Der neue Boxermotor

Transcription

Der neue Boxermotor
TITELTHEMA
BMW Boxermotor
Der neue
Boxermotor
in der BMW R 1200 GS
Nach der erstmaligen Einführung großvolumiger Zweizylinder-Enduromotorräder 1980 durch BMW Motorrad geht mit der R 1200 GS der Antrieb dieses erfolgreichsten Motorrads seiner Klasse in die dritte Generation. Bei
jeder neuen Modellreihe wurden Leistung, Drehmoment und Hubraum
kontinuierlich erhöht. Auch dieses Aggregat stellt den leistungsfähigsten
Boxermotor dar, der jemals serienmäßig in einem Motorrad der BMW-GSBaureihe verbaut wurde.
424
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
Die Autoren
1 Einleitung
Der Zweizylinder-Boxermotor wie auch die
GS-Modelle sind für BMW Motorrad von
hoher Bedeutung. Die Symbiose beider Elemente steht für Zuverlässigkeit, Robustheit, Reise-, Alltags- und Geländetauglichkeit, kurz für ein perfektes Allroundtalent
und damit auch für Markterfolg. Auch 2003
war die GS wiederholt das meistverkaufte
Motorrad in Deutschland.
Für die R 1200 GS wurde der Boxermotor
von Grund auf überarbeitet. Neben einer
Erhöhung von Leistung und Drehmoment
standen ein hervorragendes Abgasverhalten, reduzierter Verbrauch, optimierte Fahrbarkeit, verbesserte Akustik und Schaltbarkeit des Getriebes sowie eine deutliche Gewichtsreduzierung im Fokus. [1]. Die Tabelle 1 zeigt die Leistungsentwicklung der GSModelle von 1980 bis heute.
2 Motorkonzept
Um die charakteristischen Vorteile des Boxermotors zu erhalten, wurde das bewährte Grundkonzept des Vorgängermodells
fortgeführt. Auch dieser Motor weist Luft/Ölkühlung, ein vertikal geteiltes Kurbelgehäuse mit in der Gehäuseteilung längs gelagerter Kurbel- und Nebenwelle, eine unter der Ventilebene liegende, kettengetriebene Nockenwelle sowie eine Ventilbetätigung über Stößel, Stoßstangen und Kipphebel auf, Bild 1.
Zur Erreichung der Zielvorgaben wurden annähernd alle Bauteile überarbeitet
oder völlig neu ausgelegt. Diese Vorgaben
sahen neben Leistungs- und Drehmomentsteigerung auf 74 kW und 115 Nm ein
optimiertes Ansprechverhalten bei gleich-
zeitiger Erzielung von geringen Emissionsund Verbrauchswerten vor.
Die Umsetzung wurde realisiert durch
eine Hubvergrößerung um 2,5 mm, eine
Verdichtungserhöhung auf 11,0 und die
Optimierung der Kanalgeometrie im Zylinderkopf sowie der Ventil-Steuerzeiten. Zusätzlich brachte eine detaillierte Analyse
eine Reibmitteldruckreduzierung von bis
zu 20 %. Da das Schwingungsverhalten des
Boxermotors verbessert werden sollte,
wurde eine Ausgleichswelle koaxial in die
Nebenwelle integriert. Die neuen Motorkenngrößen im Vergleich zum Vorgängermodell zeigt die Tabelle 2.
Dipl.-Ing. Wolfgang
Nehse ist Leiter
Entwicklung Antrieb
BMW Motorrad,
München.
Dr.-Ing. Jörg Reissing
ist Projektleiter
Motorsteuerung
BMW Motorrad,
München.
3 Grundmotor
3.1 Kurbelgehäuse
Die im Druckgussverfahren hergestellten
Kurbelgehäusehälften sind vertikal geteilt.
In diese Ebene wurde die Lagerung der in
Fahrtrichtung längs eingebauten Kurbelund Nebenwelle gelegt. Die Verbindung
des Zylinderkopfs mit dem Kurbelgehäuse
erfolgt zusammen mit Zylinderkopfdichtung und Zylinder über jeweils vier durchgehende Zuganker.
Der stirnseitig angeordnete Raum für
den Antrieb von Neben- und Ausgleichswelle wird durch einen Aluminium-Druckgussdeckel verschlossen, in dem zusätzlich
die Lagerung der Ausgleichswelle untergebracht ist. Der hintere Bereich bildet zusammen mit dem an fünf Punkten verschraubten Getriebe den Raum für die Einscheiben-Trockenkupplung.
