Urteile über Willy Brandt - Bundeskanzler Willy Brandt Stiftung
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Urteile über Willy Brandt - Bundeskanzler Willy Brandt Stiftung
Stimmen zu Willy Brandt Eine Auswahl zusammengestellt von Dr. Wolfgang Schmidt, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Berlin, 2013 1. Zeitgenössische Urteile Oberstudienrat Dr. Kramer, Lehrer für Englisch und Französisch am Johanneum in Lübeck (ca. 1930): „Bei einer Gelegenheit ließ er meine Mutter wissen: ‚Halten Sie Ihren Sohn von der Politik fern! Der Junge hat gute Anlagen, es ist schade um ihn. Die Politik wird ihn ruinieren.‘“ Quelle: Willy Brandt: Mein Weg nach Berlin. Aufgezeichnet von Leo Lania, München 1960, S. 36. Aus dem Protokoll einer Klassenkonferenz am Johanneum in Lübeck (1931): „Frahm ist nach Aussage seiner Mutter, die das bedauert, ein Fanatiker seiner Überzeugung – eine häufige Zeiterscheinung bei jugendlichen Menschen.“ Irmgard Enderle über die gemeinsame Zeit im Exil: „Er war immer vollkommen von der Politik besessen, und alles war für ihn Politik und Beschäftigung mit der Politik. Aber er konnte im Freundeskreis außerordentlich losgelöst und fröhlich sein, erzählte und hörte gern Witze und war ungeheuer hilfsbereit gegenüber allen Freunden.“ Quelle: Carola Stern: Willy Brandt, Reinbek 2002, S. 38. Fritz Bauer (1946): „Er ist nicht nur sympathisch, sondern auch sehr tüchtig. (...) Er ist ein Mann, der in internationalen Kreisen leicht Freunde gewinnt und unter oft schwierigen Verhältnissen in Stockholm die 2. Internationale zu einigen verstand. (...) Er ist in der Emigration ein an den Westen, insbesondere Amerika assimilierter Journalist geworden.“ Quelle: Schreiben von Fritz Bauer an Kurt Schumacher, 23.5.1946, in: AdsD, NL Schumacher, 64). Welt am Sonntag (1956): „Er ist der geistige Sohn Ernst Reuters (…). Die Berliner fangen an, auf ihn zu hören. Seine Stimme gewinnt einen Klang, dem sich die Ohren und die Herzen der Insulaner öffnen. (…) In Berlin fand er den Meister und fand er die Heimat. Berlin braucht ihn heute, aber es darf ihn nicht fesseln.“ Quelle: „Der Erbe Ernst Reuters“, in: Welt am Sonntag, 8.1.1956. Berliner Zeitung (1956): „Trommelbube des kriegslüsternen amerikanischen Imperialismus und eifriger Gauleiter Adenauers im West-Berliner NATO-Reich. Sein Beruf: Spitzenagent anglo-amerikanischer Geheimdienste seit 1935. (…) Er heißt übrigens Willy Brandt und zählt gegenwärtig 41 Lebensjahre, von denen mehr als 20 ausschließlich dem gewissenlosesten Verrat an der deutschen Arbeiterklasse gewidmet waren.“ Quelle: Berliner Zeitung (Ost-Berlin), 20.1.1956. Die Zeit (1957): „Brandt ist unter allen Berliner Politikern der beste Bürgermeister-Kandidat. Seine Liberalität macht ihn auch den nichtsozialistischen Parteien genehm.“ Quelle: „Kandidat für Reuters Stuhl“, in: Die Zeit, 19.9.1957. Rheinische Post (1957): „Brandt besitzt dieses schwer definierbare Fluidum. Er ist kein mitreißender Volksredner; dazu ist seine Stimme zu spröde, seine Sprache zu bedächtig, seine Gedankenführung nicht simpel genug. Aber er vermag in seinen – stets freien – Reden Freunde zu packen, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Indifferente zu überzeugen und Gegner mit geschliffenem Florett aufzuspießen. Zudem sieht er gut aus und strahlt einen fast jungenhaften Charme aus.“ Quelle: „Der Mann ohne s-t“, in: Rheinische Post, 5.10.1957. Christ und Welt (1957): „Das ist vielleicht Willy Brandts größte Stärke: seine menschliche Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit und seine mangelnde Begabung, verbissen zu sein. (...) Die Gegner der deutschen Sozialdemokratie haben allen Grund, diesen Typ des Sozialdemokraten von morgen genau zu studieren. Er wird ein schwieriger Widerpart sein, weil er welt- und wirklichkeitsoffen ist.“ Quelle: „Willy Brandt / Sozialist von morgen“, in: Christ und Welt, 10.10.1957. US-Regierung (1957): • „Given Brandt’s age and talent, we may also expect him to differ from Schreiber and Suhr also in the fact that the position of Governing Mayor may not be for him the climax of a political career, but another rung of a ladder which, given an eventual improvement in his party’s position, could eventually bring him to the Chancellorship.“ • „As far as representational activities are concerned, and they comprise one of the most significant aspects of the job, Brandt can be expected to represent Berlin to the world with an understanding and dignity which Suhr unfortunately often lacked.“ • „There is no question of Brandt’s courage, physical or moral. He will keep a cool head in a bad spot.“ • „Brandt is also an exceedingly deliberate man. He does little on impulse; every move is studied. Though he has many ardent supporters, he is very much the lone wolf. He is undoubtedly very ambitious. But he has a curious diffidence which would make him rather vulnerable in a knock-’em-down, drag-’em-out political battle.“ • „Brandt is a man of his word and we can work well with him, but his pro-Americanism is not unqualified. There is no question that he is Western-oriented and antiCommunist (or as his party is wont to say, ,anti-Stalinist‘), but he remains a SocialDemocrat with much of the intellectual confusion which his party comrades have shown with respect to foreign policy and rearmament issues.“ • „He appeals to all the German impatience with the existing situation by implying that Western policy is outdated, that new (but unspecified) courses must be followed, etc. Brandt appears convinced that Communism is capable of reform and he appears to be very impressed by both Tito and Gomulka.“ • „In sum, with all his stirring denunciation of Communism, Brandt may underestimate the Communist threat.“ Quelle: „Election of Willy Brandt as Governing Mayor of Berlin“, in: Confidential, Office Memorandum, United States Government, 3.10.1957. The Times (1958): „He has a face of a kindly, thoughtful but determined boxer. He speaks well, with calm and sincere emphasis, and meets the Press with a directness and charm which disarm criticism. He photographs well, which is not the least of his assets in the television age, and has a very wide appeal among the all-important women voters. To most Berliners he seems to represent youthful vigour, courage, and sincerity. He speaks almost perfect English.“ Quelle: „Herr Brandt´s rapid rise as a German leader“, in: The Times (London), 9.12.1958. Die Welt (1958): „Seine Volkstümlichkeit ist groß, und er hat eine internationale Stellung wie wenige Sozialdemokraten, wie überhaupt wenige Leute in der Bundesrepublik gewonnen. (...) Schon flüstern manche, Willy Brandt sei der künftige Kanzlerkandidat der Sozialdemokratie.“ Quelle: „Der Gegner als Freund“, in: Die Welt, 13.12.1958. Der Tagesspiegel (1958): „Noch nie hat sich die französische Massenpresse mit solchem Schwung auf einen deutschen Politiker geworfen wie auf Brandt. (...) Und die Franzosen finden, der Neue habe, 2 Stimmen zu Willy Brandt was den deutschen Politikern sonst nicht gegeben sei: Charme.“ Quelle: „Brandt, der Star der ersten Pariser Konferenztage“, in: Der Tagesspiegel, 16.12.1958. Paris Journal (1958): „Seine Intelligenz, seine Dynamik und sein Humor haben die Berliner und ganz Westdeutschland erobert. Das geht so weit, daß man ihn jetzt als einen ernsthaften Rivalen Bundeskanzler Adenauers betrachtet, dem er gelegentlich die Stirn zu bieten weiß.“ Quelle: Zit. nach Hannoversche Presse, 16.12.1958. Frankfurter Allgemeine Zeitung (1958): „Die Register der Publicity beherrscht er meisterhaft. (...) Journalisten sind für ihn Kollegen geblieben. Er bittet sie mit gewinnendem Freimut um eine Zigarette, wenn ihm die eigenen ausgegangen sind. (...) Wenn man Brandt gegenübersitzt und mit ihm spricht, schaut man in angestrengt arbeitendes Gesicht mit energischem Kinn, intelligenten Augen und Fältchen, vom Sinn für Humor geprägt. (...) Seine politischen Ambitionen gönnen ihm nicht viel Zeit für Häuslichkeit. Eine erstaunliche Robustheit äußert sich auf dem Parkett zuweilen auch in witzigen, aber zuweilen arg scharf gewürzten Bemerkungen, die manchen Partner schwer schlucken machen. Auch zur Geselligkeit gehört für ihn die hartnäckige politische Diskussion.“ Quelle: „Der junge Bürgermeister von Berlin“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.1958. Basler Nachrichten (1958) „Brandt ist ein kühler Rechner und wirkt zudem wie der kühne Held eines amerikanischen Abenteuerfilmes.“ Quelle: „Willy Brandt, der neue deutsche Star“, in: Basler Nachrichten, 19.12.1958. Deutsche Wochenschau (1959): „Im strömenden Regen erwies man dem Mr. Berlin auf seiner Fahrt zum Rathaus mit der Konfetti-Parade eine Ehre, die nur ganz besonders populären Gästen zuteil wird. Die Bürger der größten Stadt der Welt demonstrierten auf ihre unverwechselbare Art ihre aufrichtige Sympathie. Für das Ehepaar Brandt war dieser Besuch zweifellos ein großer persönlicher Erfolg. Ein Erfolg, an dem Frau Rut Brandt einen guten Anteil hatte.“ Quelle: Bericht der Deutchen Wochenschau über den Besuch Willy Brandts in New York am 10.2.1959. Neues Deutschland (1959): „Man kann es beim besten Willen nicht bestreiten, Willy Brandt nimmt seine Rolle als eifrigster Laufbursche Adenauers sehr ernst. (...) Nichts liebt er mehr als Beliebtheit bei den Schürern und Nutznießern der Verschärfung internationaler Spannungen, wobei er seinen Herrn und Meister Adenauer noch zu übertreffen sucht.“ Quelle: „Unternehmen Dörrgemüse“, in: Neues Deutschland, 20.3.1959. Die Presse der Sowjetunion (1959): „Nomen est omen; denn Herr Brandt führt sich wie ein Brandstifter auf. (...) Brandt, alias Frahm, gehörte zu denen, die im Spanischen Bürgerkrieg den Putsch im Hinterland der Republikaner organisierten. (...) Mit seiner Hilfe wurde Westberlin immer mehr amerikanisiert und mit Dollarkapital überschwemmt. (...) Herrscher von Dollarsgnaden – diese Worte könnten Brandts Visitenkarte zieren.“ Quelle: Die Presse der Sowjetunion (Berlin-Ost), 29.3.1959. Time Magazine (1959) „Wenn heute Brandt irgendwo vorübergeht, erklärt mancher westdeutsche Politiker voll Vertrauen: hier geht der künftige Bundeskanzler. Falls Willy je seinen Traum verwirklichen und die Sozialdemokratische Partei modernisieren kann, mögen sie recht behalten.“ Quelle: Zit. nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.5.1959. 3 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Konrad Adenauer (1960): „Der Herr Brandt habe doch auf seinem eigentlichen Gebiete, nämlich in Berlin, bisher noch gar nichts geleistet. Reuter habe mehr geleistet, dessen Nachfolger auch. Brandt aber könne nur repräsentieren und Reden halten, aber ob er arbeiten könne, das habe er noch nicht gezeigt.