unternehmerische tätigkeit in kanada
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unternehmerische tätigkeit in kanada
UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA Ein Überblick über das geltende Recht Stikeman Elliott LLP UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA Ein Überblick über das geltende Recht Gut ausgebildete Arbeitskräfte, reichlich vorhandene Bodenschätze und ein stabiles politisches und wirtschaftliches Umfeld haben Kanada zu einem der führenden Länder für Investitionen gemacht. Das Freihandelsabkommen mit den USA, Mexiko und einigen anderen Ländern haben Kanada in diesem Status bekräftigt. Über die traditionellen Bereiche für Investitionen hinaus gehend, werden die Investitionen im Feld der „high technology“ von immer mehr zunehmender Bedeutung. Diese Abhandlung soll denen, die sich für Geschäftstätigkeit in Kanada interessieren, einen Überblick liefern über das kanadische Recht in Bezug auf unternehmerische Tätigkeit und Investitionen in Kanada. © STIKEMAN ELLIOTT LLP Stikeman Elliott LLP Kanadisches Wirtschaftsrecht. Weltweit. Stikeman Elliott ist international anerkannt als eine der führenden Wirtschaftskanzleien Kanadas und ist regelmäßig als „Top firm“ sowohl auf dem nationalen als auch auf dem internationalen Kapitalmarkt gelistet. Die Kanzlei bietet in ihren Kernkompetenzen – Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Fusionen und Übernahmen, Bankund Kapitalmarktrecht, Immobilienrecht, Steuerrecht, Restrukturierung und Insolvenzrecht, Wettbewerbsrecht, Prozessführung und Schiedsverfahren - eine wegweisende Rechtsberatung an. Unsere Anwälte verfügen über umfassende Marktkenntnisse angefangen vom Finanzmarkt über den Bereich Energie und Bergbau bis hin zum Technologiesektor. Stikeman Elliott hat Standorte in Montréal, Ottawa, Toronto, Calgary und Vancouver sowie in London, New York und Sydney und verfügt über weitreichende Erfahrung in China, Süd- und Südostasien als auch in Zentral- und Osteuropa, Latainamerika, Karibik und Afrika. Aufgrund der gewachsenen Struktur anstelle von Fusionen können unsere Mandanten einen beständigen und hochkarätigen Service von allen unseren acht Standorten erwarten. Unsere Büros sind regelmäßig an globalen Fusionen und Übernahmen als kanadische Rechtsberater beteiligt und arbeiten mit anerkannten U.S. und internationalen Kanzleien in grenzüberschreitenden Transaktionen von globaler Signifikanz zusammen. Stikeman Elliott Standorte Montréal 1155 René-Lévesque Blvd. West, 40th Floor Montréal, QC, Canada H3B 3V2 Tel: (514) 397-3000 Toronto 5300 Commerce Court West, 199 Bay Street, Toronto, ON, Canada M5L 1B9 Tel: (416) 869-5500 Ottawa Suite 1600, 50 O’Connor Street Ottawa, ON, Canada K1P 6L2 Tel: (613) 234-4555 Calgary 4300 Bankers Hall West, 888 - 3rd Street S.W. Calgary, AB, Canada T2P 5C5 Tel: (403) 266-9000 Vancouver Suite 1700, Park Place, 666 Burrard Street Vancouver, BC, Canada V6C 2X8 Tel: (604) 631-1300 New York 445 Park Avenue, 7th Floor New York, NY 10022 Tel: (212) 371-8855 London Dauntsey House, 4B Frederick’s Place London EC2R 8AB England Tel: 44 20 7367 0150 Sydney Level 12, 50 Margaret Street Sydney, N.S.W. 2000, Australia Tel: (61-2) 9232 7199 STIKEMAN ELLIOTT LLP stikeman.com Der Inhalt dieses Dokuments ist von allgemeiner Natur und stellt keine Rechtsberatung dar. Für jegliche Fragen hinsichtlich der angesprochenen Themen konsultieren Sie bitte einen Anwalt. Haftungsansprüche gegen Stikeman Elliott, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen. © Stikeman Elliott LLP UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA Ein Überblick über das geltende Recht Kanada – Eine Kurze Einführung ...................................................................................... A IHR GESCHÄFT NACH KANADA BRINGEN Außenhandel, Investitionen und Einwanderung ............................................................... B ORGANISATION IHRES GESCHÄFTS Formen der Unternehmensorganisation .......................................................................... C FINANZIERUNG IHRES GESCHÄFTS Wertpapierrecht und Kapitalmärkte ................................................................................. D SOZIALES Arbeitsrecht ....................................................................................................................... E Umweltrecht ...................................................................................................................... F Verbraucherschutzrecht ................................................................................................... G Kanadas Sprachen........................................................................................................... H ALLGEMEINES UNTERNEHMENSRECHT Internationales Privatrecht ................................................................................................. I Wettbewerb/Kartellrecht .................................................................................................... J Geistiges Eigentum ........................................................................................................... K Immobilien ......................................................................................................................... L Konkurs- und Insolvenzrecht .......................................................................................... M E-Commerce .................................................................................................................... N Datenschutz ..................................................................................................................... O Steuern .............................................................................................................................. P BRANCHENABHÄNGIGES UNTERNEHMENSRECHT Rundfunk und Telekommunikation .................................................................................. Q Energievorkommen und Bodenschätze ........................................................................... R Wenn nicht anders angegeben, sind alle Beträge in diesem Buch in kanadischen Dollar ausgewiesen. Derzeit ist der kanadische Dollar dem US-Dollar ungefähr gleichwertig. STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA A Kanada – Eine Kurze Einführung Grundlegende Fakten ......................................................................................................... 2 Informationen zur Geografie und Bevölkerung Kanadas............................................... 2 Geschichte Kanadas ...................................................................................................... 3 Kanadas Regierung und Rechtssystem.............................................................................. 4 Allgemeines ................................................................................................................... 4 Parlamentarische Demokratie ....................................................................................... 4 Föderale Staatsstruktur.................................................................................................. 6 Konstitutionelle Monarchie ............................................................................................. 7 Rechtssysteme .............................................................................................................. 7 Weitere Informationen ......................................................................................................... 7 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JANUAR 2011 KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG Kanada – Eine kurze Einführung GRUNDLEGENDE FAKTEN Informationen zur Geografie und Bevölkerung Kanadas Kanadas Staatsgebiet umfasst die nördliche Hälfte des nordamerikanischen Kontinents mit Ausnahme von Grönland, Alaska und den französischen Inseln Saint-Pierre und Miquelon. Mit einer Fläche von nahezu zehn Millionen Quadratkilometern (über 3,8 Millionen Quadratmeilen) ist Kanada das zweitgrößte Land der Erde. Die große Mehrheit der 33 Millionen Einwohner umfassenden Bevölkerung Kanadas lebt im südlichen Drittel des Landes. Die offiziellen Amtssprachen Kanadas sind Englisch und Französisch: Französisch wird vorwiegend in der Provinz Quebec gesprochen, während Englisch die im Rest des Landes vorherrschende Sprache ist. Die Vielfalt der neben Englisch und Französisch gesprochenen Sprachen ist auf die große Anzahl von Einwanderern zurückzuführen, da Kanada Anziehungspunkt für Einwanderer aus aller Welt war und ist. Provinz (*Territorium) Bev. (in Tsd.) 1 Fläche (in Tsd. km2) Hauptstadt Größte Stadt St. John's St. John's Neufundland & Labrador Nova Scotia Prinz-Edward-Insel New Brunswick Quebec Ontario Manitoba Saskatchewan Alberta British Columbia *Nunavut *Nordwest-Territorien *Yukon 513 405 948 146 756 8.055 13.506 1.267 1.080 3.874 4.623 34 43 36 55 6 73 1.542 1.076 648 651 662 945 2.093 1.346 482 Halifax Charlottetown Fredericton Quebec (Stadt) Toronto Winnipeg Regina Edmonton Victoria Iqaluit Yellowknife Whitehorse Halifax Charlottetown Saint John Montreal Toronto Winnipeg Saskatoon Calgary Vancouver Iqaluit Yellowknife Whitehorse KANADA 34.882 9.985 OTTAWA TORONTO Schätzung vom 1. Juli 2012 (Zahlen gerundet), mit freundlicher Genehmigung des kanadischen Bundesamts für Statistik. Flächenangaben mit freundlicher Genehmigung des kanadischen Ministeriums für natürliche Ressourcen. 1 A2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Metropolregion Bev. (in Tsd.) Toronto, Ontario 5.839 Finanzunternehmen, produzierendes Gewerbe, Hochtechnologien, Kommunikationsunternehmen, Unterhaltungsindustrie, Fahrzeugbau, Biotechnologie, Gesundheitsforschung Montréal, Quebec 3.909 Finanzunternehmen, petrochemische Betriebe, Luftund Raumfahrtindustrie, produzierendes Gewerbe, Gesundheitsforschung, Biotechnologie, weitere Hochtechnologien, Pharmaindustrie, Textilindustrie Vancouver, Britisch Columbia 2.420 Finanzunternehmen, Forstwirtschaft, Unterhaltungsindustrie, Hochtechnologien, Transportindustrie Ottawa-Gatineau, Ontario-Quebec 1.259 Hochtechnologien, produzierendes Gewerbe Calgary, Alberta 1.265 Energieunternehmen, Finanzunternehmen, Agrarsektor, Transportindustrie, Hochtechnologien Edmonton, Alberta 1.196 Energieunternehmen, produzierendes Gewerbe, Agrarsektor, Transportindustrie, Biotechnologie 2 Maßgebliche Industrien Winnipeg, Manitoba 763 Produktion, Agrarsektor, Finanzunternehmen, Transportindustrie, Textilindustrie London, Ontario 497 Gesundheitsforschung, produzierendes Gewerbe, Finanzunternehmen Kitchener-Waterloo, Ontario 499 Hochtechnologien, produzierendes Gewerbe Halifax, Nova Scotia 408 Transportindustrie, Finanzunternehmen, Energieunternehmen KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG Die folgenden Städte zählen zu den führenden Wirtschaftszentren Kanadas. Die Tabelle enthält darüber hinaus eine Übersicht der wichtigsten Wirtschaftssektoren der jeweiligen Stadt. Niederlassungen von Stikeman Elliott in Kanada befinden sich in Toronto, Montreal, Vancouver, Ottawa und Calgary. Geschichte Kanadas Ein Großteil des heutigen kanadischen Staatsgebietes stand bis 1763 unter französischer Herrschaft. Vier Jahre zuvor hatten britische Streitkräfte unter General James Wolfe die französischen Truppen unter Führung des Marquis de Montcalm in der Schlacht auf der Abraham-Ebene bei Quebec (Stadt) besiegt und so das Ende der französischen Herrschaft eingeläutet. Die grundlegende Dualität Kanadas zwischen den beiden englisch- und französischsprachigen Bevölkerungsteilen hat seither die Geschichte, Politik und Kultur des Landes 2 Schätzung vom 1. Juli 2011 (Zahlen gerundet), mit freundlicher Genehmigung des kanadischen Bundesamts für Statistik.. STIKEMAN ELLIOTT LLP A3 KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG entscheidend geprägt. Im Quebec Act, dem Quebec-Gesetz von 1774, wurden der großen französischsprachigen Bevölkerungsgruppe der heutigen Provinz Quebec verschiedene Rechte in Bezug auf Sprache, Religion und das Rechtssystem gewährt. Von 1791 bis 1841 wurden Ontario (das ehemals dünn besiedelte westliche Grenzgebiet des französischen Territoriums) und Quebec getrennt als „Oberkanada“ bzw. „Unterkanada“ regiert und verwaltet. Durch den Act of Union, das Unionsgesetz von 1840, wurden Ontario und Quebec jedoch zur Provinz Kanada vereint. Seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich erlangte Kanada etappenweise. Die Kolonialprovinzen Kanada, Nova Scotia und New Brunswick schlossen sich 1867 zum Selbstverwaltungsgebiet „Dominion of Canada“ zusammen. Dieses Ereignis wird von Kanadiern auch als „Konföderation“ bezeichnet. Der British North America Act, der später in Constitution Act, 1867, umbenannt wurde – jedoch nach wie vor weitläufig als BNA Act bekannt ist, legte den Grundstein der kanadischen Verfassung. (Unter anderem wurde die Provinz Kanada durch den BNA Act erneut zweigeteilt – in „Ontario“ und „Quebec“.) Kanada erhielt jedoch erst mit Erlass des Statute of Westminster (Statut von Westminster) von 1931 volle Souveränität in seinen Außenbeziehungen. Das Vereinigte Königreich verzichtete jedoch erst 1982 auf seine noch verbliebene (wenngleich seit langem nicht mehr ausgeübte) Gesetzgebungskompetenz für kanadisches Verfassungsrecht. In den Jahren nach der Konföderation wuchs Kanada auf zehn Provinzen an, darunter Manitoba (1870), Britisch Columbia (1871), die Prinz-Edward-Insel (1873), Alberta (1905), Saskatchewan (1905) sowie Neufundland und Labrador (1949). Weiter im Norden befinden sich das Yukon Territorium und die NordwestTerritorien, deren östliche und nördliche Teile im Jahre 1999 im neuen Territorium Nunavut zusammengefasst wurden. KANADAS REGIERUNG UND RECHTSSYSTEM Allgemeines Kanada ist eine parlamentarische Demokratie, ein föderaler Staat und eine konstitutionelle Monarchie. Der folgende Abschnitt behandelt diese verschiedenen Aspekte des kanadischen Regierungssystems sowie das kanadische Rechtssystem. Parlamentarische Demokratie Funktionen der Legislative und Exekutive Kanada hat ein parlamentarisches Regierungssystem. Das kanadische Parlament mit Sitz in Ottawa besteht aus zwei Kammern, einem Oberhaus, dem Senat, und einem Unterhaus, dem „House of Commons“. Der Senat, dessen Mitglieder ihr Amt bis zum 75. Lebensjahr ausüben können, spielt im politischen Prozess eine relativ untergeordnete Rolle. Die tatsächliche gesetzgebende Gewalt liegt nahezu ausschließlich beim gewählten „House of Commons“, dessen 308 Mitglieder als Abgeordnete, „Members of Parliament“ oder „MP“, bezeichnet werden. Jeder A4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Gestaltung der Regierungspolitik Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem parlamentarischen System Kanadas und dem kongressionalen System, wie es in den USA und anderen Ländern besteht, ist die fehlende strikte Trennung zwischen Exekutive und Legislative. Der Premierminister und die anderen Kabinettsmitglieder fungieren selbst als Legislative. So ist es in Kanada nicht unüblich, dass die Abgeordneten der Regierungspartei allen Gesetzesinitiativen ihrer Partei zustimmen. Da diese Praxis nahezu ohne Ausnahme angewandt wird 4, richtet sich politische Lobbyarbeit meist an Kabinettsgremien und parlamentarische Komitees im Vorbereitungs- und Entwurfsstatium des Gesetzgebungsverfahrens und nicht an die Vertreter der Legislative im Zeitpunkt der Abstimmung. KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG Abgeordnete vertritt einen der kanadischen Wahlbezirke, welche auch „ridings“ genannt werden. Die Regierung wird üblicherweise von der politischen Partei gestellt, welche über die meisten Abgeordneten im „House of Commons“ verfügt. Der Premierminister, die politische Führungspersönlichkeit des Landes, ist derjenige Abgeordnete, der von seiner Partei als Parteivorsitzender gewählt wird. Die Exekutivgewalt liegt beim Kabinett, das aus dem Premierminister sowie weiteren vom Premierminister ernannten Abgeordneten besteht, die die verschiedenen Bundesministerien leiten. 3 Kabinettsmitglieder sind Minister und werden normalerweise als „Minister of Finance“, „Minister of Justice“ etc. bezeichnet. Ein Senator kann auch ein Amt im Kabinett bekleiden, sogar das des Premierministers, jedoch mit Ausnahme der Position, die der „Government Leader in the Senate“, d.h. der Regierungsführer im Senat, von Amts wegen innehat, was eher unüblich ist. Politische Parteien In Kanada gibt es verschiedene politische Parteien, von denen manche nur in einer Provinz oder Region vertreten sind, während andere landesweit aktiv sind. Die wichtigsten Parteien auf Bundesbene in der Reihenfolge ihrer augenblicklichen Vertretung im „House of Commons“ sind: Die Konservative Partei Kanadas, die Neue Demokratische Partei Kanadas (NDP), die Liberale Partei Kanadas, der Bloc Québécois (BQ), und die grüne Partei. Wenngleich die NDP und der BQ moderat linksgerichtet sind und die Konservative Partei leicht nach rechts tendiert, sind alle wichtigen Parteien Kanadas prinzipiell gemäßigt, pragmatisch und stehen Unternehmensinvestitionen offen gegenüber, sobald sie Regierungsverantwortung haben. Auf Provinzebene wird das politische Leben in den meisten Provinzen von Flügeln der Liberalen, der Progressiven Konservativen (PC) und der Neuen Demokratischen Partei beherrscht. Die NDP ist auf Provinzebene in Quebec nicht aktiv. Dasselbe gilt für die Progressive Konservative Partei in Quebec, Saskatchewan und British Mitunter wird das kanadische Kabinett formell auch als „Governor in Council“ bezeichnet. Diese übliche Abstimmungspraxis wird in Kanada weit weniger häufig aufgegeben als das selbst in verwandten Parlamenten der Fall ist, wie etwa im Parlament des Vereinigten Königreichs. 3 4 STIKEMAN ELLIOTT LLP A5 KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG Columbia. In Quebec sind die Liberale Partei, die „Action Démocratique du Québec (ADQ)“ und die „Parti Québécois (PQ)“ in der Nationalversammlung („National Assembly of Quebec“) vertreten. In Saskatchewan bilden die Saskatchewan-Partei und die Neue Demokratische Partei im Wesentlichen die gesetzgebende Versammlung. Der Premierminister Der aktuelle Premierminister Kanadas ist Stephen Harper, Vorsitzender der Konservativen Partei Kanadas, der als Right Honorable, als Höchst Ehrenwerter Stephen Harper bezeichnet wird. Föderale Staatsstruktur Allgemeines Kanada ist ein föderal strukturierter Staat, dessen Gesetzgebungsgewalt verfassungsmäßig zwischen einer nationalen und dreizehn regionalen Gesetzgebungsgewalten aufgeteilt ist. Die zehn hauptsächlichen kanadischen legislativen Zuständigkeitsbereiche werden auch als Provinzen bezeichnet. Die Regierungen der drei dünn besiedelten nördlichen Territorien üben viele Befugnisse einer Provinzregierung aus. Darüber hinaus delegieren die Provinzen und Territorien bestimmte Entscheidungsbefugnisse an Städte, Gemeinden und andere Kommunalverwaltungen und schaffen so quasi eine dritte Regierungsebene. Die Provinzregierungen ähneln in ihrer Struktur grundsätzlich der Bundesregierung, obwohl die Provinzen nur über Einkammer-Parlamente verfügen –auf Provinzebene gibt es kein Äquivalent zum Senat– und im Allgemeinen andere eigene Bezeichnungen für ihre politischen Einrichtungen verwenden, wie insbesondere „Legislative Assembly“ (gesetzgebende Versammlung) 5, „Premier“ und „MLA“ 6 anstelle der bundesstaatlichen Begriffe „Parlament“, „Premierminister“ und „MP“ (Mitglied des Parlaments). Gewaltenteilung Die verfassungsmäßig vorgesehene Gewaltenteilung ist in Kanada komplex. Allgemein gilt jedoch, dass sich die Bundeszuständigkeit auf Fragen von nationaler und internationaler Wichtigkeit erstreckt, während die Provinzen die Legislativgewalt in regionalen Angelegenheiten ausüben. So umfasst die Bundeszuständikgiet z.B. die Bereiche Handel und Gewerbe, Strafrecht und gewerblichen Rechtsschutz, während die Provinzen die Gesetzgebungskompetenz über Eigentumsrecht und –ganz allgemein– Vertragsrecht ausüben. In Bezug auf Angelegenheiten des Eigentums- und Vertragsrechts ist es wichtig zu beachten, dass in den meisten Teilen Kanadas das englische Rechtssystem, das sog. „Common Law“, 5 6 A6 In Quebec: „National Assembly“, in Neufundland: „House of Assembly“. In Ontario: „MPP“, in Quebec: „MNA“, in Neufundland: „MHA“. STIKEMAN ELLIOTT LLP Konstitutionelle Monarchie Kanada ist eine konstitutionelle Monarchie, wenngleich der fortgesetzten Anerkennung von Königin Elisabeth II als Staatsoberhaupt Kanadas eher symbolische als praktische Bedeutung zukommt. In Abwesenheit der Königin werden ihre zeremoniellen Funktionen im öffentlichen Leben von ihrem Vertreter in Kanada, dem Generalgouverneur, ausgeübt. Aktuell bekleidet David Johnston das Amt des Generalgouverneurs. Rechtssysteme Wie bereits oben erwähnt, bestehen in Kanada zwei unterschiedliche Rechtssysteme: In der weitgehend französischsprachigen Provinz Quebec beruht das Privatrecht auf einem Zivilgesetzbuch, dem sog. „Civil Code“, der konzeptionelle Ähnlichkeiten mit dem Zivilgesetzbuch Frankreichs und anderen kontinentaleuropäischen Ländern aufweist. Die anderen Provinzen und Territorien sind hingegen sog. „Common Law“-Rechtsordnungen. Während die „Common Law“Provinzen traditionell britischen Präzedenzfällen mehr Bedeutung beigemessen haben als amerikanischen, hat die amerikanische Rechtsprechung in den letzten Jahren verstärkt an Einfluss bei kanadischen Gerichten und Gesetzgebern gewonnen, insbesondere in Bezug auf Handelsangelegenheiten. KANADA – EINE KURZE EINFÜHRUNG die Grundlage des Privatrechts bildet, wohingegen einzig in der Provinz Quebec das kontinentaleuropäisch geprägte „Civil Law“ Anwendung findet. WEITERE INFORMATIONEN Weitere allgemeine Informationen über Kanada entnehmen Sie bitte der Homepage der kanadischen Regierung unter www.gc.ca, die Links zu Regierungsstellen und programmen sowie zu den offiziellen Seiten der Provinzen und Territorien Kanadas bereitstellt. Weitere statistische Informationen erhalten Sie auf der Homepage des nationalen Statistischen Amtes Kanadas („Statistics Canada“) unter www.statcan.gc.ca. Ständig aktualisierte Informationen zu juristischen Entwicklungen finden Sie auf der Seite von Stikeman Elliott unter www.stikeman.com. STIKEMAN ELLIOTT LLP A7 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA B Außenhandel, Investitionen und Einwanderung Aussenhandel und Handelsabkommen .............................................................................. 2 Kanadas Handelsbeziehungen mit den USA ................................................................ 2 Freihandelsabkommen .................................................................................................. 2 NAFTA ........................................................................................................................... 2 Weitere Freihandelsabkommen ..................................................................................... 6 Regulatorische Rahmenbedingungen................................................................................. 6 Ausgenommene Transaktionsarten ............................................................................... 7 Überprüfbare Transaktionen .......................................................................................... 8 Investitionen von Seiten staatlicher Unternehmen ...................................................... 12 Meldepflichtige Geschäftstransaktionen ...................................................................... 13 Einwanderung ................................................................................................................... 15 Temporäre Einreise ..................................................................................................... 16 Internationale Abkommen ............................................................................................ 16 Ständiger Aufenthalt .................................................................................................... 17 Import/Export ..................................................................................................................... 21 Einfuhrbestimmungen .................................................................................................. 21 Exportbestimmungen ................................................................................................... 27 Regierungsprogramme ................................................................................................ 28 © STIKEMAN ELLIOTT LLP MÄRZ 2008 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Außenhandel, Investitionen und Einwanderung AUSSENHANDEL UND HANDELSABKOMMEN In den letzten Jahren hat sich Kanada als engagierter Verhandlungspartner bei den Bemühungen um den weltweiten Abbau von Handelsschranken etabliert. So wurden Freihandelsabkommen mit den USA und mehreren anderen Ländern geschlossen. Darüber hinaus wurde die Verordnung betreffend ausländische Investitionen vereinfacht, um grenzüberschreitende Transaktionen leichter abschließen zu können. Kanadas Handelsbeziehungen mit den USA Mit einem täglichen Handelsvolumen von eineinhalb Milliarden US-Dollar sind Kanada und die USA seit der größte Handelspartner des jeweils anderen Landes. Der Zugang zum US-Markt, der durch Freihandelsabkommen weitestgehend ermöglicht wird, gilt als einer der attraktivsten Faktoren für eine Geschäftstätigkeiten in Kanada. Amerikanische Wirtschaftszentren sind in wenigen Stunden von nahezu jeder großen kanadischen Stadt aus durch das Strassen- und Schienennetz erreichbar. Ein eindrucksvolles Beispiel für die engen wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder findet sich im südlichen Ontario: das industrielle Kernland Kanadas im südlichen Ontario und Quebec ist fast nahtlos mit Amerikas Nordosten und den Staaten des Mittleren Westens verbunden, was insbesondere die Automobilindustrie und andere Schwerindustrien, aber auch zunehmend die Hightechund Kommunikationsbranche sowie andere wachsende Wirtschaftssektoren betrifft. Freihandelsabkommen Kanada ist eine der führenden Handelsnationen der industrialisierten Welt. Seit den 1980er Jahren haben die verschiedenen kanadischen Regierungen die Vorteile der Liberalisierung des internationalen Handels erkannt und eine Reihe von Freihandelsabkommen verhandelt. Das erste in dieser Reihe war das Canada-U.S. Free Trade Agreement (FTA) von 1989. Wenige Jahre nach Errichtung der Freihandelszone, als die USA und Mexiko bilaterale Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufnahmen, wurde Kanada zur Teilnahme an den Verhandlungen eingeladen. Aus diesen trilateralen Verhandlungen erwuchs das „North American Free Trade Agreement (NAFTA)“, das seit 1994 weitgehend die Handelsbeziehungen zwischen Kanada, den USA und Mexiko regelt. Kanada hat darüber hinaus bilaterale Freihandelsabkommen mit Chile, Israel und Costa Rica abgeschlossen. Die Verhandlungen zu weiteren Abkommen finden in einer Reihe von Gremien statt. NAFTA Die Kernaufgabe des NAFTA-Abkommens besteht in der Umsetzung von Zielen und Bestimmungen, die an das FTA angelehnt sind. Die meisten Rechte und Pflichten, die B2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Das NAFTA-Abkommen enthält in vielerlei Hinsicht Verbesserungen im Vergleich zu dem FTA. Einige werden im Detail in den Folgekapiteln behandelt. Die wesentlichen Verbesserungen lassen sich jedoch wie folgt zusammenfassen: Eine wesentliche Änderung stellt die Einführung von Bestimmungen zum geistigen Eigentum im NAFTA dar. Diese Änderung wurde erst durch die Abschaffung des zwingenden Lizenzierungsverfahrens für pharmazeutische Patente in Kanda ermöglicht. Zudem enthält NAFTA auch Bestimmungen hinsichtlich bestimmter Umweltbelange. Schließlich beinhaltet NAFTA neue Bestimmungen bezüglich wettbewerbswidriger und privater Geschäftspraktiken, um die andere Ziele des Abkommens zu erreichen. Herkunftsbestimmungen Im Vergleich zum FTA, enthält NAFTA detaillierte Vorschriften über die Warenherkunft („rules of origin“). Zunächst war die Änderung der Herkunftsbestimmungen von besonderer Bedeutung für Produkte der Automobilindustrie, wodurch das Erfordernis der in Nordamerika gefertigten Bestandsteile von 50% auf 65% erhöht wurde. Darüber hinaus wurden die Herkunftsbestimmungen für Textilien und Bekleidung durch die Herkunftsregelung „yarn forward“ verschärft (d.h., dass Waren der Textil- und Bekleidungsindustrie aus Garn gefertigt sein müssen, das in einem NAFTA-Mitgliedsstaat hergestellt wurde, um für eine bevorzugte Behandlung („preferential treatment“) in Frage zu kommen). Der Nettoeffekt dieser Verschärfung wird jedenfalls zum Teil dadurch kompensiert, dass die Zolltarife für solche Waren erhöht werden, die nicht die Anforderungen der NAFTA-Regelungen zur Herkunftsbestimmung erfüllen. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG im FTA festgeschrieben wurden, finden sich in ähnlicher Form im NAFTA wieder. Anstatt das FTA abzuheben, haben Kanada und die USA haben auf diplomatischer Ebene vereinbart, dass, solange NAFTA in Kraft ist, dieses Abkommen Vorrang vor dem FTA genießt. 1 Darüber hinaus beinhaltet NAFTA mehrere eigenständige bilaterale Verpflichtungen zwischen Kanada und Mexiko einerseits und den USA und Mexiko andererseits. Im Juli 2006 führten Kanada, die USA und Mexiko bestimmte Maßnahmen zur Liberalisierung der NAFTA-Herkunftsbestimmungen bezüglich Kakao-Produkten, Preiselbeersaft, Erzen, Schlacken und Asche, Leder, Kork, bestimmter Textilwaren, Federn, Glas und Glaswaren, Kupfer und anderer Metalle sowie Fernsehgeräten und automatischer Regelungs- oder Steuerungsinstrumente ein. Generell ermöglichen die Änderungen es den Herstellern dieser Produkte, unter erleichterten Voraussetzungen die Anforderungen an die NAFTA Herkunftsbestimmungen zu erfüllen und für eine Befreiung von Zöllen in Frage zu kommen. 1Daher bleiben die Bestimmungen des FTA, die nicht in vollem Umfang Eingang in das NAFTA gefunden haben, zwischen Kanada und den USA wirksam. STIKEMAN ELLIOTT LLP B3 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Zollabbau Im NAFTA wird der Abbau von Zöllen zwischen Kanada und den USA auch weiterhin nach Plan über den Abbau von Zöllen des FTA bestimmt. Entsprechend wurden Zölle auf solche Waren, die noch mit Zöllen belegt werden durften (ca. 50% des Handels war vor Einführung des FTA zollpflichtig), kontinuierlich mit Einführung des Freihandels zum 1. Januar 1999 abgebaut, als der Handel zollfrei wurde. Zölle zwischen Kanada und Mexiko wurden entweder zum Inkrafttreten von NAFTA vollständig aufgehoben oder sollten in fünf bzw. zehn Jahresschritten gleichmäßig abgebaut werden. Für bestimmte, sensible Importwaren sollen die mexikanischen Zölle über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren schrittweise abgeschafft werden. Das öffentliche Beschaffungswesen Unter NAFTA wird den Anbietern von kanadischen Baumaterialien ein wettbewerbsorientierter Zugang zu Bauaufträgen der US-Regierung ermöglicht. Darüber hinaus haben sich die USA weiter dazu bereit erklärt, bestimmte Beschränkungen aufzuheben, die den Zugang kanadischer Hersteller von HightechTelekommunikationseinrichtungen zu ländlichen Elektrifizierungsprojekten eingeschränkt hatten. Daneben ermöglicht NAFTA einen besseren Zugang für kanadische und U.S-amerikanische Unternehmen zu Beschaffungsaufträgen der mexikanischen Regierung. Einhergehend mit diesen Entwicklungen wird den Lieferanten der NAFTA-Regierungen unter NAFTA das Recht eingeräumt, sich im jeweiligen NAFTA-Mitgliedsstaat an eine Schlichtungsstelle zu wenden, deren Rolle darin besteht, grundlegende Regeln zur Durchsetzung von Fairness und Nichtdiskriminierung im öffentlichen Beschaffungsprozess durchzusetzen. Handel im Bereich Dienstleistungen In Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen geht das NAFTA-Regelwerk über den Regelungsbereich des FTA hinaus. Im Unterschied zum FTA etabliert NAFTA ein klareres System an Regeln und Pflichten, um den zwischenstaatlichen Handeln in Dienstleistungen zu fördern, und erstreckt dessen Anwendungsbereich unter anderem auch auf den Land– und spezielle Formen des Luftverkehrs. Zudem wurde auch der Finanzdienstleistungssektor in begrenztem Maße für den Markteintritt von Unternehmen mit Sitz in anderen NAFTA-Staaten geöffnet. Überprüfung ausländischer Investitionen Obwohl NAFTA nicht ausschließt, dass die Mitgliedsstaaten ausländische Investitionen überwachen, erfordert das Abkommen zugleich, Erwerbsbeschränkungen zulasten ausländischer Investoren in den meisten Industrien abzubauen oder zu verringern, um liberalere Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen. Telekommunikation Die primären Auswirkungen von FTA und NAFTA lagen im Hinblick auf die Telekommunikationsindustrie im Bereich der „enhanced“ und „value-added“ B4 STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ■ ■ auf Format, Inhalt, Code, Protokoll oder ähnliche Aspekte der von Kunden übermittelten Informationen zugreifen; Kunden mit zusätzlichen, neuen oder anders gestalteten Informationen versorgen; oder Interaktion der Kunden mit ihren gespeicherten Informationen enthalten. Somit umfassen „enhanced“ die meisten Dienstleistungen, die über bloße Orts- und Ferngespräche hinausgehen. Dazu zählen zum Beispiel E-Mail, OnlineInformationen, das Abrufen und Verarbeiten von Daten und sogar Alarmsysteme. Jeder NAFTA-Staat ist verpflichtet, Anbieter von „enhanced“ und „value-added“ Dienstleistungen mit Sitz in einem anderen NAFTA-Mitgliedsstaat entsprechend inländischen Anbietern (d.h. nicht weniger vorteilhaft als Anbieter mit Sitz im eigenen Land) („National Treatment“) und nach Maßgabe des „most favoured nation“-Prinzips (d.h. nicht schlechter, als Anbieter jedweden anderen Staates) zu behandeln. Allerdings können NAFTA-Länder Lizenzsysteme bezüglich dieser Dienstleistungen beibehalten, vorausgesetzt, dass die Lizenzvergabe an angemessene und diskriminierungsfreie Bedingungen geknüpft ist. NAFTA fordert darüber hinaus den gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen. Bemerkenswerterweise ist es NAFTA-Mitgliedsstaaten untersagt ist, durch die Einführung diskriminierender Vorschriften hinsichtlich des Anschlusses von Endgeräten (oder anderen Geräten) an öffentliche Telekommunikationsnetze den Handel zu beschränken. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Telekommunikation. Grundsätzlich sind FTA und NAFTA weder auf einfache “pointto-point“-Telekommunikation noch auf den Rundfunk anwendbar, wenngleich NAFTA bestimmte Tätigkeiten monopolisierter nationalier Telekommunikationsanbieter mit dem Ziel beschränkt, diese von einem wettbewerbswidrigen Verhalten abzuhalten. Im Gegensatz zum FTA, welches die Definition und Auslegung des Begriffs der „enhanced“-Dienstleistung, den Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten überließ, definiert NAFTA den Begriff „enhanced“ und „value-added“-Dienstleistungen als Telekommunikationsdientleistungen, die elektronische Datenverarbeitungsprozesse nutzen, die: Telekommunikationsdienstleistungen, die dem Anwendungsbereich von NAFTA unterfallen, sind gleichzeitig den allgemeinen NAFTA-Vorschriften, in Bezug auf Investitionen unterworfen. Kanada, ebenso wie Mexiko und die USA, hat den konnte Vorbehalte durchsetzen, die Beibehaltung und Anwendung kanadischer Eigentumsund Kontrollvorschriften erlaubt. Energiesektor NAFTA hat, ebenso wie das FTA, den Umfang staatlicher Intervention im Bereich des Energiehandels, insbesondere zwischen Kanada und den USA, reduziert. Als Ausgangspunkt bestätigen FTA und NAFTA, dass der Handel mit Strom und sonstigen Energiegütern sowohl Rechten und Pflichten des GATT als auch den STIKEMAN ELLIOTT LLP B5 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Vorschriften des FTA und NAFTA unterliegt. Die Vorschriften über den Zollabbau in den Abkommen beseitigen bestehende Zölle auf Energieein- und –ausfuhr und stellen zugleich sicher, dass neue Zölle nicht eingeführt werden. Kanada ist zudem von US-Öleinfuhrabgaben befreit. Die Mitgliedsstaaten haben sich über die Aufhebung der meisten Beschränkungen für Energieim- und -exporte geeinigt, vorbehaltlich solcher Bedingungen, die unter dem GATT-Abkommen zulässig sind, wie Lieferknappheit, Erhaltung begrenzt vorkommender Rohstoffe, nationale Sicherheit oder Einführung von Preiskontrollen. Es werden keine Steuern, Zölle oder Gebühren auf Ausfuhr von Energie aus den USA nach Kanada und umgekehrt erhoben, es sei denn, solche Steuern, Zölle oder Gebühren werden auch für solche Energiegüter erhoben, die für den Inlandsverbrauch bestimmt sind. Die Zukunft von NAFTA Abschließend ist anzumerken, dass NAFTA keinen ausschließenden Charakter hat, sondern vielmehr eine ausdrückliche Beitrittsklausel beinhaltet. Diese Beitrittsklausel, die der Beitrittsklausel zur WTO (Welthandelsorganisation) ähnelt, ermöglicht es anderen Nationen, der Freihandelszone beizutreten. So wird das Kanada-Chile-Freihandelsabkommen – Canada-Chile Free Trade Agreement – (CCFTA) - als Prolog für einen Beitritt Chiles zum NAFTA-Abkommen eingestuft. Weitere Freihandelsabkommen Im Jahr 1996 schlossen Kanada und Chile das CCFTA-Abkommen. Ein Jahr später wurde ein Freihandelsabkommen zwischen Kanada und Israel geschlossen. In jüngerer Zeit wurde ein Freihandelsabkommen zwischen Kanada und Costa Rica vereinbart, welches 2002 in Kraft trat. Abschließend ist anzumerken, dass sich Kanada als aktiver für die Errichtung eines hemisphärischen Handelsabkommens - Free Trade Area of the Americas (FTAA) einsetzt, das nahezu alle Länder in Nord-, Süd- und Zentralamerika einschließen würde. Darüber hinaus verhandelt Kanada aktuell mögliche Abkommen mit den „Zentralamerikanischen Vier“ (Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua), der Europäischen Freihandelszone (Island, Norwegen, Schweiz, Liechtenstein), Singapur, der Republik Korea (Südkorea), der Dominikanischen Republik, der Andengemeinschaft (Kolumbien und Peru im Besonderen) und der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM). Kanada hat zudem Verhandlungen mit der Europäischen Union und Japan begonnen. Neben diesen Verhandlungen hat Kanada Handels-, Investitions- und Wirtschaftsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen. REGULATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN Das Kanadische Investitionsgesetz („The Investment Canada Act (ICA)“) ermöglicht es der kanadischen Bundesregierung, vorgeschlagene ausländische Investitionen dahingehend zu überprüfen, ob sie wahrscheinlich einen positiven Nettoeffekt („netbenefit“) in Kanada zeitigen. Der ICA wurde 1985 verabschiedet und stellte eine deutliche Veränderung zu seinem Vorgängergesetz, dem Foreign Investment Review B6 STIKEMAN ELLIOTT LLP In Abhängigkeit von der Nationalität des Investors, der Natur des kanadischen Unternehmens und dem Buchwert der Vermögensgegenstände des kanadischen Unternehmens, kann eine ausländische Investition entweder einer Vorabüberprüfung und einer ministeriellen Genehmigung unterliegen oder lediglich eine ex-post Anzeigepflicht auslösen. Eine Anzeige ist im Wesentlichen eine behördliche Formalität, die eine Benachrichtigung über die Investition darstellt und bestimmte notwendige Informationen über die Investition enthält, die innerhalb von 30 Tagen nach Vollzug der Investition eingereicht werden muss. Eine ex-ante Überprüfung gestaltet sich wesentlich aufwändiger und kann sogar ein Hindernis für den Abschluss einer Investition darstellen, solange die erforderliche(n) Genehmigung(en) nach dem ICA nicht erteilt wurde(n). AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG STIKEMAN ELLIOTT LLP B7 Act (FIRA), dar, der von ausländischen Investoren verlangte, darzulegen, dass ihre Investitionen einen signifikanten Vorteil für Kanada haben würden. Jeder Kontrollerwerb an einem kanadischen Unternehmen durch einen nichtKanadier, unterliegt den Bestimmungen des ICA. Das gilt sogar für den Fall, dass sich das kanadische Unternehmen bereits unter ausländischer Kontrolle befindet (wie z.B. im Falle der kanadische Tochtergesellschaft einer US-Gesellschaft). Ein allgemeines Missverständnis liegt in der Annahme, dass die Verwendung eines in Kanada gegründeten Akquisitionsvehikels nicht dem Anwendungsbereich des ICA unterfällt. Das ist nicht der Fall: Vielmehr ist die Staatsangehörigkeit der Personen, die letztlich das Akquisitionsvehikel kontrollieren, maßgeblich für die Anwendbarkeit des ICA. Ausgenommene Transaktionsarten Von den Bestimmungen des ICA sind bestimmte Transaktionen mit folgenden Merkmalen ausgenommen: ■ Wertpapierhändler und Risikokapitalgeber, die im gewöhnlichen Geschäftsrahmen tätig werden; ■ steuerbefreite Anbieter; ■ Banken; ■ die Übernahme von staatlichen oder staatlich kontrollierten Unternehmen; ■ unfreiwillige Übernahmen; ■ die vorübergehende Übernahme eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Förderung von Finanzierungsvereinbarungen ; ■ der Erwerb eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Verwertung einer Sicherheit. ■ Unternehmensrestrukturierungen; ■ der Erwerb eines Unternehmens, dessen Umsatz durch Landwirtschaft generiert wird, welche auf Grundbesitz erfolgt, der in der gleichen Transaktion erworben wurde; und ■ bestimmte Investitionen durch spezielle Versicherungsgesellschaften. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Es sollte jedoch beachtet werden, dass für Transaktionen, die unter eine dieser Ausnahmen fallen, andere Vorschriften gelten können. Überprüfbare Transaktionen Allgemeine Ausführungen Bevor der ICA zur Liberalisierung der Beschränkungen für Investoren im Rahmen von NAFTA und der WTO abgeändert wurde, galten bestimmte Vorschriften für das Erfordernis eines Antrags. Die Vorschriften des ICA forderten im Grundsatz von allen nicht-kanadischen Investoren, die die Übernahme eines kanadisches Unternehmen planten, vor der Investition einen Antrag beim Wirtschaftsminister (Minister of Industry) zu stellen, wenn: ■ ■ der Investor einen direkten Erwerb eines kanadischen Unternehmens mit einem Vermögen von einem Buchwert in Höhe von fünf Millionen oder mehr in Aussicht gestellt hatte; oder der Investor einen indirekten Erwerb eines kanadischen Unternehmens in Aussicht stellte, d.h. eine Übernahme einer kanadischen Firma durch den Erwerb von Unternehmensanteilen eines Unternehmens, das außerhalb Kanadas registriert ist, mit einem Vermögen im Wert von 50 Millionen Dollar oder mehr bzw. mit einem Vermögen zwischen 5 Millionen und 50 Millionen Dollar, wenn der kanadische Anteil mehr als die Hälfte des Gesamtbetrages der Transaktion ausmachte. Anzumerken ist, dass ein indirekter Erwerb eines kanadischen Unternehmens mit einem Vermögen von über 50 Millionen Dollar (gemäß WTO-Regeln für Investoren) zu überprüfen ist, auch wenn der Anteil des kanadischen Vermögens weniger als 50% des Wertes des Gesamtbetrags der Transaktion beträgt. Allerdings kann der Antrag für eine solche Übernahme noch bis zu 30 Tage nach Abgabetermin eingereicht werden. Derzeitige Standards für WTO-Investoren „WTO-Investoren“ (d.h. Investoren mit Staatsbürgerschaft eines der WTOMitgliedsländer) verfügen nun über erheblich mehr Freiheiten im Rahmen von Investitionen in Kanada. Des Weiteren erleichtern die ICA-Bestimmungen über den Erwerb kanadischer Unternehmen unter Kontrolle eines (nicht-kanadischen) WTOInvestors durch einen Investor eines Drittlandes für den WTO-Investor, sein kanadisches Unternehmen zu verkaufen. Im Ergebnis der WTO-Änderungen ist nun eine Investition zu überprüfen, wenn der Vermögenswert des kanadischen Unternehmens – laut eines geprüften konsolidierten Jahresabschlusses im Jahr unmittelbar vor der Investition – folgende Schwellenwerte überschreitet: ■ B8 ist der Anleger kein WTO-Investor, und wurde die Investition nicht unmittelbar vor der Investition durch einen nicht-kanadischen WTO-Investors kontrolliert, dann gelten die oben genannten allgemeinen Schwellenwerte; STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ist der Investor oder Händler ein WTO-Investor, dann ist jede direkte Investition (d.h. die Übernahme eines kanadischen Unternehmens selbst) von $ 295.000.000 oder mehr überprüfbar. Dies gilt für Transaktionen, die im Jahr 2008 abgeschlossen wurden. 2 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Kaufpreis keine Auswirkung auf diese Qualifikation hat. Vielmehr ist es der Buchwert aller Vermögenswerte weltweit, die im Zusammenhang mit dem kanadischen Unternehmen stehen – unabhängig davon, ob sich das Vermögen in Kanada befindet –, für den Schwellenwert relevant; oder ist der Investor oder Händler ein WTO-Investor; dann ist ein indirekter Erwerb (d.h. die Übernahme eines Unternehmens mit Sitz außerhalb Kanadas, welches ein kanadisches Unternehmen kontrolliert) von einer Überprüfung ausgenommen unter eng definierten Umständen, wie unten beschrieben, befreit. Ausnahmen für bestimmte Geschäftsformen Ungeachtet der allgemein gültigen höheren Schwellenwerte für WTO-Investoren unterliegen auch diese den niedrigeren Schwellenwerten für Nicht-WTO-Investoren in Bezug auf Investitionen in bestimmten, sensiblen Industriesektoren. Dies ist z.B. für ein kanadisches Unternehmen der Fall, wenn das Unternehmen: ■ ■ ■ ■ sich in der Uranproduktion engagiert und Anteil an Eigentum hat, das zur Uranproduktion verwendet wird; eine Finanzdienstleistung anbietet; einen Transport-Service anbietet, oder ein „Kultur-Unternehmen“ ist; AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG ■ Die niedrigeren Schwellenwerte für Nicht-WTO-Investoren (siehe oben unter „Allgemeine Ausführungen“) gelten ebenfalls für WTO-Anleger. Darüber hinaus werden im Zusammenhang mit diesen sensiblen Branchen indirekte Übernahmen als direkte Übernahmen behandelt und unterliegen somit der 5-Millionen-DollarSchwellenwertgrenze für eine ex-ante Überprüfung, wenn die Vermögenswerte des kanadischen Unternehmens mehr als die Hälfte der Vermögenswerte der Gesamttransaktion ausmachen. Wann ist ein kanadisches Unternehmen „erworben“? Laut ICA gilt ein Unternehmen als „erworben“, wenn durch den Erwerb die Kontrolle des Unternehmens übernommen wird. Der ICA enthält detaillierte Vorschriften für die Feststellung, wann die Kontrolle eines bestehenden Unternehmens durch einen nicht-kanadischen Investor erworben wurde. Eine Gesellschaft, die in Kanada geschäftlich tätig ist, kann durch Aktienerwerb („share deal“) oder Übernahme der Vermögenswerte („asset deal“) übernommen werden. Während der ICA vorsieht, dass bestimmte Transaktionen gemäß dem 2 Der geldbetragliche Schwellenwert erhöht sich jährlich gemäß einer Indexierungsformel. STIKEMAN ELLIOTT LLP B9 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG ministerialen Ermessen charakterisiert werden, ist jedoch die Grundregel anwendbar, dass jede Transaktion, bei der ein nicht-kanadischer Investor die Mehrheit der Stimmrechte eines kanadischen Unternehmens erwirbt, als eine Übernahme der Kontrolle über das jeweilige Unternehmen betrachtet wird. Zudem wird weiter vermutet, dass ein Erwerb von einem Drittel bis zur Hälfte der stimmberechtigten Anteile an einer Gesellschaft eine Übernahme der Kontrolle ist (diese Vermutung kann durch den Nachweis widerlegt werden, dass keine tatsächliche Kontrolle besteht). Der Erwerb von weniger als einem Drittel der stimmberechtigten Aktien wird nicht als Übernahme der Kontrolle betrachtet. 3 Die Übernahme aller oder aller wesentlichen Vermögenswerte eines kanadischen Unternehmens gilt auch als Übernahme der Kontrolle. Für Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind (z. B. Partnerschaften) sind, betrachtet der ICA als „Kontrollübernahme“ all diejenigen Transaktionen und nur solche, bei denen die Mehrheit der Stimmrechtsanteile übernommen wird. Dies unterliegt dem folgenden allgemeinen Grundsatz, der sowohl für Kapital- als auch für Personengesellschaften gilt: Die Anwendung des ICA-Gesetzes kann nicht dadurch umgangen werden, dass eine gesamte Unternehmensübernahme in möglichst viele kleine Transaktionen aufgeteilt wird, von denen jede einzelne Transaktion unter dem Grenzwert des ICA liegt, und somit dieser nicht zur Anwendung kommen würde. Aus diesem Grund werden solche Mehrfachtransaktionen als eine gesamte Transaktion behandelt. Dies gilt sogar in Fällen, in denen die verschiedenen Mehrfachtransaktionen nachweislich voneinander unabhängig sind. Der ICA behandelt zudem indirekte Kontrollübernahmen, einschließlich der Übernahme von nicht-kanadischen Unternehmen, welche gleichzeitig kanadische Unternahmen kontrollieren. Der ICA ist in diesem Punkt eindeutig: Solche indirekten Übernehmen sind als Übernahmen zu qualifizieren, deren Zweck die Kontrollübernahme eines kanadischen Unternehmens ist. Allgemein lässt sich für die Anwendbarkeit des ICA formulieren: Kontrolliert ein Unternehmen (A) ein anderes Unternehmen (B), so wird dem kontrollierenden Unternehmen (A) gleichzeitig die indirekte Kontrolle solcher Unternehmen (C,D, etc.) zugeschrieben, die von dem kontrollierten Unternehmen (B), direkt und indirekt, kontrolliert werden. Ministerielle Zustimmung Von nachfolgenden Ausnahmen abgesehen kann eine Investition, für welche das Erfordernis einer Überprüfung besteht, erst dann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn der Wirtschaftsminister (Minister of Industry; oder in einigen Fällen der Minister für das kulturelle Erbe Kanadas) die Bestätigung ausgesprochen hat oder aussprechen muss, dass die Investition einen Gewinn für Kanada darstellt. Sobald 3 Die einzige mögliche Ausnahme betrifft ein kulturelles Geschäft, bei dem, ungeachtet dessen, dass weniger als ein Drittel der stimmberechtigten Aktien erworben werden, der Minister anhand der Fakten entscheiden kann, ob Kontrolle erworben worden ist. B10 STIKEMAN ELLIOTT LLP Vom allgemeinen Grundsatz, dass eine Investition, die einer Überprüfung bedarf, erst dann abgeschlossen werden kann, wenn der Minister seine Feststellung bezüglich des Gewinns für Kanada ausgesprochen hat, sind folgende Ausnahmen anerkannt: ■ ■ ■ in Fällen, in denen der Minister davon überzeugt ist, dass eine Verzögerung der Umsetzung der Investitionen bis zum Abschluss der Überprüfung eine unzumutbare Härtesituation für den nicht-kanadischen Investor bedeuten würde oder der Geschäftsbetrieb des kanadischen Unternehmens gefährdet werden würde; in Fällen einer indirekten Übernahme (d.h. die Übernahme eines kanadischen Unternehmens durch den Erwerb eines nicht-kanadischen Unternehmens), und in Fällen der Übernahme eines Unternehmens, das an Tätigkeiten beteiligt ist, die auf einer vorgeschriebenen Liste bezüglich Tätigkeiten mit Bezug zum kulturellem Erbe und Identität Kanadas aufgeführt sind. Bei einem Bezug zu solchen Tätigkeiten hat das Bundeskabinett beschlossen, dass die Überprüfung der Übernahme im öffentlichen Interesse sei, auch wenn der Transaktionswert unterhalb des Grenzwertes liegt, bei dem erst eine Überprüfung stattfinden würde. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG beim Minister ein Antrag auf Zustimmung einer geplanten Transaktion eingegangen ist, muss innerhalb von 45 Tagen eine Mitteilung an den Antragsteller gesendet werden, deren Inhalt darüber Auskunft geben muss, ob der Minister überzeugt ist oder nicht, dass die Investition einen Gewinn für Kanada bringen wird. Sollte der Minister nicht in der Lage sein, diese Feststellung innerhalb der 45 Tage auszusprechen, kann eine Fristverlängerung von 30 Tagen beantragt werden (ggf. sogar länger, wenn der Investor sein Einverständnis gibt). Für den Fall, dass der Minister nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist eine Feststellung ausspricht, gilt die Vermutung, dass die Investition einen Gewinn für Kanada bringen wird. In Fällen der eben aufgeführten Investitionen kann eine Überprüfung auch erst nach erfolgreichem Abschluss der Investition erfolgen. Auf diese Weise bleiben auch solche Investitionen Gegenstand der Feststellung, ob eine geplante Investition einen Gewinn für Kanada bringen wird. Abschließend ist bezüglich der Bedingung des Gewinnes für Kanada anzumerken, dass der Minister für gewöhnlich von Investoren verlangt, dass diese rechtlich verbindliche Verpflichtungen vorweisen können. Wann liegt die Voraussetzung für eine Investition vor, dass diese „wahrscheinlich einen Gewinn für Kanada bringen wird“? Damit eine Investition als „wahrscheinlich gewinnbringend für Kanada“ eingestuft wird, muss lediglich gezeigt werden, dass die Investition wahrscheinlich einen gewissen Vorteil für Kanada bringen wird. Für die Einstufung der Investition nach dem eben beschriebenen Standard wird der Minister folgende Umstände berücksichtigen: ■ die Auswirkung der Investition auf Intensität und Beschaffenheit der wirtschaftlichen Tätigkeit in Kanada; STIKEMAN ELLIOTT LLP B11 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG ■ ■ ■ ■ ■ den Grad und die Bedeutung der Beteiligung von kanadischen Staatsbürgern in dem kanadischen Unternehmen und dem relevanten kanadischen Wirtschaftssektor; die Auswirkungen der Investition auf Produktivität, industrielle Effizienz, technische Entwicklung, Produktinnovation und Produktvielfalt in Kanada; die Auswirkungen der Investition auf den Wettbewerb innerhalb des betroffenen Wirtschaftssektors in Kanada; die Kompatibilität der Investition mit der industriellen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausrichtung Kanadas; und die Auswirkungen der Investition auf Kanadas Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt.. Der Minister wird auch die Regierungen derjenigen Provinzen konsultieren, die wahrscheinlich von der geplanten Investition betroffen sein werden. Darüber hinaus wird sich der Minister auch mit anderen Bundesstellen beraten, die schon über Erfahrung oder allgemeine Kompetenz in Angelegenheiten verfügen, welche die Feststellung des Gewinns der Investition für Kanada beeinflussen. Zu diesen Bundesstellen gehören unter anderem das kanadische Wettbewerbsbüro, die kanadische Transportagentur und die kanadische Rundfunkund Telekommunikationskommission. Allgemein kann formuliert werden, dass der Minister die Bescheinigung bezüglich des Gewinns für Kanada solange nicht unterzeichnet, bis er eine positive Rückmeldung von entsprechenden Bundesstellen, Behörden und Provinzen erhalten hat. Investitionen von Seiten staatlicher Unternehmen („State-Owned Enterprises - SOE“) Am 7. Dezember 2007 kündigte der kanadische Minister für Industrie (Minister of Industry) spezielle Leitlinien für die Überprüfung kanadischer Investitionen getätigt von Staatsunternehmen (SOEs) im Rahmen des ICA an. 4 Zusätzlich zu den Faktoren, die der Minister für Industrie normalerweise (wie oben beschrieben) bei seiner Entscheidung berücksichtigt, ob einer zu überprüfende Investition zu gestimmt werden soll, identifizieren die Richtlinien die „Unternehmensführung und kommerzielle Ausrichtung staatlicher Unternehmen“ als zentrale Anhaltspunkte für die Überprüfung von SOE-Investitionen. 5 Der Minister überprüft zudem die kommerzielle Ausrichtung einer SOE im Verhältnis zu angestrebten Geschäftsaktivitäten, insbesondere in Bezug auf: „Exportziel, Verarbeitungsstandort, die Beteiligung kanadischer Staatsbürger im Die Leitlinien definieren ein SOE als „Unternehmen, dessen Eigentümer direkt oder indirekt eine ausländische Regierung ist oder von dieser kontrolliert wird“. Leitlinien besagen, dass der Minister die Einhaltung kanadischer Standards der Unternehmensführung durch das SOE bewertet, etwa die Verpflichtung zur Transparenz und Offenlegung, zu unabhängigen Direktoren, zu Prüfungsausschüssen und zur Gleichbehandlung der Aktionäre sowie zur Einhaltung kanadischer Gesetze und Geschäftspraktiken. Der Minister wird auch berücksichtigen, wie und in welchem Maße der Investor im Besitz oder unter der Kontrolle eines Staates steht. Zum Beispiel, wie ist der Staat unmittelbar in den Betrieb des SOE eingebunden, wenn überhaupt? 