Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht

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Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
GesKR3
396
2014
Daniel Daeniker*
Case Watch
Fraud on the Market:
ökonomische Theorien vor Gericht
Bemerkungen zum Urteil des U.S.-amerikanischen Supreme Court
in Sachen Halliburton Co. v. Erica P. John Fund, Inc.
Inhaltsübersicht
I.Einleitung
II. Etwas Mikroökonomie
1. Information und Informationsverarbeitung im Kapitalmarkt
2. Die Efficient Capital Market Hypothesis (ECMH)
2.1Grundlagen
2.2Kritik
III. Fraud on the Market vor den U.S.-Gerichten
1. Annäherung ans Thema
2. Leading Case Basic, Inc. v. Levinson
2.1Sachverhalt
2.2 Urteil des Supreme Court
2.3Nachwehen
3. Halliburton Co. v. Erica P. John Fund, Inc.
3.1Sachverhalt
3.2Prozessgeschichte
3.3 Urteil des Supreme Court
IV. Fraud on the Market im schweizerischen Recht
1. Haftung für falsche Information am ­K apitalmarkt
1.1Prospekthaftung
1.2 Haftung für falsche oder unterlassene
­Ad-hoc-Publizität?
2.Kasuistik
2.1 Hôtel de la Paix (BGE 47 II 272 ff.)
2.2 Rheintalische Gas-Gesellschaft (BGE 113 II 283 ff.)
2.3 Biber Holding AG (BGE 131 III 306 ff.)
2.4 Miracle Holding AG (BGE 132 III 715 ff.)
3.Würdigung
I.Einleitung
Am Kapitalmarkt werden Effekten gehandelt, die keine
Anschauung über das zugrunde liegende Unternehmen
und dessen Effekten vermitteln. Bewertet werden diese
Titel aufgrund öffentlich vorhandener Informationen
über das Unternehmen, seine Bonität und Entwicklungsaussichten sowie die Eigenschaften der fraglichen Papiere. In diesem Kontext entstand in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts die Efficient Capital Market Hypothesis
(ECMH), eine Theorie, wonach Kapitalmärkte zeitnah
und akkurat alle öffentlich vorhandenen Informationen
*
Dr. iur. Daniel Daeniker, LL.M., Rechtsanwalt, Lehrbeauftragter an
der Universität Zürich.
im Börsenkurs der von einem Unternehmen ausgegebenen Effekten verarbeiten.
Wer in Verletzung einer Rechtspflicht falsch informiert,
muss unter Umständen den geschädigten Anlegern Schadenersatz leisten. Doch welche Anleger sind geschädigt?
Falsch oder irreführend informiert wurden alle Marktteilnehmer; müssen die betroffenen Investoren im Einzelfall aber auch beweisen, dass sie sich auf die falschen
Informationen verlassen haben?
In den USA wurde aus der ECMH die Fraud on the
Market-Theorie abgeleitet. Dieser Theorie zufolge ist ein
Unternehmen, das am Kapitalmarkt falsch oder verspätet informiert, im Grundsatz allen Anlegern gegenüber
schadenersatzpflichtig, die im fraglichen Zeitraum Effekten gekauft oder verkauft haben. Der Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis – der falschen
oder unterlassenen Information – und Schaden wird
damit vermutet. Diese Theorie ist vor einigen Wochen
vom U.S.-amerikanischen Supreme Court im Entscheid
Halliburton Co. v. Erica P. John Fund, Inc.1 hinterfragt,
aber im Ergebnis bestätigt worden. Davon sei in diesem
Aufsatz die Rede2.
Zunächst gehe ich auf die wirtschaftlichen Grundlagen
der Fraud on the Market-Theorie ein (II.). Sodann soll
die Rezeption der Theorie durch die U.S.-amerikanischen Gerichte skizziert werden (III.). Schliesslich sei
ein Vergleich mit der schweizerischen Gerichtspraxis erlaubt. Teilweise folgen die Schweizer Gerichte ähnlichen
Überlegungen wie die U.S.-amerikanischen, allerdings
eher aus pragmatischen Überlegungen als aufgrund der
Auseinandersetzung mit ökonomischen Lehren (IV.).
1
2
Halliburton Co. et al. v. Erica P. John Fund, Inc., formerly known
as Archdiocese of Milwaukee Supporting Fund, Inc., Urteil 23-013
vom 23. Juni 2014 (Zitate in diesem Artikel beziehen sich auf den
online veröffentlichten Separatdruck [Slip Opinion]).
Einmal mehr bin ich Dr. Stefan Waller zu Dank verpflichtet, für
die Durchsicht dieses Aufsatzes ebenso wie für mehr als 15 Jahre
Diskussionen zum Kapitalmarktrecht.
II. Etwas Mikroökonomie
1.
Information und Informationsverarbeitung
im Kapitalmarkt
Zur Beurteilung der Werthaltigkeit und der Risiken einer Kapitalanlage sind umfangreiche Informationen
über den Emittenten und die emittierten Effekten erforderlich. Je umfassender die Informationen sind, und je
schneller die Marktteilnehmer darauf reagieren – durch
Zukäufe bei positiven Unternehmensinformationen
bzw. Verkäufe bei negativen Ereignissen, mit denen die
Marktteilnehmer nicht gerechnet hatten –, umso wirklichkeitsnaher wird der Kurs der entsprechenden Kapitalanlage gebildet3.
Information kommt dann der grösste Wert zu, wenn nur
wenige Marktteilnehmer darüber verfügen, diesen Informationsvorsprung ausnützen können und auch dürfen4. Je mehr Personen von einer kursrelevanten Tatsache wissen, um so weniger ist die Information wert; ist
die Nachricht einmal allgemein bekannt, hat sie keinen
unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen mehr. Alsdann
kommt die Information allen Marktteilnehmern gleichermassen zugute und wird zum öffentlichen Gut5.
2.
Die Efficient Capital Market Hypothesis
(ECMH)
2.1Grundlagen
Das Zusammenspiel zwischen Informationen und der
Bewertung von Effekten wurde schon früh im 20. Jahrhundert erkannt. Bereits in den 1930er- und 1940er-Jahren postulierte der U.S.-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Cowles, dass es für einen professionellen
Anleger grundsätzlich unmöglich sei, bessere Renditen
zu erzielen als der Gesamtmarkt6. Die theoretische Erklärung für dieses Phänomen lieferte in den 1960er-Jah-
ren Fama7, damals Doktorand an der Chicago School of
Business und 2013 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft
ausgezeichnet. Wegweisend für die juristische Aufarbeitung der ECMH ist ein Aufsatz von Gilson und
Kraakman aus dem Jahre 1984 8.
Die ECMH postuliert, dass in einem funktionierenden
Kapitalmarkt alle über ein Unternehmen oder eine Effekte öffentlich vorhandenen Informationen unverzüglich im Kurs verarbeitet werden9. Dabei werden die
Einschätzungen und Erwartungen sämtlicher Marktteilnehmer zu einem einzigen Preis (Kurs) aggregiert10.
