Charles Ives: The Unanswered Question für - Schulmusik

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Charles Ives: The Unanswered Question für - Schulmusik
Charles Ives: The Unanswered Question für kleines Orchester
RSO Konzertzyklus 3 und Gastkonzert
Mit weiteren Werken von Jennifer Higdon (Blue Cathedral), George
Gershwin (Concerto in F) und John Adams (Doctor Atomic Symphony)
DO 20.11.2014 / FR 21.11.2014, jeweils 20 Uhr
Stuttgart, Liederhalle, Beethoven-Saal
Live-Übertragung in SWR2 (21.11.2014)
SA 22.11.2014, 20 Uhr
Göppingen, Stadthalle
Jean-Yves Thibaudet, Klavier
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Dirigent: Stéphane Denève
Empfohlen ab Klasse 8
Erstellt von Joachim Westendorf
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Inhalt
1.
Einleitung ....................................................................................................................................1
2.
Charles Ives .................................................................................................................................2
2.1 Leben ........................................................................................................................................2
2.2 Rezeption ..................................................................................................................................3
2.3 Kompositionen ..........................................................................................................................4
3.
Kommentare zum Werk The Unanswered Question.....................................................................6
1. Einleitung
Zur Vorbereitung der Konzerte mit dem RSO Stuttgart am 20., 21. und 22.11.2014, die für
Schüler ab Klasse 8 geeignet sind, empfehle ich aus der Reihe „Ideen und Arbeitsmaterialien
für den Musikunterricht“ des VDS Verband Deutscher Schulmusiker Baden-Württemberg das
Heft 29 vom August 2008 mit einer Darstellung von Christoph Khittl „Charles Ives – The
Unanswered Question“. (Bezugsadresse: [email protected] – schnellste Lieferung
garantiert, für 3,45€ incl. Porto/Verpackung).
Daneben ist die Unterrichtshilfe von Kollege Wolfhard Bickel „ives_question.pdf“ sehr zu
empfehlen, die man beigefügt findet und die einen sehr praktischen Zugang zur
Werkvermittlung gibt. Meine eigenen Unterrichtserfahrungen mit diesem emotional
ansprechenden Musikstück beziehen sich nur auf den Unterricht mit Grundschülern, so
möge die folgende Zusammenstellung von Sachinformationen ein zusätzlicher Baustein für
die Unterrichtsvorbereitung in höheren Klassen sein. Sie finden hier:
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Angaben zur Biografie
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Kommentare von Heitmann, Bozetti und Lindner
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2. Charles Ives
Charles Edward Ives (* 20. Oktober 1874 in
Danbury, Connecticut; † 19. Mai 1954 in New York
City) war ein US-amerikanischer Komponist.
Bild: Charles Edward Ives, um 1889
2.1 Leben
Charles Ives war der Sohn des US-Armee-Kapellmeisters George Edward Ives (1845–1894)
und dessen Ehefrau Mary Ives, geb. Parmelee († 1929). Der Vater − ein experimen erfreudiger Musiker, den ein in New York lehrender und aus Europa stammender Organist
ausgebildet hatte − machte seinen Sohn mit den Werken Bachs und mit Helmholtz’ Lehre
von den Tonempfindungen bekannt. Charles Ives spielte dann seit 1888 an der Orgel. Seine
Kompositionsstudien begann er 1894 bei Horatio Parker an der Yale-Universität in New
Haven. Hier lernte der Student die deutsche Musiktheorie des Salomon Jadassohn kennen,
wodurch Ives zunächst den Liedstil von Schumann und Brahms übernahm. Doch schon
während seines Studiums, das er 1898 beendete, emanzipierte sich Ives vom Regelwerk der
europäischen Musik. Nach seinem Abschluss entschloss er sich zu einem konventionellen
Beruf, weil er glaubte, musikalische Kompromisse schließen zu müssen, wenn er von der
Musik leben wolle. Daher begann er eine Tätigkeit bei einer Versicherungsgesellschaft,
wobei er nebenher bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr als Organist tätig war. Musik
komponierte er in seiner Freizeit. 1907 gründete Ives die Versicherungsgesellschaft Ives &
Co.