“ Quelle: Adenauer: „... um den Frieden zu gewinnen“. Die Protokolle des CDU-Bundesvorstands 19571961, Düsseldorf 1994, S. 710. Franz Josef Strauß (1961): „Eines aber wird man doch Herrn Brandt fragen dürfen: Was haben Sie 12 Jahre lang draußen gemacht? Wir wissen, was wir drinnen gemacht haben.“ Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.2.1961. Konrad Adenauer (1961): „Wenn einer mit der größten Rücksicht behandelt worden ist von seinen politischen Gegnern, dann ist das der Herr Brandt alias Frahm.“ Quelle: Alias Frahm, in: Der Spiegel, Nr. 35/1961, S. 18. Aktuell (1961): • „Man hat diesen Mann überfordert. Er hat kein Durchstehvermögen. Der Osten weiß über Brandt genau Bescheid. (...) Man könnte ihn erpressen.“ • „Er ist imstande, auf jedem Empfang aufzufallen. (...) Über ‚Willy, den Schlechtangezogenen‘, könnte man einen eigenen Bildband machen.“ • „Die Wahlprospekte der SPD machen aus dem ‚charmanten Bel ami‘ beinahe einen ‚Super-Bürgerlichen‘.“ • „Der Name Willy Brandt wird in kurzer Zeit aus den Schlagzeilen verschwinden. Er wird vergessen werden.“ Quelle: Sein Weg nach Berlin, in: Aktuell – Deutsches Wochenmagazin, Nr. 9, 9.9.1961, S. 20–47. Golo Mann (1968): „Der beste Außenminister (...) seit es ein deutsches Auswärtiges Amt gibt.“ Quelle: Golo Mann in einer Fernsehsendung mit Günter Grass, 21.10.1968, in: AdsD, WBA, A 8, 77. Neues Deutschland (1968): „Wenn Brandt aus der Geschichte überhaupt etwas gelernt hat, dann nur, wie er die westdeutsche Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit noch geschickter und raffinierter als seine Vorgänger irreführen und betrügen kann.“ Quelle: „Die feine Moral eines Ministers / Was Willy Brandt aus der Geschichte gelernt hat“, in: Neues Deutschland, 4.12.1968. Kurt Georg Kiesinger (1969): „Wenn der nur nicht so verdammt seriös geworden wäre.“ Quelle: Zit. nach „Signale nach links“, in: Der Spiegel, Nr. 38/1969, S. 34-38 (S. 34). Deutsche National- und Soldatenzeitung (1969): „Willy Brandt, der Mann mit dem roten Kompaß, war stets ein falscher Prophet. Er stand unzählige Male vor den Trümmern seiner, auf Illusionen aufgebauten politischen Ideenwelt, die er für ‚realistisch‘ gehalten hatte, und ebenso oft ersetzte er die zerronnenen Wunschträume und in Rauch aufgegangenen Utopien durch neue. Seine Amtszeit als Bundesaußenminister war die bisher erfolgloseste der deutschen Nachkriegspolitik, auch wenn seine sozialistischen Freunde im In- und Ausland das Gegenteil behaupten. Ein solcher Mann darf nie und nimmer deutscher Bundeskanzler werden.“ Quelle: „Darf dieser Mann Kanzler werden? Wir enthüllen BRANDTS Vergangenheit“, in: Deutsche National- und Soldatenzeitung, 29.8.1969. 4 Stimmen zu Willy Brandt Süddeutsche Zeitung (1969): „Denn wohl jeder fühlt sich wehrlos gegen Sympathiegefühle für diesen Willy Brandt, der es im Leben nie leicht gehabt hat, weil er sich das Leben schwer macht.“ Quelle: Hans Ulrich Kempski: „Hier stehe ich und kann nicht anders“, in: Süddeutsche Zeitung, 16.9.1969 (zit. nach Achim Zons: Das Denkmal, München 1984, S. 23). Der Abend (1969): „Willy Brandt ist kein Dynamiker und Mann großer politischer Entwürfe. Er wird nicht wie Kennedy Ausgangspunkt neuer Ideen sein oder wie Adenauer seine Politik einer durch nichts zu erschütternden Zielvorstellung unterordnen. Brandt bedarf des Anstoßes, um aktiv zu werden. Dabei registriert er alle sich anbahnenden Entwicklungen. Er hat ein hervorragendes Gespür dafür, was in einer bestimmten Situation verwirklicht werden kann. (...) Brandt wird als Kanzler einen kollektiven Führungsstil pflegen. Er ist kein Mann der einsamen Entschlüsse. Er braucht das Gespräch, die Diskussion, um seine Meinung zu finden. Wird ein Thema beraten, kann keiner vorhersagen, welchen Standpunkt Brandt einnehmen wird. Hat er eine Auffassung gewonnen, hält er daran bis zur Starrköpfigkeit fest.“ Quelle: „Der Außenseiter vor dem endgültigen Durchbruch?“, in: Der Abend, 21.10.1969. The Times (1969): „Er ist ein guter Europäer und ein guter Mann.“ Quelle: „Ein guter Mann“, in: The Times (London), 22.10.1969. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 16. Axel Springer (1970): „Die Träume Willy Brandts von ‚veränderten Verhältnissen‘, von Kooperation statt Konfrontation sind genau das, nämlich Träume.“ Quelle: „In Sorge grüßt Sie ihr Axel Springer“, in: Der Spiegel, Nr. 5/1970, S. 52. Frankfurter Rundschau (1970): „Das Maß an Respekt, das dem deutschen Bundeskanzler Willy Brandt in Frankreich entgegengebracht wird, ist wohl nur mit dem zu vergleichen, das von deutschen Nachkriegspolitikern Konrad Adenauer genoß. (…) Der ‚breitschultrige‘ Kanzler mit den ‚kräftigen Kinnbacken‘ steht synonym für ein ‚selbstbewußtes‘, „erwachsen ‚gewordenes‘ Deutschland, auch mit aller Skepsis wird es gesagt, für deutsche ‚Dynamik‘ und ‚Energie‘. Quelle: „Ein Kanzler ohne Komplexe“, in: Frankfurter Rundschau, 28.1.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 25. Die Welt (1970): „Brandt betreibt Ostpolitik nicht nur dem Zwange gehorchend, sondern auch aus Passion. Die europäische Friedensordnung ist für ihn ein moralisches Postulat, eine Art Wiedergutmachung nach Osten hin.“ Quelle: „Die 101 Tage des Kanzlers Willy Brandt“, in: Die Welt, 2.2.1970. Süddeutsche Zeitung (1970): „Brandt macht sich ein Privileg daraus, den Ministern die Chance zu geben, sich vorteilhaft ins Licht zu rücken. Eine geschickte Übung. Sie nährt nämlich keineswegs den Verdacht, daß der Kanzler bei manchen Themen wenig sattelfest sei. Sie zwingt vielmehr den Eindruck herbei, daß sich hier ein Team präsentiert, dessen Chef sicher genug ist, auch andere neben sich gelten zu lassen.“ Quelle: „Der Kanzler dämpft Triumphgefühle“, in: Süddeutsche Zeitung, 2.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 70. Le Figaro (1970): „Willy Brandt, Kanzler, das ist das neue Bild eines von Komplexen befreiten Deutschlands, und man kann vorerst nur schwer die Bedeutung dieser stillen Revolution ermessen. (…) 5 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Brandt ist schon drei Monate nach seinem Amtsantritt der starke Mann Europas, und er hat noch nicht alle seine Karten ausgespielt.“ Quelle: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 26. Combat (1970): „Mit 57 Jahren Treppen zu steigen wie ein junger Mann, moderne Anzüge zu tragen, die vom besten Schneider Berlins gearbeitet sind, ebenso fähig zu sein, im Mittelmeer zu schwimmen wie eine Nacht durchzuarbeiten, das läßt schon einen neuen Stil voraussagen.“ Quelle: „Wie Willy Brandt Deutschland regiert“, in: Combat (Paris), 3.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 28. Berlingske Tidende (1970): „Willy Brandt rechnen wir als einen der Unsrigen, und etwas Höheres kann man nicht erreichen, wenn es gilt, unsere Achtung und unseren Respekt zu erlangen. Kein deutscher Regierungschef hat ein so enges Verhältnis zum Norden gehabt wie Willy Brandt.“ Quelle: „Der Freund aus Bonn“, in: Berlingske Tidende (Kopenhagen), 13.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 81. Aktuelt (1970): „Er repräsentiert das Beste des modernen Deutschlands. Er ist die Personifizierung einer Haltung, die mit dem Fall der Weimarer Republik unterging, als sie sich noch im Entwicklungsstadium befand: eine echte demokratische Haltung.“ Quelle: „Ein guter Deutscher“, in: Aktuelt (Kopenhagen), 14.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 82. Toronto Daily Star (1970): „Willy Brandt hat nicht die Absicht, sich mit dem Lauf der Geschichte abzufinden. Er beabsichtigt sie vielmehr zu verändern.“ Quelle: „Ein liebenswürdiger Deutscher, der die Geschichte verändern will“, in: Toronto Daily Star, 28.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 31. The Times (1970): „Er hat stets den Eindruck eines Menschen vermittelt, der der Vernunft das Wort redet, mit Würde und Leidenschaft – eine Kombination, die man bei Politkern nicht unbedingt als üblich voraussetzen kann.“ Quelle: „Herr Brandt in London“, in: The Times (London), 28.2.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 72. The Daily Telegraph (1970): „Von dieser Seite des Kanals aus gesehen, hat es niemals einen besseren deutschen Kanzler gegeben als den, der uns diese Woche besucht. (…) Seine antinazistische Vergangenheit, sein tapferes Auftreten als Regierender Bürgermeister von West-Berlin in kritischen Jahren und seine beständige Würde haben ihm allgemeine Achtung verschafft.“ Quelle: „Großbritanniens Freund aus Westdeutschland“, in: The Daily Telegraph (London), 2.3.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 73 f. Morgenbladet (1970): „In der internationalen Politik hat er mehr zu sagen, als je ein anderer deutscher Staatsmann nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches gehabt hat. In der Allianz zwischen den USA und Westeuropa ist er die Nummer zwei nach Nixon. Aber seine starke Position beruht auch darauf, daß man volles Vertrauen zu seiner demokratischen Gesinnung und seiner persönlichen Integrität hat.“ Quelle: „Brandts Aufgabe in Norwegen“, in: Morgenbladet (Oslo), 17.4.1970. Abgedruckt in: Was hält 6 Stimmen zu Willy Brandt die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 87. Look (1970): „Tatsächlich ist Brandt vielleicht der attraktivste Kanzler, den Deutschland seit der Zeit gehabt hat, als Otto ‚Blut und Eisen‘ von Bismarck vor neunundneunzig Jahren das Deutsche Reich errichtete und Adolf Hitler die kultivierten Deutschen eines Goethe in häßliche Ausrotter von Juden und Slawen verwandelte.“ Quelle: „Holt die GIs nicht aus Europa heraus“, in: Look (New York), 21.4.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 98. Washington Post (1970): „Brandt hat auch das sine qua non des heutigen Politikers gemeistert: das Fernsehen. Er erscheint dort nicht als geschickter Akteur, sondern als der gute Deutsche, der geradeheraus mit gesundem Menschenverstand zu seinen Landsleuten spricht.“ Quelle: „Deutschlands Wirtschaftswunder hat ein politisches Gegenstück“, in: Washington Post, 29.4.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 35 f. Le Monde (1970): „Er hat während des Krieges nicht gezögert, gegen seine Landsleute, die von Hitlers Träumen geblendet waren, eine ausländische Uniform anzuziehen; er hat aber auch, als dies die Uniform des Siegers wurde, nicht gezögert, seinen Landsleuten zu einem Zeitpunkt zu dienen, als deren Schicksal außerordentlich schwer und dunkel erschien.“ Quelle: „Die Entspannung und Europa“, in: Le Monde, 17.9.