4 5Die B12 STIKEMAN ELLIOTT LLP Die kanadische Regierung ist besonders besorgt, dass ausländische Staaten „strategisch wichtige Ressourcen“ aufkaufen könnten. Das Aufkaufen dieser „strategisch wichtigen Ressourcen“ könnte zur Folge haben, dass diese Marktsegmente unter der Kontrolle ausländischer Staaten stehen. Die Kontrolle von „wichtigen strategischen Ressourcen“ würde es ausländischen Staaten ermöglichen, die Versorgung kanadischer Kunden nach Belieben zu begrenzen und stattdessen die Ressourcen in das eigene Land umzuleiten. Darüber hinaus kann aber auch die Nichtverwertung von Ressourcen der kanadischen Regierung Sorge bereiten, da eine geplante Investition das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität in Kanada reduzieren könnte. Abschließend ist zu den Richtlinien anzumerken, dass diese einen Überblick über die verschiedenen Arten von Verpflichtungen geben, die eine SOE vorweisen muss, um den „Gewinn-Test“ zu bestehen. Dazu gehört die Verpflichtung, kanadische Staatsbürger als unabhängige Verwaltungsratsmitglieder zu ernennen, die Anstellung kanadischer Staatsbürger in der Unternehmensleitung, die Etablierung des angestrebten Unternehmens in Kanada und die Aktien des zu übernehmenden Unternehmens oder des kanadischen Zielunternehmens an einer kanadischen Börse zu notieren. Meldepflichtige Geschäftstransaktionen AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Geschäftsbetrieb in Kanada und außerhalb Kanadas, die Unterstützung im Rahmen laufender Innovationen, Forschung und Entwicklung, und das angemessene Maß an Investitionen, um die Konkurrenzfähigkeit des kanadischen Unternehmens im globalen Wettbewerb zu sichern. Allgemeine Anmerkungen Wie oben besprochen, schließt der ICA zahlreiche Transaktionen vom Erfordernis eines Überprüfungsprozesses aus. Die meisten dieser Transaktionen unterliegen jedoch der Bedingung einer Meldepflicht. Zum Beispiel muss im Fall der Übernahme eines nicht-kanadischen Unternehmens bei welcher der Grenzwert (siehe oben) nicht überschritten wird, trotz alledem „Investment Canada“ innerhalb von 30 Tagen über die Investition unterrichtet werden. Dieselbe Meldepflicht gilt für nichtkanadische Staatsbürger, die ein neues Unternehmen in Kanada gründen, es sei denn, das neue Unternehmen ist mit einem bestehenden Geschäft „verwandt“. Die Unterrichtungspflicht ist weiterhin nicht erforderlich, wenn die Investition für eine Erweiterung eines nicht-kanadischen bestehenden Unternehmens bestimmt ist. Diese Befreiung gilt jedoch nicht, wenn die Expansion des Unternehmens darauf gerichtet ist, in ein verwandtes Unternehmen zu expandieren, das aufgrund der Verwicklung in das kulturelle Erbe Kanadas und die nationale Identität, der Meldepflicht und dem Überprüfungserfordernis unterliegt. Sobald die Anmeldung in der vorgeschriebenen Form vorgenommen wurde, kann die Investition ohne weitere Beteiligung der Regierung abgewickelt werden, es sei STIKEMAN ELLIOTT LLP B13 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG denn, es handelt sich um eine Investition, die nach der festgeschriebenen Geschäftstätigkeit Einfluss auf das kulturelle Erbe Kanadas oder die nationale Identität nimmt. Kulturelle Unternehmen Ein „kulturelles Unternehmen“ ist ein Unternehmen, das in einem der folgenden Bereiche wirtschaftlich tätig ist: ■ ■ ■ ein Unternehmen ist an der Veröffentlichung, Verbreitung oder dem Verkauf von Büchern, Magazinen, Nachrichtenzeitschriften, Zeitungen oder Musik in gedruckter oder in maschinenlesbarer Form beteiligt. Davon ausgenommen ist, wenn sich die Tätigkeit auf den Druck oder Satz von Büchern, Zeitschriften oder Zeitungen beschränkt, ein Unternehmen ist an die Produktion, Verbreitung, Verkauf oder Ausstellung von Audio-, Film-, Video- oder Musik-Video-Aufnahmen beteiligt; oder ein Unternehmen sendet Informationen via Rundfunk, Fernsehen oder KabelFernsehen, programmiert Satelliten oder stellt Broadcast-Netzwerk-Dienste zur Verfügung, oder ist im Funkverkehr tätig. Es sind jedoch Tätigkeiten im Rundfunk ausgenommen, die für den direkten Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind. Für die Überprüfung angestrebter Übernahmen „kultureller Unternehmen“ zuständig, ist der Minister für das kulturelle Erbe Kanadas (Minister of Canadian Heritage), während der Minister für Industrie (Minister of Industry) für die Überprüfung aller anderen angestrebten Übernahmen zuständig ist. Beinhaltet eine geplante Übernahme sowohl kulturelle als auch nicht-kulturelle Aspekte, dann fällt diese in den gemeinsamen Zuständigkeitsbereich des Ministers für kulturelles Erbe Kanadas und des Ministers für Industrie. Eine Investition zugunsten eines Unternehmens, das im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe Kanadas oder der nationalen Identität steht, kann aufgrund einer Verfügung des Bundeskabinetts auch dann überprüft werden, wenn es die Grenzwerte (siehe oben) für eine Überprüfung nicht überschreitet. Das Bundeskabinett muss innerhalb von 21 Tagen nach Bekanntgabe einer solchen Investition entscheiden, ob eine Überprüfung vorgenommen werden wird und muss den Investor benachrichtigen, ob eine Überprüfung durchgeführt werden muss. Sanktionen Der ICA sieht für den Fall, dass ein nicht-kanadischer Investor entgegen der Vorschriften des ICA handelt, vor, dass der zuständige Minister per Mahnschreiben Konformität verlangen kann. Kommt der nicht-kanadische Investor dieser Aufforderung nicht nach, so kann der Minister gerichtlich auferlegte Sanktionen beantragen. B14 STIKEMAN ELLIOTT LLP EINWANDERUNG Kanadas Einwanderungs- und Flüchtlingsschutzgesetz (Immigration and Refugee Protection Act – IRPA) ist seit dem 28. Juni 2002 in Kraft. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sieht dieses Gesetz vor, dass jeder Einwanderer vor Einreise nach Kanada ein Visum beantragen und erhalten haben muss. Während die Regierung auf Bundesebene zunächst die primäre Zuständigkeit bezüglich Einwanderung ausübt, hat sie den Provinzen erheblichen Ermessensspielraum im Rahmen von Einwanderung eingeräumt, für den Fall, das provinzielle Zuständigkeitsbereiche betroffen sind. Quebec übt erhebliche Entscheidungsmacht über Einwanderung aus, wie auch (in etwas geringerem Ausmaß) Neufundland, Labrador, New Brunswick, Manitoba, Saskatchewan und British Columbia. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Mögliche Änderungen des ICA Im Juni 2005 stellte die ehemalige liberale Regierung „Bill C-59“ vor. „Bill C-59“ ist ein Änderungsgesetz zum Investment Canada Act (ICA) gewesen. Die vorgeschlagenen Änderungen hätten die Kompetenzen der Regierung zur Überprüfung und Blockierung von ausländischen Investitionen in erheblichen Maß erweitert. Gleichzeitig sah „Bill C-59“ eine Überprüfungskompetenz zugunsten des Bundeskabinetts (auf Empfehlung des Ministers für Industrie) für solche Fälle vor, in denen die Investition, unabhängig von Wert und Kontrollrelevanz, nach Ansicht des Vorsitzenden („Governor in Council“), die nationale Sicherheit gefährden könnte. Während „Bill C-59“ noch im Antragsverfahren scheiterte, wird aktuell, folgend der Wahl einer konservativen Regierung, eine Änderung des ICA diskutiert: Nach diesem Vorschlag soll der ICA mit dem Ziel geändert werden, Vorteile ausländischer Investitionen für kanadische Staatsbürger zu maximieren und gleichzeitig die nationalen Interessen Kanadas zu beschützen. Der größte Teil der kanadischen Einwanderungsgesetze ist im IRPA und in den zugehörigen Richtlinien, Handbüchern und Anleitungen über Vorgehensweisen enthalten. Die Bundesbehörde für Staatsangehörigkeit und Einwanderung gibt die kanadische Staatsbürgerschafts- und Einwanderungspolitik vor. Gleichzeitig werden von dieser Bundesbehörde Einwanderungsprogramme entwickelt, die darauf abzielen, den Bedürfnissen des kanadischen Arbeitsmarkts zu entsprechen. Als allgemeines Prinzip lässt sich formulieren, dass die Zulassung ausländischer Arbeitskräfte nicht den kanadischen Arbeitsmarkt beeinträchtigen darf. Außerhalb Kanadas wird das Einwanderungsprogramm von Visa-Beamten einer kanadischen Botschaft, eines Hoch-Kommissariats oder eines Konsulats verwaltet. Die Antragsteller müssen in der Regel einen Antrag bei der kanadischen Vertretung im Ausland stellen, die für die Bearbeitung der Anträge des betreffenden Wohnsitzes im Land des Antragstellers zuständig ist. Die Bearbeitungszeit der Anträge variiert abhängig von dem Ort, an dem der Antrag gestellt wird. STIKEMAN ELLIOTT LLP B15 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Temporäre Einreise Eine vorübergehende Einreise zwecks Geschäftstätigkeit aber ohne Arbeitserlaubnis wird in einem solchen Fall gewährt, in dem die Person ein Vollzeitmitarbeiter eines Unternehmens außerhalb Kanadas ist und die Geschäftstätigkeit in Kanada auf Treffen und Beraten von Mitarbeitern eines kanadischen Mutterunternehmens, einer kanadischen Tochtergesellschaft oder Zweigstelle, oder die Tätigkeit des einreisenden Mitarbeiters auf das Verkaufen von Gütern (nicht an die allgemeine Öffentlichkeit) oder Kaufen von kanadischen Produkten und Dienstleistungen, beschränkt ist. In den meisten anderen Fällen ist eine Arbeitserlaubnis für Personen erforderlich, die nach Kanada einreisen möchten, um für einen befristeten Zeitraum zu studieren oder zu arbeiten. Geschäftsleute und ausländische Arbeitskräfte, die in diese Kategorie fallen, müssen in der Regel bei einem kanadischen Konsulat oder Hochkommissariat außerhalb Kanadas vor Einreise eine Arbeitserlaubnis beantragen. Dies gilt nicht, wenn ihr Herkunftsland zu den Ländern gehört, die von diesem Erfordernis ausgenommen sind. Zu den privilegierten Ländern zählen die USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, der größte Teil der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und bestimmte Länder des Commonwealth. Diejenigen Bewerber, die unter eine Ausnahmekategorie (z.B. NAFTA, GATS, und andere Ausnahmekategorien, die im weiteren Verlauf noch diskutiert werden) für die Einreise nach Kanada fallen, können bei Einreise ihren Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis stellen. Eine Arbeitserlaubnis wird in der Regel zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr (mit Ausnahmen für Führungskräfte) ausgestellt. Eine solche Arbeitserlaubnis kann aber auf Antrag verlängert werden. Damit Personen, die eine Genehmigung für Beschäftigung in Kanada benötigen, für den kanadischen Arbeitsmarkt zugelassen werden, muss der kanadische Arbeitgeber ein Gutachten bezüglich der Auswirkung auf den kanadischen Arbeitsmarkt (Labour Market Opinion – „LMO“) bei der Foreign Worker Unit des Service Canada Centre beantragen. Dieses Gutachten muss bestätigen, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten für Kanadier nicht durch die Anstellung ausländischer Arbeitnehmer beeinträchtigt werden. NAFTA und GATS beinhalten Ausnahmen vom Erfordernis einer LMO (siehe unten), ebenso wie bestimmte Kategorien von Arbeitskräften, die in den Regulierungen zum IRPA spezifiziert werden. Internationale Abkommen Unter NAFTA wird es US-amerikanischen und mexikanischen Geschäftsleuten erleichtert, vorübergehend auf Grundlage eines vereinfachten Bewerbungsverfahrens in Kanada zu arbeiten. Dieses vereinfachte Bewerbungsverfahren gibt solchen Arbeitskräften die Möglichkeit, ohne vorherige Arbeitsgenehmigung einzureisen und am Ort der Einreise eine Arbeitserlaubnis zu beantragen. GATS enthält ähnliche Vorschriften für etwas enger umrissene Kategorien von Arbeitskräften, welche für Staatsangehörige der WTOMitgliedsländer gelten. Daneben können internationale Übereinkünfte ebenfalls zur B16 STIKEMAN ELLIOTT LLP Geschäftsreisende der folgenden Kategorien können nach Kanada einreisen und vorübergehend dort arbeiten ohne eine Arbeitserlaubnis zu beantragen, oder erst am Einreiseort die Erlaubnis bekommen nach Kanada einzureisen: ■ ■ ■ ■ ■ Geschäftsleute, die als „Geschäftsbesucher“ (business visitors) eingestuft werden (oder als Personen, die sich vorübergehend im Handel von Waren oder Dienstleistungen oder in Investitionstätigkeiten innerhalb Kanadas betätigen) (die „Geschäftsbesucher“-Kategorie); Unternehmer, die vorübergehend einreisen, um in erheblichem Umfang Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen den USA bzw. Mexiko und Kanada zu treiben und die in einem Aufsichtsrats- oder Geschäftsführungsposten tätig sind (die Kategorie „Händler“); Investoren, die nach Kanada einreisen möchten, zum Zweck der Entwicklung und Leitung kanadischer Geschäftstätigkeiten eines Unternehmensbestandteils eines US-amerikanischen oder mexikanischen Unternehmens, in welchem der Investor Vermögen investiert hat oder erhebliche Vermögenswerte investieren wird (die Kategorie „Investor“); Bestimmte Fachkräfte, deren Ausbildung und Erfahrung den Anforderung von NAFTA entspricht, und die während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Kanada Facharbeiten durchführen (die Kategorie „Fachleute“); und „innerbetrieblich transferierende Unternehmensangestellte“, leitende Angestellte oder Führungskräfte, die im Unternehmen, einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung für mindestens ein Jahr in einem drei Jahreszeitraum unmittelbar vor Einreiseantrag beschäftigt waren, und die nach Kanada einreisen, um vorübergehend Tätigkeiten für das gleiche Unternehmen, einer Zweigstelle oder Tochtergesellschaft des Unternehmens zu leisten (die Kategorie „innerbetriebliche Versetzung“). AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Anwendung kommen, wie z.B. das Kanada-Chile-Freihandelsabkommen oder andere bilaterale Übereinkommen. Ständiger Aufenthalt Allgemeine Ausführungen Das Visumsantragsverfahren für einen ständigen Aufenthalt beginnt in der Regel mit dem Ausfüllen eines Vorantrag-Fragebogens, anhand dessen eine vorläufige Bewertung vorgenommen wird. Dem folgend ist der Antragsteller verpflichtet, alle erforderlichen Formulare für die Bewerbung um eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung anzufertigen. Diejenigen Bewerber, die sich für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in der Provinz Quebec bewerben, müssen zusätzlich ein „certificate of selection“ vorweisen können. Alle Antragsteller und deren begleitende Ehepartner und Angehörige (nachstehend definiert) müssen die medizinischen Voraussetzungen und Sicherheitsanforderungen für die Einreise nach Kanada erfüllen. Unterhaltsberechtigte Kinder eines geförderten, nicht-kanadischen Staatsbürgers STIKEMAN ELLIOTT LLP B17 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG können in die Bewerbung dieser Person mit aufgenommen werden. Sollten jedoch Gründe bestehen, die die Einreise eines Familienmitgliedes verhindern, so wird der gesamte Antrag abgelehnt. Zu unterhaltsberechtigten Kindern gehören sowohl leibliche Kinder als auch Adoptivkinder. Kinder gelten als unterhaltsberechtigt, solange sie eine der folgenden Bedingungen erfüllen: ■ ■ ■ sie haben das 22. Lebensjahr noch nicht erreicht und leben nicht in einer ehelichen Partnerschaft oder in einer Partnerschaft, die die Voraussetzung einer „common-law partnership“ erfüllt. sie waren vor Vollendung des 22. Lebensjahres Vollzeitstudenten an einer weiterführenden Bildungseinrichtung und waren substantiell auf finanzielle Unterstützung der Eltern vor der Vollendung ihres 22. Lebensjahres angewiesen, und falls sie verheiratet sind oder in einer “common-law“ Partnerschaft leben, seit sie Ehegatten oder Partner in einer „common-law“ Partnerschaft wurden; oder sie sind 22 Jahre oder älter und waren essentiell schon vor Vollendung ihres 22. Lebensjahres wegen körperlicher oder geistiger Krankheit auf finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen. Kategorien von Antragstellern Antragsteller, die sich um eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Kanada bewerben, werden anhand von Auswahlkriterien bewertet. Diese Auswahlkriterien wurden entworfen, um festzustellen, ob ein potentieller Einwanderer in der Lage ist, sich erfolgreich in Kanada zu etablieren. Im IRPA (Immigration and Refugee Protection Act) gibt es drei vorrangige Einwanderungsklassen: Die Bewerbungsvoraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung richten sich nach derjenigen Einwanderungsklasse, unter die der potentielle Immigrant fällt. Folgende Einwanderungsklassen werden im IRPA beschrieben: Flüchtlinge, Wirtschafts-Migranten und Familien-Einwanderer. Flüchtlinge sind Ausländer mit besonderen Bedürfnissen bezüglich humanitärer Hilfe. Wirtschafts-Migranten sind Menschen entweder ausgestattet mit bestimmten Ressourcen, die sie befähigen neue Unternehmen und neue Arbeitsplätze für Kanadier zu schaffen oder ausgestattet mit besonderen Fähigkeiten, die auf dem kanadischen Arbeitsmarkt benötigt werden. Familien-Einwanderer sind nahe Verwandte kanadischer Staatsbürger und kanadischer Einwohner, die eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Kanada haben. Das Punktesystem Der IRPA wird konkretisiert durch die Immigration and Refugee Protection Regulations (IRPR), in denen unter anderem spezifische Kriterien für die Auswahl von Bewerbern festgesetzt werden. Für die die Klasse der Wirtschafts-Migranten (siehe unten) führen die Richtlinien zum Einwanderungsund Flüchtlingsschutzgesetz (Immigration and Refugee Protection Regulations – IRPR) ein „Punktesystem“ ein, unter welchem jeder Aufnahmekandidat Punkte in Bezug B18 STIKEMAN ELLIOTT LLP Die Kategorie der Wirtschafts-Migranten Wirtschafts-Migranten lassen sich in zwei Untergruppen aufteilen: Fachkräfte und Business-Einwanderer. „Fachkräfte“ werden anhand einer Skala (wie unten beschrieben) bewertet: Für das Weiterkommen im Bewerbungsverfahren müssen Bewerber mindestens 75 von 100 möglichen Punkten erreichen (Mindestpunktzahl). Zu den wichtigsten Kriterien gehören Ausbildung (25 Punkte), Kenntnis der offiziellen Amtssprachen (24 Punkte) und Berufserfahrung (21 Punkte). Alter, zugesagtes Arbeitsverhältnis in Kanada und individuelle Anpassungsfähigkeit werden mit jeweils 10 Punkten bewertet. „Business-Einwanderer“ werden in die drei folgenden Unterkategorien aufgeteilt: 1. Investoren. Das Investorenprogramm ist für voraussichtliche Einwanderer verfügbar, die vorhaben, sich in einem kanadischen Zuständigkeitsbereich mit Ausnahme von Quebec niederzulassen. Bewerber, die unter die InvestorenKategorie fallen, müssen mindestens ein Vermögen von $800.000 oder mehr als Unternehmer erwirtschaftet haben. Jeder Antragsteller unter dem Investorprogramm muss eine Investition in Höhe von $400.000, zahlbar an die kanadische Regierung vornehmen. Diese vorgenommene Investition in Höhe von $400.000 wird dann an die teilnehmenden Provinzen und Territorien zugeteilt, deren Regierungen diese Mittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen und zur wirtschaftlichen Entwicklung verwenden. Die ursprünglichen $400.000 werden dem Investor nach fünf Jahren zurückgezahlt. Einwanderer unter dem Investorenprogramm sind weder verpflichtet ein Unternehmen in Kanada zu gründen noch werden ihnen irgendwelche Bestimmungen oder Bedingungen hinsichtlich ihres Aufenthaltsstatus auferlegt (in diesem Punkt unterscheidet sich das Investorenprogramm von den Programmen für Entrepreneure und Selbstständige). Die Provinz Quebec verwaltet ihr eigenes Investorenprogramm für Einwanderer, in dem die erforderlichen Investitionen mithilfe einer vorher festgelegten Maklerfirma vorgenommen werden müssen. Für das Investorenprogramm in Quebec gelten die gleichen Kriterien wie für das Investorenprogramm, welches in den übrigen kanadischen Provinzen und Territorien einschlägig ist. Um jedoch die Vorteile des Quebec-Programms zu genießen, muss der Investor vorhaben, sich in Quebec niederzulassen und in Quebec zu investieren. STIKEMAN ELLIOTT LLP AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG auf bestimmte Zulassungskriterien erhält. Zu diesen Kriterien gehören: Ausbildung, Alter, Berufserfahrung, zugesagte Beschäftigung, Kenntnisse der englischen und französischen Sprache und individuelle Anpassungsfähigkeit. Die IRPR sehen vor, dass den Einwanderungsbeamten behördliches Ermessen bei der Verteilung der Punkte in solchen Fällen zusteht, in denen spezielle Umstände eine Ermessensausübung rechtfertigen. B19 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG 2. 3. Entrepreneure. Antragsteller, die Entrepreneure sind, müssen vorweisen können, dass sie ein Vermögen von mindestens $300.000 rechtmäßig erlangt haben und besitzen. Zusätzlich müssen sie die Absicht haben und in der Lage sein, Anteilseigner von mindestens einem Drittel eines Unternehmens in Kanada zu werden und dieses aktiv zu führen. Dieses Unternehmen in Kanada muss einen positiven Beitrag zur kanadischen Wirtschaft leisten und mindestens einen Vollzeit-Arbeitsplatz für Personen, die nicht der Unternehmer selbst oder seine Familienmitglieder sind, schaffen. Unter diesen Bedingungen wird den Entrepreneuren und ihren Familienangehörigen eine, an weitere Bedingungen geknüpfte, ständige Aufenthaltsgenehmigung gewährt. So müssen sie einem Beamten der kanadischen Einwanderungsbehörde über ihre Fortschritte bei der Gründung eines Unternehmens, das den vorgeschriebenen Anforderungen entspricht, Bericht erstatten und vorweisen, dass sie diese Anforderungen für mindestens ein Jahr innerhalb von drei Jahren nach der Einreise nach Kanada erfüllt haben. Selbstständige. Einwanderer unter dem Selbstständigenprogramm, sind Einwanderer, die die Absicht und die Fähigkeit zur Gründung oder zum Kauf eines Unternehmens in Kanada haben. Dieses kanadische Unternehmen muss weiter die Voraussetzungen erfüllen, eine Beschäftigung für den Unternehmenseigentümer zu garantieren und einen wesentlichen, positiven Beitrag zur kanadischen Wirtschaft, zum kulturellen und künstlerischen Leben oder zum Bereich des Leistungssports in Kanada beizutragen. Diese Kategorie von Einwanderern umfasst Fachleute wie Landwirte, Künstler, Tänzer und Spitzensportler. Grundsätzlich ist eine anfängliche, substantielle Kapitalinvestition erforderlich. Zusätzlich kann im Rahmen des Genehmigungsprozesses auch eine Überprüfung oder Empfehlung durch Landesbehörden verlangt werden und daneben gelten die lokalen Zulassungsbeschränkungen. Ein Facharbeiter, der sich unter der Kategorie der Selbstständigen bewirbt, muss zum Zeitpunkt der Antragsstellung befähigt sein im Rahmen kanadischer Berufsbeschränkungen, seinen Beruf in Kanada auszuüben. Sobald Bewerber die Anforderungen einer dieser drei Kategorien erfüllen, werden sie anhand einer Punkteskala – ähnlich, aber nicht identisch mit der für Facharbeiter – bewertet. Das wichtigste Kriterium der Kategorie der Selbstständigen ist die Berufserfahrung (35 Punkte), gefolgt von Ausbildung (25 Punkte) und Sprachkenntnissen in Englisch und Französisch (24 Punkte). Alter (10 Punkte) und individuelle Anpassungsfähigkeit (6 Punkte) werden ebenfalls berücksichtigt. Im Gegensatz zur Kategorie der Fachkräfte müssen die Antragsteller im Rahmen der Kategorie der Selbstständigen lediglich 35 von 100 möglichen Punkten erreichen, um im Bewerbungsprozess weiter berücksichtigt zu werden. B20 STIKEMAN ELLIOTT LLP Antragsteller der Familienklasse müssen von einem kanadischen Staatsbürger oder von einem nicht-kanadischen Staatsbürger mit ständiger Aufenthaltsgenehmigung in Kanada gesponsert werden. Für den Sponsor besteht das Erfordernis eines Mindestalters von 19 Jahren. Zu den Personen, die gesponsert werden können, zählen: der Ehepartner des kanadischen Sponsors, der Lebenspartner, wenn dieser innerhalb oder außerhalb Kanadas lebt, die unterhaltsberechtigten Kinder (wie im IRPA beschrieben – siehe oben), außerdem die Eltern oder Großeltern, minderjährige Kinder, die in Kanada adoptiert werden sollen sowie Waisenkinder unter 18 Jahren, welche Brüder, Schwestern, Nichten, Neffen oder Enkel des betreffenden Sponsors sind. Der Sponsor muss versichern, dass er entweder seinen Familienmitgliedern und seinen unterhaltsberechtigten Kindern dabei hilft, sich in Kanada zu etablieren, oder im Fall von jungen oder hilfsbedürftigen Familienmitgliedern, ihnen Unterbringung, Pflege und Unterstützung zur Verfügung stellt. Das oben beschriebene Punktesystem findet für Antragsteller in der Kategorie der Familienangehörigen keine Anwendung. IMPORT/EXPORT Einfuhrbestimmungen Voraussetzungen des Zollgesetzes (Customs Act) Die meisten Vorschriften bezüglich der Regelung des Warenimports nach Kanada gelten in Verbindung mit dem Bundes-Zollgesetz (Federal Customs Act). Gemäß dem Zollgesetz müssen Personen, die Waren nach Kanada einführen, die Einfuhr bei den kanadischen Zollbeamten anmelden, die Güter nach den Vorschriften des Zollgesetzes einführen und die bei der Einfuhr fälligen Abgaben und Steuern an den Zoll entrichten. Für den Fall, dass eingeführte Waren Gegenstand von Einfuhrbeschränkungen außerhalb des Zollgesetzes sind, haben die Zollbeamten zusätzlich die Befugnis, auch solche Regelungen zum Zeitpunkt der Einfuhr durchzusetzen. Den Zollbeamten steht bei der Vollstreckung von Einfuhrbeschränkungen eine weite Auswahl an straf- und zivilrechtlichen Mechanismen zur Verfügung: Diese Mechanismen umfassen unter anderem die Möglichkeit der Beschlagnahmung und Einziehung von Gütern und das Auferlegen von Strafzahlungen. Darüber hinaus haben die Zollbeamten erhebliche Buchprüfungsbefugnisse, um die Einhaltung der Importkontrollen sicherzustellen. Importeure sind verpflichtet, ihre Einfuhraktivitäten in ausführlichen Büchern und Aufzeichnungen zu dokumentieren. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Die Kategorie der Familien-Einwanderer Ein Geldstrafensystem der Zollverwaltung (Administrative Monetary Penalty System – AMPS) ersetzt nun weitgehend die Möglichkeit der Beschlagnahme und Einziehung von Gütern bei formalen Verstößen gegen Zollvorschriften. Dieses Geldstrafensystem (AMPS) verfolgt das Ziel, die Einhaltung des Zollgesetzes, der Zolltarife, des Gesetzes über spezielle Import Maßnahmen (Special Import Measures STIKEMAN ELLIOTT LLP B21 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Act) und der damit verbundenen konkretisierenden Vorschriften zu fördern. Dieses Ziel wird insbesondere durch die Einführung eines komplexen Systems an Geldstrafen unterstützt, bei welchem sowohl die Art des Verstoßes als auch die Gesetzeskonformität des betreffenden Importeurs bei früheren Einfuhraktivitäten für die Festlegung der Höhe der Strafzahlung berücksichtigt wird. Importzölle Das kanadische Regelwerk, welches die Zollsätze festlegt (Customs Tariff), sieht Zölle für einen Großteil der Güter vor. Die Höhe der Zollsätze ist abhängig von Herkunftsland und Beschaffenheit der importierten Ware. Das Herkunftsland der importierten Ware wird nach Maßgabe des Zolltarifs (Customs Tariff) bestimmt (bzw. in Übereinstimmung mit den verschiedenen Freihandelsabkommen zwischen Kanada und anderen Staaten). Das Herkunftsland ist von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung, welcher Zollsatz auf die importierte Ware anwendbar ist. Die Klassifizierung eines Produktes in eine bestimmte Zollkategorie erfolgt nach dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung von Waren (Harmonized Commodity Description and Coding System). Dieses gleiche Klassifizierungssystem findet auch in den USA und in den meisten Ländern Europas und Asiens Anwendung. Das kanadische System zur Ermittlung des Warenwertes für die Bestimmung des Zollsatzes richtet sich nach dem internationalen Regelwerk zur Zollwertermittlung (International Customs Valuation Code) gemäß dem General Agreement on Tariffs and Trade (GATT). Importsteuern Die Mehrwertsteuer (Goods and Services Tax – GST), eine Bundessteuer in Höhe von aktuell 5% Punkten, wird auf die meisten Waren, die nach Kanada importiert werden, erhoben. Die GST richtet sich nach dem Zollwert der eingeführten Waren und nach allen zusätzlich anfallenden Abgaben. Spezielle Verbrauchssteuern und zölle können zusätzlich in Bezug auf bestimmte Waren erhoben werden. Verbrauchsabgaben fallen auf eine begrenzte Zahl von Waren, die nach Kanada eingeführt werden, an. Zu diesen Gütern zählen unter anderem bestimmte Automobile, Klimaanlagen für Automobile und Benzin-Produkte. Verbrauchszölle werden hingegen erhoben bei der Einfuhr von Spirituosen, Wein, Bier und Tabak, sowie auf in Kanada produzierte oder hergestellte Zigarren und Zigaretten. Bei der Einfuhr nach Kanada wird eine zusätzliche Zollabgabe auf Spirituosen, Wein und Bier erhoben. Die Höhe dieser zusätzlichen Zollabgabe richtet sich nach den Verbrauchsabgaben, die anfallen würden, wenn die Produkte in Kanada hergestellt worden wären. Im Falle von Spirituosen, Wein und Tabakwaren kann die Entrichtung dieser Verbrauchsabgabe bis zum dem Zeitpunkt aufgeschoben werden, in dem die Ware an einen Einzelhändler verkauft wird. Befreiung von Zollabgaben Zollbefreiung in Form von Abzügen oder Befreiungen sind in Fällen möglich, in denen die Waren (i) importiert und anschließend wieder exportiert werden, (ii) für B22 STIKEMAN ELLIOTT LLP Verpackung und Warenkennzeichnung Grundsätzlich können die Voraussetzungen für Verpackungsund Kennzeichnungsvorschriften in vier weitläufige Kategorien unterteilt werden: Voraussetzungen für bereits verpackte Waren, Voraussetzungen für Textilwaren, Voraussetzungen für Lebensmittel und Arzneimittel sowie Voraussetzungen für Gefahrengüter. Diese werden im Folgenden in der eben genannten Reihenfolge erläutert. Wenn Edelmetallwaren für Qualität gekennzeichnet werden, unterliegen sie dem Gesetz zur Kennzeichnung von Edelmetallen (Precious Metals Marking Act) und den konkretisierenden Regulierungen. Neben produktspezifischen Verpackungs- und Produktkennzeichnungen können zusätzliche sprachliche Anforderungen für Produktkennzeichnung und -verpackung aufgrund der QuebecCharta für Französische Sprache bestehen, wenn die Geschäfte in Quebec vorgenommen werden. 6 Ein Großteil der gesetzlichen Vorschriften, die den Import von Waren nach Kanada betreffen, steht im Zusammenhang mit Produktstandards oder dient dem Ziel, unfaire und irreführende Geschäftspraktiken zu verhindern und potentiellen Gesundheits- und Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen. Das Gesetz zur Verpackung und Kennzeichnung für Verbraucher (Consumer Packaging and Labelling Act) sowie die konkretisierenden Regulierungen gelten mit einigen wenigen Ausnahmen (darunter Arzneimittel) für alle verpackten und in Kanada verkauften Verbrauchsgüter. Ein verpacktes Produkt ist jedes Produkt, das in einem Behälter in einer solchen Weise verpackt ist, dass es normalerweise an einen Verbraucher verkauft, oder von diesem verwendet oder gekauft wird, ohne dass es neu verpackt werden muss. Jedes Produkt muss mit einem Etikett gekennzeichnet sein, auf welchem klar und unmissverständlich eine Erklärung über die Nettomenge aufgeführt ist. Die Erklärung über die Nettomenge muss gut lesbar sein und in deutlichem Kontrast zu allen anderen Angaben auf dem Etikett stehen. Das Etikett muss zudem Angaben zur Identität der Person enthalten, die das Produkt hergestellt oder für die das Produkt hergestellt wurde. Darüber hinaus muss das Etikett Angaben zur Hauptniederlassung des Herstellers, zur Identität des Produkts bezüglich gattungsgemäßen Bezeichnung und Funktion enthalten, sowie alle 6Siehe AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG der Herstellung von Produkten verwendet und diese Produkte letztendlich wieder exportiert werden, (iii) bei der Herstellung von Waren, die für den Export bestimmt sind und, wenn ein gleicher Anteil von ähnlichen lokalen oder importierten Produkten bei der Herstellung dieser Produkte verwendet wird, oder (iv) in Kanada für vorgeschriebene Zwecke oder in bestimmten Industrien verwendet werden. NAFTA begrenzt jedoch die Möglichkeit von Zollabzügen für den Export in die USA und nach Mexiko. Eine Zollbefreiung kann auch gewährt werden, wenn bestimmte importierte Maschinen nicht in Kanada erhältlich sind oder im Rahmen der Freihandelsabkommen zwischen Kanada und anderen Staaten. auch Abschnitt 8, Kanadas Sprachen. STIKEMAN ELLIOTT LLP B23 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG anderen vorgeschriebenen Informationen zur Bestimmung der Beschaffenheit, Qualität, Alter, Maßangaben, Material, Zusammensetzung, geographischer Herkunft, Leistung, Verwendung, Verfahren zur Herstellung oder Produktion des Produkts. Weitere Erfordernisse bestehen im Rahmen bilingualer Beschriftung, des Anbringens der Etiketten, der Schriftgröße und Schriftart und der Position der Information auf dem Etikett. Das Gesetz zur Verpackung und Kennzeichnung für Verbraucher (Consumer Packaging and Labelling Act) enthält zudem allgemeine Verbote betreffend unrichtiger und irreführender Darstellungen auf Produktetiketten, dazu zählen zum Beispiel nicht zutreffende Behauptungen, die eine angebliche Umweltfreundlichkeit suggerieren. Darüber hinaus führt die Verfügung zur Kennzeichnung von Importwaren (Marking of Imported Goods Order) im Zolltarifgesetz (Customs Tariff) bestimmte Waren auf, die gut leserlich und deutlich markiert, gestempelt, mit Markenzeichen versehen oder etikettiert werden müssen, um Informationen über das Herkunftsland zu geben. Die Verpackung der einzelnen Produkte muss so hergestellt, konstruiert und angezeigt werden, dass der Verbraucher bezüglich der Qualität oder der Menge des enthaltenden Produktes nicht getäuscht wird. Die konkretisierenden Regulierungen schreiben zudem auch standardisierte Behältergrößen für eine begrenzte Anzahl von Produkten vor. Die kanadische Behörde für Wettbewerb (Competition Bureau – Industry Canada) ist für die Verwaltung und Vollstreckung des Gesetzes zur Verpackung und Kennzeichnung für Verbraucher (Consumer Packaging and Labelling Act) und seinen konkretisierenden Begleitbestimmungen, sofern sie sich auf Produkte beziehen, die keine Lebensmittel sind, zuständig. Die kanadische Lebensmittelaufsichtsbehörde (Canadian Food Inspection Agency) ist hingegen verantwortlich für die Verwaltung und Vollziehung des Gesetzes zur Verpackung und Kennzeichnung für Verbraucher (Consumer Packaging Labelling Act) und seinen konkretisierenden Vorschriften, sofern sie sich auf Lebensmittel beziehen. Die Kennzeichnung von Textilien wird durch das Gesetz zur Textilkennzeichnung (Textile Labelling Act) und konkretisierenden Bestimmungen geregelt. Jeder in Kanada eingeführte Textilartikel, der für Endverbraucher bestimmt ist und unter das Gesetz zur Textilkennzeichnung fällt, muss ein Etikett vorweisen, das die folgenden, vorgeschriebenen Angaben enthält: Textilfasermaterial des Artikels und den Namen und Postanschrift des Händlers. Die konkretisierenden Regulierungen schreiben zudem vor, in welcher Weise Marken oder beschreibende Begriffe dargestellt werden können sowie die Verwendung bestimmter Wörter und Ausdrücke. Allerdings können Händler unvollständig oder falsch beschriftete Verbrauchertextilien nach Kanada importieren, sofern der Händler die Artikel in Kanada etikettiert und einen kanadischen Industrieinspektor bei oder vor dem Zeitpunkt der Einfuhr mit den erforderlichen Informationen über die Artikel informiert und diesem die Möglichkeit gibt, die Artikel nach Etikettierung zu überprüfen. B24 STIKEMAN ELLIOTT LLP Das Lebensmittel- und Arzneimittelgesetz (Food and Drugs Act) stellt Standards für Kennzeichnung und Verpackung für Lebensmittel, Arzneimittel, Kosmetika und Medizinprodukte auf, um Verbraucher vor Betrug, Verletzungen und anderen betrügerischen Praktiken zu schützen. Die Bestimmungen darin geben vor, welche Lebensmittel und Arzneimittel ein Etikett tragen müssen, wenn sie zum Verkauf angeboten werden. Auf dem Etikett müssen unter anderem Namen des Herstellers oder Vertreibers und die Adresse seiner Hauptniederlassung vermerkt sein. Der Begriff der „Lebensmittel“ umfasst alle Artikel, die zur Verwendung als Lebensmittel oder Getränk hergestellt, verkauft oder dargeboten werden. Der Begriff der „Arzneimittel“ bezeichnet alle Substanzen, die zur Verwendung in Diagnose, bei Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten, der Wiederherstellung oder Heilung organischer Funktionen oder der Desinfektion von Räumlichkeiten, in denen Lebensmittel hergestellt, zubereitet oder aufbewahrt werden. Die Bestimmungen des Gesetzes zu Lebensmittel und Arzneimittel (Food and Drugs Act) stellen Anforderungen in Bezug auf Kennzeichnung, Lebensmittelzusatzstoffe, Einfrieren und obligatorische Zutaten für eine Reihe von Lebensmittel auf. So müssen zum Beispiel der Name des Lebensmittels, die Identität des Herstellers, die Haltbarkeit des Produkts, besondere Aufbewahrungsanforderungen, die Zutaten, Energiegehalt und Nährstoffe des Produkts auf dem Etikett der Lebensmittelverpackung ausgewiesen werden. Zusätzlich sind unter bestimmten Umständen Sicherheitsverpackungen erforderlich. Die kanadische Lebensmittelaufsichtsbehörde (Canadian Food Inspection Agency) ist für die Anwendung des Food and Drugs Act im Rahmen von Lebensmitteln verantwortlich. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Einige Textilartikel unterliegen darüber hinaus Kennzeichnungsanforderungen in Bezug auf Herkunftslandsangaben als Folge der Verordnung über die Kennzeichnung importierter Waren (Marking of Imported Goods Order). Für den Import einer Reihe von Textilwaren muss zudem eine Einfuhrgenehmigung vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und internationalen Handel (Department of Foreign Affairs and International Trade) ausgestellt werden. Betäubungsmittel und kontrollierte und eingeschränkte Arzneimittel dürfen nur von Herstellern oder Vertreibern pharmazeutischer Produkte, oder von einer anderen Person, die durch den Minister für Gesundheit lizenziert wurde, importiert werden. Beipackzettel von pharmazeutischen Produkten müssen den Namen des Medikaments, die Identität und den Standort des Herstellers, eine mengenmäßige Maßangabe der Inhaltsstoffe, die Produktnummer des Medikaments, Gebrauchsanweisungen und die Nettomenge des Medikaments im Behälter enthalten. Die gesetzgebende und regulatorische Kompetenz betreffend Produkte, die nicht unter Lebensmittel fallen, liegt bei der kanadischen Gesundheitsbehörde (Health Canada). Das Gesetz zu gefährlichen Produkten (Hazardous Products Act) bestimmt, dass die Mehrheit der gefährlichen Produkte nicht nach Kanada eingeführt und dort beworben oder verkauft werden dürfen. Daneben bestehen auch für eine Reihe STIKEMAN ELLIOTT LLP B25 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG B26 weiterer gefährlicher Produkte Beschränkungen in Bezug auf Werbung, Verkauf und Einfuhr. Das Gesetz zu gefährlichen Produkten gilt nicht für Substanzen, die unter den Anwendungsbereich der folgenden Gesetze fallen: Sprengstoffgesetz, Lebensmittel- und Arzneimittelgesetz, Gesetz für Schädlingsbekämpfungsprodukte, Tabakgesetz oder Gesetz für nukleare Sicherheit und Kontrolle. Die konkretisierenden Regulierungen über kontrollierte Produkte (Controlled Products Regulations) geben vor, welche Informationen auf den Etiketten und Sicherheitsdatenblättern von Lieferanten von bestimmten gefährlichen kontrollierten Produkten, die für den Einsatz am Arbeitsplatz bestimmt sind, angegeben werden müssen. Zu diesen Kennzeichnungsanforderungen gehören Produkt- und Lieferanten-Kennungen, Gefahrensymbole und entsprechende Informationen über Risiko und Vorsichts- sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen. Der Minister für Gesundheit (the Minister of Health) ist für die Anwendung des Hazardous Products Act verantwortlich. Sonstige Produkte Darüber hinaus gibt es verschiedene legislative Kontrollen bezüglich der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, bestimmten Lebensmitteln, Getreide, alkoholischen Getränken, strahlungsemittierenden Gegenständen, Waffen sowie Öl und Gas. Weitere Gesetze, die Anforderungen bezüglich der Einfuhr und Kennzeichnung vieler Produkte aufstellen, sind im Bereich der Umweltschutz- und der Sprachgesetzgebung zu finden. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen Die Einfuhr bestimmter Güter nach Kanada kann durch mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen begrenzt sein, wenn die Güter auf der Importkontrollliste (Import Control List) aufgeführt sind. Der Großteil der Waren auf dieser Liste können in folgende Kategorien zusammengefasst werden: Kleidung, Schuhe, Textilien, Gewebe, Garne, und tierische und landwirtschaftliche Produkte. Die Umsetzung des Abkommens zur Uruguay-Runde verlangte von Kanada, die Einfuhrkontrollen für bestimmte Produkte zu Gunsten eines Systems der Zollkontingente abzuändern. Unter bestimmten Voraussetzungen können neue Waren der Importkontrollliste hinzugefügt werden: Eine Anfrage beim Canadian International Trade Tribunal betreffend eines bestimmten Produkts muss zeigen, dass der aktuelle oder zukünftige Import einer bestimmten Ware von solcher Beschaffenheit ist, dass der Import zu einer schweren Schädigung kanadischer Hersteller ähnlicher oder unmittelbar konkurrierender Waren führt. Für den Fall, dass Importeure Waren importieren wollen, die auf der Importkontrollliste stehen, müssen die Importeure einen Antrag an das Amt für auswärtige Angelegenheiten und internationalen Handel (Department of Foreign Affairs and International Trade) stellen, um die Erlaubnis zu erhalten, solche Waren zu importieren. Obwohl nur in Kanada wohnhafte Personen einen Antrag auf eine Einfuhrgenehmigung stellen können, darf eine Person für eine andere Person eine Einfuhrgenehmigung beantragen, die die betreffenden Waren tatsächlich einführen wird. STIKEMAN ELLIOTT LLP Exportbestimmungen Mit Ausnahme der meisten Exporte in die USA, von persönlichen Gegenständen und kommerziellen Produkten mit einem Schätzwert von weniger als $ 2.000, müssen Exporteure grundsätzlich eine schriftliche Ausfuhranmeldung bei einer Zollstelle einreichen, die eine detaillierte Beschreibung des aus Kanada zu exportierenden Produkte enthält. Diese Ausfuhranmeldung dient vor allem statistischen Zwecken. Gemäß dem Gesetz zu Im- und Exportgenehmigungen (Export and Import Permits Act), werden Güter und Technologien, die einer Ausfuhrkontrolle unterliegen, auf einer Exportkontrollliste (Export Control List) aufgeführt. Güter und Technologien können aus einer Reihe von Gründen auf dieser Liste aufgeführt werden: Zu diesen Gründen gehören unter anderem die Kontrolle der Ausfuhr von Waffen oder ähnlichen Produkten, deren potentielle Verwendung sich nachteilig auf Kanada auswirken könnte, die Begrenzung oder Kontrolle der Ausfuhr bestimmter nichtlandwirtschaftlicher Produkte in Fällen eines Überangebotes und gedrückter Preise und die Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung mit Gütern, um die Verteidigung Kanadas oder andere Zwecke zu sichern. Die Produkte, die auf dieser Liste zu finden sind, umfassen in der Regel folgende Produkte: tierische und landwirtschaftliche Produkte, Holz und Holzprodukte, bestimmte industrielle Maschinen und elektronische Geräte, Transportmittel, Metalle, Mineralien und andere hergestellten Waren, Chemikalien, Halbmetalle und Erdölerzeugnisse, Waffen, Munition und Militär-, Marine- oder Luftwaffengüter sowie Materialien für Atomenergie und -geräte und eine Reihe anderer Güter und Materialien. Der Export in bestimmte Länder kann auch gewissen Einschränkungen unterliegen, wie in der Gebietskontrollliste (Area Control List) beschrieben. AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG Anti-Dumping Maßnahmen Besondere Maßnahmen kommen bei Importen zur Anwendung, wenn die Einfuhr nach Kanada nachteilige Auswirkungen auf Entwicklung und Ausdehnung der kanadischen Wirtschaft hat. Diese Maßnahmen sind so konzipiert, dass die kanadischen Hersteller vor Konkurrenz ausländischer Waren geschützt werden, die in Kanada zu künstlich niedrig gehaltenen Preisen verkauft werden. Zum Beispiel wird ein Anti-Dumping-Zoll in Fällen erhoben, in denen das internationale Handelstribunal Kanadas (Canadian International Trade Tribunal) festgestellt hat, dass das Dumping von Waren eine wesentliche Schädigung eines inländischen Wirtschaftszweigs verursacht hat oder droht zu verursachen. Antidumpingzölle können ansonsten nur dann erhoben werden, falls Erkenntnisse vorliegen, dass importierte Waren durch ausländische Regierungen zum Nachteil kanadischer Hersteller subventioniert werden. Jeder, der Waren oder Technologien, die auf der Exportkontrollliste aufgeführt sind, exportieren möchte, muss zunächst eine Ausfuhrgenehmigung beim Amt für auswärtige Angelegenheiten und internationalen Handel (Department of Foreign Affairs and International Trade) beantragen. Selbst wenn eine Genehmigung erteilt werden sollte, wird diese wahrscheinlich wesentliche Einschränkungen in Bezug auf STIKEMAN ELLIOTT LLP B27 AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG die Qualität oder Quantität der betreffenden Güter, der Personen oder der Orte, an die sie gesandt werden sollen, enthalten. Solche Ausfuhrgenehmigungen stehen nur Personen mit ständiger Aufenthaltserlaubnis in Kanada zur Verfügung. Die Ausfuhr von Energieerzeugnissen einschließlich Öl, Erdgas und Elektrizität wird anhand der Auflage kontrolliert, dass die Exporteure Ausfuhrlizenzen oder Aufträge von der Nationalen Energie-Kommission (National Energy Board) erhalten. Die Einfuhr und die Inlandsverteilung von Energie werden ebenfalls von der Nationalen Energie-Kommission geregelt. 7 Regierungsprogramme Es gibt eine Vielzahl von Programmen, die von der kanadischen Regierung initiiert wurden, um Dienstleistungen für kanadische Exporteure und ausländische Importeure zur Verfügung zu stellen: ■ ■ ■ ■ ■ 7 B28 Die Exportentwicklung Kanada (Export Development Canada – EDC) wurde vom Bundesgesetz zur Exportentwicklung (Export Development Act) mit dem Ziel eingeführt, den Handel zwischen Kanada und anderen Ländern, durch Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für kanadische Exporteure und ausländische Käufer zu erleichtern und weiterzuentwickeln. Zu den wichtigsten Dienstleistungen, die von der EDC angeboten werden, zählen Versicherungen, Garantien und Exportfinanzierung. Das Programm für die Entwicklung von Exportmärkten (Program for Export Market Development) soll Kanadas internationale Handelsleistung verbessern, indem solchen kanadischen Unternehmen finanzielle Unterstützung angeboten wird, die planen an verschiedenen Handelsförderungsprogrammen und Exportaktivitäten teilzunehmen. Handelskommissare, die von kanadischen Botschaften, Hochkommissariaten, Konsulaten und Internationalen Handelszentren in Kanada aus agieren, unterstützen kanadische Unternehmen, die neue Exportmärkte für sich erschließen möchten. Diese Unterstützung umfasst die Bereitstellung von vorher gesammelten und analysierten Informationen über ausländische Rechtsvorschriften, über wichtige Kontakte, Geschäftspraktiken und das Einschreiten zur Hilfe kanadischer Exporteure bei lokalen Behörden. Das Internationale Zentrum für Handelsmöglichkeiten (International Business Opportunities Centre) arbeitet mit kanadischen Handelskommissaren im Ausland zusammen, um kanadische Unternehmen an ausländische Geschäftsmöglichkeiten heranzuführen. Internationale Handelszentren wurden von Industry Canada für kanadische Unternehmen auf regionaler Ebene eingerichtet, um kanadische Unternehmen dabei zu unterstützen, die erforderlichen Produkte und Dienstleistungen, die diese für ihre Exportabsichten benötigen, zu ermitteln und, um eine exportspezifische Beratung anbieten zu können. Weitere Informationen finden Sie in Abschnitt 18, Energie und Bodenschätze. STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ■ ■ ■ Canadian Companies Capabilities ist eine elektronische Datenbank, die Informationen über kanadische Unternehmen, deren Produkte und die von ihnen belieferten Märkte beinhaltet. Diese elektronische Datenbank ist über Industry Canada unter http://strategis.ic.gc.ca einsehbar. Der „Virtuelle Handelskommissar“ (Virtual Trade Commissioner) (vormals WeltInformationssystem für Ausfuhren – World Information System for Exports) ist eine computergestützte Datenbank, die von kanadischen Handelsbeamten genutzt wird, um kanadische Bezugsquellen von Waren und Dienstleistungen mit ausländischen Kunden abzugleichen. ExportSource ist eine umfassende Online-Quelle der Bundesregierung für Exportinformationen. ExportSource führt alle verfügbaren handelsbezogenen Informationen der Bundesregierung und exportrelevante Informationen aus nichtstaatlichen sowie privatwirtschaftlichen Internetseiten zusammen. Die bundesstaatliche Canadian Commercial Corporation ist eine Exporthandelsvertretung, die bei der Entwicklung des Handels zwischen Kanada und anderen Ländern mithilft, die Arbeitsgrundlagen dieser Handelsvertretung sind und sie unterstützt allgemein kanadische Staatsbürger beim Im- und Export von Gütern und Waren. Darüber hinaus haben alle Regierungen der Provinzen exportbezogene Förderprogramme, deren Leistungen von Kreditund Versicherungsprogrammen bis hin zu Anreizen für die Teilnahme an Messen im Ausland reichen. STIKEMAN ELLIOTT LLP AUßENHANDEL, INVESTITIONEN UND EINWANDERUNG ■ B29 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA C Formen der Unternehmensorganisation Kapitalgesellschaften .......................................................................................................... 2 Gesellschaftsrecht („Business Corporations Acts“) ....................................................... 2 Unterschiede zwischen den Gesetzen .......................................................................... 2 Sektorenspezifische Gesetzgebung .............................................................................. 3 Gesellschaften mit unbeschränkter Haftung .................................................................. 3 Personengsellschaften ........................................................................................................ 3 Joint Ventures ..................................................................................................................... 4 Einzelunternehmen ............................................................................................................. 4 Franchisegeschäfte und Lizenzvereinbarungen ................................................................. 4 © STIKEMAN ELLIOTT LLP MAI 2011 FORMEN DER UNTERNEHMENSORGANISATION Formen der Unternehmensorganisation KAPITALGESELLSCHAFTEN Gesellschaftsrecht („Business Corporations Acts“) Sowohl auf Bundes- als auch auf Provinzebene bestehen Gesetze zur Gründung und Organisation von Kapitalgesellschaften („corporations“). Eine solche Gesellschaft, die nach dem Recht einer Provinz gegründet wurde, kann Geschäfte in der Provinz betreiben, in der sie gegründet wurde, aber auch über deren Grenzen hinaus. Eine nach Bundesrecht gegründete Gesellschaft unterliegt den allgemein gültigen Gesetzen der Provinzen, wenngleich sie grundsätzlich das Recht hat, ihre geschäftlichen Aktivitäten in jeder Provinz zu entfalten. In den meisten Provinzen besteht das Erfordernis, dass Unternehmen, die in anderen Provinzen oder auf Bundesebene gegründet wurden, in der entsprechenden Provinz, in der sie geschäftlich tätig werden wollen, registriert oder zugelassen werden müssen, bevor sie in dieser Geschäftstätigkeiten aufnehmen können. Zudem müssen sie zu Beginn ihrer Geschäftstätigkeit sowie einmal jährlich einen offiziellen Bericht („Annual Return“) bezüglich bestimmter grundlegender gesellschaftsrechtlicher Änderungen an das jeweils zuständige Ministerium senden. Eine Verletzung dieser auf außerprovinzielle Gesellschaften anwendbaren Regeln kann dazu führen, dass die Gesellschaft in der entsprechenden Provinz kein Grundeigentum erwerben kann, vor Gericht nicht klagebefugt ist, und –an sich wirksame– vertragliche Vereinbarungen nicht durchsetzen kann. Unterschiede zwischen den Gesetzen Wenngleich sich die Gesetze zum Gesellschaftsrecht auf Bundes- und Provinzebene im Grundsatz stark ähneln, bestehen gewisse Unterschiede, die für die Entscheidung eines Unternehmens, sich auf Provinz- oder Bundesebene zu inkorporieren, von wesentlicher Bedeutung sein können. Zu diesen Unterschieden zählen die Komplexität und die Zeitintensivität der Gründung, die Flexibilität bei der Durchführung unternehmensbezogener Abläufe, Zulassungsvoraussetzungen, Gebühren und Steuern sowie der Umfang von Offenlegungspflichten. Ein Punkt, der insbesondere für nicht-kanadische Investoren relevant ist, findet sich in zahlreichen Gesetzen zum Gesellschaftsrecht: Diese beinhalten häufig die Verpflichtung, eine Mindestquote an kanadischen Verwaltungsratsmitgliedern im Unternehmen zu erfüllen. Für ausländische Investoren ist die Inkorporation eines Unternehmens in solchen Jurisdiktionen vorzugswürdig, in denen das Gesellschaftsrecht nur eine minimale oder gar keine entsprechende Mindestquote vorschreibt. Unter ansonsten gleichen Vorbedingungen wird ausländischen Investoren üblicherweise geraten, eine Gründung auf Bundes- und nicht auf Provinzebene vorzunehmen. Dieser Rat basiert auf der Annahme, dass ein auf Bundesebene inkorporiertes Unternehmen außerhalb von Kanada – rein faktisch – eher anerkannt und akzeptiert werden wird, als ein nach Provinzrecht gegründetes Unternehmen. C2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Gesellschaften mit unbeschränkter Haftung Eine interessante Mischung aus Gesellschaft und Partnerschaft stellt die Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung, die „Unlimited Company (ULC)“, dar, die in dieser Form nur in Nova Scotia, British Columbia und Alberta existiert. Sie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass ihre „Mitglieder“ oder Anteilseigner unter bestimmten Umständen einer unbeschränkten Haftung unterliegen. 1 Die Rechtsform der ULC erfreute sich Mitte der 90er-Jahre zunehmender Beliebtheit, da eine ULC, die zugleich Tochtergesellschaft eines in den USA ansässigen Unternehmens war, unter bestimmten Voraussetzungen als „tax flow through vehicle“ gewisse Steuervorteile für das Mutterunternehmen mit Sitz in den USA generieren konnte. Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 begrenzte jedoch das Fünfte Protokoll zum „US-Canada Income Tax Treaty“ eine Vielzahl dieser Steuervorteile. PERSONENGSELLSCHAFTEN In Kanada liegt die gesetzliche Zuständigkeit für die Regulierung von „Partnerships“, die am ehesten in die Kategorie der Personengesellschaften fallen, in den Händen der Provinzen. Das bedeutet, dass ein „Partnership“ grundsätzlich nach dem Recht einer bestimmten Provinz gegründet wird. „Partnerships“, deren Geschäftstätigkeit sich über mehrere Provinzen erstreckt, müssen jedoch die gesetzlichen Anforderungen sämtlicher dieser Provinzen achten und können unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet sein, sich in jeder Provinz, auf die sich ihre Geschäftstätigkeit erstreckt, zu registrieren. In Abwesenheit einer entgegenstehenden vertraglichen Vereinbarung, richten sich die Rechte und Pflichten der Gesellschafter nach dem einschlägigen Provinzgesetz. FORMEN DER UNTERNEHMENSORGANISATION Sektorenspezifische Gesetzgebung Bestimmte Arten von Gesellschaften (wie etwa Banken, Treuhand- und Kreditgesellschaften, Volksbanken und Kreditgenossenschaften sowie Versicherungen) unterliegen nicht dem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Rechtsregime, sondern einer sektorspezifischen Gesetzgebung. Die kanadischen Rechtsordnungen kennen im Wesentlichen zwei Arten von „Partnerships“: „General“ und „Limited Partnership“. Während „General Partnerships“ im Wesentlichen mit der deutschen Offenen Handelsgesellschaft (OHG) vergleichbar sind, ähnelt das „Limited Partnership“ weitgehend der Kommanditgesellschaft (KG). Die Gesellschaftsform des „General Partnership“ teilt die meisten Charakteristika mit dem kanadischen Einzelunternehmen („Sole Proprietorship“), mit dem Unterschied, dass das „General Partnerships“ mehr als einen Gesellschafter voraussetzen. Ähnlich wie das „Sole Proprietorship“ sind „General Partnerships“ aufgrund ihrer einfachen Struktur und der geringen Formanforderungen attraktive Gesellschaftsformen. Jedoch teilen beide Gesellschaftsformen auch das Charakteristikum der British Columbia hat vor kurzem das Gesetz 14 verabschiedet, demzufolge unter anderem das Unternehmensrecht (Business Corporations Act von British Columbia) es neuerdings erlaubt, ein Unternehmen als Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung zu gründen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments war die oben genannte Gesetzesänderung aber noch nicht in Kraft getreten. 1 STIKEMAN ELLIOTT LLP C3 FORMEN DER UNTERNEHMENSORGANISATION persönlichen unbeschränkten und gesamtschuldnerischen Gesellschafterhaftung. Das einzige Anmeldeerfordernis im Rahmen eines „General Partnership“ besteht üblicherweise in der Registrierung des Unternehmensnamens, sofern die Partner nicht ihre eigenen Namen verwenden. „Limited Partnerships“ sind ein Produkt der Gesetzgebung und werden durch Einreichung einer Partnerschaftserklärung („Declararion of Partnership“) nach dem jeweils einschlägigen Partnerschaftsgesetz gegründet. „Limited Partnerships“ mildern Haftungsrisiken in gewissem Umfang: Innerhalb des Gesellschaftsvertrages kann die Haftung der Gesellschafter auf ihren jeweiligen Gesellschaftsanteil beschränkt werden. Die Haftungsbeschränkung geht jedoch mit dem Verbot einher, Geschäftsleitungsbefugnisse in der Gesellschaft zu übernehmen und auszuüben. Die Personengesellschaft in der Form des „Limited Partnership (LP)“ ist von der Gesellschaftsform des „Limited Liability Partnership (LLP)“ zu unterscheiden, einer besonderen Form der Personengesellschaft, die in immer mehr kanadischen Provinzen anerkannt wird. Die Gesellschaftsform der LLP ist besonders für Anwaltskanzleien und andere Dienstleistungsunternehmen konzipiert. JOINT VENTURES Ein Joint Venture (Gemeinschaftsunternehmen) kann als Alternative zu einer Personengesellschaft gewisse Steuervorteile bieten. Da das kanadische Gesellschaftsrecht Joint Ventures nicht als selbstständige Gesellschaftsform anerkennt, müssen sich Joint Ventures für eine der anerkannten Gesellschaftsformen entscheiden: Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder vertraglich geregelte Zusammenschlüsse. Da es keine spezifische Gesetzgebung für Joint Ventures gibt, ist es wichtig, dass Parteien, die ein Joint Venture bilden, aber gleichzeitig keine Personengesellschaft gründen möchten, ausdrücklich vereinbaren, dass eine Personengesellschaft nicht gegründet werden soll. EINZELUNTERNEHMEN Obwohl „Sole Proprietorships“ (Einzelunternehmen) von den meisten Gesetzen, die Kapitalgesellschaften betreffen, ausgenommen sind, müssen trotzdem gewisse Registeranforderungen in demjenigen Zuständigkeitsbereich eingehalten werden, in dem das „Sole Proprietorship“ seine Geschäftstätigkeiten entfaltet. Wenn der Einzelunternehmer eines „Sole Propriertorship“ z.B. seinem Unternehmen einen anderen als seinen eigenen Namen gibt, muss dieser Name oder diese Bezeichnung nach einschlägigen Provinzrecht registriert werden. FRANCHISEGESCHÄFTE UND LIZENZVEREINBARUNGEN Franchising und Lizenzvereinbarungen unterliegen üblicherweise dem allgemeinen Vertragsrecht. Ledigleich die Provinzen Alberta, Ontario und Prince Edward Island haben insoweit spezielle Gesetze erlassen. Auf Bundesebene verbietet das Wettbewerbsgesetz („Competition Act“) bestimmte Geschäftspraktiken, die insbesondere Franchiseunternehmen und C4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Alberta, Ontario und Prince Edward Island haben spezielle Gesetze zur Offenlegungspflicht im Rahmen von Franchisegeschäften verabschiedet. Diese Gesetze verlangen faires Verhalten zwischen Franchisegebern und -nehmern und geben dem Franchisenehmer spezielle Schadensersatzansprüche im Falle eines missbräuchlichen Verhaltens seitens des Franchisegebers. In anderen Provinzen werden bestimmte Aspekte der Franchisegeschäfte indirekt durch Verbraucherschutzgesetze und das Kapitalmarktrecht sowie durch Gesetze zur Regelung fairer Handelspraktiken, des „Pyramid Selling“, von Zuleitungsgeschäften und der Werbung reguliert. STIKEMAN ELLIOTT LLP FORMEN DER UNTERNEHMENSORGANISATION Lizenzvereinbarungen betreffen. Dabei handelt es sich insbesondere um verkaufsfördernde Zuwendungen, Einzelhandelspreisbindung, „Pyramid Selling“ (Schneeballsysteme), Zuleitungsgeschäfte durch existierende Kunden und Werbung. Zusätzlich unterwirft das Wettbewerbsrecht gewisse Handelspraktiken einer besonderen Überprüfung. Zu diesen Handelspraktiken zählen Geschäftsverweigerungen, Lagerverkauf, Alleinvertriebsvereinbarungen, gebündelte Verkäufe („tied selling“) und Marktzugangsbeschränkungen. In einigen Fällen sind auch das Markenrechtsgesetz („Trade-marks Act“) und das Patentgesetz („Patent Act“) von Bedeutung. C5 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA D Wertpapierrecht und Kapitalmärkte Gesetzgebung im Wertpapierrecht ..................................................................................... 2 Registrierungsanforderungen ........................................................................................ 2 Prospektpflicht ............................................................................................................... 4 Offenlegung im Prospekt ............................................................................................... 5 Befreiung von der Prospektpflicht .................................................................................. 5 Weiterverkauf von Wertpapieren ................................................................................... 7 Voraussetzungen der fortlaufenden Offenlegung .......................................................... 8 Kanadas Version von „Sarbanes-Oxley“ ..................................................................... 10 Gesetzliche Haftung für Offenlegungen im Sekundärmarkt ........................................ 11 Übernahmeangebote ................................................................................................... 12 Insiderhandel/Insiderberichte ....................................................................................... 13 Jurisdiktionsübergreifende Systeme zur Offenlegung ................................................. 14 Börsengänge ..................................................................................................................... 15 Allgemeines ................................................................................................................. 15 Zulassung des Prospekts ............................................................................................ 15 Übernahmen („Back-Door Listings“) ............................................................................ 16 Kanadas Börsen ................................................................................................................ 17 Marktregularien ............................................................................................................ 17 TMX Group .................................................................................................................. 17 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JULI 2011 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Wertpapierrecht und Kapitalmärkte GESETZGEBUNG IM WERTPAPIERRECHT Die regulatorischen Standards der kanadischen Wertpapierregulierungsbehörden und Börsen sind Großteils mit den Standards der USA vergleichbar. Die wichtigste Eigenheit des kanadischen Wertpapiergesetzes ist jedoch, dass es hauptsächlich in der Verantwortung der provinziellen und territorialen Regierungen liegt. In Folge dessen hat Kanada kein nationales Wertpapierrecht und keine nationale Regulierungsbehörde. Viele wesentliche Aspekte der Wertpapierregulierung, wie die Registrierung, Prospektpflichten, Freistellungen und fortlaufende Offenlegungspflichten wurden durch „National Instruments“ oder „National Policies“, die von allen provinziellen und territorialen Regulierungsbehörden übernommen wurden, harmonisiert. Zudem ermutigen Systeme wie das National Electronic Filing System (SEDAR) und das „Passport System“ Regulierungsbehörden dazu, einander Verantwortlichkeiten abzugeben und auf diesem Wege für Emittenten und Registrierungspflichtige ein „One Stop Shopping“ einzuführen. Als zuständige Behörde nach dem TSX und als Hauptregulierungsbehörde für die meisten meldepflichtigen kanadischen Emittenten, hat die Ontario Securities Commission (OSC) durch die Einführung verschiedener regulatorischer Instrumente, Richtlinien und Regeln eine im Allgemeinen stärkere Rolle in der Gestaltung des Wertpapierrechts in Ontario eingenommen. Als solche tendiert die OSC dazu, eine sehr breite regulatorische und disziplinäre Zuständigkeit auszuüben und ist damit am ehesten als kanadisches Äquivalent zur amerikanischen SEC zu sehen. Mit der Entwicklung von Gesetzesentwürfen durch die Bundesregierung zur Einführung einer nationalen Regulierungsbehörde zur Verwaltung eines nationalen regulatorischen Regimes hat in den letzten Jahren die Aussicht darauf, die provinziellen und territorialen Regulierungsbehörden durch eine einzige nationale Behörde zu ersetzen, Schwung aufgenommen. Der Gesetzesentwurf (und die Möglichkeit der Bundesregierung das Wertpapierrecht auf Bundesebene zu heben im Generellen) wurde vor Gerichte in Alberta und Quebec und vor den Supreme Court of Canada gebracht, um eine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit herbeizuführen. Bevor diese Fragen endgültig geklärt sind, ist nicht mit einer Einführung als Gesetz zu rechnen. Registrierungsanforderungen Am 28. September 2010 trat das National Instrument 31-103 Registration Requirements and Exemptions (NI 31-103) in Kraft. NI 31-103 wurde mit der Absicht eingeführt, die Registrierungsanforderungen und Freistellungen in allen kanadischen Provinzen und Territorien zu harmonisieren, rationalisieren und modernisieren. NI 31-103 reguliert die Registrierung von Firmen und natürlichen Personen und vor allem bündelt es Firmenregistrierungen in drei Kategorien: (i) Händler, D2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Schließlich repräsentiert NI 31-103 eine Generalüberholung der Regelungen zur Registrierung und hatte wesentlichen Einfluss auf kanadische wie nicht-kanadische Händler, Berater und Investmentfonds Manager, die registrierte oder davon befreite Geschäfte in Kanada tätigen, unabhängig von Zuständigkeitsbereichen. Die neuen Regelungen haben auch wesentlichen Einfluss auf Private Placements und andere Marktaktivitäten. Die zentralen Änderungen in Folge des neuen Registrierungssystems beinhalten: (i) die Entfernung der meisten Freistellungen für Händler, einschließlich der Freistellungen für den Handel mit „zugelassenen Anlegern“ (Händlerfreistellungen gibt es nun in einigen Zuständigkeitsbereichen durch Anordnungen oder örtlichen Satzungen sowie eingeschränkt nach NI 31-103), und die Umstellung auf einen „Business Trigger“ für das Registrierungserfordernis, der im Ergebnis erfordert, dass alle Personen, die in der Wertpapierhandelsbranche in Kanada tätig sind, sich als Händler registrieren; (ii) die Anforderung, dass Personen, die im Freihandel tätig sind, einschließlich derer, die zuvor in Ontario oder Neufundland und Labrador im begrenzten Markt tätig waren, sich als Händler im Freihandel registrieren lassen und den Kapital-, Versicherungs- und Eignungsanforderungen sowie laufender Compliance-Anforderungen entsprechen; (iii) die Einführung einer neuen Registrierungspflicht für Investmentfonds Manager; (iv) die Einführung einer Freistellung für internationale Händler und internationale Berater; (v) die Einführung von Prinzipen zur Behandlung von Interessenkonflikten; (vi) die Regulierung von Überweisungsvereinbarungen; und (vii) die Einführung neuer Prozesse für die Behandlung von Kundenbeschwerden und zur Streitschlichtung. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE einschließlich Investmenthändler, Fondshändler und Händler im Freiverkehr; (ii) Berater, einschließlich Portfoliomanager und eingeschränkte Portfoliomanager; und (iii) Investmentfondsmanager. Darüber hinausgehend bündelt NI 31-103 die Registrierungsanforderungen unter anderem hinsichtlich Können, Solvenz und Versicherungsanforderungen wie auch fortlaufenden Compliance-Anforderungen und Freistellungen von der Registrierung. Diese umfassen auch Anforderungen an Finanzberichterstattung, Kenntnisse über den Kunden, Eignung, Offenlegung der Kunden, sichere Verwahrung von Vermögensgegenständen, Aufbewahrung von Aufzeichnungen, Berichterstattung über die Kontobewegungen, Beschwerdemanagement und andere Compliance Abläufe. Um eine flexible Regelung zu schaffen, kombiniert NI 31-103 Prinzipien, unterstützt von Anleitungen in seiner Begleitrichtlinie, mit normativen Elementen, wo solche für angemessen gehalten wurden. Von der Registrierungspflicht für Investmentfonds Manager wurden temporäre Freistellungen gewährt um der CSA unter anderem die Prüfung zu ermöglichen, bis zu welchem Ausmaß die Registrierung auch von Managern, deren Investmenttätigkeit außerhalb Kanadas stattfindet, oder von solchen, die in einer Provinz oder einem Territorium organisiert sind, ihre Investmenttätigkeiten aber in einer anderen Provinz oder einem anderen Territorium ausüben. Die CSA hat zwar STIKEMAN ELLIOTT LLP D3 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE zwischenzeitlich Vorschläge zum Umgang mit dieser Thematik veröffentlicht, jedoch wurde noch keiner umgesetzt. Die Investment Industry Regulatory Organization of Canada (IIROC), welche die von den Wertpapierregulierungsbehörden anerkannte Selbstregulierungsorganisation ist, überwacht zusätzlich die ihr angehörigen Investmenthändler und Berater wie auch die Handelsaktivitäten an den kanadischen Märkten. Prospektpflicht Das Wertpapierrecht verlangt im Allgemeinen die Einreichung eines Prospekts um sich für eine beliebige Art von „Vertrieb“ von Wertpapieren zu qualifizieren. Sofern keine Ausnahme einschlägig ist (zu Ausnahmen von der Prospektpflicht siehe unten), darf keine Person und kein Unternehmen mit Wertpapieren „handeln“ wenn kein Prospekt eingereicht wurde, sofern ein solcher Handel einen „Vertrieb“ konstituiert. Wertpapiere, die ursprünglich unter einer Ausnahmeregelung ohne Prospekt emittiert wurden, unterliegen grundsätzlich Beschränkungen hinsichtlich des Weiterverkaufs, welche erfordern, dass der Emittent über einen bestimmten Zeitraum hinweg berichtspflichtig war, und in manchen Fällen, dass die Wertpapiere für einen bestimmten Zeitraum gehalten wurden. Alle Kaufangebote von Staatsanleihen, die zuvor nicht ausgegeben wurden, sind Vertrieb. Die Idee hinter der Prospektplicht ist es Investoren mit vollständigen und korrekten Informationen über die Angelegenheiten des Emittenten zu versorgen, um es ihnen zu ermöglichen, informierte Investitionsentscheidungen zum angebotenen Wertpapier zu treffen. Folglich variiert der Inhalt solcher Prospekte abhängig von der Art des zu emittierenden Wertpapiers, dem Geschäftsbereich in dem der Emittent und seine Töchter tätig sind und den einzelnen Anforderungen in der Jurisdiktion, in der das Angebot gemacht wird. Der Prospekt muss für die Leser verständlich und in einem „easy to read“ Format herausgegeben werden. Das Wertpapierrecht hat eine Vielzahl bestimmter Anforderungen hinsichtlich der erforderlichen oder verbotenen Inhalte von Prospekten, die im Allgemeinen durch das National Instrument 41-102 General Prospectus Requirements harmonisiert wurden. Form 41-101F1 Information required in a Prospectus verlangt vom Emittenten die umfangreiche Offenlegung von Informationen über Unternehmensangelegenheiten im Prospekt, darunter: ■ ■ ■ ■ ■ ■ D4 Unternehmensstruktur; Einnahmenverwendung; Jahresabschlüsse; Risikofaktoren hinsichtlich einer Investition in Wertpapiere des Emittenten; wesentliche Zukäufe (einschließlich kürzlich abgeschlossene Zukäufe sowie geplante/mögliche Zukäufe); Rechtsstreitigkeiten, in die der Emittent verwickelt ist; STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ■ ■ ■ ■ die Geschäftsführung und leitende Angestellte und das Gehalt der Führungskräfte; offene Wertpapierkaufoptionen; frühere Emissionen von Wertpapieren; Beziehung zwischen dem Emittenten und einer Emissionsbank; Abschlussprüfer; jede weitere wesentliche Tatsache hinsichtlich des angebotenen Wertpapiers, die nicht auf anderem Wege öffentlich ist. Offenlegung im Prospekt Ein Prospekt muss eine „vollständige, wahrheitsgemäße und deutliche Offenlegung aller wesentlichen Informationen über die angebotenen Wertpapiere“ enthalten. Dies wird auch in den Bescheinigungen festgehalten, die der Emittent, die Emissionsbank und gegebenenfalls weitere Personen am Ende des Prospekts unterzeichnen müssen. Falls der Prospekt eine falsche Darstellung enthält, können (u. a.) der Emittent, dessen Vorstände und jedes Mitglied des Emissionskonsortiums, das unterschrieben hat, dafür zur Verantwortung gezogen werden. Der Emittent ist nicht haftbar, wenn er beweisen kann, dass dem Erwerber die falschen Darstellungen zum Zeitpunkt des Wertpapiererwerbs bekannt waren. Direktoren, Emissionsbanken und andere können sich zu ihrer Verteidigung gleichermaßen auf ihre Due Diligence berufen, wenn sie beweisen können, dass sie trotz sorgfältiger Prüfung des Prospekts keine falsche Darstellung erkennen konnten. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE ■ Wenn der endgültige Prospekt vorgelegt wird, wird der Emittent (sofern er nicht bereits zuvor einen Prospekt vorgelegt hat) in jeder Rechtsordnung, in der dieser vorgelegt wird (oder gemäß Passport System als vorgelegt gilt), zum „meldepflichtigen Emittenten“. Als solcher unterliegt der Emittent Regeln und Bestimmungen zur ständigen Offenlegung und regelmäßigen Berichterstattung. Diese Regeln und Bestimmungen beziehen sich u. a. auf die frühzeitige Offenlegung wesentlicher Veränderungen, die Vorbereitung und Einreichung vierteljährlicher und jährlicher Finanzberichte, die Ernennung von Vertretern und die Vorbereitung jährlicher Informationsvordrucke und informativer Rundschreiben. Befreiung von der Prospektpflicht Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Wertpapiere unter Freistellung von der Prospektpflicht zu vertreiben, was im generellen als befreiter Vertrieb oder Private Placement bezeichnet wird. Private Placements wurden größtenteils im ganzen Land durch National Instrument 45-106 Prospectus and Registration Exemptions (NI 45-106) harmonisiert. Das Instrument gewährte eine breite Auswahl an Befreiungen von der Prospektpflicht für private wie öffentliche Emittenten von Wertpapieren. STIKEMAN ELLIOTT LLP D5 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Obwohl es im generellen seinen Zweck erfüllt hat und den Marktteilnehmern die breite Auswahl der Befreiungen aufgezeigt hat, ist es wichtig zu bedenken, dass einige Jurisdiktionen, einschließlich Ontario, weiterhin zusätzliche lokale Befreiungsmöglichkeiten beibehalten. Die Befreiungen von der Prospektpflicht gemäß NI 45-106 sind in folgende Kategorien unterteilt: Kapitalerhöhungen; Transaktionszusammenhänge; Befreiungen für Investmentfonds; Befreiungen für Arbeitnehmer, leitende Angestellte, Geschäftsführer und Berater; und Übriges. Die am häufigsten benutzten Befreiungen für Kapitalerhöhungen sind die Befreiungen für „zugelassene Investoren“ und „minimales Investitionsvolumen“. Die Befreiung für „zugelassene Investoren“ befreit von der Prospektpflicht beim Handel mit einer Liste von qualifizierten Personen. Zu diesen qualifizierten Personen zählen bestimmte Arten von Banken und anderen Finanzinstitutionen, Treuhandgesellschaften, Pensionsfonds, registrierte Wohltätigkeitsorganisationen, Investmentfonds, lokale und internationale Regierungsbehörden und Rechtsträger, die nicht natürliche Person oder Investmentfonds sind, mit einem Nettovermögen von mehr als CAD 5 Mio.. Auch natürliche Personen können als „zugelassene Investoren“ qualifiziert werden, wenn sie alleine oder zusammen mit einem Ehegatten realisierbare Vermögenswerte mit einem Nettowert von mehr als CAD 1 Mio. haben; wenn sie ein Nettovermögen von mindestens CAD 5 Mio. haben; oder wenn ihr Nettoeinkommen vor Steuern CAD 200.000 bzw. bei Ehegatten zusammen CAD 300.000 übersteigt. Die Befreiung von „minimalem Investitionsvolumen“ ist einschlägig, wenn Wertpapiere von einem einzigen Emittenten für Investitionskosten von mindestens CAD 150.000 zum Kaufzeitpunkt erworben werden. Zusätzlich zu diesen beiden am häufigsten benutzten Befreiungen besteht für private Emittenten eine weitere Befreiungsmöglichkeit. Wenn ein Emittent nicht berichtspflichtig und kein Investmentfonds ist, kann er von der Befreiung für private Emittenten Gebrauch machen: der Emittent hat keine Wertpapiere an andere Personen als die auf einer vorgeschriebenen Liste vertrieben, die Wertpapiere unterliegen Transferbeschränkungen und sind nicht im Besitz von mehr als 50 Personen. In einzelnen Jurisdiktionen bestehen hinsichtlich Kapitalerhöhungen weitere Befreiungen für den Verkauf an Familie, Freunde und Geschäftspartner des Emittenten (diese Befreiungen sind in Ontario nicht gegeben), für den Verkauf an Gründer, Aufsichtspersonen und Familie (diese Befreiung ist nur in Ontario gegeben), Verkäufe an abhängige Unternehmen und Verkäufe unter Bezugsrechtsangebot oder unter Dividenden- bzw. Ausschüttungswiederanlageplänen. Die Befreiungen für Transaktionen umfassen Zusammenschlüsse und Reorganisationen, Asset-Akquisitionen, Übernahmeangebote und Angebote des Emittenten zum Rückkauf von Anteilen und die Umwandlung von Schulden in Anteile. NI 45-106 stellt auch bestimmte Befreiungen für Investmentfonds und die Ausgabe von Wertpapieren an Angestellte, leitende Angestellte und Geschäftsführer D6 STIKEMAN ELLIOTT LLP Die Dokumentationen im Zusammenhang mit einem Private Placement kann sehr unterschiedlich sein, abhängig vom Emittenten, der genutzten Befreiungsregelung und der Identität und Beziehung des Käufers zum Emittenten. Im Allgemeinen besteht die Dokumentation aber aus einem Zeichnungsschein und gegebenenfalls einem Agentur- oder Übernahmevertrag. Die Dokumentation kann auch einen Emissionsprospekt enthalten, aber das ist nicht verpflichtend. Der Zeichnungsschein, oder ein vergleichbares Dokument, enthält typischerweise vertragliche Zusicherungen, Garantien und Zusagen zwischen dem Emittenten und dem Käufer. Normalerweise enthält er auch oder wird begleitet von einer Formbestätigung, in der der Käufer gegebenenfalls alle notwendigen Voraussetzungen für die genutzte Befreiungsregelung bestätigt. Wenn zum Beispiel von der Befreiung für „zugelassene Investoren“ Gebrauch gemacht wird, wird der Käufer regelmäßig gebeten eine Bestätigung auszufüllen, die die auf ihn anwendbare Kategorie der zugelassenen Investoren ausweist. Während ein Emissionsprospekt nicht nötig ist wenn von der Befreiung für zugelassene Investoren oder einer anderen Gebrauch gemacht wird, gewähren einige Provinzen ein gesetzliches Recht des Käufers auf Rücktritt oder Schadensersatz wenn ein Emissionsprospekt gegeben wird und dieser falsche Darstellungen enthält. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE und Berater bereit. Diese können auf die Emission von Anteilen selbst oder auf die Gewährung oder Ausübung von Kapitalbeteiligungen wie z.B. Aktienoptionen angewendet werden. Weiterverkauf von Wertpapieren Wie bereits ausgeführt erfordert jeder Verkauf, der einen „Vertrieb“ darstellt, die Einreichung eines Prospekts oder eine einschlägige Befreiungsregelung. Der Wiederverkauf von Wertpapieren, die unter einer Befreiungsregelung ausgegeben wurden, erfordert wiederum eine einschlägige Befreiungsregelung oder einen Prospekt sofern nicht eine Reihe von Weiterverkaufsvoraussetzungen eingehalten wird. Diese Voraussetzungen erfordern, dass der Emittent der Wertpapiere ein „berichtspflichtiger Emittent“ für mindestens vier Monate war, dass kein unüblicher Aufwand getätigt wurde um den Markt auf die Emission der Wertpapiere vorzubereiten und in bestimmten Fällen, dass die weiterverkaufende Person das Wertpapier für mindestens vier Monate gehalten hat und dass die fraglichen Wertpapiere eine vorschriftsmäßige Legende in diesem Sinne ausweisen. Dieses System gilt als „geschlossen“, weil ein Wertpapier nie frei handelbar wird ohne dass ein Prospekt eingereicht wird oder – falls von einer Befreiungsregelung Gebrauch gemacht wird – genug Zeit verstrichen ist dass sich die Informationen über den Emittenten und das Wertpapier am Markt verteilen konnten. Zusätzlich zur Ausgabe eigener Anteile ist der Verkauf von Wertpapieren durch eine „kontrollierende Person“ per Definition Vertrieb und muss daher mittels Prospekt oder unter einer Befreiungsregelung erfolgen (oder unter einem vorgeschriebenen Prozess, wobei der Verkauf zuvor angekündigt wird). Eine kontrollierende Person wird im Wertpapierrecht als eine solche definiert, die ausreichend Anteile des STIKEMAN ELLIOTT LLP D7 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Emittenten hält um die Kontrolle des Emittenten wesentlich zu beeinflussen. Es gilt die widerlegliche Vermutung, dass der Inhaber von mehr als 20% der Stimmrechte eine kontrollierend Person ist. Voraussetzungen der fortlaufenden Offenlegung Die Ontario Security Commission hat herausgestellt, dass der Grund für die Offenlegung als generelles Prinzip die Chancengleichheit aller Investoren am Markt ist. Die Offenlegung erreicht das, indem Investoren geholfen wird einen schnellen Überblick über alle investitionsrelevanten Fakten zu gewinnen. Die Einreichung eines Prospektes ist hierbei das erste Glied in der Kette der Offenlegungen, gefolgt von fortlaufenden Berichten über Informationen und Entwicklungen, die die Investitionsentscheidung beeinflussen können. Die kanadischen Regelungen zur fortlaufenden Offenlegung erfordern zwei Arten der Berichterstattung: „wiederkehrend“ und „zeitnah“. Wiederkehrende Berichterstattung erfordert, dass der berichtende Emittent fortlaufend Dokumentationen einreicht, wie z.B. Jahresabschlüsse, Management’s Discussion and Analysis (MD&A), Stimmrechtsrundschreiben und Annual Information Forms (AIFs). Die zeitnahe Berichterstattung erfordert vom berichtspflichtigen Emittenten die Offenlegung von wesentlichen Veränderungen sobald diese Eintreten, durch Pressemitteilung und Material Change Reports. Berichtspflichtige Emittenten sind auch verpflichtet Business Acquisition Reports (BARs) sowie wesentliche Verträge zeitnah einzureichen. „Berichtspflichtige Insider“, worunter Mitglieder des oberen Managements oder des Vorstands, Schlüsselangestellte und Inhaber wesentlicher Anteile fallen, sind verpflichtet, generell binnen fünf Tagen, dem berichtspflichtigen Emittenten den Handel mit Wertpapieren des Emittenten wie auch mit verbundenen Finanzinstrumenten und Änderungen der wirtschaftlichen Risiken anzuzeigen. Verpflichtungen zur fortlaufenden Offenlegung Das National Instrument 51-102 Continuous Disclosure Obligations (NI 51-102) soll landesweite, einheitliche Offenlegungspflichten für anmeldepflichtige Emittenten, mit Ausnahme von Investmentfonds, schaffen. Im Allgemeinen legt die Vereinbarung die Offenlegungspflichten meldepflichtiger Emittenten in Bezug auf Jahresberichte, AIFs, MD&A, BARs, Berichte über wesentliche Veränderungen, informative Rundschreiben, Vertreter, Stimmrechtsvollmachen und andere Angelegenheiten der Offenlegung fest. Zum Beispiel muss der Vorstand jedes meldepflichtigen Emittenten sowohl die Zwischen- als auch die Jahresberichte wie auch das jährliche MD&A vor deren Herausgabe genehmigen. Das MD&A muss Diskussionen von Außerbilanzgeschäften enthalten, kritische Schätzungen in der Buchhaltung müssen detaillierter offengelegt werden und zusätzliche Leitfäden für Rohstoff-Emittenten enthalten. Ein AIF muss die sozialen und Umweltrichtlinien des meldepflichtigen Emittenten enthalten, wenn diese für seine Geschäfte von wesentlicher Bedeutung sind, und der D8 STIKEMAN ELLIOTT LLP NI 51-102 enthält auch Anforderungen an die Offenlegung von zukunftsgerichteten Informationen mit Ausnahme von zukunftsgerichteten Informationen in mündlichen Stellungnahmen. Berichterstattung über wesentliche Veränderungen NI 51-102 fordert von berichtspflichtigen Emittenten die Herausgabe und Einreichung bei der zuständigen Wertpapierbehörde von folgenden Dokumenten: (i) eine Pressemitteilung an die investierende Öffentlichkeit („unverzüglich“ herauszugeben); (ii) ein Material Change Report (binnen zehn Tagen nach der Veränderung einzureichen). Im Allgemeinen versteht man im Zusammenhang mit einem berichtspflichtigen Emittenten unter einem „Material Change“ eine Veränderung der Geschäftstätigkeit, einzelner Operationen oder der Kapitalisierung des Emittenten, die vernünftigerweise erwarten lässt, dass der Marktpreis oder – wert eines Wertpapiers des berichtspflichtigen Emittenten beeinflusst wird, oder eine Entscheidung des Vorstands (oder des „Senior Managements“, das von einer Bestätigung durch den Vorstand ausgeht) eine solche Veränderung vorzunehmen. National Policy 51-102 Disclosure Standards (NP 51-102) ergänzt die Anforderungen an die Offenlegung bei wesentlichen Veränderungen und stellt im Hinblick auf die CSA einen Marktplatz für eine Vielzahl von Offenlegungsangelegenheiten zur Verfügung. Im Einzelnen sorgt NP 51-201 dafür, dass jede Herausgabe wesentlicher Informationen sachlich und ausgewogen ist, d.h. weder übertrieben günstiger noch übertrieben ungünstiger. Kurzgesagt müssen Meldungen klar, wahrheitsgetreu und objektiv sein. Zudem schlägt es eine Vielzahl bewährter Verfahren vor um berichtspflichtige Emittenten bei der Einhaltung der Regeln zur fortlaufenden Offenlegung und bei der Vermeidung von Insiderhandel und selektiver Offenlegung zu unterstützen, wobei berichtspflichtigen Emittenten die Einführung einer „Corporate Disclosure Policy“ empfohlen wird. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Emittent muss (mit einigen Ausnahmen) im SEDAR eine Kopie jedes Vertrags ablegen, der „nicht die übliche Geschäftstätigkeit betrifft“. NI 51-102 verpflichtet Emittenten außerdem zur öffentlichen Offenlegung von Kopien der internen Richtlinien und sonstiger Unterlagen oder Vereinbarungen, die die Rechte der Wertpapierbesitzer betreffen. Auch die Abstimmungsergebnisse von Versammlungen der Wertpapierbesitzer müssen offengelegt werden. National Instrument 81-106 Investment Fund Contineous Disclosure schreibt ein ähnliches Regelwerk zur Offenlegung für Investmentfonds vor. National Instrument 71-102 Continuous Disclosure and Other Exemptions Relating to Foreign Issuers gewährt währenddessen Befreiung von vielen Anforderungen des NI 51-102 für ausländische SEC-Emittenten und Emittenten aus bestimmten ausländischen Zuständigkeiten, die den Anforderungen an fortlaufende Offenlegungen der SEC oder entsprechender ausländischer Regelungen entsprechen. STIKEMAN ELLIOTT LLP D9 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Kanadas Version von „Sarbanes-Oxley“ Kanadas Antwort auf die Sarban-Oxley-Gesetzgebung der USA kann man im National Instrument 52-110 Audit Committees, National Instrument 52-109 Certification of Disclosure in Issuer`s Annual and Interim Filings und National Instrument 52-108 Auditor Oversight finden. Die Gesetze haben einen umfassenden Geltungsbereich; kurz gesagt legen sie aber fest, dass Offenlegungen der Jahres- und Zwischenberichte öffentlicher Unternehmen vom CEO und Finanzvorstand (CFO) zertifiziert werden müssen, definieren die Rolle und Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse, verpflichten zur Offenlegung hinsichtlich der Prüfungsausschüsse und unterstützen die Arbeit des Canadian Public Accountability Board, das die Revisoren staatlicher Unternehmen beaufsichtigt. NI 52-110 Audit Committees legt die Aufgaben, Handlungsbefugnisse und Zusammensetzung des Prüfungsausschusses fest und verlangt von Emittenten, bestimmte Aspekte in Bezug auf die Zusammensetzung und Aufgaben des Ausschusses offenzulegen. Anders als andere Ausschüsse des Vorstands (welche eventuell unter NP 58-201 Corporate Governance Guidelines empfohlen werden, aber nicht verpflichtend sind) ist der Prüfungsausschuss für alle Emittenten, auf die die Audit Committee Rule anwendbar ist, verpflichtend und mit mindestens drei Vorständen zu besetzen. Im Allgemeinen müssen die drei Vorstände unabhängig (NI 52-110 stellt eine Definition für unabhängig auf) und in Finanzangelegenheiten gebildet sein. Die Audit Committee Rule definiert die Rolle des externen Prüfers gegenüber dem Prüfungsausschuss, dem Vorstand und den Inhabern von Wertpapieren eines Emittenten dahingehend, dass der Prüfer direkt dem Prüfungsausschuss berichtet. Auch die Verantwortlichkeiten des Prüfungsausschusses sind vorgeschrieben und beeinhalten die Verantwortlichkeit zur Einführung von Prozessen für die Überprüfung und richtige Adressierung von Beschwerden hinsichtlich Prüfungsund Buchhaltungsangelegenheiten (Whistleblowing). Corporate-Governance-Praxis Die Offenlegung der Corporate-Governance-Praxis ist von National Instrument 58101 Disclosure of Corporae Governance Practices vorgeschrieben, wobei die damit zusammenhängende National Policy 58-201 Corporate Governance Guidelines bewährte Praktiken beschreibt. Das Instrument wie auch die Policy sind grundsätzlich auf alle Emittenten mit Ausnahmen von Investmentfonds anwendbar. Grob gesagt verpflichtet die Regel Emittenten, ihre Corporate-Governance-Praxis in ihren informativen Rundschreiben oder AIFs offenzulegen und im SEDAR eine Kopie jedes Verhaltenskodexes und jeder Änderung dessen abzulegen. Versäumt es der Emittent, diese Informationen offenzulegen, so stellt dies einen Verstoß gegen die Wertpapiergesetze dar, der Gerichtsverfahren und Sanktionen nach sich ziehen kann. Die Pflicht zur Offenlegung der Corporate Governance soll mehr Transparenz in Bezug auf die Corporate-Governance-Prinzipien der Emittenten schaffen. D10 STIKEMAN ELLIOTT LLP Wärenddessen verlangt National Instrument 52-109 Certification of Disclosure in Issuers‘ Annual and Interim Filings (NI 52-109) von berichtspflichtigen Emittenten Jahres- bzw. Zwischenjahresbescheinigungen einzureichen, die vom CEO und CFO (oder vergleichbare Position) zertifiziert wurden. Diese Bescheinigungen enthalten Bestätigungen hinsichtlich der wahrheitsgetreuen Wiedergabe der finanziellen Umstände, Leistungsfähigkeit und Umsätzen und die Bestätigung dass die Jahresoder Zwischenjahresbescheinigungen keine verfälschten Tatsachen enthalten. Die Bescheinigungen müssen auch Bestätigungen hinsichtlich der Einrichtung, Unterhaltung und Effektivität von Kontrollen und Prozessen zur Offenlegung (Disclosure Control and Procedures - DCP) und der internen Kontrolle der Finanzberichterstattung (Internal Control over Financial Reportings – ICFR) enthalten. Zusätzlich ist eine entsprechende zertifizierte Offenlegung in den MD&A des Emittenten hinsichtlich der Effektivität der DCP und ICFR und jede Änderung der ICFR innerhalb des relevanten Zeitraums, der die ICFR des Emittenten zumindest mit einer vernünftigen Wahrscheinlichkeit wesentlich beeinflusst hat, erforderlich. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Angesichts der Tatsache, dass viele Corporate-Governance-Angelegenheiten nicht in einer „One Size Fits All“ Art und Weise beschrieben werden können, wollen weder NI 58-101 noch NP 58-201 dem Emittenten vorschreiben was er im Einzelnen zu tun hat. NP 58-201 soll Best-Practice-Standards wiedergeben, die vor dem Hintergrund wünschenswerter Corporate Governance Prinzipien formuliert wurden. Die Leitlinien sind nicht als Vorschriften zu verstehen und beinhalten u. a. Empfehlungen in Bezug auf die Unabhängigkeit des Vorstands, die Rolle des Vorstands und des Managements, die Auswahl von Vorstandsmitgliedern und Vergütungskriterien. Emittenten wird nahegelegt, die Richtlinien zur Erarbeitung ihrer eigenen Corporate-Governance-Praxis heranzuziehen und sind verpflichtet, Abweichungen von den Leitlinien offenzulegen, gemeinsam mit einer Erklärung, welche Maßnahmen der Vorstand ergreift, um die Ziele der Leitlinien zu erreichen. Gesetzliche Haftung für Offenlegungen im Sekundärmarkt Das Wertpapierrecht beinhaltet auch eine zivilrechtliche Haftungsgrundlage für Offenlegungen im Sekundärmarkt. Der wesentliche Klagegrund für Offenlegungen im Sekundärmarkt betrifft verfälschte Darstellungen durch oder im Namen eines verantwortlichen Emittenten in dessen Offenlegungsunterlagen oder in öffentlichen mündlichen Stellungnahmen, sowie die Nichtvornahme einer zeitnahen Offenlegung im Falle einer wesentlichen Veränderung. Zusätzlich zum Emittenten können unter anderem auch dessen Vorstände und leitende Angestellte Gegner einer solchen Klage sein. Im Gegensatz zum Klagegrund für fahrlässige Falschdarstellung nach Common Law, welcher vom Kläger verlangt nachzuweisen, dass er zu seinem Nachteil sich auf die behauptete Falschdarstellung verlassen hat, hat der Kläger hier einen gesetzlichen Anspruch, der unabhängig davon ist ob der Käufer oder Verkäufer auf die falsche Behauptung vertraut hat oder nicht. Ein potentieller Kläger kann einen Prozess jedoch nur mit Zulassung durch das Gericht beginnen STIKEMAN ELLIOTT LLP D11 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE und es sind eine Vielzahl von Verteidigungsmöglichkeiten, die in bestimmten Situationen eine Haftung ausschließen oder beschränken können, gegeben. Übernahmeangebote Früher wurden Übernahmeangebote durch die Wertpapiergesetze der Provinz geregelt, in der sie stattfanden. Seit 1. Februar 2008 sind die Anforderungen für Übernahmeangebote und Angebote von Emittenten zum Rückkauf von Wertpapieren jedoch durch die CSA in ganz Kanada aufeinander abgestimmt und vereinheitlicht worden. Während die Regeln für Übernahmeangebote in Ontario weiterhin Teil des Securities Act (Ontario) und weiterer lokaler Regelungen in Ontario sind, haben alle anderen Provinzen und Territorien das Multilateral Instrument 62-104 Take-Over Bids and Issuer Bids übernommen um die wesentlichen Angebotsanforderungen und das Verfahren zu regeln. In Kanada versteht man unter einem Übernahmeangebot das Angebot, ausgegebene stimmberechtigte oder stimmrechtslose Wertpapiere zu kaufen, die den Bieter in den Besitz von mindestens 20% der Wertpapiere dieser Kategorie bringen würden. Unter den Wertpapieren des Bieters versteht man in diesem Fall Wertpapiere, die der Bieter besitzt oder über die er Kontrolle ausüben kann, egal ob allein oder gemeinsam mit anderen Personen. Ein Frühwarnsystem kommt zum Einsatz, sobald ein Bieter den Besitz oder die Möglichkeit zur Kontrolle über 10 bis 20% einer Klasse stimmberechtigter oder stimmrechtsloser Wertpapiere eines meldepflichtigen Emittenten auszuüben erhält: Jede Person muss bei Erreichen der 10%-Grenze sofort eine Pressemitteilung herausgeben, die vorschriftsgemäß bestimmte Informationen enthalten muss, und innerhalb von zwei Geschäftstagen den Wertpapieraufsichtsbehörden einen formellen „Frühwarnbericht“ vorlegen. Jedes Mal, wenn eine im Besitz von 10 bis 20% einer Klasse befindliche Person weitere 2% der Wertpapierklasse erwirbt, oder wenn sich wesentliche Tatsachen gegenüber dem zuvor eingereichten Bericht geändert haben, werden eine weitere Pressemitteilung und ein weiterer Frühwarnbericht fällig. Bestimmte institutionelle Investoren mit einer passiven Investmentabsicht können jedoch ein alternatives Frühwarnsystem verwenden, das im Allgemeinen erst nach Ende des Monats einen Bericht erfordert. Ein Übernahmeangebot muss im Einklang mit den materiellen und prozessualen Anforderungen der einschlägigen Gesetze erfolgen, es sei denn, es liegt eine Ausnahme von den Bestimmungen vor. Im Allgemeinen sehen die materiellen und prozessualen Bestimmungen vor, dass allen Wertpapierinhabern der gleichen Klasse ein Angebot zu den gleichen Bedingungen gemacht werden muss. Ein formelles Angebot erfordert die Erstellung eines Rundschreibens mit einem Übernahmeangebot, das von Gesetzes wegen bestimmte Bilanzposten offenlegen muss und an die Anteilseigner des Emittenten geschickt wird. Viele prozessuale Anforderungen sind im MI 62-104 und in den entsprechenden Bestimmungen des Securities Act (Ontario) und der OSC Rule 62-504 festgeschrieben. Außerdem haben alle kanadischen Wertpapierregulierungsbehörden die landesweite Richtlinie NP D12 STIKEMAN ELLIOTT LLP Es gibt einige Fälle, die von den Anforderungen für formelle Übernahmeangebote ausgenommen sind. Zu diesen Ausnahmen zählen: ■ ■ der Erwerb von höchstens 5% der ausgegebenen Wertpapiere einer Klasse zum Marktpreis innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, wobei der Anteil zu Beginn der 12 Monate gemessen wird, sowie private Kaufvereinbarungen mit nicht mehr als fünf Personen, wobei der bezahlte Preis höchstens 115% des zum Datum des Kaufs für die Wertpapiere festgelegten Marktpreises (entsprechend der Definition) betragen darf. Insiderhandel/Insiderberichte Das Wertpapiergesetz verbietet es jeder Person, die in einer „besonderen Beziehung“ zum meldepflichtigen Emittenten steht, Wertpapiere dieses Emittenten zu kaufen oder zu verkaufen, wenn die Person Kenntnis über wesentliche Tatsachen oder wesentliche Veränderungen im Hinblick auf den Emittenten hat, die noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Unter einer in einer besonderen Beziehung zum Emittenten stehenden Person versteht man unter anderem, jede Person und jedes Unternehmen, das Insider ist, Tochtergesellschaften oder Partner des meldepflichtigen Emittenten sind, Personen oder Unternehmen, die mit dem Emittenten oder im Auftrag des Emittenten geschäftlich oder beruflich zu tun haben oder dies anstreben, Vorstände, Leitende Angestellte und Mitarbeiter des Emittenten sowie Personen, die durch eine Person, die in einer besonderen Beziehung zum Emittenten steht, von wesentlichen Tatsachen oder wesentlichen Veränderungen erfahren haben und wussten, oder man davon ausgehen kann, dass sie wussten, dass diese Person in einer besonderen Beziehung zum Emittenten stand. Zudem existieren Verbote wie zivilrechtliche Haftungstatbestände für Hinweise an Dritte außerhalb des notwendigen Geschäftsgangs hinsichtlich wesentlicher Tatsachen oder wesentlicher Veränderungen bezüglich des Emittenten bevor diese Informationen allgemein offengelegt wurden. Viele dieser Begriffe haben im kanadischen Wertpapiergesetz eigene Definitionen, welche von jeder in einer „besonderen Beziehung“ stehenden Person verstanden werden sollten, da Insiderhandel und Hinweise an Dritte strafrechtlich verfolgt werden können. Im Fall dieser Vergehen können vom Käufer und Verkäufer und vom Emittenten auch zivilrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. In diesem Zusammenhang definiert der Securities Act (Ontario) eine Wertpapier als (a) eine Put- oder Calloption oder ein sonstiges Recht oder eine Verpflichtung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren des Emittenten; (b) ein Wertpapier, dessen Marktpreis grundlegend mit dem des Wertpapiers des Emittenten schwankt oder (c) ein abhängiges Derivat. Nach dem National Instrument 55-104 Insider Reporting Requirements and Exemptions muss jeder „berichtspflichtige Insider“ eines berichtspflichtigen Emittenten einen Insiderbericht binnen fünf Tagen nach der Änderung seiner (a) Inhaberschaft von oder Kontrolle über, sei sie direkt oder indirekt, Wertpapiere des STIKEMAN ELLIOTT LLP WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE 62-203 Take-Over Bids and Issuer Bids übernommen, die einen bundesweiten Leitfaden für Übernahmeangebote und die Ausnahmen beinhaltet. D13 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Emittenten oder (b) Anteile oder Rechte an oder Verpflichtungen hinsichtlich eines abhängigen Finanzinstruments, das ein Wertpapier des berichtspflichtigen Emittenten einbezieht, einreichen. Die ergänzenden Anforderungen an die Insiderberichterstattung aus NI 55-104 erfordern die Einreichung eines Insiderberichts hinsichtlich bestimmter Verträge, Abmachungen oder Übereinkünfte, die (i) den Effekt haben, dass der berichtspflichtige Insider einen anderen Einblick in die wirtschaftliche Lage des berichtspflichtigen Emittenten gewinnt, (ii) direkt oder indirekt ein Wertpapier des berichtspflichtigen Emittenten oder ein vergleichbares Finanzinstrument, das sich auf ein Wertpapier des berichtspflichtigen Emittenten bezieht, miteinbeziehen und (iii) auf keinem anderen Wege die Verpflichtung zur Einreichung eines Insiderberichts auslösen. Nachdem der Status des berichtspflichtigen Insiders erreicht wurde, muss dieser einen Insiderbericht einreichen um jeden dieser Verträge oder dieser Abmachungen, die noch vor Erreichen des Status als berichtspflichtiger Insider eingegangen wurden und noch immer wirksam sind, offenzulegen. Als berichtspflichtiger Insider gilt der berichtspflichtige Emittent selbst, seine bedeutenden Tochtergesellschaften, wesentliche Anteilsinhaber (einschließlich „Post Conversion“ Anteile, also wandelbare Anteile bzw. Optionen) und Management Unternehmen und deren Direktoren und „Prescribed Senior Officers“, sowie Personen und Unternehmen, die für eine wesentliche Unternehmenseinheit, abteilung oder -funktion der berichtspflichtigen Emittenten zuständig sind und Insider, die Zugang zu Informationen über wesentliche Tatsachen oder wesentliche Veränderungen im Hinblick auf den berichtspflichtigen Emittenten haben oder diese im Rahmens des Geschäftsgangs erhalten noch bevor diese veröffentlicht werden. Wesentliche Anteilsinhaber sind solche, die mehr als 10% der stimmberechtigten Wertpapiere halten, einschließlich gegebenenfalls umwandelbarer oder ähnlicher Anteile auf „Post-Conversion-Basis“. Zusätzlich zu den Anforderungen an die Insiderberichterstattung stellt TSXs Policy Statement on Timely Disclosure Verfahren hinsichtlich Offenlegung, Vertraulichkeit und Handel durch Mitarbeiter auf, wodurch die Emittenten dazu gedrängt werden Richtlinien hinsichtlich Vertraulichkeit und Handel aufzustellen, die unter anderem die Einführung von „Black Out Periods“ und „Open Windows“ für den Handel mit Wertpapieren durch Mitarbeiter und anderen regeln. Jurisdiktionsübergreifende Systeme zur Offenlegung Die kanadischen Regulierungsbehörden und die U.S. Securities and Exchange Commission erlauben bestimmten Emittenten aus den USA, in Kanada Wertpapiere zu verkaufen und Bezugsangebote zu unterbreiten auf Basis von Offenlegungsdokumenten, im Einklang mit dem U.S. Securities Act of 1933 und dem Securities Exchange Act of 1934, anstatt den Wertpapiergesetzen der kanadischen Provinz entsprechen zu müssen. Diese Regeln, die auch als Canada-U.S. MultiJurisdictional Disclosure System oder MJDS bekannt sind, sind auch auf bestimmte D14 STIKEMAN ELLIOTT LLP Auch taugliche kanadische Emittenten dürfen die MJDS-Formulare benutzen, um in den USA öffentlich Wertpapiere mit einem kanadischen Prospekt anzubieten, welcher nur von den kanadischen Regulierungsbehörden überprüft werden muss. BÖRSENGÄNGE Allgemeines Das öffentliche Anbieten von Anteilen des Emittenten ist der übliche Weg eines Börsengangs in allen kanadischen Provinzen und Territorien, welcher unter Vorlage eines Prospekts an die zuständige Wertpapierregulierungsbehörde der Provinz erfolgen muss, die ihrerseits den Empfang bestätigen muss. Sämtliche Prospekte, die der Finanzregulierungsbehörde von Quebec (Authorité des marchés financiers, AMF), die für Wertpapiergeschäfte in der Provinz Quebec zuständig ist, vorgelegt werden, müssen ins Französische übersetzt werden. Zulassung des Prospekts WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Bezugs- und Aktientauschangebote, Übernahmeangebote, Angebote von Emittenten zum Anteilsrückkauf und Unternehmenszusammenschlüsse sowie einige von der lokalen Rechtsordnung vorgesehenen laufenden Berichtspflichten anwendbar. Vorläufiger Prospekt In Kanada ist das Prozedere für die Zulassung von Prospekten im Wesentlichen dasselbe wie in den anderen hoch entwickelten Volkswirtschaften. Es ähnelt jedoch mehr den Vorgaben der SEC in den USA als den Vorgehensweisen, die in Großbritannien, Hongkong, Singapur und Australien üblich sind. Sobald ein Emittent beschlossen hat, an die Börse zu gehen, muss er einen vorläufigen Prospekt vorlegen, der von der zuständigen Regulierungsbehörde überprüft und kommentiert wird und, wenn die OSC nicht die zuständige Behörde ist, auch von der OSC. Bei der Zulassung des vorläufigen Prospekts ist oft Eile geboten, weil der Emittent meistens dringend auf die Erträge aus dem Angebot angewiesen ist und die Emissionsbank (oder der Vermittler) festgestellt hat, dass die Märkte gut auf das Angebot reagieren werden (außer es kommt vor dem Abschluss noch zu ungünstigen Veränderungen auf dem Markt) und deshalb möglichst bald die Roadshow mit registrierten Vertretern (wie etwa Verkäufern) und potentiellen Käufern zur Information über den Emittenten und dessen Angebot beginnen wollen. In Zuständigkeitsbereichen, in denen der Empfang des vorläufigen Prospekts bestätigt wurde (oder in denen der Empfang unter dem Passport System als bestätigt gilt), kann der Emittent Interessensbekundungen von Institutionen und anderen potentiellen Käufern einholen (und wenn diese ein Kaufinteresse bekunden, muss er ihnen eine Kopie des vorläufigen Prospekts zukommen lassen) oder diesen zuerst den vorläufigen Prospekt zusenden. STIKEMAN ELLIOTT LLP D15 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE Stellungnahme und Antwort Mit der Empfangsbestätigung des vorläufigen Prospekts beginnt die sogenannte „Wartezeit“. Während dieses Zeitraums überprüft die zuständige Regulierungsbehörde den vorläufigen Prospekt und verfasst eine Stellungnahme, in dem etwaige Mängel oder Zweifel festgestellt werden. Wenn die OSC nicht die zuständige Behörde ist, werden die Unterlagen auch von der OSC überprüft, die ihrerseits bei der zuständigen Behörde Zweifel anmelden kann. Nachdem die zuständige Behörde den Antwortbrief mit ihrer Stellungnahme vorgelegt hat, antwortet der Anwalt des Emittenten (mit Hilfe des Emittenten, der Emissionsbank und der Revisoren) auf den Brief und versucht, eine Beseitigung der aufgezeigten Mängel auszuhandeln. Wenn alles planmäßig verläuft, folgt darauf die Freigabe des vorläufigen Prospekts und der Emittent kann den endgültigen Prospekt vorlegen (der Empfang des endgültigen Prospekts wird bei der Vorlage bestätigt). Wenn die OSC die zuständige Regulierungsbehörde ist, wird die Empfangsbestätigung der OSC als Bestätigung aller Rechtsordnungen angesehen, in denen der Prospekt im Zuge des Passport Systems vorgelegt wurde. Wenn die OSC nicht die zuständige Behörde ist, wird die Empfangsbestätigung der zuständigen Regulierungsbehörde als Bestätigung sämtlicher Behörden des Passport Systems angesehen und, wenn die OSC den Prospekt freigegeben hat, auch als Bestätigung der OSC. Bedingte Börsenzulassung Im Allgemeinen wird die erstmalige Börsennotierung an einer Börse beantragt, nachdem ein Emittent die Empfangsbestätigung des vorläufigen Prospekts erhalten hat. Daraufhin wird ihm eine bedingte Börsenzulassung gewährt, für die er bestimmte Bedingungen erfüllen muss. Zu den Bedingungen zählen der Erhalt einer Empfangsbestätigung für den endgültigen Prospekt, der Abschluss des Angebots und die Übermittlung bestimmter Unterlagen an die Börse. Unter National Instrument 41-101 General Prospectus Requirements and Related Amendments (NI 41-101) sind die Prospekterfordernisse und Richtlinien in Kanada weitgehend vereinheitlicht worden. Übernahmen („Back-Door Listings“) Eine in Kanada weit verbreitete Methode, um inaktive Unternehmen oder „Public Shells“, also Mantelgesellschaften, die an der Börse notiert sind, wieder zu aktivieren, ist ein „Reverse Takeover“. Ein „Reverse Takeover“ beinhaltet eine Transaktion, deren Ergebnis die Übernahme des gelisteten Emittenten durch einen nicht-gelisteten Emittenten ist. In diesem Szenario haben die Anteilsinhaber der gelisteten Gesellschaft am Ende weniger als 50% der Anteile des Emittenten und ein Kontrollwechsel findet statt. Dies wird üblicherweise durch die Ausgabe von zuvor zurückgekauften eigenen Anteilen durch die gelistete Gesellschaft im Austausch gegen Vermögenswerte (auch Anteile an anderen Gesellschaften) oder durch eine Verschmelzung oder Fusion erreicht. Das TSX Company Manual legt den Genehmigungsprozess fest, wo die TSX bestimmt ob eine Transaktion ein D16 STIKEMAN ELLIOTT LLP KANADAS BÖRSEN Marktregularien Die Investment Industry Regulatory Organization of Canada (IIROC) ist die nationale Selbstregulierungsorganisation, die die Handelsaktivitäten auf den Kapital- und Anleihenmarkt in Kanada überwacht. Die IIROC legt auch die Regeln hinsichtlich Kompetenz, Geschäfts- und Finanzgebaren von Investmenthändlern fest und setzt diese durch. TMX Group Die Börse von Toronto Die TSX ist in Kanada die Börse für große Emittenten. Sie verfügt über drei gut etablierte Kategorien: Industrie, Bergbau sowie Öl und Gas. In jeder Kategorie gibt es mindestens zwei Ebenen finanzieller und fachlicher Anforderungen, um den verschiedenen Laufzeiten unter den notierten Unternehmen gerecht zu werden. Die Anforderungen für die allgemeine Kategorie Industrie gelten für alle heimischen Unternehmen (mit Ausnahme jener, die in die Kategorie Bergbau oder Öl und Gas fallen), einschließlich Unternehmen auf den Gebieten Technologie sowie Forschung und Entwicklung. Renommierte und profitable Unternehmen werden im Allgemeinen als „Senior Issuers“ notiert. Bergbau-, Öl- und Gasunternehmen müssen dafür nicht nur renommiert und profitabel sein, sondern auch produzieren. Unternehmen, die nicht die Bedingungen einer Notierung als „Senior Issuer“ erfüllen, unterliegen stärkerer Regulierung gemäß Abschnitt V des TSX Company Manual für Unternehmen und müssen bestimmte wesentliche Veränderungen vorab von der TSX genehmigen lassen. Für „Senior Issuers“ gilt Abschnitt V nicht. WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE „Backdoor-Listing“ darstellt, also die Ausgabe von Anteilen durch eine gelistete Gesellschaft, die direkt oder indirekt zu einer Akquisition der gelisteten Gesellschaft durch eine nicht-gelistete Gesellschaft und zu einem Kontrollwechsel bei der gelisteten Gesellschaft führt. Zusätzlich zu den oben beschriebenen Möglichkeiten (Börsengang und „Reverse Takeover“) haben Emittenten auch die Möglichkeit sich direkt an der TSX listen zu lassen wenn der Emittent bereits an einer anderen Börse gelistet ist, aus dem TSX-V aufgestiegen ist oder vom Special Purpose Acquisition Corporation (SPAC)Programm Gebrauch macht. Eine SPAC ist eine Mantelgesellschaft, die noch nie operativ tätig war, und durch den Börsengang mindestens CAD 30 Mio. mit der Absicht einsammelt, die Erlöse zum Erwerb einer Gesellschaft oder einer Gruppe von Gesellschaften oder Vermögenswerten zu gebrauchen. Sobald der Börsengang abgeschlossen ist und die Anteile an der SPAC gelistet sind, hat die SPAC 36 Monate um den qualifizierten Erwerb abzuschließen. Die TSX Venture Exchange An der TSX-V notierte Unternehmen sind hauptsächlich in der Bergbau-, Öl- und Gasindustrie, in der verarbeitenden Industrie und in den Sektoren Technologie und STIKEMAN ELLIOTT LLP D17 WERTPAPIERRECHT UND KAPITALMÄRKTE D18 Finanzdienstleistungen tätig. Die TSX-V arbeitet mit einem zwei-Kategorien System basierend auf der Leistungsfähigkeit, den Ressourcen und dem Entwicklungsstadium des Unternehmens mit jeweils eigenen Voraussetzungen in jeder Kategorie für die Börsenzulassung. In jeder Kategorie bestehen bestimmte Mindestvoraussetzungen für die Börsenzulassung für einzelne Industriezweige. Kategorie eins ist für „Senior Companies“ reserviert. Emittenten, die in der TSX-V gelistet werden wollen, haben ähnliche Möglichkeiten wie oben für die TSX beschrieben wurden. Jedoch bietet die TSX-V anstelle des SPAC-Programms ein Capital Pool Company (CPC)-Programm. Im Einzelnen treibt ein CPC Geldmittel durch einen Börsengang an der TSX-V ein, um eine nicht gelistete Gesellschaft oder Vermögensgegenstände binnen 24 Monaten nach der Zulassung an der TSX-V zu akquirieren. Nach einer erfolgreichen qualifizierten Transaktion wird die CPC eine an der TSX-V regulär gelistete Gesellschaft. Die Börse von Montreal (Bourse de Montréal) Die MX oder Bourse de Montréal wurde im Jahr 1832 gegründet und ist damit die älteste Börse Kanadas. Die MX ist Kanadas einziger Handelsplatz für Derivate und bietet Produkte wie Kapital-, Zins-, Währungs-, Energie- und Indexderivate (z.B. Optionen und Futures) an. Die MX ist seit 2008 Teil der TMX Group. STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA E Arbeitsrecht Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Gesetzliche Mindeststandards ............................................................................................ 