3
1908 heiratete Charles Ives die Krankenschwester Harmony Twitchell (1876–1969). Das
Ehepaar zog nach New York City, wo Ives 1909 die Versicherungsgesellschaft Ives & Myrick
gründete. 1915 adoptierte das Paar die fünfzehn Monate alte Edith Osborne (1914–1956).
Ives blieb bis zu seinem ersten Herzinfarkt 1918 ein überaus produktiver Komponist; danach
schränkte er das Komponieren ziemlich ein. 1924 unternahm Ives seine erste Europareise,
und zwar nach England. Seine letzte originale Komposition Sunrise für Stimme und
Streichquartett über einen eigenen Text stammt aus dem Jahr 1926. Danach folgten noch
etliche Revisionen und Überarbeitungen früherer Werke. Weitere Europareisen folgten in
den Jahren 1932/33, 1934 und 1938.
Durch seine Tätigkeiten in der Versicherungsbranche war Ives zu einem stattlichen
Vermögen gekommen, mit dem er Konzerte, Publikationen und Aufnahmen von
befreundeten Komponisten finanzierte.
2.2 Rezeption
Zeit seines Lebens wurde Ives’ Musik weitgehend ignoriert, und so blieben die meisten
seiner Werke viele Jahre unaufgeführt. Seine Neigung zum Experiment und zum
kompromisslosen Einsatz von Dissonanzen erkannten nur wenige Hörer an. Nach Ives’
Ansicht war eines der schlimmsten Wörter, Musik abzuklassifizieren, die Bezeichnung "nett"
(nice), so dass seine eigene Unpopularität ihn wohl nicht überraschte. 1940 traf er Lou
Harrison, einen Anhänger seiner Musik, der ihn förderte und seine Popularität etwas
steigern konnte. Am bemerkenswertesten war sein Dirigat der Premiere der Symphony No. 3
im Jahr 1946, die ursprünglich Gustav Mahler 1911 in Wien aufführen wollte. Im folgenden
Jahr gewann er damit den Pulitzer-Preis. Das Preisgeld verschenkte er (zur Hälfte an
Harrison) mit der Aussage: „Prizes are for schoolboys – I am no longer a schoolboy.“
In den Jahrzehnten nach seinem Tod wuchs allmählich sein Ansehen, und heute wird er als
einer der wichtigsten Komponisten Amerikas angesehen.
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2.3 Kompositionen
Obwohl Ives viele Lieder mit oft auffallend origineller Klavierbegleitung schrieb, ist er heute
in erster Linie für seine Instrumentalmusik bekannt. Beeinflusst durch seine Arbeit als
Organist schrieb er 1891 Variations on “America”, das er selbst zu Feierlichkeiten zum 4. Juli
vortrug. Das Stück macht in der Melodie (die der britischen Nationalhymne entspricht) eine
Reihe eher konventioneller aber witziger Variationen. Eine ist im Stil eines Flamencos
komponiert, eine andere, die er einige Jahre nach der Erstaufführung komponiert hatte, ist
wahrscheinlich Ives’ erster Ansatz von Bitonalität. Eine Version von William Schuman für
Orchester wurde 1964 uraufgeführt und zeigt, wie anerkannt Ives nach seinem Tod war. Ives
experimentierte auch mit Texturen, die in unterschiedlichen Geschwindigkeiten ablaufen,
mit Vierteltönen und Raummusik.
Eines der ersten und auffallendsten Beispiele für Ives’ Experimentierfreude ist The
Unanswered Question von 1906, ein Werk, das er für eine ungewöhnliche Besetzung schrieb
(Trompete, vier Flöten und Streichquartett). Später folgte auch eine Orchesterfassung. Die
Streicher spielen während des ganzen Stücks eine sehr langsame, ununterbrochene,
choralähnliche Folge reiner Akkorde, der die Blasinstrumente dissonierend gegenübertreten.