Im Ergebnis geht die Theorie davon aus, dass öffentlich
verfügbare Informationen schneller im Börsenkurs verarbeitet werden, als Anleger darauf reagieren können.
Damit wäre es grundsätzlich unmöglich, aufgrund öffentlicher Informationen überdurchschnittliche Erträge
zu erzielen11, genau wie es Cowles und später Samuelson postuliert hatten12.
Gewisse Beobachter gingen sogar einen Schritt weiter und zogen aus den Erkenntnissen der ECMH den
Schluss, dass der Kurs einer Effekte stets auch eine korrekte Risikobeurteilung erlaube. Der korrekt gebildete
Preis einer Kapitalanlage käme damit deren Wert gleich:
«A (perfect) efficient market is one in which every security´s price equals its investment value all the
times.»13
Würde dies zutreffen, so wären die Kapitalmärkte nicht
nur informations-, sondern auch bewertungseffizient14.
Die Erfahrungen (nicht nur) der letzten Finanzmarktkrise zeigen indes, dass die Auswirkung der ECMH auf die
Finanzmärkte überschätzt wurde15.
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6
Frank Easterbrook/Daniel Fishel, The Economic Structure of
Corporate Law, Cambridge (U.S.A.)/London 1991, 253 ff., 286 f.;
Daniel Daeniker, Anlegerschutz bei Obligationenanleihen, Diss.
Zürich 1992, 8 f.
Vor allem die Vorschriften zum Insiderhandel stehen der Ausnützung der Kenntnis kursrelevanter Informationen entgegen. Der
altrechtliche Straftatbestand (Art. 161 altStGB) wurde kürzlich ins
Börsengesetz (BEHG) überführt (Art. 40 BEHG); zudem wurde
ein neuer Art. 33e BEHG geschaffen, der das Ausnützen von Insiderinformationen nunmehr auch aufsichtsrechtlich sanktioniert
(vgl. Rolf H. Weber, Börsenrecht – Kommentar, 2. Aufl., Zürich
2013, N 1 ff. zu Art. 33e BEHG).
Daniel Daeniker/Emanuel Dettwiler, Selektive Information
von Grossaktionären: Aktien-, Kapitalmarkt- und strafrechtliche
Aspekte, in: Festschrift für Rolf H. Weber, Bern 2011, 20 ff., 21
m.w.N.
Alfred Cowles, Can Stock Market Forecasters Forecast?, in:
Econometrica 1 (1933), 309-324; Ders., Stock Market Forecasting,
in: Econometrica 12 (1944), 206 ff.; später auch Paul Samuelson,
Proof that properly anticipated prices fluctuate randomly, Indus­
trial Management Review 6/1965, 44 ff.
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Eugene Fama, The Behavior of Stock Market Prices, Journal of
Business 38 (1965), 34 ff.; Ders., Random Walks in Stock Market
Prices, The Financial Analyst’s Journal (1965), 55 ff.; Ders., Efficient Capital Markets: A Review of Theory and Empirical Work,
Journal of Finance 25 (1970) 383 ff., 388.
Ronald J. Gilson/Reinier H. Kraakman, The Mechanisms of
Market Efficiency, Virginia Law Review 70 (1984), 549 ff.
So beschrieben, handelt es sich um die sog. halbstarke Form der
ECMH (vgl. Die in FN 7 und 8 zitierten Autoren sowie Michael
Jensen, Some Anomalous Evidence Regarding Market Efficiency,
in: Journal of Financial Economics 6 (1978), 95 ff.; Ronald J. Gilson/Reinier H. Kraakman, Market Efficiency after the Financial
Crisis: It’s still a Matter of Information Costs, Virginia Law Review
100 (2014), 314 ff., 321).
Vgl. dazu etwa Markus Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen
eines Rechts der Publikumsgesellschaft, Habil. Zürich 2000, 371 f.
m.w.N.
Geoffrey N. Gordon/Lewis A. Kornhauser, Efficient Markets,
Costly Information and Securities Research, New York University
Law Review 60 (1985), 761 ff., 770; Rolf Watter, Prospekt(haft)
pflicht heute und morgen, AJP 1 (1992), 48 ff., 49; Daeniker, Anlegerschutz (FN 3), 9.
Vgl. vorne, Fn. 6.
W.F. Sharpe/G. L. Alexander/J.V. Bailey, Fundamentals of Investments, 1995 (Zitat aus http:// finance.wiwi.tu-dresden.de/Wikifi zum Stichwort «Markteffizienz (Kapitalmarkt)»).
A.v. Patrick Bolton/Frédéric Samana, L-Shares: Rewarding
Long-term Investors, ECGI Finance Working Paper No. 342/2013,
4 m.w.N.
Dazu hinten, FN 18 und 19.
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2.2Kritik
Perfekte Märkte sind ausschliesslich in den Lehrbüchern
der Nationalökonomie zu finden16. Die über ein Unternehmen oder eine Effekte vorhandenen Informationen
können naturgemäss nie vollständig sein; soweit Informationen auf Prognosen und Schätzungen beruhen, können sie darüber hinaus schlicht falsch sein.
Schon früh wurde daher Kritik an der ECMH geübt, nicht
zuletzt, weil am Kapitalmarkt Anomalien anzutreffen
waren, die trotz aller gegenteiligen Theorien überdurchschnittliche Erträge versprachen. Dafür gibt es nicht nur
kartesianische Erklärungen: Vertreter der Behavioral
­Finance-Theorie wiesen darauf hin, dass Investoren immer wieder in nicht vorhersehbarer Weise – zuweilen geradezu irrational – handeln, sei es aufgrund Herdentriebs
oder Gruppendenken, sei es aufgrund falscher Analysen
vorhandener Daten oder aus anderen Gründen17.
Nach der Finanzkrise von 2008 wurde die ECMH für
das Versagen der Märkte verantwortlich gemacht18. Die
Kritiker verkannten allerdings, dass die ECMH nur postuliert, Informationen würden richtig verarbeitet. Die
Urheber der ECMH haben nie behauptet, die Anwendung ihrer Hypothese führe automatisch dazu, dass Kapital dahin fliesst, wo es den besten Ertrag verspricht19.
Selbst wenn der Kapitalmarkt informationseffizient ist,
reflektiert der Kurs einer Anlage also nicht ohne Weiteres ihren fundamentalen Wert20.
Eine Erkenntnis der ECMH steht allerdings auch nach
der Krise: Märkte verarbeiten Informationen, die über
ein Unternehmen oder eine Effekte öffentlich vorhanden
sind; und je schneller und genauer diese Informationen
verarbeitet werden, umso weniger kann der Anleger mit
einem Informationsvorsprung überdurchschnittliche Erträge erzielen21.
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21
So bereits 1989 das Eidgenössische Finanzdepartement im Bericht
der Studiengruppe über das Börsenwesen, S. 9.