2 Gesetzgebung für Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen............................................... 3 Menschenrechte .................................................................................................................. 4 Gleichberechtigung in Bezug auf Arbeit und Bezahlung .................................................... 5 Allgemeines ................................................................................................................... 5 Gleichberechtigung am Arbeitsplatz .............................................................................. 5 Gleiche Bezahlung ......................................................................................................... 6 Schadensersatz für Arbeitnehmer ...................................................................................... 6 Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ........................................................................ 7 Arbeitslosenversicherung, Altersvorsorge und Gesundheitsabgaben ............................... 8 Arbeitslosenversicherung .............................................................................................. 9 Die kanadische Rentenversicherung ............................................................................. 9 Arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge- und Pensionsprogramme................................. 9 Arbeitgeberfinanzierte Gesundheitsleistungen ............................................................ 10 Datenschutz für Arbeitnehmer .......................................................................................... 10 Kündigungen ..................................................................................................................... 11 Küngigungsfristen ........................................................................................................ 11 „Whistleblower“-Schutz ..................................................................................................... 12 Arbeitsrechtliche Streitigkeiten .......................................................................................... 12 © STIKEMAN ELLIOTT LLP DEZEMBER 2010 ARBEITSRECHT Arbeitsrecht ALLGEMEINES In Kanada unterliegen Fragen des Arbeitsrechts der Zuständigkeit sowohl der Provinzen als auch der Bundesregierung. Die meisten Unternehmen fallen jedoch unter die rechtliche Zuständigkeit der Provinzen, während die Regierung auf Bundesebene für bestimmte bundesweite Arbeitsbereiche und Vorhaben zuständig ist, wie für den Bereich des interprovinziellen Transports, das Bankenwesen sowie Telekommunikation und Rundfunk. Für Fragen des Arbeitsrechts unterliegen Unternehmen entweder dem Zuständigkeitsbereich der Provinzen oder des Bundesstaates, jedoch niemals beiden Zuständigkeitsbereichen. Allgemein werden Beschäftigungsverhältnisse von den Vorschriften derjenigen Rechtsordnung geregelt, in der die Arbeitsleistung erbracht wird. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können jedoch vereinbaren, dass der Arbeitsvertrag den Vorschriften einer bestimmten anderen Rechtsordnung unterliegen soll. Zu den Pflichten des Arbeitgebers zählen unter anderem die Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards (die, wie später noch ausführlicher erläutert werden wird, einen weiten Geltungsbereich haben und vertraglich nicht abbedungen werden können) und die Herstellung eines sicheren Arbeitsumfelds. Zu den Pflichten des Arbeitnehmers zählen Treuepflichten, die ordnungsgemäße Erledigung seiner Aufgaben und Verschwiegenheitspflichten. Mit Ausnahme von Quebec werden Arbeitsverträge, die den provinzialen Rechtsordnungen unterstehen, von den geltenden rechtlichen Bestimmungen der Provinz und des „Common Law“ geregelt. In Quebec ist jedoch der „Civil Code“ das einschlägige Regelungswerk. GESETZLICHE MINDESTSTANDARDS Die Regierungen auf Bundes- und Provinzebene regeln bestimmte grundlegende Arbeitsbedingungen. Die Gesetzgebung unterscheidet sich zwar von Provinz zu Provinz, hat aber meistens einen breiten Geltungsbereich und gilt für die meisten Arbeitsbereiche und Beschäftigungstypen. Grundsätzlich haben Angestellte bestimmte Grundrechte hinsichtlich ihrer Beschäftigungsbedingungen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Beschäftigungsbedingungen umfassen unter anderem einen Mindestlohn, Arbeitszeiten, Überstundenvergütung, tägliche und wöchentliche Erholungszeiten, Urlaub und Urlaubsvergütung, gesetzliche Feiertage, Mutterschutz und Elternzeit, gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit, Kündigungsfristen und Abfindungen sowie Bestimmungen für den Umgang mit Angestellten beim Verkauf eines Unternehmens (oder eines Unternehmensteils). Das kanadische Arbeitsgesetz („Canada Labour Code“), das auf bundesweite Unternehmen wie Banken und Unternehmen der Telekommunikationsbranche anwendbar ist, und die entsprechende Gesetzgebung in Quebec enthalten spezifische Bestimmungen über unrechtmäßige Entlassungen, aus denen unter E2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Wie bereits oben erwähnt, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gesetzlich vorgeschriebenen Beschäftigungsbedingungen nicht vertraglich abbedingen oder auf sie verzichten. Für den Fall, dass der Arbeitsvertrag Bedingungen festlegt, die über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgehen, werden diese günstigeren Bedingungen für den Arbeitgeber üblicherweise verbindlich und können als „Mindeststandards“ durchgesetzt werden. ARBEITSRECHT Umständen ein Anspruch des gekündigten Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. GESETZGEBUNG FÜR ARBEITGEBER-ARBEITNEHMER-BEZIEHUNGEN Das Arbeitsrecht gewährt Arbeitnehmern sowohl auf Bundes- als auch auf Provinzebene das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen, um mit Arbeitgebern Tarifverhandlungen zu führen. Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsrecht verpflichtet, die ausschließlichen Verhandlungsrechte der Gewerkschaft als Vertretung der „Tarifgemeinschaft“ anzuerkennen und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Gewerkschaften zu verhandeln. Zudem schützt das Arbeitsrecht Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor unfairen Arbeitspraktiken seitens des Arbeitgebers bzw. der Gewerkschaft. Das kanadische Arbeitsrecht regelt außerdem die Zertifizierung von Gewerkschaften als Verhandlungsvertreter, verpflichtende Tarifverhandlungen, verpflichtende Verschiebung von Streiks und Aussperrungen während der Verhandlungen, schlichtendes Eingreifen durch die Regierung in Fällen, in denen es beiden Parteien nicht gelingt, einen Tarifvertrag auszuhandeln sowie das Recht der Arbeitnehmer auf Streiks und das der Arbeitgeber auf Aussperrung. Darüber hinaus sieht jede Rechtsordnung die Annerkennung eines Tarifvertrags durch ein Schiedsgericht vor. Zum Beispiel sieht das Gesetz für Arbeitsbeziehungen in Ontario („Labour Relations Act“) von 1995 vor, dass ein Vertrag durch Schiedsspruch festgelegt wird, sofern die Beteiligten keinen Konsens erzielen konnten. In einigen Provinzen schränkt das Arbeitsrecht die Beschäftigung von Ersatzarbeitskräften während Streiks oder Aussperrungen ein. Sofern ein gewerkschaftlich organisiertes Unternehmen ganz oder teilweise verkauft wird, bleiben die Verhandlungsrechte der Gewerkschaft grundsätzlich erhalten, soweit nicht der jeweilige Betriebsrat („Labour Board“) oder ein ähnliches Organ etwas Gegenteiliges erklärt. Das bedeutet für einen Unternehmenserwerb, dass der Erwerber an die Tarifverträge des Verkäufers gebunden ist und als Partei in alle zum Zeitpunkt des Verkaufs laufenden Verhandlungen eintreten muss. Ferner existieren sog. „related employer“-Vorschriften, die verhindern sollen, dass Verhandlungsrechte dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber Tätigkeiten auf Einrichtungen übertragen, die unter einheitlicher Kontrolle oder Leitung stehen. Die am stärksten gewerkschaftlich organisierten Provinzen Kanadas sind Quebec, Neufundland und Labrador sowie die westlichen Provinzen (mit Ausnahme von Alberta, der am wenigsten gewerkschaftlich organisierten Provinz). Hervorzuheben STIKEMAN ELLIOTT LLP E3 ARBEITSRECHT ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsbeziehungen („Labour Relations Statute Law Amendment Act“) von 2005, das das Gesetz von Ontario über Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen („Labour Relations Act) von 1995 zu Gunsten der Gewerkschaften abänderte. Zu den Änderungen zählt unter anderem die Befugnis des „Ontario Labour Relations Board“, eine Gewerkschaft im Zuge eines Zertifizierungsprogramms automatisch zu zertifizieren. Die am stärksten gewerkschaftlich organisierten Branchen sind die Verarbeitungsindustrie, die öffentliche Verwaltung sowie das Transport- und Kommunikationswesen. MENSCHENRECHTE Die Gesetze zum Schutz der Menschenrechte verbieten jegliche Art von Diskriminierung am Arbeitsplatz, einschließlich des Auswahlund Einstellungsverfahrens. Obwohl sich die Rechtslage von Provinz zu Provinz unterscheidet, ist allgemein eine Diskriminierung hinsichtlich folgender Merkmale verboten: Ethnische Zugehörigkeit, Abstammung, Herkunft, Hautfarbe, Staatsbürgerschaft, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Alter, Vorstrafenregister, Personenstand, Familienstand und Behinderungen. Außerdem enthalten die Menschenrechtsgesetze der meisten kanadischen Rechtsordnungen spezifische Bestimmungen in Bezug auf Belästigungen (einschließlich der sexuellen Belästigung). Die Gesetze zum Schutz der Menschenrechte haben einen breiten Anwendungsbereich. Sie beeinflussen beispielsweise die Möglichkeit von Arbeitgebern, Einstellungsentscheidungen auf Grundlage einer Hintergrundsprüfung zu treffen. Quebec hat zudem die psychische Belästigung in den Katalog der Belästigungsformen aufgenommen. British Columbia, Ontario, New Brunswick, Saskatchewan, Manitoba, NWT, Yukon und Nunavut erkennen Schadenersatzansprüche für die Verletzung der Menschenwürde an. Eine der Menschenrechte zuwiderlaufende Handlung berechtigt den Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen, einen Anspruch auf Kündigung geltend zu machen. Die in den unterschiedlichen Provinzgesetzen vorgesehenen Rechtsbehelfe sind weitreichend und umfassen Abfindungen, Wiedereinstellung sowie Unterlassungsansprüche. Ein Bereich, der kanadischen Unternehmen Schwierigkeiten bereitet, ist die eingeschränkte Möglichkeit, Drogen- und Alkoholtests, insbesondere vor einer möglichen Einstellung, durchzuführen. Unter bestimmten genau spezifizierten Umständen kann ein Arbeitgeber diskriminierende Standards festlegen. Allerdings wird ein Arbeitgeber hierzu darlegen müssen, dass es sich bei den Standards nach Treu und Glauben um eine berufliche Notwendigkeit handelt und dass der Arbeitnehmer nicht anderweitig eingesetzt werden kann (angesichts der rechtlichen Voraussetzungen kann eine Rechtfertigung schwer zu erreichen sein). So kann es zum Beispiel erlaubt sein, einen Bewerber aufgrund seiner Vorstrafen abzulehnen, wenn diese mit dem zukünftigen Tätigkeitsbereich im Zusammenhang stehen. E4 STIKEMAN ELLIOTT LLP ARBEITSRECHT Neben den bundes- und provinzrechtlichen Gesetzen zum Menschenrechtsschutz existiert noch die in der Verfassung verankerte „Canadian Charter of Rights and Freedoms“, die Gültigkeit sowohl für die Bundesregierung als auch für die Regierungen der Provinzen beansprucht und besondere Auswirkungen auf die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen im öffentlichen Sektor hatte. GLEICHBERECHTIGUNG IN BEZUG AUF ARBEIT UND BEZAHLUNG Allgemeines In den 1980er Jahren begannen die kanadischen Regierungen Richtlinien und Gesetze mit dem Ziel einzuführen, bestimmte soziale Ungerechtigkeiten zu beseitigen und (in manchen Fällen) frühere diskriminierende Praktiken auszugleichen. Zwei dieser Programme sind „Gerechtigkeit am Arbeitsplatz“ („employment equity“)“ und „gleiche Bezahlung („pay equity“)“. Das employment equity-Programm gleicht im Wesentlichen dem Konzept der amerikanischen „affirmative action“, soweit sich diese auf Arbeit bezieht. D.h., das Programm ist darauf ausgerichtet, die Berufschancen solcher Gruppen zu verbessern, denen traditionell ein gleichberechtigter Zugang zum kanadischen Arbeitsmarkt verwehrt war. Das Ziel des „pay equity“-Programms besteht in der Angleichung der Bezahlung von Männern und Frauen für Tätigkeiten mit ähnlichen Qualifikationsanforderungen. Die Angleichung kann auch in rückwirkenden Ausgleichszahlungen für in der Vergangenheit liegende Ungleichheiten bestehen. Gleichberechtigung am Arbeitsplatz Die Gesetze zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz siehen bekräftigende Maßnahmen („affirmative action“) im Arbeitsumfeld zugunsten bestimmter benachteiligter Gruppen, wie Frauen, Ureinwohnern, Behinderten und Personen, die aufgrund ihrer Rasse oder Hautfarbe zu einer sog. „sichtbaren Minderheit“ in Kanada gehören, vor. Diese Fördermaßnahmen umfassen üblicherweise Studien und Analysen der Belegschaft, Überprüfung der Beschäftigungssysteme, Entwicklung und Umsetzung eines Plans zur Gleichstellung am Arbeitsplatz sowie Berichte und Überwachung der Einhaltung des Plans. Bundesrechtlich regulierte Arbeitgeber mit einer Belegschaft von 100 oder mehr Arbeitnehmern unterstehen den Bundesgesetzen zur Gleichstellung am Arbeitsplatz. Zudem sind Arbeitgeber mit mindestens 100 Arbeitnehmern, die sich zugleich um Ausschreibungen von Beschaffungsaufträgen der Regierung mit einem Wert von mindestens CDN$ 200.000 bewerben, an die Vorgaben des sog. „Federal Contractors Program“ gebunden, dessen Voraussetzungen denen des „Employment Equity Act“ ähneln. Mit Ausnahme von Alberta, Ontario und Neufundland verfügen alle Provinzen über eigene Richtlinien bezüglich der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz. Diese sind allerdings nur für die öffentliche Hand verbindlich. Quebec hat allerdings ein ähnliches Programm eingeführt, das für staatliche oder bestimmte Arbeitgeber mit einer Mindestbelegschaft von 100 Arbeitnehmern gilt. STIKEMAN ELLIOTT LLP E5 ARBEITSRECHT Gleiche Bezahlung Gesetze bezüglich gerechter Bezahlung bestehen auf Bundesebene (in Bezug auf bundesrechtlich regulierte Industrien) und in den Provinzen Manitoba, New Brunswick, Nova Scotia, Ontario, Prince Edward Island, Quebec und Yukon. Mit Ausnahme von Ontario und Quebec gelten die Gesetze lediglich für Arbeitgeber der öffentlichen Hand. British Columbia und Neufundland haben Programme zur gerechten Bezahlung von Angestellten im öffentlichen Sektor eingeführt. Gesetze zur gleichen Bezahlung stellen Verpflichtungen auf, Diskriminierungen hinsichtlich der Bezahlung weiblicher Arbeitnehmer wegen ihres Geschlechts zu begegnen. Den Programmen zur gleichen Bezahlung liegt das Prinzip zugrunde, dass Männer und Frauen für die Ausführung gleicher oder im Wesentlichen gleicher Arbeit die gleiche Bezahlung erhalten sollten. Die Umsetzung dieses Ziels wird mit detaillierten, technischen und von Provinz zu Provinz unterschiedlichen Maßnahmen verfolgt. Typische Maßnahmen bestehen in der Entwicklung eines Plans zur Herstellung gleicher Bezahlung und in der Anpassung der Vergütung, sofern erforderlich auch mit rückwirkendem Effekt. SCHADENSERSATZ FÜR ARBEITNEHMER Das Schadenersatzsystem für Arbeitnehmer soll das Recht der Arbeitnehmer ersetzen, einen Arbeitgeber für Verluste zu verklagen, die ein Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsunfalls erlitten hat. Ein Arbeitnehmer hat nunmehr das Recht, Ersatzleistungen von einem gesetzlich errichteten Unfallfond zu fordern. Die Gesetze zur Schadensersatzzahlung gewähren Arbeitnehmern im Falle von Arbeitsunfällen einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch. Folglich ersetzt das Schadensersatzsystem das Deliktsrecht in Zusammenhang mit Verletzungen am Arbeitsplatz. Verletzte Arbeitnehmer haben keine Regressansprüche gegen ihren Arbeitgeber, Mitangestellte oder eine andere Person, auf die das staatliche Schadensersatzsystem Anwendung findet. Für die meisten Arbeitgeber besteht die Verpflichtung, Beiträge zu einem Regierungsfond abzuführen. Die Höhe der Beiträge bestimmt sich in Abhängigkeit von Gehaltszahlungen der Arbeitgeber, der Art des Unternehmens und einer „Unfallrisikobewertung“ des Arbeitgebers, die auf der Ermittlung der bisherigen Unfallvorkommnisse basiert. Bestimmte Unternehmensarten sind allerdings vom Anwendungsbereich des staatlichen Unfallfonds ausgenommen. Diese Ausnahmen variieren von Provinz zu Provinz, sind aber grundsätzlich eng umgrenzt. Für den Fall, dass ein Arbeitgeber unter eine dieser Ausnahmeregelungen fällt, können die zuständigen Gremien („workers compensation boards“) auf Provinzebene entscheiden, die Anwendbarkeit auf den betroffenen Arbeitgeber, üblicherweise auf Antrag des Arbeitsgebers, auszuweiten. Schadensersatz und ärztliche Behandlungskosten für verletzte Arbeitnehmer werden auf Basis des Einkommensverlustes berechnet, von einem Verwaltungstribunal zugesprochen und aus dem Fonds ausbezahlt. Einlagen von E6 STIKEMAN ELLIOTT LLP ARBEITSRECHT Arbeitnehmern in den staatlichen Unfallfond, seien sie direkt oder indirekt, sind untersagt. In Ontario sieht das Gesetz zur Sicherheit und Versicherung am Arbeitsplatz („Workplace Safety and Insurance Act“) unter gewissen Umständen eine zwingende Wiedereinstellung verletzter Arbeitnehmer sowie Strafzahlungen für den Fall, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aus Anlass der Verletzung kündigt, vor. GESUNDHEIT UND SICHERHEIT AM ARBEITSPLATZ Gesetzliche Vorschriften in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz existieren auf sowohl Bundes- als auch auf Provinzebene. Die Regelungssysteme ähneln sich im Grundsatz in den unterschiedlichen Rechtsordnungen. Sie kombinieren ein „externes“ System gesetzlicher Mindeststandards und Pflichten, das mit Hilfe von Inspektionen und Strafmaßnahmen durchgesetzt wird, mit einem „internen“ System, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten und bestimmte Aufgaben zur Wahrung der Sicherheit am Arbeitsplatz übernehmen. Zu den vom externen System vorgesehenen Pflichten des Arbeitgebers gehört es, jeden Arbeitnehmer auf bekannte oder vorhersehbare Gefahren für Sicherheit und Gesundheit im Arbeitsumfeld aufmerksam zu machen und die Vorschriften bezüglich Warnhinweisen und Kennzeichnung gefährlicher Materialien einzuhalten. Arbeitnehmer sind ihrerseits verpflichtet, alle vernünftigen und erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die Gesundheit ihrer Mitaangestellten zu gewährleisten. Im Rahmen des internen Systems sind die Arbeitgeber (bei Unternehmen, die eine bestimmte Mindestgröße überschreiten) auf Grundlage der Gesetze zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz dazu verpflichtet, firmeninterne Arbeitssicherheitsgremien zu errichten, die sich aus Arbeitnehmern und leitenden Angestellten zusammensetzen. Diese Gremien beschäftigen sich mit Beschwerden, dokumentieren und überwachen die Programme zur Arbeitssicherheit. Ein zentraler Bestandteil des Systems für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz besteht in dem Recht des Arbeitnehmers, solche Arbeiten zu verweigern, die nach seiner vernünftigen Einschätzung als unsicher einzustufen sind. In den meisten Rechtsordnungen verbieten die Gesetze zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz es den Arbeitgebern, Arbeitnehmer zu entlassen oder Disziplinarmaßnahmen zu unterwerfen, die sich auf dieses Recht berufen. Die Missachtung der Gesetze zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz kann erhebliche Geldstrafen gegen den Arbeitgeber zur Folge haben, sollte ein Arbeitnehmer in Folge eines solchen Verstoßes Verletzungen erleiden (in den letzten Jahren haben die meisten Provinzen diese Geldstrafen erheblich erhöht). In Ontario und in einigen anderen Provinzen können Gesundheits- und Sicherheitsinspekteure Bußgelder für bestimmte Zuwiderhandlungen gegen die einschlägigen Vorschriften gegen Aufsichtspersonen, Arbeitnehmer und Arbeitskräfte verhängen. STIKEMAN ELLIOTT LLP E7 ARBEITSRECHT Seit der Gesetzesänderung im Jahr 2004 stellt das Strafgesetzbuch („Criminal Code“) nunmehr auch unsichere Arbeitsplätze unter Strafe. Von dieser strafrechtlichen Haftung sind alle am Arbeitsleben beteiligten Organisation einschließlich Kapitalgesellschaften, öffentlichen Einrichtungen, Betrieben, Personengesellschaften, Gewerkschaften, Gemeinden und anderen Formen von Zusammenschlüssen erfasst. Die Gesetzesänderungen verpflichten nun alle Personen, die Anweisungen für die Durchführung von Aufgaben geben, dazu, solche angemessenen Schritte zu ergreifen, um die Sicherheit der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Zudem legen sie fest, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen für die Handlungen ihrer Vertreter strafrechtlich haften. Zusätzlich zu den bereits in den Gesetzen zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz festgeschriebenen Strafen wurden durch diese Gesetzesänderungen beträchtliche Geldstrafen in Höhe von CDN$ 25.000 bis CDN$ 100.000 für Ordnungswidrigkeiten („summary conviction offences“) eingeführt. Allerdings besteht für Straftaten („indictable offences“) keine Obergrenze für Geldstrafen. Die Haftung der Arbeitgeber wurde zudem durch das im Juni 2010 in Kraft getretene Ergänzungsgesetz zum Gesetz zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz bezüglich Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz („Occupatoinal Health and Safety Amendment Act (Violence and Harassment in the Workplace), 2009, Ontario) erweitert. Dieses Gesetz enthält weitreichende Verpflichtungen für Arbeitgeber in Ontario in Bezug auf Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz. Das Prinzip der „Belästigung am Arbeitsplatz“ erstreckt sich auch auf Umstände, die außerhalb der durch die Menschenrechtsgesetzgebung verbotenen Handlungen liegen, und beinhaltet entsprechend auch solche Handlungen wie „Mobbing“ am Arbeitsplatz. Unter anderem verpflichtet das Gesetz Arbeitgeber dazu, innerbetriebliche Richtlinien in Bezug auf Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu entwickeln und regelmäßig zu überprüfen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, Programme zur Umsetzung dieser Richtlinien entsprechend der Anforderungen ihres Arbeitsplatzes zu entwickeln und zu unterhalten (so müssen Arbeitgeber beispielsweise Verfahren zur Berichterstattung und Untersuchung von gewalttätigen Zwischenfällen und Belästigungen am Arbeitsplatz ausarbeiten). ARBEITSLOSENVERSICHERUNG, ALTERSVORSORGE UND GESUNDHEITSABGABEN Nach dem Bundesgesetz über die Arbeitslosenversicherung („Employment Insurance Act“ (EIA)) und den Gesetzen zum „Canada Pension Plan“ (CPP) (bzw. in Quebec der „Quebec Pension Plan“) müssen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Abgaben leisten. Solche Abgaben können vom Arbeitgeber steuerlich abgesetzt werden. Verschiedene kanadische Provinzen, wie etwa Ontario und Quebec, haben zudem eine Gesundheitsabgabe für Arbeitgeber eingeführt, wonach Arbeitgeber, die eine dauerhafte Niederlassung in der entsprechenden Provinz unterhalten, eine jährliche Abgabe leisten müssen, deren Höhe von den jährlich an die Arbeitnehmer ausgezahlten Gehältern abhängt. E8 STIKEMAN ELLIOTT LLP ARBEITSRECHT Arbeitslosenversicherung Der EIA („Employment Insurance Act“) verpflichtet alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Einzahlung in einen Arbeitslosenversicherungsfonds („Employment Insurance Fund“), der von der Regierung auf Bundesebene verwaltet wird. Im Jahr 2013 müssen Arbeitnehmer 1,88% ihres versicherungsfähigen Einkommens bis zu einem Betrag von CDN$ 47.400 abführen (die höchstmögliche Abgabe beträgt entsprechend CDN$ 891,12 Dollar). Der Beitrag des Arbeitgebers liegt bei dem 1,4-fachen des Arbeitnehmerbeitrags und wird als Gesamtbetrag an das kanadische Finanzamt „Canada Revenue Agency“ (CRA) (oder im Falle Quebecs an „Revenue Quebec“), die mit dem US-amerikanischen IRS oder dem „HM Revenue & Customs“ in Großbritannien vergleichbar sind, überwiesen. Die Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Arbeitgeber sind von der Einkommensteuer als Betriebskosten absetzbar. Damit Arbeitnehmer die Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen können, müssen sie in den vorangegangenen 52 Wochen eine bestimmte Anzahl von Wochen angestellt gewesen sein, wobei diese Mindestanzahl von Provinz zu Provinz variiert. Arbeitnehmer haben in Fällen von Entlassungen ohne Kündigungsgrund, vorübergehenden Entlassungen („layoff“), Schwangerschaften und Krankheiten Anspruch auf Versicherungsleistungen, vorausgesetzt, dass die Arbeitnehmer bestimmte Kriterien erfüllen. Die kanadische Rentenversicherung Die kanadische Rentenversicherung („Canada Pension Plan“ (CPP)) wird in allen „Common Law“-Provinzen von der Bundesregierung betrieben. Die Provinz Quebec verfügt hingegen über ein eigenes, unabhängiges Rentensystem („Quebec Pension Plan“ (QPP)). Die Leistungen des CPP/QPP umfassen Pensionszahlungen für Beitragszahler, deren Witwen und überlebende abhängige Kinder sowie bestimmte Zahlungen im Fall von Behinderungen. Von einigen Ausnahmen abgesehen müssen alle Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbstständige in den staatlichen Pensionsfond einzahlen. Zu den Erfordernissen des CPP und QPP gehört es, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Beiträge in gleicher Höhe zu leisten haben. Nach dem CPP ist ein Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Beiträge eines Arbeitnehmers von dessen Gehalt einzubehalten und diese gemeinsam mit den Arbeitgeberabgaben an die CRA abzuführen. Vom Gehalt der Arbeitnehmer bis zu einem pensionsberechtigten Höchsteinkommen von CDN$ 51.100 (Höchstbetrag für das Jahr 2013) werden 4,95% durch den Arbeitgeber abgezogen. Die jährliche Maximalabgabe liegt im Jahr 2013 für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei jeweils CDN$ 2.356,20. Die nach dem CPP erforderliche Beitragszahlungen des Arbeitgebers können als Betriebsausgaben von der Einkommensteuer abgesetzt werden. Arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge- und Pensionsprogramme Arbeitgebern steht es frei, ihren Beschäftigten Pensions- oder andere Formen der Altersvorsorgeleistungen zur Verfügung zu stellen. Solche Pensionspläne für Arbeitnehmer müssen gemäß dem Einkommensteuergesetz („Income Tax Act“) und dem Bundesgesetz über Pensionsleistungen („Pension Benefits Standards Act“ 1985 STIKEMAN ELLIOTT LLP E9 ARBEITSRECHT (PBSA)) oder ähnlichen Provinzgesetzen wie dem „Pension Benefits Act“ von Ontario, angemeldet und verwaltet werden. Die einschlägigen Gesetze schreiben gewisse Mindestanforderungen für Mitgliedschaft, Leistungen und Finanzierung solcher Programme vor. Der PBSA ist anwendbar auf Pensionspläne für Beschäftigte in bundesrechtlich regulierten Betrieben, während für die Pensionspläne aller anderen Arbeitnehmer die Gesetzgebung der Provinzen gilt. Die nach Maßgabe eines registrierten Pensionsplans gewährten Leistungen dürfen gewisse, im „Income Tax Act“ festgelegte Obergrenzen, nicht überschreiten. Pensionsleistungen, die über diese Begrenzung hinausgehen, können im Rahmen von Zusatzplänen geleistet werden. Altersvorsorgesparpläne, die nicht unter Pensionsprogramme fallen, können durch registrierte Altersvorsorgesparpläne ((ähnlich dem 401(k) Plan in den USA) oder aufgeschobene Gewinnbeteiligungen erfolgen. Arbeitgeberfinanzierte Gesundheitsleistungen Gesundheits- und Sozialleistungen unterscheiden sich von Arbeitgeber zu Arbeitgeber, und es gibt kein Gesetz, dss die Gewährung solcher Leistungen verbindlich vorschreibt. In Ontario finanziert sich das öffentliche Krankenversicherungssystem (OHIP) teilweise aus einer Gesundheitssteuer, die von Arbeitgebern zu leisten ist, die eine dauerhafte Niederlassung in Ontario unterhalten und deren Gehaltszahlungen in Ontario die Summe von CDN$ 400.000 überschreiten. Eine ähnliche Gesundheitssteuer für Arbeitgeber wird in Quebec und bestimmten anderen Provinzen, darunter Neufundland und Manitoba, erhoben. DATENSCHUTZ FÜR ARBEITNEHMER Obwohl Gesetze zum Datenschutz nicht vollständig neu sind, hat die zunehmende Nutzung von E-Mails, sozialen Netzwerken und dem Internet immer komplexere Datenschutzfragen in Bezug auf den Arbeitsplatz aufgeworfen. Von besonderer Bedeutung für Arbeitgeber ist das Datenschutzgesetz („Personal Information Protection and Electronic Documents Act“ (PIPEDA)), das Bedenken hinsichtlich der Erhebung persönlicher Daten adressieren soll. PIPEDA ist unabhängig davon, ob eine Tätigkeit bundesrechtlich geregelt ist, auf sämtliche Datenerhebungen in Zusammenhang mit gewerblichen Tätigkeiten anwendbar. Hingegen bezieht sich PIPEDA nicht auf Mitarbeiterdaten eines nach Provinzrecht geregelten Arbeitgebers. Alberta und British Columbia haben für Unternehmen, die Provinzrecht unterstehen und in diesen Provinzen tätig sind, Datenschutzgesetze erlassen, die die Erhebung, Verwendung und Veröffentlichung persönlicher Daten (einschließlich Mitarbeiterdaten) regeln. In Quebec verpflichtet der „Civil Code“ ausdrücklich zur Einhaltung des Datenschutzes. Arbeitgeber, die den E-Mail-Verkehr und die Internetnutzung durch ihre Arbeitnehmer überwachen möchten, haben zu berücksichtigen, dass solche Maßnahmen in einigen kanadischen Provinzen eine Deliktshaftung wegen Verletzung der Privatsphäre begründen können. In anderen „Common Law“Provinzen besteht die Möglichkeit, dass ein Gericht einem Arbeitnehmer, dessen Privatsphäre verletzt wurde, Rechtschutz nach „Common Law“-Grundsätzen E10 STIKEMAN ELLIOTT LLP ARBEITSRECHT gewährt, obwohl Verletzungen der Privatspähre kein Delikt nach „Common Law“ in Kanada darstellen. Unabhängig von der formal-juristischen Grundlage wäre die zentrale Frage des Falles, ob die Erwartung des Arbeitnehmers, seine Privatsphäre werde geachtet, vernünftig war. Aus diesem Grund ist es einem Arbeitgeber, der in Kanada tätig wird, anzuraten, eine Richtlinie zu diesem Fragenkreis zu erlassen zu veröffentlichen. KÜNDIGUNGEN In Kanada existiert das Konzept des „at-will employment“ nicht, so dass ein Arbeitgeber, sofern er ein Arbeitsverhältnis ohne Kündigungsgrund kündigt, eine Kündigungsfrist einhalten oder dem Arbeitnehmer anstelle der Einhaltung der Kündigungsfrist eine Abfindung in Übereinstimmung mit den anwendbaren Provinzgesetzen zu Beschäftigungsstandards und im Falle nicht gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer den Prinzipien des „Common Law“ zahlen muss. Küngigungsfristen Die Provinzgesetze (wie etwa in Ontario der Employment Standards Act, 2000) regeln Mindestarbeitsstandards für alle Arbeitnehmer (gewerkschaftlich oder nicht gewerkschaftlich organisiert), insbesondere in Bezug auf Länge der Kündigungsfrist und Ausgestaltung der Abfindungszahlung im Fall einer Kündigung. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in jeder Provinz eigenständige Gesetze bezüglich Massenkündigungen bestehen (die bestimmte Anträge an die Regierung erfordern). Die Kündigungsfrist beträgt abhängig von der Dauer des individuellen Anstellungsverhältnisses zwischen einer und acht Wochen, wohingegen die Kündigungsfrist im Fall von Massenkündigungen zwischen acht und sechzehn Wochen beträgt. Sofern die Kündigung nicht in Übereinstimmung mit den einschlägigen provinzrechtlichen Mindesstandards ausgesprochen wurde, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anstelle der fristwahrenden Kündigung eine Abfindung zahlen und für den verbleibenden Zeitraum der Kündigungsfrist weiterhin Arbeitgeberleistungen erbringen. Eine wirksame Kündigung bedarf der Schriftform. Die Gesetze in Ontario und auf Bundesebene sehen zudem eine obligatorische Kündigungszahlung vor. Schriftliche Arbeitsverträge können Vereinbarungen bezüglich Dauer der Kündigungsfrist oder Höhe der Abfindung enthalten, sofern die gesetzlichen Mindeststandards nicht unterschritten werden. In Abwesenheit eines schriftlichen Vertrages haben die „Common Law“-Gerichte durchgänig festgelegt, dass die angemessene Kündigungsfrist zwischen den gesetzlichen Mindeststandards und einer groben Obergrenze von 24 Monaten liegen soll. Die Angemessenheit der Kündigungsfrist wird generell auf Basis des Alters des Arbeitnehmers, seiner Anstellungsdauer, seiner Position innerhalb des Betriebs, seines Gehalts und der Verfügbarkeit einer ähnlichen Stelle zum Zeitpunkt der Kündigung ermittelt. Der Arbeitnehmer muss während der Kündigungsfrist als „vollwertiger“ Arbeitnehmer behandelt werden, so dass sämtliche Vergütungselemente, einschließlich Boni und Aktienoptionen zu berücksichtigen sind. STIKEMAN ELLIOTT LLP E11 ARBEITSRECHT In Quebec, Nova Scotia und im Rahmen des Bundesarbeitsgesetzes („Canada Labour Code“) steht Arbeitnehmern im Falle eine grundlosen Entlassung der spezifische Rechtsbehelf einer möglichen Wiedereinstellung zur Verfügung. „WHISTLEBLOWER“-SCHUTZ Ein Arbeitgeber und bestimmte Arbeitnehmer machen sich strafbar, sofern sie einen Arbeitnehmer unter Druck setzen oder nachteilig behandeln, weil dieser ein nach seiner Einschätzung rechtswidriges Verhalten seines Arbeitgebers anzeigt („whistleblower“). Einige Provinzgesetze (z.B. Gesetze zum Umweltschutz) gewähren ebenfalls einen „Whistleblower“-Schutz. ARBEITSRECHTLICHE STREITIGKEITEN Die meisten arbeitsrechtlichen Gerichtsverfahren behandeln Ansprüche von Arbeitnehmern in Zusammenhang mit deren Kündigung. Diese Fälle sind allgemein als Kündigungsschutzklagen („wrongful dismissal claims“) bekannt. Darüber hinaus werden häufig Ansprüche wegen der Verletzung von Menschenrechten geltend gemacht. Jury-Prozesse sind selten; aufgrund der in den letzten Jahren erlassenen Gerichtsentscheidungen erweist es sich für Arbeitnehmer auch als zunehmend schwieriger, erfolgreich sog. „aggraveted“ oder „punitive damages“ wegen einer Kündigung geltend zu machen. Jedoch ist in den vergangenen Jahren eine Zunahme von Sammelklagen („class action“) im Arbeitsrecht zu verzeichnen, die insbesondere Ansprüche auf Überstundenvergütung zum Gegenstand haben. E12 STIKEMAN ELLIOTT LLP ARBEITSRECHT Die wichtigsten Unterschiede zwischen dem kanadischen und dem US-amerikanischen Arbeitsrecht 1. Das US-Konzept des „employment at will“ ist in Kanada nicht anwendbar. In Kanada wird ein vertragliche begründetes Arbeitgeber/ArbeitnehmerVerhältnis vermutet, unabhängig davon, ob ein formaler schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde oder nicht. 2. In Kanada teilen sich die Provinzregierungen und die Bundesregierung die gesetzgebende Zuständigkeit für Fragen des Arbeitsrechts. Arbeitgeber unterstehen entweder dem Provinz- oder Bundesrecht, jedoch nicht beiden Rechtsordnungen. 3. Das kanadische Arbeitsrecht schreibt im Falle einer Kündigung die Einhaltung gesetzlicher Mindestkündigungsfristen vor. Sollte eine angemessene Kündigungsfrist nicht vertraglich vereinbart worden sein, verlangen die Grundsätze des kanadischen „Common Law“ die Einhaltung einer „angemessenen“ Kündigungsfrist. 4. Kanadische Gerichte sind hinsichtlich der Durchsetzung nachvertraglicher Wettbewerbs- und Abwerbeverbote zurückhaltend und werden diese nur unter engen Voraussetzungen aufrechterhalten. Insbesondere müssen solche nachvertraglichen Bestimmungen in Bezug auf Dauer und Umfang angemessen sein und dürfen die legitimen Geschäftsinteressen des Arbeitgebers nicht mehr als notwendig schützen. Kanadische Gerichte erkennen das Konzept der „inevitable disclosure“ nicht an. 5. Arbeitnehmer werden in Bezug auf Überstunden nicht als „befreit“ oder „nicht-befreit“ klassifiziert, und es gibt weniger Ausnahmen für Arbeitnehmer in Bezug auf Überstunden. STIKEMAN ELLIOTT LLP E13 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA F Umweltrecht Gesetzgebungskompetenz ................................................................................................. 2 Umweltgesetzgebung.......................................................................................................... 2 Gesundheitsfragen .............................................................................................................. 3 Persönliche Haftung ............................................................................................................ 3 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JULI 2011 UMWELTRECHT Umweltrecht GESETZGEBUNGSKOMPETENZ Die Gesetzgebungskompetenz zur Umweltgesetzgebung ist ein weiterer Bereich, der teilweise in die rechtliche Zuständigkeit des Bundes und teilweise in die der Provinzen fällt. Das geltende Regelwerk der Bundesregierung umfasst Umweltprüfungs- und Umweltbewertungsverfahren, Einleitungsverbote für bestimmte Substanzen, Lizenz- und Genehmigungsanforderungen, die Meldung von Gefahrstoffunfällen und Sanierungsanforderungen, Regelungen zur umweltrechtlichen Notfallbereitschaft, die ministeriale Kompetenz zum Erlass von Maßnahmen sowie Straftatbestände. Die grundlegenden Umweltgesetze auf Bundesebene sind der Canadian Environmental Protection Act, 1999, (kanadisches Umweltschutzgesetz), der unter anderem Herstellung, Import, Export, Einsatz, Handhabung, Freisetzung und Entsorgung toxischer Substanzen regelt. Weiter gehören zu den Regelungswerken auf Bundesebene der Fisheries Act (das Fischereigesetz), der Einleitungen in Gewässer bundesrechtlich regelt, und der Canadian Environmental Assessment Act (das Gesetz zur Umweltbewertung). Die Provinzen haben im Bereich des Umweltrechts eine etwas stärker ausgeprägte Regelungsbefugnis. Diese ausgeprägte Regelungsbefugnis ist darauf zurückzuführen, dass die Gesetzgebungskompetenz für Fragen des Grundeigentums und für alle Fragen, welche keine interprovinziale oder nationale Bedeutung aufweisen, bei den Provinzen liegt. Die Umweltgesetzgebung der Provinzen, welche Umweltprüfungs- und Umweltschutzgesetze umfasst, ist somit von besonderer Bedeutung. UMWELTGESETZGEBUNG Die Gesetze zum Umweltschutz in Kanada enthalten grundsätzlich die Regulierung der Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung, des Transports und der Lagerung von Gefahrgütern und schädlichen Abfallstoffen, von unterirdischen Aufbewahrungstanks, Pestiziden sowie der Ausbreitung verunreinigender Substanzen sowie radioaktiver Substanzen. Diese Regelungen werden mittels strafrechtlicher Sanktionen durchgesetzt und ermächtigen die Gerichte, Gewinne abzuschöpfen, die Aufhebung von Lizenzen anzuordnen und Sanierungsmaßnahmen sowie einstweilige Verfügungen und Beseitigungsverfügungen zu erlassen. Die Gesetzgebung zur Umweltprüfung fordert je nach Art des vorgeschlagenen Vorhabens vom Antragsteller eine Umweltverträglichkeitserklärung mit Beschreibung und Begründung des Vorhabens. Diese Umweltverträglichkeitserklärung muss zudem eine Analyse der wahrscheinlich auftretenden Folgen für die Umwelt enthalten sowie Vorschläge zu schonenden Maßnahmen, soweit möglich sind, und, sofern solche Maßnahmen nicht möglich F2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Kleinere Projekte, deren Auswirkung auf die Umwelt aller Wahrscheinlichkeit nach gering bleiben wird, sind von diesem Verfahren ausgenommen. Projekte, welche eine signifikante negative Auswirkung auf die Umwelt haben können, werden in der Regel einer Verwaltungsbehörde zur systematischen Überprüfung vorgelegt. Als Ergebnis dieser Überprüfung können Richtlinien, allgemeine oder spezifische Anweisungen für die Umsetzung des Vorhabens formuliert werden. Großprojekte unterliegen in der Regel einer öffentlichen Überprüfung durch einen unabhängigen Ausschuss oder ein unabhängiges Gremium, welche eine Empfehlung oder eine endgültige Entscheidung ausprechen können. UMWELTRECHT sind, eine Beschreibung der verbleibenden nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens. GESUNDHEITSFRAGEN Gesundheitsfragen sind unter anderem Gegenstand von Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetzen, einschließlich der Bestimmungen zur Kontrolle und Entfernung von Asbest, zusätzlich zu den allgemein bekannten Arbeitsschutzvorschriften. PERSÖNLICHE HAFTUNG Die mögliche Haftung von Verwaltungsratsmitgliedern, Geschäftsleitern und Kreditgebern für Umweltprobleme ist ein wichtiger Bestandteil des Umweltrechts. Verwaltungsratsmitglieder und Geschäftsleiter können unter bestimmten Voraussetzungen persönlich für Umweltschäden haften, wenn diese aus der Geschäftstätigkeit des Unternehmens resultieren. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um sog. interne Verwaltungsratsmitglieder handelt, also ein Verwaltungsratsmitglied, das zugleich eine Position als Geschäftsleiter, Arbeitnehmer oder Hauptanteilseigner des betreffenden Unternehmens bekleidet. Gesicherte Kreditgeber, die keine Maßnahmen zur Kontrolle oder Realisierung einer Sicherheit vornehmen, unterliegen nicht der persönlichen Haftung. Mögliche Risiken einer persönlichen Haftung von Insolvenzverwaltern Treuhändern und Überwachungsorganen (monitors) sind auf Bundesebene Regelungsgegenstand des Bankruptcy and Insolvency Act (Konkurs- und Insolvenzgesetz), des Companies‘ Creditors Arrangement Act (Gesetz zur Förderung der Kompromissbereitschaft und der Einigung zwischen Unternehmen und Gläubigern) sowie auf Provinzebene einer Reihe von Gesetzesinitiativen. STIKEMAN ELLIOTT LLP F3 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA G Verbraucherschutzrecht Der Bund wie auch die Provinzregierungen haben eine Vielzahl von Verbraucherschutznormen erlassen. Kanadische Verbraucher werden vor fahrlässigen und falschen Kreditauskünften und vor Haftung für unbestellte Kreditkarten und Waren geschützt. Direktvertrieb und irreführende Werbung sind ebenfalls streng reguliert. Des weiteren müssen die Kreditkosten bei Verbrauchergeschäften umfassend offengelegt werden. 1 Die provinzrechtlichen Verbraucherschutzbestimmungen, die sich von Provinz zu Provinz unterscheiden, umfassen Sachgebiete wie Verkaufsbedingungen und Garantien. Bestimmte Arten von Unternehmen bedürfen zudem einer Zulassung, wie unter anderem Inkassobüros, Immobilienmakler, Autohändler und Hypothekenmakler. Abgesehen von Quebec haben alle Provinzen einzelne Handelsgesetze, die die Vertragsbedingungen sowohl für den Verbrauchsgüterkauf als auch sonst regeln, soweit ein Vertrag selbst keine anderweitigen Bestimmung vorsieht. Quebec hat jedoch eigene kodifizierte Regelungen für den Warenverkauf und ein eigenes Verbraucherschutzgesetz. 1 Die kanadischen Provinzen sind übereingekommen, künftig eine einheitliche Rechtslage für die Offenlegung von Kreditkosten zu schaffen. Einige Provinzen haben bereits Gesetze zur Offenlegung von Kreditkosten verabschiedet. © STIKEMAN ELLIOTT LLP JANUAR 2008 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA H Kanadas Sprachen Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Verpackung ......................................................................................................................... 2 Quebecs Charta der französischen Sprache ...................................................................... 2 Allgemeines ................................................................................................................... 2 Verpackung .................................................................................................................... 3 Firmenbezeichnungen ................................................................................................... 3 Sprache am Arbeitsplatz ................................................................................................ 4 Vertragssprache ............................................................................................................. 4 Sprache von Software und bestimmten anderen Produkten ......................................... 4 Anwendbarkeit der Quebec Charter auf außerhalb von Quebec gegründete Unternehmen ................................................................................................................. 4 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JULI 2011 KANADAS SPRACHEN Kanadas Sprachen ALLGEMEINES Kanadas offizielle Sprachen sind Englisch und Französisch. Die Regierungen von Kanada und New Brunswick sind nach ihrer Verfassung in Bezug auf die meisten Vorgänge zweisprachig, während die Regierungen von Quebec, Manitoba und Ontario viele ihrer Dienstleistungen in beiden Sprachen anbieten. Ungefähr 20 % der Kanadier sprechen Französisch als erste Sprache, einschließlich ca. 80 % der Einwohner Quebecs und fast 35 % der Einwohner New Brunswicks. Jeder, der sich in Kanada unternehmerisch betätigen möchte, sollte beachten, dass Bundesgesetze existieren, die diese Bilingualität unterstützen. Sollte die Tätigkeit Quebec erfassen, ist zu beachten, dass die Gesetze in Quebec regelmäßig so gestaltet sind, dass der dort bestehende frankophone Charakter geschützt und unterstützt wird. VERPACKUNG Vorschriften des bundesgesetzlichen Consumer Packaging and Labelling Act erfordern als allgemeine Regel, dass die Produktbezeichnung sowie die Nettomengenangaben sowohl in Französisch als auch in Englisch ausgewiesen werden. Die Händleridentifikationsangaben können entweder Englisch oder Französisch sein, aber – wieder als allgemeine Regel – wenn das Produkt in Quebec verkauft wird, müssen beide Sprachen verwendet werden (einzelne Ausnahmen existieren). Daher ist es normalerweise einfacher, diese Informationen zweisprachig bereitzustellen. Nach Bundesrecht müssen optionale Angaben, wie z.B. die Marke des Produkts, da es sich nicht um zwingende Angaben handelt, auch nicht auf Französisch ausgewiesen werden (vorbehaltlich der Regelungen in Quebec). Die Anforderungen gelten vorbehaltlich einzelner Ausnahmen (z.B. Produkte die lediglich in einem begrenzen Radius hergestellt und verkauft werden) für alle Konsumgüter, die in Kanada vermarktet und verkauft werden, unabhängig davon, ob sie lokal hergestellt oder importiert wurden. Waren, die unter Verletzung dieser Vorschriften vermarktet oder hergestellt werden, unterliegen der Einziehung und werden gegebenenfalls von Bundesbehörden vernichtet. QUEBECS CHARTA DER FRANZÖSISCHEN SPRACHE Allgemeines Wer sich in Quebec unternehmerisch betätigen möchte, muss die Anforderungen von Quebecs Charter of the French Language (die “Quebec Charta”) beachten, die ins Leben gerufen wurde, um Französisch zur alltäglichen Arbeits-, Unterrichts-, Kommunikations-, Handels- und Geschäftssprache in Quebec zu machen. Die Quebec Charta verlangt im Allgemeinen, dass alle öffentlichen Schilder, Poster und Werbungen in Quebec in französischer Sprache abgefasst sein müssen, wobei eine andere Sprache unter bestimmten ihre Auffälligkeit betreffenden Einschränkungen erlaubt ist. Wie im Folgenden dargestellt wird, gibt es eine Reihe von gesetzlichen Ausnahmen von diesen Anforderungen. Die Website eines Unternehmens, das eine H2 STIKEMAN ELLIOTT LLP KANADAS SPRACHEN Adresse oder eine Niederlassung in Quebec hat, wird als Werbung im Sinne der Quebec Charta behandelt, weshalb alle Inhalte der Website (abgesehen von einzelnen Ausnahmen wie z.B. anerkannten Markenzeichen) französisch sein müssen. Andere Sprachen dürfen benutzt werden, solange sie nicht auffälliger als der französische Text sind. Die Sprachanforderungen werden vom Unternehmen auch dann erfüllt, wenn neben der französischen Version eine oder mehrere weitere Versionen in anderen Sprachen angeboten werden und der Nutzer seine bevorzugte Sprache wählen kann. Die französische Version muss aber im Hinblick auf Inhalt und Bedeutung den anderen Versionen gleichrangig sein. Verpackung Die Quebec Charta verlangt auch, dass jede Beschriftung auf Produkten, Behältern, Hüllen sowie Dokumente oder Gegenstände, die mit dem Produkt vertrieben werden, wie etwa Garantien oder Bedienungsanleitungen, in französischer Sprache abgefasst sind. Diese können zusammen mit einer Übersetzung vertrieben werden, solange die französische Version gleichrangig ist. Generell gilt, dass alle Kataloge, Broschüren und ähnliche Werbematerialien, die in Quebec vertrieben werden, in französischer Sprache abgefasst sein müssen. Der Vertrieb ist jedoch auch in Englisch oder einer anderen Sprache zulässig, solange eine französische Version gleichermaßen verfügbar und von vergleichbarer Qualität ist. Es gibt verschiedene Ausnahmen von den Anforderungen an die französische Kennzeichnung, Beschriftung und Beschilderung, insbesondere betreffend (i) Produkte, die ausschließlich für einen Markt außerhalb von Quebec vorgesehen sind, (ii) Markenzeichen, (iii) Materialien für Bildung und Kultur und (iv) Grußkarten, Kalender und Tagesordnungen, sofern diese nicht zu Werbezwecken genutzt werden. Firmenbezeichnungen Wenn sich ein Unternehmen für eine Tätigkeit in Quebec registriert, verlangt die Quebec Charta, dass für die Tätigkeit in Quebec eine französische Fassung des Firmennamens angemeldet wird, soweit nicht das Gründungsstatut eine solche Registrierung untersagt. Die Anforderungen sind auch dann erfüllt, wenn eine französische Firma geführt wird. Grundsätzlich ist in Quebec die französische Firmenbezeichnung zu führen, vorbehaltlich der Ausnahme, dass die englische Firmenbezeichnung in einem anerkannten Markenzeichen besteht. In diesem Fall kann das Unternehmen die rein englische Markenbezeichnung auf Schildern und Werbematerial führen, da die Quebec-Charter einen Ausnahmetatbestand für Markenzeichen enthält. Die französische Fassung der Firma kann bestimmte aufgelistete nicht-französische Elemente enthalten, und es kann eine weitere Fassung der Firma in einer anderen Sprache genutzt werden, soweit die obigen Regeln für Werbung eingehalten werden. Wenn ein Dokument nur in englischer Sprache zulässig ist, darf in diesem Dokument auch die englische Firma genutzt werden. Nach Bundesrecht gegründeten Unternehmen ist es ebenfalls von Rechts wegen erlaubt, die englische Firma kanadaweit zu nutzen, also auch in Quebec. STIKEMAN ELLIOTT LLP H3 KANADAS SPRACHEN Sprache am Arbeitsplatz Für Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern besteht hinsichtlich der Aktivitäten in Quebec nach der Quebec Charta die Pflicht, ein sog. “francization” Zertifikat einzuholen, das bestätigt, dass das Unternehmen auf jeder Hierarchieebenen ein „francization“ Programm eingeführt hat (“francization” meint den Prozess zur Stärkung der französischen Sprache als Alltagssprache am Arbeitsplatz). Zusätzlich statuiert die Quebec Charta das allgemeine Prinzip, dass Unternehmen in Quebec mit ihren Kunden auf französisch kommunizieren sollen, soweit der Kunde nichts anders wünscht. Vertragssprache Unter der Quebec Charta müssen Verträge, die gedruckte Standardklauseln verwenden oder Verträge, die einseitig von einer Partei gestellt werden, in französischer Sprache abgefasst sein, sofern die Parteien nicht ausdrücklich eine andere Sprache wünschen. In ähnlicher Weise verlangen auch die Verbraucherschutzbestimmungen in Quebec, dass Verträge mit Verbrauchern auf französisch abgefasst werden, sofern die Parteien nicht eine andere Sprache vereinbaren. Parteien, die auf englisch kontrahieren möchten, können dies tun, indem sie ausdrücklich ihr Einverständnis hiermit im Vertrag erklären. Verträge mit der Regierung von Quebec oder ihren Behörden müssen französischsprachig sein, wenn der Vertrag in Quebec geschlossen wird. Sprache von Software und bestimmten anderen Produkten In Quebec existieren spezielle Regelungen hinsichtlich des Verkaufs von bestimmten Produkten, wie Spielen, Spielzeugen und Software. Insbesondere darf eine Software nur dann in der englischen (oder einer sonstigen nicht-französischen) Version verkauft werden, wenn die französische Version, sofern eine solche existiert, gleichermaßen am Markt in Quebec erhältlich ist. Anwendbarkeit der Quebec Charter auf außerhalb von Quebec gegründete Unternehmen Sofern ein Ausnahmetatbestand nicht einschlägig ist, müssen alle Unternehmen, einschließlich solcher mit Sitz außerhalb von Quebec, die sich in Quebec geschäftlich betätigen, in Übereinstimmung mit den Regelungen der Quebec Charta, wie oben beschrieben, handeln. H4 STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA I Internationales Privatrecht Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Gerichtsstandsregeln .......................................................................................................... 2 Rechtswahl in Verträgen ..................................................................................................... 2 Deliktische und zivilrechtliche Haftung................................................................................ 3 Sicherungsrechte am persönlichen Eigentum .................................................................... 3 Vollstreckung Ausländischer Urteile ................................................................................... 