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 113. Le Soir (1970): „Vor den Schwierigkeiten nicht zögernd, nimmt er die Probleme mit gleichmütiger Kühnheit und mit einer beruhigenden Kaltblütigkeit in Angriff, die den Eindruck vermittelt, daß er, wohl wissend, was er will, über die unmittelbaren Nebensächlichkeiten hinausgeht und ein großes Ziel verfolgt.“ Quelle: „Willy Brandt und die Ost-West-Beziehungen“, in: Le Soir (Brüssel), 18.9.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 115. Washington Daily News (1970): „Zu seiner Ehre muß gesagt werden, daß Brandt jegliche Romantik, nationalistische Gefühle und Rachegedanken beiseite läßt und sich darauf konzentriert, das Äußerste aus den realen Möglichkeiten Westdeutschlands herauszuholen.“ Quelle: „Brandts historische Schritte“, in: Washington Daily News, 17.11.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 119. Il Messaggero (1970): „In bezug auf die Bundesrepublik Deutschland des Jahres 1970 können wir sagen, daß – gemäß einem alten, geradezu machiavellistischen Grundsatz – ein neuer Mann an der Regierung auch ein neues Land machen kann.“ Quelle: „Der neue Mann“, in:Il Messaggero (Rom), 23.11.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 89. Der Spiegel (1970): „Wenn dieser nicht religiöse, für das Verbrechen nicht mitverantwortliche, damals nicht dabeigewesene Mann nun dennoch auf eigenes Betreiben seinen Weg durchs ehemalige Warschauer Getto nimmt und dort niederkniet – dann kniet er da also nicht um seinetwillen. Dann kniet er, der das nicht nötig hat, da für alle, die es nötig haben, aber nicht da knien weil sie es nicht wagen oder nicht können oder nicht wagen können. Dann bekennt er sich 7 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung zu einer Schuld, an der er selber nicht zu tragen hat, und bittet um eine Vergebung, derer er selber nicht bedarf. Dann kniet er da für Deutschland.“ Quelle: „Ein Stück Heimkehr. SPIEGEL-Reporter Hermann Schreiber mit Bundeskanzler Brandt in Warschau“, in: Der Spiegel, Nr. 51/1970, S. 29. Abgedruckt in: Alexander Behrens: „Durfte Brandt knien?“ Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag. Eine Dokumentation der Meinungen, Bonn 2010, S. 59. Stuttgarter Zeitung (1970): „Bundeskanzler Brandt gestaltete diesen Gang aber zu einer historischen Szene, in der sich persönliche und staatsmännische Würde, Erinnerungen an eine blutige Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto 1943 und die Bitte um Vergebung ineinander vereinigten. Langsam schritt er auf das jüdische Mahnmal zu und fiel auf die Knie...“ Quelle: „Überraschende Geste Willy Brandts. Der 7.12.in Warschau. An der ‚Gedenkstätte des Ghettos‘ beugt der Kanzler die Knie“ von Reinhard Appel, in: Stuttgarter Zeitung, 8.12.1970. Abgedruckt in: Alexander Behrens: „Durfte Brandt knien?“ Der Kniefall in Warschau und der deutschpolnische Vertrag. Eine Dokumentation der Meinungen, Bonn 2010, S. 62. Rheinischer Merkur (1970): „Brandt hat mit der Unterschrift am 7.12.den im Potsdamer Abkommen von den vier Siegermächten offengehaltenen Verhandlungsfrieden weggeschenkt, der unter Konvertierung der Rechtstitel zur europäischen Öffnung der Grenzen führen sollte.“ Quelle: „Noch ein Ersatz-Frieden / Auch der Polenpakt braucht Zweidrittelmehrheit“ von P. W. Wenger, in: Rheinischer Merkur, 11.12.1970. Abgedruckt in: Alexander Behrens: „Durfte Brandt knien?“ Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag. Eine Dokumentation der Meinungen, Bonn 2010, S. 96. Der Spiegel (1970): „Hauptergebnis der SPIEGEL-Umfrage: Für angemessen halten das Verhalten Brandts am Getto-Ehrenmal 41 Prozent der Befragten, als übertrieben bezeichnen es 48 Prozent.“ Quelle: „Kniefall angemessen oder übertrieben? SPIEGEL-Umfrage über Willy Brandts Totenehrung am Ehrenmal im früheren Warschauer Getto“, in: Der Spiegel, Nr. 51/1970, S. 27. Abgedruckt in: Alexander Behrens: „Durfte Brandt knien?“ Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag. Eine Dokumentation der Meinungen, Bonn 2010, S. 109. Südwestfunk (1970): „Die Reserviertheit, die dem ersten Besuch eines Bonner Regierungschefs in Warschau entgegentreten mußte, ist vom Sonntagabend an mehr und mehr in respektvolle Achtung umgeschlagen. Die Polen setzen nunmehr auf Willy Brandt. Von ihm erwarten sie, daß er dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 eine breite politische Mehrheit verschafft.“ Quelle: „Kommentar“ von Günter Paschner, in: Südwestfunk, 8.12.1970. Abgedruckt in: Alexander Behrens: „Durfte Brandt knien?“ Der Kniefall in Warschau und der deutsch-polnische Vertrag. Eine Dokumentation der Meinungen, Bonn 2010, S. 112. Słowo Powszechne (1970): „Der Mut Polens zu Kriegszeiten und der Mut Polens von heute (...) trafen sich gestern mit dem Mut des früheren norwegischen Majors, der nicht an den Mythos des tausendjährigen Reiches glaubte, und mit dem Mut des Bundeskanzlers, der früher als die Mehrheit seiner Landsleute und mit großer Reife die Unabänderlichkeit des Urteils der Geschichte und, mehr noch, seine Gerechtigkeit im Lichte des den Polen von den Deutschen zugefügten Leids erkannt hatte.“ Quelle: Zit. nach Dieter Bingen, Die Deutschland- und Ostpolitik Willy Brandts im Spiegel der polnischen Publizistik 1966–1974, in: BWBS, Willy-Brandt-Bild in Deutschland und Polen, Berlin 2000, S. 99. Le Monde (1970): „Der Kanzler der Bundesrepublik, mit feuchten Augen, verlorenen Blickes, anscheinend allein mit der Erinnerung an die Greuel, auf den Knien auf dem feuchten Granitboden im Morgennebel vor dem Denkmal, das den Helden und den Opfern des Warschauer Ghettos gewidmet 8 Stimmen zu Willy Brandt ist. Dieses Bild hat, als es auf den Fernsehschirmen erschien, vielen deutschen Zuschauern den Atem verschlagen, wie es – wenn man den Berichten der Pressekorrespondenten glaubt – die polnischen Zeugen dieser unerwarteten und außergewöhnlichen Geste tief berührt haben muß. (…) Nicht alle Deutschen schätzen in gleicher Weise die so wenig diplomatische Initiative des Kanzlers.(...) Es ist sogar gut möglich, daß das Bild des knienden Willy Brandt seinen unversöhnlichen Gegnern ein neues Argument für seinen ‚Verrat‘ liefern wird.“ Quelle: „Auf den Knien im Morgennebel“, in: Le Monde, 9.12.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 120. Die Zeit (1970): „‚Ob die Bundesrepublik einen solchen Kanzler schon verdient?‘ flüsterte mir ein sonst sehr kühler polnischer Beobachter bewegt zu...“ Quelle: Hansjakob Stehle: „Schlußpunkt unter die Vergangenheit“, in: Die Zeit, Nr. 50, 11.12.1970, S. 1. The Observer (1970): „Indem Herr Brandt die Initiative für eine Annäherung an Polen ergriff, bewies er Realismus in der Außenpolitik und ein hohes Maß an innenpolitischem Mut, eine kühne Entschlossenheit, die weit größer war als die Adenauers bei seinen Verhandlungen mit den Westmächten.“ Quelle: „Brandts Mut“, in: The Observer (London), 13.12.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 122. Time Magazine (1970): „Indem er als erster westdeutscher Politiker bereit war, die vollen Konsequenzen der Niederlage im Zweiten Weltkrieg zu akzeptieren, formte der westdeutsche Kanzler Willy Brandt die Ereignisse, statt auf sie zu reagieren, und bot dem kommunistischen Europa eine Herausforderung, die von großer potentieller Bedeutung auch für den Rest der Welt ist. (...) Er hat die erregendste und hoffnungsreichste Vision für Europa entworfen, seit der Eiserne Vorhang fiel.“ Quelle: „Mann des Jahres: Willy Brandt. Auf dem Weg zu einer neuen Realität“, in: Time Magazine (New York), 30.12.1970. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 36. Bayern-Kurier (1971) „In der Kunst, durch geschickte Formulierungen objektive Sachverhalte zu verschleiern, gilt Willy Brandt weithin als ein sehr begabter Mann. Ob es ihm allerdings gelungen ist, dem Publikum sein eigenes Leben frei von Widersprüchen über den wirklichen Ablauf der Ereignisse darzustellen, muß bezweifelt werden. (...) Brandts Selbstdarstellung ist sehr unvollständig und wirft Fragen über Fragen auf, die bisher unbeantwortet geblieben sind.“ Quelle: „Auf und nieder, immer wieder“, in: Bayern-Kurier, 23.1.1971. Washington Post (1971): „Noch nie in der Vergangenheit saß in Deutschland ein Mann von größerer Integrität und mit mehr Hingabe an die demokratische Praxis und die Ideale des Friedens im Sattel als Willy Brandt. Und es ist in hohem Maße fraglich, ob jemals in der Zukunft ein anderer Mann mit solchen Qualitäten Deutschland regieren wird.“ Quelle: „Deutschland blickt nach Westen“, in: Washington Post, 15.6.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 102 f. The Guardian (1971): „Brandt hat sein Land – und damit auch Westeuropa – über die längste Strecke des Weges zu einer zivilisierten Reglung der Verhältnisse auf dem Kontinent geführt. Selbst wenn die Verhandlungen über das bisher Erreichte nicht weiter gedeihen, wird ganz Europa Grund haben, Willy Brandt dankbar zu sein. Er hat von Großbritannien und Frankreich weniger Unterstützung erhalten, als er wohl hätte erwarten können; von den Vereinigten Staaten 9 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung mehr, als er vielleicht erwartet; und seine politischen Gegner in Bonn haben ihm auch nicht die geringste Hilfe geleistet. Er allein hatte die Führung, und ihm allein gebührt das Verdienst.“ Quelle: „Treffen zweier Europa“, in: The Guardian (London), 18.9.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 125. La Libre Belgique (1971): „Die Stellung, die der Kanzler durch sein persönliches Gewicht erobert hat, ist solcherart, daß man in gewisser Hinsicht sagen könnte, der wahre Nachfolger Charles de Gaulle auf dem internationalen Schauplatz sei weniger George Pompidou als Willy Brandt.“ Quelle: „Das emanzipierte Deutschland“, in: La Libre Belgique (Brüssel), 27.9.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 127. Begründung des Osloer Nobelpreiskomitees (1971): „Willy Brandt hat als Chef der westdeutschen Regierung und im Namen des deutschen Volkes die Hand zu einer Versöhnungspolitik zwischen alten Feindländern ausgestreckt. Er hat im Geiste des guten Willens einen hervorragenden Einsatz geleistet, um Voraussetzungen für den Frieden in Europa zu schaffen.“ Quelle: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 131. Süddeutsche Zeitung (1971): „Nicht Pathos, nicht Utopien haben bei der Brandtschen Politik Pate gestanden; wohl aber politische Phantasie und nüchternes Kalkül im Dienste eines begrenzten, realistischen Ziels: Friedenspolitik als Präzisionsarbeit.