Siebenmal gibt die Trompete zunächst ein kurzes Motiv vor, das Ives als „die ewige Frage der
Existenz“ beschrieb. Sechsmal suchen die Flöten eine Antwort – immer anders und immer
schroffer. Am Ende jedoch bleibt die Frage unbeantwortet. Es ist ein für Ives typisches Stück
– es stellt verschiedene disparate Elemente übereinander, ohne ihre Verhältnisse genau zu
klären, es erscheint angetrieben durch eine Erzählung, der wir uns nie voll bewusst werden,
und bleibt zuletzt mysteriös. Daher findet The Unanswered Question als Filmmusik häufig bei
Todesszenen Verwendung, z.B. in den Filmen Lola rennt (1998) von Tom Tykwer und in Der
schmale Grat (1998) von Terrence Malick.
Die Einbeziehung von Gebrauchsmusik (Märschen, Tänzen, Ragtimes, kirchlichen Hymnen
etc.) ist ein weiteres charakteristisches Merkmal von Ives’ Musik, das in Werken wie Central
Park in the Dark (1906) oder Three Places in New England (1908–14) zur Anwendung kommt.
Ebenso finden Zitate aus der Musikgeschichte, vor allem aus dem Werk Ludwig van
Beethovens Verwendung, wodurch das Verhältnis zur Tradition problematisiert und in der
Musik thematisiert wird. Am komplexesten gestaltet sich die spannungsvolle Verbindung
heterogener Elemente in der Vierten Symphonie (1910–16) sowie in der Ersten (1901–1909)
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und besonders der Zweiten Klaviersonate (1909–1915). Letztere ist wie Ives’ gesamtes
Denken in besonderer Weise beeinflusst durch die transzendentalistischen Schriftsteller
Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau, denen er in der Sonate mit dem
programmatischen Titel Concord, Mass., 1840–1860 jeweils einen Satz zueignete. Die
anderen Widmungsträger waren Nathaniel Hawthorne und Die Alcotts (d.h. die Familie des
Philosophen und Reformpädagogen Amos Bronson Alcott und dessen Tochter Louisa May).
Das Werk, das lange Zeit als beinahe unspielbar galt, liegt heute in über fünfzehn
Aufnahmen vor. Ives’ letztes großes Projekt war die Fragment gebliebene Universe
Symphony, deren erster Satz Prelude aus neunzehn verschiedenen Schlagzeugstimmen in
verschiedenen Metren bestehen sollte. Die Komponisten Larry Austin und Johnny Reinhard
legten je eine eigene Realisation des Werks vor. Symphony No. 4 wurde aufgenommen in die
legendäre Wireliste The Wire’s “100 Records That Set the World on Fire (While No One Was
Listening)”.
Werkliste - Orchesterwerke
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Central Park In The Dark (1906)
Emerson Concerto
Holiday Quickstep for Orchestra (1887)
Hymn for String Orchestra (1904)
Orchestral Set No. 1 “Three Places In New England” (1903–1914)
Orchestral Set No. 2 (1915)
Robert Browning Ouverture (1908–1912)
Symphony No. 1 JS1 (1897/98–1908)
Symphony No. 2 JS2 (1897–1909)
Symphony No. 3 “The Camp Meeting” JS3 (1901–1904/1908–1911)
Symphony No. 4 JS4 (1910–1916)
Symphony No. 5 JS5 (Suite) (1917)
Symphony No. 6 “Universe Symphony” for multiple Orchestras, in continuous
Sections JS6 (Fragment, vervollständigt von Larry Austin) (1911–1928)
The Fourth Of July for Orchestra (1904–1913)
The Unanswered Question for Trumpet, 4 Flutes and Strings (1906)
Washington’s Birthday for Orchestra (1913)
(Quelle: Wikipedia)
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3. Kommentare zum Werk The Unanswered Question
„Die musikalische Moderne begann merkwürdig gleichzeitig an verschiedenen Orten. Als sei
die Zeit reif für eine gründliche Umwälzung, stellten um die Wende vom 19. zum 20. Jh.