3 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JANUAR 2008 INTERNATIONALES PRIVATRECHT Internationales Privatrecht ALLGEMEINES Jede Provinz und jedes Territorium hat in Kanada ein eigenes Regelwerk, das bestimmt, wann das Recht einer anderen Rechtsordnung Anwendung findet oder wann Rechtsstreitigkeiten, die mit einer anderen Rechtsordnung in Zusammenhang stehen, zulässig sind. Diese Bestimmungen sind teilweise kodifiziert (oder finden sich im Fall von Quebec im Civil Code) und teilweise im Fallrecht verankert. Die Regelungen der sog. „common law“-Provinzen sind einander ähnlich, jedoch nicht identisch. Die gesetzlichen Bestimmungen, die in der der „civil law“-Provinz Quebec Anwendung finden, unterscheiden sich hingegen in einigen wesentlichen Aspekten von den Vorschriften der „common law“ Provinzen. GERICHTSSTANDSREGELN Kanadische Gerichte wenden in Fragen prozessualer Natur ausschließlich die für die eigene Rechtsordnung geltenden Gesetze an, d.h. das am Ort des Gerichtes geltende Recht. Diese prozessrechtlichen Fragen umfassen Beweisgrundsätze, Verfahrensgrundsätze (z.B. die Parteifähigkeit) und Grundsätze für die Bemessung von Schadensersatz (jedoch nicht die Frage, ob bestimmte Arten von Schäden ersatzfähig sind). Das Recht des Gerichtsstandes kann auch auf Angelegenheiten Anwendung finden, die nicht prozessrechtlicher Natur sind, sofern die Partien die Anwendbarkeit eines fremden Rechts nicht hinreichend dargelegt und bewiesen haben. Der Beweis hinsichtlich der Anwendbarkeit einer fremden Rechtsordnung wird grundsätzlich durch das Sachverständigengutachten eines Rechtsexperten der fremden Rechtsordnung geführt. Es gibt jedoch bestimmte Arten von Rechtsvorschriften fremder Rechtsordnungen, die von einem kanadischen Gericht nicht angewandt werden. Dazu gehören solche Rechtsvorschriften, die gegen das kanadische Rechtsprinzip der öffentlichen Ordnung („public order“ in Quebec) verstoßen, wettbewerbswidrige Auswirkungen in Kanada zur Folge hätten oder die direkte oder indirekte Durchsetzung ausländischer Steuer- oder Strafgesetze bedeuten würden. Im Hinblick auf die Beschränkung bezüglich der Anerkennung fremder Steuergesetze ist jedoch fraglich, ob eine Steuerfreistellungsvereinbarung („tax indemnity agreement“), die sich auf ausländische Steuern bezieht, durchsetzbar wäre. RECHTSWAHL IN VERTRÄGEN Im Vertragsrecht wird ein kanadisches Gericht das für den jeweiligen Vertrag maßgebliche Recht anwenden. Das anwendbare Recht ist dasjenige Recht, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist. Zur Bestimmung dieser Verbindung berücksichtigt das Gericht alle relevanten Faktoren. Für den Fall, dass die Parteien jedoch eine bestimmte Rechtsordnung für die Vertragsbeziehungen wählen, respektierten die Gerichte diese Rechtswahlwahl, sofern sie in gutem Glauben („good faith“) getroffen wurde, also nicht mit dem Ziel die Anwendung einer eher I2 STIKEMAN ELLIOTT LLP DELIKTISCHE UND ZIVILRECHTLICHE HAFTUNG In Fällen deliktischer Haftung (im common law auch „torts“ und in civil lawRechtsordnungen auch („extra-contractual liability“) genannt) wenden kanadische Gerichte die Rechtsordnung desjenigen Ortes an, an dem die Tat begangen wurde. Im Falle einer mutmaßlich fahrlässigen Beratung wendet das Gericht z.B. die Gesetze der Rechtsordnung an, in der die Beratung entgegengenommen und Vertrauen in diese investiert wurde. INTERNATIONALES PRIVATRECHT geeigneten Rechtsordnung zu umgehen. Ist die Rechtswahl in gutem Glauben erfolgt, so entscheidet das Gericht durch Anwendung des gewählten ausländischen Rechts, ob ein durchsetzbarer Vertrag besteht und wie dieser ausgelegt wird, auch wenn die vertragliche Beziehung zwischen den Parteien keinerlei Verbindung zu der gewählten Rechtsordnung aufweist. Darüber hinaus können am Erfüllungsort Gesetze bestehen, die die Durchsetzbarkeit des Vertrages beeinflussen und die vom Gericht angewandt werden können. Umfasst der Vertragsgegenstand beispielsweise den Kauf und Verkauf von Aktien in einer bestimmten Provinz, so ist zugleich die Einhaltung des in der Provinz jeweils geltenden Wertpapiergesetzes („Securities Act“) erforderlich. Eine Rechtsverletzung kann sich auf die Durchsetzbarkeit des Vertrages auswirken, obgleich die Parteien das Recht der jeweiligen Provinz nicht als das für sie maßgebliche Vertragsstatut gewählt haben. SICHERUNGSRECHTE AM PERSÖNLICHEN EIGENTUM In jeder Rechtsordnung existiert ein überaus komplexes System an Vorschriften, um das Instrument wirksamer Sicherungsrechte an dinglichen Rechten zu regeln. Das auf den Sicherungsvertrag anwendbare Recht ist nicht auf Fragen der Wirksamkeit und des Rechtsinstituts der „perfection“ von Sicherungsrechten anwendbar. Diese Fragen unterliegen grundsätzlich der Rechtsordnung des Wohnorts des Schuldners oder des Belegenheitsorts des Sicherungsgegenstands. VOLLSTRECKUNG AUSLÄNDISCHER URTEILE Unter bestimmten Umständen vollzieht ein kanadisches Gericht ein ausländisches Urteil, ohne dass der zugrunde liegende Sachverhalt erneut einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen wird. Für kanadische Gerichte ist es bereits ausreichend, wenn (i) der Beklagte, der in der ausländischen Rechtsordnung wohnt und der vor Gericht erschienen ist und und zur Sache verhandelt hat, sich zuvor einvernehmlich dieser Rechtsordnung (sei es durch eine ausschließliche oder nicht-ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung) unterworfen hat, oder es (ii) eine echte und wesentliche Verbindung zwischen dem Beklagten und der ausländischen Rechtsordnung in Zusammenhang mit dem Streitgegenstand besteht. Es ist nicht mehr erforderlich – wie es lange Zeit im „common law“ der Fall war –, dass das Urteil dem Kläger eine konkrete Geldsumme zuspricht. Sofern die Vollstreckung anderer Arten von titulierten Ansprüchen die Ressourcen eines kanadischen Gerichts nicht über Gebühr in Anspruch nimmt, können auch diese anerkannt werden. Ein Urteil wird hingegen nicht vollzogen werden, wenn der Beklagte darlegen kann, dass die STIKEMAN ELLIOTT LLP I3 INTERNATIONALES PRIVATRECHT I4 Prozessführung des ausländischen Gerichts nicht den Anforderungen eines fairen Gerichtsverfahrens entsprach (also im Einklang mit allgemeinen Rechtsprinzipien „principles of natural justice“ stand), die Vollziehung des ausländischen Urteils im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung Kanadas stehen würde, oder es sich bei dem ausländischen Urteil um ein Steuer- oder Strafrechtsurteil handelt. Ein weitere Verteidigung gegen ein ausländisches Urteil ist der Vorwurf des Betruges. In einem aktuellen Fall, der bestätigte, dass die Vollziehbarkeit eines ausländischen Urteils nur in begrenztem Umfang angefochten werden kann, entschied der kanadische Supreme Court, dass in Fällen, in denen ein Titel durch einen für das ausländische Gericht nicht feststellbaren Betrug erlangt wurde, der Titel in Kanada nicht vollstreckbar ist. Für die Vollstreckung ausländischer Schiedsurteile gelten ähnliche Regeln. STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA J Wettbewerb/Kartellrecht Hintergrund ......................................................................................................................... 2 Verfahren bei der Durchsetzung ......................................................................................... 2 Fusionen ............................................................................................................................. 3 Definition ........................................................................................................................ 3 Das Entscheidungskriterium (The Principal Substantive Test)...................................... 4 Richtlinien für Fusionen ................................................................................................. 4 Vorab-Bekanntgabe von großen Transaktionen ................................................................. 4 Allgemeines ................................................................................................................... 4 Wann spricht man von einer „großen Transaktion“? ..................................................... 5 Anmeldepflichten und Wartefristen ................................................................................ 6 Doppelte Anmeldepflicht für Transportunternehmen ..................................................... 7 Advance Ruling Certificate (ARC) und “No-Action“ Schreiben ...................................... 8 Weitere Kompetenzen des Kommissars ............................................................................. 9 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JUNI 2011 WETTBEWERB/KARTELLRECHT Wettbewerb/Kartellrecht HINTERGRUND Das Wettbewerbsrecht ist auf Bundesebene im Wettbewerbsgesetz (Competition Act) geregelt. Mit seinem Inkrafttreten in 1986 wurden die meisten Elemente der Fusions- und Monopolkontrolle aus einem schwerfälligen und ineffizienten strafrechtlichen Regulierungskomplex herausgenommen und seitdem in ein zivilrechtliches Regelungsregime überführt. Seit Einführung des Wettbewerbsgesetzes ist eine wachsende Sensibilität der kanadischen Regierung hinsichtlich der wettbewerbswidrigen Auswirkungen von Fusionen und anderen Geschäftspraktiken festzustellen. Das Wettbewerbsgesetz enthält zivil- und strafrechtliche Vorschriften sowie Vorschriften über Benachrichtigungserfordernisse für geplante Fusionen. Die zivilrechtlichen Bestimmungen unterliegen der Überprüfung durch die Wettbewerbsbehörde („Competition Bureau“), die durch den Wettbewerbskommissar geleitet wird (dieser überwacht die Umsetzung des Wettbewerbsgesetzes einschließlich der Untersuchungen von Fusionen und wettbewerbswidrigen Geschäftspraktiken). Verstöße dürfen jedoch alleine durch das Wettbewerbstribunal, einen quasi-gerichtlichen Spruchkörper, sanktioniert werden. Angelegenheiten wie die Fusionskontrolle, wettbewerbsbeschränkendes Verhalten „beherrschender“ Unternehmen, Preisbindung, Geschäftsverweigerungen, Ausschließlichkeitsbindungen, gebündelte Verkäufe („tied selling“) und Marktbeschränkungen werden von der Wettbewerbsbehörde untersucht und können vom Wettbewerbskommissar oder unter bestimmten Umständen von Privatpersonen vor dem Tribunal angefochten werden. 1 Gemäß des Vorabbenachrichtigungsverfahrens ist der Kommissar vorab über Transaktionen zu unterrichten, die bestimmte Geldbetragsgrenzen und – sofern einschlägig bestimmte Beteiligungsschwellen überschreiten. Die Straftatbestände des Wettbewerbsgesetzes betreffen unter underem Absprachen bei Ausschreibungen, Kartelle, bestimmte Formen irreführender Werbung, irreführendes Telemarketing und Schneeballsysteme. VERFAHREN BEI DER DURCHSETZUNG In Kanada existieren vier Stellen, die in erster Linie für die Durchsetzung des Gesetzes zuständig sind: Der Wettbewerbskommissar (der Kommissar), der „Director of Public Prosecutions“ (DPP) – vormals der Generalstaatsanwalt – das Wettbewerbstribunal und die Gerichte. Der Minister für Industrie, dessen 1Privatpersonen können sich direkt an das Wettbewerbstribunal wenden, um Angelegenheiten wie Geschäftsverweigerungen,Preisbindungen, gebundene Verkäufe, Alleinvertriebsvereinbarungen und Marktbeschränkungen (Abschnitte 75, 76 und 77 des Wettbewerbsgesetzes) untersuchen zu lassen. Privatpersonen müssen jedoch Erlaubnis beim Wettbewerbstribunal beantragen, um solche Anträge einbringen zu können. Komplotte, Preisabsprachen und bestimmte andere Vergehen werden weiterhin als Straftaten behandelt. Soweit das fragliche Verhalten nicht von zivilrechtlichen Vorschriften erfasst ist, steht es Privatpersonen frei, den durch die Verletzung strafrechtlicher Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes erlittenen Schaden vor Gericht einzuklagen.Das Wettbewerbstribunal kann in bestimmten Fällen zivilrechtliche Geldstrafen verhängen, nicht jedoch Schadensersatz zugunsten einer Partei gewähren. J2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Das wichtigste Vollzugsorgan ist der Kommissar, der aufgrund des Competition Act sowohl straf- als auch zivilrechtliche Fragen untersuchen darf. Üblicherweise beginnt das Untersuchungsverfahren mit einer Voruntersuchung des möglicherweise rechtswidrigen Verhaltens, das zur Kenntnis des Kommissars gelangt ist. Wenn der Kommissar nach einer sorgfältigen Untersuchung zu dem Schluss kommt, dass es hinreichenden Grund zu der Annahme gibt, dass eine Straftat verwirklicht worden ist, kann er gegenüber dem DPP empfehlen, ein Strafverfahren einzuleiten. Für die strafrechtliche Verfolgung ist ausschließlich der DPP zuständig. WETTBEWERB/KARTELLRECHT Ministerium für den Competition Act verantwortlich ist, spielt in diesem Prozess nur eine untergeordnete Rolle. Die straf- und zivilrechtlichen Teile des Competition Act verfügen jeweils über eigene Durchsetzungsmechanismen, wenngleich für die Durchsetzung weitestgehend dieselben Behörden und Stellen zuständig sind. Im Unterschied zu strafrechtlichen Sachverhalten ist der Kommissar in zivilrechtlichen Angelegenheiten berechtigt, diese selbst vor das Wettbewerbstribunal zu bringen. Das Wettbewerbstribunal ist ein rechtsprechendes Gremium bestehend aus höchstens sechs Richtern des kanadischen Bundesgerichts und höchstens acht ehrenamtlichen Richtern. Grundsätzlich besteht jede Kammer des Tribunals aus drei bis fünf Mitgliedern, von denen mindestens ein Mitglied Berufsrichter sein muss. Rechtsfragen dürfen allein von den richterlichen Mitgliedern entschieden werden. Die vor das Wettbewerbstribunal gebrachten Angelegenheiten werden nach Maßgabe der zivilrechtlichen Beweisregeln entschieden (Abwägung der Wahrscheinlichkeiten). FUSIONEN Definition Der Competition Act definiert den Begriff „Fusion“ in einem weiten Sinne als den direkten oder indirekten Kontrollerwerb über einen beträchtlichen Anteil an einem ganzen oder Teilen eines Unternehmens eines Wettbewerbers, Lieferanten, Kunden oder einer anderen Person. Ob dies im Wege eines Kaufs oder Leasings von Aktien oder Vermögenswerten, durch Zusammenschluss oder Zusammenlegung oder in sonstiger Weise (z.B. durch Lizensierung oder Vertrag) erfolgt, ist ohne Bedeutung. Der Kommissar ist berechtigt, eine Fusion jederzeit innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Fusion vor dem Wettbewerbstribunal anzufechten. Wenn das Wettbewerbstribunal der Auffassung ist, dass der Wettbewerb innerhalb eines Marktes durch die Fusion oder die geplante Fusion verhindert oder erheblich eingeschränkt werden wird, hat es eine weite Einschätzungsprärogative, um Gegenmaßnahmen anzuordnen. Eine solche Anordnung kann in einem vorbehaltlosen Verbot der geplanten Fusion oder eines Teils der geplanten Fusion bestehen, oder im Falle einer bereits vollzogenen Verschmelzung in einer Auflösung der Verschmelzung oder einer teilweisen oder vollständigen Zerschlagung oder – mit dem Einverständnis der Partein – in anderen Maßnahmen, die geeignet sind, STIKEMAN ELLIOTT LLP J3 WETTBEWERB/KARTELLRECHT den wettbewerbsbeschränkenden Effekt abzumildern. Auch Verhaltensmaßregeln („behavioural constraints“) werden teilweise angeordnet. Das Entscheidungskriterium (The Principal Substantive Test) Bei Fusionen ist das maßgebliche Kriterium nach Maßgabe des Competition Act, ob eine tatsächliche oder geplante Transaktion den Wettbewerb in einem relevanten Markt tatsächlich oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verhindern oder erheblich einschränken würde. Diesen Test wendet der Kommissar an, wenn er entscheidet, ob ein Fall vor das Wettbewerbstribunal gebracht werden soll. Gleichermaßen wird dieser Test von dem Wettbewerbstribunal bei der Beurteilung des Antrags des Kommissars angewandt. Der Kommissar und das Wettbewerbstribunal lassen folgende Faktoren in ihre Entscheidung einfließen: Das Ausmaß und die Stärke des ausländischen Wettbewerbs, ob das Unternehmen einer der an der Fusion beteiligten Parteien gescheitert ist oder wahrscheinlich scheitern wird, das Ausmaß und die Verfügbarkeit von Ersatzprodukten für die von den beteiligten Parteien vertriebenen Produkte, bestehende Markteintrittsbarrieren, ob die Transaktion einen starken und effizienten Wettbewerber beseitigen würde, das Ausmaß in dem effizienter Wettbewerbs nach der Transaktion verbleiben würde, die Art und das Ausmaß des Wandels und der Innovation im relevanten Markt sowie jeden anderen relevanten Faktor. Eine ansonsten wettbewerbswidrige Fusion kann unter dem Gesichtspunkt der Effizienz aufrecht erhalten werden, wenn das Ausmaß an erzielten Synergieeffekten jegliche antizipierten wettbewerbshindernden Nachteile übersteigt und kompensiert, und sofern die Einsparungen nicht mit hinreichender Sicherheit erzielt werden können, sofern eine Gegenmaßnahme angeordnet wird. Richtlinien für Fusionen Das Bewertungsmodell nutzt rechtliche und wirtschaftliche Kriterien, die jenen ähneln, die in der amerikanischen kartellrechtlichen Rechtsprechung angewandt werden. Der Kommissar hat Richtlinien für Fusionen erlassen, die sich an den Richtlinien des US-Justizministeriums orientieren und abstrakt festlegen, wie die im Competition Act vorgeschriebenen Fusionskontrollvorschriften angewandt werden sollen. VORAB-BEKANNTGABE VON GROßEN TRANSAKTIONEN Allgemeines Bestimmte größere Transaktionen lösen nach dem Competition Act vorab Publizitätspflichten aus. Diese Transaktionen können erst nach Ablauf des unten definierten Untersuchungszeitraums vollzogen werden. Eine frühzeitige Bekanntgabe der Fusion ist notwendig, wenn im Zusammenhang mit einem geplanten Erwerb von Vermögenswerten oder Anteilen, einem geplanten Zusammenschluss, der Gründung einer nicht-inkorporierten („non-corporate“) Unternehmensverbindung oder des Erwerbs von Anteilen an einer solchen J4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Wann spricht man von einer „großen Transaktion“? Nur wenn die an einer Transaktion beteiligten Parteien gemeinsam mit ihren jeweiligen Tochtergesellschaften über C$ 400 Mio. an Vermögenswerten in Kanada besitzen oder mehr als C$ 400 Mio. jährlichen Bruttoumsatz aus Verkäufen in, aus oder nach Kanada generieren („Größe der Parteien“-Schwelle), dann muss der Kommissar über solche Transaktionen unterrichtet werden, die die folgenden „Größe der Zielgesellschaft“-Schwellen überschreiten (diese können jährlich auf das BIP indexiert sein - die angegebene „Größe der Zielgesellschaft“-Schwelle bezieht sich jeweils auf das Jahr 2011): ■ Ein Erwerb von Vermögenswerten in Kanada, mit einem Buchwert von über C$ 73 Mio. oder die durch Verkäufe in oder aus Kanada heraus Bruttoumsätze von über C$ 73 Mio. erzielen; ■ ein Erwerb stimmberechtigter Aktien einer Gesellschaft, die gemeinsam mit allen anderen Gesellschaften, die ihrer Kontrolle unterstehen, in Kanada Vermögenswerte oder jährliche Bruttoumsätze aus Verkäufen dieser Vermögenswerte in oder aus Kanada heraus im Wert über C$ 73 Mio. besitzt bzw. erzielt; ■ ein geplanter Unternehmenszusammenschluss, bei dem mindestens zwei der beteiligten Parteien (einschließlich ihrer jeweiligen Tochterunternehmen) in Kanada über Vermögenswerte im Wert von über C$ 73 Mio. verfügen oder jährliche Bruttoumsätze aus Verkäufen dieser Vermögenswerte in, aus oder nach Kanada von über C$ 73 Mio. erzielen und der Wert der Vermögenswerte des fortgeführten Unternehmens in Kanada oder der von diesen Vermögenswerten generierte Bruttoumsatz des Unternehmens aus Verkäufen in oder aus Kanada heraus C$ 73 Mio. überschreitet; 2 ■ die Gründung einer Personengesellschaft (wie etwa eines „Partnership“ oder „Trust“), deren eingebrachten Vermögenswerte in Kanada oder deren Bruttoumsatz aus Verkäufen dieser Vermögenswerte in oder aus Kanada heraus einen Betrag von $C 73 Mio. überschreitet; ■ der Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft (wie etwa eines „Partnership“ oder „Trust“), die mit Vermögenswerten von über C$ 73 Mio. in Kanada unternehmerisch tätig ist oder Bruttoumsätze von über C$ 73 Mio. mit aus diesen Vermögenswerten generierten Verkäufen in oder aus Kanada heraus erzielt. Die Anzeige eines Beteiligungserwerbs oder eines Erwerbs von Stimmrechtsaktien einer Gesellschaft ist nur dann erforderlich, wenn infolge eines solchen Erwerbes bestimmte Prozentschwellen des Eigenkapitals überschritten werden. Die Grenzen WETTBEWERB/KARTELLRECHT Verbindung, gewisse Schwellenwerte in Hinblick auf Größe der Transaktion, Größe der Parteien und Anteil am Eigenkapial überschritten werden. Obwohl der Competition Act keine Definition des Begriffs Zusammenschluss enthält, hat die Wettbewerbsbehörde entschieden, dass die Zusammenlegung zweier oder mehrerer Firmen, die in Folge eine Firma und rechtliche Einheit bilden, im Zuge des Wettbewerbsgesetzes als Zusammenschluss gilt. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob der Zusammenschluss unter nationalen oder provinziellen Gesetzen oder unter den Gesetzen eines anderen Landes vollzogen wird. Ein sogenannter „Delaware merger“ wird z.B. als Zusammenschluss behandelt. 2 STIKEMAN ELLIOTT LLP J5 WETTBEWERB/KARTELLRECHT variieren in Abhängigkeit davon, ob es sich bei der Transaktion um einen Zusammenschluss oder einen Beteiligungserwerb handelt. Im Falle einer Beteiligung lauten die Grenzwerte wie folgt: ■ Sofern infolge einer Transaktion eine Person in der Gewinnverteilung einen Anspruch auf über 35% der Gewinne oder bei der Auflösung auf über 35% der Vermögenswerte hat; oder, ■ falls diese Grenze bereits überschritten wurde, das Recht auf über 50% der Gewinne oder Vermögenswerte hat. Im Fall eines Erwerbs von Stimmrechtsaktien einer Gesellschaft lauten die Grenzwerte wie folgt: ■ 20% beim Erwerb von Stimmrechtsaktien einer Gesellschaft, deren Anteile öffentlich gehandelt werden; ■ 35% beim Erwerb von Stimmrechtsaktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft; oder ■ 50% im Falle eines nachfolgenden Erwerbs von Stimmrechtsaktien beider Arten von Gesellschaften durch eine Person, die bereits zuvor die für diese Gesellschaft festgelegten Schwellenwerte überschritten hat. Das entstehende Unternehmen selbst darf sowohl den Grenzwert für die Größe der beteiligten Parteien als auch die Grenze für die Größe der Zielgesellschaft überschreiten. Anmeldepflichten und Wartefristen Sofern eine Transaktion anmeldepflichtig ist, müssen die beteiligten Parteien die Voranmeldung der Fusion nach Maßgabe des Competition Act und der Richtlinien über anmeldepflichtige Transaktionen einreichen (es sei denn, auf ein solches Erfordernis wurde seitens der Wettbewerbsbehörde verzichtet oder die Transaktion wurde von der Anmeldepflicht durch die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (advance rulding certificate – ARC – siehe unten) befreit. Grundsätzlich hat die Anmeldung einer geplanten Transaktion folgende Informationen zu enthalten: (i) Eine Beschreibung der geplanten Transaktion und der Geschäftsziele, die mit ihr erreicht werden sollen; (ii) eine Liste der ausländischen Behörden, die über die geplante Transaktion in Kenntnis gesetzt wurden und die jeweiligen Zeitpunkte, zu denen die Benachrichtigung erfolgte; sowie (iii) Informationen über die beteiligten Parteien und deren Tochtergesellschaften, einschließlich einer Beschreibung ihrer wichtigsten Geschäftssparten und Produktkategorien sowie detaillierte Angaben zu Kunden und Lieferanten. Die Anzeige einer geplanten Fusion unterliegt einer Gebühr von C$ 50.000. Mit der Einreichung der Vorabanzeige einer geplanten Fusion wird eine Wartefrist von 30 Tagen ausgelöst, während der die Transaktion nicht vollzogen werden darf (es sei denn, es wurde eine Verkürzung der Frist durch Ausstellung eines ARC oder eines sog. „no-action“ Schreibens – siehe unten – gewährt). Wenn der Kommissar J6 STIKEMAN ELLIOTT LLP Sofern eine Partei die geplante Transaktion vor Ende der Wartefrist vollzogen hat, kann ein Gericht oder das Wettbewerbstribunal auf Antrag des Kommissars unter anderem eine Geldstrafe von bis zu C$ 10.000 für jeden Tag der Nichtbefolgung der Wartefrist verhängen. Das Unterlassen der Vorabbenachrichtigung vor dem Closing ohne guten und hinreichenden Grund („good an sufficient cause“) ist eine Straftat und kann im Höchstmaß mit einer Geldstrafe von bis zu C$ 50.000 bestraft werden. Doppelte Anmeldepflicht für Transportunternehmen Nach dem kanadischen Beförderungsgesetz („Canada Transportation Act“) müssen Parteien in Fällen, in denen eine Fusionsbenachrichtigung nach den Bestimmungen des Competition Act erforderlich ist, eine geplante Fusion, die ein bundesstaatliches Transportunternehmen zum Gegenstand hat, auch das Ministerium für Transport, Infrastruktur und Gemeinden, sowie im Falle eines Luftverkehrsunternehmens die Kanadische Transportbehörde („Canadian Transportation Agency“) über die Fusion in Kenntnis setzen. 3 Für Anmeldungen nach dem kanadischen Beförderungsgesetz ist keine Gebühr zu entrichten. Die Unterlassung einer erforderlichen Anzeige beim Ministerium stellt jedoch eine Straftat dar, die mit Geldstrafen von bis zu C$ 50.000 geahndet werden kann. WETTBEWERB/KARTELLRECHT während dieser 30-tägigen Frist im Wege einer formellen Aufforderung zusätzliche Informationen anfordert (sog. „supplementary information request“ oder „SIR“), wird die Wartefrist von 30 Tagen ab Befolgung der Anordnung erneut in Gang gesetzt (dieser Vorgang kann einige Wochen oder Monate dauern). Sofern erforderlich, müssen die dem Ministerium übermittelten Benachrichtigungn dieselben Informationen enthalten, die auch dem Kommissar nach den Bestimmungen des Competition Act übermittelt wurden (d.h. die in den Richtlinien für anmeldepflichtige Transaktionen vorgeschriebenen Informationen). Darüber hinaus müssen in Fällen, die das nationale Verkehrswesen betreffen, Informationen von öffentlichem Interesse bereitgestellt werden, die in untergesetzlichen Leitlinien durch den zuständigen Minister herausgegeben werden. 4 Sobald die Anmeldung dem Minister zugegangen ist, hat der Minister binnen 42 Tagen zu entscheiden, ob die geplante Fusion das öffentlichen Interesse berührt. Wenn der Minister der Ansicht ist, dass öffentliche Interessen berührt sind, ist es den Parteien ohne die Genehmigung des Generalgouverneurs (d.h. des Bundeskabinetts) nicht gestattet, die Transaktion zu vollziehen. Die endgültige Entscheidung hängt schlussendlich von den Empfehlungen des Ministers und den Vereinbarungen der Parteien ab. Wenn die Parteien eine Transaktion ohne diese Genehmigung vollziehen, kann der Minister bei einem höherinstanzlichen Gericht beantragen, geeignete Abhilfemaßnahmen, einschließlich der Zerschlagung von Vermögenswerten, 3Vor den Gesetzesänderungen im Jahr 2007 beschränkte sich die Anzeigepflicht auf Transaktionen von Unternehmen aus der Luftfahrtbranche. Einschränkungen für Beteiligungen von Ausländern an Unternehmen im Luftverkehrsektor bleiben weiterhin in Kraft, wurden jedoch nicht auf Transportunternehmen außerhalb der Luftfahrtbranche ausgeweitet. 4Am 28. Juli 2008 gab Transport Canada einen Entwurf für Richtlinien für Fusionen und Übernahmen bei Transportunternehmen heraus. Die endgültigen Richtlinien waren im Zeitpunkt der Bearbeitung im Juni 2011 noch nicht veröffentlicht. STIKEMAN ELLIOTT LLP J7 WETTBEWERB/KARTELLRECHT anzuordnen. Es ist zu beachten, dass der kanadische Transportminister und die kanadische Transportbehörde der Auffassung sind, dass die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (sog. „Advance Ruling Certificate“ bzw. „ARC“) oder einer Befreiung nach Abschnitt 113(c) (welche die Parteien von der unten definierten Anzeigepflicht nach dem Competition Act befreit) die Parteien nicht von der Anmeldepflicht nach dem kanadischen Beförderungsgesetzes befreit (diese Rechtsfrage wurde von den Gerichten bislang nicht entschieden). Advance Ruling Certificate (ARC) und “No-Action“ Schreiben Der Competition Act sieht ein Vorabentscheidungsverfahren vor, mit dem die an einer geplanten Fusion beteiligten Parteien beim Kommissar eine Unbedenklichkeitsbescheinigung (sog. ARC-Entscheidung) beantragen können, die bestätigt, dass der Kommissar die geplante Fusion auf Grundlage einer Prüfung anhand der im Antrag dargelegten Tatsachen nicht anfechten wird. Eine ARCEntscheidung bietet zwei Vorteile: Erstens befreit sie die Partreien von ihrer gesetzlichen Benachrichtigungspflicht oder beendet, wenn Benachrichtigungsdokumente bereits eingereicht wurden, die gesetzliche Wartefrist. Zweitens verhindert eine Unbedenklichkeitsbescheinigung die Anfechtung der geplanten Transaktion durch den Kommissar auch nach ihrer Vollendung, vorbehaltlich einer Änderung der Sachlage aufgrund neuer Informationen. Für Anträge auf eine ARC-Entscheidung wird eine Gebühr von C$ 50.000 erhoben. Wird für dieselbe Transaktion sowohl eine Fusionsbenachrichtigung als auch ein ARC beantragt, ensteht nur die Gebühr für den ARC-Antrag. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung wird nur dann ausgestellt, wenn die Sachlage eindeutig ist, und der Kommissar der Ansicht ist, dass die Transaktion den Wettbewerb in einem relevanten Markt nicht oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich einschränken oder verhindern wird. Wenn eine ARC-Entscheidung jedoch verweigert wird, kann der Kommissar dennoch ein Schreiben verfassen, in dem er bekundet, derzeit nicht zu beabsichtigen, die Transaktion anzufechten (sog. „No-Action“-Schreiben). Auf Basis eines „No-Action“Schreibens werden die Parteien die Transaktion üblicherweise vollziehen. Der prinzipielle Unterschied zwischen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung und einem „No-Action“-Schreiben liegt darin, dass sich die Wettbewerbsbehörde die Möglichkeit offenhält, die Transaktion innerhalb eines Jahres nach Vollzug anzufechten. Allerdings ist uns kein Fall bekannt, in dem eine Fusion nach Ausstellung eines „No-Action“-Schreibens durch die Wettbewerbsbehörde nach deren Vollzug noch angefochten wurde. Der andere erwähnenswerte Unterschied zwischen einer ARC-Entscheidung und einem „No-Action“-Schreiben besteht in verfahrensrechtlicher Hinsicht darin, dass die Ausstellung eines „No-Action“Schreibens die an der Fusion beteiligten Parteien nicht automatisch von ihrer Vorabbenachrichtigungspflicht befreit. Der Kommissar kann jedoch gemäß Abschnitt 113 (c) des Competition Act eine Befreiung von der Anmeldepflicht J8 STIKEMAN ELLIOTT LLP WEITERE KOMPETENZEN DES KOMMISSARS Neben der Durchführung des im Competition Act Fusionskontrollverfahrens hat der Kommissar die Kompetenzen: ■ ■ geregelten Handelspraktiken, insbesondere Geschäftsverweigerungen, Preisbindungen, einige Formen irreführender Werbung, Exklusivvertriebsvereinbarungen, gebündelte Verkäufe („tied selling“), Marktbeschränkungen und Preisstellung frei Haus zu überprüfen und insoweit zivilrechtliche Verfahren vor dem Wettbewerbstribunal anzustrengen; und Untersuchungen anzustrengen und sodann dem DPP zu empfehlen, bestimmte Straftaten, insbesondere Preisabsprachen, Verschwörungen zur Handelsbeschränkung (Kartelle), einige Formen irreführender Werbung und Telemarketings, Schneeballsysteme und einige Mehrebenenmarketingpläne, strafrechtlich zu verfolgen. STIKEMAN ELLIOTT LLP WETTBEWERB/KARTELLRECHT erteilen (was er auch regelmäßig tun wird), unter der Voraussetzung, dass der ARCAntrag im Wesentlichen ähnliche Informationen enthält, wie diejenigen, die für die Fusionsbenachrichtigung erforderlich sind. J9 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA K Geistiges Eigentum Patentrecht .......................................................................................................................... 2 Vergleich zu anderen Ländern ....................................................................................... 2 Die Laufzeit des Patents und Schadensersatz bei Verstößen ...................................... 2 Wann ist eine Erfindung patentierbar? .......................................................................... 2 Arzneimittelpatente ........................................................................................................ 3 Urheberrecht ....................................................................................................................... 4 Allgemeines ................................................................................................................... 4 Voraussetzungen des urheberrechtlichen Schutzes ..................................................... 4 Was nicht vom Urheberrecht erfasst ist ......................................................................... 4 Eintragung von Urheberrechten ..................................................................................... 5 Laufzeit des Urheberrechts ............................................................................................ 5 Welche Handlungen verletzen Urheberrechte? ............................................................. 5 Was stellt einen „wesentlichen“ Teil des Werks im Hinblick auf Verletzungen dar? ..... 6 Urheberpersönlichkeitsrechte ........................................................................................ 6 Urheberrechtsreform ...................................................................................................... 7 Marken ................................................................................................................................ 7 Allgemein ....................................................................................................................... 7 Voraussetzungen ........................................................................................................... 7 Eintragung und Entkräftung ........................................................................................... 7 Rechtsverletzung ........................................................................................................... 8 Geschmacksmuster ............................................................................................................ 8 Allgemeines ................................................................................................................... 8 Voraussetzungen für die Eintragung ............................................................................. 8 Laufzeit des Schutzes .................................................................................................... 8 Halbleiter-Chips ................................................................................................................... 9 © STIKEMAN ELLIOTT LLP MÄRZ 2012 GEISTIGES EIGENTUM Geistiges Eigentum PATENTRECHT Vergleich zu anderen Ländern Das kanadische Patentrecht wurde wesentlich vom britischen und USamerikanischen Rechtssystem beeinflusst. Eine Gesetzesänderung im Jahre 1989 brachte den Patent Act im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage in den anderen Mitgliedsstaaten des Patent Co-operation Treaty von 1970. Nach dem Patent Act erlangt ein Erfinder das ausschließliche Recht, eine Erfindung –definiert als jedes neue und nützliche Kunstwerk, Verfahren, Maschine, Erzeugnis oder Stoffzusammensetzung – und jede neue und nützliche Verbesserung, herzustellen, zusammenzusetzen, zu nutzen und zu verkaufen. Die durch den Patent Act gewährten Exklusivrechte gelten allein in Kanada. Produziert und verkauft jemand die Erfindung ausschließlich außerhalb von Kanada, verstößt er nicht gegen das kanadische Patent. Die Laufzeit des Patents und Schadensersatz bei Verstößen Seit dem 1. Oktober 1989 kann eine Erfindung (wie definiert) von dem Erfinder patentiert werden, der zuerst eine Anmeldung nach dem Patent Act einreicht (nicht von demjenigen, der die Erfindung zuerst gemacht hat). Das Patent ist ab dem Zeitpunkt der Einreichung zwanzig Jahre lang gültig. Wurde der Antrag vor dem 1. Oktober 1989 eingereicht, gilt das Patent für siebzehn Jahre seit der Gewährung des Patents oder für zwanzig Jahre seit der Anmeldung, je nach dem, welcher Zeitraum länger ist. Eine Patentverletzung kann Schadensersatzansprüche, eine Gewinnabschöpfung oder Unterlassungsansprüche nach sich ziehen. Eine Verletzung besteht insbesondere in einer unerlaubten Herstellung, Benutzung, Verkauf, Import oder Export der patentierten Erfindung. Darüber hinaus kann eine Haftung auch für Schäden bestehen, die entstanden sind, nachdem die Patentanmeldung für eine öffentliche Überprüfung zugänglich gemacht wurde, aber bevor das Patent gewährt wurde. Die Haftung greift insoweit in allen Fällen, die eine Patentverletzung darstellen würden, wäre das Patent bereits im Zeitpunkt der Zugänglichmachung zur öffentlichen Überprüfung gewährt worden. Eine solche Haftung besteht in der Regel in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr. Wann ist eine Erfindung patentierbar? Patentierbarkeit setzt das Merkmal der „Neuheit“ voraus. Daher sind unter bestimmten Umständen Erfindungen, die offengelegt wurden oder irgendwo auf der Welt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, bevor ein Patentantrag in Kanada gestellt wurde oder, die bereits in anderen Patentanmeldungen in Kanada oder andernorts beschrieben wurden, nicht patentierbar. Wurde die Erfindung vom Antragsteller selbst oder einer Person, die durch den Antragsteller von der Erfindung erfahren hat, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, kann ein Patent immer noch gewährt werden, sofern die Veröffentlichung weniger als ein Jahr vor K2 STIKEMAN ELLIOTT LLP GEISTIGES EIGENTUM Antragstellung erfolgt ist. Rein wissenschaftliche Prinzipien und abstrakte Theorien, Methoden medizinischer Behandlungen oder Operationsmethoden, höhere Lebensformen, Energieformen, Merkmale von ausschließlich intellektueller oder ästhetischer Bedeutung, Schemata, Pläne, Regeln und geistige Prozesse sind nach kanadischem Recht generell nicht patentierbar. Auch wenn sich das kanadische case-law gerade im Wandel befindet, sind computer-implementierte Erfindungen nicht per se ausgeschlossen, sondern können patentiert werden, solange die Erfindung (i) praktisch anwendbar ist, (ii) eine neue und innovative Methode der Anwendung von Fähigkeiten und Wissen ist, und (iii) ein kommerziell verwertbares Ergebnis hervorbringt. Arzneimittelpatente Der Patent Act Amendment Act hat auch die Rahmenbedingungen für die Preisgestaltung von patentierten Erfindungen im Bereich der Medizin verändert. Dies sind per definitionem Erfindungen, die für die medizinische Nutzung, die Lieferung von Medizin oder die Zubereitung oder Herstellung medizinischer Produkte gedacht oder geeignet sind. Die Inhaber solcher Patente sind verpflichtet, dem Patent Medicine Prices Review Board (PMPRB) vorgeschriebene Informationen, wie den Preis, zu dem das Arzneimittel in Kanada oder andernorts verkauft wird oder verkauft wurde, die Kosten der Produktion und der Vermarktung des Produkts sowie – sofern dies verlangt wird – auch Informationen zu den Preisen vergleichbarer Produkte, die in Kanada oder andernorts verkauft werden oder verkauft wurden, mitzuteilen. Sofern das PMPRB feststellt, dass ein Preis überhöht ist oder war, kann es die Reduzierung dieses Preises oder des Preises eines anderen Arzneimittels des Patentinhabers oder aber eine Zahlung an den Staat zum Ausgleich des übermäßigen Umsatzes aus dem Verkauf des Arzneimittels zu überhöhten Preisen anordnen. Sofern das PMPRB ein System überhöhter Preise aufdeckt, kann es die Zahlung auf das Doppelte des überhöhten Umsatzes festsetzen. Bei der Bestimmung, ob ein Preis überhöht ist, berücksichtigt das PMPRB unter anderem die Preise, zu denen das Arzneimittel oder ähnliche Mittel in dem relevanten Markt und im Ausland verkauft wurden, die Herstellungs- und Vermarktungskosten, den Vertrieb der Medizin als freies Gut und das Ausmaß, zu dem Preiserhöhungen auf Inflation zurückzuführen sind. Der Patent Act Amendment Act trat 1993 in Kraft und schaffte die verpflichtende Lizensierung von Arzneimitteln faktisch ab, während zeitgleich die Patented Medicines (Notice of Compliance) Regulations (NOC Regulations) eingeführt wurden. Die NOC Regulations erlauben es einem forschenden Pharmaunternehmen, eine Liste mit Patenten in Bezug auf ein Medikament beim Commissioner of Patents einzureichen, der diese in einem Register führt. Wenn ein Generikahersteller ein Generikum eines Medikaments produzieren möchte, muss er das forschende Pharmaunternehmen von dem behördlichen Zulassungsantrag im Wege einer Notice of Allegations (NOA) unterrichten. Die NOA kann unterstellen, dass (i) das STIKEMAN ELLIOTT LLP K3 GEISTIGES EIGENTUM Generika-Unternehmen es akzeptieren wird, dass die Notice of Compliance (NOC) – d.h. die behördliche Zulassung – nicht ausgestellt wird, bevor die Patente im Register auslaufen, oder (alternativ), dass (ii) die Patente im Register unwirksam sind, oder (iii) die Ansprüche aus dem Patent durch das Generikum nicht verletzt werden. Daraufhin hat das forschende Pharmaunternehmen 45 Tage Zeit, um beim Bundesgericht eine Anordnung zu beantragen, die es dem Gesundheitsminister verbietet, eine NOC auszustellen, bevor die Patente im Register ausgelaufen sind. Bleibt der Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung erfolglos, berührt dies nicht das Recht des Pharmaunternehmens, den Generikahersteller wegen Patentverletzungen in Anspruch zu nehmen. URHEBERRECHT Allgemeines Das kanadische Urheberrecht beruht ausschließlich auf dem bundesrechtlichen Copyright Act. Das Common Law enthält in Kanada keine Aussage zum Urheberrecht. Der bundesrechtliche Copyright Act gibt dem Inhaber des Urheberrechts das Recht, die Vervielfältigung und kommerzielle Verwertung originaler literarischer, darstellender, musikalischer und künstlerischer Werke und Darbietungen zu unterbinden. Gesetzesänderungen im Jahre 1988 schafften ausdrücklichen Schutz für Computerprogramme und etablierten ein System für die Erhebung und Beitreibung von Kabellizenzgebühren. Der Copyright Act beinhaltet auch Bestimmungen zum Schutz der Rechte darstellender Künstler (sog. verwandte Schutzrechte) und ein System für Abgaben auf leere Medien zur Tonaufnahme. Voraussetzungen des urheberrechtlichen Schutzes Das Urheberrecht besteht für jedes Original literarischer, darstellender, musikalischer oder künstlerischer Werke vorbehaltlich gewisser Anforderungen an Staatsangehörigkeit bzw. Wohnort. Generell kann sich ein Autor dann auf sein Urheberrecht berufen, wenn er zum Zeitpunkt der Schöpfung des Werkes (i) kanadischer Staatsbürger war oder seinen dauerhaften Wohnsitz in Kanada hatte, (ii) ein Staatsbürger eines bzw. wohnhaft in einem Vertragsstaat („treaty country“) war (d.h. eines Staates, der dem Berner Übereinkommen, dem Welturheberrechtsabkommens, dem Rom-Abkommen oder der Welthandelsorganisation angehört), oder (iii) Staatsbürger eines bzw. dauerhaft wohnhaft in einem Staat war, auf den die kanadische Bundesregierung den Urheberrechtsschutz nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit für kanadische Bürger ausgedehnt hat. In einigen Fällen wird der Urheberrechtsschutz auch auf Werke ausgedehnt, die zuerst in einem Vertragsstaat veröffentlicht wurden, auch wenn der Urhber selbst nicht kanadischer Staatsbürger oder Bürger eines Vertragsstaates ist. Was nicht vom Urheberrecht erfasst ist Das Urheberrecht schützt keine Ideen, sondern nur die konkrete Ausdrucksform einer Idee (d.h. in der Form eines „Werkes“). Des weiteren unterfallen Werke nur K4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Eintragung von Urheberrechten Der Copyright Act ermöglicht auf Wunsch des Rechteinhabers die Eintragung im Copyright Office. Wenngleich die Eintragung freiwilliger Natur ist (das Urheberrecht entsteht allein im Zeitpunkt der Schöpfung), bietet sie bestimmte Beweiserleichterungen. Bestimmte Rechtsbehelfe sind nach dem Copyright Act ohne Eintragung nur dann gegeben, wenn der Autor beweisen kann, dass die das Urheberrecht verletzende Person tatsächlich Kenntnis von der Existenz des Schutzrechts hatte. Die tatsächliche Kenntnis wird hingegen vermutet, wenn das Urheberrecht eingetragen wurde. Eine Verletzung des Urheberrechts beinhaltet die Produktion oder Reproduktion eines urheberrechtlich geschützten Werkes oder eines wesentlichen Teils davon sowie das bewusste öffentliche Verbreiten oder Anbieten desselben. Der Urheberrechtsinhaber hat auch das unveräußerliche Recht, jegliche Entstellung, Verstümmelung, Fehlzuordnung oder sonstige Änderung des Werkes, die dem Ansehen des Urhebers abträglich ist, zu unterbinden. Rechtsbehelfe im Falle von Verletzungen schließen sich nicht gegenseitig aus und beinhalten Ersatzansprüche für den tatsächlich erlittenen Schaden, gesetzliche Schadensersatzansprüche, Gewinnabschöpfung, Herausgabe jeglicher verletzender Materialien sowie Unterlassungsverfügungen. In Einzelfällen sind auch strafrechtliche Konsequenzen möglich. GEISTIGES EIGENTUM dann dem Urheberschutz, soweit sie Originale sind, was im Sinne des Urheberrechts dann der Fall ist, wenn das Werk vom Autor geschaffen wurde und nicht von einem Dritten plagiiert wurde oder aus einer öffentlich zugänglichen Quelle entstammt. Das Urheberrecht an einem Werk kann im Copyright Office gegen eine Schutzgebühr eingetragen werden (momentan CDN$ 65 bzw. CDN$ 50 bei OnlineRegistrierungen). Die Eintragung wird durch Ausfüllen und Einreichen eines Formulars bewirkt, woraufhin eine Bescheinigung meist innerhalb von vier Wochen seit Zugang des Antrags beim Copyright Office ausgestellt wird. Laufzeit des Urheberrechts Vorbehaltlich der im Copyright Act enthaltenen Ausnahmen besteht das Urheberrecht während der Lebenszeit des Urhebers und weitere 50 Jahre beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres seines Todes. Im Falle von gemeinsam geschaffenen Werken besteht das Urheberrecht für den gleichen Zeitraum, wobei auf den Tod des Letztverstorbenen abzustellen ist. Während diese sog. „life plus fifty years“-Laufzeit auf die meisten urheberrechtlich geschützten Werke in Kanada anwendbar ist, bestehen Ausnahmen zu dieser generellen Regel, insbesondere für unveröffentlichte Werke, Fotografien, posthume Werke, einige gemeinschaftliche Werke und staatliche Werke. Welche Handlungen verletzen Urheberrechte? Wie bereits erwähnt hat der Urheber das alleinige Recht, das Werk oder wesentliche Teile des Werkes zu reproduzieren oder zu veröffentlichen bzw. Dritte hierzu zu STIKEMAN ELLIOTT LLP K5 GEISTIGES EIGENTUM ermächtigen. Im Falle der Reproduktion variiert deren Form je nach Werktyp und kann z.B. Fotokopieren, Übersetzen, Aufnehmen und öffentlich Aufführungen beinhalten. Ein Urheberrechtsinhaber hat auch das Recht, ein Werk zu veröffentlichen, indem er es der Öffentlichkeit zugänglich macht. Im Allgemeinen verliert der Urheber, sobald er das Werk veröffentlicht hat, die Kontrolle über jegliche Kopien des so veröffentlichten Werkes. Was stellt einen „wesentlichen“ Teil des Werks im Hinblick auf Verletzungen dar? Jenseits der Tatsache, dass mehr die Qualität als die Quantität des angeeigneten Materials ausschlaggebend ist, ist es nicht möglich eine einfache Regel oder Formel aufzustellen, ob ein Teil des Werks „wesentlich“ ist. Folglich kann schon das unerlaubte Übernehmen eines kleinen Teils eines Werkes die Übernahme des wesentlichen Teil eines Werkes darstellen, wenn sich die Übernahme bei qualitativer Betrachtung als wesentliche Übernahme der kreativen Fähigkeiten, der Zeit und des Talents des Urhebers darstellt. Urheberpersönlichkeitsrechte Zusätzlich zum Urheberrecht gewährt der Copyright Act dem Urheber eines Werks ein Recht auf „Integrität“ und „Vaterschaft“ am Werk. Das Recht des Urhebers auf Integrität ist dann verletzt, wenn das Werk entstellt, verstümmelt oder sonstwie zum Schaden der Ehre und Reputation des Urhebers verändert wird. Zusätzlich zur physischen Entstellung, Verstümmelung oder Veränderung eines Werks kann bereits die Nutzung eines Werks in Verbindung mit einem Produkt, einer Leistung oder einem bestimmten Grund geeignet sein, das Recht des Urhebers auf Integrität zu verletzen. Das Recht des Urhebers auf Vaterschaft ist das Recht, soweit es den Umständen entsprechend angemessen ist, mit dem Werk als dessen Urheber durch Namen oder Pseudonym in Verbindung gebracht zu werden oder aber anonym zu bleiben. Jenseits des Wortlauts des Copyright Act, der das Recht auf Fälle, in denen es den Umständen entsprechend angemessen ist, beschränkt, gibt es nur wenig Anhaltspunkte, wie die Reichweite des Vaterschaftsrechts des Autors zu bestimmen ist. Daher muss die Reichweite des Rechts des Urhebers auf Vaterschaft nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Urheberpersönlichkeitsrechte können nicht abgetreten oder lizenziert werden, können aber ausdrücklich abbedungen werden. Der Zessionar eines Urheberrechts sollte versuchen, einen Verzicht auf die Urheberpersönlichkeitsrechte vom Urheber zu erlangen, wenn er über die volle Freiheit in Bezug auf das Werk verfügen möchte. Ein solcher Verzicht bedarf nicht der Schriftform. Die Einhaltung der Schriftform ist dennoch unbedingt anzuraten. K6 STIKEMAN ELLIOTT LLP GEISTIGES EIGENTUM Urheberrechtsreform Am 29. September 2011 brachte die kanadische Regierung Bill C-11, An Act to Amend the Copyright Act ein. Das vorgeschlagene Gesetz würde eine Vielzahl von Änderungen am Copyright Act zur Folge haben. Einige der signifikanten Änderungen würden folgende Fälle beinhalten: Die Einfügung von Bestimmungen zur Regelung bestimmter indirekter Verletzungen durch Internet Dienste; Verbote hinsichtlich der Umgehung von digitalen Sperren; Erweiterung der Ausnahme für den redlichen Geschäftsverkehr hinsichtlich Verletzungen; und die Ausweitung bestimmter anderer Nutzerrechte, insbesondere im Hinblick auf Bildungseinrichtungen. Zusätzlich würden Fotografien unter dieselben Urheberrechtsbestimmungen wie andere Werke fallen und die Urheberpersönlichkeitsrechte würden auf künstlerische Darbietungen ausgedehnt werden. MARKEN Allgemein Eine Marke ist ein Wort, Symbol oder Design, oder eine Kombination daraus, womit die Quelle eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung bestimmt werden kann. Wenngleich die Eintragung einer Marke nach dem bundesrechtlichen Trademarks Act auf freiwilliger Basis erfolgt, kann der Schutzumfang jedoch für nicht eingetragene Marken geographisch auf den Bereich beschränkt sein, in dem die Marke einen gewissen Bekanntheitsgrad genießt. Eingetragene Marken sind, unabhängig davon, wo die Marke tatsächlich genutzt wird, kanadaweit geschützt. Darüber hinaus stehen für eingetragene Marken auch mehr Rechtsbehelfe gegen unerlaubte Nutzung zur Verfügung als für nicht eingetragene Marken. Voraussetzungen Um eintragungsfähig zu sein, darf eine Marke hinsichtlich der Qualität der Waren oder Dienstleistungen, der zur Herstellung angestellten Personen oder des Herkunfsortes weder rein beschreibender noch täuschender bzw. irreführender Natur sein. Des weiteren darf die Marke weder einfach aus dem Namen der Ware oder Dienstleistung in einer anderen Sprache oder primär aus dem Vor- oder Nachnamen einer lebenden oder innerhalb der letzten 30 Jahre verstorbenen Person bestehen, noch darf sie geeignet sein, eine Verwechslungsgefahr mit einer vormals genutzten oder von einem anderen zur Eintragung angemeldeten Marke zu begründen. Um eine Marke eintragen zu lassen, muss der Antragsteller darlegen, die Marke in Kanada genutzt oder bekannt gemacht zu haben, die Marke in einem anderen Land, das dem Pariser Übereinkommens angehört, eingetragen und genutzt zu haben, oder zu beabsichtgigen, die Marke in Kanada zu nutzen. Eintragung und Entkräftung Die Markeneintragung hat fünfzehn Jahre lang Bestand und kann durch Bezahlung einer Gebühr für weitere fünfzehn Jahres-Perioden verlängert werden. Eine Markeneintragung ist ungültig, wenn in dem Zeitpunkt, in dem ein Verfahren gegen die Wirksamkeit der STIKEMAN ELLIOTT LLP K7 GEISTIGES EIGENTUM Marke angestrengt wird, die Marke ihre Unterscheidungskraft verloren hat und daher aus Sicht der Öffentlichkeit nicht mehr geeignet ist, die Quelle einer bestimmten Ware oder Dienstleistung zu bestimmen. Früher war der häufigste Grund für den Verlust der Unterscheidungskraft die Lizenzvergabe für eine Marke ohne diese Lizenzvergabe eintragen zu lassen. Jedoch wurde das Eintragungserfordernis für Lizenznehmer in Kanada abgeschafft. Die Markenlizensierung in Kanada setzt nun voraus, dass der Lizenzgeber / Eigentümer der Marke die direkte oder indirekte Kontrolle über den Charakter oder die Qualität der Waren oder Dienstleistungen, für welche die Marke eingetragen wurde, behält. Rechtsverletzung Die Verletzung eines Markenrechts, die sowohl zivil- wie auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann, liegt dann vor, wenn ein Verkauf, ein Verkaufsangebot, eine Verbreitung oder eine Bewerbung von Waren oder Dienstleistungen in Verbindung mit irreführenden Marken oder Handelsnamen erfolgt. Eine Rechtsverletzung liegt auch dann vor, wenn eine Person eine eingetragene Marke in einer Art und Weise nutzt, die den mit der Marke verbunden Mehrwert (“goodwill“) mindert. Das Nutzen der Marke eines Wettbewerbers kann auch Anlass für Verfahren nach Common Law oder nach den Regeln über unerlaubte Nachahmung oder den unlauteren Wettbewerb geben. Strafrechtliche Sanktionen sind zwar möglich, werden aber nur selten genutzt. GESCHMACKSMUSTER Allgemeines Der bundesrechtliche Industrial Design Act gewährt innerhalb Kanadas ausschließliche Rechte für eingetragene Geschmacksmuster während der Dauer ihrer Eintragung. Ein Geschmacksmuster ist definiert als äußere Erscheinung einer Form, Konfiguration, eines Musters oder Ornaments und jeder Kombination dieser Erscheinungen, die in einem fertigen Artikel allein durch die Augen wahrgenommen und beurteilt werden. Voraussetzungen für die Eintragung Die Eintragung erfordert die Einreichung einer Zeichnung oder Fotografie, einer Beschreibung des Designs und einer Erklärung, dass nach dem Kenntnisstand des Antragstellers das Design weder in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller es eingeführt hat, noch zuvor von einem Dritten genutzt worden ist. Eine gültige Eintragung setzt das Merkmal der „Neuheit“ voraus, was bedeutet, dass das Design weder mit einem bereits eingetragenen Design identisch sein darf noch einem anderen Design so sehr ähneln darf, dass eine Verwechslungsgefahr besteht. Die Eintragung muss binnen eines Jahres nach der Veröffentlichung des Designs in Kanada oder andernorts erfolgen. Laufzeit des Schutzes Die Eintragung eines Geschmackmusters ist für fünf Jahre gültig und kann um weitere fünf Jahre bis zu einer maximalen Laufzeit von zehn Jahren verlängert werden. Die Verletzung eines Geschmackmusters kann zivilrechtliche Rechtsbehelfe zur Folge haben. Wird der Gegenstand nicht dem Gesetz entsprechend gekennzeichnet, können nur K8 STIKEMAN ELLIOTT LLP GEISTIGES EIGENTUM einstweilige Verfügungen erlassen werden. Verletzungen sind insbesondere die Produktion, der Import für geschäftliche Zwecke oder Handel, der Verkauf oder die Vermietung und das Anbieten oder Ausstellen zum Verkauf oder zur Vermietung von Artikeln jeglicher Art in Zusammenhang mit dem eingetragenen Geschmacksmuster, an die das Design oder ein nicht wesentlich abweichendes Design angebracht wurde. Jedoch ist es keine Verletzung, ein dem eingetragenen Design ähnliches oder identisches Design an einem wesentlich anderen Artikel oder in einer neuen oder neuartigen Weise anzuwenden. HALBLEITER-CHIPS Der Integrated Circuit Topography Act, 1993, gibt dem Eingetragenen einen zehnjährigen Schutz für Design und Topographie von integrierten Schaltungen (d.h. Halbleiter-Chips). Die Eintragung ist möglich für Urheber von Topographien, die kanadische Staatsbürger sind, juristische Personen, die in Kanada Topographien erstellen oder Schaltkreisprodukte in Kanada herstellen und Staatsbürger und Bewohner anderer Länder, die einen ausreichenden Schutz für kanadische Topographien bieten, oder die Parteien von Übereinkommen oder Konventionen sind, denen Kanada beigetreten ist und die den Schutz von Topographien achten. Der Eintragungsantrag muss in Kanada innerhalb von zwei Jahren nach der erstmaligen an einem beliebigen Ort in der Welt erfolgten kommerziellen Verwertung der Topographie eingereicht werden. Die Eintragung gewährt das ausschließliche Recht, die Topographie und jegliche Schaltkreise, die die Topographie oder wesentliche Teile davon enthalten, zu reproduzieren, herzustellen, zu importieren oder kommerziell zu verwerten. Ein Nachbau („reverse engineering“) ist für Zwecke der Auswertung, Forschung oder Lehre gestattet, nicht jedoch für kommerzielle Zwecke. STIKEMAN ELLIOTT LLP K9 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA L Immobilien Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Beschränkungen des Grundeigentums............................................................................... 