Donald Langevoort, Taming the Animal Spirits of the Stock
Markets: A Behavioral Approach to Securities Regulation, Northwestern University Law Review 97 (2002) 135 ff., 141; Ronald
Gilson/Reinier Kraakman, The Mechanisms of Market Effi­
ciency Twenty Years Later: The Hindsight Bias, Harvard Law
School Discussion Paper No. 446, 2003, 11 ff.; Frederik Dunbar/
Dana Heller, Fraud on the Market Meets Behavioral Finance, 31
Delaware Journal of Corporate Law 31 (2006) 455 ff., 476.
Joe Nocera, Poking Holes in a Theory on Financial Markets, New
York Times online, 5. Juni 2009; Justin Fox, The Myth of a Rational Market, New York 2010, 247 ff.
Gilson/Kraakman (FN 9), 317 und 321 Anm. 16; Ray Ball: The
Global Financial Crisis and the Efficient Market Hypothesis: What
Have We Learned?, Journal of Applied Corporate Finance, Vol. 21
No. 4 (2009), 8 ff.; Burton Malkiel, The Efficient-Market Hypothesis and the Financial Crisis, in: Solow et al. (Hrsg.), Rethinking the Financial Crisis, New York 2012, 75 ff.
Ausführlich Ruffner (FN 10), 368 ff.
Die empirische Evidenz scheint dies nach wie vor zu stützen (Interview mit Eugene Fama, Neue Zürcher Zeitung vom 9. November
2013, elektronische Ausgabe).
Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
III. Fraud on the Market vor den
U.S.-Gerichten
1.
Annäherung ans Thema
Das Common Law kennt, wie auch andere Rechtsordnungen22, nur unter eng umschriebenen Voraussetzungen eine allgemeine Haftung für falsche Auskunft. Ursprünglich wurde eine Reliance vorausgesetzt, um die
Haftpflicht zu begründen: Nur wenn der Informationsempfänger aufgrund einer rechtlichen Sonderverbindung
zum Urheber berechtigt war, auf die falsche Auskunft zu
vertrauen, kam eine Haftung in Frage23.
Den Erkenntnissen der ECMH lässt sich wie gezeigt
entnehmen, dass «der Markt» alle Informationen zeitnah verarbeitet. Wenn ein Unternehmen von sich aus
die Marktteilnehmer über gewisse Ereignisse orientiert,
muss es auch davon ausgehen, dass die Anleger der Richtigkeit dieser Information vertrauen und gestützt darauf
Dispositionen treffen. Heisst das nun aber auch, dass
sich alle Marktteilnehmer auf Reliance berufen können,
ohne dass eine rechtliche Sonderverbindung zwischen
dem Unternehmen als potenziellem Schädiger und dem
Anleger nachgewiesen werden muss?
Für diese Fragestellung fielen die Erkenntnisse der
ECMH bei den U.S.-amerikanischen Gerichten auf
fruchtbaren Boden. Rechtstechnisch gesprochen, machte die ECMH den Nachweis der Kausalität zwischen
Falschinformation und Schaden überflüssig. Stattdessen galt der Grundsatz, dass jede Falschinformation des
Marktes im Ergebnis gleich zu behandeln sei wie die
falsche Auskunft gegenüber einer realen Gegenpartei.
Die Falschinformation stelle nämlich eine betrügerische
Handlung, eben ein Fraud on the Market dar, für die der
Urheber gerade stehen muss24. Konzis brachte dies ein
kalifornisches Gericht zum Ausdruck:
«The fraud on the market theory is based on the hypothesis that, in an open and developed securities market, the
price of a company’s stock is determined by the available material information regarding the company and its
business… Misleading statements will therefore defraud
purchasers of stock even if the purchasers do not directly
rely on the misstatements… The causal connection between the defendant’s fraud and the plaintiff’s purchase
22
Im kontinentaleuropäischen Rechtskreis gilt nach wie vor die
grundsätzliche gesetzgeberische Wertung, dass Rat und Auskunft
keine Haftung auslösen, weil jeder seine Angelegenheiten selbst beurteilen und entscheiden muss (dazu und zu den Ausnahmen vgl.
Heinrich Honsell, Die Haftung für Auskunft und Gutachten,
insbesondere gegenüber Dritten, in FS Nobel, Bern 2005, 939 ff.).
23 Wegweisend der englische Entscheid Hedley Byrne & Co Ltd v.
Heller & Partners Ltd [1964] AC 465; vgl. auch Basic, Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224 ff. (1988), 243 und 253.
24 Gilson/Kraakman (FN 9), 325 Anm. 22.
of stock in such a case is no less significant than in a case
of direct reliance on misrepresentations.»25
2.
Leading Case Basic, Inc. v. Levinson
2.1Sachverhalt
Im Jahre 1976 eröffnete Combustion Engineering Verhandlungen, die einige Zeit später zum Erwerb der börsenkotierten Firma Basic, Inc. führten. Trotz laufender
Gespräche dementierte Basic zwischen Oktober 1977
und November 1978 dreimal, dass eine Übernahme der
Gesellschaft geplant war. Erst am 18. Dezember 1978 gab
Basic bekannt, dass ein Fusionsangebot zum Preis von
USD 46 pro Aktie auf dem Tisch liege. Als die ersten Fusionsgerüchte dementiert wurden, lag der Börsenpreis
bei USD 20, kurz vor Ankündigung war er auf USD 30
gestiegen.
Ehemalige Aktionäre von Basic, die ihre Titel vor Ankündigung der Transaktion veräussert hatten, klagten gegen die Gesellschaft aufgrund der U.S.-amerikanischen
Rule 10b-5, die die Prospekthaftung im Sekundärmarkt
statuiert26. Basic stellte sich auf den Standpunkt, die Kläger müssten beweisen, dass sie ihre Aktien im Vertrauen
auf das Dementi von Basic, Inc. verkauft hatten, nicht
aus anderen Gründen.
2.2 Urteil des Supreme Court
Der U.S.-amerikanische Supreme Court entschied mit
einer Mehrheit von 4:2, mit drei Richtern im Ausstand,
zugunsten der Kläger. Bundesrichter Blackmun hielt
in der Opinion of the Court fest, für die Effektenmärkte
gelte «a rebuttable presumption of reliance», eine widerlegbare Vermutung, dass sich der geschädigte Anleger
auf die Richtigkeit der im Markt kursierenden Informationen verlassen habe. Der Basic, Inc. wurde in diesem
Zusammenhang zum Vorwurf gemacht, dass sie Fusionsgerüchte wider besseres Wissen dementiert hatte, anstatt
einfach mit «no comment» zu reagieren27. Das Gericht
hielt fest, die Umkehr der Beweislast mit Bezug auf die
Kausalität ergebe sich aus «considerations of fairness, public policy and probability, as well as judicial economy»28;
es stützte sich dabei explizit auf die ECMH29.
wendung der Fraud on the Market-Theorie in Frage30.
Der Entscheid, eine ökonomische Theorie rechtlich zu
bestätigen, sollte dem Gesetzgeber überlassen werden31.