Debussy in Paris, Bartók in Budapest, Janacek in Brünn, Schönberg in Wien und Ives in New
York die hergebrachten Parameter der europäischen Kunstmusik ganz unabhängig
voneinander in Frage. Eine besonders interessante Figur ist dabei Ives, der seinen Beitrag zur
Moderne gewissermaßen im stillen Kämmerlein erbrachte.
Charles Ives war eine außerordentlich komplexe Persönlichkeit. Er war Traditionalist und
Pionier, Esoteriker und Großstadtmensch, Kapitalist und Sozialromantiker, erfolgreicher
Selfmade-Geschäftsmann und zurückgezogener Musiker. Als Musiker erhielt Ives eine
gediegene Ausbildung in einer Zeit, als man Dvorak nach Amerika holte, um musikalisch
gegenüber Europa aufzuholen. Mit einem Bein seiner künstlerischen Persönlichkeit steht
daher auch Ives auf dem Fundament der europäischen Musiktradition. Schon früh regte sich
bei ihm aber amerikanischer Pioniergeist und die Lust am Experimentieren. Ganz aus sich
heraus befasste er sich mit Kompositionstechniken, die später typische Merkmale der
musikalischen Moderne werden sollten: Polytonalität, Polyrhythmik, freie Dissonanzen,
Collagen, Zufallseffekte und Raummusik.
Fast alle diese Merkmale finden sich in embryonaler Form schon in The Unanswered
Question aus dem Jahre 1906. Das Stück ist nicht nur die reflektierte, im vorliegenden Fall
höchst philosophische Grundhaltung gekennzeichnet, die typisch für Ives ist. Er stand dem
Denken des transzendentalistischen Concord-Kreises um Ralph Waldo Emerson, dem
‚Propheten der amerikanischen Religion‘ nahe. Das Werk zeigt vor allem die Neigung Ives,
etwas ganz Neues zu versuchen. Schon die Besetzung ist ungewöhnlich – in der
Originalfassung eine Trompete, Streichquartett und vier Flöten; eine Orchesterfassung folgte
30 Jahre später. Noch ungewöhnlicher ist der musikalische Aufbau des Stückes. Vor dem
Hintergrund von lang gezogenen choralartigen Streicherakkorden, die Ives als ‚Das
Schweigen der Druiden‘ beschrieb, ‚die nichts wissen, nichts hören und nichts sehen‘,
intoniert eine Trompete immer wieder ein fragendes Motiv, die ‚ewige Frage der Existenz‘.
Darauf antworten die vier Bläser sechsmal dissonant und zunehmend ungeduldiger und
schroffer, bis die Frage am Schluss unbeantwortet stehen bleibt. Die drei Gruppen agieren
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nach Art einer Collage gänzlich unabhängig voneinander in einem jeweils eigenen Zeitmaß
und mit je eigener Rhythmik und Harmonik.
Ives‘ künstlerische Aktivität war zu seinen Lebzeiten zunächst kaum bekannt. Das lag nicht
zuletzt daran, dass er mit seiner Musik nicht sonderlich an die Öffentlichkeit drängte. Ives
entschied sich nach Abschluss seines Musikstudiums auf gut amerikanische Weise, seinen
Lebensunterhalt durch unternehmerische Tätigkeit zu verdienen. Er zog nach New York und
gründete eine sehr erfolgreiche Versicherungsagentur. Die Musik war für ihn eine
Freizeitbeschäftigung, was aber der Ernsthaftigkeit seines Bemühens keinen Abbruch tat.
Erst in seinem letzten Lebensjahrzehnt begann man, ihn etwas mehr zur Kenntnis zu
nehmen. Wegen seiner Experimentierfreudigkeit und der nicht immer eingängigen Harmonik
bestanden gegen seine Musik zunächst aber erhebliche Vorbehalte. Inzwischen hat sich die
Einschätzung der Kritik allerdings deutlich geändert. Vielen gilt er heute als der
bedeutendste amerikanische Komponist überhaupt. Seine Werke, darunter sechs
anspruchsvolle Symphonien, werden allerdings noch immer selten gespielt.