Das Kurbelgehäuse ist als mittragender
Teil des Fahrwerks ausgebildet. Im oberen
und unteren Bereich befinden sich entsprechende Aufnahmebohrungen für Vor-
1 Einleitung
Tabelle 1: Historie der GS-Modelle bei BMW Motorrad
Table 1: History of the GS models at BMW Motorrad
1980 - 1987
R 80 G/S
797 cm3 ohv 37 kW (50PS)
1988 - 1990
R 65 G/S
649 cm3 ohv 20 kW (27PS)
1996
R 80 G/S Basic
797 cm3 ohv 37 kW (50PS)
1987 - 1996
R 100 GS
980 cm3 ohv 44 kW (60PS)
1987 - 1996
R 80 GS
797 cm3 ohv 37 kW (50PS)
1990 - 1995
R 100 G/S Paris-Dakar
980 cm3 ohv 44 kW (60PS)
1993 - 1999
R 1100 GS
1085 cm3 hc 59 kW (80PS)
1999 - 2000
R 850 GS
848 cm3 hc 51 kW (70PS)
wahlweise 25 kW (34PS)
1999 - 2003
R 1150 GS
1130 cm3 hc 63 kW (85PS)
2002
R 1150 GS Adventure
1130 cm3 hc 63 kW (85PS)
2004
R 1200 GS
1170 cm3 hc 74 kW (100PS)
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
Dr.-Ing. Markus
Braunsperger ist
Leiter Forschung und
Entwicklung BMW
Motorrad, München.
Dipl.-Ing. Stefan
Rudert ist Projektleiter Antrieb BMW
Motorrad, München.
der- und Heckrahmen-Verschraubung sowie für die Lagerung des Längslenkers der
Vorderradgabel.
Umfangreiche Analysen zur Reibleistung ergaben eine deutliche Abhängigkeit
von Ölstand und Druckniveau im Kurbelgehäuse. Kurbel- und Ölraum sind daher
über ein Membranventil getrennt, welches
nur bei Überdruck in der Kurbelkammer
öffnet, um so den Ölrückfluss zu ermöglichen. Dies bewirkt die signifikante Reduzierung von Ventilationsverlusten und Ölverschäumung, wodurch eine Verkleinerung von Ölvolumen und Ölraum um zirka
0,5 l umgesetzt werden konnte.
Im Kurbelgehäuse ist eine nach dem
Trockensumpf-Prinzip arbeitende Ölversorgung mit getrenntem Schmier- und
Kühlölkreislauf integriert. Der externe Ölfilter ist wartungsfreundlich von außen
zugänglich, Bild 2.
Um die erforderliche Gewichtsreduzierung zu erreichen, sind die Wandstärken
über FEM-Berechnung optimiert. Die Umsetzung erfolgte dann durch den Einsatz
innovativer Gusstechnologie in der hauseigenen Gießerei, womit das Gewicht um
zirka 19 % verringert werden konnte.
3.2 Kurbeltrieb
Damit die vorgegebene Leistung erzielt
werden konnte, wurde unter anderem der
Hub von 70,5 mm auf 73 mm erhöht. Der
Zylinderversatz reduzierte sich um zirka
8 %, was zu einer geringeren Biegebelas-
425
TITELTHEMA
BMW Boxermotor
2 Motorkonzept
Bild 1: Der neue Antrieb
der BMW R 1200 GS
Figure 1: The new driving
mechanism of the BMW
R 1200 GS
Tabelle 2: Charakteristische Motorkenngrößen
im Vergleich zum Vorgängermodell
Table 2: Characteristic engine parameters
in comparison to the previous model
Bauart
Zylinderzahl
Ventile pro Zylinder
R 1200 GS
R 1150 GS
Boxer
Boxer
2
2
4
4
Hubraum
[cm3]
1170
1130
Bohrung
[mm]
101
101
Hub
[mm]
73
70,5
0,72
0,7
125
125
11
10,3
Hub/Bohrungsverhältnis
Pleuellänge
[mm]
Verdichtungsverhältnis
Hauptlagerdurchmesser
[mm]
60
55
Pleuellagerdurchmesser
[mm]
48
48
Durchmesser Einlassventil
[mm]
36
34
Durchmesser Auslassventil
[mm]
Nennleistung bei Drehzahl
Nenndrehmoment bei Drehzahl
Motorgewicht n. DIN 70020-B
31
29
[kW] /
[min-1]
74 / 7000
62,5 / 6750
[Nm] /
[min-1]
115 / 5500
98 / 5250
46,0
48,2
Luft / Öl
Luft / Öl
91 / 95
95
[kg]
Motorkühlung
Kraftstoffqualität
426
[ROZ]
tung der Kurbelwelle durch das umlaufende Massenmoment und zu einem kompakteren Kurbelgehäuse führte. Dies wurde
durch schmalere Kurbelwangen erreicht,
in welche die für den 50-%-Massenausgleich erforderlichen Gewichte nur teilweise integriert sind. Der andere Teil der
Ausgleichsmasse befindet sich auf dem
Schwungrad und dem auf der Kurbelwelle
befestigten Antriebszahnrad der Ausgleichswelle. Durch den somit vergrößerten Wirkradius und Hebelarm konnten die
verlagerten Massen entsprechend klein
ausgeführt werden.