2 Dingliche Rechte ................................................................................................................. 2 Eintragung des Eigentumsrechts ........................................................................................ 3 Staatliche Garantie des Grundeigentums ........................................................................... 3 Besteuerung von Grundeigentum ....................................................................................... 3 Gewerbliche Vermietung ..................................................................................................... 4 Kauf und Verkauf von Immobilien in Kanada ...................................................................... 5 Finanzierungsangelegenheiten ........................................................................................... 5 Bauleitplanung .................................................................................................................... 6 © STIKEMAN ELLIOTT LLP MÄRZ 2012 IMMOBILIEN Immobilien ALLGEMEINES Der Verkauf und die Entwicklung von Immobilien ist im Wesentlichen eine Angelegenheit der provinzrechtlichen Gesetzgebung. Mit Ausnahme von Quebec hat jede der Provinzen und jedes Territorium Regelungen über Kauf, Eigentum, Nutzung und Entwicklung von Immobilien erlassen (von denen alle hinsichtlich Inhalt und Umfang ähnlich sind). In Quebec basiert das Immobilienrecht auf dem „Civil Law“ und ist in weiten Teilen im Civil Code of Quebec geregelt. BESCHRÄNKUNGEN DES GRUNDEIGENTUMS Generell kann jede natürliche geschäftsfähige Person in Kanada Immobilien kaufen, halten und verkaufen. Diese Grundregel gilt für Kanadier und nicht in Kanada ansässige Personen gleichermaßen. Dessen ungeachtet erlaubt es der bundesrechtliche Citizenship Act jeder Provinz, Gesetze zu erlassen, die das Grundeigentum von Gebietsfremden beschränken. Diese Beschränkungen der Eigentumsrechte unterscheiden sich von Provinz zu Provinz: Prince Edward Island hat beispielsweise Gesetze erlassen, die den Umfang der Grundstücke, die im Eigentum von Gebietsfremden (natürlichen oder auch juristischen Personen) stehen, wesentlich beschränken. In Alberta und Quebec existieren Gesetze, die den Kauf von Rechten an bestimmten Arten von Grundstücken durch Gebietsfremde ohne die Zustimmung der Provinz verbieten (beide beschränken das Eigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken, und Quebec verbietet auch das Eigentum an eingestuftem Kulturgut). Des Weiteren bestehen in einigen Provinzen Lizensierungs- bzw. Eintragungsanforderungen, die einzuhalten sind, wenn eine Gesellschaft in dieser Provinz Grundstücke halten möchte. Es gibt auch bundesrechtliche Bestimmungen für ausländische Eigentümer, die unter bestimmten Umständen im Falle eines Grundstückserwerbs durch diesen eine Mitteilung an oder eine Überprüfung durch die Bundesregierung erfordern. DINGLICHE RECHTE Im kanadischern Immobilienrecht sind in den sog. „Common Law“-Rechtsordnungen verschiedene Rechte an Grundstücken anerkannt. Ein sog. „estaste“ bezeichnet ein dingliches Recht an einem Grundstück von bestimmter Art oder Dauer, das seiner Natur nach entweder Grundeigentum („freehold“), also von unbestimmter Dauer, oder Erbpacht („leasehold“), mithin von bestimmter Dauer, ist. Unter den verschiedenen Arten von Grundeigentum ist das unbeschränkte Grundeigentum mit Abstand am häufigsten und kann, abgesehen von theoretischen Feinheiten, mit Eigentum gleichgesetzt werden. Einige andere Arten von Rechten, die häufig in den „Common Law“-Rechtsordnungen auftauchen, sind Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch und vertragliche Nutzungsbeschränkungen, welche Rechte an einem Grundstück darstellen, und Lizenzen, die rein vertraglicher Natur sind. L2 STIKEMAN ELLIOTT LLP IMMOBILIEN Das Rechts Quebecs differenziert zwischen persönlichen Rechten (Rechte, die gegen eine Person durchgesetzt werden können) und dinglichen Rechten (Rechte an Gegenständen). Dingliche Rechte umfassen das Eigentum, Rechte an Dingen Dritter und Rechte in Form eines Anspruchs im Hinblick auf Dritteigentum. Einige sind fortwährend (z.B. Eigentum und Dienstbarkeit) und andere sind vorübergehend (z.B. Erbbaurecht). EINTRAGUNG DES EIGENTUMSRECHTS Jeder im Privateigentum befindliche Grundbesitz (im Gegensatz zu Staatseigentum) ist in Kanada eingetragen. Jede Provinz verwaltet ihr eigenes Eintragungssystem sowohl für Grundeigentum als auch für Belastungen. Die zwei maßgeblichen Systeme, die in Kanada genutzt werden, sind das „Registry System“ und das „Land Titles System“ (oder „Torrens System“). Jede Provinz nutzt ein modifiziertes System aus einem der beiden oder beiden Systemen. Das ältere, traditionellere „Registry System“ ist ein „Registration of Deeds“-System, das lediglich der öffentlichen Eintragung von Rechtsakten, die Grundstücke betreffen, dient und keine eigene qualitative Aussage über den Status des Grundeigentums trifft. Im Gegensatz dazu wird das „Land Titles System“ von der Regierung nach detaillierten gesetzlichen Vorschriften betrieben und das Grundstücksrecht, wie es sich aus dem Register ergibt, wird – abgesehen von bestimmten gesetzlichen Grenzen – von der Regierung garantiert (s.u.). STAATLICHE GARANTIE DES GRUNDEIGENTUMS Es kann darauf vertraut werden, dass das Register oder die für nach dem „Land Titels System“ eingetragenen Grundstücke erstellte Bescheinigung über das Grundeigentum, den wahren und zutreffenden Status des Eigentums ausweist. In den relativ seltenen Fällen, in denen einer Person aufgrund eines Fehlers des Registers oder der Bescheinigung, ein Recht an einem Grundstück entzogen wird, hat die Person zum Ausgleich Zugang zu einem staatlich verwalteten Sicherungsfonds. In Provinzen und Territorien, die das „Registry System“ verwenden (z.B. Quebec), besteht keine staatliche Garantie für das Grundeigentum. Im „Registry System“ wird die Qualität des Grundeigentums durch die individuelle Recherche der Akten bestimmt und basiert auf der zeitlichen Priorität der Eintragung. BESTEUERUNG VON GRUNDEIGENTUM Die Übertragung von Grundstücken unterliegt in den meisten kanadischen Rechtsordnungen einer Grunderwerbssteuer, die sowohl auf provinzieller als auch auch kommunaler Ebene erhoben wird. In einigen Kommunen, wie Toronto in Ontario, erhebt die Stadt die Grunderwerbssteuer zusätzlich zu den von der Provinz erhobenen Steuern. Die Höhe solcher Steuern variiert im ganzen Land von einem Höchstsatz von 4 % des Werts der Gegenleistung für bestimmte Grundstücke in Toronto (Kombination aus kommunaler und provinzieller Steuer) bis hin zur STIKEMAN ELLIOTT LLP L3 IMMOBILIEN Steuerfreiheit in Alberta, Neufundland & Labrador und Teilen von Nova Scotia. In Ontario wird abgesehen von wenigen Ausnahmen auch die Übertragung von Nießbrauch an Grundstücken – auch ohne Eintragung – besteuert. In den meisten Rechtsordnungen hat der Käufer die Grunderwerbssteuer zu tragen, während in Quebec auch der Verkäufer unter bestimmten Umständen hierfür einzustehen hat. Daneben ist die Übertragung von Geschäftsgebäuden und neuen Wohnhäusern Gegenstand der „Goods and Services Tax“ (GST) (oder der „Harmonized Sales Tax“ (HST) in Nova Scotia, Neufundland & Labrador, New Brunswick, Ontario und British Columbia). Zusätzlich fällt die „Quebec Provincial Sales Tax“ (PST) an, wenn das Grundstück in Quebec liegt. Der Verkäufer ist dafür verantwortlich, die GST/HST und PST vom Käufer (sofern einschlägig) einzufordern, wohingegen der Käufer nach den einschlägigen Steuergesetzen zur Selbstveranlagung berechtigt ist. Einkommensteuer fällt normalerweise auf Gewinne aus einem Grundstücksverkauf an. Wenn mit dem Verkauf von Grundstücken zur Kapitalanlage ein Wertzuwachs erzielt wird, werden 50 % des Zuwachses als steuerbares Einkommen behandelt. Soweit das Grundstück Betriebsvermögen war und als solches abgeschrieben wurde und diese Abschreibungen durch den Verkauf wiedererlangt werden, ist der Betrag der Abschreibungen voll steuerbar. Der Verkauf von Grundstücken, die im Inventar des Verkäufers geführt werden, wird als Betriebseinkünfte behandelt, wovon 100% steuerbar sind. Zusätzlich dazu muss ein Käufer, wenn der Verkäufer keinen Wohnsitz in Kanada hat, einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises für den kanadischen Fiskus zurückhalten, es sei denn, der Verkäufer kann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzbehörde vorlegen. GEWERBLICHE VERMIETUNG Die Vermietung von Geschäftsräumen ist in Kanada durch provinzielle Gesetze geregelt. In Ontario regelt z.B. der „Commercial Tenancies Act“ die meisten Aspekte der gewerblichen Vermieter-Mieter Beziehung. Zusätzlich zu konkreten Gesetzen hat sich eine Fülle von „Common Law“ in diesem Zusammenhang gebildet, worauf sich Vermieter wie auch Mieter in den „Common Law“-Rechtsordnungen berufen können, um ihre Rechte und/oder Rechtsbehelfe im Rahmen von gewerblichen Mietverhältnissen durchzusetzen. Obwohl das Gesetz grundsätzlich keine Vertragsart vorschreibt, haben sich je nach Art der Nutzung des Gebäudes (z.B. Einzelhandel, Industrie, Lager oder Büro) verschiedene Formen der Vermietung entwickelt. Im Allgemeinen kann man die gewerbliche Vermietung klassifizieren in (i) „Net Leases“ (der Mieter zahlt einen festen Mietzins sowie einen proportionalen Anteil an den Kosten, die durch den Besitz, Betrieb und die Wartung des Gebäudes entstehen); (ii) Vermietungen, bei denen der Mieter zusätzlich zu den Kosten des „Net Leases“ auch die Kosten für strukturelle Reparaturen bezahlt; (iii) „Semi-Gross Leases“ (der Vermieter übernimmt bestimmte Kosten aus der Grundmiete, die er bekommt): und (iv) „Gross Leases“ (der Mieter zahlt nur einen festen Betrag). L4 STIKEMAN ELLIOTT LLP IMMOBILIEN Auf Mietzahlungen im Rahmen einer Geschäftsraummiete wird die GST erhoben. Wenn der Mieter für Zwecke der GST eingetragen ist und ausschließlich einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht, ist die Steuer für den Mieter erstattungsfähig. Dennoch ist der Vermieter dafür verantwortlich, die Steuer für die Steuerbehörden einzuziehen. In einigen Provinzen ist auch eine provinzielle Umsatzsteuer abzuführen. Auf Seiten des Vermieters ist die erlangte Miete einkommenssteuerpflichtig. KAUF UND VERKAUF VON IMMOBILIEN IN KANADA Im Generellen werden Immobilien von Immobilienmaklern als verkäuflich erfasst und vermarktet. Der Makler des Käufers bereitet häufig das Angebot vor und übermittelt es dem Makler des Verkäufers. Hingegen werden erfahrene Käufer (insbesondere beim gewerblichen Immobilienkauf) typischerweise das Angebot verhandeln, um direkt vom Verkäufer kaufen, wobei sie häufig von ihren Anwälten unterstützt werden. Die Anwälte auf Seiten des Käufers werden die Eigentumslage des betroffenen Grundstücks prüfen und verschiedene andere Überprüfungen, z.B. von steuerrechtlichen bis hin zu umweltrechtlichen Fragen, vornehmen. Der Anwalt des Käufers wird für die aufgeworfenen Probleme Lösungen verhandeln und die abschließenden Vertragsdokumente vorbereiten. FINANZIERUNGSANGELEGENHEITEN Eine Hypothek muss generell schriftlich vereinbart, unterschrieben und gegen das Grundstückseigentum eingetragen werden, um den Vorrang des Darlehensgebers zu sichern. Die Eintragung bewirkt, dass der Darlehensgeber zum gesicherten Gläubiger wird. Häufig wird der Darlehensgeber zusätzliche Sicherheiten nehmen, wie eine Globalzession der Mietforderungen, und/oder eine Eintragung gegen den Darlehensnehmer aufgrund einer allgemeinen Sicherungsabrede in Übereinstimmung mit den in der jeweiligen Provinz anwendbaren Gesetzen zur Besicherung von Mobiliareigentum. Der Darlehensgeber wird gegebenenfalls auch den Darlehensnehmer persönlich in Regress nehmen und/oder ein weiteres Haftungssubjekt oder einen Bürgen für die Hypothek verlangen. Ein Darlehensgeber ist verpflichtet, eine „angemessene Kündigungsfrist“ einzuhalten, bevor er Zahlung verlangt, und nach den bundesrechtlichen Insolvenzvorschriften in den meisten Fällen Ankündigungen zu versenden, bevor eine Sicherheit an einem Grundstück verwertet wird. In einigen Provinzen (z.B. Ontario, New Brunswick, Prince Edward Island und Quebec) ist der Darlehensgeber unter Einhaltung eines gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens berechtigt, das Grundstück unbeschadet des Rechts, den Darlehensnehmer auf eine Differenz des Verkaufserlöses in Anspruch zu nehmen, freihändig zu verkaufen. In einigen Provinzen (z.B. British Columbia, Ontario und Quebec) kann der Darlehensgeber im Klagewege die Zwangsvollstreckung betreiben. Die gerichtliche Anordnung führt zum Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf den Darlehensgeber in vollständiger Erfüllung der Darlehensschuld. Die meisten Provinzen STIKEMAN ELLIOTT LLP L5 IMMOBILIEN ermöglichen es dem Darlehensgeber auch, einen Antrag bei Gericht auf Zwangsversteigerung des Grundstücks zu stellen, wobei der Darlehensnehmer weiterhin für jegliche Differenz haftet. In vielen Provinzen stehen dem Darlehensgeber eine Vielzahl an Rechtsbehelfen zur Verfügung. BAULEITPLANUNG Jede Provinz hat Planungsgesetze, die die Nutzung und die Inbesitznahme von Land und Gebäuden regeln. Obwohl die Provinzregierungen für die Bauleitplanung zuständig sind, werden viele Planungsfunktionen an die Kommunen delegiert. In Ontario, Quebec, British Columbia und New Brunswick sind die kommunalen Befugnisse umfangreich und die provinzielle Aufsicht auf ein Minimum beschränkt (wenngleich sie in Ontario stärker wird), wohingegen das Ausmaß der ausgeübten Kontrolle über kommunale Maßnahmen durch die anderen Provinzregierungen deutlich engmaschiger ist. Die Regulierung von Immobiliareigentum vollzieht sich im Wesentlichen in der Form von Zonen- und Gebäudesatzungen. Zonensatzungen regeln praktisch alle Aspekte der Landnutzung, der Art und Struktur von Gebäuden, die Parzellengrößen und unter anderem die zulässige Erschließung von Grundstücken. Der Neubau, Anbau und Veränderungen von Gebäuden bedürfen einer Baugenehmigung. Die Genehmigungsgebühren variieren erheblich von Kommune zu Kommune, werden aber im Allgemeinen anhand der beantragten Gebäudegröße in Quadratmetern bemessen und hängen von der Gebäudeart (Wohn- oder Nichtwohngebäude) ab. Gebäudesatzungen, einschließlich der Genehmigungs- und sonstigen baurechtlichen Anforderungen, regeln Angelegenheiten wie Baumaterialien, Heiz- und Belüftungssysteme, Elektroinstallationen, Wasser- und Abwasserleitungen, Brandschutz, Zutritt und Untersuchungen. Der National Building Code of Canada wurde von den meisten Kommunen der meisten Provinzen in Gänze oder in Teilen übernommen, was zu einer Tendenz der nationalen Vereinheitlichung der Gebäuderegulierung führte. Andere provinzielle Gesetze, die gegebenenfalls zu berücksichtigen sind, sind Umweltgesetze (insbesondere in Bezug auf Grundstücke, die für Umweltbelastungen anfällig sind oder kontaminiert sind oder auf Umweltverträglichkeitsprüfungen der Infrastruktur, Genehmigungen für Emissionen in Wasser oder Luft, Wasserentnahmen oder Lärmschutz) und Gesetze über die Kontrolle der Wohnraummiete, über Hochwasser- sowie Denkmalschutz. L6 STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA M Konkurs- und Insolvenzrecht Gesetzlicher Rahmen.......................................................................................................... 2 Jüngste Entwicklungen: Bills C-55, C-62 und C-12 ............................................................ 2 Liquidationsregeln ............................................................................................................... 4 Bankruptcy and Insolvency Act ...................................................................................... 4 Winding-up and Restructuring Act ................................................................................. 5 Insolvenzverwaltung ...................................................................................................... 5 Sanierungsregeln ................................................................................................................ 6 Bankruptcy and Insolvency Act ...................................................................................... 6 Companies’ Creditors Arrangement Act ........................................................................ 6 Grenzüberschreitende Insolvenzen .................................................................................... 7 © STIKEMAN ELLIOTT LLP DEZEMBER 2007 KONKURS- UND INSOLVENZRECHT Konkurs- und Insolvenzrecht GESETZLICHER RAHMEN Der Großteil der kanadischen Insolvenzbestimmungen ist in zwei zentralen Bundesgesetzen verankert – dem Bankruptcy and Insolvency Act (BIA) und dem Companies´ Creditors Arrangement Act (CCAA). Zusätzlich dazu regelt der Windingup and Restructuring Act die Liquidierung und Restrukturierung spezieller Unternehmen wie Banken, Versicherungsunternehmen und Treuhandunternehmen. Daneben behandeln auch einige Provinzgesetze die Rechte der Gläubiger. Sowohl der CCAA als auch der BIA sind auf Sanierungsverfahren und Liquidationen anwendbar. In der Praxis wird der CCAA für mittlere bis große Fälle und der BIA für kleine bis mittlere Fälle angewandt, da der CCAA dem sanierenden Schuldner eine vergleichsweise größere Flexibilität und damit ein breiteres Handlungsspektrum bietet. JÜNGSTE ENTWICKLUNGEN: BILLS C-55, C-62 UND C-12 Jüngste Änderungen des kanadischen Insolvenzrechts führten zu einer Vielzahl beträchtlicher Veränderungen. Diese Änderungen erfolgten durch eine Reihe von Gesetzen, deren Beziehungen zueinander ungewöhnlich kompliziert ist. Die Gesetzgebungsgeschichte der Änderungen bis heute wird für einige Leser von Interesse sein und wird entsprechend hier wiedergegeben. Bill C-55, das Gesetz zur Einführung des Arbeitnehmer Schutzprogramms, zur Änderung des Bankruptcy and Insolvency Acts und des Companies´ Creditors Arrangement Acts sowie zur Einführung weiterer Folgeänderungen, wurde im November 2005 verabschiedet und führte eine Reihe neuer und zentraler verfahrens- wie materiellrechtlicher Änderungen zum kanadischen Insolvenzrecht ein. Chapter 47 of the Statues of Canada, 2005, wie man Bill C-55 heute auch nennt, wurde mit dem Grundverständnis verabschiedet, dass bis zu dessen Inkrafttreten eine gründlichere Überprüfung des Gesetzes sowie gegebenenfalls konsequente weitere Änderungen geschaffen würden. Diese Überprüfung resultierte in Bill C-62, das Gesetz zur Änderung des Bancruptcy and Insolvency Acts, des Companies´ Creditors Arrangement Acts, das Wage Earner Protection Program Acts und Chapter 47 of the Statutes of Canada, 2005, womit einige technische wie auch materielle Änderungen angestrebt wurden, die aus der übereilten Verabschiedung von Bill C-55 resultierten. Bill C-62 war bereits vom House of Commons verabschiedet worden und hatte die erste Lesung im Senat überstanden, als die erste Sitzungsperiode des 39. Parlaments Mitte September 2007 vertagt wurde und Bill C-62 effektiv eleminierte. Folglich wurde Bill C-12, die Neuauflage von Bill C-62, in der anschließenden zweiten Sitzungsperiode des 39. Parlaments eingebracht. Bill C-12 wurde vom House of Commons am 29. Oktober 2007 verabschiedet, am 13. Dezember 2007 vom Standing Senate Committee on Banking, Trade and Commerce überprüft und nach Berichterstattung vom Senat am M2 STIKEMAN ELLIOTT LLP accordingly!] Der kanadische Minister für Arbeit und Industrie hat zugestimmt, dass seine Behörde die Implementierung der neuen Gesetze überwacht und dem House of Commons und dem Senat binnen einem Jahr über empfehlenswerte technische Verbesserungen Bericht erstatten wird. Das Standing Senate Committee on Banking, Trade and Commerce plant, ab Februar 2008 Insolvenzbeteiligte anzuhören, um das Parlament und die Behörden dabei zu unterstützen, mögliche technische Änderungen vorzubereiten. Durch Bill C-55 und C-12 erfolgten folgende zentrale Änderungen: 1. 2. 3. 4. 5. Arbeitnehmer- und Pensionsschutz – Chapter 47 führt ein neues Gesetz ein, das das Wage Earner Protection Program (WEEP) beinhaltet, um Einzelne für Beträge zu entschädigen, die sie verdient haben, aber nicht in einer sechsmonatigen Periode vor dem Konkurs oder der Zwangsverwaltung ausbezahlt bekommen haben. Die Entschädigung besteht bis zu einem Maximum von $ 3.000 oder dem vierfachen Wochenverdienst nach dem Employment Insurance Act, je nachdem welcher Betrag höher ist. Diese nicht ausbezahlten Löhne erhalten zudem verbesserten Schutz durch eine „super priority“ auf die aktuellen Vermögensgegenstände des Unternehmens, womit Ansprüche wegen unbezahlten Löhnen nun vorrangig vor denen gesicherter Gläubiger sind. Noch nicht ausbezahlte Rentenbeiträge erhalten ebenfalls verbesserten Schutz. KONKURS- UND INSOLVENZRECHT selben Tag verabschiedet. Das Gesetz bekam am 14. Dezember 2007 die königliche Zustimmung, und die Bestimmungen sowohl von Chapter 47 als auch von Bill C-12 sind nach ihrer Verkündung in Kraft getreten. [NTD: Change English version Zwischenfinanzierung - Interim (DIP) Financing – Chapter 47 ermöglicht es einem Gericht, eine Zwischenfinanzierung zu genehmigen, wobei der Zwischenfinanzierer gegenüber gesicherten und sonstigen Gläubigern Vorrang genießt. Bill C-12 fügt hinzu, dass ein gesicherter Gläubiger, dessen Interessen betroffen sein können, benachrichtigt werden muss. Schutz des Insolvenzverwalters – Ein Insolvenzverwalter tritt nicht in die Arbeitgeberhaftung ein, wenn er das Unternehmen des Schuldners fortführt oder dessen Arbeitnehmer weiterbeschäftigt. Insolvenzverwalter und vorläufige Insolvenzverwalter – Insolvenzverwalter und Überwacher müssen als solche zugelassen sein. Die neue Gesetzeslage schreibt einen maximalen Zeitraum für die vorläufige Verwaltung vor, stellt die Rolle und die Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters klar und führt eine Prüfung für die Frage ein, wann ein Insolvenzverwalter bestellt werden kann. Tarifverträge, andere Verträge und kritische Lieferanten – Die Gesetzgebung bestätigt, dass ein Tarifvertrag, sofern er nicht durch einen Aufhebungsvertrag von beiden Parteien aufgehoben wurde, in Kraft bleibt. STIKEMAN ELLIOTT LLP M3 KONKURS- UND INSOLVENZRECHT 6. 7. 8. 9. Jedoch kann ein Schuldner bei Gericht eine Verhandlungsanordnung beantragen. Wenn der Tarifvertrag daraufhin geändert wird, kann der Verhandlungsführer einen Anspruch in Höhe des Werts des Zugeständnisses als ungesicherter Gläubiger geltend machen. Hinsichtlich anderer Verträge kann ein Schuldnerunternehmen eine gerichtliche Aufhebung beantragen – gleichwohl sind bestimmte Verträge wie z.B. bestimmte Finanzierungsverträge von dieser Regel ausgenommen– und das Gericht kann die Aufhebung bewilligen, wenn es von deren Notwendigkeit für die Realisierung eines Vorschlages oder eines Plans überzeugt ist. Ein Schuldner kann auch bei Gericht beantragen, eine Person als „critical supplier“ einstufen zu lassen, woraufhin das Gericht eine Person verpflichten kann, Güter oder Dienstleistungen zu Bedingungen zu liefern, die mit der Lieferbeziehung in Einklang stehen oder die das Gericht als angemessen erachtet. Unbezahlte Lieferanten – Die neue Gesetzgebung korrigiert ein Problem der zeitlichen Koordinierung und erlaubt es unbezahlten Lieferanten weiterhin, für einen kurzen Zeitraum nach der Insolvenz oder Zwangsverwaltung Waren wieder in Besitz zu nehmen. Ausgewählte Finanzierungsverträge – Ausgewählte Finanzierungsverträge können nicht aufgehoben werden. Bill C-12 sieht vor, dass die Definition für „ausgewählte Finanzierungsverträge“ in den Regeln statt im Gesetz aufgenommen wird, um für künftige Anpassungen flexibler zu sein. Nachrangigkeit von Eigenkapitalansprüchen – Ein Gläubiger, dessen Anspruch aus der Rückabwicklung eines Kaufs oder Verkaufs von Anteilen an der insolventen Schuldnergesellschaft stammt, hat keinen Anspruch auf die Insolvenzquote, bevor nicht alle anderen Gläubiger befriedigt wurden. Internationale Koordination – Neue Bestimmungen, die auf dem United Nations Commission on International Trade Law Model Law basieren, wurden aufgenommen, um die Kooperation bei grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren zu fördern. LIQUIDATIONSREGELN Bankruptcy and Insolvency Act Das Liquidations- und Insolvenzsystem unter dem BIA kann für die Insolvenz von fast jedem Rechtsgebilde, einschließlich natürlichen Personen, Personengesellschaften, Verbänden und Körperschaften („corporations“) angewandt werden. Nach dem BIA sind corporations nicht nur Gesellschaften, die nach dem Recht des Bundes oder der Provinzen gegründet wurden und insoweit ihre Geschäftstätigkeit entfalten, sondern auch sämtliche eingetragenen Gesellschaften, die in Kanada ein Büro oder Eigentum unterhalten oder dort gewerblich tätig sind. Die Definition klammert bestimmte Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor wie Banken, Sparkassen, Versicherungsunternehmen, Treuhandgesellschaften, M4 STIKEMAN ELLIOTT LLP der BIA auf Unter anderem erlaubt der BIA dem Insolvenzverwalter die Vermögensgegenstände des Schuldners zu verwerten, die Angemessenheit der Forderungen gegen die Masse zu bestimmen und den Erlös zu verteilen. Gesicherte Gläubiger werden von diesem Verfahren grundsätzlich nicht betroffen und können daher weiterhin ihre Rechte geltend machen. Im Allgemeinen übernimmt der Verwalter – vorbehaltlich bestehender Rechte Dritter – die Rechte und Pflichten des Schuldners. Zum Beispiel sind vertragliche Kündigungsrechte für den Verwalter bindend. Bestimmte Arten der Aufrechnung sind erlaubt. Der Verwalter kann alle Mietverträge des Schuldners kündigen, wenn dieser Mieter ist. Unbezahlte Lieferanten haben das Recht unter bestimmten Umständen Waren zurückzufordern, die binnen 30 Tagen seit der Insolvenz geliefert wurden. Der Verwalter hat die Möglichkeit, Zahlungen oder Vermögensübertragungen, die innerhalb eines definierten Zeitraums vor der Insolvenz stattgefunden haben, anzufechten, wenn sie die Ansprüche der anderen Gläubiger vernichtet oder beeinträchtigt haben. Des weiteren wurden Bestimmungen zur Erleichterung von multinationalen Insolvenzen und für Insolvenzen von Effektenhändlern aufgenommen. KONKURS- UND INSOLVENZRECHT Kreditanstalten und Bahnunternehmen aus, wobei Holdinggesellschaften solcher Unternehmen anwendbar bleibt. Winding-up and Restructuring Act Wie bereits oben erwähnt sind die Liquidationsvorschriften des bundesrechtlichen Winding-up and Restructuring Acts (WURA) auf ausländische Banken sowie Bundesbanken, Kreditanstalten oder Treuhandunternehmen des Bundes oder einer Provinz und Versicherungsunternehmen des Bundes, einer Provinz oder ausländische Versicherungsunternehmen anwendbar, wenn diese in Kanada tätig sind. Obwohl der WURA auch auf Handelsunternehmen (“trading companies“) anwendbar sein kann (mit Ausnahme von Unternehmen, die nach den Vorschriften des CBCA gegründet wurden), werden Unternehmen, die nicht in der Finanzbranche tätig sind, im Allgemeinen nach dem BIA abgewickelt. Auch wenn der WURA mit anderen Begrifflichkeiten arbeitet, gleicht seine Funktionsweise der des BIA sehr. Insolvenzverwaltung Die Liquidation im Rahmen einer gerichtlich überwachten Insolvenzverwaltung kommt immer dann zur Anwendung, wenn ein Provinzgericht nach dem BIA oder einer entsprechenden provinziellen Regelung (z.B. Courts of Justice Act (Ontario)) dafür zuständig ist, einen Insolvenzverwalter zur Verwertung der Vermögensgegenstände eines Unternehmens zu Gunsten der Gläubiger zu benennen. Dieser Vorgang, der wegen der Rechtsprechung, die dem Verwalter Arbeitgeberverpflichtungen auferlegt, in den letzten Jahren an Beliebtheit verloren hat, wird vornehmlich genutzt, wenn es wichtig ist, die Geschäftstätigkeit des Schuldners fortzuführen, um Vermögenswerte zu erhalten. Gesicherte Gläubiger können auch selbst auf Grundlage ihres Sicherungsvertrages Verwalter bestellen, STIKEMAN ELLIOTT LLP M5 KONKURS- UND INSOLVENZRECHT um die besicherten Vermögensgegenstände nach Maßgabe ihrer Sicherheit zu verwerten. Unbezahlte Lieferanten haben unter bestimmten Umständen das Recht, ihre Waren binnen 30 Tagen seit der Insolvenz zurückzufordern. SANIERUNGSREGELN Bankruptcy and Insolvency Act Die Regelungen des BIA zur Reorganisation von Gläubigeransprüchen sind für dieselben Unternehmenstypen anzuwenden, auf die auch die Liquidationsvorschriften anzuwenden sind. Unter dem BIA kann eine Gesellschaft ihren Gläubigern einen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder sie darüber informieren, dass sie plant einen Vergleichsvorschlag einzureichen. Dies löst eine dreißigtägige Ruhezeit (welche nach dem Ermessen des Gerichts auf bis zu sechs Monate verlängert werden kann) gegen die öffentliche Hand und andere gesicherte und ungesicherte Gläubiger aus, abgesehen von den gesicherten Gläubigern, die ihre Sicherheit in Besitz genommen haben oder die Gesellschaft über ihre Absicht, ihre Sicherheit durchzusetzen mindestens zehn Tage vor der Einreichung des Vergleichsvorschlags oder des Hinweises informiert haben. In der Ruhezeit wird das Geschäft von einem Verwalter überwacht, während der Schuldner versucht, mit seinen Gläubigern einen akzeptablen Vergleich auszuhandeln. Wenn der Vergleichsvorschlag nicht innerhalb der vorgesehenen Zeit eingereicht wird, gilt dies als Stellung des Insolvenzantrages. Der Vorschlag kann nur den ungesicherten oder sowohl den gesicherten als auch ungesicherten Gläubigern unterbreitet werden. Gläubiger mit nachgewiesenen Ansprüchen dürfen über den Vorschlag abstimmen und werden je nach Interessensausrichtung in Klassen eingeteilt, wobei alle ungesicherten Gläubiger normalerweise einer Klasse angehören. Die Annahme des Vorschlags durch eine Klasse bedarf einer Zustimmung durch die einfache Mehrheit der Gläubiger nach Köpfen und durch mindestens zwei Drittel des Forderungswerts der Abstimmenden. Wenn die Gläubiger den Vorschlag annehmen, wird er zur Genehmigung an das Gericht übermittelt. Vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen für ausgewählte Finanzierungsverträge bestimmt der BIA, dass vertragliche Vereinbarungen zur Beendigung, Änderung oder Beschleunigung von Zahlungen, allein aufgrund der Tatsache, dass eine Vertragspartei insolvent ist oder eine Absichtserklärung oder einen Vergleichsvorschlag eingereicht hat, undurchsetzbar sind. Ähnliche Klauseln in Mietverträgen für Immobilien oder in Lizenzverträgen, die durch die Nichtzahlung der Miete oder der Lizenzgebühren ausgelöst werden, sind ebenfalls nicht durchsetzbar. Die weitere Belieferung mit Waren und Dienstleistungen kann jedoch auf der Basis von sofortiger Bezahlung erfolgen. Companies’ Creditors Arrangement Act Die Sanierung nach dem bundesrechtlichen Companies´ Creditors Arrangement Act (CCAA) erlaubt einer insolventen Gesellschaft mit ihren Geschäften fortzufahren, M6 STIKEMAN ELLIOTT LLP Auf Antrag jedes tauglichen CCAA Schuldnerunternehmens, Gläubigers, Insolvenzverwalters oder Liquidators hin kann das Gericht dem Schuldner die Einreichung eines Insolvenzplans und ein Treffen der Gläubiger des Unternehmens zur Beratung und Abstimmung über die Bedingungen des Plans auferlegen. Im Gegensatz zum BIA, der einen dahingehenden Automatismus vorsieht, steht die Gewährung der Abhilfe im CCAA-Verfahren im Ermessen des Gerichts. Insbesondere kann ein Gericht einen CCAA-Antrag ablehnen, wenn die Unterstützung seitens der Gläubiger gering ist und der Plan aussichtslos erscheint. Ein Insolvenzplan hat nur dann Erfolg, wenn er von jeder Gläubigerklasse mit einer einfachen Mehrheit nach Köpfen, die zugleich zwei Drittel des Wertes der Forderungen repräsentiert, angenommen wird. Der CCAA verlangt, dass gesicherte und ungesicherte Gläubiger unterschiedlichen Klassen angehören. Die weiteren Differenzierungen bestimmen sich nach den gleichen Kriterien wie unter dem BIA. KONKURS- UND INSOLVENZRECHT während sie versucht, ihr Unternehmen zu Sanieren, indem die Gerichtsverfahren während der Sanierungszeit ausgesetzt werden. Auf Banken, Versicherungsunternehmen, Eisenbahnunternehmen und bundesstaatliche Kreditanstalten und Treuhandunternehmen ist der CCAA nicht anwendbar, wobei er auf provinzielle Kreditanstalten und Treuhandunternehmen anwendbar sein kann. Um die Vorteile des CCAA nutzen zu können, müssen die gesamten Forderungen gegen die Gesellschaft CDN$ 5 Mio. überschreiten. Es steht im freien Ermessen des Gerichts, ob es eine Ruhezeit anordnet, wie weit diese geht und wie lange sie dauert (abgesehen davon, dass die erste Ruhezeit 30 Tage nicht überschreiten darf). Insbesondere muss das Gericht davon überzeugt sein, dass eine Ruhezeit im besten Interesse des Schuldners und der Gläubiger liegt (in Übereinstimmung mit den Einzelheiten der Anordnung). Sofern eine Ruhezeit gewährt wurde, betrifft sie ungesicherte ebenso wie gesicherte Gläubiger und schützt normalerweise vor der Kündigung von Verträgen zwischen dem Schuldner und anderen Parteien, wobei ausgwählte Finanzierungsverträge ausgenommen sind. Mit Unterstützung der Hauptgläubiger kann eine Ruhezeit auch auf unbestimmte Zeit ausgedehnt werden. Die Bestimmungen des CCAA erleichtern multinationale Sanierungen. Das Verfahren kann auch Massekredite umfassen. GRENZÜBERSCHREITENDE INSOLVENZEN Sowohl der CCAA als auch der BIA basieren auf dem Gedanken der Allzuständigkeit und erweiterten insoweit die Zuständigkeit und Pflicht, Vermögensgegenstände einer Schuldnergesellschaft zu kontrollieren, unabhängig vom Belegenheitsort (in Kanada oder außerhalb) zu Gunsten der Gläubiger, unabhängig von deren Aufenthaltsort. Ungeachtet dessen waren die kanadischen Gerichte traditionell gegenüber dem Konzept des Einvernehmens und der Anerkennung von ordnungsgemäß durchgeführten ausländischen Insolvenzverfahren aufgeschlossen, sofern dies im Einklang mit der öffentlichen Ordnung steht, und haben generell die Koordination zwischen den unterschiedlichen Verfahren in allen Rechtsordnungen STIKEMAN ELLIOTT LLP M7 KONKURS- UND INSOLVENZRECHT M8 unterstützt, damit die Sanierung oder Liquidation in einer fairen und ordnungsgemäßen Art und Weise ablaufen kann. In Ausübung des weiten Ermessens hinsichtlich der Anerkennung und Durchsetzung ausländischer Anordnungen im Insolvenzverfahren haben die kanadischen Gerichte eine Vielzahl von Faktoren in Betracht gezogen, insbesondere die Kompatibilität ausländischer Insolvenzvorschriften mit dem kanadischen Insolvenzrecht. Sie sind befugt, den Inhalt der Anordnungen, die im Verfahrensverlauf erlassen werden können, individuell zu gestalten und haben ausländische Anordnungen formell anerkannt und ausländische Repräsentanten in Sanierungsverfahren unterstützt (soweit diese Anerkennungen nicht gegen kanadisches Recht oder die öffentliche Ordnung verstoßen). Zwischen kanadischen und US-amerikanischen Gerichten wurde eine verfahrensrechtliche Harmonisierung erreicht durch Einführung von Richtlinien für die Kommunikation zwischen den Gerichten in grenzüberschreitenden Fällen sowie grenzüberschreitenden Protokollen, deren primäres Ziel in der Festlegung von Richtlinien zur Koordination und Förderung einer effizienten Verwaltung von grenzüberschreitenden Sanierungen liegt. Desweiteren führt Chapter 47 als weiteren Schritt zur Vereinfachung der Koordination zwischen kanadischen und ausländischen Gerichten in grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren bestimmte Elemente des UNICITRAL Model Law on Cross-Border Insolvency in den BIA und CCAA ein. STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA N E-Commerce Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Zuständigkeiten ................................................................................................................... 2 Allgemeines ................................................................................................................... 2 Handhabung von Unsicherheiten .................................................................................. 4 E-Commerce Gesetzgebung .............................................................................................. 4 Allgemeines ................................................................................................................... 4 Inhalt der gesetzlichen Bestimmungen .......................................................................... 4 Fragen im Zusammenhang mit Online-Verträgen .............................................................. 5 Elektronisch geschlossene Verträge ............................................................................. 5 Elektronische Unterschriften ............................................................................................... 5 Allgemeines ................................................................................................................... 5 Definition der „elektronischen Signatur“......................................................................... 5 Gesetzgebung zum Online-Verbraucherschutz .................................................................. 6 Allgemeines ................................................................................................................... 6 Gesetze zum Online-Verbraucherschutz ....................................................................... 6 Bedenkzeit im E-Commerce .......................................................................................... 7 Wettbewerbsrecht und Online-Werbung........................................................................ 7 Sprachregelungen in Quebec ............................................................................................. 9 Registrierung von Domainnamen ....................................................................................... 9 © STIKEMAN ELLIOTT LLP OKTOBER 2007 E-COMMERCE E-Commerce ALLGEMEINES Die Kanadier haben das Internet schnell als Instrument zum Austausch und zur Verbreitung von Informationen und zur Abwicklung von Geschäften angenommen. Als Reaktion auf die zunehmende Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs im Handel und in der Verwaltung wurden in Kanada neue Gesetze erlassen, die sich schwerpunktmäßig mit Fragen des elektronischen Geschäftsverkehrs befassen und den Anwendungsbereichs des allgemeinen Handelsrechts auf den elektronischen Geschäftsverkehr ausdehnen. ZUSTÄNDIGKEITEN Allgemeines Die Zuständigkeit zur Regelung von Internetaktivitäten liegt sowohl beim Bund als auch bei den Provinzen. Die Regulierung des Internets selbst fällt in die Zuständigkeit des Bundes; jedoch kündigte die Canadian Radio-television and Telecommunications Commission (CRTC), als zuständige Bundesbehörde im Jahr 1999 an, dass sie nicht beabsichtige, Internetinhalte zu regulieren. Gleichwohl werden Internetaktivitäten durch Bundes und Provinzgesetze sowie durch verschiedene Common-Law-Grundsätze geregelt. Kanadische Gerichte beanspruchen im Allgemeinen die Zuständigkeit in einem Verfahren, sofern eine tatsächliche und wesentliche Verbindung zwischen dem Gerichtsstand und dem Verfahren oder dem Beklagten hergestellt werden kann. Jedoch haben kanadische Gerichte aufgrund des „grenzenlosen“ Charakters des Internets Schwierigkeiten gehabt, eine einheitliche Formel zu entwickeln, in welchen Fällen Internetaktivitäten eine tatsächliche und wesentliche Verbindung aufweisen. In der Folge entwickelten sich zahlreiche alternative gerichtliche Test, wie der „Passive vs. Active“-Test, der „Purposeful Direction“-Test und der „Foreseeability“-Test, die unten beschrieben werden. Während der Passive vs. ActiveTest und der Purposeful Direction-Test anfangs zur Bestimmung des Gerichtsstandes in Internetangelegenheiten in Kanada bevorzugt wurden, zeichnet sich im jüngeren case-law einen Wandel hin zum Foreseeability-Test als maßgeblichen Test zur Bestimmung des Gerichtsstandes ab. Der „Passive vs. Active“ Test Bei der Anwendung dieses Tests untersuchen kanadische Gerichte das Ausmaß der möglichen Interaktion im jeweiligen Zuständigkeitsbereich, um so den Gerichtsstand zu ermitteln. Die Internetpräsenz wird darauf untersucht, ob sie im Zuständigkeitsbereich nur passiv zur Verfügung steht (z.B. inhaltsorientierte Internetseiten), oder ob Interaktionen mit der Website möglich sind. Sofern eine Interaktion mit der Internetpräsenz im jeweiligen Zuständigkeitsbereich möglich war, genügte dies den Gerichten üblicherweise als ausreichende Verbindung zur N2 STIKEMAN ELLIOTT LLP E-COMMERCE Begründung des Gerichtsstands. Während die Passive vs. Active-Analyse zunächst einen stimmigen Rahmen für die Beurteilung von Internetaktivitäten bot, hat die Zunahme von interaktiven kommerziellen Webseiten und die zunehmende Komplexität von reinen Inhaltsseiten diesen Test praktisch obsolet gemacht. Der „Purposeful Direction“ Test In jüngster Zeit haben kanadische Gerichte zur Bestimmung, ob eine tatsächliche und wesentliche Verbindung zum Gerichtsstand besteht, untersucht, ob eine Internetpräsenz zielgerichtet auf Personen in einem Zuständigkeitsbereich ausgerichtet ist. Bei der Bejahung der Zuständigkeit hat ein Gericht in Ontario im Falle Pro-C Ltd. v. Computer City, Inc. ausgeführt, dass obwohl die Website des Beklagten passiv war, diese in Zusammenschau mit seiner Gesamtstrategie Teil einer zielgerichteten kommerziellen Aktivität mit Ausrichtung auf kanadische Konsumenten war. Der „Foreseeability“ Test Der Foreseeability-Test beruht auf der Annahme, dass sich eine Partei nur dann vor einem ausländischen Gericht zu verantworten hat, wenn dies im konkreten Fall auch nach vernünftigen Maßstäben vorhersehbar war. Die Reichweite der kanadischen Gerichtszuständigkeit auf Basis des Foreseeability-Tests wurde vom Ontario Superior Court im Fall Bangoura v. Washington Post ausgedehnt, in dem der Kläger die Washington Post wegen Verleumdung aufgrund von mehreren im Jahre 1997 erschienenen Zeitungsartikeln vor einem Gericht in Ontario verklagt hatte, obwohl er in diesem Zeitraum außerhalb von Kanada gelebt hatte. Er hatte zwischenzeitlich seinen Wohnsitz nach Ontario verlegt und führte an, dass die fortwährende Verfügbarkeit der Artikel auf der Website der Washington Post seinen Ruf in Ontario beschädigt habe. Die Washington Post beantragte die Aussetzung des Verfahrens auf der Grundlage, dass es an einer tatsächlichen und wesentlichen Verbindung mit Ontario fehle. In Zusammenhang mit der Ablehnung dieses Antrags befand das erstinstanzliche Gericht, dass der Ruf des Klägers in Ontario durch die Verfügbarkeit der Artikel im Internet beschädigt worden sei. Das Gericht entschied, dass die Zeitung durch die Veröffentlichung der Artikel im Internet vernünftigerweise hätte vorhersehen können, dass die Artikel dem Kläger an seinen jeweiligen Wohnort folgen würden. Diese Entscheidung wurde anschließend vom Ontario Court of Appeal auf Grund einer Änderung der Gewichtung der Vorhersehbarkeitsprüfung aufgehoben: Da die Verbindung zwischen dem Kläger und Ontario zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht vorhersehbar war, durfte das Gericht seine Zuständigkeit nicht annehmen. Den Antrag auf Aufhebung des Berufungsurteils lehnte der Supreme Court of Canada im November 2006 ab. Der Test wurde erneut (mit anderem Ergebnis) in British Columbia im Falle Burke v. NYP Holdings Inc. angewandt. Der Fall behandelte eine Verleumdungsklage gegen die New York Post durch Burke – eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in British Columbia –, der sich gegen eine Kolumne, die in der Zeitung und auf deren Website veröffentlicht wurde, wandte. Nachdem Burke in British STIKEMAN ELLIOTT LLP N3 E-COMMERCE Columbia Klage erhoben hatte, beantragte die New York Post Klageabweisung wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit. Der Richter in British Colombia lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es seit im Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar gewesen, dass Burke in der Provinz Schaden erleiden könnte, und dass die Gerichte in British Colombia daher die Zuständigkeit annehmen könnten. Obwohl in den Fällen Burke und Banguora unterschiedlich entschieden wurde, basiert die Begründung des Gerichts jeweils auf dem Merkmal der Vorhersehbarkeit. Handhabung von Unsicherheiten Um die Unsicherheiten hinsichtlich gerichtlicher Zuständigkeiten bei Internetaktivitäten zu begrenzen, werden häufig Klauseln zur Vereinbarung des anwendbaren Rechts und eines ausschließlichen Gerichtsstandes genutzt. Jedoch unterliegt die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit solcher Klauseln den anwendbaren Verbraucherschutzrechten und in Quebec dem Civil Code. Die Verbraucherschutzgesetze einiger Rechtsordnungen bestimmen, dass ein Verbraucher auf seine Rechte nicht verzichten kann, was auch das Verbraucherrecht zur Klageerhebung bei den Gerichten seines Wohnsitzes umfasst. Nach dem Civil Code kann eine Rechtswahlklausel dann nicht durchsetzbar sein, wenn sie den Verbraucher des Schutzes durch die Gesetze seines Heimatlandes beraubt und der Vertragsschluss in irgendeiner Weise mit diesem Land in Verbindung steht. E-COMMERCE GESETZGEBUNG Allgemeines Die Bundes- und Provinzgesetzgebung für elektronische Transaktionen und ECommerce ist in Bezug auf die Durchsetzung und Zustandekommen von OnlineVerträgen im Großen und Ganzen einheitlich. In den meisten Provinzen und Territorien Kanadas wurden Gesetze zur Regelung elektronischer Transaktionen und des E-Commerce erlassen. Abgesehen von Quebec ist die E-CommerceGesetzgebung der Provinzen größtenteils nach dem Vorbild des Uniform Electronic Commerce Act (der „Uniform Act“) gestaltet, der von der Uniform Law Conference of Canada verabschiedet wurde. Der Uniform Act wurde entwickelt, um den Provinzen einheitliche Gesetze an die Hand zu geben, die die Prinzipien des United Nations Model Law on Electronic Commerce umsetzen, das von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im November 1996 verabschiedet wurde. Inhalt der gesetzlichen Bestimmungen Die Gesetzgebung der Provinzen zum E-Commerce sieht die rechtliche Anerkennung von Informationen und Dokumenten, einschließlich Verträgen, vor, die elektronisch übermittelt werden. Die Gesetze statuieren einen „medienneutralen“ Ansatz, durch den elektronische Kommunikation, Dokumente, Verträge und Signaturen als funktionale Äquivalente ihrer jeweiligen schriftlichen oder gedruckten Pendants anerkannt werden. N4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Elektronisch geschlossene Verträge Obwohl die E-Commerce-Gesetze der Provinzen die rechtliche Durchsetzbarkeit elektronisch geschlossener Verträge vorsehen, ist es dennoch notwendig, sicherzustellen, dass Angebot und Annahme auch im elektronischen Verkehr zu einem durchsetzbaren Vertrag führen. Im case-law ist es anerkannt, dass sowohl sog. „click-wrap“-Verträge als auch sog. „web-wrap“-Verträge in Kanada zu rechtsgültigen Verträgen führen können. Im Fall Rudder vs. Microsoft befand das Gericht, dass in Fällen, in denen ein Angebot klar zu erkennen gibt, dass eine bestimmte Handlung eine Annahme darstellt, die Annahme durch eben diese Handlung kommuniziert werden kann, wie etwa bei einem Klick auf die „Ich stimme zu“-Schaltfläche. Im Fall Kanitz vs. Rogers Cable Inc. erkannte der Ontario Superior Court das Recht einer Partei an, die Bedingungen eines Vertrages in Papierform einseitig dadurch zu ändern, dass sie die Änderungen gemäß den Bedingungen des ursprünglichen Vertrages auf der Webseite veröffentlichte. Jedoch kam eine kürzlich erlassene Entscheidung in Quebec bei ähnlicher Sachlage zu einem anderen Ergebnis: Im Fall Aspenser1.com Inc vs. Paysystems Corporation entschied der Cour du Québec, dass die Änderung von Vertragsbedingungen durch deren Veröffentlichung auf einer Webseite nicht durchsetzbar sei, da es keinen Beweis dafür gebe, dass der Nutzer der Webseite der Änderung eindeutig und unwiderruflich zugestimmt habe. E-COMMERCE FRAGEN IM ZUSAMMENHANG MIT ONLINE-VERTRÄGEN Wenngleich sowohl Gesetzgebung als auch Rechtsprechung dazu neigen, die Bestimmungen elektronisch geschlossener Verträge durchzusetzen, hängt die tatsächliche Durchsetzung eines einzelnen elektronischen Vertrages von den Umständen des Einzelfalls ab und bedarf einer sorgfältigen Prüfung. ELEKTRONISCHE UNTERSCHRIFTEN Allgemeines Eine Unterschrift ist Ausdruck des Einverständnisses, an die Bedingungen eines Vertrages gebunden zu sein. Obwohl eine Unterschrift keine Voruassetzung für einen wirksamen und durchsetzbaren Vertrag darstellt, bestehen gesetzliche Unterschriftserfordernisse für bestimmte Vertragsarten. Die Provinzgesetzgebung zum E-Commerce stellt elektronische Signaturen unter bestimmten Umständen den schriftlichen Signaturen gleich. Definition der „elektronischen Signatur“ Der bundesrechtliche Personal Information Protection and Electronic Documents Act (PIPEDA) definiert „elektronische Signatur“ als Unterschrift, die aus einem oder mehreren Buchstaben, Zeichen oder anderen Symbolen in digitaler Form besteht und in einem elektronischen Dokument enthalten ist, diesem beigefügt oder mit ihm in Verbindung gebracht wird. In ähnlicher Weise definiert die Provinzgesetzgebung zum E-Commerce eine elektronische Signatur allgemein als elektronische STIKEMAN ELLIOTT LLP N5 E-COMMERCE Information, die eine Person erstellt oder übernimmt, um ein Dokument zu unterschreiben, und die in dem Dokument enthalten ist, ihm beigefügt oder mit diesem in Verbindung gebracht wird. Diese Gesetzgebung sieht im Allgemeinen vor, dass elektronische Unterschriften die gesetzlichen Formerfordernisse erfüllen. 1 Auf eine Schaltfläche zu klicken, kann ebenfalls die Definition einer elektronischen Unterschrift erfüllen, wenngleich dieser Aspekt bislang nicht von einem kanadischen Gericht berücksichtigt wurde. Im Allgemeinen legt die provinzrechtliche E-Commerce-Gesetzgebung fest, dass eine elektronische Signatur die Unterschriftserfordernisse jedes spezifischen Rechtes erfüllen kann, geht jedoch nicht so weit, eine besondere Verlässlichkeitsüberprüfung für eine solche Signatur zu fordern. Die meisten provinzrechtlichen E-Commerce-Gesetze sehen vor, dass – sofern erforderlich – Verordnungen erlassen werden können, um einen bestimmten Grad an Verlässlichkeit zu erreichen. Dieser Ansatz stimmt mit dem aktuellen Stand des Common Law überein, nach dem die Art und Weise der Unterschrift eines Dokumentes grundsätzlich keine bestimmten Verlässlichkeitsanforderungen zu erfüllen hat. GESETZGEBUNG ZUM ONLINE-VERBRAUCHERSCHUTZ Allgemeines Der Verbraucherschutz in Kanada unterliegt einer Vielzahl von Bundes- und Provinzgesetzen, die ein breites Spektrum kommerzieller Aktivitäten regeln. Für viele Industriezweige bestehen eigene Verbraucherschutzbestimmungen, die eine Eintragung oder Lizenzierung vorsehen. In vielen Provinzen bestehen zudem Gesetze zu Verbraucherverhalten und Geschäftspraktiken, die Marketing und gewerbliche Verkäufe regeln. Darüber hinaus beinhaltet die Provinzgesetzgebung zu Warenverkäufen (außer in Quebec) bestimmte Garantien und Bedingungen in gewerblichen Verträgen, wie etwa die stillschweigenden Bedingungen, dass eine verkaufte Ware für den vorgesehenen Zweck geeignet und von handelsüblicher Qualität ist. Die Parteien können diese stillschweigenden Garantien und Bedingungen ausdrücklich abbedingen. Gesetze zum Online-Verbraucherschutz Manitoba und Alberta waren die ersten Provinzen, in denen spezielle Gesetze zum Verbraucherschutz bei Online-Transaktionen erlassen wurden. Die auf Grundlage von Manitobas Consumer Protection Act erlassene Internet Agreements Regulation und die in Alberta nach Maßgabe des Fair Trading Act erlassene Internet Sales Contract Regulation gewähren Verbrauchern umfangreiche Rechte und Der bundesrechtliche Personal Information Protection and Electronic Documents Act (PIPEDA) sieht auch die funktionale Gleichwertigkeit elektronischer Unterschriften in Verbindung mit bestimmten bundesrechtlichen Gesetzesvorschriften unter der Voraussetzung vor, dass die zur Erstellung der Unterschrift angewandte Technik die Vorschriften erfüllt. Einige Abschnitte des PIPEDA setzen die Verwendung einer „sicheren elektronischen Unterschrift“ voraus, obwohl das Gesetz keine spezifische Definition des Begriffs enthält. 