
Gemäß § 2 MÜG war zunächst der die dortige Kappungsgrenze übersteigende Betrag teilnichtig. Nach Außerkrafttreten
dieses Verbots ist die Vereinbarung der ursprünglichen Vertragsmiete jedoch wirksam. Die Parteien hätten sich auch
unter der Geltung des MÜG sowohl schon bei Vertragschluss auf eine höhere Miete für die Zeit nach der Preisbindung
einigen, als auch eine solche nach Vertragsschluss vereinbaren können. Insofern bestehe kein Anlass, den vorliegenden
Fall abweichend zu beurteilen.
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Fördermittel bei Modernisierung
LG Berlin 63 S 285/06, Urteil vom 03.03.07 (GE 2007, 784)
1. Zur Modernisierung einer (früher) preisgebundenen Wohnung erhaltene Fördermittel brauchen im Rahmen
einer Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB nicht angegeben zu werden; diese stellen keine Drittmittel i. S. d. §
559a BGB dar, da sie bereits im Rahmen der (früheren) Kostenmiete berücksichtigt worden waren.
2. Die Lage im Hochparterre ist nicht mit einer "Lage im Erdgeschoss" gleichzusetzen.
notwendiger Inhalt eines Zustimmungsverlangens
LG Berlin 62 S 1541/06, Urteil vom 23.11.06 (GE 2007, 988)
Werden bei Bezugnahme auf einen qualifizierten Mietspiegel in einem Mieterhöhungsverlangen die
Grundlagen der Einordnung in den Mietspiegel (Baualter, etc.) und die Spannenwerte des Mietspiegelfeldes
nicht angegeben, ist es bereits formell unwirksam.
Hinsichtlich der Grundlagen der Einordnung in den Mietspiegel für sich genommen hat die Kammer sich nicht festgelegt,
da es das Erhöhungsverlangen jedenfalls" wegen Nichtangabe der Spannenwerte für unwirksam hielt. Die zugelassene
Revision wurde zum Az. BGH VIII ZR 11/011 eingelegt.
Erhöhung einer Teilinklusivmiete
BGH VIII ZR 331/06, Urteil vom 10. Oktober 2007
a) Bei Erhöhung einer Teilinklusivmiete nach § 558 BGB braucht der Vermieter im Mieterhöhungsverlangen
zur Höhe der in der Miete enthaltenen Betriebskosten keine Angaben zu machen, wenn auch die von ihm
beanspruchte erhöhte Teilinklusivmiete die ortsübliche Nettomiete nicht übersteigt.
b) Mieterhöhungen nach §§ 558, 559 BGB werden Bestandteil der Grundmiete und sind deshalb bei späteren
Mieterhöhungen nach § 558 BGB in die Ausgangsmiete einzurechnen. Eine gegenteilige Parteivereinbarung
gäbe dem Vermieter die Möglichkeit zur Mieterhöhung über den in § 558 BGB vorgesehenen Rahmen hinaus
und ist deshalb gemäß § 558 Abs. 6, § 557 Abs. 4 BGB wegen Benachteiligung des Mieters unwirksam.
c) Gibt der Vermieter in einem Mieterhöhungsbegehren nach § 558a BGB eine unzutreffende Ausgangsmiete
an, weil er die gebotene Einrechnung einer früheren Mieterhöhung in die Ausgangsmiete unterlässt, führt das
nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsbegehrens und zur Unzulässigkeit einer vom Vermieter
daraufhin erhobenen Zustimmungsklage; das Mieterhöhungsbegehren ist jedoch unbegründet, soweit die
begehrte Miete unter Hinzurechnung der früheren Mieterhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt
(im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. November 2003 - VIII ZR 52/03, NJW 2004, 1379, unter II 2 b und Urteil
vom 19. Juli 2006 - VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305, unter II 2 a, b).
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IV. Erhaltung der Mietsache
1. SCHÖNHEITSREPARATUREN
Anforderungen an die Qualität von Schönheitsreparaturen
LG Berlin, Urteil vom 05.01.2007, 65 S 224/06 (Einzelrichter) GE 2007, 519 f.
Die Mietparteien stritten vor Gericht über die Frage, ob der beklagte Mieter die Schönheitsreparaturen in einer Weise
durchzuführen hatte, die dem klagenden Vermieter ein unproblematisches Weitervermieten ermöglichte. Die Wohnung
war mit Raufasertapete, weiß gestrichen, vermietet worden. Der Mieter hatte nun Dekortapeten geklebt. Der Vermieter
wünschte wieder die alte Ausführung. Er klagte schließlich auf Schadensersatz, nachdem er den Mieter entsprechend
aufgefordert hatte.
Das Landgericht hat ihm diesen Schadensersatzanspruch (und zwar in Höhe der Kosten für die Entfernung der
geblümten Tapete und das Neutapezieren sowie Streichen im Eingangsflur) versagt. Es führt aus, dass der
Schadenersatzanspruch nur dann entstehe, wenn der Mieter die Wohnung in einem Zustand zurückgebe, der nicht
einem üblichen Geschmack eines möglichst großen Mietinteressentenkreises entspreche, die Gestaltung also nicht
möglichst hell und unaufdringlich sei. Abzustellen sei auf den durchschnittlichen Geschmack zur Zeit der Rückgabe der
Mietsache. Allein die Verwendung mit floralem Muster sei noch keine Schadensersatzpflicht begründende
Vertragsverletzung des Mieters, wenn diese Tapete farblich unaufdringlich und auch vom Muster eher zurückhaltend
gestaltet sei. Eine allgemeine und in jedem Falle bestehende Verpflichtung, die Wohnung mit Raufasertapete oder
Strukturtapete zu bekleben und diese dann weiß oder nahezu weiß zu streichen, gäbe es nicht. Sie sei im übrigen auch
nicht individualvertraglich vereinbart worden.
unwirksame Endrenovierungsklausel, Vertragsabschluß in Mieterwohnung als Haustürgeschäft
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 23.08.2006, 4 C 124/06
Der Mietvertrag umfasste so genannte "weiche Renovierungsfristen", sah jedoch vor, dass der Mieter jedenfalls am Ende
der Mietzeit die Wohnung zu renovieren hatte. Des Weiteren war geregelt, dass die mieterseits geleistete Kaution mit den
Renovierungskosten verrechnet werde. Diese Vereinbarung war in der Wohnung des Mieters zwischen den
Vertragsparteien ausgehandelt und schließlich vereinbart worden. Der Mieter hatte den Vermieter allerdings nicht in seine
Wohnung bestellt.
Das Amtsgericht bejahte ein Widerrufsrecht jener Kautionsabrede, weil es sich um ein so genanntes Haustürgeschäft
gehandelt habe. Die Schönheitsreparaturenregelung sei trotz der weichen Renovierungsfristen aufgrund der
Endrenovierungsklausel unwirksam.
Schönheitsreparaturen und Rückbauten
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2006, I-24U 166/05 (rechtskräftig) GE 2007, 515 f.
Der beklagte Arzt, Mieter von Praxisräumen, war erstinstanzlich zur Zahlung von Schadensersatz wegen unterlassener
Schönheitsreparaturen und unterbliebenen Rückbaus der Mietsache verurteilt worden. Auf seine Berufung hin blieb seine
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Schönheitsreparaturen nach den Erfordernissen der Praxis vornehmen." Der Arzt meinte, die Vertragsklausel sei lediglich
eine Freizeichnung klagenden Vermieters, belaste ihn aber nicht als Mieter. Dies sahen Landgericht und OLG anders.
Hinsichtlich der weiteren Forderung des Vermieters nach Schadensersatz wegen unterbliebener Entfernung des von dem
Arzt selbst eingebrachten Parkettfußbodens und wegen der unterbliebenen Auswechselung von hier durch Kürzung an
den Parkettboden angepassten Türen gab es dem Mieter Recht. Zwar habe der Mieter gem. § 546 Abs.1 BGB im
Rahmen seiner Rückgabepflicht auch Einrichtungen, mit denen er die Mietsache versehen habe und bauliche
Veränderungen der Mietsache wieder zu beseitigen bzw. rückgängig zu machen (unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1997,
1216 mwN, sowie auf die Entscheidung des Senats MDR 2002, 1244 = ZMR 2003, 23; Palandt BGB 65. Auflage, § 546
Rdnr. 6 mwN). Dies gelte selbst dann, wenn der Vermieter dem Einbau oder den baulichen Veränderungen zugestimmt
habe. Vorliegend aber hätten die Parteien diese gesetzliche Verpflichtung des Mieters zu Gunsten des Mieters
abgedungen. Denn der Arzt hatte gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Mietvertrages das Recht, "nach seinen Vorstellungen die
Veränderungen vorzunehmen, die zur Ausübung der ärztlichen Praxis dienen". Damit hatten die Parteien zugleich
vereinbart, dass der beklagte Mieter selbst den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache nach seinen Vorstellungen
herstellen durfte. Zwar sah Satz 2 des Mietvertrags unter § 5 Abs. 1 vor, dass diese Veränderungen mit dem Vermieter
abzusprechen seien; dass OLG Düsseldorf sah jedoch in diesem Verstoß keinen anspruchbegründenden Umstand.
Vielmehr habe das Absprachegebot nur die Funktion gehabt, möglichst frühzeitig Streit der Mietvertragsparteien darüber
zu vermeiden, ob eine bestimmte bauliche Veränderung "der Ausübung der ärztlichen Praxis" diene oder nicht.
Vorliegend könne man aber nicht bestreiten, dass die Einbringung eines Parkettbodens der "Ausübung der ärztlichen
Praxis" diene. Dies sei jedenfalls auch objektiver Sicht nicht zweifelhaft. Das gelte selbst dann, wenn der Beklagte
hinsichtlich der Haltbarkeit der Oberflächenbeschaffenheit enttäuscht worden sei und einen Austausch des
Bodenbelages (auf Kosten des Klägers) befürwortete. Nach allem habe der klagende Vermieter ohnehin kein Recht
gehabt bei Vertragsbeginn dem beabsichtigten Einbau des Parkettbodens zu widersprechen, so dass es auf die fehlende
Absprache gar nicht ankomme. Da überdies nach Abs. 2 von § 5 des Mietvertrags der Arzt das Recht gehabt habe, Einund Umbauten bei Beendigung des Mietvertrages nach seiner Wahl entschädigungslos in den Räumen zu belassen oder
wegzunehmen berechtigt gewesen sei, habe er sich zu Recht für das Belassen des Parkettbodens entschieden.
OLG Düsseldorf 124 U 113I06, Hinweisbeschluss vom 14.12.06 (GE 2007, 1119)
Die Rechtsprechung zum Fristenplan bei der Wohnraummiete gilt auch bei Gewerberaummiete.
Schönheitsreparaturen: starrer Fristenplan in Gewerbemietverhältnis
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2007, 10 U 102/06, NZM 2007, 215
In einem Gewerbemietvertrag über Räume zum Betrieb einer Schilder- und Gravurwerkstatt fand sich folgende
Schönheitsreparaturenregelung:
"Die Schönheitsreparaturen sind ab Mietbeginn in den gewerblich oder freiberuflich genutzten Räumen spätestens nach
vier Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten/Nebenräumlichkeiten/Balkonen/Loggien nach sieben Jahren auszuführen
bzw. ausführen zu lassen."
Das OLG Düsseldorf sah in dieser Klausel einen starren Fristenplan, der auch den Geschäftsraummieter im Sinne des §
307 unangemessen benachteiligt und insgesamt zur Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel führt (Fortführung
von Senat, NZM 2006, 462).
Mit diese Auffassung liegt das OLG Düsseldorf auf der Linie der jüngsten BGH-Rechtsprechung zu diesem Bereich im
Rahmen von Geschäftraummietverhältnissen. Hervorzuheben ist, dass es des weiteren annimmt, dass damit die
gesamte Schönheitsreparaturenregelung des Mietvertrages erfasst (infiziert) sei, mit der Folge gänzlicher Unwirksamkeit.
Dies gehe dann auch soweit, dass selbst der vertraglichen Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mieträume in
bezugsfertigem Zustand die Grundlage entzogen sei. Das OLG Düsseldorf führt nämlich aus, es würde gegen Treu und
Glauben verstoßen, wenn sich die selbst zur Schönheitsreparaturen verpflichtende Vermieterin auf jene Rückgabeklausel
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berufe, ohne selbst ihrer Schönheitsreparaturenpflicht nachgekommen zu sein. Das Säumnis dieser Pflicht könne
nämlich dazu führen, dass die Räume bei Rückgabe gerade nicht in einem bezugsfertigen Zustand sich befänden.
Schönheitsreparaturen: starrer Fristenplan in Gewerbemietverhältnis (2)
OLG München, Urteil vom 22.09.2006, 19 U 2964/06, NZM 2007, 215 f.
In dem Mietvertrag über ein Münchener Ladengeschäft mit Nebenräumen sowie eines angrenzenden Apartments als
Einheit (wurde wohl insgesamt als Geschäftsraummietvertrag beurteilt) fand sich folgende Formularklausel:
"Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen alle fünf Jahre, jeweils gerechnet vom Beginn des
Mietverhältnisses, fachgerecht auszuführen."
Das OLG München stellte fest, dass es sich um starre Fristen handelte, was zu einer unangemessenen Benachteiligung
des Mieters im Sinne von § 9 AGBG bzw. § 307 BGB
führe. Das Gericht führt aus, dass auch bei einem
Gewerbemietraum es ebenso wenig Sinn mache, den Mieter Schönheitsreparaturen durchführen zu lassen, wenn die
Schönheitsreparaturen wegen des guten Zustandes der Mietsache noch nicht notwendig seien.
Für einen Bereicherungsanspruch des Mieters ist auf die Bereicherung des Vermieters abzustellen, nicht auf
den Kostenaufwand des Mieters.
LG Berlin, Urteil vom 23.10.2006, 62 S 187/06, GE 2007, 517 f.
Der Mieter war durch seinen Vermieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen aufgefordert worden. Der Mieter
kam dem nach und wollte nun seine verauslagten Kosten vom Vermieter erstattet haben. Die Vertragsklausel war
unwirksam.
Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen; die Berufung des Mieters war erfolglos; das Landgericht bestätigte die
amtsgerichtliche Entscheidung jedenfalls im Ergebnis. Insbesondere habe das Amtsgericht zu Recht einen Anspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung versagt. Dieser Anspruch sei nämlich gerichtet auf Ausgleich des durch die Leistungen
des Mieters eingetretenen Wertzuwachses auf Vermieterseite. Maßgeblich sei insoweit die Erhöhung des Ertragswertes,
denn dieser verkörpere die objektive Bereicherung des Vermieters (unter Hinweis auf BGH NJW 1990, 1789; NZM 1999,
19; OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 1394; OLG München NJW-RR 1997, 650; Palandt, BGB, § 818 Rdnr. 20;
Börstinghaus MuM 2005, 675, 667). Die andere Auffassung, wonach ungeachtet des etwaigen Wertzuwachses dem
Mieter in jedem Fall dessen Kostenaufwand zu erstatten sei, überzeuge nicht, so aber LG Freiburg WuM 2005, 383, 384;
LG Stuttgart WuM 1986, 370; WuM 2004, 665; Schmidt-Futteter/ Langenberg, Mietrecht, § 538 Rdnr. 207.
Dies deshalb, weil im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Ausgleiches eben die ungerechtfertigte Bereicherung (des
Vermieters, und nicht die Entreicherung des Mieters) im Vordergrund stehe. Da der Wertzuwachs auf Vermieterseite aber
nicht automatisch dem Kostenaufwand des Mieters entspreche, sei auch vorliegend ein unsubstantiierter Anspruch
verfolgt worden.
Der klagende Mieter hatte seinen Anspruch auch noch auf Verschulden des Vermieters (§§ 280,281, BGB gestützt). Dem
hielt das Landgericht entgegen, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung des beklagten Vermieters schon deshalb
ausscheide, weil zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für Geschäftsräume solche Endrenovierungsklauseln
durchgängig für zulässig erachtet wurden. Das Landgericht verneinte aber auch einen Anspruch nach den Grundsätzen
der Geschäftsführung ohne Auftrag. Es ließ dahinstehen, ob die §§ 677 BGB ff. unmittelbar oder aufgrund der
Rechtsgrundverweisung des § 539 BGB Anwendung fänden. Es verneinte bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen
des § 677, da diese voraussetzen, dass jemand ein Geschäft für einen anderen führt, ohne dazu beauftragt zu sein. Das
Landgericht setzt sich dann mit den Feinheiten in Literatur und Rechtsprechung zu dem objektiv und subjektiv fremden
Geschäftswillen auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass der klagende Mieter, welcher irrig glaube, mit der
Durchführung von Schönheitsreparaturen eine Vertragspflicht zu erfüllen, lediglich ein eigenes Geschäft führen wolle.
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Aufwendungsersatzanspruch des Mieters bei Renovierung trotz unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
LG Karlsruhe, Urteil vom 28.04.2006, 9S 479/05, DWW 2007, 68 f.
Die klagende Mieterin hatte zum Ende des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen ausgeführt. Als Sie erfuhr, dass
die in ihrem Mietvertrag enthaltene Klausel unwirksam sei, machte Sie Aufwendungsersatz für erbrachte Malerarbeiten
gegenüber dem Vermieter geltend. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Ihre Berufung hatte Erfolg.
Das Landgericht Karlsruhe sprach einen Aufwendungsersatz der Klägerin gem. §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1, 670 BGB
zu. Das Landgericht führte aus, die Klägerin habe ein objektiv fremdes Geschäft im Sinne des § 677 BGB besorgt. Die
Entscheidung ist recht kurz. Eine Auseinandersetzung mit dem Tatbestandsmerkmalen der Vorschriften der
Geschäftsführung ohne Auftrag findet nicht statt.
Inhalt und Höhe eines Schadensersatzanspruchs wegen unterlassener Schönheitsreparaturen auf Kostenvoranschlagsbasis
AG Strausberg, Urteil vom, 13.02.2007, 25 C 467/05, GE 2007, 521 f.
Der klagende Vermieter wollte von der beklagten Mieterin Schadensersatz wegen nicht durchgeführter
Schönheitsreparaturen auf der Basis eines Kostenvoranschlages. Der Schadenersatzanspruch war vor der Veräußerung
des Grundstücks entstanden. Es stellte sich die Frage nach der Aktivlegitimation des alten Vermieters, des weiteren, ob
auch die Mehrwertsteuer von diesem ersetzt verlangt werden kann, wenn er die Arbeiten nicht durchführt. Er hatte den
Schaden auf der Basis eines Kostenvoranschlages berechnet.
Das Amtsgericht Strausberg sprach dem Vermieter den vollen Schadensersatz einschließlich der Mehrwertsteuer zu und
berief sich hinsichtlich der Mehrwertsteuer auf Palandt/ Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 251 Rdnr. 10. Danach sei die
Naturalrestitution im Falle des Schadensersatzanspruches gem. §§ 280, 281 BGB bereits von Gesetztes wegen
ausgeschlossen, so dass eben nur noch nach § 251 Abs. 1 BGB der Gläubiger in Geld entschädigt werden könne.
Dieser Entschädigungsanspruch in Geld umfasse aber naturgemäß auch die Mehrwertsteuer im Gegensatz zu einem
Schadensersatzanspruch nach § 249 BGB, wo für die fiktive Schadensberechnung die Mehrwertsteuer nicht mir
einzubeziehen sei. Dies ergebe sich aus § 249 Abs. 2 Satz BGB. Anders verhalte es sich bei dem
Schadensersatzanspruch nach § 251. Zwischen § 249 und § 251 besteht der Unterschied, dass §§ 249 II, 250 BGB auf
das Integritätsinteresse abstellt und nach den Herstellungskosten zu bemessen ist, während der Anspruch aus § 251 auf
Ersatz des Wertinteresses (Summeninteresses) gehe. Letzteres sei eben die Differenz zwischen dem Wert des
Vermögens wie es sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde und den durch das schädigende Ereignis
verminderten Wert (BGH NJW 84, 2570, 85, 2413/2415), Heinrichs in Palandt 64. Auflage Rdz. 10 zu § 251 BGB.
Das Amtsgericht Strausberg begründete hilfsweise seine Verurteilung der Mieterin auch damit, dass der Verkaufswert
des Hauses aufgrund der nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen um mindestens die Klagesumme vermindert
gewesen sei.