The Unanswered Question ist das einzige Werk von Ives, das einen hohen Bekanntheitsgrad
erlangte. Wie bei allen seinen Kompositionen wurde aber auch dieses Stück erst sehr spät
zur Kenntnis genommen. Die erste Aufführung fand 40 Jahre nach seiner Entstehung in New
York statt. Die Originalfassung wurde gar erst 30 Jahre nach dem Tod von Ives erstmals
gespielt.
Quelle: Klaus L. Heitmann (Jurist und Schriftsteller - 2012)
„Charles Ives wurde am 20. Oktober 1874 in Danbury (Connecticut) geboren. 1891
komponierte er als 17jähriger Schüler sein erstes bitonales Stück. Schon hier nahm Ives eine
Entwicklung
vorweg,
die
in
Europa
erst
Jahrzehnte
später
einsetzte.
Seine
Experimentierfreudigkeit verdankt er nicht zuletzt seinem Vater, der als Hobbymusiker mit
Vierteltönen und verschiedenen Musikapparaten hantierte. Eine besonders prägende
Kindheitserfahrung war ein Musikfest, das sein Vater mit seiner Blaskapelle und
befreundeten Blaskapellen aus der Umgebung veranstaltete: Aus verschiedenen
Himmelsrichtungen sollten die Kapellen – jede ein anderes Stück spielend – in die Stadt
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einmarschieren und sich auf dem Marktplatz treffen. Dort befanden sich Vater Ives und sein
Sohn auf dem Kirchturm und genossen die räumliche Erfahrung der näherkommenden
Gruppen und das unkoordinierte Zusammenspiel. So stieß der junge Ives sehr früh auf das
Phänomen neuartiger Klänge und die Faszination musikalischer Raumwirkungen. Daneben
lernte er bei dem Rheinberger-Schüler Horatio Parker auch gründlich das klassische
Repertoire und die herkömmliche Satztechnik. The Unanswered Question hat ein ernstes
philosophisches Thema: die ‚immerwährende Frage nach dem Sein‘, die nie beantwortet
werden kann. So beschreibt Ives es in seinem nachfolgend abgedruckten Vorwort.
Das Thema kommt seinen experimentellen neuen ästhetischen Vorstellungen sehr entgegen,
erfordert es doch das Aufbrechen des organischen Musikbegriffs und der ihn tragenden
Konstituentien. So verwundert es nicht, dass Ives in diesem Werk des Jahres 1908 zu einem
Pionier der musikalischen Moderne wird. Das manifestiert sich vor allem in dem Aufbrechen
der Stileinheit (Palestrinasatz, Atonalität, Cluster), den neuartigen Raumwirkungen
(unterschiedliche Aufstellung der Instrumentengruppen, abgestufte Dynamik der einzelnen
Blöcke bzw. Instrumente), dem Verzicht auf ein einheitliches Zeitmaß (3 Dirigenten,
wechselnde Tempi, Gleichzeitigkeit verschiedener Tempi, Zufallselemente, teilweise Verzicht
auf Taktstriche) und dem Verzicht auf Formschemata. Die Form wächst aus der speziellen
Thematik.
Charles Ives: The Unanswered Question (1908)
Foreword
„Die einzelnen Stimmen des Flötenquartetts können aufgeteilt werden auf zwei Flöten
(obere Stimmen) und Oboe und Klarinette (untere Stimmen). Die Trompete kann ersetzt
werden durch ein Englischhorn, eine Oboe oder eine Klarinette; allerdings nur, wenn diese
nicht bei den ‚Antworten‘ mitspielen. Das Streichquartett oder -orchester (mit Dämpfern)
sollte wenn möglich ‚außerhalb der Bühne‘ oder getrennt von den Flöten und der Trompete
sitzen. Die Trompete sollte einen Dämpfer benutzen, außer, es wird in einem großen Raum
gespielt oder das Streichorchester ist stark besetzt. Wenn es mehr als vier Streicher sind, soll
ein Kontrabass die Celli verstärken (eine Oktave tiefer zu spielen). Die Streicher spielen ppp
und in striktem Tempo durch das ganze Stück. Sie repräsentieren ‚das Schweigen der
Druiden –welche nichts wissen, sehen und hören‘. Die Trompete intoniert ‚die
immerwährende Frage nach dem Sein‘, welche sie jedes Mal im selben Tonfall vorträgt. Aber
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die Jagd nach der ‚unsichtbaren Antwort‘, von den Flöten und anderen Menschen
unternommen, wird im Verlauf des Stücks immer aktiver, schneller und lauter über ein
animando zu einem con fuoco. Dieser Part muss nicht an den genauen, in der Partitur
bezeichneten Stellen einsetzen. Er soll einfach jeweils in der Art eines Impromptus
einsetzen; ist kein Dirigent vorhanden, kann ein Flötist die Gruppe anleiten.