Die beiden Bundesrichter wiesen auch auf die Risiken
hin, wenn jeder Anleger ohne Nachweis der Kausalität
Schadenersatzklagen anstrengen könne:
«And who will pay the judgments won in such actions?
I suspect that all too often the majority’s rule will «lead
to large judgments, payable in the last analysis by innocent investors, for the benefit of speculators and their
lawyers».»32
2.3Nachwehen
Nach dem Urteil in Sachen Basic v. Levinson entwickelte sich – wie in der Minderheitsmeinung vorausgesagt
– eine ganze Industrie von Plaintiff’s Lawyers, die vielerorts bei einem wesentlichen Kursrückgang die Gesellschaft und ihre Organe mit Klagen eindeckten. Häufig
entbehrten diese Klagen jeder materiellen Grundlage und
dienten einzig dazu, die Beklagten zu einem Vergleich
zu zwingen33. Ein Opfer der Plaintiff’s Lawyers, deren
Geschäftsmodell durchaus erpresserische Züge trägt, ist
die UBS AG, die seit Herbst 2007 von einer Gruppe unzufriedener Investoren wegen angeblich falscher bzw.
unterlassener Information im Zusammenhang mit der
Finanzkrise behelligt wird. Die UBS hat den Zivilprozess bereits vor zwei Instanzen gewonnen34, kann aber
aufgrund der U.S.-amerikanischen Prozessvorschriften
nicht damit rechnen, für die aufgelaufenen Kosten entschädigt zu werden.
Mit Bezug auf die Taktik solcher Sammelklagen stellten
sich im Laufe der Zeit zwei Fragen:
• Wie weit geht die Kausalitätsvermutung? Kann dem
Kläger im Haftpflichtprozess zumindest der Beweis
auferlegt werden, dass die behauptete Information
wirklich falsch war35 bzw. den Aktienkurs im Sinne
30
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32
33
Ganz ohne Nebengeräusche erging das Urteil aber nicht.
Die obersten Bundesrichter White und O’Connor
stellten in ihrer Dissenting Opinion die richterliche AnPeil v. Speiser, 806 F.2d, 1154 ff., 1160 f. (CA3 1986).
«It shall be unlawful for any person … [t]o make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in
order to make the statements made, in the light of the circumstances
under which they were made, not misleading … in connection with
the purchase or sale of any security» (17 C.F.R. § 240.10b-5).
27 Die entsprechenden Feststellungen finden sich in der «famous footnote 4», Basic v. Levinson (FN 23), 227 f., Anm. 4.
28 Basic v. Levinson (FN 23), 245.
29 Basic v. Levinson (FN 23), 246 f., Anm. 24.
25
26
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35
Basic v. Levinson (FN 23), 254.
Basic v. Levinson (FN 23), 254.
Basic v. Levinson (FN 23), 262 unter Berufung auf SEC v. Texas
Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833, 867 (CA2 1968).
Ausführlich dazu Avery Katz, The Effect of Frivolous Lawsuits on
the Settlement of Litigation, International Review of Law and Economics 19 (1990), 3 ff.; Janet Cooper Alexander, Do the Merits
Matter? A Study of Settlements in Securities Class Action, Stanford
Law Review 43 (1991) 497 ff.; D. Brian Hufford, Deterring Fraud
vs. Avoiding the «Strike Suit»: Reaching an Appropriate Balance,
Brooklyn Law Review 61 (1995), 593 ff.; Randall S. Thomas/Robert B. Thompson, A Theory of Representative Shareholder Suits
and its Application to Multijurisdictional Litigation, Northwestern
University Law Review 106 (2012), 1753 ff.
Der Fall In re UBS AG Securities Litigation, 2011 WL 4059356
(S.D.N.Y.) wurde am 13. September 2011 von einem Bundesbezirksgericht in New York zugunsten der Beklagten entschieden.
Am 6. Mai 2014 erging der Entscheid des Appellationsgerichts
ebenfalls zugunsten der schweizerischen Bank (City of Pontiac
Policemen’s & Firemen’s Retirement System v. UBS AG, 2014 WL
1778041 (2d Cir.)).
Der Harvard-Professor Lucian Bebchuk postuliert für solche Klagen den Nachweis der Fraudulent Distortion (Lucian Bebchuk/
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eines Price Impact beeinflusst hat36? Oder muss die
Fraud on the Market-Theorie gar vollständig über
Bord geworfen werden, nachdem die ECMH zumindest teilweise37 an der Realität der Finanzkrise gescheitert ist?
• Wann kann die Vermutung der Kausalität widerlegt
werden? Im Vorverfahren, bei dem es darum geht,
eine Gruppe von Sammelklägern zu zertifizieren
(Class Certification) oder erst im Hauptprozess, wo
über die angebliche Falschinformation entschieden
wird? Diese Frage hat eine wesentliche Bedeutung,
weil Sammelklagen häufig bereits nach der Class Certification verglichen werden38.
Nachdem die unteren Gerichten zu diesen Fragen teilweise widersprüchlich entschieden hatten,39 nahm sich
der Supreme Court dieses Jahr erneut der Thematik an.
3.
Halliburton Co. v. Erica P. John Fund, Inc.
3.1Sachverhalt
Halliburton, Inc. ist ein börsenkotiertes Unternehmen,
das technische Dienstleistungen und Produkte für Unternehmen der Öl- und Gasindustrie anbietet. Zwischen
Juni 1999 und Dezember 2001 machte das Unternehmen
angeblich falsche Angaben über mögliche Schadenersatzpflichten im Rahmen von Asbestfällen, die erwarteten Umsätze aus gewissen Bauprojekten und die möglichen Vorteile des Zusammenschlusses mit einer anderen
Gesellschaft.
3.2Prozessgeschichte
Der Erica P. John Fund, Inc. (EPJ Fund) reichte gestützt
auf angebliche Falschinformationen eine Sammelklage
gegen Halliburton ein. Die Vorinstanzen verweigerten
36
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39
Allen Ferrell, Rethinking Basic, in: The Business Lawyer 69
(2014) 671 ff.).
So M. Todd Henderson, Professor an der University of Chicago
Law School (Adam Pritchard/M. Todd Henderson, Brief of
Law Professors as Amici Curiae in Support of Petitioners, http://
sblog.s3.amazonaws.com/wp-content/uploads/2014/01/13317-tsac-Law-Professors-FINAL-1-6-141.pdf)
Vgl. vorne FN 18.
Vgl. dazu etwa Leandro Perucchi, Anerkennung und Vollstreckung von US class action-Urteilen und -Vergleichen in der
Schweiz, Diss. Luzern, Zürich 2008, 22 ff. m.w.N.; Lucy GordonVrba, Vielparteienprozesse – Kollektive Durchsetzung gleichartiger, individueller Kompensationsansprüche unter dem Aspekt
der prozessualen Effizienz und Fairness, Diss. Zürich 2007, 63 f.
m.w.N.