Schönheitsreparaturen - Ausführungsart
BGH, Urteil vom 28. 3.2007 – VIII ZR 199/06 (GE 07, 717 = WM 07, 259)
Ist in AGB ausgeführt, der Mieter dürfe von der „bisherigen Ausführungsart“ nicht abweichen, ist die
gesamte Klausel unwirksam, weil unbestimmt. Es sei nicht klar, was unter „Ausführungsart“ zu verstehen
sei.
Die Ausführungsartklausel ist in den AGB der gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen enthalten und betrifft daher
eine Vielzahl von Verträgen.
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Unzulässige Teilregelung ("Keine Abweichung von bisheriger Ausführungsart") führt zur
Gesamtunwirksamkeit der Schönheitsreparaturenregelung.
LG Berlin 63 S 442/06, Urteil vom 29.05.07 (GE 2007, 845) und LG Berlin 67 S 459/06, Urteil vom 21.05.07 (GE 2007,
986)
Entsprechend dem oben Gesagten sehen die Kammern in der Regelung zur Ausführungsart eine Inhaltsbestimmung der
Schönheitsreparaturenverpflichtung, weshalb eine Streichung (nur) jener auf eine unzulässige Reduktion der
Schönheitsreparaturenverpflichtung mit dem gerade noch zulässigen Inhalt hinausliefe.
Unzulässige Farbwahlklausel ("Ausführung in neutralen, deckenden, hellen Farben") führt zur
Gesamtunwirksamkeit der Schönheitsreparaturenregelung.
LG Berlin 62 S 341/06, Urteil vom 25.01.07 (GE 2007e 1125)
Auch hier sah die Kammer keinen Spielraum für den "Blue-Pencil-Test", da mit der Streichung des Farbwahlzusatzes
eine inhaltliche Veränderung der Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen bewirkt werde, was einer
unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion entspräche.
Zur Klausel: „Grundsätzlich werden Schönheitsreparaturen …“
AG Titisee-Neustadt. Urteil vom 21. Juli 2006 – 12 C 61/06 (NZM 07, 328)
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit der Klausel. Der Mieter meinte, diese sei unwirksam, denn „grundsätzlich“
bedeute „immer“. Das AG sah dies anders. „Grundsätzlich“ impliziere, daß es auch Ausnahmen gebe. Das entspreche
dem allgemeinen Sprachgebrauch und sei auch für den juristisch nicht geschulten Mieter ausreichend transparent.
endgültige Erfüllungsverweigerung durch Auszug, angemessene Fristsetzung
KG, Urteil vom 30.10.2006, 8 U 38/06 (NZM 07,356)
Zieht der Mieter aus, ohne Schönheitsreparaturen durchzuführen, kann das eine endgültige Verweigerung
der Durchführung nur dann sein, wenn der Vermieter dem Mieter konkret mitgeteilt hat, was er erwarte.
Daß nur drei Wochen Zeit zwischen Auszug des Alt-Mieters und Einzug des Neu-Mieters liegen, rechtfertigt
noch nicht, sofort Schadenersatz zu verlangen. Der Vermieter muß eine Frist setzen, die in der Regel 14 Tage
wird betragen müssen.
„Starre“ Quotenklausel – Infizierung
BGH, Urteil vom 7. 3.2007 – VIII ZR 247/05 (GE 07, 716 = NZM 07, 355 (gekürzt) = WM 07, 260)
Sind Schönheitsreparaturen noch nicht fällig und wird auch kein vorzeitiger Renovierungsbedarf geltend
gemacht, kann ein Anspruch nicht auf eine „starre Quotenklausel“ gestützt werden.
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weiche Quotenklausel zulässig, aber intransparent (Entscheidung liegt an)
BGH – VIII ZR 143/06 – Urteil v. 26.09.2007
In einem Mietvertrag über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung ist eine Formularklausel, die
den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung eines Anteils an den Kosten für von ihm
vorzunehmende, aber noch nicht fällige Schönheitsreparaturen verpflichtet, in ihrem sachlichen
Regelungsgehalt nicht zu beanstanden, wenn sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen
Erhaltungszustands der Wohnung in der Weise ermöglicht, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis
zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach
Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen
Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich
Renovierungsbedarf bestünde.
Eine solche Klausel verstößt jedoch gegen das Transparenzgebot und ist deshalb wegen unangemessener
Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn ihr Wortlaut für den Mieter nicht eindeutig erkennen lässt,
dass die Abgeltungsquote in dieser Art und Weise zu berechnen ist, sondern dem Vermieter die Möglichkeit
gibt, den Mieter aufgrund einer anderen Berechnungsweise, die ebenfalls vom Wortlaut der Klausel gedeckt
ist, auf eine unangemessen hohe Quote in Anspruch zu nehmen.
Eine Quotenabgeltungsklausel, die die Beachtung des tatsächlichen bzw. zu erwartenden Renovierungsbedarfs
ermöglicht (Quotenabgeltungsklauseln mit "flexibler" Abgeltungsquote) kann im Einzelfall deshalb unwirksam sein, weil
sie dem durchschnittlichen Mieter nicht hinreichend klar und verständlich macht, wie die Abgeltungsquote konkret zu
berechnen ist, und damit gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB normierte Transparenzgebot verstößt.
Die beanstandete Quotenklausel lautete wie folgt:
Sind bei Beendigung des Mietvertrags die Schönheitsreparaturen entsprechend Ziff. 2-4 nicht fällig, so zahlt der Mieter
an den Vermieter einen Kostenersatz für die seit der letzten Durchführung der Schönheitsreparaturen erfolgte
Abwohnzeit im Fristenzeitraum gemäß Ziff. 2 bis 4, sofern nicht der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführt oder
sich nicht der unmittelbar folgende Nachmieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bereiterklärt oder die
Kosten hierfür übernimmt.
Mieterhöhung wegen unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
OLG Karlsruhe 7 U 186I06, Urteil vom 18.04.07 (WuM 2007, 454, GE 2007, 909)
Bei unwirksamer Schönheitsreparaturenklausel hat der Vermieter im Rahmen einer Mieterhöhung nach §§
558 ff BGB einen Anspruch auf einen Zuschlag gemäß § 28 Absatz 4 Satz 2 11. BerechnungsVO.
Das sehr ausführlich begründete Urteil gibt den diesbezüglichen Meinungsstand (mit umfangreichen Nachweisen) wie
folgt wieder:
Nach der ersten Auffassung soll ein solcher Zuschlag ohne weiteres zulässig sein, (da der Mieter nur hinsichtlich der
übermäßigen Inanspruchnahme wegen der Schönheitsreparaturen schutzwürdig sei, der Vermieter aber nicht "bestraft"
werden solle.
Nach einer weiteren Meinung soll ein solcher Anspruch wegen des allgemeinen Rücksichtnahmegebots und des
Vertrauensschutzes erst nach (erfolglosen) Verhandlungen mit dem Mieter gegeben sein.
Der dritten Ansicht zufolge scheide ein Anspruch auf einen Mietzuschlag jedenfalls dann aus, wenn der Mieter zu
erkennen gegeben habe, dass er trotz Unwirksamkeit der Klausel (weiterhin) die Schönheitsreparaturen selbst
durchführen wolle.
Eine vierte, dem OLG Karlsruhe zufolge bislang ausschließlich in der Literatur vertretene Auffassung will den Vermieter
schließlich ganz mit jeglichen Ansprüchen auf Anpassung der Miete ausschließen, da diese im Ergebnis auf eine
geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Klausel hinausliefen.
Die zugelassene Revision wurde zum Aktenzeichen BGH VIII ZR 118/07 eingelegt.
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Darlegungsumfang bei mangelhaft ausgeführten Schönheitsreparaturen
KG 12 U 28/06, Urteil vom 22.01.07 (GE 2007, 781)
Wenn der Mieter vor Auszug Schönheitsreparaturen durchgeführt hat, muss der Vermieter etwaige Mängel
konkret darlegen und den beanstandeten Zustand beschreiben, damit der Mieter erkennen kann, inwiefern
der Vermieter Beanstandungen geltend macht; die Aussage, die Arbeiten seien "nicht fachgerecht"
ausgeführt worden, reicht dafür jedenfalls nicht aus.
Unzulässige (Individual-) Vereinbarung einer Anfangsrenovierung führt zur Gesamtunwirksamkeit der
(formularmäßigen) Schönheitsreparaturenregelung.
AG Mitte 18 C 113/06, Urteil vom 29.03.07 (GE 2007, 787)
Obwohl es im vorliegenden Fall darauf nicht mehr entscheidend ankam, stellte das Amtsgericht fest, dass es hier von
einem sog. Summierungseffekt ausgehe, der wegen Verstoßes der Gesamtregelung gegen das Übermaßverbot des §
307 Absatz 1 BGB zu deren Unwirksamkeit führe.
2. MODERNISIERUNG
Mängel durch Modernisierung, u.a. Wechsel von Kastendoppelfenstern auf Isolierglasfenster, Wechsel von
Gasherd auf Elektroherd
LG Berlin, Urteil vom 19. März 2007, 67 S 345/06 (GE 07, 653)
Der Vermieter hatte die Wohnung mit Zustimmung des Mieters saniert. Dabei war er aber nicht sorgfältig genug
gewesen. Wenn er saniert, muß er das ordnungsgemäß machen.
Nach Auffassung des LG sind Plastikfenster nicht „unschöner“ als Holzfenster. Letztlich spielte allerdings wohl auch das
vorprozessuale Verhalten der Mieter eine Rolle, der seine Einwilligung zum Austausch von der Zahlung einer
Aufwandentschädigung abhängig machte.
Der Wechsel von Gas- auf Elektroherd sei nicht zulässig. Es befänden sich noch (wohl alte) Gasleitungen in dem Haus.
Ein Gasherd sei etwas anderes als ein Elektroherd.
Weitere Mängelrügen, mit denen sich das Urteil auseinandersetzt: das Türschloß schloss nicht, verbleibendes
Klingelloch, dünne Risse an der Decke, loses Elektrokabel, Beseitigung von Einrichtungen nicht vollständig
(Restanschlüsse), lose Dielen (Fugenbreite zwischen 0,5 und 0,7 cm), nicht schließende Badtür, Ausbesserung
Ofenecke, mangelhafte Tapeten im Bereich Sockelleiste, Reste von Spachtelarbeiten im Deckenbereich, Estrich auf dem
Balkon, Pfütze auf dem Balkon
Einzig Kalkablagerungen („Stalaktiten“) auf dem Balkon sind hinzunehmen.
Bei Wohnungen der Baualtersklassen 1919 bis 1949 ist die Ausstattung mit Sammelheizung und
Warmwasserversorgung allgemein üblich.
LG Berlin, Urteil vom 15.3.2007 – 67 S 26/06 (GE 07, 720)
Das Gericht bezieht sich auf eine – wohl unter Beweis gestellte – Auskunft des Statistischen Landesamtes, das offenbar
über entsprechende Informationen verfügt, und rechnet einen noch fehlenden Rest bis zu 2/3 aller Wohnungen
entsprechenden Standards hoch.
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Der Anbau eines Balkons vor einem Wintergarten ist keine Modernisierung.
LG Berlin, Urteil vom 12.3.2007 – 67 S 389/06 (GE 07, 721)
Grundsätzlich sei ein Balkon eine Verbesserung der Mietsache (Luft und Sonne). Ein Wintergarten stehe dem aber kaum
nach. Würde - wie hier beabsichtigt - der Zugang zum Balkon dann über den Wintergarten erfolgen, falle Stellfläche für
Pflanzen weg.
Inhalt einer Modernisierungsankündigung
KG, 8 U 166/06, Urteil vorn 10.05.07 (GE 2007, 907)
In einer Modernisierungsankündigung muss nicht der zeitliche Ablauf einzelner Gewerke angegeben werden.
Zu der Frage, ob zur Mitteilung der Mieterhöhung auch die künftigen Betriebskosten gehören (nicht
entschieden, aber m. w. N.)
Fernwärme und Waschmaschinenanschluß als Modernisierung
LG Berlin 63 S 250/06, Urteil vom 20.04.07 (GE 2007, 849)
Der Anschluss an die Fernwärme stellt auch bei vorhandener Gasetagenheizung eine
Modernisierungsmaßnahme dar; auf die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme kommt es nicht an.
Die Installation eines Zu- und Abflussanschlusses für Wasch- bzw. Geschirrspülmaschine ist als
Wertverbesserungsmaßnahme ankündigungspflichtig,
Fernwärme diene der Einsparung von Primärenergie, wonach es nicht mehr darauf ankomme, ob die Maßnahme auch
für den Mieter zu Einsparungen führe.
Hinsichtlich der lnstallation eines Zu- und Abflussanschlusses für Wasch bzw. Geschirrspülmaschine hat die Kammer
zwar zutreffend entschieden, dass insoweit nicht von einer Instandhaltungsmaßnahme ausgegangen werden kann. Eine
Auseinandersetzung mit dem Merkmal der Erheblichkeit fehlt allerdings.
Kein Duldungsanspruch, wenn die Modernisierung zum Wegfall der Sollbeschaffenheit des Mietobjekts führt
(Aufstockung eines Reihenhauses).
LG Hamburg 307 S 151/06, Urteil vorn 08.03.2007 (ZMR 2007, 455)
Der Vermieter wollte ein als "Reihenmittelhaus mit Terrasse" vermietetes Objekt zu einem Mehrfamilienhaus aufstocken.
Die Kammer sah hierin eine unzulässige Veränderung der Sollbeschaffenheit der Mietsache. Durch die Beschreibung im
Vertrag sei ein Duldungsanspruch hinsichtlich einer solchen Veränderung konkludent ausgeschlossen worden. Die
Revision ist zugelassen.
Führt d i e g e p l a n t e Wo h n w e r t e r h ö h u n g a n a n d e r e r S t e l l e z u e i n e r e n t s p r e c h e n d e n
Wohnwertverschlechterung, begründet die Maßnahme keinen Duldungsanspruch.
LG Berlin 67 S 389/06, Urteil vom 12.03.07 (WuM 2007, 322)
Vor einem bereits vorhandenen, aus der Gebäudefront heraus ragenden Wintergarten sollte ein Balkon angebaut
werden. Der Zugang zum Balken sollte durch eine in den Wintergarten einzubauende Tür erfolgen.
Nach Auffassung der Kammer sei schon eine Wohnwertverbesserung kaum zu erkennen, da der Aufenthalt an frischer
Luft und Sonne für den Mieter auch im Wintergarten weitgehend gewährleistet sei. Zudem bringe der Einbau der Tür in
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den Wintergarten für den Mieter aber den Nachteil mit sich, dass er dort dann keine Pflanzen mehr hinstellen könne und
der Wintergarten zu einem bloßen Durchgang zum Balkon werde.
Inhalt einer Modernisierungsankündigung
AG Charlottenburg 224 C 295/06, Urteil vom 27.02.07 (GE 2007, 989)
Eine Modernisierungsmieterhöhung ist formell unwirksam, wenn in ihr die fiktiven lnstandhaltungskosten nur
betragsmäßig angegeben, nicht jedoch hinreichend (z.B. durch Beifügung eines KVA) erläutert sind.
Austausch von Verdunstern gegen Wärmemengenzähler als Modernisierung
AG Lichtenberg 7 C 101/07, Urteil vom 02.05.07 (GE 2007, 1054)
Der Austausch noch funktionsfähiger ältere Verdunstungsgeräte gegen moderne elektronisch per Funk
ablesbare Wärmemengenzähler ist duldungspflichtig und bedarf wegen fehlender "Erheblichkeit" keiner
Modernisierungsankündigung gemäß § 554 Absatz 3 Satz 1 BGB.
rückkanalfähiges Breitbandkabel als Modernisierung
AG Tempelhof/Kreuzberg 4 C 427/06, Urteil vorn 20,12.06 (GE 2007, 1055)
Der Einbau eines rückkanalfähigen Breitbandkabelanschlusses ist auch bei Vorhandensein eines
Breitbandkabelanschlusses duldungspflichtig.
Das Gericht stützt sich wesentlich auf die Entscheidung BGH VIII ZR 2531/04 (GE 2005, 1056). Diese war jedoch zum
Vorhandensein eines digitalen terrestrischen Anschlusses ergangen, demgegenüber wohl schon der normale
Breitbandkabelanschluss eine Modernisierung darstellen dürfte.
V. Betriebskosten
1. ALLGEMEIN, VERTRAG
keine stillschweigende Abänderung des Mietvertrags durch längere abweichende Handhabung (hier:
Abrechnung über Betriebskosten statt vereinbarter Pauschale)
LG Bückeburg, Urteil vom 07.08.2006, 2 O 6/06, DWW 2007, 117 f.
Die klagenden Vermieter wollten von den beklagten Mieter n Betriebskosten im Rahmen eines
Gewerberaummietverhältnisses bezahlt bekommen. Das Mietverhältnis war fest abgeschlossen für die Zeit vom
01.04.1989 bis zum 31.03.2004. Für die Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000 rechneten die Vermieter gegenüber dem
Mieter die Betriebskosten ab. Im Mietvertrag war jedoch geregelt, dass der beklagte Mieter lediglich für die kalten
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Betriebskosten eine Pauschale in Höhe von 70,00 DM bzw. 35,79 € monatlich zahlen soll. Gemäß § 5 des Mietvertrags
sollte lediglich eine Abrechnung hinsichtlich der Heizkosten erfolgen.
Am 27.12.2004 überreichten die Klägern dem Beklagten die Betriebskostenabrechnungen für die kalten Betriebskosten
für die Kalenderjahre 2001 bis 2003 und verlangten Zahlung des dort ermittelten Nachzahlungsbetrages. Hilfsweise
hatten sich die Kläger darauf berufen, dass durch die Praxis der Abrechnung für die Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000
stillschweigend (konkludent) eine Änderung des Mietvertrages diesbezüglich eingetreten sei. Dies ließ das Landgericht
nicht gelten und sprach den Klägern lediglich die Beträge der Pauschale zu, soweit sie nicht verjährt waren, i.Ü. die
Nachzahlungssalden aus den Heizkostenabrechnungen.
konkludente Umstellung des Mietvertrags von brutto auf netto zzgl. Vorschüssen durch jahrelange
Handhabung
AG Schöneberg – 7 C 469/05 – Urteil v. 26.10.2006
Will der Vermieter bei einer Bruttomiete in Zukunft über die Betriebskosten abrechnen, bedarf er der
Zustimmung des Mieters. Das kann auch durch jahrelange Übung konkludent geschehen, aber nur im
Rahmen der vom Mieter nicht beanstandeten Betriebskostenabrechnungen. Will der Vermieter bisher in der
Betriebskostenabrechnung vergessene oder nicht berücksichtigte Betriebskostenarten ebenfalls umlegen,
bedarf es wiederum einer Zustimmung des Mieters.
keine Einführung neuer Betriebskosten nach Modernisierung ohne vertragliche Regelung
LG Berlin, Urteil vom 07.11.2006, 65 S 169/06, GE 2007, 597 f.
Der klagende Vermieter hatte im Rahmen einer Modernisierung einen Personenaufzug eingebaut und beanspruchte nun
von dem beklagten Mieter die Zahlung der Betriebskosten für diesen Personenaufzug. Das Landgericht problematisiert
die auch in der Literatur streitige Frage, ob durch Modernisierungsmaßnahmen ausgelöste neue Betriebskosten ohne
weiteres (also ohne vertragliche Grundlage) auf den Mieter umgelegt werden können oder eben nicht. Eine Ausnahme
sieht das Landgericht in jedem Falle gegeben, nämlich, wenn der Vermieter die in der Wohnung vorhandene Ofenheizung
ersetzt durch eine Zentralheizung im Hinblick auf die Heizkosten.
Die überwiegende Literaturmeinung geht von einer automatischen Verpflichtung des Mieters aus, diese Betriebskosten
zu tragen. Dies liege in der Natur der Modernisierung und eigentlich bedürfe es diesbezüglich auch keiner zusätzlichen
Regelung. Ggf. habe der Gesetzgeber dieses übersehen. Die 65. Kammer ist dort anderer Auffassung und argumentiert,
dass auch mit der Mietrechtsreform der das Problem wissende Gesetzgeber gleichwohl auf eine diesbezügliche
Regelung verzichtet habe. Dies könne nur bedeuten, dass er auch eben keine Regelung zur Betriebskostenübernahme
wollte. Deshalb könne diese grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers allenfalls in engen Grenzen und unter Berufung
auf die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausgehebelt werden. Die Kammer weist auch darauf hin, dass
bei Bruttomieten die Möglichkeit für den Vermieter bestünde, sich über eine Mieterhöhung nach dem
Vergleichsmietensystem schadlos zu halten. Anmerkung: Dies ist je nach Vertragsgestaltung eher nicht möglich, als das
es möglich ist (bei Altverträgen).