“ Quelle: „Ein überzeugender Friedenspreis“ von Hans Schuster, in: Süddeutsche Zeitung, 21.10.1971, S. 4. The New York Times (1971): „Als Bürgermeister, Außenminister und Kanzler hat Willy Brandt mehr als irgendein anderer Deutscher dafür getan, das Bild eines dem Neo-Nazismus zuneigenden und nach Revanche dürstenden Deutschlands auszulöschen.“ Quelle: „Der Friedensnobelpreisträger“, in: The New York Times, 21.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 138. The Times (1971): „In einer Welt, in der Staatsmänner ersten Ranges oder auch nur fähige Politiker nicht gerade häufig vertreten sind, ragt er als ein Mann hervor, der lobenswerte Ziele mit Energie und Intelligenz verfolgt hat. Er ist ein guter Deutscher, ein guter Europäer und – soweit man eine solche Persönlichkeit definieren kann – ein guter Weltbürger.“ Quelle: „Der Preis für Willy Brandt“, in: The Times (London), 21.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 139. Le Monde (1971): „Noch in hundert Jahren wird man sich jenseits des Rheins an diesen Regierungschef erinnern, den die Verbrechen eines anderen Kanzlers, den er unerschrocken bekämpft hat, auf die Knie gezwungen haben. Er macht es möglich, daß man wieder an ein Deutschland glaubt, das ebenso wahr ist wie das des Geschreies und der Fackeln, das Land der Dichter und Denker, die ‚ferne Geliebte‘, um die Heine im Exil weinte, das schwermütige Vaterland Hölderlins.“ Quelle: „Der Büßer von Warschau“, in: Le Monde, 22.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 142. 10 Stimmen zu Willy Brandt Le Peuple (1971): „Weder Schauspieler noch Volkstribun, ein ausgezeichneter Organisator, der durch die Ausübung der Macht und während vieler Prüfungen als Regierender Bürgermeister von Berlin geprägt wurde.“ Quelle: „Kämpfer für den Frieden“, in: Le Peuple (Brüssel), 22.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 43. US-Senator Mike Mansfield (1971): „Ich kann mir keinen besseren Friedensnobelpreisträger vorstellen als Willy Brandt, der während seiner gesamten Laufbahn – von den Tagen Hitlers bis zur Gegenwart – sich als in die Zukunft blickender, einfallsreicher und mutiger Mann erwiesen hat.“ Quelle: Ein Mann seiner Zeit, in: Usis, 25.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 136. Der Spiegel (1971): „Der Emigrant, gestern noch Angriffspunkt nationalistischer Kampagnen, ist heute für viele Deutsche ein Gegenstand vaterländischen Stolzes.“ Quelle: „Diesmal kein Ruheständler“, in: Der Spiegel, Nr. 44/1971, S. 30. Bruno Kreisky (1971): „Seine Leistung (in der Exilzeit) war bemerkenswert. Er produzierte Papiere und Entwürfe mit einer Technik, wie wir sie später nur bei internationales Kongressen und Organisationen kennenlernten, und er tat es mit unglaublichem Fleiß und großer Einfühlungsgabe; (...) zu alledem kam eine faszinierende Gabe, sich die ‚kommenden Dinge‘ vorzustellen zu können.“ Quelle: Auch für Deutschland, in: Die Zeit, 29.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 144. Bruno Kreisky (1971): „Kaum einer hat in der Welt draußen mehr für Berlin getan, hat Berlin so sehr zu einem Engramm im weltpolitischen Bewußtsein gemacht wie er.“ Quelle: Auch für Deutschland, in: Die Zeit, 29.10.1971. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 145. Georg Picht (1972): „Er ist weder ‚eisern‘ noch ein Zyniker, noch sentimental, er verschmäht die Pose und hat einen Widerwillen gegen große Worte. Er wirft sich nicht in die Brust und spielt sich nicht auf. Deshalb besitzt er, was in Deutschland selten geworden ist: Würde.“ Quelle: Dagobert Lindlau (Hrsg.): Gedanken über einen Politiker. Dieser Mann Brandt, München 1972, S. 11. Georg Meistermann (1972): „Brandt ist der erste deutsche Staatsmann, der wie seit langem kein Vorgänger den Mut zu neuen Entwürfen hat.“ Quelle: in: Dagobert Lindlau (Hrsg.): Gedanken über einen Politiker. Dieser Mann Brandt, München 1972, S. 89. Dorothee Sölle (1972): „Herrschaft zu erlangen ist gar nicht das Ziel seines Redens. Herrschen – sich beherrschen, die Sprache beherrschen, andere beherrschen – ist gar nicht das Modell, an dem er baut. Darum enttäuscht er tatsächlich alle Führererwartungen.“ Quelle: Dagobert Lindlau (Hrsg.): Gedanken über einen Politiker. Dieser Mann Brandt, München 1972, S. 132. Sebastian Haffner (1972): „Niemals hat ein deutscher Staat einen Regierungschef gehabt, der gleichermaßen in Ost und West soviel Ansehen und Vertrauen genoß – und seinem Land soviel Ansehen und Vertrauen verschaffte – wie Willy Brandt. Weder Adenauer noch Bismarck haben dieses 11 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Kunststück geschafft. (…) Brandt ist der erste deutsche Staatsmann, der Freundschaft nach Westen mit Aussöhnung nach Osten unter einen Hut gebracht und seinem Staat die optimale Position verschafft hat, die seine Lage erlaubt. Es ist eine einmalige Leistung, fast so etwas wie die Quadratur des Kreises, und die Geschichte wird sie nicht vergessen.“ Quelle: Haffner, Sebastian: „Wo Bismarck und Adenauer scheiterten“, in: Stern vom 1.10.1972, S. 194. Siegfried Lenz (1972): „Wenn Willy Brandt spricht, scheint mir, wird eine ganz besondere Mühsal deutlich: die Mühsal eines Überzeugungsprozesses, bei dem man sich auf die Wörter verläßt. Wer dem Wort so viel zutraut, kann der Verletzlichkeit nicht entgehen. Nicht zuletzt deswegen aber achten wir sein Wort und glauben seiner Rede.“ Quelle: Dagobert Lindlau (Hrsg.): Gedanken über einen Politiker. Dieser Mann Brandt, München 1972, S. 137. Die Zeit (1972): „Wie von einer Welle der Begeisterung wird der Kanzler in den Plenarsaal getragen – eine Szene, wie sie dieses Parlament noch nie erlebt hat.“ Quelle: Rolf Zundel: „Zehn Tage, die Bonn erschütterten“, in: Die Zeit, Nr. 18, 5.5.1972, S. 3. Olof Palme (1972): „Politiker neigen dazu, zynisch zu werden. Willy Brandt jedoch hat seine menschliche Qualität bewahrt.“ Quelle: „Ein Symbol des Vertrauens und der Versöhnung“, in: Vorwärts, 8.6.1972. Abgedruckt in: Was hält die Welt von Willy Brandt? Aussagen internationaler Publizisten des In- und Auslandes, Hamburg 1972, S. 52. Deutsche Nachrichten (1972): „Über Rotspanien und Norwegen führte Frahm-Brandts Weg zurück nach Deutschland, um als Kanzler der Unterwerfung in Warschau auf den Knien Sühne für deutsche Schuld zu demonstrieren. Die tausendfache Schuld, die an Deutschen vor allem auch in Polen begangen wurde, nimmt er nicht zur Kenntnis.“ Quelle: „Wer ist Willy Brandt?“, in: Deutsche Nachrichten, 27.10.1972. Walter Scheel (1972): „Einen so anständigen Bundeskanzler kriegt die Bundesrepublik nie wieder.“ Quelle: Zit. nach „Hier stehe ich, der Wähler helfe mir“, in: Der Spiegel, Nr. 47/1972, S. 1-10. Der Spiegel (1972): • „Vielweiberei, Trunksucht, Krankheit und Mord sind Variationen einer Verleumdungslitanei, mit der die potentiellen Willy-Wähler auf dem flachen Lande und in katholischen Gemeinden verschreckt werden sollen.“ • „Brandt (..) gilt heute als standfester Charakter mit Grundsätzen, an dessen Lauterkeit nicht einmal seine Gegner zweifeln.“ • „Nach nur dreijähriger Kanzlerschaft präsentiert sich der SPD-Vorsitzende als glaubwürdiger Regierungschef, der sich trotz aller Rückschläge zu einem sozialdemokratischen Landesvater aufbaute.“ • „Erstaunt registrierten die Bundesbürger in den ersten Monaten nach dem Machtwechsel einen Kanzler von maskenhafter Starre, das Parlament einen Politiker von mimosenhafter Empfindlichkeit.“ • „Nur ein souveräner Politiker konnte den Kniefall im ehemaligen Warschauer Getto riskieren.“ Quelle: „Hier stehe ich, der Wähler helfe mir“, in: Der Spiegel Nr. 47/1972, S. 1-10. Die Zeit (1972): „Da stehen die Wähler Kopf an Kopf, oft zu zehntausenden, und wenn der Bundeskanzler erscheint, wird das Meer der Menschen von einer Grundwelle der Begeisterung ergriffen, Transparente werden geschwenkt, Arme jubelnd hochgerissen, Kinder emporgehalten, 12 Stimmen zu Willy Brandt Sprechchöre ‚Willy, Willy‘ branden auf – die Menge ist bereit sich von der Stimmung forttragen zu lassen. (...) Der Kanzler ist heute eine Symbolfigur für die Bundesrepublik geworden, wie es einst Konrad Adenauer war.“ Quelle: „Brandt: locker in die letzte Runde“, in: Die Zeit, 17.11.1972. Deutsche National- und Soldatenzeitung (1973): „Tatsache ist, daß Brandt mit einer in gewisser Weise genialen Vertragspolitik territorial gesehen beinahe tausend Jahre deutscher Geschichte dem Machtanspruch des Sowjetimperialismus opferte und so den Sinn des Todes von Abermillionen für die deutsche Sache Gefallenen in Frage stellt.“ Quelle: „Das Geheimnis um Brandts Abstammung / Wir brechen das Tabu“, in: Deutsche Nationalund Soldatenzeitung, 12.1.1973. Konkret (1973): „Willy Brandt ist nicht mehr auf Neues aus. Er hat schon alles erreicht. (...) Jetzt, da der Kampf um die notwendige Veränderung der Gesellschaft begonnen hat, ist Willy weg vom Fenster.“ Quelle: „Kanzler ohne Kurs“, in: Konkret, 20.9.1973. Franz Josef Strauß (1973): „Willy Brandt hat es immer mit unbestreitbarem Geschick verstanden, Leerformeln mit phantasieanregender Kraft von sich zu geben, auch von dem Zeitpunkt an bis heute, wo er mehr und mehr die Rolle eines tönenden Denkmals regiegemäß zu spielen hat. (…) Der Prophet der neuen linken Mitte, der Heilige unserer Tage, das von vielen gedankenlos angebetete und bewunderte Idol für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit … Brandt, der mit einem stark überzogenen Moralitätsanspruch angetreten war, läßt einen beispiellosen Verfall der politischen Moral zu.“ Quelle: „Die Maske fällt / Brandt – Anpassung an den Radikalismus“, in: Bayern-Kurier, 22.9.1973. Herbert Wehner (1973): „Der Kanzler badet gern lau – so in einem Schaumbad.“ Quelle: Zit. nach „Was der Regierung fehlt, ist ein Kopf“, in: Der Spiegel, Nr. 41/1973, S. 1-8. Wibke Bruhns (1973): „Menschen sind für ihn eigentlich nur in der Mehrzahl ansprechbar. Sein Engagement „für die Menschen schlechthin“ geht Hand in Hand mit der Schwierigkeit, zu einzelnen eine wirkliche Beziehung aufzunehmen, vor allem sie durchzuhalten. (...) Er gestattet niemandem einen Anspruch an sich, jedem einen an seiner Sache. Am fröhlichsten ist er in Gesellschaft von mehreren. Er hat viele Freunde. Ob er einen Freund hat, ist nicht bekannt. Brandts Toleranz und Geduld mit seiner Umgebung bezieht er nicht zuletzt aus diesem Abstand. Man kommt nicht an ihn heran. (...) Braucht er wirklich Rat, beschäftigt ihn ein Problem, das er allein nicht in den Griff bekommt, stellt er verschiedenen Leuten Fragen. Hier mal eine, eine andere dort. Für den Angesprochenen gibt das keinen Sinn. Willy Brandt aber sammelt Mosaiksteine.“ Quelle: „Sie schlagen und ... sie brauchen sich“, in: Stern, 25.10.1973. Stern (1973): „Im vierten Jahr seiner Kanzlerschaft gleicht Brandt dem alternden Kaiser Napoleon, der seine Befehle nur noch schriftlich gab und die Papierfetzen dann aus der rasenden Kutsche den mitreisenden Ordonnanzoffizieren zuzuwerfen pflegte.