Die von der Kurbelwelle über Rollenkette mit halber Drehzahl angetriebene
Nebenwelle ist unterhalb des Kurbelraums
angeordnet. Sie übernimmt den Antrieb
der Ölpumpen und Nockenwellen. Weiterhin ist außerhalb des vorderen Kurbelgehäusedeckels das Riemenrad für den Generatorantrieb auf der Kurbelwelle befestigt,
Bild 3.
Die zum ersten Mal serienmäßig in einem Boxermotor von BMW Motorrad eingesetzte Ausgleichswelle eliminiert die
auftretenden Massenmomente erster Ordnung vollständig. Die Anordnung ist platzsparend koaxial in der hohl ausgeführten
Nebenwelle positioniert. Die Lagerung ist
über Kugellager im vorderen Kurbelgehäusedeckel und in der hinteren Kurbelgehäusewand ausgeführt. Der Antrieb erfolgt
von der Kurbelwelle gegenläufig mit
gleicher Drehzahl über ein geradverzahntes Stirnradpaar. Das Zahnrad des Ausgleichswellenantriebs weist zur Geräuschoptimierung ein sowohl radial wie auch
axial wirkendes Verspannrad sowie die
Unwuchtmasse des vorderen Ausgleichsgewichts auf. Das hintere Ausgleichsgewicht rotiert im ölfreien Raum zwischen
Anlasserzahnkranz und Getriebe, Bild 4.
Der Zahnradtrieb der Ausgleichswelle
dient kurbelwellenseitig gleichzeitig als
Geberrad für die Drehzahlerfassung. Die
für die OT-Erfassung notwendig Lücke
wurde durch Rücknahme zweier Zähne
umgesetzt.
Durch den Einsatz der Ausgleichswelle
reduziert sich die Schwingbeschleunigung
der ersten Motorordnung, was insbesondere ab einer Drehzahl von 4500/min deutlich wird, Bild 5. Neben erhöhtem Fahrkomfort führt dies zu einer deutlich geringeren Belastung der motorseitigen Sensorik und Aktuatorik. Zudem können Anbauteile wie die Abgasanlage dünnwandiger
und somit leichter ausgeführt werden.
Der Leichtbau-Kastenkolben mit drei
Ringen entspricht der Kolbenkonstruktion
des Vorgängermotors, wobei auch hier eine geringfügige Gewichtserleichterung
umgesetzt werden konnte.
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
3.3 Zylinderkopf und Ventiltrieb
Der Vierventil-Zylinderkopf weist weiterhin das bewährte Konzept des Vorgängermotors mit Doppelzündung, Luftkühlung
mit gezielter Wärmeabfuhr im Bereich der
Auslassventile durch Ölkühlung und Einlass-/Auslass-Ventilwinkel von 19° / 22°
auf. Neben einer Vergrößerung der Einlass/ Auslassventile auf 36,35 mm / 31 mm und
Umstellung der Auslassventile auf natri-
3.1 Kurbelgehäuse
Bild 2: Kurbelgehäuse
Figure 2: Crankcase
umgekühlten Schaft wurden Kanäle und
Brennraum grundlegend überarbeitet, wobei Zündkerzen mit 12-mm-Gewinde Verwendung finden.
Der Ventiltrieb mit unterhalb der
Ventilebene angeordneten, kettengetriebenen Nockenwellen und Ventilbetätigung über Stößel, Stoßstangen und an den
vergrößerten Ventilabstand angepassten
Kipphebeln wurde konzeptionell beibehal-
ten, Bild 3. Die konischen Ventilfedern
wurden entsprechend den neuen Nockenerhebungen ausgelegt. Damit konnte die
kleinstmögliche Baubreite des Motors sowie die bekannte Wartungsfreundlichkeit
bei der Ventilspieleinstellung über Stellschrauben beibehalten werden.