Die Kammer beruft sich im Übrigen auf die BGH-Rechtsprechung zum Wärmecontracting, wo der BGH den Grundsatz
des Vorrangs der vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen im Wohnungsmietrecht gefolgt sei vor der
reinen Ausrichtung an (vermeintlichen) Billigkeitsgesichtspunkten. Hinsichtlich der Betriebskosten anlässlich des
Anschlusses der Wohnung an die Zentralheizung meint die Kammer allerdings, dass hier der begünstigte Mieter gemäß §
242 BGB zur Übernahme dieser Betriebskosten (Heizkosten) verpflichtet sei.
Die Kammer hat die Revision zugelassen.
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keine Einführung von bei Vertragsbeginn nicht vorhandenen Betriebskosten ohne vertragliche Regelung
AG Neukölln, Urteil vom 19.02.2007, 19 C 459/06, GE 2007, Seite 455 f.
In dem Wohnungsmietvertrag der Parteien waren die Betriebskosten nach dem Katalog der II. Berechnungsverordnung
aufgeführt. Zunächst war kein Hauswart tätig. Später stellte dann der klagende Vermieter einen Hauswart ein und legte
dessen Posten in der Betriebskostenabrechnung um. Der Mieter wehrte sich hiergegen. Das Amtsgericht Neukölln wies
die Klage auf Nachzahlung der durch den Hausmeisterlohn entstandenen Kosten ab und argumentierte wie folgt: Zwar
seien in dem Mietvertrag die Betriebskosten einzeln aufgeführt; der Mietvertrag habe aber nicht eine Klausel
dahingehend, dass neue Betriebskosten auch umgelegt werden dürften. Damit meinte das Gericht, dass dadurch, dass
nicht gleich zu Beginn des Mietverhältnisses auch Hauswartskosten abgerechnet wurden, für die spätere Hinzunahme
eine entsprechende Regelung im Mietvertrag hätte vorhanden sein müssen.
Das Urteil ist von dem Richter Beuermann im Grundeigentum 2007, Seite 405, besprochen worden. Herr Beuermann
hält die Entscheidung für unzutreffend. Das Amtsgericht Neukölln stützte sich auf das BGH-Urteil vom 27.09.2006, GE
2006, 1473, NJW 2006, 3558, und führte aus, dass diese Entscheidung vor dem Amtsgericht Neukölln falsch
interpretiert worden sei. Wenn in dem Mietvertrag bereits die Umlage der Betriebskosten unter dem Hinweis auf den
Betriebskostenkatalog vereinbart worden sei, bedürfe es nicht noch einmal einer zusätzlichen Regelung, dass für
eventuell später sich erst realisierende Betriebskosten eine eigene Umlagevereinbarung vorhanden sein müsse. Anders
sehe dies auch der BGH nicht. Beuermann verwies auf die Entscheidung des BGH vom 07.04.2004, GE 2004, 614, wo
der BGH in einem gleich gelagerten Fall ausführte: "Auch wenn zunächst ein Hauswart nicht beschäftigt wurde, so dass
insoweit zunächst Kosten nicht anfielen, wurde den Beklagten doch vor Augen gehalten, dass sie grundsätzlich
verpflichtet waren, eventuell anfallende Kosten zu bezahlen."
Einführung von Wärmecontracting im laufenden Mietverhältnis (1)
BGH Vlll ZR 78/06, Urteil vom 13.06.07 (GE 2007, 1051) und BGH VIII ZR 241/06, Urteil vom 20.06.07 (GE 2007, 1118)
Die Mehrkosten einer vermittels Wärmecontracting versorgten Heizanlage sind nur bei entsprechender
vertraglicher Vereinbarung, nicht jedoch dann vom Mieter zu tragen, wenn ihn der Mietvertrag alternativ nur
zur Tragung der Kosten einer zentralen Heizungsanlage bzw. der Fernwärme verpflichtet; hierbei kommt es
nicht darauf an, ob das Wärmecontracting bereits vor Beginn des Mietverhältnisses oder erst nachträglich
eingeführt wurde.
Der BGH führt damit seine bisherige Rechtsprechung zum Wärmecontracting (GE 2005, 664) fort, wonach es in jedem
Falle einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung bedarf.
Einführung von Wärmecontracting im laufenden Mietverhältnis (2)
LG Berlin, Urteil vom 21.12.2006, 62 S 256/06, GE 2007, 555
Die Parteien stritten um Nachzahlungsbeträge aus den Heizkostenabrechnungen der Jahre 2001 bis 2004. Die klagende
Vermieterin hatte den Betrieb der Heizungsanlage im Jahre 2000 auf Wärmecontracting umgestellt. Das Landgericht
wies die Berufung der klagenden Vermieterin gegen das abweisende Urteil seiner Zahlungsklage zurück. Es verweist auf
die bisherige Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesgerichtshofes, wonach bei Wärmecontracting der Vermieter
im Rahmen der Abrechnung der Heizkosten gehalten ist, sich alleine auf die Kostenpositionen zu beschränken, die auch
bislang aufgrund des Mietvertrages umlagefähig waren, ggf. einkalkulierte Gewinne herauszurechnen. Das Urteil liegt
damit auf der Linie der ganz überwiegenden Rechtsprechung einschließlich derer des BGH zur Einführung des
Wärmecontracting im Rahmen eines bestehenden Mietverhältnisses.
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Einführung von Wärmecontracting im laufenden Mietverhältnis (3)
KG, Beschluss vom 13.02.2007, 8 U 195/06, DWW 2007, Seite 148 f.
Auch hier ging es um die Frage, inwieweit eine Heizkostenabrechnung auf dem vom Vermieter eingeführten
Wärmecontracting ohne Differenzierung und Abzüge der im vorherigen Fall genannten Kosten eine Nachzahlungspflicht
auslöse. Das Kammergericht war hier das Berufungsgericht zu einem amtsgerichtlichen Urteil. Das Kammergericht
schließt sich der bisherigen BGH-Rechtsprechung zu diesem Thema an und hat insoweit die Berufung des klagenden
Vermieters zurückgewiesen.
Wärmecontracting (4): Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei der Umstellung der Wärmeversorgung
BGH VIII ZR 243/06, Urteil vom 28. November 2007
Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Klägerin. Ursprünglich erfolgte die Wärmeversorgung des Mietobjekts mit
einer von der Klägerin betriebenen Zentralheizungsanlage. Noch vor Abschluss des Mietvertrages mit den Beklagten
übertrug die Klägerin die Wärmeversorgung einem Wärmecontractingunternehmen. Nach § 6 des Mietvertrages waren
die Mieter verpflichtet, die anteiligen Kosten einer eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme zu tragen. Die
Klägerin hat Nachzahlungen von Heizungs- und Warmwasserkosten für die Jahre 2000, 2001 und 2002 gerichtlich
geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen.
In der Revisionsinstanz stritten die Parteien darum, ob die von der Klägerin geltend gemachten Nachzahlungen
unberechtigt seien, weil sie mit der Beauftragung des im Vergleich zu anderen Anbietern teuren
Wärmecontractingunternehmens gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe.
Der Bundesgerichtshof hat im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verneint. Zwar ist der
Vermieter danach verpflichtet, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der von dem Mieter zu
tragenden Kosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten. Bei diesem Gebot der
Rücksichtnahme auf die Interessen des Mieters handelt es sich aber um eine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters,
die das Bestehen eines Mietverhältnisses voraussetzt. Daran fehlte es hier, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien
bei Abschluss des Wärmeversorgungsvertrages noch nicht bestand.
Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot konnte auch nicht damit begründet werden, dass der Vermieter nicht zu
einem günstigeren Anbieter gewechselt hatte, denn ein solcher Wechsel war ihm aufgrund der langfristigen
Vertragsbindung für die im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilenden Abrechnungszeiträume nicht möglich.
Erstattung von Anwaltskosten eines Mieters für die Prüfung einer Umlagenabrechnung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2006, I-10 U 115/06, ZMR 2007, 269 f.
Der klagende Vermieter begehrte eine Garage von dem Wohnungsmieter zurück. Die Parteien stritten im Rahmen der
Klage über die Frage, inwieweit ein separates Mietverhältnis alleine über die Garage neben dem Wohnungsmietvertrag
bestünde bzw. inwieweit die Garage zusammen mit der Wohnung angemietet wurde. Der beklagte Mieter hatte
Widerklage erhoben und verfolgte die Erstattung der von ihm verauslagten Beratungskosten (Anwaltskosten), die
entstanden waren, als er, der Mieter, sich eines Anwalts zur Überprüfung einer von einem Abrechnungsunternehmen
erstellten Nebenkostenabrechnung bediente. Der Streit wurde sowohl dem Grunde als auch der Höhe dieser Gebühren
nach geführt. Das OLG wurde tätig als Berufungsgericht auf eine amtsgerichtliche Entscheidung, weil einer der Parteien
seinen ständigen Wohnsitz im Ausland hatte.
In der Sache selbst entschied vorliegend das OLG Düsseldorf, dass der Garagenmietvertrag in dem
Wohnungsmietvertrag aufgehe, beide also eine Einheit bildeten und dass der Wohnzweck überwiege. Die klagende
Vermieterin war anderer Auffassung, sie hatte den Garagenmietvertrag separat gekündigt und forderte nunmehr deren
Herausgabe. In dem Mietvertrag war zwar formularmäßig unter § 1 Ziffer 5 die zusätzliche Anmietung der Garage
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vorgesehen. Dies war aber nicht angekreuzt worden. Ebenso war in dem Wohnungsmietvertrag eine gesonderte Miete
für die Garage ausgewiesen. Unstreitig waren aber anlässlich des Wohnungsmietvertrages dem beklagten Mieter die
Garagenschlüssel ausgehändigt worden. Unter diesen Umständen sah das OLG Düsseldorf beide Verträge als eine
einzige Vertragseinheit an. Das OLG kommt auch zu dem Ergebnis, dass gleichwohl keine Leihe vorläge, weil man etwa
unentgeltliche Überlassung unterstellen könne. Dies deshalb nicht, weil die Parteien die Garagennutzung gerade mit in
den Wohnungsmietvertrag mit einbezogen hätten und letztlich die dortige Miete für alles gelte, auch für die Benutzung
der Garage, also nicht etwa diese unentgeltlich vermietet sei.
Hinsichtlich der Widerklage kam das OLG zu dem Ergebnis, dass bei einer Betriebskostenabrechnung Anwaltsgebühren
grundsätzlich erstattungsfähig sind, sofern denn die Abrechnung als solche die Beiziehung eines Rechtsanwalts bedinge.
In der konkreten Abrechnung war der Umlagemaßstab für die Betriebskosten dem Mietvertrag nicht zu entnehmen. Dies
sah das OLG Düsseldorf schon als Argument dafür an, dass sich hier der betroffene Mieter eines Anwalts bedienen
durfte, um die Abrechnung zu überprüfen. Dies um so mehr, als dass das Abrechnungsunternehmen dem Mieter erklärt
hatte, dass es eine Überprüfung der eigenen Abrechnung nicht durchführen werde.
Die klagende Vermieterin berief sich darauf, dass sie die Fehler in der Abrechnung nicht zu vertreten habe. Hier verwies
das OLG darauf, dass sie sich das Verschulden des Mitarbeiters des Abrechnungsunternehmens zurechnen lassen
müsse (§ 278 BGB).
Das OLG verneinte auch den Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des beklagten Mieters nach § 254 Abs. 2
BGB, da sich dieser zunächst an eine Institution wie dem Mieterbund oder der Verbraucherzentrale gewandt habe. Ein
Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht sei nur dann zu bejahen, wenn der Ersatzberechtigte die Maßnahmen
unterlassen hat, welche ein ordentlicher und verständlicher Mensch zur Schadensabwendung oder -minderung ergriffen
hätte (BGH, NJW 1952, 299). Dabei sei entscheidender Abgrenzungsmaßstab der Grundsatz von Treu und Glauben.
Das OLG bestätigte auch das amtsgerichtliche Urteil hinsichtlich der Höhe der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG
und hielt eine 1,3fache Gebühr für gerechtfertigt. Die klagende Vermieterin war der Auffassung, dass dieser
Gebührensatz übersetzt sei.
Vorauszahlungen auf die Betriebskosten müssen nicht vereinbart werden. Verwirkung von Nachforderungen
kommt nur unter ganz besonderen Umständen in Betracht.
KG, Urteil vom 27. November 2006 – 12 U 182/04 (ZMR 07, 364)
Bei den im Mietrecht ohnedies kurzen Verjährungsfristen bestehen hohe Ansprüche an das Umstandsmoment. Schlichte
Untätigkeit des Vermieters reicht hierfür nicht aus.
Aufklärungspflicht des Vermieters bei Vertragsabschluß über zu gering angesetzte Vorschüsse
AG Göttingen – 28 C 34/07 – Urteil v. 29.08.2007
Ist dem Vermieter aus den Vorjahren bekannt, dass auch bei Abschluss des aktuellen
Wohnungsmietvertrages die Betriebskostenvorauszahlungen die tatsächlichen Kosten bei Unterschreitung
eines gewissen Betrages bei weitem nicht decken können, ist er darüber dem Mietinteressenten
aufklärungspflichtig.
Der Vermieter verlangte Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung, der Mieter Rückzahlung der Kaution. Das
Gericht gab dem Anspruch auf Zahlung der Kaution statt und führte aus, der Vermieter habe sich schadenersatzpflichtig
gemacht, indem er den Mieter bei Vertragsschluss nicht darauf hingewiesen habe, dass durch die angesetzten
Vorauszahlungen die Fixkosten nicht gedeckt seien (im vorliegenden Fall Überschreitung um mehr als 50%).
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Umlage von Heizkosten nach Umstellung auf Fernwärme
BGH – VIII ZR 202/06 – Urteil v. 27.06.2007
Eine Vereinbarung in einem Wohnraummietvertrag, wonach der Mieter die Betriebskosten der Heizung „erläutert durch
Anlage 3 zu § 27 II. BVO“ zu tragen hat, erlaubt dem Vermieter, der während des laufenden Mietverhältnisses den
Betrieb einer im Haus vorhandenen Heizungsanlage einstellt und statt dessen Fernwärme bezieht, die Umlegung der
Wärmelieferungskosten auf den Mieter, wenn die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Fassung der Zweiten
BerechnungsVO bereits eine Umlegung der Kosten der Fernwärme vorsah.
Die formularmäßige Auferlegung der Instandhaltung von Gemeinschaftsflächen ohne Beschränkung der
Höhe nach verstößt gegen § 9 AGBG/§ 307 Abs. 1,2 BGB.
BGH VII ZR 158/01, Urteil vom 06.04.05 (GE 2007,1112)
Der BGH stellt klar, dass dem (Gewerbe-) Mieter in der Regel Instandhaltungskosten nur hinsichtlich solcher Schäden der
Mietsache auferlegt werden können, die dem Mietgebrauch bzw. der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Im
übrigen bedürfe es jedenfalls einer Begrenzung der Kosten (z. B, fester Prozentsatz der Jahresmiete, vergleichbar der
Kleinreparaturenklausel bei Wohnraum).
Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten
LG Berlin 67 S 239/06, Urteil vom 08.02.07 (GE 2007, 1123)
Die im Berliner Mietspiegel veröffentlichte Betriebskostenübersicht ist nicht geeignet, die Wirtschaftlichkeit
angesetzter Betriebskosten zu widerlegen.
Die Kammer führt aus, der Vermieter sei im Rahmen der Unilage nicht auf die "üblichen" Arbeiten bzw. Kosten
beschränkt. Es stehe ihm vielmehr ein Ermessen hinsichtlich Frequenz und Intensität der (hier: Reinigungs-) Arbeiten zu;
überdies hinge der Aufwand auch von der Art des Gebäudes und dem Wohngebiet ab.
Anforderungen an die Behauptung des Mieters, das Wirtschaftlichkeitsgebot sei verletzt
BGH - VIII ZR 78/06 – Urteil v. 13.06.2007
Reklamiert der Mieter einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot muss er zunächst „konkret“ vortragen, dass in
der jeweiligen Abrechnungsperiode ein anderer Anbieter die fragliche Leistung preiswerter geliefert hätte. Erst dann ist es
Sache des Vermieters, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht verletzt
hat. Besteht eine bestimmte Lieferbeziehung schon bei Wohnungsbezug (hier: Wärmeconctracting) kommt es nicht
darauf an, ob eine andere Versorgungsart (Fernwärme/Zentralheizung) preiswerter gewesen wäre.
Schätzung des Wärmeverbrauchs, wenn wegen Abwesenheit des Mieters nicht abgelesen werden kann
LG Berlin – 67 S 472/06 – Urteil v. 11.06.2007
Wird der Mieter trotz ordnungsgemäßer Ankündigung nicht angetroffen, darf der Wärmeverbrauch geschätzt
werden. Ohne Erläuterung der Grundlage der erfolgten Schätzung in der Heizkostenabrechnung ist diese
jedoch formell unwirksam.
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Ein Mieter zog neu in eine Wohnung ein und wurde bei den Ableseterminen nicht angetroffen. Daraufhin wurde der
Verbrauch des Mieters für Heizung und Warmwasser in der Abrechnung geschätzt, die Gradtagszahlentabelle
abgedruckt, der Nutzungszeitraum angegeben sowie auf § 9a HeizkostVO verwiesen. Das Landgericht stellte nochmals
klar, dass für die formelle Wirksamkeit grundsätzlich neben der Aufstellung der Gesamtkosten, der Darstellung des
Verteilerschlüssels und der Einzelkosten sowie dem Abzug der gezahlten Vorschüsse keine weiteren Erläuterungen
erforderlich seien. Im vorliegenden Fall habe jedoch bei der ersten Abrechnung während des Mietverhältnisses der
Verteilerschlüssel erläutert werden müssen, weil Schätzungsgrundlagen herangezogen werden mussten, die der Mieter
nicht habe kennen können.
Angabe der Einzelkosten im Mietvertrag bei Preisbindung, später konkretisierende Handhabung
LG Berlin 62 S 28/07, Urteil vom 23.04.07 (GE 2007, 913)
Bei preisgebundenem Wohnraum ist hinsichtlich der kalten Betriebskosten die Angabe eines einheitlichen
Vorauszahlungsbetrages im Mietvertrag nicht ausreichend und führt dazu, dass der Mieter seine
Vorauszahlungen zurückverlangen kann. Die fehlende Aufschlüsselung kann jedoch durch die Angaben in
einer Abrechnung für spätere Perioden geheilt werden.
Vorbehaltlose Zahlungen des Mieters auf eine Betriebskostenabrechnung sind nicht als Schuldbestätigung
zu werten.
Die Mieter hatten vor dem Amtsgericht mit Rückzahlungsforderungen hinsichtlich der (kalten)
Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2004 (Vertragsbeginn) bis 2006 obsiegt. Hinsichtlich der Jahre 2004 und
2005 folgte die ZK 62 dem Amtsgericht, da im Mietvertrag entgegen § 20 Absatz 1 Satz 3 NMV nicht die Kostenanteile
der einzelnen Betriebskostenarten angegeben waren. Für 2006 sah die Kammer den Mangel dann aber als geheilt an, da
der Vermieter die erforderliche Aufschlüsselung mit der Erteilung der Abrechnung 2004 vom 28.12.05 nachgereicht habe.
Hinsichtlich der Heizkosten sei eine Aufschlüsselung nicht möglich und deshalb entbehrlich, da sich die Beträge für
Heizung und Warmwasser gemäß § 9 Absatz 2 HeizkostenVO nach dem Verbraucherverhalten richteten, welches der
Vermieter nicht vorhersehen könne,
Entgegen der Ansicht der ZK 63 (GE 2002, 804) sieht die ZK in der vorbehaltlosen Zahlung von
Betriebskostennachforderungen wegen des fehlenden Erklärungsbewusstseins kein konkludentes Schuldanerkenntnis.