1 N6 STIKEMAN ELLIOTT LLP Zahlreiche andere Provinzen sind diesem Beispiel gefolgt und haben ihre Verbraucherschutzgesetze ebenfalls auf Online-Verbraucherverträge ausgeweitet. Zu diesen Provinzen gehören Ontario, British Columbia, Nova Scotia und zuletzt auch Quebec. Ontario hat beispielsweise den Consumer Protection Statute Law Amendment Act, 2002 zur Änderung des Ontario Consumer Protection Acts erlassen, um den Verbraucherschutz auf Online-Transaktionen zu erweitern. Sämtliche provinzrechtlichen Verordnungen folgen der Internet Sales Contract HarmonizationVorlage, die wesentliche neue Mitteilungspflichten bei „Internetverträgen“ festlegt, in denen die mögliche Gesamtzahlungsverpflichtung des Verbrauchers CDN$ 50 übersteigt. Nach Maßgabe dieser Bestimmungen sind Online-Einzelhändler beim Abschluss von Internetverträgen nun verpflichtet, Name, Kontaktdaten, angemessene und zutreffende Beschreibungen der bereitgestellten Waren und Dienstleistungen, Preislisten (einschließlich Steuern und Versandkosten), alle weiteren eventuell anfallenden Kosten, den vom Kunden zu zahlenden Gesamtbetrag, Zahlungsarten und -bedingungen, Liefer- bzw. Leistungsangaben (einschließlich Datum, Ort und Art der Ausführung) sowie alle speziellen Rechte oder Pflichten in Bezug auf Stornierung, Rücksendung, Umtausch und Erstattung anzugeben. Der Online-Einzelhändler muss dem Verbraucher ausdrücklich Gelegenheit geben, den Vertrag anzunehmen, abzulehnen oder Vertragskorrekturen durchzuführen und muss je nach Provinz innerhalb von 15 Tagen eine schriftliche Vertragskopie zur Verfügung stellen. E-COMMERCE Rechtsbehelfe in Bezug auf (bedingte) Einzelhandelskaufverträge, die durch Internetkommunikation zustande kommen. Bedenkzeit im E-Commerce Die Verbraucherschutzgesetze der meisten Provinzen erlauben es dem Verbraucher, während einer bestimmten Bedenkzeit Verträge zu widerrufen. Viele der Provinzgesetze enthalten auch Bestimmungen zur „funktionalen Gleichwertigkeit“ von schriftlichen und unterschriebenen Verträgen, um den Anforderungen im Zusammenhang mit E-Commerce gerecht zu werden. Der Ontario Consumer Protection Act 2002 gewährt einem Verbraucher beispielsweise unter bestimmten Umständen das Recht, einen im Internet geschlossenen Vertrag jederzeit innerhalb einer Frist von sieben Tagen nach Zugang der Kopie des Internetvertrages zu widerrufen. In British Columbia gelten ähnliche „Bedenkzeiten“. Wettbewerbsrecht und Online-Werbung Allgemeines Der Competition Act, ein Bundesgesetz zur Regelung geschäftlichen Verhaltens in Kanada, hat zum Ziel, den Wettbewerb zu fördern und wettbewerbswidrige Verhaltensweisen zu verhindern. Das Gesetz enthält sowohl straf- als auch zivilrechtliche Vorschriften, die falsche oder irreführende Darstellungen und betrügerische Marketingpraktiken verbieten. STIKEMAN ELLIOTT LLP N7 E-COMMERCE Die Auffassung der Wettbewerbsbehörde Das Competition Bureau veröffentlichte im Jahr 2003 einen Leitfaden mit einer Beschreibung der Verwaltungspraxis in Bezuzg auf das Internet. Dieser Leitfaden mit dem Titel Application of the Competition Act to Representations on the Internet drückt die Auffassung der Wettbewerbsbehörde aus, dass der Competition Act gleichermaßen für alle Online-Darstellungen anzuwenden ist, unabhängig davon, ob sie sich auf Online- oder Offline-Verkäufe beziehen. Irreführende Darstellungen nach dem Competition Act Ein Verstoß gegen den Competition Act liegt vor, wenn entweder der allgemeine Eindruck oder die tatsächliche Bedeutung einer Darstellung in einem wesentlichen Punkt falsch oder irreführend ist. Ob Wesentlichkeit gegeben ist, bestimmt sich danach, ob die Darstellung einen Verbraucher zugunsten des Kaufs eines Produktes oder einer Dienstleistung beeinflussen könnte. Die Wettbewerbsbehörde prüft, ob die Darstellung eine Person zu einem ganz bestimmten Verhalten veranlassen könnte. Die Wettbewerbsbehörde vertritt die Ansicht, dass sich das Kriterium der Wesentlichkeit über Darstellungen, die Käufer bei Kaufüberlegungen beeinflussen, hinaus auch auf Darstellungen erstreckt, die das Verbraucherverhalten beeinflussen, wie etwa Darstellungen, die den Verbraucher zum Besuch einer bestimmten Website anstelle einer anderen verleiten. Online-Haftungsausschluss Im Allgemeinen fordert der Leitfaden, dass ein Online-Haftungsausschlusses so gestaltet wird, dass Verbraucher diesen höchstwahrscheinlich wahrnehmen. Sofern ein Haftungsausschluss verwendet wird, um eine Darstellung näher zu bestimmen oder dieser entgegenzutreten, müssen eine Reihe weiterer Kriterien erfüllt werden. Der Leitfaden verlangt insbesondere von Anbietern, bestimmte Produktinformationen zu veröffentlichen, um irreführende Darstellungen in Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes zu vermeiden. Zu diesen Informationen gehören: (i) Preisangaben, (ii) weitere anfallende Kosten, (iii) Zahlungsbedingungen, (iv) sämtliche Einschränkungen und Bedingungen in Bezug auf Garantien und Gewährleistungen, (v) geografische oder zeitliche Beschränkungen beim Verkauf des Produktes, (vi) Lieferbedingungen, (vii) alle wesentlichen Richtlinien hinsichtlich des Verkaufs von Dienstleistungen und (viii) detaillierte Angaben zu Rücksendung, Umtausch, Stornierung und Erstattung. Darüber hinaus legt der Leitfaden die Auffassung der Wettbewerbsbehörde dar, dass Personen außerhalb Kanadas, die Online-Darstellungen schaffen, bei denen vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass sie die kanadische Öffentlichkeit erheblich beeinflussen, damit rechnen müssen, Gegenstand einer Untersuchung nach dem Competition Act zu werden. Es können Maßnahmen ergriffen werden, um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass Internetdarstellungen, die Kanada nicht erreichen sollen, von der Wettbewerbsbehörde als erhebliche Beeinflussung kanadischer Verbraucher angesehen werden. Zu diesen Maßnahmen gehören: Der N8 STIKEMAN ELLIOTT LLP E-COMMERCE Hinweis, dass die Darstellungen für ein anderes Gebiet als Kanada vorgesehen sind; eine Verpflichtung für Käufer, ihr Herkunftsland anzugeben und für diese Käufer eine Seite zur Verfügung zu stellen (oder solche Käufer auszuschließen); sowie die Vermeidung von Darstellungen, die den Eindruck vermitteln, dass die Seite für die Nutzung in Kanada vorgesehen ist. SPRACHREGELUNGEN IN QUEBEC Zwei Gerichte in Quebec haben entschieden, dass die Gesetze der Provinz zur Sprachregelung auch auf Internetaktivitäten anzuwenden sind. Im Fall Procureur Général du Québec v. Hyperinfo Canada, Inc. entschied das Gericht, dass Quebecs Gesetze zur Sprachregelung auf eine Webseite mit Ursprung in Quebec anzuwenden seien, obwohl der Versuch unternommen wurde, den Zugriff durch die Einwohner Quebecs auf die Seite zu unterbinden. Zu einem ähnlichen Schluss kam das Gericht im Fall Procureur Général du Québec v. Reid in Zusammenhang mit einer anderen Webseite mit Ursprung in Quebec. Entsprechend müssen in Quebec ansässige Unternehmen oder in Quebec tätige Unternehmen sicherstellen, dass ihre Tätigkeiten, einschließlich ihrer Online-Aktivitäten, die Sprachgesetze Quebecs einhalten. REGISTRIERUNG VON DOMAINNAMEN Die „.ca“-Länderkennung als Toplevel-Domain wird von der Canadian Internet Registration Agency (CIRA) verwaltet. Die CIRA hat verschiedene Regeln zur Eintragung von „.ca“-Toplevel-Domains erlassen, darunter die „Canadian Presence Requirements“ (CPR), die gegenwärtig die Eintragung auf Personen und Organisationen (einschließlich Unternehmen) beschränken, die eine tatsächliche Verbindung zu Kanada aufweisen (beispielsweise, im Falle von natürlichen Personen, die kanadische Staatsbürgerschaft oder einen dauerhaften Wohnsitz in Kanada; im Falle von Gesellschaften, eingetrgenen Treuhandgesellschaften oder ähnlichen Organisationen, deren Eintragung in Kanada; oder die Inhaberschaft einer in Kanada eingetragenen Marke). Eine nicht in Kanada ansässige Person oder Organisation kann die „.ca“-Domäne durch Gründung einer kanadischen „corporation“, eines „partnership“ oder eines „trust“ erlangen, vorausgesetzt, der gewählte Rechtsträger erfüllt die CPR-Anforderungen. STIKEMAN ELLIOTT LLP N9 STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA O Datenschutz Allgemeines ......................................................................................................................... 2 PIPEDA ............................................................................................................................... 2 Hintergrund .................................................................................................................... 2 Allgemeines ................................................................................................................... 3 Anwendung .................................................................................................................... 3 Verpflichtungen nach PIPEDA ....................................................................................... 4 Rechtsbehelfe ................................................................................................................ 6 Gesetzgebung der Provinzen ............................................................................................. 6 Quebec .......................................................................................................................... 7 „Common Law“ Provinzen ............................................................................................. 7 Vergleich zwischen PIPEDA und den Datenschutzgesetzen der Provinzen................. 7 Datenschutzgesetze im Gesundheitswesen ....................................................................... 8 © STIKEMAN ELLIOTT LLP SEPTEMBER 2007 DATENSCHUTZ Datenschutz ALLGEMEINES Datenschutzgesetze zur Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten im Bereich der öffentlichen Hand bestehen seit der Verabschiedung des Canadian Human Rights Act (CHRA) durch die kanadische Bundesregierung im Jahr 1977. Bestimmte Abschnitte des CHRA, die den Schutz persönlicher Daten behandelten, wurden 1983 aufgehoben und durch den kanadischen Privacy Act ersetzt, welcher auch heute noch auf die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten durch die Institutionen der kanadischen Bundesregierung anwendbar ist. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Gesetzen, die den Datenschutz und den Zugriff auf persönliche Daten regeln, die von Behörden und Einrichtungen der Provinzen und Territorien verwaltet werden. In Ontario enthalten beispielsweise der Freedom of Information and Protection of Privacy Act und der Municipal Freedom of Information and Protection of Privacy Act Bestimmungen zur Erhebung, Nutzung, Aufbewahrung und Offenlegung von persönlichen Informationen durch Regierungsbehörden. Die Regulierung des Umgangs mit persönlichen Daten im Privatsektor erfolgte in Kanada hingegen erst wesentlich später. Die Einführung einer gesetzlichen Regelung hinsichtlich des Datenschutzes in Kanada ist einerseits auf das Wachstum des Internets und die Einführung weiterer technologischer Fortschritte rückführbar, die die Erhebung, Aufbewahrung, Organisation und Verbreitung persönlicher Daten erheblich vereinfachen, sowie andererseits auf die Einführung der Europäischen Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995. Auf Provinzebene haben nunmehr drei Provinzen – Quebec, British Columbia und Alberta – Gesetze verabschiedet, die allgemeine Regelungen zum Schutz persönlicher Daten in der Privatwirtschaft treffen. Ferner haben vier Provinzen – Ontario, Manitoba, Saskatchewan und Alberta – Gesetze verabschiedet, die speziell den Schutz von persönlichen Gesundheitsdaten in der Privatwirtschaft regeln. Auf Bundesebene hat das Parlament den Personal Information Protection and Electronic Documents Act (PIPEDA) erlassen, der am 1. Januar 2004 in Kraft trat und im Folgenden erläutert wird. PIPEDA Hintergrund Die kanadische Regierung verließ sich bei der Schaffung der rechtlichen Datenschutzbestimmungen maßgeblich auf die Mitwirkung der Privatwirtschaft. Die Canadian Standards Association erarbeitete gemeinsam mit Industrie, Verbrauchern und Regierung ein Modellgesetz zum Schutze persönlicher Informationen (Model Code for the Protection of Personal Information), das den Schutz von Verbrauchern bei Geschäften im privatwirtschaftlichen Bereich gewährleisten sollte. Da das Gesetz ausdrücklich auf freiwilliger Mitwirkung beruhte, gab es keinerlei Möglichkeit, seine Bestimmungen durchzusetzen oder eine angemessene Datenverwaltung in Kanada anzuregen. Zur Schaffung angemessener regulatorischer Rahmenbedingungen griff O2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Allgemeines PIPEDA wurde in drei Phasen umgesetzt. Die erste Umsetzungsphase begann am 1. Januar 2001. Zu diesem Zeitpunkt fand das Gesetz auf den bundesrechtlich geregelten privatwirtschaftlichen Sektor und auf Daten, die landes- oder provinzübergreifend offengelegt wurden, Anwendung. Bundesrechtlich regulierte Wirtschaftszweige umfassen Industrien, wie Banken, Fluggesellschaften, Rundfunkanstalten, Spediteure und Telekommunikationsunternehmen. DATENSCHUTZ die Regierung im Wesentlichen auf das bestehende Modellgesetz zurück und schrieb dessen Regelungsregime in Teil I des PIPEDA fest. Am 1. Januar 2002 wurde der Anwendungsbereich von PIPEDA auf „persönliche Gesundheitsdaten“ ausgeweitet. Diese Daten betreffen sämtliche Informationen über den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand einer Person (lebend oder verstorben), sämtliche in Anspruch genommenen Gesundheitsleistungen, Informationen über Organspenden oder Spenden sonstiger Substanzen oder jegliche Daten, die im Rahmen oder im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Versorgung erhoben wurden. Die dritte und letzte Umsetzungsphase wurde am 1. Januar 2004 abgeschlossen. An diesem Stichtag war PIPEDA auf sämtliche persönliche Daten anwendbar, welche vollständig oder teilweise innerhalb Kanadas im Rahmen einer „Geschäftstätigkeit“ erhoben, genutzt oder offengelegt wurden. Geschäftstätigkeit in diesem Sinne ist jede bestimmte Transaktion, Handlung, Verhaltensweise oder regelmäßige Verhaltensweise, sofern sie gewerblichen Charakter hat, einschließlich Verkauf, Tausch oder Vermietungen von Spender- oder Geldgeberlisten. Diese letzte Phase weitete den Anwendungsbereich von PIPEDAs Datenschutzbestimmungen auf sämtliche Handelsgeschäfte in Kanada aus. Der Supreme Court of Canada versteht die informationelle Selbstbestimmung als das Recht einer Person, selbst zu bestimmen, wann, wie und in welchem Ausmaß er oder sie persönliche Informationen offenbaren will. Teil I des PIPEDA erkennt dieses Recht einfach-gesetzlich an, indem es Einzelpersonen die Möglichkeit einräumt, zu bestimmen, wie ein Unternehmen im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit mit ihren persönlichen Daten verfahren darf. PIPEDA regelt die Erhebung, Nutzung oder Offenlegung persönlicher Daten, wie Anschriften, Telefonnummern, E-MailAdressen, Kreditkartendaten, Sozialversicherungsnummern, Finanz- und Gesundheitsdaten sowie Daten zu kundespezifischem Konsumverhalten oder die persönlichen Gewohnheiten einer Person. Die gesetzlichen Bestimmungen gelten unabhängig davon, ob persönliche Daten direkt von einem Verbraucher oder indirekt über Dritte erlangt wurden. Anwendung Kanada verfügt über eine föderale Struktur mit verfassungsrechtlich definierten Zuständigkeitsbereichen für die Bundesregierung und die entsprechenden Provinzregierungen im ganzen Land. Section 92 des Constitution Act, 1867 sieht die STIKEMAN ELLIOTT LLP O3 DATENSCHUTZ ausschließliche Zuständigkeit der Provinzregierungen in Kanada für den lokalen Handel sowie Eigentums- und Bürgerrechte vor. In Ansehung dieser Zuständigkeitsverteilung spricht PIPEDA dem Bundeskabinett das Recht zu, Unternehmen in einer Provinz von der Anwendung des PIPEDA zu befreien, deren Datenschutzgesetze „im Wesentlichen vergleichbar“ mit Teil I des PIPEDA sind. Eine solche Befreiung gilt jedoch nur für die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Informationen innerhalb einer Provinz. Extraprovinzielle oder internationale Aspekte der Datenerhebung oder -verarbeitung unterliegen weiterhin PIPEDA, ungeachtet einer solchen Ausnahmeregelung. PIPEDA gilt daher nur in Bezug auf persönliche Daten, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit von staatlich geregelten privatwirtschaftlichen Unternehmen erfasst, genutzt oder offengelegt werden, und auf persönliche Informationen, die im Zuge der Geschäftstätigkeit sonstiger privatwirtschaftlicher Unternehmen erfasst, genutzt oder offengelegt werden und über die Grenzen von Provinzen oder Kanadas hinweg weitergegeben werden, oder wenn diese innerhalb einer kanadischen Provinz, in der keine Rechtsvorschriften erlassen wurden, die „im Wesentlichen vergleichbar“ mit den PIPEDA-Bestimmungen sind, erfasst, genutzt oder offengelegt werden. Bislang hat die kanadische Bundesregierung den Alberta Personal Information Protection Act (APIPA), den British Columbia Personal Information Protection Act (BCPIPA) und Quebecs Act respecting the protection of personal information in the private sector (Quebec Private Sector Act) als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA anerkannt. Der Personal Health Information Protection Act (PHIPA) in Ontario wurde nur in Bezug auf persönliche Gesundheitsdaten als „im Wesentlichen vergleichbar“ erachtet. Daher gilt PIPEDA in Ontario weiterhin für alle anderen personenbezogenen Daten. PIPEDA regelt die Erhebung, Offenlegung und Nutzung von personenbezogenen Daten im privaten Sektor in allen anderen Provinzen. Was die persönlichen Daten von Beschäftigten betrifft, legt PIPEDA nur Bestimmungen zur Erhebung, Nutzung und Offenlegung für Personen fest, die bei staatlichen Betrieben oder Unternehmen angestellt sind (d.h. Arbeitgeber aus den Bereichen Luftfahrt, Telekommunikation, Rundfunk und Bankwesen). Folglich ist PIPEDA selbst auf provinzübergreifend weitergegebene Daten nur anwendbar, wenn es sich um ein bundesrechtlich reguliertes Unternehmen handelt. Der APIPA, der BCPIPA und der Quebec Private Sector Act regeln den Umgang mit persönlichen Daten von Beschäftigten im privaten Sektor (in einigen Fällen einschließlich ehrenamtlicher Tätigkeiten) in diesen Provinzen. Verpflichtungen nach PIPEDA Nach den Bestimmungen von PIPEDA muss allen Personen die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre wohlverstandene Zustimmung zu der Erhebung, Nutzung oder Offenlegung ihrer persönlichen Daten zu erklären. PIPEDA statuiert Regeln hinsichtlich der Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten und fordert von Unternehmen die Aufstellung und Durchsetzung formaler Richtlinien, die den O4 STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ■ ■ ■ ■ ■ DATENSCHUTZ Umgang mit persönlichen Daten betreffen. Dabei haben die Richtlinien die Persönlichkeitsrechte einer Person zu respektieren, während sie zugleich die zulässige Erhebung und Nutzung persönlicher Daten durch Unternehmen erlauben. Im Allgemeinen verpflichtet PIPEDA Unternehmen zur Einhaltung der folgenden zehn Datenschutzprinzipien, die ursprünglich im Model Code for the Protection of Personal Information der Canadian Standards Association aufgeführt waren und nun in Anhang I von PIPEDA aufgenommen wurden: Verantwortlichkeit: Jedes Unternehmen ist für die persönlichen Daten, die es erhebt verantwortlich und muss eine Person ernennen, die für die Einhaltung der zehn PIPEDA-Prinzipien durch das Unternehmen verantwortlich ist. Zudem muss jedes Unternehmen persönliche Daten, die es externen Dienstleistern zur Verfügung stellt, durch vertragliche oder anderweitige Maßnahmen (wie beispielsweise die Verschlüsselung persönlicher Daten oder die Angabe anonymisierter Daten) schützen. Darüber hinaus ist das Unternehmen verpflichtet, interne Datenschutzrichtlinien und -praktiken für die von ihm gesammelten Daten festzulegen und umzusetzen. Die Kontroll- und Compliancemechanismen sollten umgesetzt und regelmäßig überprüft werden, um zu gewährleisten, dass sie den sich wandelnden Anforderungen des Unternehmens Rechnung tragen. Zweckbestimmung: Der Zweck der Datenerhebung ist vor oder zum Zeitpunkt der Erhebung zu bestimmen. Zustimmung: Die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten erfordert die Kenntnis und Zustimmung der betreffenden Person. Die Zustimmung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Jedes Unternehmen hat zu gewährleisten, dass die Personen, deren persönliche Daten erfasst werden, von dem Zweck der Erhebung, Nutzung und Offenlegung Kenntnis haben. Einschränkungen der Erhebung: Die Erhebung persönlicher Daten ist auf das durch den festgelegten Zweck Notwendige zu beschränken. Es muss ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den erfassten persönlichen Daten und dem festgelegten Zweck bestehen. Zudem sind Verfahren zu entwickeln, um sicherzustellen, dass bereits erfasste persönliche Daten nicht für Zwecke verwendet oder offengelegt werden, die der betreffenden Person nicht mitgeteilt wurden und für die sie keine vorherige Zustimmung erteilt hat. Beschränkungen der Nutzung, Offenlegung und Aufbewahrung: Persönliche Daten dürfen ohne Zustimmung der betreffenden Person nicht für einen anderen als den für die Erhebung vorgesehenen Zweck verwendet oder offengelegt werden und dürfen nur so lange wie notwendig zur Erfüllung des festgelegten Zweckes aufbewahrt werden. Genauigkeit: Persönliche Daten haben für die Erfüllung des festgelegten Zweckes richtig, vollständig und auf dem neuesten Stand zu sein. STIKEMAN ELLIOTT LLP O5 DATENSCHUTZ ■ ■ ■ ■ Schutzmaßnahmen: Persönliche Daten sind sicher vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Die Beschäftigten sind über die Notwendigkeit zur Einhaltung der Geheimhaltungspflicht in Bezug auf persönliche Daten zu unterrichten. Transparenz: Unternehmen müssen in Bezug auf die Verwaltung ihrer persönlichen Daten transparent und offen sein. Individuelle Zugriffsrechte: Auf Anfrage ist einer Person Zugriff auf ihre persönlichen Daten sowie die Möglichkeit zur Berichtigung derselben zu gewähren. Ebenso ist auf Anfrage eine Liste derjenigen Personen, denen Zugriff auf solche Informationen gewährt wurde, zur Verfügung zu stellen. Überprüfbarkeit der Einhaltung dieser Prinzipien: Privatpersonen sollen die Möglichkeit haben, sich über die Einhaltung der Datenschutzprinzipien eines Unternehmens Gewissheit zu verschaffen. Jedes Unternehmen hat Verfahren festzulegen, nach denen Beschwerden und Anfragen über seine Datenschutzrichtlinien und -praktiken entgegengenommen und beantwortet werden. Rechtsbehelfe Jede Person hat das Recht, sich beim Datenschutzbeauftragten von Kanada zu beschweren oder unter bestimmten Umständen ein Gericht anzurufen. PIPEDA gibt dem Datenschutzbeauftragten von Kanada weitreichende Untersuchungs- und Prüfungsbefugnisse zur Beilegung von Streitigkeiten und zur Schaffung wirksamer Einhaltungsmechanismen. Darüber hinaus ist der Datenschutzbeauftragte berechtigt, sämtliche Informationen in Bezug auf die Datenverwaltungspraktiken eines Unternehmens offenzulegen, wenn eine solche Offenlegung nach seiner Auffassung im öffentlichen Interesse liegt. Die Gesetzgebung sieht außerdem einen so genannten „Whistleblowing“-Schutz für Angestellte vor, die Verstöße oder Missstände melden, sofern sie dabei in gutem Glauben handeln. Wenn ein Unternehmen die PIPEDA-Bestimmungen nicht einhält, kann es angewiesen werden, seine Praktiken zu korrigieren und diese Maßnahme öffentlich bekanntzugeben. Dem Beschwerdeführer kann Schadensersatz, einschließlich Schmerzensgeld für Demütigungen, zugesprochen werden. Darüber hinaus können ein Unternehmen, seine Verwaltungsmitglieder (directors), leitende Angestellte (officers) oder Arbeitnehmer wegen der Nichteinhaltung bestimmter PIPEDAVorschriften mit einer Geldstrafe von bis zu CDN$ 100.000,00 belegt werden. GESETZGEBUNG DER PROVINZEN Wie oben erwähnt, haben derzeit nur Quebec, British Columbia und Alberta allgemeine Datenschutzgesetze für den privaten Sektor erlassen, wobei jede dieser Rechtsvorschriften als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA anerkannt wurde. Die Datenschutzgesetze unterscheiden sich von Provinz zu Provinz erheblich und trotz des Erfordernisses, dass die Gesetze „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA sein müssen, sind gewisse Schutzvorschriften allein in einigen Provinzen vorhanden, in anderen dagegen nicht. O6 STIKEMAN ELLIOTT LLP DATENSCHUTZ Quebec Der Quebec Private Sector Act regelt die Erhebung, Speicherung und den Austausch personenbezogener Daten durch privatwirtschaftliche Unternehmen, die in der Provinz Quebec tätig sind. Die im Rahmen des Quebec Private Sector Act aufgestellten Regeln dienen als Ergänzung zu den Datenschutzbestimmungen des Civil Code von Quebec und behandeln auch Fragen der Weitergabe persönlicher Daten außerhalb der Provinz. Im Jahr 2003 erkannte die kanadische Bundesregierung den Quebec Private Sector Act als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit Teil I des PIPEDA an. Daher sind die meisten Unternehmen, die in Quebec tätig und nicht bundesstaatlich reguliert sind, von diesem Teil des Bundesgesetzes zum Umgang mit persönlichen Daten ausgenommen. Entsprechend gelten die Gesetze von Quebec innerhalb der Provinz anstelle des PIPEDA, solange sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmens innerhalb der Provinz stattfinden. Erfolgt die Erhebung, Nutzung oder Offenlegung persönlicher Daten über die Grenzen von Quebec hinaus, erscheint die gleichzeitige Anwendung des PIPEDA und des Quebec Private Sector Act denkbar. „Common Law“ Provinzen In Ontario regelt derzeit allein PIPEDA die Datenschutzpraktiken des privaten Sektors. Im Februar 2002 veröffentlichte das Ministry of Consumer and Business Services einen Gesetzesentwurf mit dem Titel Privacy of Personal Information Act, 2002, der als Grundlage für das Datenschutzrecht im privaten Sektor Ontarios dienen sollte; jedoch wurde dieser Gesetzesentwurf nie als Gesetz erlassen. Im Oktober 2003 verabschiedete British Columbia den BCPIPA, der Vorschriften über die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten durch Unternehmen in der Provinz statuiert. Alberta folgte kurze Zeit später diesem Beispiel und verabschiedete im Dezember 2003 den APIPA. Die PIPAs von British Columbia und Alberta traten am 1. Januar 2004 in Kraft und wurden am 12. Oktober 2004 für „im Wesentlichen vergleichbar“ erklärt. Vergleich zwischen PIPEDA und den Datenschutzgesetzen der Provinzen Wenn man PIPEDA mit den Datenschutzgesetzen der Provinzen vergleicht, ist das Erfordernis der Zustimmung von besonderer Bedeutung. PIPEDA erfordert bei der Erhebung, Nutzung oder Offenlegung sensibler persönlicher Daten eine ausdrückliche vorherige („opt-in“) Zustimmung (wie beispielsweise bei Gesundheits- oder Finanzdaten). Eine stillschweigende („opt-out“) Zustimmung ist unter PIPEDA zulässig, sofern es sich nicht um sensible Daten handelt (z.B. im Falle von Adressenangaben für herkömmliche Zeitschriftenabonnements). Andererseits ist sowohl unter dem BCPIPA als auch dem APIPA eine stillschweigende Zustimmung für sämtliche Arten persönlicher Daten zulässig, sofern bestimmte Angemessenheitskriterien erfüllt werden. In Quebec hat die STIKEMAN ELLIOTT LLP O7 DATENSCHUTZ Zustimmung offenkundig, freiwillig und nach vorheriger Aufklärung zu erfolgen und muss für einen bestimmten Zweck erteilt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt beim Vergleich der Datenschutzgesetze für die Privatwirtschaft auf Bundes- und Provinzebene steht in Zusammenhang mit dem Erwerb oder dem Verkauf von Unternehmen. Sowohl der BCPIPA als auch der APIPA enthalten eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis für die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Daten durch ein Unternehmen im Rahmen einer „Unternehmenstransaktion“, wozu per definitionem der Kauf, Verkauf, die Verpachtung, die Verschmelzung des oder der Zusammenschluss mit dem Unternehmen gehören. In Quebec ist beim Verkauf oder Kauf eines Unternehmens die Zustimmung der betroffenen Kunden sowie der Arbeitnehmer erforderlich, bevor persönliche Daten an potentielle Käufer weitergegeben werden dürfen. Im Gegensatz dazu enthält PIPEDA keine vergleichbare Ausnahme für „Unternehmenstransaktionen“, obgleich dieser Aspekt im Rahmen der kürzlich erfolgten Fünf-JahresÜberprüfung angesprochen wurde und eine Änderung vorgesehen ist. Entsprechend wäre es umsichtig, die Zustimmung der betreffenden Personen vor der Weitergabe persönlicher Daten im Rahmen von Unternehmenstransaktionen einzuholen, wenn Bundesrecht anwendbar sind. DATENSCHUTZGESETZE IM GESUNDHEITSWESEN Eine Vielzahl von Gesetzen regelt den Datenschutz hinsichtlich persönlicher Gesundheitsdaten in der Privatwirtschaft. Allgemein gilt PIPEDA für die Erhebung, Nutzung und Offenlegung persönlicher Gesundheitsdaten, und vier Provinzen – Ontario, Alberta, Saskatchewan und Manitoba – haben eigene Gesetze zu persönlichen Gesundheitsdaten erlassen. Seitdem Ontarios Personal Health Information Protection Act, 2004 in Bezug auf die persönlichen Gesundheitsdaten als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA angesehen wurde, findet PIPEDA in Ontario insoweit keine Anwendung. Personen, die mit persönlichen Gesundheitsdaten in den Provinzen Saskatchewan und Manitoba zu tun haben, deren PHIPAs bislang noch nicht als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA erklärt wurden, müssen sowohl die entsprechenden Provinzgesetze als auch PIPEDA beachten. In Alberta ist die Situation unklar: Während das allgemeine provinzrechtliche Datenschutzrecht für den privaten Sektor als „im Wesentlichen vergleichbar“ mit PIPEDA anerkannt worden ist, gilt dies nicht für die gesundheitsspezifischen Gesetze, weshalb PIPEDA noch auf bestimmte persönliche Gesundheitsdaten anwendbar sein könnte. In British Columbia und Quebec ist die Gesetzgebung zum Umgang mit persönlichen Daten in der Privatwirtschaft auch auf persönliche Gesundheitsdaten anwendbar. Daher gilt PIPEDA in diesen beiden Provinzen vermutlich nicht. PIPEDA ist weiterhin maßgebend für sämtliche Provinzen, in denen der Umgang mit persönlichen Gesundheitsdaten grenz- oder landesüberschreitend erfolgt. O8 STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA P Steuern Einkommensteuer ............................................................................................................... 2 Allgemeines ................................................................................................................... 2 Besteuerung in Kanada ansässiger Personen (Grundprinzipien) ................................. 2 Besteuerung nicht in Kanada ansässiger Personen (Grundprinzipien)......................... 4 Einkommensarten .......................................................................................................... 6 Weitere Fragen der Einkommensteuer .......................................................................... 8 Kapitalsteuer für Unternehmen ......................................................................................... 10 Goods and Services Tax und Harmonized Sales Tax (GST) ........................................... 10 Umsatzsteuer in den Provinzen ........................................................................................ 11 Provinzielle Lohnsteuer ..................................................................................................... 11 Grundsteuer ...................................................................................................................... 12 Methoden der unternehmerischen Betätigung in Kanada ................................................ 12 Kanadische Tochtergesellschaft .................................................................................. 12 Kanadische Zweigniederlassung ................................................................................. 12 Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft ............................................................ 13 Kauf eines in Kanada ansässigen Unternehmens ............................................................ 15 © STIKEMAN ELLIOTT LLP FEBRUAR 2012 STEUERN Steuern EINKOMMENSTEUER Allgemeines Das weltweite Einkommen (einschließlich Kapitalerträge) in Kanada ansässiger Personen unterliegt dem kanadischen Income Tax Act (Canada) (ITA) sowie der Steuergesetzgebung der betreffenden Provinzen. Bei nicht in Kanada ansässigen Personen unterliegt grundsätzlich nur das in Kanada erzielte Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit, abhängiger Beschäftigung oder der Veräußerung von „Taxable Canadian Property“ der Besteuerung. Obwohl alle Provinzen eine eigene Steuergesetzgebung haben, erheben nur Alberta und Quebec eigene Körperschaftsteuern, eine gesonderte Einkommensteuer wird nur in Quebec erhoben. Alle anderen Provinzen lassen Steuern in ihrem Namen von bundesstaatlichen Behörden einziehen. Besteuerung in Kanada ansässiger Personen (Grundprinzipien) Natürliche Personen In Kanada ansässige natürliche Personen müssen ihr Welteinkommen einschließlich Kapitalerträge in Kanada versteuern. Ob eine Person in Kanada ansässig ist, wird auf Einzelfallbasis entschieden. Generell wird davon ausgegangen, dass Personen in dem Land ansässig sind, in dem sie sich regelmäßig aufhalten. Hierbei handelt es sich in der Regel um das Land, in dem diese Personen einen regelmäßig genutzten Wohnsitz und/oder bedeutende soziale, wirtschaftliche oder familiäre Bindungen haben. Weiterhin gelten Personen als ganzjährig in Kanada ansässig, wenn sie sich innerhalb eines Kalenderjahres mindestens 183 Tage in Kanada aufhalten. In vielen Fällen lässt sich anhand geltender Steuerabkommen feststellen, in welchem Land eine Person ansässig ist. Bundesrechtliche Steuersätze sind progressiv und die Grenzbeträge der Steuerklassen werden jährlich inflationsbereinigt. Die Steuersätze der vom Bund erhobenen Einkommensteuer für natürliche Personen liegen für 2012 zwischen 15% und 29%. Der Spitzensteuersatz gilt ab einem steuerpflichtigen Einkommen von CAD 132.406. In der Regel erheben die Provinzen im Rahmen eines sogenannten „Tax-on-Income“-Modells eigene Einkommensteuern in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des von den Bundesbehörden berechneten steuerpflichtigen Einkommens. Dabei variieren die Spitzensteuersätze je nach Provinz zwischen 10% in Alberta und 24% in Quebec. Kapitalgesellschaften Ebenso wie natürliche Personen werden in Kanada ansässige Unternehmen in Kanada mit ihrem Welteinkommen besteuert. Ob ein Unternehmen in Kanada ansässig ist, wird ebenfalls auf Einzelfallbasis entschieden. Generell gelten Unternehmen als in Kanada ansässig und körperschaftsteuerpflichtig, deren P2 STIKEMAN ELLIOTT LLP STEUERN zentrale Führung und Verwaltung von Kanada aus erfolgt. Weiterhin gelten gemäß ITA in Kanada eingetragene Unternehmen oder Tochtergesellschaften von Unternehmen als in Kanada ansässig. Bei Zweifelsfällen lässt sich meist anhand von Steuerabkommen feststellen, in welchem von zweier Ländern ein Unternehmen ansässig ist. Der allgemeine Steuersatz der bundesstaatlichen Körperschaftsteuer für das Steuerjahr 2012 liegt bei 15%. Die provinziellen Körperschaftsteuersätze für 2012 reichen von 10% bis 16%. Personengesellschaften Personengesellschaften unterliegen nicht der kanadischen Körperschaftsteuer, da sie steuerrechtlich als „Flow-Through-Entities“ gelten, deren Gewinne und Verluste an die Anteilseigner „durchfließen“ und nur von diesen versteuert werden. Für die Berechnung von Gewinnen und Verlusten der Anteilseigner werden Personengesellschaften jedoch als separate Rechtsträger behandelt. Nach der Berechnung des im Rahmen der Personengesellschaft erzielten Einkommens wird dieses Einkommen den einzelnen Anteilseignern im Verhältnis ihrer Beteiligung zugerechnet. Verluste fließen ebenfalls an die Gesellschafter durch. Unter bestimmten Umständen gelten jedoch Höchstbeträge für die steuerliche Geltendmachung von Verlusten bei beschränkt haftenden Gesellschaftern. Trusts Grundsätzlich gelten in Kanada ansässige Trusts als eigenständige Rechtspersonen. Ihre Besteuerung ist mit der von natürlichen Personen vergleichbar. Allerdings werden „Inter-Vivos-Trusts“ (lebzeitige Trusts, die nicht durch den Tod des Treugebers entstehen), nicht nach gestaffelten Steuersätzen, sondern immer nach dem Spitzensteuersatz besteuert. Die an Begünstigte ausgezahlten Beträge können grundsätzlich vom Trust-Einkommen abgezogen werden, sodass für den Trust keine Einkommenssteuerschuld entsteht, wenn seine Einkünfte jährlich vollständig an die Begünstigten weitergeleitet werden. Grundsätzlich gelten alle angefallenen Wertsteigerungen und -verluste am Eigentum des Trusts alle 21 Jahre als realisiert. Bestimmte ausländische Trusts (in der Regel solche, in die von in Kanada ansässigen Personen Vermögenswerte eingebracht werden), gelten als in Kanada ansässig. Steuerlich transparente Rechtsträger („Specified Investment Flow-ThroughEntities“) Öffentlich gehandelte Trusts und „Limited Partnerships“ waren aufgrund ihrer steuerlichen Transparenz beliebte Instrumente zur Minimierung der Unternehmenssteuern. Jedoch wurde der ITA zur Änderung der Besteuerung von bestimmten öffentlich gehandelten Trusts (und „Limited Partnerships“) – auch „specified investment flow-through entities“ oder „SIFTs“ – angepasst (die „SIFT Änderungen“). Entsprechend der SIFT Änderungen werden SIFTs und deren Begünstigte vergleichbar mit Körperschaften und deren Anteilsinhaber besteuert. STIKEMAN ELLIOTT LLP P3 STEUERN Eine wichtige Ausnahme von dieser Steuer gilt für Real Estate Investment Trusts (REITs), die von der Definition für SIFTs ausgenommen sind und daher nicht Subjekt der Besteuerung von „Income Trusts“, „Oil“ und „Gas Trusts“ und „Royalty Trusts“ sind. Besteuerung nicht in Kanada ansässiger Personen (Grundprinzipien) Nicht in Kanada ansässige Personen sind mit ihrem in Kanada erzielten Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, ihrem Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit in Kanada sowie Kapitalerträgen aus der Veräußerung von „Taxable Canadian Property“ steuerpflichtig, sofern geltende Doppelbesteuerungsabkommen nichts anderes vorsehen. Der Begriff „Taxable Canadian Property“ umfasst: ■ ■ ■ ■ ■ Immobilienbesitz in Kanada; für unternehmerische Tätigkeit in Kanada eingesetztes Eigentum; nichtnotierte Aktien oder Anteile an Personengesellschaften oder Trusts, wenn mehr als 50% deren Wertes zu einem beliebigen Zeitpunkt während der letzten 60 Monate vor der Veräußerung aus kanadischen Immobilien, aus kanadischen Bodenschätzen oder kanadischen Holzrohstoffen abzuleiten ist; und börsennotierte Aktien, falls innerhalb der vorangegangenen 60 Monate vor der Veräußerung sowohl (A) mehr als 50% des Wertes dieser Aktien aus kanadischem Immobilienbesitz, kanadischen Bodenschätzen oder kanadischen Holzrohstoffen abzuleiten ist und (B) die steuerpflichtige Person und Personen, mit denen er nicht nach dem „Arm’s-Length“-Prinzip handelt, mindestens 25% der Aktien dieser Gesellschaft hält. Die Provinzen erheben Einkommensteuern auf das steuerpflichtige Einkommen von nicht in Kanada ansässigen Personen, das diese Personen durch unternehmerische Tätigkeit in einer in der jeweiligen Provinz befindlichen Betriebsstätte erzielen (oder wenn sie behandelt werden, als hätten sie eine Betriebsstätte in einer Provinz), sowie auf Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung, die einer in der jeweiligen Provinz ausgeführten Tätigkeiten zuzurechnen sind. Unternehmerische Tätigkeit in Kanada Der ITA sieht vor, dass nicht in Kanada ansässige Personen einkommensteuerpflichtig sind, wenn sie in Kanada unternehmerisch tätig sind, jedoch nur hinsichtlich des Einkommens durch dieses Unternehmen. Gemäß „common law“ gilt die Tätigkeit einer Person in Kanada als unternehmerische Tätigkeit, wenn diese Person in Kanada geschäftliche Verträge abschließt oder die Einkünfte dieser Person aus in Kanada stattfindenden selbstständigen Tätigkeiten oder dort befindlichen Unternehmensstandorten stammen. Der ITA erweitert diese Bestimmung des „common law“. Als unternehmerische Tätigkeiten gelten in Kanada folgende Aktivitäten: Produktion, Kultivierung, Förderung, Kreation, Herstellung, Fertigung, Verbesserung, Verpackung, Konservierung und Konstruktion im Ganzen oder in P4 STIKEMAN ELLIOTT LLP STEUERN Teilen in Kanada, unabhängig davon, ob diese Güter vor einem Export veräußert werden; oder Annahme von Aufträgen sowie Angebot von Gütern zum Verkauf in Kanada durch einen Vertreter oder Beauftragten, unabhängig davon, ob die Transaktion innerhalb oder außerhalb Kanadas oder teilweise innerhalb und teilweise außerhalb Kanadas abgeschlossen wird. Abkommensvergünstigung für die kanadische Besteuerung von Unternehmensgewinnen Die in Kanada geltenden Doppelbesteuerungsabkommen entsprechen weitgehend der OECD Model Tax Convention on Income and Capital. Gemäß den in Kanada geltenden Doppelbesteuerungsabkommen sind Gewinne aus unternehmerischer Tätigkeit nur insoweit zu versteuern, als der nicht in Kanada ansässige Steuerpflichtige eine Betriebsstätte in Kanada unterhält. Unter einer Betriebsstätte ist ein dauerhafter Unternehmensstandort in Kanada zu verstehen, vom dem aus die Tätigkeit des Unternehmens oder der Körperschaft ganz oder teilweise ausgeübt wird. Gemäß der Canada-U.S. Income Tax Convention umfasst der Begriff Betriebsstätte zum Beispiel Verwaltungsstandorte, Zweigstellen, Büros, Produktionsanlagen, Werkstätten, Minen, Öl- oder Gasquellen, Steinbrüche und andere Stellen, an denen Rohstoffe abgebaut oder gefördert werden. Grundsätzlich hat entsprechend der Doppelbesteuerungsabkommen eine nicht in Kanada ansässige Person, die über einen Vertreter dort unternehmerische Tätigkeiten ausübt, dann eine Betriebsstätte in Kanada, wenn dieser Vertreter dauerhaft die Vollmacht besitzt, in Kanada im Namen der nicht dort ansässigen Person Verträge abzuschließen. Abgeltungssteuer Die meisten Formen von passivem Einkommen (darunter Dividenden, Zinseinnahmen, Mieteinnahmen, Lizenzgebühren), die von in Kanada ansässigen Personen an nicht in Kanada ansässige Personen ausgezahlt oder diesen gutgeschrieben werden, unterliegen grundsätzlich der kanadischen Abgeltungssteuer, die auf den Bruttobetrag dieser Einkommensarten erhoben wird. Gemäß ITA liegt der Steuersatz der kanadischen Abgeltungssteuer für nichtresidente Personen bei 25%. Dieser Satz reduziert sich bei Anwendung geltender Doppelbesteuerungsabkommen. Zum Beispiel beschränkt die Canada-U.S. Income Tax Convention die kanadische Abgeltungssteuer auf Dividenden, die von einem in Kanada ansässigen Unternehmen an in den USA ansässige Personen oder Körperschaften ausgezahlt werden, auf 15% bzw. 5%, falls es sich bei dem Empfänger um ein Unternehmen handelt, das mindestens 10% der stimmberechtigten Anteile der auszahlenden Gesellschaft besitzt. Der ITA sieht keine Abgeltungssteuer für Personen ohne Wohnsitz in Kanada vor, wenn Zinsen durch eine in Kanada ansässige Person an eine nicht in Kanada ansässige Person bezahlt werden, sofern die Personen auf „Arm‘s-Length“-Basis STIKEMAN ELLIOTT LLP P5 STEUERN handeln und die Zinszahlungen nicht als Beteiligungen behandelt werden. Gemäß der Canada-US Income Tax Convention ist die Erhebung einer Abgeltungssteuer auf Zinszahlungen an US-amerikanische Personen unabhängig vom „Arm‘s-Length“Prinzip ausgeschlossen, wenn keine Beteiligung vorliegt. Veräußerung von Vermögensgegenständen durch nichtresidente Personen Abgesehen von bestimmten Ausnahmen verlangt Section 116 des ITA von nicht in Kanada ansässigen Veräußerern von „Taxable Canadian Property“ (Definition s. oben) die Anforderung einer Freistellungsbescheinigung der Canada Revenue Agency (CRA) für die Veräußerung oder geplante Veräußerung. Diese muss entweder vor dem Verkauf oder bis spätestens 10 Tage nach der Veräußerung angefordert werden. Die Freistellungsbescheinigung wird ausgestellt, wenn der nicht in Kanada ansässige Veräußerer eine Vorauszahlung in Höhe von 25% des voraussichtlichen Kapitalertrags der Veräußerung auf die im Zusammenhang mit der Veräußerung entstehende Steuerschuld leistet oder der CRA gegenüber gleichwertige Sicherheiten bereitstellt. Diese Anforderungen gelten nicht für bestimmte Arten von Eigentum wie gelistete Aktien, Anteile an einem Investmentfonds, Anleihen, Obligationen und Eigentum dessen Wertzuwachs aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen mit einem anderen Land von der kanadischen Steuer ausgenommen ist (wobei in bestimmten Fällen eine Mitteilung an das CRA nötig ist). Bei Verkäufen gemäß dem „Arm’s-Length“-Grundsatz würde der Käufer grundsätzlich am Tage des Vertragsschlusses die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach Section 116 verlangen. Wird diese nicht vorgelegt, wird der Käufer 25% des Kaufpreises bis zur Vorlage zurückhalten, da er für diesen Betrag haftet, wenn eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht vorgelegt werden kann. Einkommensarten Kapitalerträge und Kapitalverluste Einer der wichtigsten Anreize des kanadischen Einkommensteuersystems besteht in der geringen Besteuerung von Kapitalerträgen. Nur die Hälfte aller Kapitalerträge wird dem zu versteuernden Einkommen des Steuerpflichtigen zugerechnet. Entsprechend kann die Hälfte aller Kapitalverluste im Jahr ihrer Entstehung von den zu versteuernden Kapitalerträgen abgezogen werden. Alle weiteren NettoKapitalverluste können in die vorangegangenen drei Steuerjahre zurückgetragen oder in beliebige zukünftige Steuerjahre vorgetragen werden. Dividenden Grundsätzlich wird auf Dividenden, die von in Kanada ansässigen Unternehmen an in Kanada ansässige Personen ausgezahlt werden, ein so genanntes „Gross-Up and Credit-System“ angewandt (Hochrechnung und steuerliche Anrechnung). Dieses System schafft einen Ausgleich dafür, dass auf die Dividenden bereits vor ihrer P6 STIKEMAN ELLIOTT LLP STEUERN Auszahlung Steuern erhoben wurden. Das „Gross-Up and Credit-System“ sorgt für die ungefähre Gleichstellung von direkt oder über Personengesellschaften erzieltem Einkommen und Einkommen aus Kapitalgesellschaften (auch als „Integration“ bezeichnet). Die Steueranrechnung für Dividenden entschädigt den Aktionär für die bereits bezahlte Unternehmenssteuer. Dies ist im Allgemeinen auf jegliche steuerbare Dividende anwendbar, die von einem Unternehmen bezahlt wurde, auf das kein reduzierter oder bevorzugter Steuertarif angewendet wurde. Dieses „Grossup and Credit“ führt zu einer tatsächlichen Minderung des Steuertarifs für Dividenden. Das „Gross-up and Credit“ System ist nicht anwendbar, wenn die Dividende von einem Unternehmen außerhalb Kanadas bezahlt wird. Grundsätzlich werden von einem in Kanada ansässigen Unternehmen an ein anderes in Kanada ansässiges Unternehmen gezahlte Dividenden dem Einkommen des Empfängers hinzugerechnet und anschließend von dessen zu versteuerndem Einkommen abgezogen. Demzufolge ist die Ausschüttung von Dividenden zwischen in Kanada ansässigen Unternehmen in der Regel steuerfrei. Dividenden, die von nicht in Kanada ansässigen Unternehmen an Unternehmen ausgeschüttet werden, die in Kanada ansässig sind, werden dem Einkommen des Empfängers voll zugerechnet, ohne dass der oben genannte Abzug erfolgt. Dies gilt nicht, wenn die Dividenden aus dem laufenden Einkommen eines nicht in Kanada ansässigen Unternehmens stammen, dieses Unternehmen eine Tochtergesellschaft eines in Kanada ansässigen Unternehmens ist und seinen Sitz in einem Land hat, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Auslandseinkommen In Kanada ansässige Steuerpflichtige werden mit ihrem Welteinkommen besteuert, das ausländische Einkommen einschließt. Werden diese ausländischen Einkommen in einem weiteren Land besteuert, kann anhand eines geltenden Doppelbesteuerungsabkommens festgestellt werden, welches Land für die Besteuerung zuständig ist. Werden von beiden Ländern Steuern erhoben, erfolgt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Steuerminderung in Kanada durch Anrechnung der im Ausland gezahlter Steuern. Bestimmte Arten passiven Einkommens, die im ITA als Foreign Accrual Property Income (FAPI) definiert sind, werden ungeachtet bestehender Doppelbesteuerungsabkommen dem Einkommen des kanadischen Steuerpflichtigen zugerechnet, wenn der Steuerpflichtige solche Einkünfte über ein von ihm kontrolliertes ausländisches Tochterunternehmen erzielt. Das ITA beinhaltet darüber hinaus Bestimmungen zu passiven Investments in ausländische Investment-Unternehmen. Arbeitseinkommen Einkommen aus abhängiger Beschäftigung unterliegen der Quellenbesteuerung. Alle Arbeitgeber, deren Arbeitnehmer Tätigkeiten im Rahmen ihrer Beschäftigung in Kanada ausführen, müssen sich unabhängig vom Aufenthaltsstatus dieser STIKEMAN ELLIOTT LLP P7 STEUERN Arbeitnehmer bei der CRA anmelden, für die an ihre Arbeitnehmer gezahlten Löhne, Gehälter und steuerpflichtigen Lohnzusatzleistungen Steuern einbehalten und diese an die kanadischen Steuerbehörden abführen. Arbeitgeber sind darüber hinaus verpflichtet, bestimmte Arbeitgeberbeiträge für den Canada Pension Plan (oder Quebec Pension Plan), Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Unfallversicherung ihrer Arbeitnehmer zu entrichten. Der Beitrag zum Canada Pension Plan (CPP) liegt 2012 sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer bei 4,95%. Die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung für 2008 liegt bei CAD 50.100, der Höchstbeitrag für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei jeweils CAD 2.309,70. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung liegt im Jahr 2012 für Arbeitgeber bei 2,562%, für Arbeitnehmer bei 1,83%. Bei der Arbeitslosenversicherung gilt 2012 eine Beitragsbemessungsgrenze von CAD 45.900. Dies entspricht einem maximalen Arbeitgeberbeitrag von CAD 1.176 und einem maximalen Arbeitnehmerbeitrag von CAD 840. Aktienoptionen für in Kanada ansässige Mitarbeiter gelten in Kanada grundsätzlich nicht als steuerpflichtige Lohnzusatzleistungen. Nach Ausübung der Option wird dem Mitarbeiter jedoch der Erhalt einer steuerpflichtigen Zusatzleistung zugerechnet, deren Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Marktwert der Anteile zum Ausübungsdatum entspricht. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen wird dem zu versteuernden Einkommen des Arbeitnehmers nur die Hälfte dieses Betrages hinzugerechnet (mit der Folge, dass die steuerpflichtige Lohnzusatzleistung als Kapitalertrag versteuert). Zu diesen Voraussetzungen zählt, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Option der Ausübungspreis mindestens dem Marktwert entsprechen muss. Weitere Fragen der Einkommensteuer Operative Verluste Operative Verluste sind im Jahr ihrer Entstehung vom zu versteuernden Einkommen aus Unternehmertätigkeit absetzbar. Darüber hinaus können weitere operative Verluste in die vorangegangenen drei Jahre zurückgetragen oder in die kommenden 20 Jahre vorgetragen werden. In Kanada sind konsolidierte Körperschaftsteuererklärungen nicht möglich. Falls keine speziellen Transaktionen zur gezielten Nutzung von Verlusten zur Steueroptimierung eingesetzt werden, können also Gewinne einer Konzerngesellschaft nicht ohne Weiteres durch Verluste einer anderen minimiert werden. Vorschriften gegen Steuerhinterziehung Der ITA sowie die Steuergesetzgebungen der meisten Provinzen beinhalten eine allgemeine Regel gegen die Steuerhinterziehung (General Anti-Avoidance Rule, GAAR). Die GAAR ermöglicht in folgenden Fällen eine erneute Festlegung der Steuerfolgen von Transaktionen: (1) steuerliche Vorteile resultieren direkt oder P8 STIKEMAN ELLIOTT LLP STEUERN indirekt aus einer Transaktion oder einer Reihe von Transaktionen, (2) es kann vernünftigerweise nicht angenommen werden, dass die Transaktion oder eine Reihe von Transaktionen gutgläubig zu einem anderen Zweck als dem Zweck der Steuerminimierung durchgeführt wurde und (3) die Transaktion oder eine Reihe von Transaktionen stellt eine Verletzung einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen oder Verträge dar. Als steuerliche Vorteile gelten die Reduzierung, Umgehung oder zeitliche Verschiebung von Steuerschulden oder anderen Verbindlichkeiten gemäß ITA oder die Erhöhungen von Erstattungen oder anderen Leistungen nach ITA. Transferpreise Transaktionen zwischen einem Unternehmen mit Sitz in Kanada und einem auswärtigen Unternehmen, mit dem nicht nach dem „Arm‘s-Length“-Prinzip gehandelt wird (hauptsächlich verbundene Unternehmen) werden hinsichtlich der kanadischen Einkommensteuer wie Unternehmen behandelt, mit denen nach „Arm’s-Length“ gehandelt wird. Kanada wendet in diesem Bereich die OECDTransferpreisgrundsätze an. Die Vertragsbedingungen der Transaktion können gemäß ITA angepasst werden, sodass die Transferpreise für Güter oder Dienstleistungen von Unternehmen, die nicht nach dem „Arm’s-Length“-Prinzip handeln, den Preisen entsprechen, die zwischen Unternehmen, die sich an das „Arm’s-Length“-Prinzip halten, festgesetzt worden wären. Der ITA sieht bestimmte zeitnahe Dokumentationspflichten für nicht-„Arm’s-Length“ Transaktionen vor. Nimmt die CRA eine Anpassung von Transferpreisen vor, kann sie gegenüber dem Steuerpflichtigen eine Strafzahlung in Höhe von 10% des jeweiligen Anpassungsbetrags verhängen. Der Steuerpflichtige kann diese Strafzahlung durch glaubhafte Darlegung seiner Bemühungen zur bestimmungskonformen Festsetzung von Transferpreisen vermeiden. Steuerliche Vergünstigungen Das kanadische Steuersystem beinhaltet steuerliche Vergünstigungen, deren Gewährung von der Art des Steuerzahlers und der Art des Einkommens abhängt. Im Speziellen sieht der ITA bestimmte steuerliche Anreize vor, die zu einer Erhöhung des Investitionsvolumens in bestimmten Wirtschaftssektoren beitragen sollen, etwa im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe, bei Kapitalanlagen, im Bereich kleiner Unternehmen, in der Erschließung von Erdöl- und Gasvorkommen sowie in bestimmte Bereiche von Wissenschaft und Forschung. Besonders weitreichende Steuervergünstigungen werden von der kanadischen Bundesregierung sowie vor allem von den Provinzregierungen für die Durchführung wissenschaftlicher Forschung und experimenteller Entwicklung (SR&ED) angeboten. Unternehmen, die SR&ED-Aktivitäten gemäß ITA durchführen, können die damit verbundenen Aufwendungen (einschließlich Investitionsaufwand) grundsätzlich im Jahr der Entstehung der Aufwendungen steuerlich geltend machen. Darüber hinaus kann auf Bundesebene eine Steuergutschrift in Höhe von 20% der qualifizierten SR&ED-Ausgaben gewährt werden. Die Bestimmung, ob bestimmte Aktivitäten als SR&ED eingestuft werden STIKEMAN ELLIOTT LLP P9 STEUERN können, ist sehr technisch und von den Umständen abhängig. Bei den Steueranreizen im Zusammenhang mit SR&ED-Ausgaben bestehen zwischen den meisten Provinzen nur geringe Unterschiede. KAPITALSTEUER FÜR UNTERNEHMEN Momentan ist Nova Scotia die einzige Provinz, die eine Kapitalsteuer für Unternehmen außerhalb des Finanzsektors mit Betriebsstätte in der Provinz erhebt. Der ITA erhebt keine Kapitalsteuer für Unternehmen außerhalb der Finanzbranche. Nova Scotia plant seine Kapitalsteuer mit Wirkung zum 1. Juli 2012 aufzuheben. GOODS AND SERVICES TAX UND HARMONIZED SALES TAX (GST) Die Goods and Services Tax (GST) ist eine Bundessteuer und wird grundsätzlich auf alle Güter und Dienstleistungen erhoben, die in Kanada produziert bzw. erbracht oder nach Kanada eingeführt werden. Der Steuersatz beträgt derzeit 5%. GST wird auf jeder Stufe des Produktions- und Vertriebsprozesses erhoben. Handelt es sich beim Erwerber eines Guts um ein Unternehmen mit GST-Registrierung, besteht grundsätzlich die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs („input tax credit“) in Höhe der gezahlten GST. Die GST auf steuerpflichtige Einfuhren ist vom Importeur zu tragen, die Ausfuhr von Gütern dagegen ist grundsätzlich steuerfrei (GST ist technisch anwendbar, der Steuersatz liegt jedoch bei 0%). Unternehmen, die Güter mit diesem 0%-Steuersatz anbieten, sind grundsätzlich zu einem Vorsteuerabzug berechtigt. Dies gilt nicht für Unternehmen, deren Leistungen gänzlich steuerbefreit sind. Gemäß dem bundesrechtlichen Excise Tax Act sind Unternehmen ungeachtet ihrer Ansässigkeit in Kanada grundsätzlich dazu verpflichtet, für die von ihnen im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit in Kanada erbrachten steuerpflichtigen Leistungen von ihren Kunden GST zu erheben und einzubehalten. Unternehmen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit in Kanada steuerpflichtige Leistungen erbringen, müssen sich darüber hinaus für die GST registrieren lassen, wenn sie keine „Small Suppliers“ sind (sehr kleine Unternehmen mit weniger als CAD 30.000 steuerbare Verkäufe im Jahr). Für die GST registrierte Unternehmen müssen abhängig von ihren jährlichen Verkäufen jährlich, quartalsweise oder monatlich ihre GST-Einnahmen anmelden. Die Provinzen New Brunswick, Nova Scotia, Neufundland, Ontario und British Columbia haben ihre eigene Umsatzsteuer mit der GST zusammengelegt und damit eine einzige Harmonized Sales Tax (HST) gebildet. Die HST wird auch durch den Excise Tax Act auferlegt und folgt im Wesentlichen den gleichen Regeln wie die GST. Des Weiteren nutzt die HST die gleiche Registriernummer wie die GST (eine gesonderte Registrierung ist nicht nötig) und wird in derselben Steuerklärung für die GST mitangegeben. Die HST enthält sowohl eine provinzielle Komponente als auch die bundesrechtliche GST mit einem kombinierten Satz von 12% in British Columbia, 13% in Ontario, New Brunswick und Neufundland und 15% in Nova Scotia (abhängig vom Herstellungsort). P10 STIKEMAN ELLIOTT LLP Abgesehen von Alberta erhebt jede Provinz in Kanada Umsatzsteuer auf den Verkauf von Privateigentum und bestimmte, einzeln aufgelistete Dienstleistungen innerhalb der jeweiligen Provinz (die Territorien erheben keine Umsatzsteuer). Es gibt drei verschiedene Arten dieser Steuer. STEUERN UMSATZSTEUER IN DEN PROVINZEN Wie bereits oben erwähnt, haben Neufundland, Nova Scotia, New Brundswick, Ontario und British Columbia ihre provinzielle Umsatzsteuer mit der GST harmonisiert und die HST gebildet. British Columbia hat mit Wirkung zum 1. Juli 2010 ihre Umsatzsteuer harmonisiert, jedoch kürzlich verkündet, dass sie die provinzielle Umsatzsteuer wieder einführen wird (die Umstellung soll am 31. März 2013 in Kraft treten). Die Regulierungen im Zusammenhang mit der HST sind im Wesentlichen die gleichen wie diejenigen für die GST und werden im Kapitel zur GST/HST erläutert. Quebec erhebt die Quebec Sales Tax (QST) welche von der GST zu unterscheiden ist, jedoch erhebliche Parallelen aufweist. Die QST für die Konsumption von Gütern und Dienstleistungen in Quebec liegt bei 8,5% (9,5% für 2012). Die QST spiegelt im Allgemeinen die GST (obwohl es einige Unterschiede gibt), wird jedoch von der GST getrennt angewendet und verwaltet. Verkäufer brauchen eine eigene QST Steuernummer. Derzeit wird die QST auf Preise angewendet, die die GST bereits enthalten, was zu einer effektiven Steuerbelastung von 8,925% führt. Quebec hat jüngst zugestimmt einige Änderungen an ihrer Umsatzsteuer vorzunehmen um sie an die QST mehr anzugleichen. Saskatchewan, Manitoba und Prince Edward Island erheben jeweils eine provinzielle Umsatzsteuer (Provincial Sales Tax; PST). Jede der PST hat unterschiedliche, im Ergebnis aber ähnliche Regeln. Der Tarif für diese Steuern reicht von 5% in Saskatchewan bis 10% des Preises einschließlich GST in Prince Edward Island. Diese Steuern müssen im Generellen vom Verkäufer der Ware bzw. vom Dienstleister einbehalten und abgegeben werden. Jedoch hat jede Provinz eine Vielzahl von Ausnahmen für bestimmte Güter (Produktionsmaschinen, Gegenstände für den Weiterverkauf, etc.). PROVINZIELLE LOHNSTEUER Manitoba, Neufundland, die Northwest Territories, Nuvavut und Ontario verlangen von Arbeitgebern eine Lohnsteuer, die sich prozentual an der innerhalb der jeweiligen Provinz gezahlten Gehälter, die einen vorgeschriebenen Grenzwert überschreiten, bemisst. In Ontario beispielsweise liegt der entsprechende Steuersatz bei 1,95% und wird auf alle Gehaltszahlungen oberhalb eines Betrages von CAD 400.000 erhoben. Quebec erhebt eine ähnliche Steuer in Form von Arbeitgeberbeiträgen zu einer Krankenversicherung auf Provinzebene, die anhand der Gesamtsumme der in Quebec gezahlten Gehälter berechnet werden. STIKEMAN ELLIOTT LLP P11 STEUERN GRUNDSTEUER Grundsteuern stellen in Kanada eine wichtige Einnahmequelle der öffentlichen Hand dar, insbesondere der Kommunen. Die meisten Provinzen erheben über die Grundsteuer hinaus auch eine Grunderwerbssteuer sowie weitere Steuern auf Minen, Waldbesitz und vergleichbare Vermögenswerte. METHODEN DER UNTERNEHMERISCHEN BETÄTIGUNG IN KANADA Nicht in Kanada ansässige Unternehmen haben im Grundsatz drei Möglichkeiten, in Kanada geschäftlich tätig zu werden. Die erste Option besteht darin, in Kanada ein Unternehmen in Form einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft des nicht in Kanada ansässigen Unternehmens zu führen (kanadische Tochtergesellschaft). Die zweite Möglichkeit der unternehmerischen Tätigkeit in Kanada ist die Gründung einer Zweigniederlassung des nicht in Kanada ansässigen Unternehmens (kanadische Zweigniederlassung). Vorausgesetzt das nicht in Kanada ansässige Unternehmen ist in einem Land ansässig, mit dem Kanada ein Doppelbesteuerungsabkommen hat, besteht eine dritte Option darin, dass das ausländische Unternehmen selbst in Kanada tätig wird, seine Präsenz jedoch dahingehend eingeschränkt, dass es keine dauerhafte Betriebsstätte in Kanada unterhält. Kanadische Tochtergesellschaft Kanadische Tochtergesellschaften von nicht in Kanada ansässigen Unternehmen gelten gemäß ITA als für steuerliche Zwecke in Kanada ansässig und unterliegen mit ihrem Welteinkommen der kanadischen Einkommensteuer. Dividenden, die von kanadischen Tochtergesellschaften an nichtresidente Anteilsinhaber ausgezahlt werden, unterliegen der kanadischen Abgeltungssteuer in Höhe von 25%. Geltende Doppelbesteuerungsabkommen sehen möglicherweise reduzierte Steuersätze vor (z. B. 5% Abgeltungssteuer nach der Canada-U.S. Income Tax Convention wenn der Anteilsinhaber mindestens 10% der Stimmrechte hat). Wie bereits erwähnt besteht nach kanadischem Recht keine Abgeltungssteuer für „Arm’s-Length“-Zinszahlungen an nichtbeteiligte Personen und gemäß der Canada-US Income Tax Convention beträgt die Abgeltungssteuer auf Zinszahlungen an US-amerikanische Personen unabhängig vom „Arm’s-Length“-Prinzip generell Null. Kanadische Zweigniederlassung Nicht in Kanada ansässige Unternehmen, die über Zweigniederlassungen in Kanada unternehmerisch tätig sind, unterliegen mit ihrem in Kanada erzielten Einkommen der Einkommensteuer mit denselben Tarifen wie in Kanada ansässige Unternehmen. Von solchen Unternehmen wird darüber hinaus eine „Branch Tax“ von 25% derjenigen Gewinne (generell) nach Steuern erhoben, die nicht in die Zweigniederlassung reinvestiert werden. Die Höhe dieser „Branch Tax“ entspricht in etwa der Abgeltungssteuer auf Dividenden, die angefallen wäre, wenn die Geschäfte durch eine kanadische Tochtergesellschaft statt der Zweigniederlassung getätigt worden wären. Möglicherweise sehen Doppelbesteuerungsabkommen einen P12 STIKEMAN ELLIOTT LLP STEUERN reduzierten „Branch-Tax“-Steuersatz vor. Gemäß der Canada-U.S. Income Tax Convention etwa wird eine „Branch Tax“ von nur 5% und nur auf Gewinne ab CAD 500.000 erhoben. Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft Bei der Entscheidung, ob die geschäftliche Tätigkeit in Kanada durch eine Zweigniederlassung oder ein Tochterunternehmen geführt werden soll, sollten nicht in Kanada ansässige Unternehmen verschiedene wichtige Faktoren berücksichtigen. In beiden Fällen unterliegen die in Kanada erwirtschafteten Gewinne der kanadischen Einkommensteuer. Bei Zweigniederlassungen muss darüber hinaus die „Branch Tax“ bedacht werden. Wird das Unternehmen als Tochtergesellschaft geführt, ist die mögliche Erhebung von Abgeltungssteuer auf Dividenden und Zinserträge zu berücksichtigen. Ein wichtiger Unterschied zwischen „Branch Tax“ und Abgeltungssteuer besteht darin, dass die Abgeltungssteuer nur im Falle der tatsächlichen Ausschüttung von Dividenden an nichtresidente Anteilseigner relevant ist, die „Branch Tax“ jedoch unabhängig davon erhoben wird, ob die Gewinne abfließen oder in der Zweigniederlassung verbleiben. Im Allgemeinen wird der Verkauf von Anteilen an einem kanadischen Tochterunternehmen durch einen nicht in Kanada ansässigen Anteilsinhaber nach dem ITA nicht besteuert, sofern die Anteile zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht „Taxable Canadian Property“ sind. Handelt es sich hingegen um „Taxable Canadian Property“ muss der nicht in Kanada ansässige Anteilsinhaber einen etwaigen durch den Verkauf realisierten Wertzuwachs an den Anteilen versteuern. Unter Umständen befreit ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen den Wertzuwachs von der Besteuerung in Kanada, selbst wenn es sich bei den Anteilen um „Taxable Canadian Property“ handelt. Dies gilt jedoch grundsätzlich nicht für Anteile kanadischer Unternehmen, deren Wert hauptsächlich auf Grundbesitz oder dem Besitz von Rohstoffen beruht. Demgegenüber würde ein Verkauf einer Zweigniederlassung an ein unabhängiges Fremdunternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit besteuert. Es ist jedoch grundsätzlich möglich, die Aktiva und Passiva einer kanadischen Zweigstelle im Tausch gegen Anteile steuerfrei an ein kanadisches Unternehmen zu übertragen und damit sozusagen die Zweigstelle in ein Tochterunternehmen „umzuformen“. „Thin Capitalization Rules“ Die im ITA enthaltenen „Thin Capitalization Rules“ sind ein weiterer Faktor, der bei einem Engagement in Kanada zu berücksichtigen ist. Diese Regeln sollen verhindern, dass Investitionen durch nicht in Kanada ansässige Personen oder Körperschaften in kanadische Unternehmen nahezu ausschließlich in Form von Darlehen und nur so wenig wie möglich durch Eigenkapital erfolgen, und dadurch die Gewinne in Form von steuerlich absetzbaren Zinszahlungen an den nicht in Kanada ansässigen Investor fließen. Grundsätzlich dürfen kanadische STIKEMAN ELLIOTT LLP P13 STEUERN Tochtergesellschaften ihre Zinszahlungen an bestimmte nichtresidente Personen nur bis zu einem Verhältnis zwischen Fremdkapital und Eigenkapital von 2:1 steuerlich geltend machen. Dieses Verhältnis wird nach detaillierten Bestimmungen des ITA ermittelt. Diese nichtresidenten Personen zeichnen sich dadurch aus, dass sie alleine oder in Kombination mit Unternehmen, mit denen sie nicht nach dem „Arm’s-Length“-Prinzip handeln, 25% oder mehr der stimmberechtigten Anteile oder des angemessenen Marktwerts aller Anteile der Tochtergesellschaft besitzen. Die „Thin Capitalization Rules“ gelten nicht für Zweigniederlassungen in Kanada. Gesellschaften mit unbeschränkter Haftung Darüber hinaus spielen bei der Entscheidung zwischen einer Zweigstelle oder einer Tochtergesellschaft in Kanada weitere Gesichtspunkte eine Rolle. Ist beispielsweise zu erwarten, dass das kanadische Unternehmen anfänglich Verluste macht, kann eine Zweigstelle die bessere Lösung sein, da dies dem nichtresidenten Unternehmen die steuerliche Geltendmachung solcher Verluste in seinem Heimatland ermöglicht – vorausgesetzt, die dortige Steuergesetzgebung sieht diese Möglichkeit vor. Aber auch der Einsatz von Unlimited Companies (ULC) in Nova Scotia, British Columbia oder Alberta als kanadische Tochtergesellschaften bieten Unternehmen in bestimmten Sitzstaaten diese Möglichkeit, wenn diese Tochtergesellschaften dort als steuerlich transparent gelten (z. B. gemäß „Check the Box Rules“ in den USA). ULCs werden innerhalb Kanadas einkommensteuerrechtlich behandelt wie alle anderen in Kanada ansässigen Unternehmen. Die Canada-US Income Tax Convention schränkt in bestimmten Situationen Vorteile für Unternehmen mit unbeschränkter Haftung ein. Hinsichtlich der Regelungen zur unbeschränkten Haftung bestehen geringfügige Unterschiede zwischen den Provinzen Nova Scotia, British Columbia und Alberta. So haften zum Beispiel alle Gesellschafter (bzw. Mitglieder im Fall einer Nova Scotia ULC) der Alberta, British Columbia und Nova Scotia ULC unbeschränkt, gesamtschuldnerisch und unabhängig voneinander. Diese Haftung greift im Falle der Alberta ULC vom Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft, während die Haftung der Gesellschafter bzw. Mitglieder einer Nova Scotia und British Columbia ULC erst bei der Liquidation der Gesellschaft zum Tragen kommt. Darüber hinaus haften Gesellschafter einer Alberta ULC umfassender als die Mitglieder bzw. Gesellschafter einer British Columbia oder Nova Scotia ULC. Rechnungslegung und Berichterstattung Als ein möglicher Nachteil von Zweigstellen in Kanada gilt die Tatsache, dass die CRA zur Prüfung sämtlicher Bücher des nicht in Kanada ansässigen Unternehmens berechtigt ist, um zu ermitteln, welche Einkünfte und Aufwendungen im Einzelnen der kanadischen Zweigstelle vom Steuerschuldner zugeteilt wurden. Eine weitere praxisrelevante Schwierigkeit besteht in der Erstellung von Jahresabrechnungen, die sowohl den Anforderungen der kanadischen Behörden als auch den Bestimmungen im Sitzstaat des nicht in Kanada ansässigen Unternehmens genügen. P14 STIKEMAN ELLIOTT LLP Der Erwerb der Anteile von kanadischen Unternehmen durch im Ausland ansässige Käufer sollte über eine Canadian Acquisition Corporation (CAC) erfolgen, um für den Erwerber den grenzüberschreitenden Zugriff auf tatsächlich eingezahltes Kapital zu maximieren. Der Vorteil dieser Struktur liegt darin, dass in Kanada ansässige Unternehmen grundsätzlich Gewinne bis zur Höhe des von ihren ausländischen Muttergesellschaften tatsächlich eingezahlten Kapitals an diese Muttergesellschaften abführen können, ohne dass hierauf kanadische Abgeltungssteuer erhoben wird. Darüber hinausgehende Gewinnausschüttungen unterliegen hingegen der kanadischen Abgeltungssteuer. STEUERN KAUF EINES IN KANADA ANSÄSSIGEN UNTERNEHMENS Typischerweise ist das Stammkapital der Zielgesellschaft niedriger als die dem nicht in Kanada ansässigen Erwerber entstehenden Erwerbskosten (Marktwert). Um sicherzustellen, dass der nichtresidente Käufer Anteile mit einem eingezahlten Kapital hält, das seiner tatsächlichen Investition entspricht, zeichnet er Anteile einer CAC, deren Kosten und eingezahltes Kapital dem Kaufpreis der Anteile der Zielgesellschaft entsprechen. Die CAC verwendet anschließend das aus dieser Anteilszeichnung erhaltene Kapital zum Erwerb der Anteile der Zielgesellschaft. Die Gewinne der Zielgesellschaft können grundsätzlich als Dividenden steuerfrei an die CAC ausgeschüttet werden. Im Anschluss daran ist ein Transfer dieser Beträge als abgeltungssteuerfreie Kapitalrückzahlung der CAC an die im Ausland ansässige Muttergesellschaft möglich. Eine CAC kann mithilfe spezieller Strukturen auch dazu genutzt werden, Verbindlichkeiten und Zinsen im Zusammenhang mit einer Übernahme auf die Zielgesellschaft zu verlagern. Eine „Exchangeable Share“-Struktur (Aktientausch) sollte erwogen werden, wenn Anteile des im Ausland ansässigen Käufers als Gegenleistung für Anteile der Zielgesellschaft vorgesehen sind und auf die Anteile der Zielgesellschaft deutliche Kursgewinne angefallen sind. Gemäß ITA ist ein Anteilstausch auf „Rollover“-Basis (d. h. Verlagerung der Steuerpflicht in die Zukunft) möglich, wenn Anteile zweier in Kanada ansässiger Unternehmen oder zweier im Ausland ansässiger Unternehmen getauscht werden. Das „Rollover“-Verfahren ist derzeit gemäß ITA nicht auf den Tausch von Beteiligungen kanadischer Unternehmen gegen Beteiligungen im Ausland ansässiger Unternehmen anwendbar. Entsprechend kann ein nicht in Kanada ansässiger Erwerber einer Zielgesellschaft eine „Exchangeable Share“-Struktur einsetzen, um kanadischen Anteilseignern der Zielgesellschaft steuerliche Vorteile („Rollover Relief“) zu verschaffen. Sehr verallgemeinert lässt sich sagen, dass eine „Exchangeable Share“-Struktur die Gründung zweier kanadischer Tochtergesellschaften eines nicht in Kanada ansässigen Erwerbers von Anteilen erfordert, „Callco“ und „Exchangeco“. Als Gegenleistung für den Verkauf von Anteilen der Zielgesellschaft erhalten deren Anteilseigner so genannte „Exchangeable Shares“ von „Exchangeco“, die gemäß spezifischen Abkommen dieselben wirtschaftlichen Eigenschaften aufweisen wie STIKEMAN ELLIOTT LLP P15 STEUERN P16 Anteile des nicht in Kanada ansässigen Erwerbers. Da es sich bei „Exchangeco“ um ein kanadisches Unternehmen handelt, profitieren die Anteilseigner der Zielgesellschaft von einem „Rollover“ ihrer Anteile, d. h. einer Verlagerung ihrer Steuerpflicht auf den Zeitpunkt, zu dem sie die Anteile veräußern. Die Anteilseigner der „Exchangeable Shares“ haben in der Regel zehn Jahre oder länger Zeit, ihre Anteile in Anteile des ausländischen Investors zu tauschen. Dieser Tausch erfolgt über „Callco“. Grundsätzlich sollten das Für und Wider eines Einsatzes von „Exchangeable Shares“-Strukturen sorgfältig abgewogen werden, da solche Strukturen die Transaktion insgesamt komplexer und kostenaufwändiger machen. STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA Q Rundfunk und Telekommunikation Allgemeines ......................................................................................................................... 2 Rundfunk und die CRTC ..................................................................................................... 2 Allgemeines ................................................................................................................... 2 Umfang der Regulierungskompetenz ............................................................................ 2 Befreiungsregelungen .................................................................................................... 2 Einschränkungen für Beteiligungen von Ausländern ..................................................... 3 Kanadischer Inhalt ......................................................................................................... 5 Zuweisung des Funkfrequenzspektrums ....................................................................... 6 Telekommunikation ............................................................................................................. 6 Allgemeines ................................................................................................................... 6 Eigentum ........................................................................................................................ 7 Gebührenordnung .......................................................................................................... 7 Überprüfung der Telekommunikationsrichtlinie ............................................................. 9 Auswirkungen von Freihandelsabkommen .................................................................. 10 General Agreement on Trade in Services (GATS) ...................................................... 11 Radiofrequenzverwaltung ................................................................................................. 11 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JULI 2009 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION Rundfunk und Telekommunikation ALLGEMEINES Die Bundesregierung Kanadas hat die ausschließliche Zuständigkeit für Rundfunk(Radio, Fernsehen und deren Verteilung im Land, einschließlich verschiedenen Internetaktivitäten) und Telekommunikation. Der Canadian Radio-television and Telecommunications Act installiert die Canadian Radio-television and Telecommunications Commission (CRTC) als kanadische Regulierungsbehörde für Rundfunk (gemäß Broadcasting Act) und Telekommunikation (gemäß Telecommunications Act). Dem Bundesministerium für Industrie und seinem Minister fallen nach dem Radiocommunication Act bestimmte Regulierungskompetenzen für die Verwaltung des Frequenzspektrums und von Funkgeräten zu. RUNDFUNK UND DIE CRTC Allgemeines Die CRTC ist gemäß dem Broadcasting Act mit der Regulierung und Beaufsichtigung sämtlicher Aspekte des kanadischen Rundfunksystems in Bezug auf die Umsetzung der in § 3(1) beschriebenen Richtlinie betraut. Darin eingeschlossen ist das Erfordernis, dass das kanadische Rundfunksystem effektiv in kanadischem Eigentum und unter kanadischer Kontrolle bleibt und das kulturelle, politische, soziale und wirtschaftliche Gefüge Kanadas schützt, bereichert und stärkt. Vorbehaltlich Anweisungen des Governor in Council und vorbehaltlich des Radiocommunications Acts ist die CRTC gemäß Broadcasting Act berechtigt zur Erteilung, Änderung, Erneuerung, zeitlichen Aussetzung und Aufhebung von Rundfunk- und Rundfunksendelizenzen, zum Anfügen von Bedingungen für besagte Lizenzen, Aufstellung von Verfahrensordnungen, zum Erlass von Vorschriften sowie zur Durchführung und Förderung von Forschungsarbeiten. Die CRTC hat selten die Erneuerung einer Rundfunklizenz abgelehnt. Umfang der Regulierungskompetenz Die CRTC ist zuständig für Rundfunk, Fernsehen, Pay-TV und Spartensender sowie für Rundfunksendeunternehmen, wie Anbieter von Kabelfernsehen, Direct-to-home (DTH) Satellitendiensten und Drahtlossystemen. Zusätzlich zu Bestimmungen, die etwa die Reporting-Pflichten und die Zahlung von Lizenzgebühren betreffen, hat die Kommission Vorschriften erlassen, die für jeden dieser Sektoren gelten. Befreiungsregelungen Die CRTC ist zudem befugt, Befreiungsregelungen zu gewähren und eine Person dadurch von einigen oder allen Anforderungen von Teil II des Broadcasting Acts zu befreien, sofern die Einhaltung nicht wesentlich zur Umsetzung der Rundfunkrichtlinie beiträgt. Im Dezember 1999 beispielsweise stellte die Q2 STIKEMAN ELLIOTT LLP Entsprechend ihrer Praxis, die Befreiungsregelungen alle fünf bis sieben Jahre zu überprüfen, hat die CRTC eine Prüfung der Befreiungsregelung für neue Medien im März 2007 eingeleitet. Seit diesem Zeitpunkt untersucht die Abteilung für Richtlinienentwicklung und Forschung der CRTC die Geschäftsumwelt der neuen Medien. Im März 2008 wird die CRTC voraussichtlich einen Bericht mit Empfehlungen vorlegen, der Aufschluss darüber gibt, ob die neuen Medien eine eigene Richtlinie erfordern. Kommt die CRTC zum Ergebnis, dass eine Richtlinie für neue Medien erlassen werden soll, so wird der Bericht darüber hinaus Vorschläge zu Richtlinien sowie Methoden der Umsetzung enthalten. RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION Kommission neue Medienunternehmen, die in Kanada tätig sind, von den Regelungen frei. Ein neues Medienunternehmen ist ein Geschäftsunternehmen, das Rundfunkdienste ausschließlich im Internet anbietet. Im Juni 2002 hat das Bundeskabinett eine Verordnung für die CRTC erlassen, welche die Kommission auffordert, ein öffentliches Verfahren durchzuführen und Bericht zu erstatten über die regulatorischen Rahmenbedingungen des Rundfunks für Personen, die Fernsehund Radiosignale empfangen und über das Internet weiterleiten, sowie die Angemessenheit einer Änderung der Befreiungsregelung für neue Medien. In ihrem Bericht vom 17. Januar 2003 an das Kabinett beschloss die CRTC, dass die Befreiungsregelung für neue Medien weiterhin für die Personen gilt, die Rundfunkinhalte über das Internet verbreiten. Einschränkungen für Beteiligungen von Ausländern Gemäß § 26(1) des Broadcasting Acts kann der Governor in Council nach eigenem Ermessen verbindliche Anweisungen an die CRTC erteilen. Es erging ein Kabinettsbeschluss, laut dem die Erteilung und Bewilligung von Rundfunklizenzerneuerungen an keine andere öffentliche Gewalt als die kanadische Regierung selbst, an kanadische Staatsbürger oder an „geeignete kanadische Unternehmen“ zulässig ist. Kurz gesagt muss ein Unternehmen, um als „geeignetes Unternehmen“ für eine Lizenzierung in Frage zu kommen, in Kanada oder einer kanadischen Provinz eingetragen oder dort fortwährend tätig sein. Darüber hinaus müssen der CEO und mindestens 80% der Direktoren Kanadier sein, mindestens 80% sämtlicher stimmberechtigter Aktien und Stimmrechte müssen in kanadischem Eigentum oder unter kanadischer Kontrolle sein und das Unternehmen darf sich nicht de facto unter der Kontrolle von Nicht-Kanadiern befinden. Im Falle einer Tochtergesellschaft muss die Muttergesellschaft in Kanada oder einer Provinz eingetragen sein und mindestens zwei Drittel der stimmberechtigten Aktien und zwei Drittel der Stimmrechte des Unternehmens müssen sich bei Kanadiern befinden. Weder die Muttergesellschaft noch ihre Direktoren oder die Konzernleitung dürfen Kontrolle oder Einfluss auf die Entscheidungen zur Programmgestaltung der Tochtergesellschaft ausüben. Was die Anzahl der nicht-stimmberechtigten Aktien, die möglicherweise von NichtKanadiern gehalten werden, betrifft, bestehen keine spezifischen Beschränkungen. Jedoch gibt es eine übergeordnete Kontrolle in Form einer Überprüfung, die STIKEMAN ELLIOTT LLP Q3 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION sicherstellt, dass ein Antragsteller, der den Erwerb, die Änderung oder Erneuerung einer Rundfunklizenz wünscht, nicht de facto doch von Nicht-Kanadiern kontrolliert wird. Hier entscheidet die CRTC nach eigenem Ermessen, ob dies der Fall ist oder nicht. Das House of Commons Standing Committee on Canadian Heritage führte eine umfassende Studie zum kanadischen Rundfunksystem und der zukünftigen regulatorischen Rolle der CRTC durch und empfahl dem Minister of Canadian Heritage 2003, dass die auf die kanadische Rundfunkindustrie anwendbaren Beteiligungsbeschränkungen für Ausländer beibehalten werden. Eine andere Studie des Standing Committee on Industry, Science and Technology zur Telekommunikationsindustrie Kanadas wurde dem Industrieminister ebenfalls im Jahr 2003 vorgelegt und empfiehlt die Aufhebung der geltenden Beschränkungen für Beteiligungen von Ausländern für Fernmeldenetzbetreiber (d. h. anlagenbasierende Anbieter von Telekommunikationsdiensten) und Rundfunksendeunternehmen wie Kabel- und DTH-Satellitenanbieter. Die kanadische Bundesregierung veröffentlichte im April 2005 ein Antwortschreiben zum Bericht des House of Commons Standing Committee on Canadian Heritage, aus dem unter anderem hervorgeht, dass „die Regierung darauf hinweisen möchte, dass sie nicht bereit ist, die Beschränkungen für Beteiligungen von Ausländern im Rundfunkbereich oder sonstige allgemeinere Inhalte zu ändern“. Zur gleichen Zeit gab die Regierung die Ernennung eines unabhängigen Expertengremiums durch das Industrieministerium bekannt. Das sogenannte Telecommunications Policy Review Panel ist für die Überprüfung der Telekommunikationsrichtlinien und der Regulierungen des Telekommunikationsmarktes Kanadas zuständig. Einer der vielen Aufgabenbereiche des Gremiums umfasst die Überprüfung von Kanadas Investitionsbeschränkungen für Ausländer im Telekommunikationsbereich und ob diese möglicherweise aufgehoben werden sollten. Aus dem im März 2006 veröffentlichten Bericht des Gremiums ging hervor, dass Telekommunikationsunternehmen, die auch als Sendeanstalten zugelassen sind, bis zum Abschluss der vorgeschlagenen Überprüfung der Rundfunkrichtlinie weiterhin den für Ausländer geltenden Beschränkungen für Beteiligungen unterliegen sollten. Das Gremium bemerkte, dass der zunehmende Wettbewerb durch ausländische Unternehmen im Telekommunikationssektor vermutlich zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Stärkung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität beitragen würde. Da jedoch auf Unternehmen mit Rundfunk- und Telekommunikationsbetrieb, sogenannten „Broadcasting Distribution Undertakings“ oder BDUs, die Beschränkungen des Broadcasting Acts für Beteiligungen, ähnlich den derzeitigen Bestimmungen des Telecommunications Act, Anwendung finden, wären die BDUs immer noch den Beteiligungsbeschränkungen für Ausländer unterworfen, selbst wenn die Beschränkungen des Telecommunications Acts entschärft oder vollständig Q4 STIKEMAN ELLIOTT LLP Aufgrund dieser Tatsache war das Gremium der Auffassung, dass es möglich war, eine „stufenweise und flexible“ Liberalisierung der Beteiligungsbeschränkungen für Ausländer mit Bezug auf Telekommunikationsunternehmen durchzuführen. Das Gremium sprach eine Empfehlung für einen Zwei-Phasen-Ansatz zur Liberalisierung von Beteiligungsbeschränkungen aus. Im Zuge der ersten Phase sollte der Telecommunications Act dahingehend geändert werden, dass das Bundeskabinett das Recht hat, Investitionsbeschränkungen für Ausländer dann aufzuheben, wenn eine Investition oder eine Art von Investition im öffentliche Interesse ist. Zudem sollte in der ersten Phase die Annahme gelten, dass Investitionen in neugegründete Telekommunikationsunternehmen oder Investitionen in Telekommunikationsunternehmen mit einem Marktanteil von weniger als 10% im öffentlichen Interesse sind. Im Rahmen der zweiten Phase, die nach Abschluss der vorgeschlagenen Überprüfung der Rundfunkrichtlinie einsetzen sollte, empfahl das Gremium, dass eine weitergehende Liberalisierung der Investitionsregelungen für Ausländer erfolgen sollte. In dieser Phase sollte das von den BDUs betriebene „Übertragungsgeschäft“ für ausländische Investoren geöffnet werden. Somit würden die kanadischen Beteiligungsbeschränkungen ausschließlich für Unternehmen gelten, die sich mit dem Inhalt des Rundfunks beschäftigen. Die Umsetzung dieser Empfehlungen erfordert Änderungen der Gesetze, wie beispielsweise des Telecommunications Act. Die derzeitige Regierung hat angekündigt, dass Änderungen der Bestimmungen zu Beteiligungsrechten von Ausländern nicht vorgeschlagen werden, solange das Land von einer Minderheitsregierung regiert werde. RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION aufgehoben würden. Das würde bedeuten, dass sich die BDUs im Falle einer Änderung der Beschränkungen des Telecommunications Acts wahrscheinlich einem ungleichen Wettbewerb durch Telekommunikationsunternehmen ohne Rundfunkbetrieb stellen müssten, da diese Unternehmen im Gegensatz zu den BDUs die Vorteile der Eigentumsübertragung genießen könnten. Kanadischer Inhalt Ein weiteres Schlüsselelement der in § 3(1) des Broadcasting Acts aufgeführten Rundfunkrichtlinie ist die „Erstellung und Gestaltung eines kanadisch geprägten Programms“ und die „größtmögliche Nutzung und mindestens überwiegende Nutzung der kanadischen kreativen und sonstigen Ressourcen“. Dies veranlasste die CRTC zur Aufstellung von Richtlinien, welche von den Lizenznehmern verlangen, einen bestimmten Prozentsatz an kanadischen Inhalten in ihrem Radio- und Fernsehprogramm beizubehalten. Am 5. Juli 2007 gab die CRTC eine öffentliche Überprüfung der regulatorischen Rahmenbedingungen für BDUs und einzelner Programmdienste nach Ermessen bekannt (Broadcasting Notice of Public Hearing – CRTC 2007-10). Im Rahmen der Überprüfung soll ermittelt werden, ob die derzeitigen Bestimmungen ausreichen, um einen angemessenen Anteil an kanadischen Inhalten zu gewährleisten. Insbesondere erbittet die CRTC „Stellungnahmen, wie ein ausgewogenes Verhältnis STIKEMAN ELLIOTT LLP Q5 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION zwischen den Zahlungsverpflichtungen und Spartendiensten der mit kanadischen Inhalten geprägten Programmgestaltung durch einen stärkeren Wettbewerb unter den Programmanbietern und mehr Flexibilität für die BDUs in Bezug auf die Ausstrahlung von Programmdiensten hergestellt werden soll“. Die CRTC hat überdies Teilnehmer gebeten, die aktuelle Überprüfung von Laurence Dunbar und Christian Leblanc zu den regulatorischen Rahmenbedingungen des kanadischen Rundfunks heranzuziehen (der „Dunbar/Leblanc Report“). Obwohl der Bericht „die Bedeutung des kanadischen Rundfunksystems für die kulturelle Identität Kanadas“ anerkennt, war er (insbesondere bei den kanadischen Rundfunkanbietern mit einem begründeten Interesse am Status Quo) umstritten. Gründe dafür waren vor allem, dass darin empfohlen wurde, den Spartenschutz unter den kanadischen Programmdiensten aufzuheben, eine größere Flexibilität und Auswahl an Programmpaketen zu schaffen sowie bestimmte Werbebeschränkungen aufzuheben. Dunbar und Leblanc sprechen sich für gelockerte Beschränkungen zu kanadischen Inhalten aus und schlagen vor, dass nur 51% der Pakete aus kanadischen Programmen bestehen sollten. Die Autoren argumentieren jedoch, dass derzeitige Gesetze und Anreize für die kanadischen Programme unzureichend sind. Dunbar und Leblanc stellen fest, dass Unterhaltungsmagazine und Reality Shows oftmals die Anforderungen an kanadische Inhalte erfüllen und sprechen sich daher für gezielte Maßnahmen aus, die das Interesse an kanadischem Schauspiel verstärken sollen. Interessierte hatten die Möglichkeit im Oktober und November 2007 schriftliche Stellungnahmen bei der CRTC einzureichen. Eine öffentliche mündliche Anhörung wird im Februar 2008 abgehalten. Eine Entscheidung von der CRTC wird voraussichtlich im Juni 2008 gefällt. Zuweisung des Funkfrequenzspektrums Neben den Bestimmungen zur Lizenzierung durch die CRTC sind im Radiocommunication Act Rechtsvorschriften zur Zuweisung des Funkfrequenzspektrums und technische bzw. „Hardware“-Aspekte aufgeführt. Dem Minister für Industrie wird gemäß Radiocommunication Act Entscheidungsfreiheit zur Regulierung der technischen Aspekte von Rundfunkunternehmen eingeräumt. Die CRTC verlangt von Antragstellern für eine Rundfunklizenz eine Bestätigung, dass sie die technischen Unterlagen zu Sendern/Antennen und damit zusammenhängende Informationen beim Industrieministerium eingereicht haben. TELEKOMMUNIKATION Allgemeines Der Telecommunications Act enthält teilweise Reaktionen auf die Entscheidung des Supreme Court of Canada dass die Zuständigkeit für Netzbetreiber im Telekommunikationsbereich ausschließlich der kanadischen Bundesregierung obliegt. Jahrelang blieben Fragen zur Zuständigkeit ungeklärt, was eine problematische Mischung aus föderalen, provinziellen und sogar kommunalen Q6 STIKEMAN ELLIOTT LLP Der von der CRTC verwaltete Telecommunications Act gibt der Kommission gewisse Ziele vor. Dazu zählt die Förderung bestimmter Richtlinienziele, darunter die Wahrung der Identität und Souveränität Kanadas, des kanadischen Eigentums und der Kontrolle der kanadischen Telekommunikationsnetzbetreiber, die Aufrechterhaltung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des kanadischen Telekommunikationssektors, die weitergehende Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die auch künftige Bereitstellung von Dienstleistungen zu angemessenen Preisen angesichts der bestehenden Marktkräfte. Eigentum Gemäß Telecommunications Act und den damit verbundenen Vorschriften müssen Netzbetreiber im Telekommunikationsbereich (z. B. Unternehmen, die Eigentümer oder Betreiber von Sendeanlagen sind) in kanadischem Besitz und von Kanadiern kontrolliert sein. Diese Anforderung ist erfüllt, sofern: ■ ■ ■ ■ RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION Regelungen zur Folge hatte. Im Jahr 2000 war die im Eigentum der Regierung von Saskatchewan stehende Saskatchewan Telecommunications (SaskTel) die letzte Telefongesellschaft Kanadas, die der Zuständigkeit der CRTC unterstellt wurde. ein Betreiber in Kanada eingetragen ist (auf Landes- oder Provinzebene); mindestens 80% der Mitglieder des Board of Directors des Betreibers Kanadier sind; nicht weniger als 80% der stimmberechtigten Aktien des Betreibers von Kanadiern gehalten werden; und das Unternehmen des Betreibers nicht auf sonstige Weise von Nicht-Kanadiern kontrolliert wird. Nach dem Telecommunications Act erlassene Vorschriften sehen Bestimmungen für Holdinggesellschaften vor, denen zufolge ausländische Investitionen von bis zu 46,7% zulässig sind, die auf einer direkten Investition in Höhe von 20% sowie einer indirekten Investition von 331/3% basieren. Eine Beteiligung von 100% ist erlaubt, wenn ein Telekommunikationsunternehmen über keine eigenen Sendeanlagen verfügt (z. B. Vertriebspartner von Telekommunikationsdiensten). Gebührenordnung Soweit nicht andere Bestimmungen eine Freistellung oder den Verzicht auf einen Anspruch vorsehen, unterliegt die Erbringung von Telekommunikationsdiensten durch einen Netzbetreiber den Bedingungen einer durch die CRTC genehmigten Gebührenordnung. Im Rahmen besagter Gebührenordnung werden die Geschäftsbedingungen für die Dienste sowie die zu erhebenden Gebühren festgelegt. Die CRTC genehmigt Gebühren, sofern sie diese als gerecht, angemessen und nicht diskriminierend erachtet. Der Telecommunications Act gestattet der CRTC, von ihrem Recht zur Ausübung ihrer normalen Regulierungskompetenzen keinen Gebrauch zu machen STIKEMAN ELLIOTT LLP Q7 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION (Regulierungsverzicht), wenn sie der Auffassung ist, dass die Kräfte des Wettbewerbs ausreichen, um angemessene Gebühren sicherzustellen und diskriminierende Praktiken bezüglich einer Gruppe von Telekommunikationsdiensten zu verhindern. Üblicherweise wurde der Regulierungsverzicht als eines von vielen Instrumenten der CRTC angesehen. In den letzten Jahren hat sich die CRTC jedoch im Wesentlichen von der Regulierung der Drahtlos-, Fern-, Satelliten- und internationalen Dienste sowie der Internetdienste für Endkunden zurückgezogen. Darüber hinaus hat sich im Laufe des letzten Jahres ein großer Wandel in der Politik vollzogen. In Folge der im Dezember 2006 von der kanadischen Regierung erlassenen Richtlinienanweisung, die besagt, dass die CRTC nach Möglichkeit Marktkräfte walten lassen sollte statt zu regulieren, wurde der Regulierungsverzicht zum Standardinstrument der CRTC. Im April 2007 wurde eine Regierungsverordnung erlassen, die eine Felduntersuchung durch die CRTC vorsah, um zu entscheiden, ob bestimmte Märkte dereguliert werden sollten. Ergebnis dieser Untersuchung war, dass schon bald eine Mehrheit der Telefonkunden im Einzelhandel den Wettbewerb einer Regulierung der Preisgestaltung vorziehen wird. Die CRTC ist zudem berechtigt, eine Gruppe von Betreibern von der Anwendung des Telecommunications Act freizustellen, sofern sie davon überzeugt ist, dass die Befreiung im Einklang mit den Richtlinienzielen des kanadischen Telekommunikationssektors steht. Die CRTC bevorzugte bisher, anstelle von Befreiungsregelungen einen bedingten Regulierungsverzicht auszusprechen und weiterhin ihr Recht zur Überprüfung von mutmaßlich diskriminierenden Praktiken zu behalten. In den Jahren 2002 und 2003 fällte die CRTC eine Reihe von Entscheidungen, die die Förderung eines stärkeren Wettbewerbs im kanadischen Telekommunikationssektor zum Ziel hatten. Diese umfassten die für die ILECs („Incumbent Local Exchange Carrier“ – etablierten Ortsnetzgesellschaften) geltende Höchstpreisregulierung, Vorschriften für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten durch Tochtergesellschaften der ILECs und Festlegungen für Werbeaktionen und Maßnahmen zur Kundenrückgewinnung. Die Kommission blieb diesem Ansatz im Rahmen ihrer Grundsatzentscheidung vom 12. Mai 2005 zu den regulatorischen Rahmenbedingungen für die Internettelefonie Voice over Internet Protocol (VoIP) treu. In ihrer Entscheidung stellte die Kommission fest, dass VoIP als vergleichbar mit traditionellen Ortsnetzbetreibern angesehen werden könne und dass VoIP-Dienste gemäß vorherigen Bestimmungen der CRTC zur Regulierung des örtlichen Wettbewerbs als Ortsnetzbetreiber zu behandeln seien. Infolgedessen wurden Vorschriften erlassen, die Maßnahmen zur Kundenrückgewinnung, zu Werbeaktionen und Paketangeboten von ILECs regulieren und Erfordernisse für die Einreichung einer Gebührenordnung für ILECs, die vor der Bereitstellung von VoIP-Diensten genehmigt werden müssen, festlegen. Q8 STIKEMAN ELLIOTT LLP Die Entscheidung vom Mai 2005 wurde jedoch von der Regierung am 15. November 2006 widerrufen. Zu dieser Zeit wies der damalige Industrieminister die CRTC an, die wirtschaftliche Regulierung von VoIP zu unterlassen. Diese später durch die CRTC verabschiedete Anordnung erlaubt es großen Telekommunikationsunternehmen wie Bell und TELUS, in direkten Wettbewerb mit kleineren Anbietern zu treten. Der CRTC werden zudem weitreichende Kontroll-, Untersuchungs- und Durchführungsbefugnisse eingeräumt. Zuwiderhandlungen gegen den Telecommunications Act können zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nebst Geldstrafen von bis zu CAD 1 Mio. zur Folge haben. Die CRTC selbst hat jedoch nicht die Macht, bei Verstoß gegen den Telecommunications Act oder Entscheidungen oder Anordnungen der Kommission, Geldstrafen gegen Telekommunikationsbetreiber oder Anbieter von Telekommunikationsdiensten zu verhängen. Im Rahmen des Haushaltsplans der Bundesregierung im Jahr 2005 erklärte die Regierung ihre Absicht, den Telecommunications Act dahingehend zu ändern, dass die CRTC eine umfassende Ermächtigung zur Verhängung von Geldstrafen erhält. Bill C-73, An Act to Amend the Telecommunications Act (No. 2) ging am 14. November 2005 in die erste Lesung. Die Gesetzesvorlage schaffte es zwar bis auf die Tagesordnung, ging aber kurz darauf unter. RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION Diese Entscheidung diente größtenteils der Unterstützung kleinerer Telekommunikationsgesellschaften beim Eintritt in den VoIP-Markt, indem größere Betreiber daran gehindert wurden direkt mit ihnen zu konkurrieren. Darüber hinaus beinhaltete die am 30. Juni 2006 in Kraft getretene Bill C-37, An Act to Amend the Telecommunications Act eine Vollmacht zur Verhängung von Geldstrafen durch die Kommission im Zusammenhang mit der Einführung und Anwendung einer „Do not call-Liste“. Überprüfung der Telekommunikationsrichtlinie Am 11. April 2005 ernannte der Industrieminister ein Telecommunications Policy Review Panel zur Überprüfung von Richtlinien und regulatorischen Rahmenbedingungen im kanadischen Telekommunikationssektor. Das Gremium wurde gebeten, Empfehlungen zu einer Reihe von Themen abzugeben, insbesondere zu der Frage, wie der kanadische Telekommunikationssektor modernisiert werden könne, sodass dabei sowohl die kanadische Industrie als auch der kanadische Verbraucher profitieren würden. Wie bereits zuvor erwähnt, veröffentlichte das Gremium seine Ergebnisse im März 2006. Zusätzlich zu den bereits geschilderten Beteiligungsrechten von Ausländern gab das Gremium in seinem 400-seitigen Bericht 127 Empfehlungen ab. Ein Schwerpunkt der Ergebnisse des Gremiums lag auf der weiteren Deregulierung des Telekommunikationssektors. Das Gremium tritt dafür ein, bei der Festlegung von Preisen so weit wie möglich die Kräfte des Marktes walten zu lassen und nur dort regulierend einzugreifen, wo die Marktkräfte nicht in der Lage sind, einen STIKEMAN ELLIOTT LLP Q9 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION erschwinglichen Zugang zur Telekommunikation zu gewährleisten. Es fordert darüber hinaus eine Stärkung der Verbraucherrechte in Hinblick auf Internetzugang durch den Telecommunications Act, die Schaffung einer von der Industrie finanzierten „Telecommunications Consumer Agency“, die im Auftrag der Bürger branchenbezogene Beschwerden entgegennimmt, die Einrichtung einer gemeinsamen Schiedsstelle für die CRTC und die Wettbewerbsbehörde, die sich in einer flexibleren Weise als dies unter dem derzeitigen Regulierungsregime gestattet ist mit Wettbewerbsfragen beschäftigt, sowie den Aufbau einer Initiative zur Förderung zukunftsweisender IT- und Kommunikationstechnologien (ICTs) im öffentlichen und privaten Sektor. Auswirkungen von Freihandelsabkommen Die primäre Auswirkung des FTA und NAFTA auf die Kommunikationsindustrie zeigt sich im Bereich der „Zusatzund Mehrwertdienste“ im Telekommunikationssektor. Weder FTA noch NAFTA sind allgemein für einfache Direktverbindungen (Point-to-Point) in der Telekommunikation oder für Rundfunk anwendbar, obwohl der NAFTA gewisse Aktivitäten von Monopolen für Basistelekommunikationsdienste einschränkt, indem er diese von wettbewerbswidrigem Verhalten abhält. Im Gegensatz zum FTA, welcher die Festlegung des Begriffs „Zusatz“-Dienst den Regulierungsbehörden eines jeden Landes überlässt, definiert der NAFTA „Zusatzoder Mehrwertdienste“ als Telekommunikationsdienste, welche sich Computeranwendungen zunutze machen, die: ■ ■ ■ auf Format, Inhalt, Code, Protokoll oder ähnliche Aspekte der von Kunden übertragenen Informationen wirken; den Kunden mit zusätzlichen, unterschiedlichen oder neu strukturierten Informationen versorgen; oder die den Kunden in eine Interaktion mit den gespeicherten Informationen einbinden. Folglich umfassen Zusatzdienste die meisten Dienste, die über Basistelefondienste und Ferngespräche hinausgehen, wie beispielsweise E-Mails, OnlineInformationsdienste, Datenabrufe oder -verarbeitungen und sogar Alarmsysteme. Jedes der NAFTA-Länder ist dazu angehalten, auf die Betreiber und Anbieter von „Zusatz- oder Mehrwertdiensten“ sonstiger NAFTA-Länder das Prinzip der Inländerbehandlung (nicht ungünstiger als die den inländischen Betreibern gewährte Behandlung) und der Meistbegünstigung (nicht ungünstig als die den ausländischen Betreibern gewährte Behandlung) anzuwenden. Dennoch können die NAFTA-Länder ihre Lizenzierungssysteme in Bezug auf solche Dienste zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen beibehalten. NAFTA fordert zudem Gleichbehandlung beim Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen. Insbesondere NAFTA-Ländern ist es nicht gestattet, Handelsbeschränkungen durch Q10 STIKEMAN ELLIOTT LLP Die unter den NAFTA fallende Telekommunikation unterliegt zudem den allgemeinen NAFTA-Regeln zu Investitionen. Kanada hat ebenso wie Mexiko und die USA Vorbehalte gemacht, welche die Beibehaltung und Anwendung des kanadischen Beteiligungsrechts und der oben beschriebenen Kontrollauflagen gestatten. General Agreement on Trade in Services (GATS) Kanada hat den GATS-Vertrag unterzeichnet, der Basistelekommunikationsdienste in die Zuständigkeit der Welthandelsorganisation (WHO) legt. Dieses Abkommen enthält multilaterale Regeln für Handel mit und Investitionen in Basistelekommunikationsdiensten und regelt Verstöße nach dem WHOStreitbeilegungsverfahren. Nach den GATS-Verpflichtungen behielt Kanada sein offenes regulatorisches Regime sowie seine Regeln bezüglich der Beteiligung von Ausländern an Netzbetreibern bei. Darüber hinaus nahm Kanada ein Referenzpapier zu regulatorischen Prinzipien an, das mit seinem bestehenden regulatorischen System im Einklang war. Während die Rundfunkdienste und der Transport von DTH- und DBS-Satellitensignalen ausgenommen waren, liberalisierte Kanada die Bestimmungen zu internationalen Diensten und nationalen Satellitendiensten. RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION diskriminierende Regeln in Bezug auf den Anschluss von Endgeräten (oder sonstigen Geräten) in öffentlichen Telekommunikationsnetzen zu errichten. Kanada hat die Regeln zur Verkehrslenkung für alle internationale Dienste und Satellitendienste schrittweise aufgehoben. Die letzte dieser Regeln trat am 1. März 2000 außer Kraft. Der Telecommunications Act und der Teleglobe Canada Reorganization and Divestiture Act wurden 1998 geändert, um Lizenzierungen für Seekabel zu gewährleisten sowie der CRTC die Befugnis zu erteilen, erstmalig ein Lizenzierungssystem für internationale Dienste einzuführen. Gemäß Telecommunications Act ist die CRTC ermächtigt von Anbietern, die in bestimmte Klassen von Anbietern von Basistelekommunikationsdiensten fallen, für die Bereitstellung von internationalen Telekommunikationsdiensten eine Lizenz zu verlangen. Die neuen Lizenzierungsbefugnisse schließen auch Vertriebspartner mit ein. Das Lizenzierungssystem der CRTC für Basic International Telecommunications Service (BITS)-Anbieter trat am 1. Januar 1999 in Kraft. BITS-Lizenznehmer unterliegen keinen Beteiligungsbeschränkungen für Ausländer. RADIOFREQUENZVERWALTUNG Aufgrund der dem Industrieminister gemäß Radiocommunication Act übertragenen Befugnisse ist das Industrieministerium für die Verwaltung und Zuweisung von Radiofrequenzen im Rundfunk- und Telekommunikationssektor sowie für die Lizenzierung und Regulierung von Rundfunkempfangsgeräten zuständig. Bezüglich der Frequenzverwaltung hat das Industrieministerium eine traditionelle Vorgehensweise nach dem „First-Come, First-Served“-Prinzip (FCFS-Prinzip) angewandt, die durch ein vergleichendes Auswahl- und Lizenzierungsverfahren, STIKEMAN ELLIOTT LLP Q11 RUNDFUNK UND TELEKOMMUNIKATION Q12 unter angemessenen Umständen durch Auktionen sowie durch internationale und nationale Frequenzzuweisungsverfahren ergänzt wird. Der FCFS-Ansatz wird in der Regel angewendet, wenn ausreichende Frequenzen vorhanden sind, um die Nachfrage in einem gegebenen Frequenzband zu decken. Ein wettbewerbsorientiertes Lizenzierungsverfahren wird hingegen in den Fällen angewendet, in denen die Nachfrage nach Radiofrequenzen das Angebot wahrscheinlich übersteigen würde (sowie gelegentlich aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie). Darüber hinaus hat das Industrieministerium die Zuweisung von Frequenzlizenzen vermehrt über öffentliche Auktionen vorgenommen. Die folgenden Lizenzauktionen fanden in den letzten Jahren statt: ■ ■ ■ 24- und 38-GHz-Frequenzbänder: November 1999; 2-GHz-Frequenzband (PCS): Januar 2001; und 2300-MHz- und 3500-MHz-Frequenzbänder: Februar 2004. Am 16. Februar 2007 kündigte der Industrieminister seine Pläne zur Abhaltung von öffentlichen Konsultationen mit Bezug auf die Frequenzauktionen im 2-GHzBereich, einschließlich des erweiterten Drahtlosdienstes, an. Nach diesem Plan des Ministers sollte ein Spektrum von insgesamt 105-MHz durch die voraussichtlich im ersten oder zweiten Quartal 2008 stattfindende Auktion zur Verfügung gestellt werden. STIKEMAN ELLIOTT LLP STIKEMAN ELLIOTT UNTERNEHMERISCHE TÄTIGKEIT IN KANADA R Energievorkommen und Bodenschätze Zuständigkeiten ................................................................................................................... 2 Die Nationale Energiebehörde ............................................................................................ 2 Auswirkung von Freihandelsabkommen ............................................................................. 3 © STIKEMAN ELLIOTT LLP JULI 2009 ENERGIEVORKOMMEN UND BODENSCHÄTZE Energie und Bodenschätze ZUSTÄNDIGKEITEN Die Zuständigkeit für die Regulierung von Energie und Bodenschätzen liegt in Kanada im gemeinsamen Zuständigkeitsbereich der Regierungen auf Provinz- und Bundesebene. Die zuständige Regulierungsbehörde auf Bundesebene ist die nationale Energiebehörde („National Energy Board (NEB)“). Darüber hinaus existieren zahlreiche Behörden auf Provinzebene, deren gesetzlicher Aufgabenbereich sich auf die Themengebiete Energie und Bodenschätze erstreckt. Die Entscheidung, welche Regierungsebene rechtlich für eine bestimmte Angelegenheit zuständig ist, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Hierzu zählen der Umfang des Vorhabens, die Art der Energieentwicklung und die nationale Bedeutung des Energievorkommens. Die Bundesregierung ist im Regelfall für Energiefragen interprovinzieller oder internationaler Bedeutung die zuständige Regulierungsbehörde. Die kanadische Kommission für nukleare Sicherheit („Canadian Nuclear Safety Commission (CNSC)“) überwacht die Entwicklung, Anwendung und Nutzung atomarer Energie in Kanada. Mit Zustimmung des Bundeskabinetts kann die CNSC Verordnungen zur Forschung, Kontrolle und Genehmigung der Produktion, Anwendung und der Nutzung atomarer Energie sowie zur Überwachung von Import, Export, Einsatz und Verkauf von Uran, Thorium, Plutonium, Neptunium, Deuterium sowie deren Derivaten erlassen. Die Provinzregierungen sind grundsätzlich für Energie und Bodenschätze innerhalb ihrer eigenen Provinzgrenzen zuständig und sind – in den meisten Fällen – auch Eigentümer dieser Vorkommen. Die Rolle der Provinzregierungen in Fragen der Energie und Bodenschätze ist daher von herausragender Bedeutung. Ferner sind die Provinzen innerhalb ihrer Grenzen für die Regulierung des Energietransports und der Energievermarktung zuständig. Die Provinzen sind - vorbehaltlich vorrangiger Bundsgesetze - auch in beschränktem Maße für die Regulierung interprovinzieller Exporte bestimmter Energieressourcen und anderer Rohstoffe zuständig. DIE NATIONALE ENERGIEBEHÖRDE Die allgemeine Aufgabe des NEB („National Energy Board“), besteht in der im öffentlichen Interesse liegenden Regulierung bestimmter Aspekte des interprovinziellen und internationalen Transports von Öl und Gas sowie des Imund Exports von Strom. Das NEB erteilt Bescheinigungen hinsichtlich der öffentlichen Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit für den Bau interprovinzieller und internationaler Pipelines und internationaler Stromleitungen, stellt Exportgenehmigungen für Öl, Gas oder Strom und Importgenehmigungen für Gas aus und setzt Gebühren und Zölle für interprovinzielle und internationale Pipelines fest. Das NEB ist ebenfalls befugt, bei allen die Energie betreffenden Fragen, die in die rechtliche Zuständigkeit des NEB fallen, Untersuchungen einzuleiten und R2 STIKEMAN ELLIOTT LLP ■ ■ ■ Kohlenwasserstofferkundung, -bohrungen Territorien und einigen offshore Bereichen), die Erzeugung elektrischen Stroms; sowie und -abbau (außer in den der Bau und Betrieb von Pipelines, die Provinz- oder Landesgrenzen nicht überschreiten. Viele der Entscheidungen des NEB erfordern die Zustimmung des Bundeskabinetts. Zu diesen Entscheidungen gehören die Ausstellung von Bescheinigungen für interprovinzielle und internationale Pipelines, internationale Stromleitungen, sowie die Erteilung von Genehmigungen für den langfristigen Export von Öl, Gas oder Elektrizität. Eine Genehmigung seitens des NEB ist für den Bau interprovinzieller und internationaler Pipelines und internationaler Stromleitungen erforderlich. Das Genehmigungsverfahren beinhaltet im Regelfall eine öffentliche Anhörung und berücksichtigt die technische und finanzielle Durchführbarkeit sowie ökologische und sozioökonomische Auswirkungen des vorgeschlagenen Projekts. Der kurz- und langfristige Export von Öl, Gas oder Strom unterliegt ebenfalls dem Genehmigungserfordernis seitens des NEB. Die Genehmigungsanforderungen liegen unter anderem vor, wenn das NEB zu der Überzeugung gelangt, dass auch trotz des Exports der zu exportierenden Menge eine ausreichende Energieversorgung für den kanadischen Bedarf gewährleistet ist. Die marktorientierte Vorgehensweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für den langfristigen Gasexport beinhaltet ein Beschwerdeverfahren, in dem die kanadischen Verbraucher mit der Begründung, es sei ihnen aufgrund des Energieexports nicht mehr möglich, ihren Energiebedarf zu vergleichbaren Bedingungen zu decken, Widerspruch erheben können. Die Einreichung einer Exportfolgenabschätzung („Export Impact Assessment“) ist erforderlich, damit das NEB feststellen kann, ob der beabsichtigte Export wahrscheinlich zu Schwierigkeiten für die kanadischen Bürger, ihren Energiebedarf zu angemessenen Preisen zu decken, führen wird. Das NEB ist ebenfalls dazu befugt, jegliche weiteren relevanten Faktoren zu berücksichtigen, die für eine „Entscheidung im öffentlichen Interesse“ erforderlich sind. ENERGIEVORKOMMEN UND BODENSCHÄTZE Berichte zur Information der Regierung und der Öffentlichkeit zu veröffentlichen. Folgende Bereiche unterliegen grundsätzlich nicht der Regulierung durch die NEB: AUSWIRKUNG VON FREIHANDELSABKOMMEN Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen („NAFTA“) hat - wie bereits zuvor das Freihandelsabkommen („FTA“) - die Bandbreite regulatorischer Eingriffe im Energiehandel, insbesondere zwischen Kanada und den USA, reduziert. Im Ausgangspunkt legen FTA und NAFTA fest, dass der Handel mit elektrischem Strom und anderen Energieträgern den Rechten und Pflichten des GATT sowie den Bestimmungen des FTA und NAFTA unterliegen. Die Bestimmungen der Abkommen zur Abschaffung von Zöllen beseitigen bestehende Zölle auf Energieimporte und exporte und stellen sicher, dass keine neuen Zölle eingeführt werden. Kanada ist STIKEMAN ELLIOTT LLP R3 ENERGIEVORKOMMEN UND BODENSCHÄTZE R4 zudem von US-amerikanischen Einfuhrgebühren auf Öl befreit. Die Partien einigten sich darauf, die meisten Beschränkungen für Energieimporte und -exporte aufzuheben, vorbehaltlich solcher Bedingungen, unter denen auch nach GATT Einschränkungen zulässig sind (hierzu gehören Fälle der Angebotsknappheit, Erhaltung erschöpflicher Ressourcen, nationaler Sicherheit und Einführung von Preiskontrollen). Es werden keine Steuern, Zölle oder Gebühren auf den Export von Energieträgern aus den USA nach Kanada und umgekehrt erhoben, es sei denn, diese Steuern, Zölle oder Gebühren werden auch für den Inlandsverbrauch der Energieträger erhoben. Unter dem Energiebehördengesetz („National Energy Board Act“) ist das NEB dazu verpflichtet, bei der Ausübung seiner Tätigkeiten den Bestimmungen von FTA und NAFTA praktische Wirksamkeit zu verleihen. Weiterführende Erläuterungen zum Thema FTA und NAFTA finden sich in dem Kapitel über Freihandelsabkommen. STIKEMAN ELLIOTT LLP