Die ‚kämpfenden Antworten‘ scheinen – im Verlauf des Stückes und nach einer ‚geheimen
Besprechung‘ – die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens einzusehen, und beginnen damit, die
‚Frage‘ nachzuäffen. Der Unmut ist für einen Augenblick überwunden. Nachdem die Flöten
verschwinden, wird ‚die Frage‘ ein letztes Mal gestellt, und ‚die Stille‘ wird im Hintergrund
hörbar, in ‚ungestörter Einsamkeit‘. Die Flöten beenden ihren Part ungefähr an der Stelle,
die in der Streicherpartitur angegeben ist; aber in jedem Fall sollte ‚die letzte Frage‘ von der
Trompete nicht gespielt werden, bevor man ‚das Schweigen‘ der Streicherin der Ferne für
einen oder zwei Takte gehört hat. Die Streicher halten ihren letzten Akkord zwei Takte lang,
nachdem die Trompete geendet hat. Wenn die Streicher ihren letzten Akkord erreicht
haben, bevor die Trompete ‚die letzte Frage‘ spielt, halten sie ihn solange aus wie oben
beschrieben. Während einiger der lauteren Stellen der Flöten kann man die Streicher
möglicherweise nicht hören. Das ist aber nicht schlimm. ‚Die Antworten‘ sollten nach jeder
‚Frage‘ etwas früher einsetzen, als es in der Partitur angegeben ist, aber die ‚Frage‘ sollte
deswegen nicht früher gespielt werden. Wenn ein großes Streichorchester spielt, sollte der
Holzbläserchor nach dem Ermessen des Dirigenten besetzt werden, aber in jedem Fall spielt
nur e i n e Trompete.“
Ergänzende zusammenfassende Deutungen:
Elmar Bozzetti:
„Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass Ives in dem tonalen Streichersatz jene
konventionelle, nichtssagende, schwächliche, ‚entmannte Kunst‘, jene ‚Fiedelheinis‘
verspottet, von denen er in seinen Erinnerungen spricht. Während die aufstörende,
drängend wiederholte Frage der Trompete von ihnen ignoriert wird, sind es die Flöten und
‚andere Menschenwesen‘, die durch sie in immer größere Unruhe versetzt werden, in eine
Unruhe, die sich in bewusstem Gegensatz zu dem verweichlichten Wohlklang der Streicher
nur als Dissonanz äußern kann. Die Tatsache, dass Ives die Welt des schönen Scheins und
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falscher Sicherheit, die vermeintlich ‚heile Welt‘ durch Konsonanzen und die fruchtbare
Unruhe, die die ‚ewige Frage des Seins‘, die Frage nach der Wahrheit, hervorruft, durch
unaufgelöste
Dissonanzen
ausdrückt,
ist
ein
Schlüssel
zum
Verständnis
des
Dissonanzgebrauchs in vielen Kompositionen des 20. Jh.“
Heike Lindner:
„Es ergibt sich möglicherweise folgende Struktur: ‚Meditation‘ (für die Streicher-Ebene) —
‚Aufhorchen‘ (für die Trompeten-Ebene) – ‚Störelemente‘ (für die Flöten-Ebene). Der
Trompeten-Rufer kontrastiert durch seine offen gehaltene Melodie (die Warum-Frage) die
beruhigenden Klänge, die die Streicher etablieren, d.h. die Sinnfrage steht der institutionell
verwalteten Scheinsicherheit durch die Druidenpriester entgegen. Nachdem eine Antwort
durch die ignorierenden Priester ausbleibt, richtet der Rufer seine Frage an die
Mitmenschen, doch diese verspotten den Rufer (Flöten imitieren die Trompetenstimme),