“ Quelle: Ulrich Blank: „Ein Sancho Pansa namens Willy Brandt“, in: Stern, 11.11.1973, S. 14. Harry Ristock (1973): „Gottvater auf der Wolke.“ Quelle: Zit. nach „Willy Brandt 60: Das Monument bröckelt“, in: Der Spiegel, Nr. 50/1973, S. 1-12. 13 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Der Spiegel (1973): • „Im fünften Kanzler-Jahr ist Willy Brandt an die Grenzen seiner Führungskraft geraten.“ • „In der Regierung läßt der Kanzler nach dem Geschmack vieler Genossen der FDP zuviel Freiheit, und der Gedanke an seinen Sturz ist nicht mehr tabu.“ • „Der Mann, dessen konkrete Visionen von einem ausbalancierten Gleichgewicht in Europa der sozialliberalen Koalition die allseits anerkannte Ostpolitik eingebracht hat, hält es nicht mit der Innenpolitik.“ • „Die Kritik an Willy Brandt ist nicht mehr zu überhören. Der Ruf nach Änderung wird lauter.“ • „Der große Wahlsieg der SPD, zu einem wesentlichen Teil persönlicher Verdienst Brandts, machte den Kanzler unangreifbar.“ • „Der Sozialdemokrat hat einer nach größeren individuellen Freiheiten verlangenden und auf mehr Solidarität angewiesenen Gesellschaft das Gefühl gegeben, sie sei mehr als nur auf Wohlstand und Sicherheit fixierter Verein nach Adenauer-, Erhardoder Kiesinger-Art. Er befreite die Bundesrepublik aus 20 Jahren blindem Antikommunismus. Er säte bei den westdeutschen Arbeitnehmern den Zweifel am absoluten Leistungszwang und schärfte ihr Bewußtsein für eigene Interessen. Er schuf Raum für Toleranz gegenüber Minderheiten und Unterprivilegierten.“ • „Längst nicht mehr ist ‚Willy‘ der unkonventionelle Genosse und Kumpel, der er noch als Außenminister war – kontaktfreudig und trinkfest. Der Hausherr des Palais Schaumburg gibt sich würdevoll, hält auf Distanz zu Mitarbeitern und Parteifreunden.“ • „Zu dem konservativen Wesensbild des späten, des sechzigjährigen Brandt passen ungewohnte Überreaktionen.“ Quelle: „Willy Brandt 60: Das Monument bröckelt“, in: Der Spiegel, Nr. 50/1973, S. 1-12. Rudolf Augstein (1973): „Seinen 60. Geburtstag erlebt Willy Brandt in einem Tief der über ihn veröffentlichten und der befragten Meinung, die sich unter dem Wimpel ‚Führungsschwäche‘ zusammenbraut.“ Quelle: „Der führungsschwache Kanzler“ von Rudolf Augstein, in: Der Spiegel, Nr. 50/1973, S. 32. Herbert Wehner (1973): „Die Qualitäten, die der Erste Mann der SPD in allen vorangegangenen Perioden bewiesen hat, berechtigen zu der Hoffnung, er wird auch diese Periode meistern.“ Quelle: „Der Erste Mann der SPD / Willy Brandt und seine Partei“, in: Vorwärts, 13.12.1973. Süddeutsche Zeitung (1973): „Niemand weiß genau, ob seine Attitüde des Über-den-Wolken-Schwebens Selbstüberschätzung ist oder der Einsicht entspringt, er könne sich auch auf Drängen nicht für Dinge, die ihm fremd sind, interessieren, sie gar entscheiden.“ Quelle: „Das schwache Jahr nach dem Sieg“, in: Süddeutsche Zeitung, 15.12.1973. Helmut Schmidt (1973): „Das, was Willy Brandt bis zu seinem sechzigsten Geburtstage schon bewirkt hat, wird die zukünftige Geschichte unseres Landes prägend beeinflussen – ebenso wie die zukünftige Entwicklung der Sozialdemokratie. Brandt ist deswegen nicht der Überheblichkeit verfallen; das Gerede von der Pflege seines Denkmals betrifft andere. Es ist auch nicht Abstand zu seinen Gefährten und Entrücktheit des in das wichtigste Staatsamt Aufgestiegenen, die ihn zu manchem lange schweigen lassen – und für einige bisweilen zu lange. Die Kollegen im Kabinett und die Genossen in der Parteiführung wissen, daß sein Schweigen zunächst nur dem Willen zum Zuhören entspringt. Sein Zögern besagt, daß eine Sache noch nicht zur Entscheidung herangereift ist. Seine Duldsamkeit entspringt vor allem der Bereitschaft, mit Konflikten zu leben, weil sie weder durch ein Machtwort noch durch einen Kraftakt gelöst werden können.“ Quelle: „Ein Geburtstagswunsch für Willy Brandt“, in: Der Spiegel, Nr. 51/1973, 17.12.1973, S. 41–45. 14 Stimmen zu Willy Brandt Oriana Fallaci (1973): „Wenn man versucht, seine Seele zu durchstöbern, zieht er sich höflich zurück und schweigt. Ich versuchte es immer wieder, vergeblich. Er öffnete sich, sobald ich den Politiker befragte, er verschloß sich, als ich den Menschen suchte.“ Quelle: Zit. nach „Den Zugang zu sich selbst bewacht der Kanzler streng“, in: Süddeutsche Zeitung, 18.12.1973. Süddeutsche Zeitung (1973): „Sich beherrschen – sich kontrollieren – damit fertig werden: ein auffälliges Instrumentarium, das Willy Brandt immer wieder vorzeigt, das er benutzt, damit das ‚Oberbewußtsein‘ nicht die Herrschaft über ihn gewinnt. Vielleicht erklärt dieser andauernde, empfindsame und anstrengende Prozeß auch, warum der Bundeskanzler eigentlich immer eine Spur zu institutionell wirkt, zu distanziert, was auf der anderen Seite ihn befähigt, integrierend wirken zu können. (...) Willy Brandt, der nun Sechzigjährige, macht es sich und anderen nicht leicht – seine spröde Eigenwilligkeit wird noch manchen ein Ärgernis sein – und im Wege.“ Quelle: „Den Zugang zu sich selbst bewacht der Kanzler streng“, in: Süddeutsche Zeitung, 18.12.1973. Frankfurter Allgemeine Zeitung (1973): „Willy Brandt ist gelegentlich, ob seiner Ausstrahlung und seines Charmes, der so viel zum Wahlerfolg der Sozialdemokratie beigetragen hat, als ein ‚deutsches Gegenstück zu Kennedy‘ gekennzeichnet worden. Von diesem Glanz ist manches abgeblättert. (…) Willy Brandt ist sehr deutsch, nicht mit dem sonoren Klang, den das Wort in früheren romantisierend-nationalistischen Zeiten hatte und der ihm immer noch leicht anhängt, sondern im Sinne einer Wirklichkeit mit allen ihren Licht- und Schattenseiten. Das ist eine politisch-psychologische Tatsache.“ Quelle: „Willy Brandt, der Deutsche“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.1973. Neue Zürcher Zeitung (1974): „Willy Brandt ist der zu seinem eigenen Nachteil am meisten überschätzte Politik Europas.“ Quelle: Zit. nach „Aus den Wolken in den Griff der Genossen“, in: Die Welt, 21.2.1974. Süddeutsche Zeitung (1974) „Einig sind sich alle darin, daß Willy Brandt aus seinem Stimmungstief, dessen offensichtlicher Beginn mit der Kanzler-Demontage durch Herbert Wehner im vergangenen Herbst zusammenfiel, nur noch selten herauskommt. (...) Nicht Brandts psychologisches Tief ist die Ursache für eine allenthalben in Bonn anzutreffende Resignation, sondern die Wechselwirkung von Strukturmängeln auf Stimmungslagen und umgekehrt. Die SPD ist unsicher, weil sie in Brandt nicht mehr die sichere Führung, den Erfolg, vermutet. Der Parteivorsitzende versteht nicht, daß er für das Parteivolk und auch für Teile der Führungsgarnitur nicht mehr tabu ist.“ Quelle: „Der resignierte Bundeskanzler“, in: Süddeutsche Zeitung, 19.2.1974. Die Zeit (1974): „Willy Brandt und Gustav Heinemann haben mehr getan für einen Abbau der hierzulande schon naturgesetzhaft erscheinenden Feindschaft zwischen ‚Intelligenz‘ und ‚Politik‘ als irgendwelche deutschen Staatsmänner vor ihnen.“ Quelle: Dieter E. Zimmer: „Ein Kapitel Geist und Macht. Mit dem Abtreten von Brandt und Heinemann geht ein Versuch zunächst zu Ende“, in: Die Zeit, Nr. 21, 17.5.1974, S. 13. Franz Josef Strauß (1974): „Ich bestreite ihm nicht gewisse Fähigkeiten – die der einschmeichelnden Rede; die Fähigkeit, primitive Formulierungen durch die Art der sprachlichen Darbietung als große Weisheiten zu verkaufen. (...) Der ganze Chor der Hofschranzen und Bewunderer um ihn herum hat ja auch immer zur rechten Zeit die Hand an den Mund gelegt: ‚Pst, er denkt.‘ Frühzeitig haben sie ihm ein Denkmal errichtet, und am liebsten hätten sie zur Umwelt gesagt: Schuhe ausziehen, heiliger Boden, eine Gedenkminute des Schweigens, auf 15 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Zehenspitzen zurücktreten, sich noch einmal verneigen, dem Schicksal danken für die Größe eines solchen Staatsmannes, der dem deutschen Volk geschenkt worden ist, und so weiter.“ Quelle: Zit. nach Wolfram Bickerich: Franz Josef Strauß. Die Biographie, Düsseldorf 1996, S. 122. Bayern-Kurier (1975): „Auf zwei Leitern versucht Brandt, wieder zum Lichte, zur Macht empor zu klettern. Als Parteivorsitzender turnt er auf dem hölzernen Gerüst der Diffamierung und Verleumdung des politischen Gegners – der Unionsparteien im allgemeinen, des CSU-Vorsitzenden Strauß im besonderen. (...) ‚Holzer‘ im Inland – ‚Nebenkanzler‘ im Ausland: Je ferner, je lieber sucht er sich zur Geltung zu bringen. Er weilt zur Selbstbestätigung viel in der Fremde, wo man in ihm immer noch den Friedens-Nobelpreisträger und den ‚Friedenskanzler‘, nicht aber den Versager sieht, der politisch Schiffbruch erlitten hat.“ Quelle: „Brandt wieder an die Macht?“, in: Bayern-Kurier, 12.4.1975. Der Spiegel (1975): „Der Mann, der vor einem Jahr noch als passé galt, ist wieder wer. Er hat sich aus seiner Guillaume-Depression aufgerappelt und arbeitet an seinem Comeback. (...) Er versteht sich als Vormann der europäischen Sozialdemokratie, als Politiker, der auf einen sozialdemokratisch regierten Kontinent hinsteuert.“ Quelle: „Auch hier heißen Sie Willy“, in: Der Spiegel, Nr. 29/1975, S. 17–24. Welt am Sonntag (1975): „Ficht ihn denn gar nichts an? Erhebt er sich über Berge eigenen Versagens als seien es die Niederungen der Fehlbarkeit anderer? Willy Brandt hat schon manches Rätsel aufgegeben und selbst keines gelöst. Allmählich wird er unenträtselbar. Das Geheimnis seines immer wiederkehrenden Erfolgs – trotz der Trümmer seiner Reformvorhaben, der Havarie seiner Ost-Politik und der Erkrankung seiner Partei – scheint seine Verwandlungsfähigkeit zu sein. Sie trägt ihn wolkenweit, auch wieder nach dem Fall. Und er steigt und steigt und steigt. Aber doch wohl mehr wie ein Ikarus, als wie ein Phönix.“ Quelle: „Ein Mann will zurück ins Rampenlicht“, in: Welt am Sonntag, 28.9.1975. Die Zeit (1981): „In der Welt hat der frühere Bundeskanzler nichts von seinem Ansehen eingebüßt. Sein Name hat sich vielen Menschen rund um den Erdball als Symbol für ein anderes Deutschland eingeprägt wie der keines anderen. Ganz anders war es zu Hause, wo die Popularitätskurven kaum tiefer hätten sinken können. Brandt hat die Gemüter polarisiert wie Strauß. Zum Feindbild wurde er den einen, den anderen zu angenehmen, aber blasser werdenden Erinnerung an die Aufbruchsjahre der Koalition. Sein äußeres Erscheinungsbild – vom Scheitel bis zur Sohle – sorgfältig neu gestaltet – illustriert den Wandel Willy Brandts. (...) Er zeigt sich kampfeslustig wie selten. (...) Heute scheint er sich unabhängiger, freier zu fühlen. Einerseits mischt er sich wie selten zuvor in Parteiwirrungen ein; andererseits betrachtet er sie auch mit mit einer Mischung aus Abgeklärtheit und Ironie. (...) Keinem anderen vom Thron gestürzten Politiker in der Nachkriegspolitik ist es gelungen, eine Figur der deutschen Politik zu bleiben. Nur er hat dies geschafft. Darin spiegelt sich eine spezifische Autorität.