3.4 Ölkreislauf
Die Ölversorgung ist in zwei getrennte
Kreisläufe für Zylinderkopfkühlung und
Schmierung aufgeteilt. Beide Kreisläufe
verfügen über je eine in einem gemeinsamen Magnesiumgehäuse gelagerte Duocentric-Pumpe. Die Pumpe für den Kühlölkreislauf saugt das Öl aus dem vorderen,
getrennten Bereich unterhalb der Nebenwelle über einen eigenen Ansaugschnorchel an. Das Öl wird ungefiltert durch die
Zylinderköpfe gepumpt, wo vornehmlich
die Sitze und Führungen der Auslassventile gekühlt werden. Thermostatgesteuert
erfolgt der Rückfluss dann direkt oder über
den Ölkühler in den hinteren Teil des unteren Kurbelgehäuses, der als integrierter
Catchtank ausgeführt ist. Von hier aus
saugt die Schmierölpumpe das Öl durch
den separaten Ansaugschnorchel an und
fördert es über ein Druckregelventil, welches den Öldruck auf 6 bar begrenzt, sowie
den extern angebrachten Ölfilter zu den jeweiligen Schmierstellen, Bild 2.
Das Schmieröl fließt aus den Zylinderköpfen in den Kettenschächten und aus
dem Kurbelraum über das Membranventil
in den Ansaugbereich der Kühlölpumpe
zurück.
3.2 Kurbeltrieb
Bild 4: Nebenund Ausgleichswelle
mit Aufteilung
der Massenkräfte
Figure 4: Auxiliary shaft and
balance shaft
Bild 3: Kurbel- und Ventiltrieb
Figure 3: Crank and valve drive
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
427
TITELTHEMA
BMW Boxermotor
3.5 Kurbelgehäuseentlüftung
Kurbelraum und Ölraum sind durch ein
Membranventil vollständig voneinander
getrennt. Die Blow-by-Gase strömen durch
die Membranzungen über den linken Kettenschacht zu einer von der Nockenwelle
angetriebenen Schleuderscheibe, Bild 2.
Dabei wird der größte Teil der sich in
Schwebe befindlichen Öltropfen abgeschieden, wobei die Abscheidegüte maßgeblich durch den Spaltabstand zwischen
Scheibe und Entlüftungsstutzen beeinflusst wird.
Vom Entlüftungsstutzen werden die
Blow-by-Gase über eine groß dimensionierte, stetig steigende Leitung in den Luftsammler geleitet, dessen Anschlussstutzen
sich an der tiefsten Stelle befindet. Der Luftsammler selbst fungiert als Beruhigungsraum für letzte in der Luft verbliebene Öltröpfchen. Sie können sich absetzen und
während des Motorbetriebs durch die Entlüftungsleitung entgegen den Blow-byGasen zurück in das Kurbelgehäuse fließen.
3.2 Kurbeltrieb
Bild 5:
Schwingbeschleunigungswerte
mit und ohne
Ausgleichswelle
Figure 5: Vibration at acceleration values
with and without balance
shaft
3.6 Kupplung und Getriebe
3.6 Kupplung und Getriebe
Die deutlich gestiegenen Leistungs- und
Drehmomentwerte des neuen Motors
machten für Kupplung und Getriebe eine
Neukonstruktion unumgänglich, ohne jedoch das bisher bewährte Konzept aufzugeben. Die Schwingenlagerung wurde zur
Gewichtsoptimierung aus dem Getriebegehäuse in den Heckrahmen verlegt.
Die Kraftübertragung erfolgt durch eine
Einscheiben-Trockenkupplung, deren mittlerer Reibradius gegenüber dem Vorgänger
um 9 % vergrößert wurde. Durch eine optimierte Gestaltung konnte das Massenträgheitsmoment trotzdem um 10 % reduziert
werden. Dies wird durch die Einführung eines neuen asbest- und schwermetallfreien
Reibbelages unterstützt und wirkt sich positiv auf die Schaltakustik aus. Anpressplatte,
Membranfeder und Zahnscheibe sind einzeln gewuchtet und können somit beliebig
montiert werden. Im Vergleich zum Vorgänger konnte trotz der gesteigerten Anforderung eine Gewichtsreduzierung der
Kupplung um zirka 4 % erreicht werden.
Das Sechsgang-Schaltgetriebe ist eine
völlige Neuentwicklung und weist ein
gegenüber dem Vorgänger um 20 % verringertes Gewicht von nur noch 13 kg auf.
Erstmals kommt bei BMW Motorrad eine
Schrägverzahnung für alle Getrieberäder
zum Einsatz, die durch sanfteren Zahneingriff hohe Laufruhe und Geräuscharmut
gewährleisten, Bild 6.
Die Getriebewellen sind wälzgelagert.
Alle Zahnräder laufen reibungsarm auf
Nadellagern. Bei den Kugellagern handelt
es sich wie bisher um mit Abdichtungen
versehene „Clean-Bearing-Lager“, die den
428
Bild 6: Getriebe der BMW R 1200 GS
Figure 6: Gearbox of the BMW R 1200 GS
Zutritt von Verschmutzungen zum Lager
verhindern. Trotz der geringen Füllmenge
von 0,8 l ist ein Ölwechsel nur alle 40.000
km vorgeschrieben.