Todd Fener et al. v. Operating Engineers Construction Industry
and Miscellaneous Pension Fund, 579 F.3d, 407 (5th Cir. 2009); Oscar Private Equity Investments, Brett Messing and Marla Messing
v. Allegiance Telecom, Inc. et al., Royce J. Holland; Anthony NMI
Parella, 487 F.3d, 269, 271 (5th Cir. 2007); Barrie v. Intervoice-Brite,
2006 WL 2792199, 10 (N.D.Tex., 2006). – Vgl. ferner die Hinweise
bei Gordon-Vrba (FN 38), 59 f.; Isabelle Romy, Class actions
américaines et droit international privé Suisse, AJP 1999, 783 ff.,
787; dies., Litiges de masse, Des class actions aux solutions Suisse
dans les cas de pollutions et de toxiques, Habil. Fribourg, 1997, 127.
Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
die Zertifizierung der Sammelklage mit der Begründung,
jeder Kläger müsse für sich den Kausalzusammenhang
nachweisen40. Der Supreme Court wies 2011 die Klage
an die Vorinstanz zurück und stellte sich auf den Standpunkt, die Kläger könnten sich nach wie vor auf die Kausalitätsvermutung von Basic v. Levinson berufen.
Halliburton argumentierte daraufhin vor der Vorinstanz,
die beklagte Gesellschaft müsse bereits im Rahmen der
Class Certification zum Beweis zugelassen werden, dass
die angebliche Falschaussage keinen Schaden verursacht
habe. Darüber hinaus bestritt Halliburton in grundsätzlicher Hinsicht die Kausalitätsvermutung von Basic v.
Levinson, verlangte also in dieser Hinsicht eine Praxisänderung.
3.3 Urteil des Supreme Court
Der Supreme Court war sich in der Frage nicht einig, ob
Basic v. Levinson nach wie vor Geltung erheischen oder
umgestossen werden sollte. Sechs Bundesrichter unter
der Leitung von Chief Justice Roberts argumentierten
im Wesentlichen dafür, das Prinzip des stare decisis – das
Festhalten an der Präjudizwirkung von Leitentscheiden
– sei im vorliegenden Fall zu beachten, weil keine wesentlichen Neuentwicklungen ein Umdenken erforderlich machten:
«Before overturning a long-settled precedent, however,
we require «special justification», not just an argument
that the precedent was wrongly decided.»41
Die Opinion of the Court führt aus, dass die ECMH in
jüngster Zeit zwar angezweifelt worden sei, dass aber die
Theorie deswegen nicht über Bord gekippt werden müsse:
«Even the foremost critics of the efficient-capital-markets
hypothesis acknowledge that public information generally affects stock prices […] Halliburton has not identified
the kind of fundamental shift in economic theory that
could justify overruling a precedent on the ground that is
misunderstood, or has since been overtaken, by economic
realities.»42
Auch diese sechs Richter stellten sich allerdings auf den
Standpunkt, der Beklagte müsse bereits im Rahmen der
Class Certification die Kausalitätsvermutung widerlegen können, nicht erst im Hauptprozess. Aus diesem
Grunde wurde der Fall einmal mehr an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Ergebnis verbessert diese Nuance
die Position beklagter Unternehmen ganz erheblich, weil
bereits im Vorverfahren argumentiert werden kann, die
The Archdiocese of Milwaukee Supporting Fund, Inc., et al. v. Halliburton Company, et al., 3:02-CV-1152-M, District Court Northern
District of Texas, Dallas Division, 4. November 2008; The Archdiocese of Milwaukee Supporting Fund, Inc., et al. v. Halliburton Co,
David J Lesar, 08-11195 (5th Cir. 2010).
41 Halliburton (FN 1), Opinion of the Court (slip op.), 4.
42 Halliburton (FN 1), Opinion of the Court (slip op.), 10 f.
40
behauptete Falschinformation habe gar keinen Schaden
verursacht.
Die Bundesrichter Thomas, Alito und Scalia stellten
sich demgegenüber auf den Standpunkt, Basic v. Levinson müsse aufgehoben werden. Diese Bundesrichter beriefen sich auf ökonomische Literatur, die die Richtigkeit
der ECMH in Frage stellt und damit der Fraud on the
Market-Theorie das Fundament entzieht43. Im Ergebnis
erklärten sich aber auch Vertreter der Minderheitsmeinung damit einverstanden, dass der Beklagte bereits im
Stadium der Class Certification die Vermutung der Kausalität widerlegen könne, weshalb auch sie mit der Rückweisung an die Vorinstanz einverstanden waren44.
Dem geneigten Leser wird die Ironie dieses Entscheids
nicht entgehen. Üblicherweise sind die gewichtigsten
Proponenten der ECMH im marktfreundlichen Lager
zu finden, nicht im Feld der Kapitalismuskritiker. Ausgerechnet bei Halliburton aber wurde die Tragweite der
ECMH von den konservativen Richtern in Zweifel gezogen, während ihre liberalen Gegenspieler dafür plädierten, die Theorie habe zumindest in den Grundzügen
nach wie vor Bestand.
IV. Fraud on the Market
im schweizerischen Recht
1.
Haftung für falsche Information am
­Kapitalmarkt
1.1Prospekthaftung
der gesetzlichen Regelung ist der Kausalzusammenhang
vom Kläger zu beweisen46. In der Lehre ist allerdings fast
einhellig gestützt auf die U.S.-amerikanische Literatur
postuliert worden, es könne im Sinne einer natürlichen
Vermutung davon ausgegangen werden, dass der Kläger
sich auf die Verarbeitung von Prospektaussagen durch
die Finanzintermediäre verlassen konnte. Dem Beklagten stünde somit die Einrede, der Kläger habe den Prospekt nicht gelesen, nicht offen47. Dies entspricht auch der
Praxis der deutschen Gerichte48.
1.2 Haftung für falsche oder unterlassene
­Ad-hoc-Publizität?
Mit Bezug auf die falsche oder unterlassene Ad-hocPublizität besteht keine gesetzliche Haftungsnorm. Ein
Teil der Lehre geht davon aus, dass die Haftung ausser
bei absichtlicher Falschinformation des Marktes grundsätzlich entfällt. Andere Lehrmeinungen postulieren, die
einschlägigen Vorschriften des Kotierungsreglements
der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange (KR)49 stellten eine Schutznorm im Sinne der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zur Widerrechtlichkeit50 dar. Der entsprechende Dogmenstreit ist an anderer Stelle ausführlich dargelegt worden51 und wird hier nicht mehr aufgerollt. Das Bundesgericht geht in BGE 137 III 40 f. auf
die Kontroverse ein und stellt die divergierenden Standpunkte dar, ohne die Frage zu entscheiden.