“ Quelle: „Willy Brandt in einer neuen Rolle“, in: Die Zeit, 26.6.1981. Henry Kissinger (1982): „Brandts historische Leistung bestand darin, einen Weg gefunden zu haben, wie man mit der Teilung Deutschlands leben konnte, was seine Vorgänger in Bonn während der gesamten Nachkriegszeit abgelehnt hatten. (...) Brandts warmherzige, verständnisvolle Persönlichkeit war wie geschaffen für seine symbolische Rolle als Wandler und Neuerer der deutschen Nachkriegspolitik. (...) Jedoch: Nachdem Brandt seine schicksalhafte Mission erfüllt und mit den Stereotypen gebrochen hatte, besaß er weder die Kraft noch die intellektuelle Kapazität, um mit den Kräften fertig zu werden, die er freigesetzt hatte. (...) Er war ein Paradoxon: Er hatte den Lauf der Geschichte geändert, war dadurch aber zugleich unbedeutend (und in 16 Stimmen zu Willy Brandt gewisser Weise) gefährlich geworden. Fortan strebte er nur noch nach dem Triumph, den Durchbruch auf seine Art zu schaffen – und das war nur durch immer gewagtere, immer riskantere Rechtfertigungen einer Version von Ost-West-Politik zu erreichen, die Nationalismus und den Verzicht auf jegliche Konfrontation vereinte.“ Quelle: „Ein Gefangener seiner eigenen Mission“, in: Der Spiegel, Nr. 8/1982, S. 180 f. Die Welt (1982): „Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt ist auf der Suche nach neuen Ufern für seine Partei.“ Quelle: „Schon in München setzte Brandt die Zeichen“, in: Die Welt, 9.6.1982. Frankfurter Allgemeine Zeitung (1983): „Lebensläufe sind manchmal Kreisläufe des Lebens. Nun ist Willy Brandt wieder angekommen, wo er als Jüngling politisch zu Hause war. (...) Er ist so friedensbewegt, wie er einst jugendbewegt war. (...) Brandt versuchte, die SPD an die Spitze der Friedensbewegung zu setzen, aber nicht indem er ihr die Argumente Schmidts vortrug, sondern indem er wieder einmal aus Feuer und Wasser einen eigenen Kosmos mischte, nein zum ‚Teufelszeug‘, aber ja zur Nato und Bundeswehr sagte. (...) Aber das Nein zur Nachrüstung war wenigstens die Wiederherstellung der Ehrlichkeit seiner Politik.“ Quelle: „Vom Eilmarsch zur Flucht“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.1983. Stern (1983): • „Mit sicherem Gespür für den Anbruch neuer Zeiten ist Willy Brandt ein knappes Jahrzehnt nach seinem Kanzlersturz dabei, zum zweitenmal zur Vaterfigur einer unruhigen Jugend zu werden. • „Dieser Mann Willy Brandt. Besser müßte es heißen: Diese Männer Willy Brandt, so viele Schichten hat er. Vertrackt für Außenstehende, manchmal sogar für die Mitarbeiter im Bonner SPD-Haus, die Tages- oder Stundenform des Vorsitzenden richtig einzuschätzen, wenn er wie unter einer Glasglocke dahergeht, den Blick auf ein imaginäres Fernziel gerichtet. Was tut er da in seiner Glocke? Zieht eine seiner resignativen oder gar depressiven Phasen herauf? Oder ist er nur müde? Genervt?“ • „Mit ihm zu streiten ist unsinnig, er kennt schon alles. Und wenn der Nachwuchs an den Zügeln zerrt und dem großen Vorsitzenden Kompromißbereitschaft vorwirft, daß er gerissen taktiert und nicht mehr gegen jede Wand rennt, dann hebt Brandt auf roboterhafte Weise die Arme aus den Schulterscharnieren seitlich hoch, wie ein Kranich die Flügel: Mein Gott, jaa ... Was soll’s.“ • „In Bonn geht das Wort um vom ‚neuen Willy Brandt‘. Sichtbar ist er mit 70 schlanker, straffer, besser angezogen, als er’s mit 60 war. Ein frischer alter Herr mit schön definierter Körpersprache (...). Seine Finger fummeln wie immer, wenn er lange keine Zigarette mehr geschnorrt hat.“ • „Natürlich hat er Schwächen. Unangenehmes läßt der Introvertierte, aus Scheu vor Einzelkonfrontation, lieber über dritte an den Adressaten bringen. Seine Menschenkenntnis ist auch nicht beeindruckend.“ • „Im Kreise seiner Mitarbeiter ist er nicht bossy, er kann zuhören, auf Ja-Sager verzichten, fordern: „Sagen Sie mir nicht, was dafür, sondern was dagegen spricht!“ Doch auf Distanz hält er schon. Den ‚Willy‘ gibt’s nur noch beim Wahlvolk. In der Parteizentrale pflegt er das Hamburger Du, also Vornamen und Sie. Er selbst wird mit ‚Herr Brandt‘ angeredet.“ • „Es ist das Verdienst Willy Brandts, den Anspruch, unkonventionell und fortschrittlich zu denken, nicht den Grünen überlassen zu haben. Mit seinem Gespür für den Anbruch einer neuen Zeit hat er die Partei nach links von der Mitte geöffnet, das Feuer wie schon einmal, Mitte der sechziger Jahre, entzündet. Aber das Konzept? Wo ist das richtungweisende Konzept der SPD?“ • „Als Parteivorsitzender – er ist es schon seit 1964 – ist Willy Brandt im Augenblick der einzige, der frei von Abhängigkeiten und Tageszwängen, durch seine Integrationskraft verhindern kann, daß aufgeschlossene junge Leute an Bürgerinitiativen oder die 17 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung Grünen verlorengehen. (...) Eben dieser Mann Brandt, der vom ‚Denkmal‘ zur historischen Figur geworden ist.“ Quelle: „Mit 70 nach vorn“, in: Stern, Nr. 50, 8.12.1983, S. 64–72. Die Welt (1983): „Heute spricht alle Welt vom Comeback des Siebzigjährigen, als sei er ein Boxer, der vernichtend geschlagen wurde und nun zur allgemeinen Überraschung wieder fit im Ring steht. (...) Nun schon seit Jahr und Tag stellen alle fest, was sich doch immer deutlicher schon seit der Wahl von 1980 andeutete: Brandt hat geschafft, was er sich damals vornahm, nämlich er wolle Wehner und Schmidt politisch überleben. Brandt als Sieger auf dem jüngsten SPD-Parteitag, gestrafft, entspannt, die wiederum umjubelte Integrationsfigur der SPD, endlich frei von dem harten Antreiber Wehner, befreit auch von dem so gescheiten und realistischen Schmidt. (...) Strategie und Taktik einschließlich Suche nach einer neuen Mehrheit links von der CDU bestimmt jetzt Brandt – zum erstenmal. Das ist das Erfolgserlebnis des Siebzigjährigen. Wer ist dieser Brandt? Die Frage ist nie verstummt. Ist er ein Staatsmann, ein Polit-Bohemien, ein Politik-Romantiker? Wahrscheinlich ist er ein wenig von allem zur gleichen Zeit. Das Sowohl-als-auch hat ihn nicht nur in seiner Politik fast immer begleitet. Da ist der Redner, in seiner Technik gewiß ein wenig maniriert, aber trotz allem für sein Publikum ein mitreißender Redner.“ Quelle: „Willy Brandt – mit 70 auf dem Kurs zur Romantik seiner Jugend“, in: Die Welt, 17.12.1983. Frankfurter Allgemeine Zeitung (1983): • „Es gibt viele Brandt-Bilder, aber was ist das richtige? (...) Brandt hat die Farben einer Romanfigur.“ • „Nicht nur zur Parteifreundschaft ist Brandt vermutlich noch weniger fähig als andere Politiker. Diese Ich-Sucht und -Suche, die ‚Egomanie‘ (Brandt über Brandt) gilt auch für sein privates Leben, sein Verhältnis zu Frauen.“ • „Die Spannung seines Lebens äußert sich darin, daß der Name Willy Brandt eben nicht nur der journalistische Künstlername, eine Kunstfigur seines norwegischen Journalisten-Exils war, sondern die Begründung einer eigenen, einer anderen Existenz als die des Herbert Frahm, der er in Lübeck war.“ Quelle: „Als sei er überall auf der Durchreise“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1983. Süddeutsche Zeitung (1983): • „Willy Brandt besitzt längst gesamtpolitische Statur. Er ist ein Erfahrener, „ein Gewachsener“, ein weitsichtiger und nicht nur eigensüchtiger Politiker, der historisch und über Grenzen hinaus zu denken gelernt hat, dazu altersweise, aber nicht mehr über den Wolken schwebend, wie es damals schien, als Brandt Bundeskanzler war und nobelpreisgekrönter Weltpolitiker wurde, in Bonn. Politiker seiner Natur, seiner Fähigkeit, in Zusammenhängen denken zu können, sind selten geworden (...). • „Wieder, immer noch, stehen ihm alle Türen auf. Sein öst-westliches Ansehen ist auch das des antifaschistischen Deutschen – der nach seiner Wahl zum Bundeskanzler 1969 mit selbstbewußtem Optimismus gesagt hatte, jetzt habe Hitler den Zweiten Weltkrieg erst richtig verloren.“ • „Brandt war und ist deutlich ein „internationalistisch“ gesinnter und geprägter Mann, internationalistisch als Sozialist, gewiß aber auch in seiner weltbürgerlichen, kosmopolitischen Prägung (...).“ • „Willy Brandt fühlt selbst und weiß genau, daß er niemals „fertig“ sein wird, daß er sich nach einem Leben, das zwei oder drei andere auszufüllen reichen würde, immer noch nicht auf den bequemeren Sessel des elder statesman niederlassen kann, um sich etwa der Genugtuung hinzugeben, der eigentliche Politiker nach Adenauer gewesen zu sein.“ Quelle: „Willy Brandt 70“, in: Süddeutsche Zeitung, 17.12.1983. Der Tagesspiegel (1983): • „Bundeskanzler war er nur ein halbes Jahrzehnt. Doch diese fünf Jahre lang prägte 18 Stimmen zu Willy Brandt • • • er die Politik der Bundesrepublik wie nur Konrad Adenauer vor ihm. (...) Eine Vision hatte ihm Ausstrahlung gegeben: das deutsche Volk durch Anerkennung der Kriegsergebnisse mit sich selbst und der Welt auszusöhnen und einem globalen Entspannungsprozeß einzugliedern. Schon bald aber deutete sich an, daß eine aus Verzicht und Vertrauen zusammengesetzte Ostpolitik den sowjetischen Machthabern keine Großmut aufzwingen kann.“ „Viel Scherben also, wo unter Brandt Hoffnungen errichtet wurden. Das gilt fast noch mehr für die inneren Reformen (...).“ „Trotz allem steht Willy Brandt heute unangefochtener denn je an der Spitze der SPD. Sein Mythos nach außen ist weiterhin verblaßt, doch seine Integrationskraft nach innen ungebrochen (...).“ „Ob der nach gesundheitlichem Tief erstaunlich erholt wirkende „Parteipatriarch“ noch einmal den Weg zu neuen Ufern findet, ist ebenso ungewiß wie seine Nachfolge. Es scheint, daß er keinen adäquaten Erben hinterläßt, wie auch Konrad Adenauer keinen kongenialen Nachfolger hatte.“ Quelle: „Der Mythos ist verblaßt, die Integrationskraft geblieben“, in: Der Tagesspiegel, 18.12.1983. Brigitte Seebacher (1985): „Er hat zu Hause ein Nest, hier kann er total abschalten – zum Beispiel, wenn wir zusammen kochen. Willy sucht das Rezept aus und macht sich als Hilfskoch nützlich. In einer großen Schürze putzt er Gemüse, das er oft selbst geerntet hat – auf dem Balkon unserer 130Quadratmeter-Wohnung in Unkel. (...) Um den Abwasch macht Willy allerdings einen großen Bogen. Er sieht zwar ein, daß sich die Männer da ändern müssen. Aber er denkt wohl: warum soll gerade ich damit anfangen. Immerhin trägt er den Mülleimer runter. (...) Die Finanzen überläßt mein Mann ganz mir. Nie hat er einen Pfennig in der Tasche; ich muß ihm Geld geben, wenn er zum Friseur will.