2. FORM UND ART DER ABRECHNUNG
Abrechnung nach Abflußprinzip
LG Berlin, Urteil vom 01.12.2006, 63 S 113/06 (Revision zugelassen) GE 2007, 368 f.
Der klagende Vermieter hatte Nachzahlungen aus diversen Nebenkostenabrechnungen gegenüber dem Mieter geltend
gemacht und das Amtsgericht hatte der Klage zumindest hinsichtlich der Abrechnungen über die kalten Betriebskosten
stattgegeben. Unstreitig hatte der Vermieter nach dem Abflussprinzip abgerechnet. Die Mietpartei war in die Berufung
gegangen.
Das Landgericht führte aus, dass die Abrechnungen über die kalten Betriebskosten wirksam seien. Grundsätzlich sei
auch die Abrechnung nach dem Abflussprinzip möglich und verstoße im vorliegenden Einzelfall auch nicht gegen Treu
und Glauben. Die Möglichkeit unbilliger Belastung im Einzelfall stehe jedenfalls dem Prinzip nicht per se entgegen. Auch
der BGH habe sich bislang hinsichtlich der Frage, ob eine Betriebskostenabrechnung im Wohnungsmietverhältnis nach
dem so genannten Abgrenzungs-(Leistungs)-prinzip oder nach dem Abflussprinzip (Kassenprinzip) abgerechnet werden
müsse, nicht festgelegt. Entgegen der Auffassung einer früheren Entscheidung des Landgerichts Berlin hat die 63.
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Kammer jedenfalls ausgeführt, dass § 556 BGB keine ausdrückliche Entscheidung für ein bestimmtes
Abrechnungsprinzip getroffen habe. Allein aus der Fristsetzung des § 556 Abs. 3 ließe sich derartiges jedenfalls nicht
herleiten. In den Fällen, in denen die Wahl des Abflussprinzipes unbillig wäre, weil etwa im Rahmen mit Beginn oder Ende
des Mietverhältnisses der betroffene Mieter unverhältnismäßig belastet werde, müsse dieser der Grundsatz von Treu und
Glauben entgegengehalten werden.
Auch wegen der Abweichung von der oben zitierten Entscheidung der 65. ZK des LG Berlin ließ die 63. ZK die Revision
zum BGH zu. Ob Revision eingelegt wurde, ist hier nicht bekannt.
Abrechnung nach Abflußprinzip (2)
LG Berlin, Urteil vom 08.12.2006, 63 S 72/06, GE 2007, 451
Auch diese Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, ob eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip
zulässig sei. Insofern kann auf die Ausführungen zur Ziffer 35. verwiesen werden, da auch die hiesige Entscheidung von
der 63. ZK des LG Berlin getroffen wurde. Auch hier hatte die 63. ZK die Revision zugelassen, ob hiervon Gebrauch
gemacht wurde, ist hier nicht bekannt.
Abrechnung nach Abflußprinzip (3)
AG Charlottenburg, Urteil vom 11.01.2007, 227 C 237/05
Auch hier war streitgegenständlich eine Betriebskostenabrechnung aufgrund des so genannten Abflussprinzips. Das
Amtsgericht Charlottenburg hielt die Betriebskostenabrechnung jedenfalls formell für ordnungsgemäß weil es die
Abrechnungsweise als nach wie vor zulässig erachte und diese auch nicht gegen § 556 BGB verstoße.
Es führt aus, dass ungeachtet der Frage, welches Prinzip nun maßgeblich sei, jedenfalls ein derartiger Verstoß nicht die
formelle Ordnungsgemäßheit berühre. Wenn überhaupt betreffe es nur die Frage der materiellen Richtigkeit der
Abrechnung. Feinsinnig weist das Gericht darauf hin, dass gem. § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht etwa über die jährlich
anfallenden Betriebskosten abzurechnen sei, sondern über die Vorauszahlungen für die Betriebskosten. Mit dieser
Fristenregelung soll dem Mieter Sicherheit darüber verschafft werden, was denn nun aus den in der Abrechnungszeit
geleisteten Vorauszahlungen geworden sei. So betrachtet sage dann aber § 556 Abs. 3 BGB gerade nichts darüber aus,
welche angefallenen Kosten den geleisteten Vorauszahlungen gegenüber gestellt werden dürfen, ob nun nach dem
Abfluss- oder aber nach dem Abgrenzungsprinzip.
inhaltliche Anforderungen an eine Umlagenabrechnung (hier: Angabe der Gesamtkosten vor Vorwegabzug)
BGH, Urteil vom 14.02.2007, VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244 f. sowie GE 2007, S. 438 f.
Die klagende Vermieterin hatte dem beklagten Mieter über die Verwalterin die Heiz- und Betriebskosten für das
Kalenderjahr 2002 abgerechnet. Zu Lasten des Mieters ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 129,33 €. Die
Abrechnung enthielt Betriebskosten, bei denen der Gesamtbetrag vorab um nicht umlagefähige Anteile bereinigt worden
war. Diese Vorwegabzüge waren in der Abrechnung zum Teil mitgeteilt und erläutert. Bei den Posten "Grundsteuer" und
"Wassergeld/ Entwässerung" war dies jedoch unterblieben; ein Vorwegabzug bei der Position "Hauswart" war nur
unvollständig mitgeteilt. Das Amtsgericht verurteilte den Mieter zur Zahlung, nachdem der klagende Vermieter die
Vorausabzüge schriftsätzlich insgesamt erläutert hatte. Das Amtsgericht ließ die Berufung zu. Das Landgericht wies die
Klage insgesamt ab. Es ließ aber die Revision zu. Damit verfolgte die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Im Gegensatz
zum Amtsgericht war das Landgericht der Auffassung, die Mängel der ursprünglichen Abrechnung, nämlich, dass die
Gesamtkosten erst gar nicht dargestellt, sondern lediglich in der um die nicht umlagefähigen Kosten bereinigten Höhe in
der Abrechnung beziffert wurden, seien nicht heilbar. Es handelte sich vielmehr um einen formellen und damit zur
Unwirksamkeit der Abrechnung führenden Fehler. Das Landgericht setzt sich mit der diesbezüglich den BGHRechtsprechung auseinander und führt aus, dass die Verwendung eines falschen Umlageschlüssels nicht zur formellen
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Unwirksamkeit führe, weil der Mieter dies selbst erkennen könne. Genau diese Möglichkeit sei jedoch bei nicht
ausgewiesenen Gesamtkosten verwehrt.
Diesen Ausführungen ist der BGH gefolgt. Er führt unter anderem aus, dass die Gesamtkosten auch dann anzugeben
sind, wenn einzelne Kostenteile nicht umlagefähig sind. Es genüge nicht, nur die insoweit schon bereinigten Kosten
mitzuteilen. Fehle es an einer solchen Offenlegung, liege ein formeller Mangel der Abrechnung vor, der zur Unwirksamkeit
führe (unter Hinweis auf Schmidt-Futterer/ Langenberg § 556 Rdnr. 465, Kinne GE 2004, 1572, 1574). Da die
Fehlerkorrektur außerhalb der Abrechnungsfrist erfolgte, war die klagende Vermieterin mit ihrer Nachforderung
ausgeschlossen. Der insoweit die restlichen Informationen liefernde Schriftsatz der Klägerin war zu spät.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH die Anforderungen an die formelle Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung
gegenüber seiner bisherigen Rechtsprechung erweitert bzw. den Begriff der "entstandenen Kosten" konkretisiert. Nach
ständiger Rechtsprechung genügt eine Betriebskostenabrechnung den Anforderungen des § 259 BGB wenn sie
- eine Zusammenstellung der Gesamtbetriebskosten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Betriebskosten,
- die Angabe und Erläuterung des zugrunde gelegten Umlageschlüssels,
- die Berechnung des Betriebskostenanteils des Mieters je Betriebskostenart und als Summe,
- die Summe der Vorauszahlungen des Mieters,
- den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters von seinem Betriebskostenanteil sowie
- die Angabe des Rechnungssaldos
enthält.
Mitteilung der Gesamtkosten vor Vorwegabzug
BGH – VIII ZR 1/07 – Urteil v. 11.09.2007
Eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung setzt voraus, dass dem Mieter auch dann die
Gesamtkosten einer berechneten Kostenart mitgeteilt werden, wenn es sich um sog. gemischte Kosten
handelt, die Kostenanteile enthalten, die nicht zu den Betriebskosten gehören.
Der BGH hat bereits entschieden (VIII ZR 1/06 - besprochen in der Veranstaltung v.09.05.2007), dass eine
Betriebskostenabrechnung auch dann die Angabe der Gesamtkosten einer abgerechneten Kostenart erfordert, wenn
einzelne Kostenteile nicht umlagefähig sind. Vorliegend ging es um die Hauswartskosten.
Darlegungs- und Beweislast für die Notwendigkeit eines Vorwegabzugs (hier: Wassermehrverbrauch eines
Hundesalons)
AG Berlin-Wedding, Urteil vom 21.02.2007, 6a C 119/06, GE 2007, 525 f.
Die Prozessparteien, die Klägerin als Vermieterin, die Beklagte als Mieterin einer Wohnung in Berlin-Wedding, stritten
über die Wirksamkeit der Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2004. In den Ladenräumlichkeiten im
Erdgeschoss des Vorderhauses betrieb ein Gewerbemieter einen Hundesalon, in dem täglich unstreitig mindestens 30
Hunde gebadet und getränkt wurden. Die beklagte Mieterin ließ einwenden, dass deshalb ein Vorwegabzug in der
Betriebskostenabrechnung hätte dargestellt werden müsse. Die Beklagte selber war im Laufe der Abrechnungsperiode
eingezogen, es hatte also ein Nutzerwechsel stattgefunden. Die Kosten für die Erzeugung des warmen Wassers waren
jedoch geschätzt worden. Die klagende Vermieterin hatte aufgrund vorausgegangener Abrechnungen die ursprünglichen
Betriebskostenvorauszahlungsbeträge erhöht.
Das Amtsgericht führte aus: hinsichtlich der Kosten eines Hundesalons habe die beklagte Mieterin die Darlegungs- und
Beweislast dafür, dass diese Kosten zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnraummieter führen und deshalb ein
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Vorwegabzug, der auf diese entfallenen Kosten geboten sei. Es meint, dass ein Hundesalon grundsätzlich nicht einen
spürbar höheren Wasserverbrauch als ein Wohnraummieter erzeuge. Der Trinkwasserverbrauch der Hunde dürfe
schwerlich über dem Trinkwasserverbrauch zum Kochen und für Getränke von Wohnungsmietern liegen. Auch der
Wasserverbrauch beim Baden der Hunde liege grundsätzlich noch im Rahmen des Verbrauches, den auch eine
Wohnungsnutzung durch mehrere Personen mit intensivem Duschen, Baden, Spülen und Wäsche waschen verursache.
Etwas anderes komme lediglich in Betracht, wenn es sich um einen außergewöhnlich stark genutzten Hundesalon
handele.
3. ABRECHNUNGS- UND EINWENDUNGSFRIST
zur Abrechnungsfrist
LG Berlin – 63 S 469/06 – Urteil v. 29.06.2007
§ 556 III BGB, wonach der Vermieter nach dem Ablauf des zwölften Monats nach dem Ende des
Abrechnungszeitraums mit einer Nachforderung grundsätzlich ausgeschlossen ist, gilt unabhängig davon,
ob Vorschüsse vereinbart worden sind oder nicht.
rechtzeitige Absendung einer Abrechnung; Nachforderung von Vorschüssen nach Ablauf der
Abrechnungsfrist
LG Berlin – 67 S 133/06 – Urteil v.27.08.2007
a. Der Vermieter hat es im Sinne von § 556 III 3 BGB nicht zu vertreten, wenn eine rechtzeitig abgesandte
Betriebskostenabrechnung auf dem Postweg verloren geht.
b. Auch nach Ablauf der Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums kann
der Vermieter nicht gezahlte Betriebskostenvorschüsse für den abgelaufenen Abrechnungszeitraum
nachfordern, soweit sich aus der verspäteten Abrechnung eine Nachforderung ergibt.
Der Vermieter verlangte zunächst Zahlung der Nachforderung aus der am 5. Oktober 2005 erstellten und auf dem
Postweg abgesandten, dem Mieter allerdings erst am 24. Januar 2006 zugegangenen Betriebskostenabrechnung 2004,
stellte die Klage nach Unterliegen in der ersten Instanz in der Berufung jedoch um auf Zahlung desjenigen Betrages der
Nachforderung, der den noch offenen Vorauszahlungen des Mieters für den Abrechnungszeitraum 2004 entsprach.
Hat der Vermieter rechtzeitig abgerechnet und das Schreiben zur Post gebracht, hat er nicht nur eine
Verzögerung des Zugangs, sondern auch den Nichtzugang nicht zu vertreten.
AG Neukölln, Urteil vom 20.3.2007 – 7 C 418/06 (GE 07, 727)
Nach Mitteilung des Mieters, er habe eine Abrechnung nicht erhalten, versandte der Vermieter sofort eine neue
Abrechnung. Unter Verweis auf LG Berlin (GE 2005, 1355 f) meint das Gericht, es mache keinen Unterschied, ob die
Zustellung per Post sich verzögere oder aber ganz unterbleibe.
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Dem Vermieter obliegt der Beweis, daß die Abrechnung zugegangen ist. Der Beweis, daß die Abrechnung
versandt wurde, reicht nicht aus.
LG Düsseldorf, Urteil vom 7.2.2007 – 23 S 108/06 (NZM 2007,327)
Die Vermieter beriefen sich unter Verweis auf ein Urteil des AG Leipzig (ZMR 2006, 47) darauf, es reiche aus, wenn der
Vermieter die Abrechnung ausreichend frankiert zur Post gebracht habe. Komme die Abrechnung nicht zurück, könne er
mit Zugang rechnen. Dem schließt sich das LG Düsseldorf nicht an. Denn dann müsse der Mieter den „Nichtzugang“
beweisen, was regelmäßig nicht möglich sei.
verspäteter Zugang einer rechtzeitig abgesandten Betriebskostenabrechnung
AG Münster, Urteil vom 17.01.2007, 49 C 2648/06, DWW 2007, 150
Der klagende Vermieter begehrte die Nachzahlung aus seiner Betriebskostenabrechnung, die aber erst nach Ablauf der
Abrechnungsfrist zuging. Der Vermieter argumentierte, er habe sie durch einen von ihm angebotenen Zeugen noch
rechtzeitig postalisch auf den Weg gebracht, so dass er die Verspätung nicht zu vertreten habe. Im konkreten Falle war
von der klagenden Vermieterin unter Beweisangebot vorgetragen worden, dass die Abrechnung für das Jahr 2004 am
05.10.2005 durch den Zeugen S. in den Postversand gegeben worden sei. Das Amtsgericht Münster meinte nun, der
Vermieter habe gleichwohl die Verspätung zu vertreten, weil er nicht bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist (also bis zum
31.12.2005) sich bei dem Mieter wegen des Zugangs vergewissert habe.
Vertretenmüssen verspäteter Abrechnung
AG Köpenick – 14 C 78/06 – Urteil v. 03.05.2007
Versäumt der Vermieter die Abrechnungsfrist zur Betriebskostenabrechnung, weil ihm selbst gegenüber das
Versorgungsunternehmen die Rechnung erst nach Ablauf der Jahresausschlussfrist vorgenommen hat, hat
er die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung zu vertreten, wenn er sich nicht um die rechtzeitige
Rechnungsstellung des Versorgers bemüht hat.
keine nachteilige Abrechnungskorrektur nach Ablauf der Abrechnungsfrist
LG Dortmund 11 S 26/06, Urteil vom 08.06.06 (WuM 2007, 447)
Die Ausschlussfrist des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB schließt jegliche dem Mieter nachteilige Korrekturen an
der Abrechnung aus; dies gilt auch dann, wenn die ursprüngliche Abrechnung ein Guthaben ausgewiesen
hatte.
Die Abrechnung hatte zunächst ein Guthaben für den Mieter ausgewiesen. Nach Ablauf der Jahresfrist korrigierte der
Vermieter die Abrechung, die danach mit einem Nachforderungsbetrag schloss. Letzteren machte der Vermieter wegen
des Fristablaufs zwar nicht geltend, verweigerte jedoch die Auszahlung des Guthabens.
Die Kammer vertritt die (sehr ausführlich begründete) Auffassung, unter "Nachforderungen" i. S. d. § 556 Absatz 3 Satz 3
BGB seien nicht nur über die Vorauszahlungen hinaus gehende Nachforderungen zu verstellen, sondern jegliche
Mehrforderungen gegenüber dem Stand bei Ablauf der Jahresfrist.
Die Revision wurde zugelassen.
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verspäteter Erhalt von Rechnungen vom Vermieter zu vertreten
AG Köpenick 14 C 781/06. Urteil vom 03.05.07 (GE 2007, 990)
Der Vermieter hat den verspäteten Zugang einer Abrechnung "zu vertreten", wenn er schlicht zuwartet, statt
sich aktiv um den Erhalt der fehlenden Rechnungen zu bemühen.
verspäteter Abrechnungszugang beim Mieter
AG Münster 49 C 2648/06, Urteil vom 17.01.2007 (ZMR 2007, 546)
Der nicht rechtzeitige Zugang einer Betriebskostenabrechnung ist vom Vermieter jedenfalls dann im Sinne
des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB "zu vertreten", wenn er beim nicht zahlen Mieter nicht zeitnah nachfragt oder
diesen mahnt.
Die Abrechnung vom 30.09. war dem Mieter Anfang Oktober übersandt worden, der aber nicht weiter auf diese reagiert
hatte. Nach Auffassung des AG Münster hätte der Vermieter vor Ablauf der Jahresfrist beim Mieter nachfragen oder
diesen unter erneuter Beifügung der Abrechnung mahnen müssen. Im Übrigen müsse eben eine Zustellung per Boten
erfolgen.
Mit Ausnahme der obigen Entscheidung AG Köpenick 14 C 78/06 sehen die Gerichte das durchweg anders:
• AG Bonn 10 C 388/05 (kein Vertretenmüssen bei rechtzeitiger Absendung, ohne jegliche nähere Begründung),
• AG Leipzig ZMR 2006, 47 (Kein Vertretenmüssen bei rechtzeitiger Absendung, wobei § 278 BGB nur hinsichtlich des
Verwalters, nicht aber hinsichtlich der Deutschen Post AG geprüft wird),
• AG Oldenburg ZMR 2005, 204 (Botenzustellung sei dem Vermieter nicht zumutbar),
• AG Köpenick 6 C 76/06, Urteil vom 13.09.06, GE 2006, Seite 1411 (Keine Zurechnung eines Postverschuldens,
allerdings ohne jede Begründung),
• LG Potsdam 11 S 236/04, Urteil vom 01.09.05, GE 2005, 1357 (nach Auffassung der Kammer ist § 278 BGB auf
Briefdienstleister jedenfalls noch nicht anwendbar, da der Vermieter zumindest derzeit keine wirkliche Auswahl auf
diesem Markt habe),
• LG Berlin 62 S 59/06, Urteil vom 18.05.06, GE 2006, Seite 1407 (hält schon für fraglich, ob der Briefzusteller mangels
Weisungsbefugnis des Vermieters überhaupt Erfüllungsgehilfe ist, jedenfalls aber habe der Vermieter keine
Einflussmöglichkeiten auf Art und Weise der Zustellung, weshalb in Anlehnung an die Rechtsprechung zur
Wiedereinsetzung bei Postversäumnissen § 278 BGB hier einschränkend auszulegen sei),
• LG Berlin 67 S 1/05, Urteil vom 18.08.05, GE 2005, 1355 (meint ohne nähere Ausführungen, ein Postversäumnis sei
dem Vermieter "nicht vorzuwerfen").
abgelaufene Einwendungsfrist des Mieters
LG Berlin 67 S 488/06, Beschluss vom 12.03.07 (GE (2007, 847)
Erfährt der Mieter erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Absatz 3 BGB, dass abgerechnete
Hauswartskosten in Wahrheit gar nicht entstanden waren, so ist hierauf die Einwendungsausschlussfrist
jedenfalls dann anzuwenden, wenn dem Vermieter keine Arglist oder sonst treuwidriges Verhalten zur Last
fällt.
Der Mieter hatte im Rahmen der Belegeinsicht für die Abrechnung 2004 festgestellt, dass dort und auch bei früheren
Abrechnungen Hauswartskosten zu Unrecht eingestellt waren.