Auch bei falscher oder unterlassener Ad-hoc-Publizität
muss allerdings ein Kausalzusammenhang zwischen der
fehlerhaften Information einerseits und dem eingetretenen Schaden andererseits bestehen; und auch hier ist die
Das schweizerische Recht statuiert die Prospekthaftung
in Art. 752 OR:
Sind bei der Gründung einer Gesellschaft oder bei der
Ausgabe von Aktien, Obligationen oder ähnlichen Titeln in Emissionsprospekten oder ähnlichen Mitteilungen
unrichtige, irreführende oder den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechende Angaben gemacht oder verbreitet worden, so haftet jeder, der absichtlich oder fahrlässig dabei mitgewirkt hat, den Erwerbern der Titel für
den dadurch verursachten Schaden.
46
47
Eine ähnliche Vorschrift findet sich für in der Schweiz
öffentlich angebotene Obligationen in Art. 1156 Abs. 3
OR.
Die Prospekthaftungsnorm setzt unter anderem voraus,
dass zwischen der unrichtigen oder irreführenden Darstellung im Prospekt und dem eingetretenen Schaden
ein adäquater Kausalzusammenhang existiert45. Nach
48
49
50
51
Halliburton (FN 1), Thomas, J., concurring in judgment, 7 ff.
Halliburton (FN 1), Thomas, J., concurring in judgment, 13 f. und
18.
45 Daniel Daeniker/Stefan Waller, Kapitalmarktbezogene Informationspflichten und Haftung, in: Weber (Hrsg.), Verantwortlich43
44
2014
keit im Unternehmensrecht, Zürich 2003, 55 ff., 78 m.w.N.
Mit BGE 129 III 71 ff. hat das Bundesgericht die Lehrmeinungen
bestätigt, wonach die Prospekthaftung deliktsrechtlicher Natur sei
und somit den allgemeinen Voraussetzungen von Art. 41 ff. OR
unterstehe (vgl. die Übersicht zum Meinungsstand bei BSK OR
­II-Watter, N 2 zu Art. 752 OR, sowie Thomas U. Reutter, IPO
– Ablauf, Struktur, Haftung und Schadloshaltung, in: Reutter/Werlen (Hrsg.), Kapitalmarkttransaktionen VIII, Zürich 2014, 38 ff.).
Statt vieler Christian Camenzind, Prospektzwang und Prospekthaftung bei öffentlichen Anleihensobligationen und Notes, Diss.
Zürich 1998, 107 f.; Watter (FN 11), 58 f. m.w.N.; Daeniker/
Waller (FN 45), 78 f.; Dieter Zobl/Stefan Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich 2004, N 1155 f.; BSK OR II-Watter, N 27 zu Art. 752 OR; Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht,
3. Aufl., Zürich 2004, § 18 N 36 (differenzierter nun die 4. Aufl.,
Zürich 2009, a.a.O.).
Vgl. die weiterführenden Hinweise bei Zobl/Kramer (FN 47),
N 1155 Anm. 2192, und BSK OR II-Watter, N 26a f. zu Art. 752
OR.
Vorab handelt es sich hier um Art. 53 KR, der die Pflicht zur
­Ad-hoc-Publizität regelt.
BGE 122 III 176 ff.; 119 II 127 ff.; 115 II 18 f.
Vgl. die Zusammenfassung des Meinungsstandes bei Böckli
(Fn. 47), § 18 N 58; Daeniker/Waller (FN 45), 93 ff.; Daniel
Daeniker/Vito Roberto, Pro & Contra: Haftung für Ad-hoc-­
Publizität, GesKR 2006, 139 ff.; Benedikt Maurenbrecher/
Stefan Waller, Prospekthaftung und strukturierte Produkte, in:
Reutter/Werlen (Hrsg.), Kapitalmarkttransaktionen IV, Zürich
2009, 74 ff.
401
Case Watch
GesKR 3
Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
GesKR 3
Case Watch
402
2014
Frage offen, ob der Kausalzusammenhang vom Kläger
nachzuweisen ist oder im Sinne einer natürlichen Vermutung als erstellt gilt. Die einschlägigen Bundesgerichtsentscheide beziehen sich aber alle auf die Prospekthaftung gemäss Gesetz (Art. 752 OR, Art. 1156 Abs. 3
OR und Art. 672 altOR), weshalb nachstehend nicht
mehr auf die Haftung für Ad-hoc-Publizität eingegangen wird.
Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
2.2 Rheintalische Gas-Gesellschaft
(BGE 113 II 283 ff.)
In diesem Entscheid von 1987 ging es nicht um die Haftpflicht, sondern um die prozessuale Vorfrage, ob die
Gemeinschaft der Anleihensgläubiger kollektiv einen
«Gesamtschaden» einklagen könne. Zu beurteilen war
also nur gerade die Aktivlegitimation der Gläubigergemeinschaft als Prozessvoraussetzung. Das Bundesgericht
sprach der Gläubigergemeinschaft dieses Recht ab:
2.Kasuistik
Während in den USA Prospekthaftungsklagen Legion
sind, haben in der Schweiz in den vergangenen hundert
Jahren nur wenige Prozesse den Weg bis zum Bundesgericht gefunden. Die nachfolgend dargestellten Entscheide befassen sich direkt oder indirekt mit Fragen der
Kausalität52.
2.1 Hôtel de la Paix (BGE 47 II 272 ff.)
Aus dem Jahre 1921 datiert der Prospekthaftungsfall
Hôtel de la Paix, der sich auf den damals in Kraft stehenden Art. 672 des Obligationenrechts von 188153 bezog.
In seinem Urteil setzte sich das Bundesgericht unter anderem mit der Frage des adäquaten Kausalzusammenhangs auseinander. Das höchste Gericht gestattete eine
Beweiserleichterung gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung:
«Quant à la relation de cause à effet entre les renseignements positives inexacts et les omissions essentielles de
la notice, d’une part, et la souscription de l’emprunt par
les demandeurs, d’autre part, … on ne peut exiger une
preuve rigoureuse et absolue du rapport de causalité; on
doit se contenter d’une certitude fondée sur le cours ordinaire des choses et l’expérience de la vie.»54
Immer noch oblag es aber dem Kläger darzulegen, dass
er sich auf die falschen Angaben des Prospektes verlassen
hatte; die Beweiserleichterung führte also nicht zur Beweislastumkehr.
52
Daneben ist etwa BGE 129 III 71 ff. zu erwähnen, wo es um die
Sorgfaltspflicht der Banken bei der Erstellung von Prospekten ging
(dazu ausführlich Daniel Daeniker, Stellung der federführenden
Bank bei Obligationenanleihen, SJZ 2003, 365 ff.); ferner BGE 112
II 258 ff., wo das Bundesgericht den Begriff der «ähnlichen Mitteilung» i.S.v. Art. 752 OR auslegt (dazu a.v. Böckli (FN 47), § 18
N 25 f.).
53 Art. 672 altOR im französischen Text lautete wie folgt: «Tous ceux
qui ont coopéré à l’émission sont responsables, envers tout actionnaire ou obligataire, du dommage provenant du fait qu’ils auraient
sciemment publié ou répandu des circulaires ou prospectus contenant
des assertions mensongères». – Die assertions mensongères des alten
Obligationenrechts sind im OR von 1936 ersetzt worden durch
«unrichtige, irreführende oder den gesetzlichen Anforderungen
nicht entsprechende Angaben» (Art. 752 OR) bzw. durch «unrichtige oder den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprechende Angaben» (Art. 1156 Abs. 3 OR).