“ Quelle: „Brigitte Brandt: So ist Willy als Ehemann“, in: Bild, 24.6.1985. Der Spiegel (1987): • „Der Vorsitzende Willy Brandt hat die Partei nicht mehr im Griff.“ • „Der Mann, dessen Neigung zu leichtem Kompromiß und schneller Flucht ins politische Sowohl-Als-auch fester Bestandteil der Biographie ist.“ • „Hätte es eines Beweises bedurft für den zunehmenden Mangel an Führungsinstinkt und Führungsfähigkeit in der Chefetage der Sozialdemokratie, der Fall Mathiopoulos lieferte ihn handgreiflich.“ • „Mit der Attitüde des alternden Patrons, der wichtige Sachen schleifen läßt, den Kleinkram dagegen zur eigenen Sache macht.“ • „Die Entrücktheit des 73jährigen entpuppte sich mehr und mehr als Realitätsferne; er leidet an Basisschwund. Die vermeintliche Weisheit des gewieften Profis weicht einem Alterszynismus, den seine Partei nicht mehr länger hinnehmen will. Was gut für Brandt ist, ist nicht mehr länger gut für die SPD.“ Quelle: „Am Herzen der Partei vorbei“, in: Der Spiegel, Nr. 13/1987, S. 22-30. Hans-Dietrich Genscher (1987): • (...) ein Mann, der sein Leben lang gekämpft hat – auf seine Art. Standhaft, entschieden bis zur Kompromißlosigkeit, wenn es um Fragen ging, die ihm bedeutsam erschienen, aber auch gewährend lassend, wenn er die Zeit nicht für reif hielt oder die Sache nicht für wichtig genug – zu Recht oder zu Unrecht. (...) Häme und Bosheit, die Willy Brandt persönlich und politisch galten, haben ihn unnahbarer gemacht und im Laufe der Zeit auch unverletzbarer: Zynisch und menschenverachtend ist er deshalb nicht geworden.“ • „Letztlich war die Brandt-Scheelsche Ostpolitik die Vollendung der Adenauerschen Westpolitik. Adenauer und Brandt haben den außenpolitischen Handlungsraum unserer Republik erweitert und abgesteckt. (...) Unvergessen ist der Besuch Willy Brandts in Warschau. Es gibt nur wenige Ereignisse, die die Gefühle so aufgewühlt haben.“ 19 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung • „Willy Brandt ist aus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht hinwegzudenken. Sie wäre ohne ihn ärmer, und sie wäre wohl auch anders verlaufen. Das aber heißt: Willy Brandt hat Geschichte gemacht.“ Quelle: Hans-Dietrich Genscher: Willy Brandt – man darf gespannt sein, in: Der Spiegel, Nr. 25/1987, S. 28 f. Franz Josef Strauß (1988): • „Willy Brandt hatte natürlich eine bestimmte Ausstrahlung und übte auf viele Menschen große Faszination aus. Er war der Mann der Visionen und Utopien, der Prophet, der Seher, der den Eindruck zu erwecken wußte, daß er die Ufer der Zukunft erblickte.“ • „In der Person Willy Brandts schienen brennpunktartig alle ungestillten Wünsche, alle Sehnsüchte, alle psychischen Bedürfnisse zusammenzulaufen. Brandt wurde, ähnlich wie Kennedy, das Idol vieler Bürger, das Pilgerziel aller Beladenen und Belasteten.“ Quelle: Strauß, Franz Josef: Die Erinnerungen, Berlin 1989, S. 448 und 538. Der Spiegel (1988): „Wohlgefallen gewinnt Willy während seiner Auslandsreisen; da ist er noch wer; und er genießt es: in Spanien Ovationen beim Parteitag der Sozialisten, in Frankreich Beifallsstürme auf einer Künstlerveranstaltung für die Wiederkandidatur François Mitterrands. (...) Und weil es so schön war in Moskau und auch anderswo, will Willy Brandt, 74, daß es auch so schön bleibt: Er findet die vielen Auslandsreisen als SI-Chef prima. Ein Brandt-Helfer: ‚Wenn seine Gesundheit es zuläßt, macht Willy die Internationale noch eine ganze Weile.‘“ Quelle: „Schwere Jahre“, in: Der Spiegel, Nr. 15/1988, S. 23 f. Die Welt (1988): „Willy Brandt hat sich selbst gebrandmarkt, als er das Wiedervereinigungsgebot (...) zum ‚Mißverständnis‘ und zur ‚Lebenslüge‘ stempelte. Denn er selbst hatte vor drei Jahrzehnten nachdrücklicher als jeder andere die verfassungsrechtliche Verpflichtung der politischen Organe der Bundesrepublik bejaht, ‚die Wiedervereinigung mit allen Kräften anzustreben‘.“ Quelle: „Brandt, eine Lebenslüge und die Wiedervereinigung“, in: Die Welt, 16.9.1988. Richard v. Weizsäcker (1989): „Ihnen ist in der Politik etwas ganz Seltenes gelungen: In Ihrer Person haben Sie die Spannung zwischen Macht und Moral aufgehoben.“ Quelle: Ansprache des Bundespräsidenten Richard v. Weizsäcker aus Anlass der Feier des 75. Geburtstages von Willy Brandt in der Villa Hammerschmidt in Bonn, 20. Januar 1989. The New York Times (1989): „Willy Brandt, who as Mayor of West Berlin in 1961 watched in frustration the building of the wall that cut the city in two, shows even more pleasure than other West German leaders at the events that have rendered it irrelevant.“ Quelle: „Clamor in the East: The Ex-Mayor is elated; Brandt hails the German people for a display of ‘human unity‘, in: The New York Times, 14.11.1989. The New York Times (1990): „But he did not speak as a partisan, and by shouting ‘Willy! Willy!‘ while local Social Democrats spoke, the majority of the tens of thousands who filled the market squares of both towns made clear that they had not come to hear Social Democratic campaigners but to hear a recognized leader of all Germany. Mr. Brandt was elected honorary president of East German Social Democrats today.“ Quelle: „Upheaval in the East; Brandt is hailed in East Germany, in: The New York Times, 25.2.1990. 20 Stimmen zu Willy Brandt 2. Nachrufe und Rückblicke von Publizisten, Politikern und Weggefährten Jürgen Leinemann (1992): • „Der Politiker, der sich traute, den Bürgern des eigenen Landes die Rechnung des verlorenen Krieges vorzulegen; der Kanzler, der sein Land aus der eisigen Erstarrung des Kalten Krieges löste und behutsam auf Entspannungskurs manövrierte, ohne die feste Bindung an den Westen aufzugeben.“ • „So ungeniert und unverklemmt, daß es Jüngere gruselte, benutzte er – ziemlich unbeeindruckt von Zeitläuften und eigenen Ämtern – Begriffe wie ‚nationales Selbstbewußtsein‘, ‚Volk‘, ‚Vaterland‘ und ‚Normalität‘.“ • „Das Eindeutige ist ja nie seine Sache gewesen, immer waren Denken und Reden des grübelnden, tastenden Norddeutschen voller Brüche, Ambivalenzen und Widersprüche. Aber gerade, daß in jeder Aussage die Anstrengung der Selbstvergewisserung noch mitschwang, machte Willy Brandt glaubwürdig.“ • „Wer Willy Brandt – als Regierenden Bürgermeister von Berlin, als Bonner Außenminister, als Kanzler, als Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale oder der Nord-Süd-Kommission – auf internationalem Parkett erlebte, der begegnete einem Weltbürger.“ • „Aufmerksam beobachtete der Redner die nationalen Empfindlichkeiten seiner Partner, tippte Erinnerungen an, rückte die eigene Herkunft nie in den Vordergrund. Aber niemand konnte auch nur einen Augenblick darüber im Zweifel sein, daß Willy Brandt ein Deutscher war und sein wollte.“ • „Der linke Patriot Willy Brandt, der andere Deutsche, das war ein Leben, kein System und kein Programm. Es war darüber hinaus ein exemplarisches Beispiel für den hierzulande besonders selten gelungenen Versuch, Geist und Macht zu versöhnen.“ • „Für ihn waren Kunst und Kultur, Bildung und Lebensqualität immer unabgespaltene Teile der Politik. Ostpolitik, Arbeiterbewegung, Antifaschismus, Bismarck – das alles gehörte zu Willy Brandt.“ • „Jahrzehntelang hat er die Maxime von den kleinen Schritten nicht nur gepredigt, sondern auch verwirklicht – in Kriegs- und Friedenszeiten. So wurde er ‚ein Deutscher‘, wie sein Freund Bruno Kreisky bei einer ihrer letzten Begegnungen sagte, ‚vor dem die Welt sich nicht fürchtete und nicht fürchten mußte‘.“ Quelle: Ein grübelnder Patriot, in: Der Spiegel, Nr. 42/1992, S. 16-26. The New York Times (1992): • „By the time of his death, the Social Democratic leader had lived to see East and West Germany united and the Iron Curtain torn down. His tenure as Federal Chancellor of West Germany from 1969 to 1974 was a turning point in the history of the German people, and he himself was a figure of conciliation in both the domestic and foreign policies of a divided nation.“ • „He also came to symbolize a Germany of peace, tolerance and a measure of modesty -- qualities that had been erased from the image of Germans during the catastrophic rule of Hitler.“ • „Form the beginning of World War II, Mr. Brandt had been animated by the belief that Germany´s only real future lay in a united Europe, and this thread formed the fabric of Ostpolitik.” • „After the Berlin wall fell in November 1989 Brandt was welcomed by huge crowds of East Germans who saw in him a West German leader who had never stopped caring for their destiny during all their years of bondage.“ Quelle: „Willy Brandt dead at 78; forged West Germany´s reconciliation with the East“, in: The New York Times, 9.10.1992. The New York Times (1992): • „As if acknowledging the weight of a terrible past, Mr. Brandt fell wordlessly to his knees before a memorial to Jewish victims of Nazi savagery. The great Social 21 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung • Democrat never stood taller.“ „A generous and passionate man, Willy Brandt helped build a new republic and gave a postwar generation cause for pride in being German. It is a considerable memorial.“ Quelle: „Topics of the times; the passionate statesman“, in: The New York Times, 11.10.1992. Felipe Gonzalez (1992): „Du bist immer, es ist wahr, ein Mann mit festen Überzeugungen gewesen, aber immer aufgeschlossen für neue Ideen, phantasievolle Überlegungen und für neue Horizonte, auch wenn sie unerreichbar schienen. Nur die Resignation kann uns besiegen, sagtest Du, nie die Schwierigkeit. Leb wohl, Freund Willy.“ Quelle: Ansprache beim Staatsakt für Willy Brandt im Reichstagsgebäude zu Berlin, 17.10.1992, in: Abschied. Dank an Willy Brandt, Marburg 1992, S. 78. Helmut Kohl (1992): „Willy Brandt sah es als seine Aufgabe an, Brücken zu bauen: Brücken über Stacheldraht und Mauer hinweg, Brücken zu unseren östlichen Nachbarn und – vor allem in seinen letzten Lebensjahrzehnten – Brücken zwischen Nord und Süd. Er verstand sich immer als Deutscher, als Europäer und als Weltbürger zugleich.