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abgelaufene Einwendungsfrist des Mieters (2)
BGH VIII ZR 279/06, Urteil vom 10. Oktober 2007
Zu den Einwendungen gegen eine Abrechnung des Vermieters über Vorauszahlungen für Betriebskosten, die
der Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang einer formell ordnungsgemäßen
Abrechnung geltend machen muss, gehört auch der Einwand, dass es für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB
grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage fehlt.
Für die Jahre 2001 und 2002 ist der beklagte Mieter zur Nachzahlung von Betriebskosten entsprechend den
Abrechnungen des Klägers verpflichtet und steht ihm ein Rückforderungsanspruch nicht zu. Das Berufungsgericht hat zu
Recht angenommen, dass der Beklagte mit Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnungen 2001 und 2002
gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB ausgeschlossen ist. Nach diesen Vorschriften obliegt es dem Mieter, dem
Vermieter bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen, ob er Einwendungen erhebt;
nach Ablauf der Frist kann der Mieter Einwendungen grundsätzlich nicht mehr geltend machen.
Entgegen der Auffassung der Revision werden davon jedenfalls solche Einwendungen erfasst, die sich – wie hier – gegen
eine formell ordnungsgemäße Abrechnung richten und darauf beruhen, dass es für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB
grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage fehlt. Soweit dagegen
vertreten wird, die Formulierung "Einwendungen gegen die Abrechnung" in § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB sei im
Zusammenhang mit § 556 Abs. 1 und 2 BGB dahin auszulegen, dass es sich um – hinsichtlich der betreffenden
Kostenart – vereinbarte Vorauszahlungen handeln müsse, über die abgerechnet werde, ist dem nicht zu folgen.
Weder aus dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift, ergeben sich Hinweise
für eine solche Beschränkung des Einwendungsausschlusses. Die Bestimmung stellt im Interesse der Ausgewogenheit
(Begr. in BT-Drs. 14/5663 S. 79) dem Nachforderungsausschluss für den Vermieter (Abs. 3 Satz 3) einen
Einwendungsausschluss für den Mieter gegenüber. Damit soll erreicht werden, dass in absehbarer Zeit nach einer
Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht (aaO). Die insoweit
beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht gewährleistet, wenn nicht nach Ablauf der Einwendungsfrist auch
Streitigkeiten darüber ausgeschlossen wären, ob die Abwälzung einzelner, grundsätzlich umlagefähiger
Betriebskostenarten auf den Mieter vereinbart worden ist oder nicht. Ein Wertungswiderspruch zu § 556 Abs. 1 BGB
besteht in diesem Fall nicht. Wie der Fall zu beurteilen ist, dass der Vermieter Betriebskosten abrechnet, obwohl eine
Übernahme von Betriebskosten überhaupt nicht oder als Pauschale vereinbart ist, kann offen bleiben.
4. EINZELNE POSITIONEN
Terrorversicherung umlagefähig
OLG Stuttgart, Urteil vom 15.02.2007, 13 U 145/06 (nicht rechtskräftig), NZM 2007, 247 f. = DWW 2007, 116 = GE
2007, 444 f.
Der klagende Vermieter hat gegenüber seiner Gewerbemieterin im Laufe des Mietverhältnisses eine Terrorversicherung
abgeschlossen und deren Kosten der beklagten Mieterin in die Betriebskostenabrechnung eingestellt. Die Mieterin
wandte mangelnde Wirtschaftlichkeit und fehlende Notwendigkeit der Terrorversicherung ein. Das OLG hat die Mieterin
antragsgemäß verurteilt. Das OLG Stuttgart verwies auf die Regelung im Mietvertrag, wonach der Mieter alle
Nebenkosten aus dem Betrieb und der Bewirtschaftung des Mietobjekts nach Anlage 2 zum Vertrag vollständig zu
tragen hatte. Unter Nr. 20 sind aufgeführt die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung sowie der Versicherung aller
maschinen-, gebäude- und grundstücksbezogenen Risiken auch Glasversicherungen sowie die jeweiligen
Erhöhungsbeträge.
Das OLG Stuttgart ist der Auffassung, dass die abgeschlossene Terrorversicherung von dieser Regelung umfasst sei und
zählt sie zu den Sachversicherungen. Die Terrorversicherung war nämlich bislang in der Feuerversicherung enthalten,
wurde jedoch von der Versicherung ausgegliedert, so dass dieses Risiko nicht mehr versichert war. Im vorliegenden Falle
war unstreitig, dass es sich bei dem Objekt im Hinblick auf die Terrorversicherung um kein besonders gefährdetes Objekt
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handelte. Gleichwohl ließ das OLG auch die Umlage dieser Terrorversicherungsprämie zu, weil sich diese geringere
Gefährdung auch in einer geringeren Prämie niederschlage.
sonstige Betriebskosten: „Kosten für die Revision von Elektroanlagen, Gasgeräten, brandschutztechnischen
Einrichtungen sowie weiterer installierter Haustechnik“
BGH, Urteil vom 14.02.2007, VIII ZR 123/06, GE 2007, 439 f. = NZM 2007, 282 f.
Im Rahmen eines Wohnungsmietverhältnisses war in dem Mietvertrag geregelt, dass der Betriebskostenkatalog der
Anlage 3. von § 27 Abs. 1 der II. BV gilt. Unter den sonstigen Betriebskosten waren dann spezifiziert die Kosten für die
Revision Elektroanlagen, Gasgeräten, brandschutztechnischen Einrichtungen sowie weiterer installierter Haustechnik
aufgeführt. Die klagende Vermieterin ließ die Revision (= Überprüfung) der Elektroanlagen entsprechend den
berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften im Abstand vier Jahren durchführen. Sie stellte diese Kosten in
die Betriebskostenabrechnung ein, wogegen sich die beklagte Mieterin wehrte.
Das Amtsgericht hatte die vermieterseitige Klage abgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landgericht
zurück, ließ aber die Revision zu. Der BGH änderte die vorinstanzlichen Urteile ab und sprach der Vermieterin den
Anspruch auf Ausgleich der vorbenannten Betriebskosten zu. Zunächst geht der BGH auf die Definition von
Betriebskosten ein und grenzt Betriebskosten von der Instandsetzung ab. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die
regelmäßige Überprüfung der Funktionsfähigkeit der elektrischen Anlage eines Mietobjekts nicht der Beseitigung von
Mängeln diene und deshalb die dadurch verursachten Kosten grundsätzlich umlegbare Betriebskosten seien. Die
entgegengesetzte Auffassung, der sich das Berufungsgericht anschloss, sieht in der Überprüfung der Elektroanlage
lediglich die Verfolgung eigener Interessen des Vermieters als Vorsorgemaßnahme, also eine vorbeugende Instandhaltung
mit der der Vermieter der ihm ohnehin obliegenden Verkehrssicherungspflicht nachkomme bzw. einem Verstoß
vorbeugen wolle. Letztlich wolle er vor einer Inanspruchnahme auf Schadensersatz sich selbst schützen und die Kosten
hierfür könnten nicht auf die Mieter umgelegt werden.
Gerade dieser einschränkenden Auslegung des Betriebskostenbegriffes trat der BGH aaO entgegen. Er führte aus, dass
Vorsorgemaßnahmen des Vermieters zwar dann zur Instandhaltung gehörten, wenn Erneuerungen schon vor dem
Auftreten von Mängeln getätigt würden, z.B. um einen Ausfall einer ohnehin in absehbarer Zeit zu ersetzenden
Einrichtung von vorn herein zu verhindern. Anders verhalte es sich jedoch bei dem streitgegenständlichen Sachverhalt.
Für seine Auffassung verwies der BGH auch auf die in der Betriebskostenverordnung ausdrücklich als Betriebskosten
genannten Kosten der Prüfung der Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit der Fahrstühle sowie die Gebühren des
Schornsteinfegers. Auch bei diesen Maßnahmen stehe die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters im
Vordergrund. Insofern könnten die turnusmäßigen Prüfkosten nicht der Mangelbeseitigung zugeordnet werden. Dabei
spiele es keine Rolle, ob die Überprüfung der elektrischen Anlage denn als Wartung qualifiziert werden könne. Der BGH
verweist insoweit auf eine in der Literatur vertretenen Auffassung, mit Hilfe eines besonderen Wartungsbegriffes sei eine
als sinnvoll erachtete Beschränkung der umlegbaren "sonstigen Betriebskosten" zu erzielen. Auch hier tritt der BGH
dieser Auffassung in der Literatur zu dem "besonderen Wartungsbegriff" entgegen; dafür bestehe keine Grundlage. Diese
Auffassung lasse sich im übrigen auch nicht damit in Einklang bringen, dass einzelne Wartungsarbeiten, die über eine
bloße Funktionsprüfung hinausgingen (z.B. Heizungseinstellung) ausdrücklich in den Katalog der umlegbaren
Betriebskosten aufgenommen worden seien. Sie seien auch nach der Betriebskostenverordnung insgesamt umlegbar
und nicht etwa nur zu einem Teil.
Darüber hinaus stehe die Umlage dieser nur alle vier Jahre entstehenden Kosten nicht dem Erfordernis der
wiederkehrenden Aufwendungen entgegen. Der BGH führt aus, dass es sich lediglich um wiederkehrende Belastungen
handeln müsse, so dass auch ein mehrjähriger Turnus ausreiche (unter Hinweis auf Blank/ Börstinghaus, Miete, 2.
Auflage, § 556 Rdnr. 5). Offen ließ der BGH die Frage, ob Aufwendungen, die in noch längerem und deshalb nicht mehr
überschaubaren Zeitabständen anfallen, schon dem Wortsinne nach keine "laufenden Kosten" mehr seien.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Wirtschaftlichkeit sei die Abrechnung bzw. Einstellung dieser
Überprüfungskosten nicht zu beanstanden.
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Aufzugskosten für gewerblichen Erdgeschoßmieter
LG Berlin, Urteil vom 05.12.2006, 65 S 210/06, GE 2007, Seite 446 f.
Die beklagte Mieterin hatte ein Geschäftslokal in einem 11-geschossigen Plattenbau im Erdgeschoss angemietet, ohne
Zugang zum Treppenhaus. Dort befand sich auch der Aufzug, der die Wohnungen erschloss.
Die Vermieterin klagte auf Nachzahlung der Betriebskostenabrechnungssalden und hatte in die Abrechnung auch die
Betriebskosten für den Personenaufzug eingestellt. Die Vermieterin hatte jedoch für 2001 zunächst noch nicht
abgerechnet, sondern lediglich die Jahre davor und danach, weshalb die beklagte Mieterin Verwirkung einwand. In dem
Mietvertrag war die Umlegungsfähigkeit dieser Fahrstuhlbetriebskosten ausdrücklich vereinbart. Die Mieterin meinte,
diese Vereinbarung sei unwirksam und im Übrigen gelte die Ausschlussfrist des § 556 BGB.
Das Landgericht folgte dem nicht. Die Ausschlussfrist gelte nur für Wohnraummietverhältnisse. Die von der beklagten
Mieterin herangezogenen Literaturstellen bzw. Urteile der Oberlandesgerichte Hamburg und Düsseldorf bezögen sich
lediglich auf die Festlegung der Abrechnungsperiode auf ein Jahr, nicht aber auf die Ausschlussfrist. Die Forderung sei
auch alleine wegen des Umstandes, dass die Vermieterin zunächst das Jahr 2001 nicht abgerechnet hatte, wohl aber die
nachfolgenden Jahre nicht verwirkt. Es fehle schon am Umstandsmoment. Die mietvertragliche Regelung über die
anteilige Tragung der Betriebskosten für den Personenaufzug sei ebenfalls wirksam, auch vor dem Hintergrund des für
diesen Fall noch anzuwendenden AGBG. Es berief sich auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.09.2006, VIII ZR
103/05, GE 2006, 1398), wo die Wohnungsmieter an den Betriebskosten des Aufzuges beteiligt wurden, obgleich sie im
Erdgeschoss wohnten und den Aufzug vernünftigerweise nicht nutzen konnten.
Das Landgericht meinte abschließend, dass etwas anderes nur gelten könne, wenn sich die Geschäftsräume der
Beklagten nicht in der selben Wirtschaftseinheit wie die übrigen Wohnungen im Hause befunden hätten.
Ein Doorman ist als sonstige Betriebskosten umlagefähig, wenn das vereinbart wird. Mahnkosten iHv. 1.
Mahnung 3,10 €, 2. Mahnung 5,00 € sind zulässig.
LG Berlin, Urteil vom 4.1.2007 - 67 S 287/06 (GE 07, 656)
Zu den Mahnkosten sagt das Gericht weiter nichts. Weil aber nicht ersichtlich ist, warum eine zweite Mahnung teurer
sein muß als eine erste, wären wohl auch bei der ersten 5,00 € möglich gewesen.
Umlage von Hauswartkosten
AG Köpenick – 8 C 42/07 – Urteil v. 20.06.2007
Der Vermieter darf in der Betriebskostenabrechnung Kosten für den Hauswart nur dann ansetzen, wenn die
Tätigkeiten des Hauswarts und die Kosten dafür dargelegt sind. Ohne eine Erläuterung ist die Abrechnung
insoweit unwirksam.
Kosten von Gaffittibeseitigung umlagefähig
AG Mitte – 11 C 35/07 – Urteil v. 27.07.2007
Die Kosten der Graffiti-Beseitigung stellen i.d.R. Hausreinigungskosten und damit umlagefähige
Betriebskosten dar.
Es sei davon auszugehen, dass die Kosten der Graffiti-Beseitigung Instandhaltungskosten sein können, wenn sie eine
Sachbeschädigung und nicht lediglich eine Verschmutzung, z.B. der Treppenhauswände, darstellen. Dann seien sie auch
umlegbar im Rahmen der Betriebskosten.
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technisch bedingte Ungenauigkeit von Wärmezählern unerheblich
AG Köpenick – 17 C 185/07 – Urteil v. 21.08.2007
Soweit in leerstehenden Wohnungen wegen „Überfüllung“ der Verdunstungsröhrchen mit einer
„Kaltverdunstungsvorgabe“ Nullverbräuche gemessen worden sind, obwohl eine Frostschutzbeheizung
stattfand, handelt es sich um eine von den Mietern der übrigen Wohnungen in Kauf zu nehmende
Messungenauigkeit.
Unter „Kaltverdunstung“ ist die Verdunstung zu verstehen, die bei abgeschaltetem Heizkörper allein aufgrund der
Raumtemperatur erfolgt. Dieser Kaltverdunstung wird dadurch Rechnung getragen, dass die Ampulle der
Verdunstungsröhrchen über den Skalen-Nullpunkt hinaus mit der sog. Kaltverdunstungsabgabe gefüllt wird. Damit wird
erreicht, dass der unabhängig von dem tatsächlichen Verbrauch der Mieter eintretende Flüssigkeitsverlust in der
Messampulle der Ermittlung des Verbrauchs der Mieter nicht zugrunde gelegt wird. Das Urteil entspricht wohl der
neueren Rechtsprechung des BGH, wonach es keine absolute Umlagengerechtigkeit bei der Betriebskostenabrechnung
gibt und kleinere Ungenauigkeiten in Kauf zu nehmen sind.
Steigt der Wasserverbrauch im Vergleich zum Vorjahr deutlich, hat der Vermieter nachvollziehbar darzulegen,
dass der Anstieg nicht die Ursache in seinem Verantwortungsbereich hat.
AG Lichtenberg – 10 C 24/07 – Urteil v.19.07.2007
Das Amtsgericht führt aus, dass bei einer Verdoppelung des Wasserverbrauches zum Vorjahr zunächst der Vermieter alle
in seiner Sphäre liegenden Fehlerquellen ausschließen müsse, wenn nicht ein verändertes Verbrauchsverhalten der
Mieter erkennbar sei.
Öltank-Reinigungskosten nicht umlagefähig
AG Speyer – 33 C 126/07 – Urteil v. 03.09.2007
Öl-Tankreinigungskosten sind im Wohnraummietverhältnis keine umlagefähigen Betriebskosten, sondern
Instandsetzungskosten, die – jedenfalls formularvertraglich – nicht umlagefähig sind.
zur Umlage von Wasserkosten
LG Berlin 67 S 223/06, Urteil vom 04.12.06 (GE 2007, 851)
Ist die Aufteilung der Be- und Entwässerungskosten nicht nachvollziehbar, so sind nur die Kosten des
Verbrauchs gemäß Wasserzähler zu den Tarifen der BWB umlagefähig.
Die Kammer hatte die Aufteilung der Wasserkosten für nicht nachvollziehbar erachtet, da sich bei unterschiedlichen
Berechnungen verschiedene Kubikmeterpreise ergeben hatten. Sie hat dann selbst den umlagefähigen (Mindest-) Betrag
anhand der Verbrauchszahlen des Mieters und der Wassertarife der BWB errechnet.
Nicht problematisiert hat die Kammer dabei, ob die Abrechnung der Wasserkosten wegen fehlenden,jedenfalls aber wohl
nicht hinreichend erläuterten Umlageschlüssels schon formell unwirksam sein könnte.
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Zur Umlage. von Heizkosten bei dauerhaftem Leerstand
LG Cottbus 5 S 4/05, Hinweisbeschluss vom 08.06.05 (WuM 2007, 323)
Bei dauerhaftem Leerstand habe der Vermieter zunächst eine Unterteilung der Kosten in verbrauchsabhängige und
verbrauchsunabhängige Kosten vorzunehmen. Die letzteren (hier: Grundpreis, Schornsteinfeger, Kosten der
Verbrauchserfassung, Miete der Erfassungsgeräte) werden dann nach Fläche, die ersteren entsprechend den
Bestimmungen der Heizkostenverordnung umgelegt.
5. SONSTIGES
Abrechnung durch einen Dritten
LG Kleve 6 S 205/06, Urteil vom 19.04.07 (ZMR 2007, 621)
Eine Betriebskostenabrechnung stellt keine Willens-, sondern eine Wissenserklärung dar und kann dem
Mieter deshalb auch von einem Dritten erteilt werden.
Das Landgericht folgt der herrschenden Auffassung (vgl. Schmidt/Futterer, Mietrecht, § 556 BGB, Rn. 333, m. w. N.),
wonach es sich bei einer Betriebskostenabrechnung um keine Willens-, sondern eine Wissenserklärung handele,
weshalb sie dem Mieter auch von einem Dritten (hier offenbar: Fa. techem) fristwahrend i. S. d. § 556 Absatz 3 Satz 3
BGB erteilt werden könne.
Verjährung von Betriebskostennachforderungen
LG Berlin 67 S 82/07, Hinweisbeschluss vom 26.04.07 (GE 2007, 913)
Der Nachzahlungsbetrag aus einer Betriebskostenabrechnung wird sofort
und nicht erst nach Ablauf einer
"Überlegungsfrist" fällig. Verjährungsbeginn für den Anspruch des Vermieters ist deshalb der Tag des Zugangs der
Abrechnung (Anschluss an BGH VIII ZR 78/05, Urteil vom 08.03.06).
Verjährung eines Mieteranspruchs auf Abrechnung
LG Neubrandenburg 1 T 45,103, Beschluss vom 09.09.03 (WuM 2007, 390)
Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Nebenkostenabrechnung verjährt am Ende des vierten Jahres
nach dem (kalenderjahrmäßigen) Abrechnungszeitraum.
Der Vermieter habe bei Abrechnung nach dem Kalenderjahr gemäß § 556 Absatz 3 BGB bis zum Ende des auf den
Abrechnungszeitraum folgenden Jahres abzurechnen, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss dieses
Jahres zu laufen beginne.
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fehlerhafte Ablesewerte aufgrund unrichtiger Umrechnungsfaktoren
AG Neukölln 6 C 490/05, Urteil vom 14.12.06 (GE 2007, 990)
Erweisen sich die Ablesewerte aufgrund unrichtiger Umrechnungsfaktoren als unrichtig, ist der
Nachzahlungsbetrag der Heizkostenabrechnung nicht fällig.
Vorliegend hatte allerdings ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger ganz konkret ermittelt, wie viele Einheiten denn
tatsächlich anzusetzen seien. Dies hat das Amtsgericht Neukölln aber offenbar nicht veranlasst, diese Werte zur
Grundlage einer eigenen Neuberechnung zu nehmen; es moniert vielmehr, der Vermieter habe bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung keine korrigierte Abrechnung nachgereicht.
abgelaufene Eichfristen
LG Kleve 6 S 205/06, Urteil vom 19.04.07 (ZMR 2007, 621)
Kann die vertraglich geschuldete Verbrauchabrechnung wegen abgelaufener Eichfristen der Zähler nicht
erfolgen, hat die Abrechnung nach Fläche unter 15%igem Abschlag zu erfolgen.
