Planungstage

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Planungstage
REGION STUTTGART
Montag, 23. März 2009
Nummer 68
Trommeln statt Knast
Staatsanwalt
kritisiert
Justizminister
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg geht neue Wege in der Straffälligenhilfe
Ludwigsburg – Mit einem Trommelprojekt sollen straffällig gewordene Jugendliche wieder ihren Platz in der Gesellschaft finden. Die Pädagogische
Hochschule Ludwigsburg hilft ihnen.
Pflieger lehnt Fußfessel ab
Ludwigsburg (jb) – Der Plan des badenwürttembergischen Justizministers Ulrich
Goll (FDP), die elektronische Fußfessel im
Strafvollzug einzusetzen, stößt bei der Straffälligenhilfe auf massive Kritik.
VON JULIANE BAUMGARTEN
Seko ist 19 Jahre alt und hat schon ein beachtliches Vorstrafenregister. Wegen Diebstahls und schwerer Körperverletzung
wurde er 2007 verurteilt. Er stand vor der Alternative: Knast oder trommeln. „Klar, da
hab’ ich mich fürs Trommeln entschieden“,
erzählt Seko grinsend. Er hat die Entscheidung nicht bereut. Zweimal in der Woche
trifft er sich mit acht weiteren jungen Männer aus Bad Urach für drei Stunden zum
Üben. Das Trommelprojekt Beatstomper
kann von einem Richter für straffällig gewordene Jugendliche anstelle einer Haftstrafe angeordnet werden. „Das soziale Training ist die Bewährungsauflage“, erklärt
der Musikpädagoge und Projektleiter Dierk
Zaiser. „Das erste halbe Jahr ist verpflichtend, viele bleiben dann freiwillig dabei.“
Auch Seko war ein halbes Jahr zwangsweise bei den Beatstompers, um seine Strafe
zu begleichen. Jetzt erzählt er stolz, sei er
freiwillig wiedergekommen. Das Trommeln
in der Gruppe macht ihm viel Spaß.
Wenn ein Jugendlicher nicht zu den Proben erscheint, telefoniert Zaiser ihm hinterher. „Fehlen geht nicht. Wir arbeiten hier an
Kontinuität, Disziplin und Zuverlässigkeit.
Auch der ganzen Gruppe gegenüber.“ Eine
gewisse Bereitschaft, Musik zu machen,
müssten die Jugendlichen mitbringen, sonst
mache Beatstompers keinen Sinn. Diese Bereitschaft erkennt Zaiser bei seiner Truppe.
„Die Jungs haben sich freiwillig am Wochenende getroffen und ihre eigenen Trommeln
gebastelt. Ein Schreiner hat sie dabei unterstützt.“ Jetzt spielen sie bei den gemeinsamen Auftritten auf den selbst gebauten
Instrumenten.
Neues ausprobieren, Talente fördern und
das Selbstbewusstsein stärken: das wird mit
Beatstomper transportiert. Es ist ein Rhythmus- und Performanceprojekt der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg für straffällige und sozial benachteiligte Jugendliche.
„Die Teamarbeit ist zentral“, betont der
trommelnde Wissenschaftler Zaiser. Aufgrund des Erfolgs des Modellprojekts in
Reutlingen kam Beatstomper auch nach
Bad Urach. Weitere Projekte sind in Ulm
und in Konstanz geplant.
Zaiser hilft den Jugendlichen, andere Seiten an sich zu entdecken. „Der Betreuer ist
Die Gruppe Beatstompers bei einem Auftritt in der Ludwigsburger Musikhalle
für uns ein Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt“, sagt Seko. Auch auf der Bühne
merkt man: Zaiser und seine Schützlinge
sind eine Einheit. Sie trommeln mit Kraft
und Energie im gleichen Rhythmus, sind ein
eingespieltes Team. Die Jungs sind in ihrem
Element. Das Trommelprojekt hat auch
Seko gezeigt, dass er mehr kann, als sich zu
prügeln. „Musik ist mir sehr wichtig. Hier
kann ich zeigen, was ich wirklich draufhabe.“
Mitunter spielen die Jungs sogar vor Richtern, Staatsanwälten und Justizbeamten. Einem Personenkreis, den sie sonst nur aus
dem Gerichtssaal kennen. Diesem Publikum können sich die jungen Männer dann
von einer ganz anderen Seite präsentieren.