54 BGE 47 II 293.
«Prospekt- und Verantwortlichkeitsschutz […] realisieren sich individuell, in der Regel auch für die Gläubiger
unterschiedlich, da sie von den individuell erforderlichen
Haftungsvoraussetzungen abhängen.»55
Die Lehre pflichtete dem Bundesgericht insoweit bei, als
die individuellen Voraussetzungen der Schädigung in der
Tat nicht kollektiv geltend gemacht werden können56.
Dies trifft zweifellos beim Nachweis von Schaden und
adäquatem Kausalzusammenhang zu; hier ist der Schadensverlauf für jeden Anleger individuell zu ermitteln,
womit eine kollektive Geltendmachung ausgeschlossen
ist. Widerrechtlichkeit und Verschulden könnten dagegen für alle Gläubiger festgestellt werden57, was aber in
der Praxis wenig bringt, wenn jeder Kläger die übrigen
Haftungsvoraussetzungen immer noch für sich allein
darlegen muss.
2.3 Biber Holding AG (BGE 131 III 306 ff.)
Im Jahre 2004 hatte sich das Bundesgericht mit der gescheiterten Sanierung der Biber Holding AG auseinanderzusetzen. Dabei war zu klären, inwieweit ein Käufer
von Effekten nach Abschluss der Emission zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Art. 752 OR legitimiert
sei. Das Gericht ging vom Gesetzestext aus und hielt
fest, dass jeder Erwerber aktivlegitimiert sei: nicht nur
der Ersterwerber der neu ausgegebenen Effekten, sondern auch der spätere Käufer auf dem Sekundärmarkt,
sofern die Angaben im Prospekt kausal für den Kaufentschluss gewesen seien58.
Zu beurteilen waren Titelkäufe, die zwischen sechs und
18 Monaten nach Ablauf der Zeichnungsfrist getätigt
wurden. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die
erwähnten Zeiträume zwischen Prospektdatum und Titelerwerb gegen das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs sprechen. Darüber hinaus stützte das
55
Vgl. vorne, FN 47, und BGE 113 II 283 ff., 290 f.
Peter Widmer, Urteilsanmerkung, SAG 60 (1988), 79 f; Rolf Bär,
Die Privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtes im Jahre
1987, ZbJV 125 (1989), 237 f.; kritisch dazu Camenzind (FN 47),
124.
57 Ausführlich dazu Daeniker (FN 3), 105; zustimmend BSK OR
II-Watter, N 9 zu Art. 752 OR, und Maurenbrecher/Waller
(FN 51), 100 ff.
58 BGE 131 III 308 f., Erw. 2.1. – Das Bundesgericht folgte hier der
herrschenden Lehre (vgl. die Nachweise dazu etwa bei BSK OR IIWatter, N 6 zu Art. 752 OR).
56
2014
Bundesgericht seinen Entscheid auf eine von der Vorinstanz verbindlich festgestellte Aussage des Klägers, wonach nicht die Angaben im Emissionsprospekt für den
Titelerwerb ausschlaggebend waren, sondern Informationen aus der Presse sowie das Kaufverhalten anderer
Aktionäre59.
chend über die Risiken der von Miracle entwickelten
Produkte orientiert. Es gelte im Bereich der Prospekthaftung generell die Vermutung, dass allfällige falsche
Angaben im Emissionsprospekt kausal für den Kaufentschluss des Anlegers und den damit im Zusammenhang
stehenden Schaden seien65.
Das Bundesgericht äussert sich im Entscheid nicht direkt zur Kapitalmarkteffizienz. Im Ergebnis aber argumentiert es durchaus entlang dieser Hypothese: Es anerkennt, dass im Laufe der Zeit der Konnex zwischen
Prospektangaben und Preisbildung immer schwächer
wird, weil aktuellere Informationen – etwa ein später
veröffentlichter Finanzbericht – für die Bewertung der
Titel immer wichtiger werden60. Wie lange die Wirkung
eines Prospektes anhält, kann nicht abstrakt beantwortet
werden. Allein die zeitliche Dauer zwischen Prospektpublikation und Titelkauf ist nicht ausschlaggebend. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Informationen nach
Veröffentlichung des Prospektes publik wurden und gegebenenfalls die Prospektaussagen überlagert haben61.
Von einer Vermutung der natürlichen Kausalität – und
damit implizit von einer Beweislastumkehr – wollte das
Bundesgericht nichts wissen. Dies sei systemfremd und
finde auch im Gesetz keine Stütze66. Der Nachweis des
Kausalzusammenhangs zwischen pflichtwidriger Handlung und eingetretenem Schaden liege auch im Rahmen
der Prospekthaftung beim Kläger, wobei er sich immerhin auf eine Beweiserleichterung stützen könne: Nachzuweisen sei nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit,
nicht das Regelbeweismass der vollen Überzeugung67.
Im Ergebnis hielt das Bundesgericht also an seiner Praxis
aus den 1920er Jahren fest. Immerhin nennt das Bundesgericht – soweit ersichtlich – erstmals den effizienten Kapitalmarkt beim Namen:
«Das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gilt nach der neueren Literatur jedoch auch für den
späteren Erwerber, der die Aktientitel am Sekundärmarkt zum – vom Markt gebildeten – Aktienkurs kauft,
und zwar auch dann, wenn er den Emissionsprospekt
nicht gelesen hat. Unter der Annahme eines effizienten
Kapitalmarktes darf der Erwerber nämlich davon ausgehen, dass die Preisbildung am Markt unter Einbezug
der Informationen aus dem Emissionsprospekt zustande
gekommen ist.»68
2.4 Miracle Holding AG (BGE 132 III 715 ff.) 62
Nachdem die wohl herrschende Lehre in der Schweiz63
mit guten Argumenten, aber letztlich recht unkritisch
die Fraud on the Market-Theorie ins schweizerische
Recht transponieren wollte, machte ein Urteil des Bundesgerichts im Jahre 2006 alle diese juristischen Positionsbezüge vorerst zu Makulatur64.
In diesem Entscheid ging es um angebliche Fehler im
Emissionsprospekt der Miracle Holding AG, einer
Softwaregesellschaft, deren Aktien im Herbst 1999 –
kurz vor dem Platzen der Internet-Blase – zu CHF 240
emittiert wurden, nach dem Börsengang auf weit über
CHF 1’000 anstiegen und ein Jahr später infolge Konkurs der Emittentin wertlos waren. Die Kläger stellten
sich auf den Standpunkt, der Prospekt habe unzurei59
60
61
62
63
64
BGE 131 III 309 Erw. 2.2.
Vgl. dazu Daeniker/Waller (FN 45), 83; zustimmend Sarah
Dobler/Hans Caspar von der Crone, Aktivlegitimation zur
Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen, SZW 2005,
213 f.