Den bei den Wasserkosten vorzunehmenden Abschlag setzt das Gericht mit 15% an. Langenberg (Betriebskostenrecht
der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Auflage, S. 270, Rn. 146) gehe von einem 25%igen Abschlag aus. (Anmerkung:
Langenberg hält diese Ansicht in Schmidt/Futterer, Mietrecht, Rn. 351 7.u § 556 BGB ausdrücklich nicht weiter aufrecht
und spricht sich dort jetzt auch für einen 15%igen Abschlag aus.)
abgelaufene Eichfristen (2)
AG Spandau 2b C 376/06, Urteil vom 26.07.07 (GE 2007, 1127)
Wenn der Vermieter nachweist, dass die Wasserzähler noch ordnungsgemäß funktionieren, ist er zur
verbrauchsabhängigen Wasserkostenabrechnung auch dann berechtigt, wenn die Eichfrist abgelaufen ist.
§ 2 Absatz. 1 EichG führe insoweit nur zu einer Beweislastumkehr.
Kein Anspruch des Vermieters auf Erstattung einer "Nutzerwechselgebühr"
BGH VIII ZR 19/07, Urteil vom 14. November 2007
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter von einem Mieter, der vor Ablauf der Abrechnungsperiode
auszieht, für die Zwischenabrechnung verbrauchsabhängiger Betriebskosten eine "Nutzerwechselgebühr" verlangen
kann. Dem Urteil liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte war bis zum 31. Juli 2003 Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Mit der Betriebskostenabrechnung vom 19.
Mai 2004 verlangte die Klägerin unter anderem Erstattung einer "Nutzerwechselgebühr" in Höhe von 30,74 €, die ihr
selbst von dem Abrechnungsunternehmen in Rechnung gestellt worden war. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur
Zahlung dieses Betrags verurteilt. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht die
Klage insoweit abgewiesen.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat
entschieden, dass es sich bei den Kosten des Nutzerwechsels nicht um umlagefähige Betriebskosten, sondern um –
nicht umlagefähige – Kosten der Verwaltung handelt. Nach dem Gesetz sind unter Betriebskosten nur solche Kosten zu
verstehen, die dem Vermieter durch das Eigentum an dem Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch
des Gebäudes laufend entstehen (§ 556 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die "Nutzerwechselgebühr" fällt in einem Mietverhältnis
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aber nicht in wiederkehrenden, periodischen Zeiträumen an, sondern lediglich einmal, nämlich im Zusammenhang mit
dem Auszug des Mieters. Damit hat der Vermieter die Kosten des Nutzerwechsels zu tragen, sofern die Parteien keine
anderweitige vertragliche Regelung getroffen haben.
VI. Kündigung, Beendigung
Räumungsanspruch trotz eigenmächtiger Inbesitznahme durch den Vermieter
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.09.2006, I-10 W 102/06, GE 2007, 365
Der klagende Vermieter hatte die beklagte Gewerbemieterin auf Räumung und Herausgabe der Mietsache in Anspruch
genommen, aber sich "angeblich" durch verbotene Eigenmacht bereits in den Besitz des Ladenlokals gebracht. Die
Mieterin meinte, damit entfalle das Rechtsschutzbedürfnis für den Räumungsantrag. Das OLG Düsseldorf sah dies
anders. Weder liege in der Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht eine Erfüllung des Räumungsanspruches,
noch habe die Beklagte vor Eintritt der Rechtshängigkeit auf ihren Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes
verzichtet.
Beispiele dafür, was kein Kündigungsgrund ist
LG Hamburg, Urteil vom 17.08.2006, 307 s 46/06, ZMR 2007, 199
Der klagende Vermieter hatte seinem beklagten Mieter am 22.07.2002 gekündigt aufgrund Zahlungsrückstandes, der
jedoch sich ausschließlich aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss zu Lasten des Mieters ergab.
Des weiteren hatte er wegen Zahlungsverzuges am 15.11.2005 erneut gekündigt und verfolgte nun Räumung und
Herausgabe der Mietsache. Die letzte Kündigung war auch auf ein vertragswidriges Verhalten des beklagten Mieters vom
26.03.2005 gestützt worden. Am 05.12.2005 hatte der Mieter erneut wegen Zahlungsverzuges und zwar gestützt auf
die offene Novembermiete und weitere Rückstände gekündigt. Am 04.01.2006 wurde aus den gleichen Gründen
nunmehr wegen der offenen Dezembermiete gekündigt.
Alle vier hier aufgeführten Kündigungen hielt das Landgericht als Berufungsgericht in Bestätigung der amtsgerichtlichen
Entscheidung für unwirksam. Die Kündigung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss greife nicht, weil es sich nicht um
einen Mietrückstand handele. Die nachfolgenden Kündigungen wegen Zahlungsverzuges scheiterten nach Ansicht des
Landgerichts wie auch des Amtsgerichts Hamburg darin, dass die Vorauszahlungsklausel im Mietvertrag unter § 6 im
Zusammenhang mit der Aufrechnungsklausel in § 14 Ziffer 2. und 3 des Mietvertrages sich als unwirksam erweise mit
der Folge dass die Miete nicht zum Monatsbeginn, sondern zum Monatsende fällig sei. Deswegen seien auch die
Rückstandsberechnungen falsch. Zu keinem Zeitpunkt der genannten Kündigungen habe ein zur Kündigung
berechtigender Mietrückstand bestanden.
keine Minderung einer Nutzungsausfallentschädigung nach Vertragsende bei Mängeln
OLG Düsseldorf, Urteil vom, 07.09.2006, I 10 U 30/06, GE 2007, 514
Das Gericht behandelt den Fall einer fristlosen Kündigung eines Geschäftsraummietverhältnisses wegen
Zahlungsverzuges. Die klagende Vermieterin war eine juristische Person des Privatrechts. Die betroffene Mieterin hatte
die formelle Wirksamkeit der fristlosen Kündigung angezweifelt, jedoch damals die unter Umständen fehlende Vollmacht
nicht nach § 174 BGB gerügt. Das OLG führte aus, es könne dahinstehen, ob die Unterzeichner des
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Kündigungsschreibens nach § 174 BGB bevollmächtigt waren oder nicht, denn die unverzügliche Zurückweisung gem. §
174 BGB sei unstreitig nicht erfolgt. Wenn hingegen die Unterschrift unter der Kündigung nicht von einer
zeichnungsberechtigten Person stamme, sei die Kündigung zwar wegen der fehlenden Vertretungsmacht regelmäßig
unwirksam. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft wie der Kündigungserklärung sei eine Vertretung ohne
Vertretungsmacht grundsätzlich unzulässig (§ 180 Satz 1BGB).
Allerdings finde gem. § 180 Satz 2 BGB die Vorschrift des § 177 BGB Anwendung, wonach die Wirksamkeit für und
gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung abhängt. Dies habe im vorliegenden Fall dazu geführt, dass der
Erklärungsempfänger, der nicht unverzüglich die Erklärung zurückgewiesen habe einen etwaigen Schwebezustand
bewusst oder unbewusst in Kauf nehme nämlich den, bis geklärt sei, ob die Erklärung von dem Vertretenen genehmigt
wird oder nicht. Der Erklärungsempfänger sei nach dem Normzweck des § 180 BGB weniger schutzbedürftig, wenn er
eben diesen Zustand in Kauf nehme. § 177 f. finden insoweit entsprechende Anwendung, da sie ausdrücklich nur für
Verträge gelten. Bei der Klägerin handelte es sich um einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit.
Deshalb hielt das OLG die Kündigungserklärung auch formell für wirksam. Die Genehmigung schloss es später aus dem
Verhalten des Vertretenen.
Zur materiellen Wirksamkeit der Kündigung führte das Gericht aus, dass eben bei Ausspruch der Kündigung die
Beklagte für zwei aufeinander folgende Monate mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug geraten sei und
stellte nochmals klar, dass es nicht für die Frage der Erheblichkeit auf den Rückstand des einzelnen Monats, sondern
den Gesamtrückstand ankomme.
Die Mieterseite berief sich des Weiteren darauf, dass aufgrund des aufgestellten Baugerüstes und der Beschädigung der
Toilettenschüssel hier auch für den Zeitraum nach Zugang der fristlosen Kündigung eine Minderung des
Nutzungsentgeltes gebühre. Das OLG hat dies abgelehnt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (LM Nr. 3 a zu
§ 557 BGB sowie das Urteil des OLG Düsseldorf in ZMR 2001, 447).
Danach kann sich ein Mieter, der bereits zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet ist, nicht darauf berufen, während der
Vorenthaltung sei eine weitere Verschlechterung des Mietobjekts eingetreten, die bei Fortbestehen des Mietverhältnisses
eine weitere Minderung zur Folge gehabt hätte.
Begründet wird dies auch damit, dass den Vermieter nach Mietende keine Gebrauchsüberlassungspflicht mehr treffe und
deshalb auch keine Pflichten mehr zur Mangelbeseitigung.
Das OLG versagte jedoch der Vermieterin einen Teil ihrer geltend gemachten Nutzungsentschädigung, weil diese das
Vermieterpfandrecht umfassend ausgeübte hatte. Das OLG verweist insoweit auf eigene Entscheidungen wie auch auf
das Urteil des Kammergerichts vom 14.02.2005 (DWW 2005, 199-GE 2005, 613 = NZM 2005, 422 sowie Palandt/
Weidenkaff BGB, 65. Auflage § 546 a Rdnr. 9) wegen des mit der Geltendmachung des Vermieterpfandrechts
dokumentierten fehlenden Rücknahmewillens. Daran scheitere die Nutzungsentschädigung.
Anmerkung: Das ist so nicht richtig. Man wird wohl unterscheiden müssen: Kündigt der Vermieter dem säumigen Mieter
und macht zugleich das Vermieterpfandrecht geltend, so verzichtet dieser Vermieter doch nur auf die Räumung,
hingegen nicht auf die Rückgabe. Deshalb wird man die Nutzungsentschädigung einem Vermieter, der das
Vermieterpfandrecht umfassend geltend gemacht hat, jedenfalls so lange zuzusprechen haben, wie der Mieter die nicht
beräumte Mietsache dem Vermieter zurückgibt, denn auch die nicht geräumte Mietsache wird dann eben dem Vermieter
vorenthalten.
Die Entscheidung lässt nicht erkennen, ob eine Rückgabe diesbezüglich erfolgt war. Die klagende Vermieterin hatte mit
Klageerhebung auf ihr Vermieterpfandrecht verzichtet. Deshalb sprach das OLG aus dem Auflösungsverschulden der
Vermieterin Schadensersatz zu. Auch hier ist wiederum zu unterscheiden: So lange dem Vermieter die Mietsache, ob nun
geräumt oder wegen des Vermieterpfandrechtes nicht geräumt, vorenthalten wird, trifft ihn keine Schadensminderung in
Form von Neuvermietungsbemühungen, denn er kann schlechterdings eine Sache, die er noch nicht in Besitz hat, auch
nicht zur Vermietung anbieten. Die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB kann deshalb frühestens erst mit
Rückgabe der Mietsache einsetzen. Hat der Vermieter das Vermieterpfandrecht geltend gemacht, ist er genötigt, sich zu
entscheiden, ob er die Mietsache selber räumt und zur Neuvermietung anbietet oder ob er die Neuvermietung erschwert
bzw. vereitelt, weil eben eine nicht beräumte Mietsache schlecht oder gar nicht zu vermieten ist.
RA Tobias Scheidacker
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keine Schonfristzahlung durch Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung von Vorschüssen
AG Köln, Urteil vom 24.08.2006, 222 C 142/06, ZMR 2007, 282
Dem säumigen Mieter war gekündigt worden. Im Räumungsprozess verteidigte er sich damit, dass er nach Zugang der
Kündigung zum einen einen Teil gezahlt habe und hinsichtlich der weiteren Mietzinsforderung habe er jedoch wirksam die
Aufrechnung erklärt mit seinem Rückzahlungsanspruch der von ihm für das Kalenderjahr 2004 geleisteten
Vorauszahlungen, da auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist der klagende Vermieter nicht abgerechnet habe. Im Übrigen
stünden der Vermieterin für das Jahr 2003 keine Ansprüche aus der Nebenkostenabrechnung zu, da diese fehlerhaft sei,
die für das Jahr 2004 sei verfristet.
Das Amtsgericht Köln gab dem Räumungsanspruch statt und sah demzufolge die Kündigung wegen Mietrückstandes
als wirksam an. Es setzte sich mit der Frage auseinander, inwieweit tatsächlich dem betroffenen Mieter ein
Rückforderungsanspruch hinsichtlich der für 2004 geleisteten Vorauszahlungen zur Seite stand, mit dem dann hätte eine
Aufrechnung erfolgen können. Es verwies darauf, dass der Vermieter jederzeit einem solchen Rückforderungsanspruch
mit Legung der säumigen Abrechnung entgegentreten könne. Dessen ungeachtet, sei aber weitere Voraussetzung für
den Anspruch des Mieters, dass das Mietverhältnis beendet sei. In einem laufenden Mietverhältnis sei der Mieter
hinreichend geschützt, da er nämlich die Vorauszahlungen zurückbehalten könne, um so Druck auf den mit der
Abrechnung säumigen Vermieter ausüben zu können. Da dieser Schutz des Mieters nach Beendigung des
Mietverhältnisses entfalle, werde ihm der Rückforderungsanspruch zuerkannt. Der zu beurteilende Sachverhalt weise
jedoch eine andere Konstellation auf. Dort wolle gerade der beklagte Mieter mit der Aufrechnung das Mietverhältnis
aufrechterhalten (sehr feinsinnig!). Dies sei, so das Amtsgericht Köln, keine Konstellation, in der ein
Rückforderungsanspruch zuerkannt werden könne.
keine Schonfristzahlung durch zwangsvollstreckte Zahlung aus Vorbehaltsurteil
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 10.11.2006, 518 C 284/06, ZMR 2007, 199
Die Parteien, die Kläger als Vermieter, die Beklagte als Mieterin einer Wohnung, stritten sich über die Wirksamkeit einer
fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges. Vorausgegangen war im Vorverfahren eines Urkundenprozesses die
Verurteilung der Mieterin zur Zahlung an die Vermieter und zwar in Höhe von 1.872,84 € wegen der offenen Mieten April,
Mai, Juni und Juli 2006.
Das Nachverfahren ist noch anhängig. Aufgrund des vorläufigen Zahlungsverbotes jenes Urkundsurteils leistete die
Mieterin Zahlung und glich damit sämtlichen Mietrückstand aus. Deshalb ließ sie einwenden, durch die Zahlung in der
Schonfrist sei die fristlose Kündigung unwirksam geworden, zumal es auch innerhalb der letzten zwei Jahre nicht einen
vergleichbaren Fall in ihrem Mietverhältnis gegeben habe.
Das Amtsgericht hatte sich demzufolge mit der Frage auseinanderzusetzen, ob auch eine Zahlung im Rahmen der
Zwangsvollstreckung, hier aufgrund des vorläufigen Zahlungsverbotes, den Effekt des § 569 Abs. 3 Ziffer 2 BGB auslöse.
Es verneint dies, weil die Tilgung einer Forderung im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig
vollstreckbaren Urteil nicht zur Erfüllung der Ansprüche ausreiche und verweist darauf, dass gleiches ohnehin ständige
Rechtsprechung sei, wenn der Schuldner zur Abwendung der Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil
leiste. Auch das werde grundsätzlich nicht als Erfüllung bzw. Anerkenntnis der titulierten Forderung angesehen. Die
Beklagte selbst ließ vortragen, dass jene Zahlung "zur Erledigung eines vorläufigen Zahlungsverbotes, welches die Kläger
aufgrund des im Urkundsprozess ergangenen Vorbehaltsurteils ausgesprochen hatten" erfolge. Dann aber erfolge die
Zahlung lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und könne nicht als endgültige Erfüllung gedeutet werden.
Hier gelte zusätzlich noch, dass sich die Beklagte im Urkundsverfahren ausdrücklich den Ausgang des Nachverfahrens
vorbehalten habe.
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unvollständige Schonfristzahlung (Rest: 0,25 Euro)
AG Tempelhof-Kreuzberg – 15 C 553/06 – Urteil v. 19.07.2007
Der Wohnraummieter kann eine fristlose Kündigung dadurch rückgängig machen, dass er innerhalb der
Schonfrist (spätestens zwei Monate nach Zustellung der Klage) die gesamten Rückstände tilgt. Bleibt noch
etwas offen, kann der Vermieter weiterhin Räumung verlangen.
Der Mieter hatte innerhalb der Schonfrist alle Mietrückstände bis auf 0,25 € gezahlt und wurde trotzdem zur Räumung
verurteilt. Anders wohl das Landgericht (WuM 1997, 216), das ein Räumungsverlangen bei einer Restsumme von 2,31
DM für treuwidrig ansah.
Schonfristzahlung durch Aufrechnung; inhaltliche Anforderungen an diese
OLG Celle – 2 U 9/07 – Hinweisbeschluss v. 16.02.2007
Eine unverzügliche Aufrechnungserklärung des Mieters kann nur dann zur Unwirksamkeit der fristlosen
Kündigung führen, wenn die Gegenforderung so bestimmt bezeichnet ist, dass sie der Vermieter prüfen
kann.
Die Aufrechnungserklärung des Mieters enthielt lediglich die Angabe, er habe „weit über die Mietzinsansprüche
hinausgehende Zahlungsansprüche, mit denen zunächst in Höhe der dargelegten Mietrückstände aufgerechnet werde“.
Dies sah das OLG nicht als ausreichend an.
Abriß wegen nachhaltigen Leerstands als Kündigungsgrund
LG Berlin, Beschluss vom 09.01.2007. 63 T 132/06, GE 2007, 447
Das Gebäude, in dem sich die Wohnung des beklagten Mieters befand, sollte abgerissen werden, weil nachhaltiger
Leerstand aufgrund geänderter Nachfrage vom Vermieter vorgetragen und unter Beweis gestellt wurde (es handelte sich
um einen Plattenbau).
Das Amtsgericht und auch die 63. Kammer des hiesigen Landgerichts als Berufungskammer sahen hierhin ein
berechtigtes Interesse des klagenden Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 1
Satz 1 BGB.
Würgeschlangen und Prostitution
AG Gifhorn, Beschluss vom 06.10.2006, 13 C 852/06, DWW 2007, 149
In dem Wohnungsmietvertrag war geregelt, dass grundsätzlich jede Partei eine Kündigung ohne Angabe von Gründen
vornehmen könne. Die beklagte Mieterin hielt unstreitig in der Wohnung Würgeschlangen, und zwar ohne Erlaubnis des
Vermieters. Darin sah das Gericht einen Verstoß gegen § 9 des Mietvertrages. Darüber hinaus lag wohl eine gewerbliche
Nutzung der Wohnung durch die Beklagte vor, die offensichtlich als Prostituierte ihre Dienste in der Wohnung anbot. Dies
war durch entsprechende Inserate im Internet der Klägerin bekannt gemacht worden.
Das Amtsgericht meinte nun, dass für den Fall, dass nach mietvertraglicher Lage jede Vertragspartner ohne Angabe von
Gründen den Wohnraum kündigen könne, dann das berechtigte Interesse des Vermieters überwiege, wenn der Mieter
entgegen dem Vertrag in Wohnung Würgeschlangen halte und einem Gewerbe nachgehe.
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Anmerkung: Richtigerweise hätte das Verhalten der Mieterin nach erfolgter Abmahnung zur Kündigung berechtigt, ohne
dass man auf diese wohl ohnehin unwirksame vertragliche Regelung zurückgreift. Dann kommt man aber auch nicht zu
einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Vermieters und denen des Mieters.
keine Anwesenheitspflicht des Vermieters bei Wohnungsrückgabe
AG Neustadt a.d.W., Beschluss vom 26.07.2006, 1 C 443/06 und LG Frankenthal, Beschluss vom 31.07.2006, 8 T
86/06, ZMR 2007, 276 f.