Das Schalten der Getrieberäder erfolgt
mittels Schaltwalze, Schaltgabeln und
Schiebemuffen. Die hohle Aluminiumschaltwalze ist kugelgelagert. Die Wälzlagerung von Schaltautomat und Schaltwelle sowie die mit Gleitbuchsen versehenen
Schaltgabeln verbessern nochmals die
Schaltbarkeit und sorgen mit einer überarbeiteten Gangarretierung für eine exakte
Verrastung der einzelnen Gänge.
Zugunsten eines aktiveren Fahrverhaltens wurde eine sehr dynamische Getriebeabstufung gewählt und auf die Schongangcharakteristik des sechsten Gangs
verzichtet. Der 1. Gang erlaubt trialähnlichen Fahrbetrieb und ist ebenfalls kürzer
als beim Vorgänger ausgelegt.
4 Motorperipherie
4.1 Drehstromgenerator
Der Drehstromgenerator der R 1200 GS ist
auf dem Motorgehäuse angeordnet und
wird durch einen elastischen, wartungs-
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
freien Poly-V- Riemen angetrieben, Bild 2. Dessen Vorspannung bei Erstmontage ist auf einen relativ hohen Betrag ausgelegt. Der Riemen wird hierbei mit einem Aufziehwerkzeug so weit überdehnt, dass er über die Riemenscheiben gezogen werden kann. Nach rund zehn Betriebsstunden stellt sich dann ein stabiles Niveau ein, dass der
Riemen bis zum Austausch nach 60.000 km Laufzeit halten kann.
Damit können über die Elastizität des Riemens durch
Drehungleichförmigkeiten hervorgerufene Drehmomentspitzen abgefangen werden. Die Hauptbelastung
liegt hierbei nicht in der Leistungsübertragung zum Generator, sondern im permanenten Wechsel zwischen Beschleunigung und Verzögerung des Lichtmaschinenrotors.
Schwingungen sehen
4.2 Gemischaufbereitung
Das Ansaugsystem der R 1200 GS ist aus den Komponenten Ansaugschnorchel, Airbox, Luftfilter, Saugrohre und
Drosselklappenstutzen aufgebaut, Bild 7. Mit dieser Auslegung wird die klassische Schwingrohraufladung für einen fülligen Drehmomentverlauf realisiert. Die Rohluft
wird durch den Ansaugschnorchel mit einem Diffusorwinkel von 7° über den Luftfilter in die Airbox geführt,
welche ein Volumen von 9 l sowie eine integrierte Batteriehalterung und den Anschluss für die KurbelgehäuseEntlüftung mit Ölrückführung aufweist. Der Luftfilter mit
einer wirksamen Fläche von 0,35 m2 ist als Plattenluftfilter
mit Lochblechversteifung ausgeführt.
Die konischen Saugrohre sind zweigeteilt, wobei die in
der Airbox liegenden Teile mit dieser verschweißt sind.
Der Durchmesser am Saugrohreintritt weist eine Größe
von 55 mm auf. Durch die optimale Gestaltung der Saugrohre konnten die Durchflussbeiwerte gegenüber der
R 1150 GS um nahezu 10 % verbessert werden. Die äußeren
Teile sind mit Spannschellen an Airbox und Drosselklappenstutzen befestigt. Diese sind auf einen Durchmesser
von 47 mm ausgelegt und nehmen je ein Einspritzventil
sowie einen Leerlaufsteller auf. Am linken Stutzen ist zusätzlich ein Potentiometer zur Erkennung der Drosselklappenstellung untergebracht. Der Druckverlust der gesamten Sauganlage bis zu den Drosselklappen beträgt im
Nennleistungspunkt zirka 22 mbar.
V I B R AT I O N E N M E S S E N –
SCHNELL UND B E R Ü H R U N G S L O S
Das ganze Spektrum der Laser-Vibrometrie
für: ■ Forschung
■ Entwicklung
■ Produktion
Berührungslose Schwingungsanalyse, 1- oder
3- dimensional, an einzelnen Punkten oder an
kompletten Flächen beliebiger Messobjekte.
Besuchen Sie uns:
Testing Expo 2004 · Halle 7 · Stand 7073
4.3 Abgasanlage
Der einteilige Krümmer besteht aus den beiden Krümmerrohren und dem Katalysatorgehäuse, in dem der
Metallträger-Katalysator mit den Abmessungen 90 mm x
74,5 mm eingebaut ist. Zur Steigerung des Drehmoments
im unteren und mittleren Drehzahlbereich sind die beiden
Krümmerrohre durch ein Übersprechrohr miteinander gekoppelt.