Zeigen, dass ihre harten Schläge heute nur
den Trommeln gelten. „Damit sehen die uns
mal anders. Das ist cool“, sagt Seko, verschränkt die Arme und lacht.
Foto: Leif Piechowski
Info
Die Straffälligenhilfe leistet Unterstützung bei der Wiedereingliederung
von Strafentlassenen in ein bürgerliches Leben. Denn „jeder verhinderte
Rückfall schützt das potenzielle Opfer
und spart Kosten bei Polizei und Justiz“. Getreu diesem Motto setzen sie
sich für Resozialisierung, aber auch
für neue Wege in der Straffälligenhilfe ein.
In Baden-Württemberg haben sich
die drei Dachverbände, deren Mitgliedsvereine in der Straffälligenhilfe
engagiert sind, zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Mit diesem Netz-
werk werden Projekte wie das „Nachsorgeprojekt Chance“ oder das Haftvermeidungsprogramm „Schwitzen
statt sitzen“ flächendeckend im ganzen Bundesland angeboten und umgesetzt. Aber auch Zeugenbegleitprogramme, Schuldnerberatung oder Projekte für Täter und Opfer von häuslicher Gewalt gehören zu den Arbeitsschwerpunkten.
Neben hauptamtlichen Fachkräften unterstützen die Arbeit der Straffälligenhilfe auch viele ehrenamtliche
Helfer.
www.verband-bsw.de
Gewalttaten vor Discos
&
Zwei Schwerverletzte in Eislingen
Eislingen – In der Nacht zum Sonntag haben sich vor dem Eislinger Tanzlokal Oak
Club und Eichenhof vier junge Männer geprügelt. Zwei davon zückten ihre Messer
und verletzten ihre Kontrahenten schwer.
Die Täter sind auf der Flucht. Die Polizei
ermittelt wegen versuchter Tötung.
VON DANIELA REICHART
UND FRANK SCHWAIBOLD
Kurz nach vier Uhr am Sonntag in der Früh
eskaliert vor der Eislinger Disco an der Salacher Straße ein Streit zwischen vier jungen
Männern. Beteiligt sind zwei Deutsche vermutlich mit russischem und zwei mit türkischem Familienhintergrund. Zunächst ist es
ein verbaler Schlagabtausch, dann wird es
härter. Die Rivalen wechseln auf die andere
Der Tatort: Discothek in Eislingen
Straßenseite. Die Streithähne schlagen aufeinander ein. Eine junge Frau mit blonden
langen Haaren und ganz in Weiß gekleidet
versucht immer wieder, die Streitenden auseinanderzubringen.
Es nützt nichts. Schlussendlich attackiert
das eine Duo mit ihren Messern die Deutschtürken. Mit schweren Stichverletzungen an
Bauch und Rücken müssen der 19- und
20-Jährige in die Göppinger Klinik am Eichert eingeliefert werden. So schildern die
Göppinger Polizei und die Ulmer Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung am Sonntag
den Vorfall.
23
Nach der versuchten Tötung flüchten die
beiden Tatverdächtigen auf den Parkplatz
des benachbarten Supermarktes. Hier verliert sich die Spur. Auch die beteiligte Frau,
ebenfalls zwischen 18 und 22 Jahre alt, hat
die Polizei bisher nicht gefunden. Sie
könnte Hinweise zur Identität der Gewalttäter geben. Der eine wird als etwa 1,70 Meter
groß und mit kurzen blonden Haaren beschrieben. Der Mittäter soll ungefähr 1,80
Meter groß sein und dunkle Haare haben.
Die Polizei ermittelt wegen versuchter Tötung und sucht nach Hinweisen zu den Tatverdächtigen.
Das Tanzcafé in Eislingen sei „wie andere
Discotheken im Landkreis Göppingen immer wieder Schauplatz von Rangeleien und
Prügeleien“, sagt Rainer Schindler von der
Göppinger Polizei. Besucherinnen berichteten gegenüber unserer Redaktion ebenfalls, dass es in
den vergangenen Monaten
öfters Streit unter den
männlichen Besuchern gegeben habe und sie sich in der
Disco nicht mehr wohlgefühlt hätten. Gewaltstraftaten dieser Schwere habe
es bisher aber nicht gegeben, betont Schindler.