Es handelte sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Die Antragsteller waren Mieter der Wohnung des
Antragsgegners. Die Antragsteller hatten das Mietverhältnis ordentlich zum Ablauf des 31.07.2006 gekündigt. Sie stritten
jedoch schon in mehreren Rechtsstreitigkeiten vor dem Amtsgericht Neustadt wegen des Mietverhältnisses. Die Mieter
wollten nun gegen ihren Vermieter eine einstweilige Verfügung dahingehend, dass er verpflichtet wird, bei der Rückgabe
der Wohnung anwesend zu sein, um mit der beantragten Wohnungsbegehung sicher zu stellen, dass der Antragsgegner
mit Ausnahme anlässlich der Wohnungsübergabe festgestellten Mängel im Anschluss hieran keine weiteren Forderungen
mehr an die Antragsteller stellen könne. Diese äußerten den Verdacht, dass der Antragsgegner nämlich nach Erhalt der
Schlüssel Veränderungen zu Lasten der Antragsteller in der Wohnung vornehmen werde.
Die Antragsteller beriefen sich für ihre Sorge und für das Rechtsschutzbedürfnis ihrer einstweiligen Verfügung auf das
Verhalten des Antragsgegners in einem anderen Rechtsstreit, wo dieser trotz Sachverständigengutachtens die von
diesem festgestellten Mängel jedenfalls teilweise leugne.
Das Amtsgericht verneinte den Verfügungsanspruch, das Gericht verneinte aber auch ein solches Recht gegen einen
Vermieter etwa aus § 546 BGB oder etwa aus einer vertraglichen Nebenpflicht. Das Landgericht Frankenthal hat die
sofortige Beschwerde gegen den abweisenden Beschluss unter Hinweis auf die zutreffenden Gründe der
amtsgerichtlichen Entscheidung zurückgewiesen.
Verwertungskündigung / Wirtschaftlichkeitsberechnung, Anspruch an die Begründung einer Kündigung
LG Berlin, Urteil vom 24.11.2006 - 67 S 48/06 (GE 07, 659)
Für die Begründung ist es erforderlich, daß der Vermieter die erforderlichen Reparaturkosten den Abriß- und
Neubaukosten gegenüberstellt und die sich bei beiden Optionen ergebenden potentiellen Erträge nennt.
Dabei sind die beiden künftigen Lagen zu vergleichen und nicht die derzeitige Lage (nur zwei Wohnungen
vermietet) mit der geplanten.
Der Mieter von Geschäftsräumen hat kein Zurückbehaltungsrecht an der Kaution. Die Nichtzahlung der
Kaution berechtigt den Vermieter nicht ohne weiteres zur fristlosen Kündigung.
BGH, Urteil vom 21.3.2007, XII ZR 255/04
Die Kaution sollte einen Monat vor Übergabe fällig sein. Der Vermieter hatte die Mietsache nicht vertragsgerecht
angeboten und sich geweigert, Nacharbeiten vorzunehmen, der Mieter darauf die Kaution nicht geleistet und der
Vermieter sodann fristlos gekündigt.
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Kündigungsbefugnis bei Nichtzahlung der Kaution, angemessene Frist i.S.v. 314 Abs. 3 BGB
BGH, Urteil vom 21.3.2007, XII ZR 36/05
Entgegen der Begründung des KG (GE 2005, Seite 236) hält der BGH das Nichtzahlen der Kaution nicht für einen
Dauertatbestand. Er hält aber reine Frist von 4 Monaten bis zur Kündigung für „noch angemessen“ und betont dabei,
daß die Vermieterin dem Mieter entgegengekommen sei.
Teilkündigung Kellerraum / kritische Äußerungen des Mieters
LG Berlin, Urteil vom 22.10.2006, 63 S 126/06 (GE 07, 723)
a. Wird ein Kellerraum mit der Maßgabe „soweit vorhanden“ mitvermietet, stellt die anschließende faktisch
Überlassung eine Konkretisierung auf diesen Raum dar.
b. Eine Teilkündigung ist nicht wirksam, wenn der Kellerraum schlicht mit einer anderen Wohnung veräußert
werden soll. Hier wird kein „Wohnraum geschaffen“
c. Kritische Äußerungen des Mieters sind kein Kündigungsgrund, wenn die Grenze zur Schmähkritik nicht
überschritten wird.
Hinsichtlich des Kellerraumes versuchte der Vermieter eine erfolglose Teilkündigung. Offenbar gab es zwischen Mieter
und Vermieter schon länger anhaltenden Streit (und vorhergehende Gerichtsverfahren). In diesem Zusammenhang
verbreitete der Mieter auch Zettel mit der Aufschrift: „Mieter wehren sich erfolgreich. W.-Straße 25“. Das sei nicht zu
beanstanden. Wenn solche Zettel im Treppenhaus oder dem übrigen Grundstück herumlägen, sei das von
untergeordneter Bedeutung.
Inhalt einer Abmahnung
BGH – VIII ZR 281/06 – Urteil v. 13.06.2007
a. Im Fall des § 543 III 1 BGB ist neben der Fristsetzung die Androhung der außerordentlichen fristlosen
Kündigung nicht erforderlich.
b. Zur Frage, ob dann, wenn mit der Fristsetzung eine andere Maßname als die außerordentliche Kündigung,
etwa eine Ersatzvornahme oder eine Mangelbeseitigungsklage, angedroht wird, die Kündigung wegen eines
darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf der
gesetzlichen Abhilfefrist wirksam erklärt werden kann, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer neuen
Frist.
In der Wohnung war Schimmel aufgetreten. Der Mieter zeigte den Mangel an, forderte den Vermieter in einem weiteren
Schreiben unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf und kündigte an, nach Fristablauf Klage auf Mangelbeseitigung
zu erheben. Dies tat er dann nicht, sondern kündigte außerordentlich fristlos.
Der Bundesgerichtshof hielt die Kündigung für grundsätzlich gerechtfertigt. Die Androhung der Kündigung sei nach §
543 BGB neben der Fristsetzung nicht erforderlich. Ob das auch dann gelte, wenn der Mieter zunächst nur eine
Instandsetzungsklage angekündigt habe, könne offen bleiben, wenn der Vermieter den Mangel und seine Verpflichtung
zur Beseitigung bestritten habe. Dann wäre das Setzen einer neuen Frist sinnlose Förmelei.
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Fortwirken altvertraglicher Kündigungsfristen
BGH – VIII ZR 257/06 – Urteil v. 20.06.2007
Ein am 1. September 2001 bestehendes Mietverhältnis über Wohnraum, das auf bestimmte Zeit eingegangen
und bei dem vereinbart ist, dass es sich mangels Kündigung jeweils um einen bestimmten Zeitraum
verlängert, kann auch nach dem 31. August 2001 nur zu dem im Vertrag vereinbarten Ablauftermin gekündigt
werden.
Folgende Mietvertragsklauseln lagen der Entscheidung zugrunde:
§ 2 [1] Das Mietverhältnis beginnt am 1. August 1991. […] Er verlängert sich jeweils um 1 Jahr, falls er nicht mit der
gesetzlichen Frist zu seinem Ablauftermin gekündigt wird.
Die Zahlen und das Datum waren jeweils handschriftlich eingetragen. In der vorgedruckten Fußnote zu dieser
Bestimmung heißt es unter anderem:
Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt gem. § 556 BGB bei einem Mietverhältnis a) über Wohnraum: 3 Monate und
verlängert sich nach 5,8 und 10 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums jeweils um 3 Monate […].
altvertragliche Kündigungsfrist für später beigetretenen Mitmieter
BGH – VIII ZR 145/06 – Urteil v. 07.02.2007
Haben die Beteiligten nach dem 31. August 2001 den Beitritt eines weiteren Mieters zu einem im übrigen
unverändert fortbestehenden Wohnraummietvertrag vereinbart, wirkt eine vor Inkrafttreten des
Mietrechtsreformgesetzes 2001 wirksam formularvertraglich vereinbarte Regelung der Kündigungsfristen
auch gegenüber dem Beitretenden, wenn die Kündigung vor dem 1. Juni 2005 zugegangen ist.
Die Entscheidung ist auf Kündigungen vor dem 1. Juni 2005 beschränkt, weil nach Artikel 229 § 3 Abs. 10 Satz 2
EGBGB für Kündigungen, die nach dem 1. Juni 2005 zugehen, grundsätzlich nur noch die Kündigungsfrist des § 573c 1
BGB gilt.
Eigenbedarfskündigung einer GbR
BGH – VIII ZR 271/06 – Urteil v. 27.06.2007
Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist
grundsätzlich auch wegen des Eigenbedarfs eines Gesellschafters zulässig, sofern dieser bereits bei
Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter war.
Eigenbedarfskündigung einer KG
BGH – VIII ZR 122/06 – Urteil v. 23.05.2007
1. Eine Kommanditgesellschaft (KG) kann Wohnräume weder als „Wohnung für sich“ noch für Familien- oder
Haushaltsangehörige benötigen. Eigenbedarf im Sinne von § 573 II Nr.2 BGB kommt bereits begrifflich nicht
in Betracht.
2. Ein berechtigtes Interesse einer KG an der Beendigung des mit einem Betriebsfremden abgeschlossenen
Mietverhältnisses gemäß § 573 I 1 BGB besteht nur dann, wenn das Wohnen ihres Mitarbeiters gerade in
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dieser Wohnung nach seiner betrieblichen Funktion und Aufgabe für den Betriebsablauf von nennenswertem
Vorteil ist. Dies gilt auch für den Geschäftsführer der Komplementärin der KG.
Sonderkündigungsrecht einer Genossenschaft
KG – 12 U 65/06 – Beschluss v. 12.04.2007
Eine juristische Person kann sich nicht kraft Gesetzes auf das Sonderkündigungsrecht aus § 11 WoBindG
berufen; ein derartiges Kündigungsrecht ist jedoch dann vereinbart, wenn die Parteien die Geltung der
Vorschriften über die Kostenmiete (§§ 8-11 WoBindG) ihrem Mietverhältnis zugrunde gelegt haben.
Eine Genossenschaft hatte preisgebundenen Wohnraum zur Weitervermietung angemietet. Nach einer Mieterhöhung
des (Haupt-)Vermieters machte die Genossenschaft vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch. Das Kammergericht stellte
klar, dass kein Wohnraummietvertrag vorliegt, da eine Genossenschaft nicht wohnen könne. Die Parteien hätten aber die
Geltung der Vorschriften über die Kostenmiete vereinbart, weswegen auch das Sonderkündigungsrecht anzuwenden sei.
fristlose Kündigung wegen verspäteter Zahlung
LG Berlin – 29 O 95/07 – Schlussurteil v. 04.07.2007
Für eine fristlose Kündigung des Gewerberaummieters wegen wiederholt unpünktlicher Mietzahlungen kann
eine der Abmahnung folgende einzelne verspätete Zahlung ausreichen, sofern der Mieter keine
Rechtsschutzgründe hat.
fristlose Kündigung bei Gesundheitsgefährdung ohne Mängelanzeige
AG Charlottenburg – 203 C 607/07 – Urteil v.09.07.2007
Bei einer erheblichen Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilzsporen ist der Mieter auch ohne vorherige
Mängelanzeige zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Eine Mietminderung (um 100%) ist
nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter den Mangel nicht vorher angezeigt und eine Instandsetzung
verweigert hatte, weil gerade durch die Instandsetzung (z.B. Abreißen von Tapeten) eine erhöhte
Gesundheitsgefährdung zu befürchten ist.
Eigenbedarfskündigung: Anerkennung einer unzumutbaren Härte bei kranken, über 80jährigen Mietern mit
40jähriger Wohndauer.
LG Bochum 10 S 68/06, Hinweisbeschluss vorn 16.02.07 (ZMR 2007, 452 ff.)
Beide Mieter waren über 80 Jahre alt und wohnten seit mehr als 40 Jahren in der Wohnung. Die Beklagte zu 2. war
zudem fast vollständig erblindet und hatte vorgetragen, sich in einer neuen Wohnung nicht mehr zurechtfinden zu
können. Die Kammer stellte klar, dass diese Gründe jedenfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung zur Annahme einer
nicht gerechtfertigten Härte führen.
Dass der Vermieter, der die Wohnung in der Zwangsversteigerung erworben und von der Situation der Mieter keine
Kenntnis gehabt hatte, führe zu keiner anderen Beurteilung, da er damit bewusst ein Risiko eingegangen sei, dass sich
später talsächlich (zu seinem Nachteil.) realisiert habe.
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Inhalt einer Eigenbedarfskündigung
LG Hamburg 316 S 122/06, Hinweisbeschluss vom 15.12.06 (WuM 2007, 457)
Eine auf Eigenbedarf für die Tochter gestützte Kündigung ist von vorn herein nicht ausreichend begründet,
wenn in dem Kündigungsschreiben nur der Bedarf, nicht aber die bisherigen Wohnverhältnisse der Tochter
dargelegt werden.
ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs
LG Berlin 67 S 137/06, Urteil vorn 07.12.06 (GE 2007, 847)
Für eine ordentliche Kündigung reicht ein Rückstand mit einer Monatsmiete über einen halben Monat aus.
Es entspricht herrschender Ansicht, dass für eine ordentliche Kündigung jedenfalls ein Rückstand von einer vollen Miete
ausreichend ist. Unterschiedliche Auffassungen bestehen dagegen zu der Frage, wie lange ein solcher Rückstand
bestehen muss (vgl. zum Meinungsstand die Nachweise in der Urteilsbegründung). Die ZK 67 hält hier einen halben
Monat für ausreichend.
Kündigung wegen unpünktlicher Zahlung
LG Berlin 67 S 159/01, Urteil vorn 10.07.06 (NZM 2007, 564)
Hat der Vermieter den Mieter wegen mehrfacher unpünktlicher Mietzahlung abgemahnt, so begründet
bereits die erste unpünktliche Mietzahlung nach der Abmahnung eine ordentliche Kündigung.
Die Kammer hatte in einem ersten Urteil noch die Auffassung vertreten, es sei ein mindestens dreimaliger Verzug
innerhalb eines Jahres erforderlich. Dieses Urteil war auf die Revision vom BGH (NZM 2006, 338) aufgehoben worden.
fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung nur nach Abmahnung
BGH VIII ZR 182/06, Urteil vom 18.04.07 (WuM 2007, 319; GE 2007, 841)
Auch die fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung (hier. Schimmelbefall) setzt nach dem ab dem
01.09.01 geltenden neuen Mietrecht regelmäßig eine vorherige Abmahnung voraus.
Nach 544 BGB a. F. konnte der Mieter im Falle einer erheblichen Gesundheitsgefährdung grundsätzlich ohne Anzeige
und/oder Abmahnung sofort kündigen. Im neuen Mietrecht stelle die außerordentliche Kündigung, wegen erheblicher
Gesundheitsgefährdung nunmehr einen in § 569 Absatz 1 BGB besonders geregelten Unterfall der Kündigung nach §
543 Absatz 1 BGB dar, weshalb auch hier grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich sei. Hieran ändere auch
der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung ganz offenbar an der früheren
Regelung nichts ändern wollte, denn diese Intention habe im Gesetzeswortlaut selbst keinen Niederschlag gefunden.
Allerdings werde in derartigen Fällen "oftmals" eine vorherige Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 2 BGB entbehrlich
sein.
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Sonderkündigungsrecht bei Einliegerwohnung
LG Saarbrücken 13b S 112/05, Urteil vom 31.03.06 (ZMR 2007, 540)
Auf das Sonderkündigungsrecht des § 573a Absatz 1 BGB (Einliegerwohnung) kann sich der Vermieter auch
dann berufen, wenn das Haus zwar über 3 Wohnungen im Sinne der DIN 283 verfügt, er aber zwei davon
zusammen als "eine" Wohnung nutzt.
Jedenfalls im Rahmen des § 573a Absatz 1 BGB komme es nicht allein auf die Zahl der (forrnal) nach DIN 283 zu
beurteilenden Wohneinheiten an. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei diese auch dann anwendbar, wenn der
Vermieter zwei der an sich eigenständigen Wohnungen zusammen als eine Wohnung nutze.
Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes griffen vorliegend nicht, da die Parteien schon im Mietvertrag ausdrücklich
klargestellt hätten, dass "im Anwesen lediglich Vermieter und Mieter je eine Wohnungseinheit nutzen".
Soweit das LG Bremen (2 S 552/97) fordere, die beiden vom Vermieter genutzten Wohnungen müssten baulich
miteinander verbunden sein, sei dies "nicht einsichtig". Im Falle einer nach Vertragsschluss vorgenommen
(rechtsmissbräuchlichen) Veränderung des Hauses durch den Vermieter von einem Drei in ein Zweifamilienhaus sei der
Mieter durch das Rechtsinstitut des Vertrauensschutzes hinreichend abgesichert.
unwirksamer Zeitmietvertrag bindet gleichwohl den Vermieter
AG Frankfurt/Main 33 C 809/0667, Urteil vom 04.07.06 (ZMR 2007, 622)
Auf die Unwirksamkeit eines nach dem 01.09.01 formularmäßig geschlossenen Zeitmietvertrages kann sich
nur der Mieter, nicht aber der Vermieter berufen.
Mit der ganz herrschenden Auffassung geht das AG davon aus, dass der Vermieter als Verwender der Klausel sich gem.
§ 307 ff. BGB nicht auf deren Unwirksamkeit berufen könne. Unerheblich sei dabei, dass sich die personale
Teilunwirksamkeit vorliegend nicht aus § 307 ff. BGB, sondern schon aus § 575 Absatz 4 BGB ergebe.
VII. Abwicklung des Mietverhältnisses
Erstattung von Räumungskosten des Grundstückseigentümers
AG Pankow/Weißensee, Urteil vom 12.12.2006, 8 C 116/06, GE 2007, Seite 453 f.
Der Beklagte hatte sein abgemeldetes Fahrzeug auf einem privaten Parkplatz der Klägerin abgestellt. Diese hatte
mehrfach schriftlich den ihr damals noch nicht bekannten Beklagten aufgefordert, das Fahrzeug unverzüglich von dem
Grundstück zu entfernen. Dieses Schreiben hatte sie unter den Scheibenwischern des Fahrzeuges deponiert. Erst
nachdem eine gewisse Zeit verstrichen war, ließ sie dann das Fahrzeug entfernen und entsorgen. Später tauchte dann
der Beklagte auf und wies sich als Eigentümer dieses Autos aus. Nunmehr machte die Klägerin ihm gegenüber die ihr
entstandenen Kosten für die Entfernung und die Verschrottung geltend. Das Amtsgericht gab ihrer Klage statt und
bejahte auch ihr Recht zu dem hier beschriebenen Vorgehen.
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Kautionsrückzahlung / Veräußerung
BGH, Urteil vom 4.4.2007, VIII ZR 219/06 (GE 07, 718)
Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution ist nur gegen den alten Eigentümer gerichtet, wenn das
Grundstück nach Ende des Mietverhältnisses veräußert wurde.
Vorbehaltlose Abrechnung über Kaution ist negatives Schuldanerkenntnis.
AG Tiergarten 4 C 592/06, Urteil vom 16. 05.07 (GE 2007, 855)
Der Vermieter hatte nach Beendigung des Mietverhältnisses, aber noch vor Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist
vorbehaltlos über die Kaution abgerechnet. Nach Auffassung des Gerichts war er dadurch mit der späteren
Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs hinsichtlich des Zustands der Wohnung ausgeschlossen.
Verhinderung einer Kautionsauskehr von der Bank an den Vermieter durch einstweilige Verfügung
AG Bremen 4 C 166/07, Beschluss vom 18.04.07 (WuM 2007, 399)
Der Mieter kann die Auszahlung einer verpfändeten Kaution auch dann durch einstweilige Anordnung
verhindern, wenn in der Sicherungsabrede verabredet ist, dass die Auszahlung "ohne Nachweis der
Fälligkeit" zu erfolgen habe.
Diese Regelung habe nur den Zweck, das Verhältnis Vermieter / Sicherungsgeber von Auseinandersetzungen um die
Begründetheit der Forderungen des Vermieters frei zu halten, berechtige letzteren jedoch im Verhältnis zum Mieter nicht,
die Sicherheit für in Wahrheit nicht bestehende bzw. streitige Forderungen in Anspruch zu nehmen.
zulässiger jederzeitige Zugriff auf die Mietkaution bei offenen Forderungen
LG Potsdam – 11 S 192/06 – Urteil v. 21.06.2007
Haben die Parteien vereinbart, dass sich der Vermieter wegen fälliger Forderungen aus dem Mietverhältnis
jederzeit aus der Mietkaution befriedigen kann, kann der Mieter den Zugriff des Vermieters auf die als
Sicherheit verpfändete Forderung aus einem Sparkonto durch einstweilige Verfügung auch dann nicht
verhindern, wenn die Ansprüche des Vermieters streitig sind.