Durch umfangreiche CFD-Berechnungen konnte bei
der Auslegung des Einströmbereichs eine deutliche Homogenisierung der Geschwindigkeitsverteilung erreicht
werden. Um neben den Gewichtszielen ein schnelles Ansprechen des Katalysators zu erreichen, sind die Krümmer
als dünnwandige Rohre mit einer Wandstärke von 1 mm
bei einem Außendurchmesser von 45 mm ausgeführt. In
den Krümmerrohren ist motornah je eine Lambdasonde
untergebracht.
Der aus drei Kammern aufgebaute Endschalldämpfer
arbeitet nach dem Reflexionsprinzip. Ein integriertes Abgasventil ermöglicht die Erfüllung der Geräuschvorschrif-
!
ng! Miete
Vorführu
!
g
n
78/-104
tu
-1
ra
Be
43) 604
2
7
(0
n
Telefo
tec.de
Lm@poly
POLYTEC GMBH
Polytec-Platz 1-7 · D-76337 Waldbronn
Telefax (0 72 43) 6 99 44
Advancing Measurements by Light
www.polytec.de
TITELTHEMA
BMW Boxermotor
Im momentan gültigen Testzyklus Euro
2 für Zweiräder kann dadurch eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs um 0,5
l/100 km gegenüber dem Vorgängermodell
erzielt werden.
Um die erforderlichen Abgasgrenzwerte zu erfüllen, wird bei der R 1200 GS ein
Metallträger-Katalysator mit den Abmessungen 90 x 74,5 mm und einer Zelldichte
von 200 cpsi verwendet. Die eingesetzte
Platin-Rhodiumbeschichtung zeichnet sich
durch eine hohe Temperaturfestigkeit und
Lebensdauer aus. Die Verwendung von jeweils einer Lambdasonde pro Zylinder ermöglicht eine deutliche Unterschreitung
der momentan gültigen Grenzwerte.
4.2 Gemischaufbereitung
Bild 7: Sauganlage
Figure 7: Suction plant
4.3 Abgasanlage
5.3 Klopfregelung
Um weitgehend unabhängig von der
Kraftstoffqualität zu sein und somit die
Fernreisetauglichkeit der R 1200 GS weiter
zu verbessern, ist der Motor mit einer
Klopfregelung ausgestattet. Die Auslegung
der Zündwinkel wurde mit einer Kraftstoffqualität ROZ 95 an der Klopfgrenze
durchgeführt. Daneben sollte jedoch auch
ein zuverlässiger Betrieb bei minderer
Kraftstoffqualität bis ROZ 91 sicher gewährleistet werden. Dazu ist in der Motorsteuerung eine adaptive, zylinderindividuelle Klopfregelung integriert, welche die
notwendigen Regelhübe auf ein Minimum
reduziert. Die Klopferkennung erfolgt über
Körperschallsensoren, die jeweils an den
Zylindern adaptiert sind. Durch umfangreiche Analysen der Signalübertragungswege und Filterung der Signale konnte eine zuverlässige Klopferkennung bis zur
Maximaldrehzahl realisiert werden [2].
Bild 8: Abgasanlage R 1200 GS
Figure 8: R 1200 GS exhaust plant
ten bei kleinstmöglichem Volumen. Dieses
Ventil verändert durch eine interne pneumatische Übersetzung, welche durch den
Abgasgegendruck gesteuert wird, den
Strömungsquerschnitt im Endschalldämpfer. Dadurch ergibt sich im niedrigen Lastbereich ein angenehm leises Geräusch. Bei
hoher Last ermöglicht dieses Ventil die volle Leistungsentfaltung sowie die gleichzeitige Reduzierung von Strömungsgeräuschen durch Absenkung der Gasgeschwindigkeit, Bild 8.
5 Funktionseigenschaften
5.1 Leistung und Drehmoment
Durch die grundlegende Überarbeitung
und Optimierung aller Motorbauteile sowie der gesamten Peripherie einschließlich
des Motormanagements konnten die in
den Zielvorgaben festgelegten Werte für
Leistung und Drehmoment von 74 kW bei
7000/min und 115 Nm bei 5500/min mit
dem neuen Boxermotor erreicht werden.
430
Dies bedeutet eine Steigerung gegenüber
dem Vorgängermotor von annähernd 18 %,
Bild 9.
Bei der Motorabstimmung wurde größten Wert auf einen harmonischen Leistungsverlauf gelegt, um Fahrbarkeit und
Ansprechverhalten im Fahrzeug weiter zu
verbessern.