„Sonst hätten wir längst gezielte Schritte eingeleitet."
Zu einer weiteren Gewalttat vor einer Discothek ist
es am Wochenende zudem
in Waiblingen gekommen.
Dort hatten sich zwei Streithähne zunächst in dem Lokal in der Düsseldorfer
Straße gegenseitig beleidigt. Anschließend trafen
sie sich vor dem Gebäude
wieder. Einer der beiden
Kontrahenten rückte mit
Verstärkung an. Dem nun alleine dastehenden jungen
Mann schlugen sie mit einem Schlagstock auf den
Kopf. Das Opfer erlitt PlatzFoto: dr wunden und musste im
Krankenhaus
behandelt
werden. Die beiden Täter flüchteten in Richtung Fellbach. Laut Polizei soll es sich um
Mitglieder einer Fellbacher Bande handeln,
die seit längerem im Raum Fellbach und
Waiblingen zugange ist.
Ein weiterer Vorfall ereignete sich in Reichenbach an der Fils im Kreis Esslingen.
Dort wurde in der Nacht zum Samstag vom
Parkplatz einer Disco ein Mini Cooper gestohlen. Der Täter brachte den kleinen Flitzer zum Parkplatz beim Freibad und setzte
ihn vermutlich vorsätzlich in Brand. Es entstand ein Sachschaden von 15 000 Euro.
Auch hier fehlt bisher vom Täter jede Spur.
Planungstage
„Wir sind gegen die Fußfessel. Diese Art der
Bestrafung kann Schaden anrichten. Das ist
nackter Strafvollzug und hat nichts mit Sozialarbeit zu tun“, kritisiert Klaus Pflieger,
Generalstaatsanwalt in Stuttgart und Vorsitzender des Verbands Bewährungs- und
Straffälligenhilfe Württemberg. Das von seinem Verband ins Leben gerufene Projekt
„Schwitzen statt sitzen“ sei wesentlich sinnvoller. „Es ist besser geeignet, der entsprechenden Klientel wieder Struktur im Alltag
zu geben“, so Pflieger.
Bei „Schwitzen statt sitzen“ arbeiten die
Verurteilten ihre Strafe ab. Die Straffälligen werden in gemeinnützige Arbeit vermittelt. Hauptsächlich geht es um Personen, die
nur deshalb ins Gefängnis müssten, weil sie
eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Es
sei ein Fortschritt, dass es überhaupt Alternativen zum Gefängnisaufenthalt gibt. Der
Jurist warnt: „Das Gefängnis kann zur
Schule des Verbrechens werden.“ Deshalb
habe sich sein Verband auch intensiv für
neue Wege in der Straffälligenhilfe eingesetzt. Außerdem befürchtet Pflieger: „Jemand könnte, bevor er seine Geldstrafe abarbeitet, sich lieber daheim fesseln lassen.“
Im Grunde gehe es dem Justizminister
nur darum, „die Gefängnisse leer zu kriegen
und Geld einzusparen“, kritisiert Pflieger.
Denn ein Tag im Gefängnis koste den Staat
zwischen 70 und 100 Euro. Aber diese Einsparung sei auch durch andere Maßnahmen
als durch die Einführung der Fußfessel möglich. „Durch unser Projekt ,Schwitzen statt
sitzen’ haben wir über 70 000 Hafttage eingespart. Zudem haben wir bis Ende letzten
Jahres 6600 Straffällige davor bewahrt, ihre
Strafe absitzen zu müssen.“
Ministerialrat Rüdiger Wulf vom Justizministerium verteidigt dagegen die Idee der
elektronischen Fußfessel und ruft den Verband zur Mithilfe auf. Sie ermögliche, dass
die Betroffenen „nicht aus der sozialen Umgebung herausgerissen werden“. Zudem sei
der Hausarrest, der auf maximal sechs
Monate begrenzt werde, verbunden mit
psychosozialer Begleitung. Die Fußfessel sei
ein weltweit anerkanntes und etabliertes
Instrument.
am 27. +
28. März
2009
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