Stefan Waller, Das Underwriting Agreement – Grundlagen der
vertraglichen Regelung öffentlicher Aktienplatzierungen, Diss.
­Zürich 2010, 198; BSK OR II-Watter, N 28 zu Art. 752 OR; differenziert Reutter (FN 46), 42 f.
Zu berücksichtigen ist auch der bundesgerichtliche (indes nicht
publizierte) Entscheid 4P.96/2006 vom 28. August 2006; die Kläger gelangten im Fall Miracle sowohl mit Berufung (BGE 132 III
715 ff.) als auch mit staatsrechtlicher Beschwerde (4P.96/2006) ans
Bundesgericht.
Vgl. vorne, FN 47.
Julius von Kirchmann prägte in seinem 1847 in Berlin gehaltenen Vortrag über «Die Werthlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft» das Bonmot «Die Juristen sind ‚Würmer’, die nur vom
faulen Holz leben; von dem gesunden sich abwendend, ist es nur das
Kranke, in dem sie nisten und weben. Indem die Wissenschaft das
Zufällige zu ihrem Gegenstand macht, wird sie selbst zur Zufälligkeit; drei berichtigende Worte des Gesetzgebers, und ganze Bibliotheken werden zu Makulatur.».
Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren69 wird deutlich, was das Bundesgericht damit konkret meint. Es
stützt sich dabei auf Ausführungen der Vorinstanz, die
zwischen direkter und indirekter Kausalität unterschied.
Direkte Kausalität liege vor, wenn ein Anleger Titel unmittelbar gestützt auf (allenfalls fehlerhafte) Angaben
im Emissionsprospekt erwirbt70. Hat der Erwerber den
Prospekt indes nicht gelesen, stützte er sich aber bei seinem Kaufentscheid auf eine Anlagestimmung, die sich
aufgrund der Prospektangaben gebildet hat, sei die Kausalität indirekt gegeben71. Die Vorinstanz verneinte in
casu die indirekte Kausalität und kam zum Schluss, dass
65
BGE 132 III 719, Erw. 3.
BGE 132 III 722, Erw. 3.2.3.
67 BGE 132 III 721, Erw. 3.2.1.
68 BGE 132 III 721, Erw. 3.2.1. unter Berufung auf Frédéric H.
­Lenoir, Prospekthaftung im Zusammenhang mit Going Publics,
Diss. St. Gallen, Zürich 2004, 142 ff.
694P.96/2006.
70 4P.96/2006, Erw. 2.2 und 2.3: Wer aber nur die Emissionsbedingungen des Prospekts liest und den Rest, unter anderem Produkteangaben und Risikohinweise, bloss überfliegt, hat noch keine direkte
(haftungsbegründende) Kausalität nachgewiesen (vgl. dazu auch
Hansjürg Appenzeller/Stefan Waller, Haftungsrisiken beim
IPO und ihre Minimierung aus Sicht der Gesellschaft, GesKR 2007,
263 f. m.w.N.).
71 4P.96/2006, Erw. 2.4.
66
403
Case Watch
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Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
GesKR 3
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404
2014
der steile Kursanstieg nicht durch Prospektangaben ausgelöst worden sei, sondern durch andere Faktoren wie
Zukunftsglaube, Risikobereitschaft und Spekulation72.
Das Bundesgericht schützte die vorinstanzlichen Ausführungen und wies die Beschwerde ab.
Das höchste Gericht hat damit zum einen die Frage geklärt, ob das Nichtlesen des Prospekts den Kausalzusammenhang unterbricht (Antwort: nein)73. Andererseits
verlangt das Bundesgericht vom Kläger aber zumindest
den Nachweis der positiven Anlagestimmung aufgrund
der Angaben im Prospekt. Die daraus resultierende indirekte Kausalität ist nur in einem Markt möglich, der alle
öffentlich verfügbaren Informationen in der Kursbildung reflektiert74 – einem effizienten Markt also. Damit
anerkennt das Bundesgericht im Ergebnis die Mechanisms of Market Efficiency, ohne deswegen gleich dem
Kläger den Nachweis der Kausalität zu erlassen. Misslingt der Beweis, trägt nach wie vor der Kläger, nicht das
beklagte Unternehmen, die Folgen der Beweislosigkeit.
Daniel Daeniker – Fraud on the Market: ökonomische Theorien vor Gericht
dienstleisters76 ebenso wie die vorgeschlagene Schaffung
eines Prozesskostenfonds für Finanzdienstleistungsstreitigkeiten77. Es bleibt zu hoffen, dass im Rahmen der
Vernehmlassung und der späteren parlamentarischen
Debatte wieder etwas bundesgerichtlich inspirierter
Pragmatismus ins Gesetzgebungsverfahren eingehaucht
wird.
3.Würdigung
Die schweizerischen Gerichte vertreten im Ergebnis dieselbe Meinung wie die Dissenting Justices in den Fällen
Basic v. Levinson sowie Halliburton: Die Kausalität zwischen angeblicher Falschinformation und Schaden wird
nicht vermutet, sondern ist im Einzelfall nachzuweisen.
Insoweit auferlegt sich unser höchstes Gericht eine gewisse Zurückhaltung, wenn es darum geht, ökonomische
Theorien zum Nutzen von Klägern fruchtbar zu machen. Zumindest im Rahmen der indirekten Kausalität
anerkennt das höchste Gericht aber die ECMH.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Kapitalmarktrecht verdient insgesamt Zustimmung. Ohne theoretische Abhandlungen ist unser höchstes Gericht zu
pragmatischen Lösungen gelangt, die in den letzten Jahrzehnten ein gesundes Wachstum des schweizerischen Kapitalmarktes begünstigt haben. Der Vernehmlassungsbericht des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD)
zu einem neuen Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
will erfreulicherweise an dieser Gerichtspraxis nichts ändern75.
Bedenklich stimmen demgegenüber die vom EFD postulierte Umkehr der Beweislast für die Einhaltung der
Informations- und Aufklärungspflichten des Finanz-
72
4P.96/2006, Erw. 2.4.1 ff.
Vgl. dazu statt vieler Catherine Chammartin/Hans Caspar von
der Crone, Kausalität in der Prospekthaftung, SZW 2006, 456,
und BSK OR II-Watter, N 27 zu Art. 752 OR, je m.w.N.; ferner
dazu bereits vorne, FN 47.
74 Vgl. dazu vorne FN 9; ferner im Kontext dieses Entscheids Chammartin/von der Crone (FN 73), 456 f.
75 Art. 69 E-FIDLEG und Erläuternder Bericht des EFD zur Vernehmlassungsvorlage vom 26. Juni 2014, 78 f. (www.admin.ch/
ch/d/gg/pc/documents/2384/FINIG-FIDLEG-Erl.-Bericht-de.
pdf).
73
76
77
Art. 75 E-FIDLEG; Erläuternder Bericht (FN 75), 18 und 82 ff.
Art. 85 ff. E-FIDLEG; Erläuternder Bericht (FN 75), 11, 19 f. und
90 ff.