5.2 Verbrauch und
Abgasemissionen
Durch die umgesetzten Maßnahmen zur
Steigerung des thermodynamischen Wirkungsgrades, wie Erhöhung des Verdichtungsverhältnisses auf ε = 11, Stereo-Lambdaregelung, vollsequenzielle Einspritzung,
Einsatz der Doppelzündung und die deutliche Reduzierung der Reibleistung konnte
eine drastische Absenkung des spezifischen Kraftstoffverbrauchs gegenüber
dem Vorgängermodell erreicht werden.
Der Bestpunkt liegt bei zirka 4000/min bei
einer spezifischen Arbeit von 0,9 kJ/l und
beträgt zirka 240 g/kWh, Bild 10.
5.4 Motormanagement
Verglichen mit Einsatzbedingungen in modernen Pkw muss die Motorsteuerung im
Zweirad deutlich höheren Anforderungen
genügen [3]. Folgende Funktionen des
Bordnetzes wurden in die Motorsteuerung
integriert:
■ Stromverteilung für Motor-Nebenaggregate
■ Integration der elektrischen Sicherungsfunktionalitäten
■ Integration der erforderlichen Sicherheitsabschaltungen
■ Kommunikation zu Werksprogrammier- und Diagnosesystemen
■ Gateway-Funktion für Datenbus-System.
Die Absicherung der elektromagnetischen Verträglichkeit der Motorsteuerung
gegen eingekoppelte oder leitungsgebundene Störungen erforderte geeignete Optimierungen von Hard- und Software.
Weiterhin stellten die auftretenden
Schwingbeschleunigungen von bis zu 30 g
eine große Herausforderung für die Ent-
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
5.1 Leistung und Drehmoment
5.2 Verbrauch und Abgasemissionen
Bild 9:
Vergleich
der Volllastkurven BMW
R 1200 GS
und R1150 GS
Figure 9:
Comparison of
the BMW R
1200 GS and
R1150 GS
curves at full
load
Bild 10: Spezifisches Verbrauchskennfeld
Figure 10: Specific consumption mapping
wicklung sowohl des Steuergerätes als
auch der Sensorik und Aktuatorik dar.
Um den Anforderungen bezüglich Fahrbarkeit, Emissionsverhalten und Komfort
gerecht zu werden, wurde in der Motorsteuerung eine drehmomentbasierte
Funktionsstruktur umgesetzt. Die Momentenstruktur ermöglicht gezielte Eingriffe
auf das Motormoment, um dieses auf
unterschiedlichste Anforderungen anpassen und koordinieren zu können. Daneben
zeichnet sich die Motorsteuerung durch
folgende Funktionalitäten aus, Bild 11:
■ sequenzielle Kraftstoffeinspritzung und
Zündung
MTZ 6/2004 Jahrgang 65
■ Doppelzündung mit Einzelzündspulen
und Möglichkeit der phasenversetzten
Zündung pro Zylinder
■ zylinderindividuelle Klopfregelung
■ Leerlaufregelung über Leerlaufsteller
■ Stereo-Lambdaregelung zur zylinderindividuellen Regelung des Luft-/Kraftstoffverhältnisses
■ Synchronisation über Nockenwellensensor
■ Temperatursensoren am Zylinderkopf
für optimalen Warmlauf.
Die Diagnose der Motorsteuerung umfasst außer den Zündungskomponenten
sämtliche Aktuatoren und Sensoren. Nach
Möglichkeit werden die Bauteile einer
elektrischen Überprüfung unterzogen.
Falls diese nicht durchgeführt werden
kann, erfolgt die Überwachung durch Plausibilisierungen. Eine Onboard-Diagnose ist
bei Motorrädern gesetzlich noch nicht vorgeschrieben und wird deshalb in der Motorsteuerung nicht berücksichtigt. Eine Erweiterung auf die entsprechenden Funktionalitäten ist jedoch möglich.
6 Zusammenfassung
Mit dem neuen Boxermotor für die BMW R
1200 GS sind auf Basis des bewährten Kon-
431
TITELTHEMA
BMW Boxermotor
5.4 Motormanagement
Bild 11: Anordnung
von Sensorik und
Aktuatorik
Figure 11: Arrangement of sensors
and actuators
motorradspezifische Funktionalitäten zur
Fahrbarkeit eingeführt werden, die gleichzeitig eine deutliche Unterschreitung der
zulässigen Emissionsgrenzwerte erlauben.
Im Fahrbetrieb bedeutet dies eine deutliche Verbesserung der Fahrleistungen, des
Fahrkomforts und des Ansprechverhaltens. Die traditionellen Grundsätze des Antriebskonzeptes sowie die Freude am Fahren auf motorradtypischem Terrain können durch die neue BMW R 1200 GS in
überzeugender Weise fortgeführt werden.