“ Quelle: Ansprache beim Staatsakt für Willy Brandt im Reichstagsgebäude zu Berlin, 17.10.1992, in: http://helmut-kohl.kas.de/index.php? menu_sel=17&menu_sel2=126&menu_sel3=&menu_sel4=&msg=1457 Horst Ehmke (1994): „Neben seinen moralischen Grundüberzeugungen brachte Willy Brandt eine umfassende außenpolitische Erfahrung in seine Kanzlerschaft ein, die er im Exil, vor allem in der europäischen Großfamilie der Sozialdemokratie, als Regierender Bürgermeister von Berlin und als Bundesaußenminister erworben hatte. (...) Durch eine lebenslange Lektüre, die er selbst in den arbeitsreichen Jahren als Bundeskanzler fortführte, war Brandt außerdem historisch-politisch erstaunlich belesen. Das floß in seine außenpolitischen Überlegungen ein. Aber nicht nur seine Lebens- und Leseerfahrung, auch sein Naturell kam der Außenpolitik entgegen. Willy Brandt war ein Angler, kein Jäger, er ließ die Dinge – und die Menschen – kommen. (…) Willy Brandts Charme lag in seiner Fähigkeit zum Zuhören, die andere Menschen zum Sprechen brachte, und in seiner Art, Menschen für seine Sache zu gewinnen, indem er sie von sich überzeugte.“ Quelle: Horst Ehmke: Mittendrin. Von der Großen Koalition zur Deutschen Einheit, Berlin 1994, S. 125 f. und 193. Michail Gorbatschow (1995): „Zu diesem großartigen Menschen, einem der größten Politiker unserer Zeit, entwickelte sich mit der Zeit ein freundschaftliches Verhältnis. Immer öfter vertieften wir uns im Gespräch in die Probleme der Zukunft der Menschheit, der Wege des Fortschritts, der Rolle der linken Kräfte und des Inhalts der sozialistischen Idee unter den neuen Bedingungen.“ Quelle: Michail Gorbatschow: Erinnerungen, Berlin 1995, S. 1000. Gerhard Schröder (2000): „In der Tat machte einen Großteil seiner Faszination die Offenheit gegenüber neuen Denkund Politikansätzen aus, die er fruchtbar machte für die programmatische Entwicklung der SPD und für ihre Selbstdarstellung in der damals entstehenden Mediengesellschaft. Mit Brandt setzte sich in der Bundesrepublik ein neuer politischer Stil durch, der sich auch dadurch auszeichnete, dass er stets bereit war, sich mit anderen politischen Vorstellungen auseinander zu setzen.“ Quelle: Vorstellung der Bände 2 und 4 der Berliner Ausgabe im Rathaus Schöneberg, 19.9.2000. Rainer Barzel (2001): „Mit fast jugendlichem Elan und unbeirrbar entschlossen übernahm der sonst eher behutsam-zögerliche Willy Brandt die Führung. Noch in der Wahlnacht 1969 nahm er das Steuer in die Hand! Die ihn damals erlebten, berichten, er habe sie ‚mitgerissen‘. (...) Diese 22 Stimmen zu Willy Brandt Woge, die vor allem Brandt selbst erzeugt hatte, wußte er zu nutzen: Er ritt, wenn das Bild erlaubt ist, auf seiner eigenen Welle.“ Quelle: Rainer Barzel: Ein gewagtes Leben. Erinnerungen, Stuttgart 2001, S. 265. Johannes Rau (2002): • „Für eine friedlichere Welt zu streiten, für eine gerechtere Welt zu streiten, dafür war ihm kein Weg zu lang, und dafür hat er auch Umwege in Kauf genommen.“ • „Der Zuspruch und die Begeisterung, die galten dem Aufbruch, für den seine Politik stand. Verehrt wurde aber auch er selber, Willy Brandt als Person, – und das gewiss auch, weil dieser Mann, der Friedensnobelpreisträger, ein Mensch war, erkennbar mit Schwächen und Widersprüchen. (...) Nicht, dass die Menschen Willy Brandt wegen seiner Schwächen wegen verehrt hätten – aber sie erkannten, dass er menschlich geblieben war – und dem schenkten sie Vertrauen.“ • „Wie kaum jemand, dem ich begegnet bin, hatte er die Gabe, Menschen für sich zu gewinnen: Mit Herzlichkeit und großem Charme (...), mit Witz und mit seinem Talent zu erzählen. Vor allem: mit einer großen Fähigkeit zur Selbstironie. Manche verbinden mit Willy Brandt Melancholie, Traurigkeit. Das ist gewiss nicht falsch. Weit mehr war sein Leben aber geprägt von der inneren Fröhlichkeit, die er ausstrahlte.“ Quelle: Rede des Bundespräsidenten zum 10. Todestag von Willy Brandt, 8.10.2002. Brigitte Seebacher (2004): • „W.B. war kein Fanatiker der Wahrheit und auch insoweit kein Moralist. Zwischen Notwendigkeit und Legitimität unterschied er nicht unbedingt. Er wusste um die Bedingtheit alles Menschlichen und um die Fragwürdigkeit alles Großen.“ • „W.B. war kein Typ, der den Teufel an die Wand malte oder Fragen aufwarf, bevor die Zeit reif war, sie aufzuwerfen. Er konzentrierte sich aufs Nächstliegende, Machbare.“ • „Vor allem ist es diese seltene Mischung von Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit, von Nähe und Ferne, Gemeinschaftsgeist und Für-sich-bleiben-Wollen, die sein Charisma ausmacht. Es zieht an und stößt ab. Und lässt kaum einen gleichgültig.“ Quelle: Brigitte Seebacher: Willy Brandt, München 2004, S. 15, 73 und 141 f. Hans-Joachim Noack (2004): „Die hohen und höchsten Verdienste Willy Brandts an der Wiedervereinigung (...) sind unbestreitbar. Ohne seine Unbeugsamkeit, mit der er vor allem als Berliner Bürgermeister dem permanenten sowjetischen Würgegriff widerstand, stünde die Welt vermutlich schlechter da.“ Quelle: Der ewige Fremdling, in: Der Spiegel, Nr. 20/2004, S. 46-50. Lars Brandt (2006): „Persönliche Kontakte forderten ihm etwas ab, was aufzubringen schwerfiel. (...) In Menschenansammlungen fühlte er sich besser aufgehoben als bei einzelnen, wenn nicht Funktionen und Zuordnungen klar definiert waren. Gruppen machten ihn weniger nervös. (…) Hätte man diesen Menschen von seinen Widersprüchen befreien wollen, wäre wenig von ihm übriggeblieben.“ Quelle: Lars Brandt: Andenken, München 2006, S. 16 und 21. Helmut Kohl (2007): • „Bei allen Auseinandersetzungen in der Politik war Brandt im persönlichen Umgang ein Mann von einer ungemein freundlichen und zuvorkommenden Art.“ • „Willy Brandts politisches Wirken war geprägt von den Erfahrungen mit zwei totalitären Diktaturen auf deutschem Boden. Diese Erfahrungen waren für ihn Verpflichtung, seine Kraft in den Dienst von Frieden und Freiheit zu stellen. In diesem Geiste war Willy Brandt stets deutscher Patriot, Europäer und Weltbürger zugleich.“ • „Willy Brandt hatte nicht nur in seinen Staatsämtern Politik und politische Kultur in Deutschland mitgestaltet. Sein Wort hatte über Parteigrenzen hinaus Gewicht. Mit 23 Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung seiner Lebenserfahrung und seiner Weisheit trug er viel zur Versöhnung der Deutschen mit ihrer Geschichte bei.“ Quelle: Helmut Kohl: Erinnerungen. 1990-1994, München 2007, S. 484, 488 und 489. Klaus Schütz (2007): „Unter den Berliner Nachkriegspolitikern gibt es wohl nur zwei Männer, die auch heute noch ganz fest in der öffentlichen Erinnerung verankert sind: Ernst Reuter und Willy Brandt. (...) Zu ihrer Zeit und hier in Berlin waren sie – jeder für sich – einzig und unersetzlich!“ Quelle: Berlin bleibt frei – Gedanken zu Willy Brandt. Vortrag anlässlich des Festaktes zum 50. Jahrestag der Wahl Willy Brandts zum Regierenden Bürgermeister von Berlin am 4.10.2007 im Rathaus Schöneberg, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (Hg.), Berlin 2008 (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, H.15), S. 23 f. Klaus Wowereit (2007): „Berlin ist Labor für die Lösung von morgen. Das ist das Vermächtnis eines Politikers wie Willy Brandt an seine Nachfolger.“ Quelle: Berlin bleibt frei – Gedanken zu Willy Brandt. Vortrag anlässlich des Festaktes zum 50. Jahrestag der Wahl Willy Brandts zum Regierenden Bürgermeister von Berlin am 4.10.2007 im Rathaus Schöneberg, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (Hg.), Berlin 2008 (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, H.15), S. 13. Egon Bahr (2008): „Große Verletzlichkeit hat ihn zeitlebens geprägt. Er blieb immer ein verletzlicher Mensch.“ Quelle: Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (Hg.): Die Erinnerung an Willy Brandt und ein Rückblick auf die gemeinsame Zeit. Gespräch zwischen Helmut Schmidt und Egon Bahr am 25.9.2008 im WillyBrandt-Haus Lübeck, Berlin 2009 (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, H. 17), S. 15. Mohammed ElBaradei (2009): „Willy Brandt zählte zu den politischen Giganten des 20. Jahrhunderts.“ Quelle: ElBaradei, Mohammed: Der Weg in eine sichere Welt. Willy Brandt Lecture 2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin; Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (Hg.), Berlin 2010 (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung; H. 22), S. 20. Süddeutsche Zeitung (2010): „Brandt regierte 1970 erst im zweiten Jahr, aber der Kniefall von Warschau war vielleicht die größte Stunde seiner Kanzlerschaft. Er symbolisierte, dass ein neues Deutschland entstanden war, das sich zur eigenen Geschichte und Schuld bekannte, das den Nachbarn die Hand reichte.“ Quelle: „Kniefall für Deutschland“, in: Süddeutsche Zeitung, 4./5.12.2010. Der Tagesspiegel (2010): „Es war eine ganz spontane Geste, mit der Willy Brandt vor 40 Jahren Weltgeschichte schrieb: Sein Kniefall vor dem Ghetto-Mahnmal in Warschau prägt bis heute den Blick Osteuropas auf die neue Bundesrepublik. Da gab es auf einmal ein Deutschland, das in den Ländern im Osten nicht mehr nur Untertanen und Feinde sah, sondern Partner.“ Quelle: „Ostpolitik 3.0“, in: Der Tagesspiegel“, 7.12.2010. Walter Scheel (2010): „Ich bin mir ganz sicher – ich will sagen, wirklich sicher –, dass Willy Brandt den Kniefall nicht geplant hat. (...) Willy Brandt war einfach von der Situation überwältigt. (...) Brandt hatte vor allem durch seine Wortwahl die Gabe, Menschen anzusprechen. Sein Wesen und seine Worte trafen die Emotionen der Menschen. Ich habe das bei keinem anderen Menschen so erlebt. Er war nicht berechenbar, aber manchmal waren seine Handlungen derart ergreifend und überzeugend, dass ich nur staunen konnte. In Warschau war es nicht sein Wort, sondern eben der Kniefall. Ich fand es eine sehr passende und symbolische Handlung. Deutschland konnte auf seinen Kanzler stolz sein. Quelle: „Deutschland konnte stolz sein auf Willy Brandt“, in: Welt-online, 7.12.2010. 24 Stimmen zu Willy Brandt Bronislaw Komorowski (2010): „Der Kniefall Brandts zeigte, dass es auch andere Deutsche – nicht nur Revanchisten und Revisionisten – gab.“ Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.12.2010. Götz Aly (2010): „Willy Brandts Kniefall vor dem Warschauer Ghetto-Denkmal gilt uns Heutigen als bewegender und dankenswerter Akt. Am 7. Dezember 1970 hatte ein antifaschistischer Emigrant die Last der deutschen Verbrechen auf sich genommen, ein Mann, den noch unzählige Parteigänger und Politiker der CDU/CSU als Vaterlandsverräter und zu dem – oh Gott! – als unehelich Geborenen schmähten. (...) Brandt kannte das dumpfe Volksempfinden. Folglich sprach er in Deutschland selten und wolkig über die Vergangenheit. Wäre er deutlicher geworden, hätte er seine politischen Chancen verloren. Auch das veranlasste ihn in Warschau zu stummer, ausdrucksstarker Demut. Als er 1971 den Friedensnobelpreis erhielt, spendete er den größten Teil des Preisgelds für die Renovierung der Synagoge in Venedig und verfügte, dass dies erst nach seinem Tode bekanntwerden dürfe.“ Quelle: „Umgeben von Verächtern“, in: Frankfurter Rundschau, 13.12.2010. 25