Der Entscheidung lag folgende Mietvertragsklausel zugrunde:
„…der Vermieter kann sich wegen fälliger Forderungen aus dem Mietverhältnis jederzeit aus der Mietkaution
befriedigen…“
Der Mieter wollte nach Beendigung des Mietverhältnisses im Wege der einstweiligen Verfügung die Auszahlung des
Kautionsguthabens an den Vermieter verhindern, da Streit über die vom Vermieter geltend gemachten Ansprüche
bestand. Das Landgericht Potsdam ist der Ansicht, dass es an einem Verfügungsgrund fehle, weil die Frage, ob und in
welcher Höhe Gegenansprüche des Vermieters bestehen, nicht im summarischen Verfahren der einstweiligen Verfügung
geklärt werden könne, sondern erst im Hauptsacheverfahren. Der Auffassung, dass sich der Vermieter nur hinsichtlich
unstreitiger Forderungen befriedigen dürfe, sei aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarungen nicht zu folgen.
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außerordentliche Kündigung einer Mietbürgschaft
KG – 12 U 193/05 – Urteil v. 26.04.2007
Die Bürgschaft für die Ansprüche aus einem befristeten Mietvertrag kann nicht außerordentlich wegen des
Eintretens besonderer Umstände gekündigt werden. Die Klageerhebung gegen den Bürgen reicht nur dann
zur Unterbrechung der Verjährung der Hauptschuld aus, wenn die Hauptschuldnerin als Rechtsperson
untergegangen ist. Dies ist bei einer infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten GmbH nicht
schon mit ihrer Auflösung, sondern erst mit der Eintragung ihres Erlöschens im Handelsregister der Fall.
Die außerordentliche Kündigung einer Mietbürgschaft wegen Eintritts besonderer Umstände kann allenfalls in Betracht
kommen, wenn die Bürgschaft einen unbefristeten Mietvertrag betrifft.
Die ordnungsgemäße Rückgabe der Wohnung erfordert die Rückgabe sämtlicher Wohnungsschlüssel.
AG Spandau, Urteil vom 31.5.2006, 3b C 1192/05 (GE 07, 718)
Der Mieter hatte möglicherweise – das war strittig – einen Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters geworfen. Das AG
erhob hierüber keinen Beweis, weil ohnedies nur bei Rückgabe aller Schlüssel die Besitzeinräumung bewirkt sei.
VIII. sonstiges
Verjährung eines Anspruchs auf Kautionszahlung gegen den Mieter
AG Charlottenburg, Urteil vom 25.10.06, 213 C 376/06, GE 2007, S. 451
Die beklagte Mieterin hatte sich mietvertraglich zur Zahlung einer Kaution in Höhe von 2.138,19 DM verpflichtet, wobei
die erste Rate am 01.10.96 fällig wurde. Die Klägerin erwarb das Grundstück am 26.11.04. Dort war unter § 11 des
Kaufvertrages ihr vom Veräußerer Vollmacht zur Wahrnehmung sämtlicher Vermieterrechte eingeräumt worden.
Sie wurde am 11.05.05 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Nun forderte sie von der Beklagten die bisher nicht
gezahlte Kaution. Diese berief sich auf Verjährung.
Das Amtsgericht entschied, dass der Anspruch verjährt sei. Er unterliege der Verjährung im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB.
Die Klägerin hatte eingewandt, ein Mieter sei ja dazu verpflichtet, die Mietsicherheit wieder aufzufüllen, wenn sich der
Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses berechtigterweise aus der Mietsicherheit befriedige. Das ließ das
Amtsgericht nicht gelten. Das Beispiel der Klägerin würdigte es so, dass damit nicht etwa der alte Anspruch auf Stellung
der Mietsicherheit auflebe, sondern vielmehr ein neuer Anspruch auf Ergänzung der Sicherheit, der wiederum einer
eigenen Verjährungsfrist unterliege, entstünde. Zwar ist nicht expliziert in der abgedruckten Entscheidung erkennbar, ab
wann das Gericht den Verjährungsbeginn unterstellte, hier darf aber wohl unterstellt werden, dass mit Fälligkeit der
jeweiligen Rate auch die Verjährungsfrist beginnt.
Bislang gab es auch Meinungen, die unterstellten, dass während des laufenden Mietverhältnisses eine Verjährungsfrist
nicht ausgelöst wird. So ist vielfach entschieden worden, dass ein Vermieter ohne weiteres auch noch nach Beendigung
des Mietverhältnisses die Mietsicherheit vom Mieter verlangen könne, ohne diesen Verjährungsgedanken anzusprechen.
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kein Regreß des Gebäudeversicherers gegen den Mieter bei Fahrlässigkeit
BGH, Urteil vom 20.12.2006 – VIII ZR 67/06 (NZM 07,340)
Der Gebäudeversicherer hat keinen Regreßanspruch gegen einen Mieter wegen eines von diesem mit
einfacher Fahrlässigkeit verursachten Brandes. Das gilt auch dann, wenn der Mieter eine an sich
einstandspflichtige Haftpflichtversicherung hat.
Das Ergebnis rechtfertigt sich aus einer ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrages, die der BGH vornimmt. Der
Mieter soll nicht für die Gebäudeversicherung im Rahmen der Betriebskosten zahlen müssen, dann aber von deren
Vorteilen nicht profitieren, weil er die Versicherung freistellen muß.
Heizthermenwartung als Kleinreparatur
AG Hannover – 528 C 3281/07 – Urteil v. 28.06.2007
Die Beseitigung einer Störung in der Heiztherme der Mietwohnung ist keine Kleinreparatur, deren Kosten
aufgrund einer Kleinreparaturenkostenklausel vom Mieter zu tragen wäre.
Tierhaltung
LG Krefeld, Urteil vom 8.11.2006, - 2 S 46/06 (ZMR 07,375)
Sieht der Mietvertrag vor, daß die Tierhaltung von der Erlaubnis des Vermieters abhängt, hat der Vermieter
ein freies Ermessen, ob er erlaubt. Der Vermieter kann die im Haus lebenden Mieter gegebenenfalls
unterschiedlich behandeln.
Vorliegend hieß es im Mietvertrag, die Genehmigung sei erforderlich. Sie könne widerrufen werden, wenn sich
Belästigungen herausstellten. Daraus schloß das Gericht, daß die erstmalige Zustimmung nicht an Bedingungen
geknüpft sei. Andere Mieter im Haus hätten bereits bei Vertragschluß Tiere gehabt, die Genehmigungen lägen auch
schon länger zurück.
Tierhaltung (2)
BGH VIII ZR 340/06 (Urteil vom 14. November 2007)
Die Klausel in einem formularmäßigen Wohnungsmietvertrag "Jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden
und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf der Zustimmung des Vermieters." hält der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
Die Beantwortung der Frage, ob die Haltung von Haustieren in dem Fall, dass eine wirksame mietvertragliche
Regelung fehlt, zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört, erfordert, soweit es
sich nicht um Kleintiere handelt, eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters
sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall
vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich
jede schematische Lösung verbietet.
Diese Klausel, nach deren Satz 1 jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln
und Zierfischen, der Zustimmung des Vermieters bedarf, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den
Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das gilt unabhängig davon, ob nach
der Klausel die Zustimmung zur Tierhaltung des Mieters, wie vom Berufungsgericht angenommen, im freien Ermessen
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des Vermieters steht oder ob dieser seine Zustimmung nur aus sachlichen Gründen versagen darf. Diese Frage kann
daher offen bleiben.
Die unangemessene Benachteiligung des Mieters ergibt sich daraus, dass eine Ausnahme von dem
Zustimmungserfordernis nur für Ziervögel und Zierfische besteht, hingegen nicht für andere Kleintiere wie etwa Hamster
und Schildkröten. Das Berufungsgericht hat die Klausel zwar nicht so verstanden, sondern ist – beiläufig und ohne
Begründung – davon ausgegangen, dass sich die Ausnahme auf "Kleintiere wie Ziervögel und Zierfische" erstrecke.
Diese Auslegung, die wegen der Verbreitung derartiger mietvertraglicher Tierhaltungsklauseln über den Bezirk des
Berufungsgerichts hinaus der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, findet jedoch in dem
eindeutigen Wortlaut der Klausel ("mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen") keine Grundlage und ist deshalb
rechtsfehlerhaft.
Wie der Senat bereits entschieden hat, hält eine mietvertragliche Klausel, die das Halten von Haustieren ausnahmslos
verbietet, einer Inhaltskontrolle nicht stand, da das Verbot danach auch Tiere erfasst, deren Vorhandensein von Natur
aus – wie es etwa bei Zierfischen im Aquarium der Fall ist – keinen Einfluss auf die schuldrechtlichen Beziehungen
zwischen Vermieter und Mieter von Wohnraum haben kann. Nichts anderes gilt für eine Klausel, die, wie die hier in Rede
stehende, durch das Erfordernis der Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung des Mieters ein Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt begründet. Auch eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen, wenn sie keine
Ausnahme für Haustiere vorsieht, deren Haltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört, weil davon in
der Regel – in Ausnahmefällen kann der Vermieter auf Unterlassung klagen – Beeinträchtigungen der Mietsache und
Störungen Dritter nicht ausgehen können.
Das ist nicht nur bei den in der hier streitigen Klausel aufgeführten Ziervögeln und Zierfischen, sondern auch bei anderen
Kleintieren der Fall, die, wie etwa Hamster und Schildkröten, ebenfalls in geschlossenen Behältnissen gehalten werden.
Daher ist ein formularmäßiges Tierhaltungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt, das wie die hier in Rede stehende Klausel eine
Ausnahme nur für Ziervögel und Zierfische, hingegen nicht für andere Kleintiere vorsieht, unwirksam.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht dann gerechtfertigt, wenn die Zustimmung zur Tierhaltung entgegen der
Auslegung des Berufungsgerichts nicht im freien Ermessen des Vermieters steht, sondern von diesem nur aus
sachlichen Gründen versagt werden darf. In diesem Fall ist zwar eine Versagung der Zustimmung zur Haltung von
anderen Kleintieren als Ziervögeln und Zierfischen ausgeschlossen, weil von diesen Tieren Beeinträchtigungen der
Mietsache und Störungen Dritter nicht ausgehen können. Ungeachtet dessen ist die Klausel dann jedoch unwirksam,
weil sie nicht klar und verständlich ist. Die Klausel bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, dass die Zustimmung zur Haltung
von anderen Kleintieren als Ziervögeln und Zierfischen nicht versagt werden darf, weil es hierfür keinen sachlichen Grund
gibt. Deswegen besteht die Gefahr, dass der Mieter insoweit unter Hinweis auf die Klauselgestaltung von der
Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Dies stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.
Fehlt es wie hier an einer wirksamen Regelung der Tierhaltung im Mietvertrag, ist allein die gesetzliche Regelung
maßgebend. Insoweit ist in Rechtsprechung und Schrifttum streitig, ob – abgesehen von Kleintieren – die Haltung von
Haustieren, namentlich von Hunden und Katzen, in Mietwohnungen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. Gemäß
anderer Auffassung ist es dagegen zu verneinen; danach ist die Haltung von Haustieren nur mit der Erlaubnis des
Vermieters zulässig, auf die kein Anspruch besteht, deren Versagung aber im Ausnahmefall treuwidrig sein kann. Nach
einer vermittelnden Ansicht ist die Frage der Zulässigkeit der Tierhaltung im Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen zu entscheiden.
Die letztgenannte Ansicht ist richtig. Die Beantwortung der Frage, ob die Haltung von Haustieren in dem hier gegebenen
Fall, dass eine wirksame mietvertragliche Regelung fehlt, zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, erfordert eine
umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung
lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so
individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet. Zu berücksichtigen sind insbesondere
Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich
die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner
und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere
Bedürfnisse des Mieters.
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kein Aufwendungsersatz des Mieters bei nur ihm dienenden Investitionen in die Mietsache
BGH – VIII ZR 387/04 – Urteil v. 13.06.2007
Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages, dass der Mieter an der Mietsache Veränderungen vornehmen
darf, die ausschließlich in seinem Interesse liegen, kann von einem stillschweigenden Einverständnis der
Parteien ausgegangen werden, dass der Mieter hierfür keinen Aufwendungsersatz beanspruchen kann.
Im Mietvertrag über ein Einfamilienhaus war geregelt, dass der Mieter die zum Gebäude gehörenden Freiflächen nach
individuellen Wünschen und in Abstimmung mit dem Grundstücknachbarn gestalten darf. Zudem war hinsichtlich
baulicher Veränderungen im Haus geregelt, dass der Mieter die Einbauten gegen angemessene Werterstattung an den
Vermieter übergibt oder entfernt. Der BGH stellte klar, dass es sich bei Anpflanzungen nicht um bauliche Veränderungen
handele, da darunter nur Veränderungen am Baukörper der Wohnung zu verstehen seien.
Wegfall von Schadensersatzansprüchen nach Verkauf der Immobilie
OLG Brandenburg – 3 U 167/07 – Beschluss v. 16.07.2007
Der Schadenersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache erlischt, wenn der Eigentümer/Vermieter
sein beschädigtes Hausgrundstück veräußert, bevor er den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag
erhalten hat.
Der Beklagte mietete eine Lagerhalle zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Nach Rückgabe der Mietsache stellte der
Vermieter/Eigentümer Schäden fest und machte zum einen Reparaturkosten geltend und verlangte zum anderen
Feststellung, dass der Beklagte weitere materielle Schäden zu ersetzen habe. Noch vor Schluss der mündlichen
Verhandlung vor dem LG veräußerte der Kläger das Grundstück, woraufhin das LG die Klage abwies, weil der Kläger
nicht mehr Anspruchsinhaber sei. Vielmehr sei der Erwerber in das mietrechtliche Abwicklungsverhältnis eingetreten.
Das OLG Brandenburg bekräftigte diese Auffassung und stellte klar, dass der Schadenersatzanspruch aus § 249 BGB
erlösche, wenn der Eigentümer sein beschädigtes Hausgrundstück veräußere, bevor er den zur Herstellung
erforderlichen Geldbetrag erhalten habe. Den neuen Vortrag in der Berufungsinstanz auf Zahlung des Mindererlöses beim
Grundstücksverkauf wies das OLG wegen Verspätung zurück.
keine Versorgungspflicht nach Vertragsende
KG – 8 U 49/07 – Urteil v. 06.09.2007
Jedenfalls bei einem Geschäftsraummietverhältnis endet die Verpflichtung des Vermieters zur Versorgung
des Mieters mit Heizwärme nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses.
Die Unterbrechung der Heizung nach fristloser Kündigung des Gewerberaummietverhältnisses wegen Mietrückstands ist
keine verbotene Eigenmacht.
Versorgungssperre nach Vertragsende auch bei Wohnraum zulässig
AG Hohenschönhausen 9 C 120/07, Beschluss vom 10.07.07 (GE 2007, 1127)
Nach Beendigung des Mietverhältnisses darf (auch) der Vermieter von Wohnraum die Wasserversorgung
unterbrechen.
Nach Beendigung des Mietverhältnisses sei der Mieter nicht mehr zum Gebrauch der Mietsache berechtigt, weshalb
auch eine solche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs sanktionslos bleiben müsse.
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zum Vermieterpfandrecht
OLG Brandenburg – 3 W 20/07 – Beschluss v. 18.07.2007
a. Kann der über Art und Umfang der eingebrachten Sachen nicht informierte Vermieter diese in seinem
Antrag nicht hinreichend bezeichnen, kann er den Mieter – auch im einstweiligen Verfügungsverfahren – auf
Auskunft in Anspruch nehmen.
b. Eine einstweilige Verfügung auf Zurückschaffung von dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen
auf das vermietete Grundstück kommt wegen unzulässiger Vorwegnahme nicht in Betracht.
c. Nach Auszug des Mieters hat der Vermieter im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes allenfalls Anspruch
auf Überlassung der zurückzuschaffenden Sachen an einen Sequester.
keine Räumungsfrist ohne Nutzungsentschädigung
LG Berlin – 65 T 65/07 – Beschluss v. 07.05.2007
Zahlt der Mieter auch nach Erlass eines Räumungsurteils keine Nutzungsentschädigung, kommt eine
Räumungsfrist nur im Ausnahmefall in Betracht. Dass noch zahlreiche Familienangehörige von der Räumung
betroffen sind, reicht nicht aus.
Verwalterhaftung wegen unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
KG – 3 U 3/06 – Urteil v. 13.10.2006
Der Hausverwalter haftet einem Vermieter auf Schadenersatz, wenn er einen Mietvertrag mit einer nach der
Rechtsprechung des BGH unwirksamen Schönheitsreparaturenklausel abschließt.
Verwalterhaftung bei unterlassener Bonitätsprüfung von Mietinteressenten
AG Lichtenberg – 3 C 19/07 – Urteil v. 18.07.2007
Ein Hausverwalter handelt pflichtwidrig, wenn er bei der Vermietung einer Wohnung nicht die Bonität des
künftigen Mieters prüft. Entsteht wegen Zahlungsunfähigkeit des neuen Mieters ein Mietrückstand, kann
dieser vom Wohnungseigentümer gegen den Hausverwalter als Schaden nur dann geltend gemacht werden,
wenn auch die Kausalität hinreichend dargelegt und bewiesen wird. Dazu gehört der Vortrag, dass bei
ordnungsgemäßer Verwaltung anderweitig an einen solventen Mieter hätte vermietet werden können.
gesetzliches Vorkaufsrecht des Mieters nach Umwandlung
BGH V ZR 269/06, Urteil vom 22.06.07 (GE 2007, 1115)
Das Vorkaufsrecht des § 577 Absatz 1 Satz 1 BGB besteht nur beim ersten Verkauf. Auf nachfolgende
Verkäufe erstreckt es sich auch dann nicht, wenn beim ersten Verkauf keine Möglichkeit zur Ausübung des
Rechts bestand, weil an einen Familienangehörigen verkauft wurde, bzw. wenn im Rahmen desselben die
Wohnung zusammen mit mehreren anderen "en bloc" verkauft wurde.
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Beginn der strafrechtlichen Verjährungsfrist wegen Untreue (nicht getrennte Kautionsanlage)
OLG Zweibrücken 1 Ws 47/07 Beschluss vom 08.03.07 (GE 2007, 844)
Die strafrechtliche fünfjährige Verjährungsfrist für Untreue wegen pflichtwidrig unterlassener Anlage der
Kaution getrennt vom Vermögen beginnt erst mit Beendigung der Vermögensgefährdung
(Rückzahlungsanspruch des Mieters).
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Anklageerhebung u.a. mit der Begründung abgelehnt, die Tat sei bereits mit der
Einverleibung der Kaution in das eigene Vermögen vollendet und deshalb im Zeitpunkt der Entscheidung über die
Anklage schon verjährt gewesen.
Der Senat weist darauf hin, dass er hinsichtlich der Verjährung nicht auf die Vollendung, sondern auf die Beendigung der
Tat ankomme. Und ob und in welcher Höhe sich durch die Nichtanlage der Kaution die Vermögensgefährdung realisiere,
zeige sich nicht zuletzt wegen der Frage etwaiger Einbehalte von der Kaution bzw. der anfallenden Zinsen erst im
gesamten Zeitraum bis zur Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs.
Mietempfangsberechtigter bei beginnender Zwangsverwaltung
LG Berlin 62 S 6 1?'07, Urteil vom 07.05.07 (GE 2007, 1121)
Nach Anordnung der Zwangsverwaltung kann der Mieter bis zum Zeitpunkt positiver (= tatsächlicher) Kenntnis von der
Zwangsverwaltung noch schuldbefreiend an den Eigentümer leisten; der bloße Zugang der Mitteilung des
Zwangsverwalters über die Beschlagnahme reiche insoweit nicht aus.
Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 22 Absatz 2 Satz 2 ZVG, der verlangt, dass die Beschlagnahme dem
Drittschuldner "bekannt" werden muss.
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