Literaturhinweise
[1]
[2]
[3]
zepts alle wesentlichen Komponenten neu
entwickelt worden. Durch die konsequente Weiterentwicklung von Motormechanik
und Thermodynamik des Motors konnte
bei einer Leistungssteigerung von 18 % der
Verbrauch im Zyklus um rund 8 % reduziert werden. Gleichzeitig wurde das Gewicht des gesamten Antriebsstrangs um
nahezu 12 % verringert, ohne die BMW-typische Robustheit auch bei schwerem Geländebetrieb zu beeinträchtigen. Die Neukonzipierung von Kupplung und Getriebe
ergaben signifikante Fortschritte bezüglich
Akustik und Schaltbarkeit. Durch die Einführung einer neuen Motorsteuerung mit
zusätzlicher Sensorik konnten notwendige
In eigener Sache
In unserem ATZ-MTZ-Sonderheft
„Die neue SLK-Klasse“ vom April 2004
fehlt im Fachbeitrag
„Karosserie – solide Basis“ auf Seite 43 oben
eine kurze Textpassage. Deshalb drucken wir hier
nochmals den vollständigen Abschnitt.
Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
Die Redaktion
Braunsperger, M.; Heyl, G.: Entwicklungstendenzen im Motorradbau aus Sicht von BMW
Motorrad, Tagung „Entwicklungstendenzen im
Motorradbau“, Zwickau, 2002
Holzer, H.; Reissing, J.; Biermeier, F.-X.; Nehse, W.; Braunsperger, M.; Philipp, H.; Kelz, E.:
Lokalisierung von Klopfzentren an Motorradmotoren, Tagung „Klopfregelung für Ottomotoren, Trends für Serienentwickler“, Berlin,
2003
Kremer, W.; Reissing, J.: Motorradspezifische
Anforderungen an Motorsteuerungen, Tagung
„Entwicklungstendenzen im Motorradbau“,
München, 2003
For an English version of this article,
see MTZ worldwide
For information on subscriptions,
just call us or send an email or fax.
MTZ
Vieweg Verlag Postfach 1546 D-65173 Wiesbaden
Hotline 06 11/78 78-151 Fax 06 11/78 78-423
email: [email protected]
Optisch bestechen die neuen, deutlich
konturierten Sportsitze durch ihre charakteristische Y-förmig verlaufende Abheftgrafik in Kissen und Lehne sowie die formintegrierte, höhenverstellbare Kopfstütze.
Die Bezüge sind in schwarzem Stoff mit
Rautenmuster, optional als Classic-Leder in
fünf Farben und in tobaccobraunem Nappaleder erhältlich. Die optionale Sitzheizung erwärmt sowohl die Spiegelflächen
als auch die inneren Seitenwangen von
Sitzkissen und Lehne in drei wählbaren
Stufen.
6.1 Der neue SLK-Sitz
mit Airscarf
Unter dem Namen Airscarf debütiert in der
neuen SLK-Klasse eine Weltneuheit, welche
das Vergnügen des Offenfahrens auch bei
niedrigeren Außentemperaturen ermöglicht. Durch den in drei Leistungsstufen zuschaltbaren Warmluftstrom aus der Kopfstütze, welcher Schulter- und Nackenpartie
der Insassen erwärmt, lässt sich die Roadstersaison auch in die Übergangszeiten
Frühling und Herbst erweitern. In die Sitzlehne ist ein Gebläse mit einem Luftführungssystem integriert, das Innenraumluft
ansaugt, erwärmt und aus einer Düse in
der Kopfstütze auf Höhe des Nackens und
der Schultern ausströmen lässt, Bild 21.
Vollsimulation instationärer Fahrzustände
Wir holen alle Straßen
für Sie ins Labor
Früher war die Straße Ihr Testlabor. Heute ist Ihr Testlabor besser als die Straße. Denn wir bieten Ihnen
die Vollsimulation instationärer Fahrzustände am Motor mit CAN-Bus-Funktionalität und Simulation der
Kommunikation mehrerer Steuergeräte untereinander. Auf dynamischen Prüfständen bringen wir Sie schneller
zu realistischen, reproduzierbaren Testergebnissen. Inklusive Abgasmessungen mit Modalanalyse und
CVS-Analyse. Erledigen Sie Autobahntests, Stadtfahrzyklen, EUDC-Tests, FTP75-Tests sowie Ihre Emissionsentwicklungen und Motorkalibrierung doch einfach bei uns.
Ganz so wie auf der Straße – nur schneller.
ElringKlinger Motortechnik GmbH | Richard-Klinger-Straße 8
D-65510 Idstein | Fon 061 26 / 22-305 | Fax 061 26 / 22-342
[email protected] | www.elringklingermotec.de