anstatt sich um eine Antwort bzw. differenziertere Fragestellung zu bemühen. Das Stück
enthält dramaturgische Elemente, die durch Schüler nachgespielt werden können: Dazu
werden drei Gruppen gebildet, die jeweils eine Rolle im Stück The Unanswered Question
übernehmen. Eine Schüler-Gruppe wählt die Druiden, eine die Mitmenschen und eine den
Rufer. Nachdem der Handlungsablauf dramaturgisch festgelegt wurde, kann dieses Stück
aufgeführt werden, indem die Schülergruppen die Musik im Raum verteilt nachproduzieren.“
Quelle: Hubert Wißkirchen 2007
Musik • Hören mit Verstand
Einleitung
1
Die Aufgaben 5 bis 10 können entweder im Computerraum in Stillarbeit
oder im Musiksaal in gewohnter Weise bearbeitet werden. Arbeitet die
Klasse im Computerraum wird das im Titel für die Schüler unbekannte Werk
„The Unanswered Question“ auf den Server gelegt, damit dieses dann zur
Beantwortung der Aufgaben gehört werden kann.
Das Programm „NotePad“ selbst ist dann denkbar einfach zu handhaben. Der
Umgang mit dem Programm ist weiter unten (Arbeitspapier 1) beschrieben.
Im Computerraum sitzen zwei Schülerinnen / Schüler an einem
Arbeitsplatz. Die beiden Kopfhörer sind über eine Weiche verbunden.
Die Installtaion ist problemlos, vor allem nicht bei den Schulen, welche das
Netzwerk mit der „Musterlösung“ betreiben.
Vor dem Herunterladen wird man aufgefordert, Adressangaben zu machen,
welche jedoch keine Verpflichtungen oder Konsequenzen nach sich ziehen.
2. Die Aufgaben 1 bis 4 können nur im Computerraum bearbeitet werden. Dazu muss das kostenlose Programm NotePad (Freeware) aus
dem Internet von der Adresse: http://www.klemm-music.de/coda/notepad/ heruntergeladen werden.
1. Der Titel des Werkes sollte erst vor Bearbeitung der Aufgabe 8 bekannt gegeben werden.
Um die folgende Unterrichtseinheit umzusetzen zu können, sollten folgende Voraussetzungen brücksichtigt werden:
Einleitung
Eine Unterrichtssequenz zur Einführung in das Werk von Wolfhard Bickel
Charles Ives, The Unanswered Question, 1908
Musik • Hören mit Verstand
Charles Ives, The Unanswered Question
2
Musik • Hören mit Verstand
Arbeitspapier 1
Die Noteneingabe und Hörkontrolle ist dann denkbart einfach. Nicht vergessen sollte man das Abspeichern.
Nach dem Öffnen des Programms erscheint ein Fenster, in welches man Titel und Komponist eingibt. Danach ein weiteres, in welchem die Besetzung
festgelegt wird. Das dritte Fenster bringt die Aufforderung, Taktart und Tonart festzulegen.
Einführung in das Notensatzprogramm “Finale NotePad”
unbekanntes Orchesterwerk
Musik • Hören mit Verstand
Arbeitspapier 2
Aufgabe 10:
Welche Sinngebung vermuten Sie hinter dem von Charles Ives für diese Komposition gewählten Titel?
Aufgabe 9:
Diskutieren Sie, inwieweit die jeweilige „Frage” eine „Antwort“ findet.
Aufgabe 8:
Vergleichen Sie die „Antworten” miteinander. Welche kompositorische Absicht verbirgt sich wohl hinter den 6 „Antworten”?
Aufgabe 7:
Beschreiben Sie die Gestaltungsmittel, welche der Komponist einsetzt, um den ruhigen Klanggrund zu erzeugen.
3
Aufgabe 6:
Im Werk treten noch weitere Instrumente auf. Welche Instrumente sind es? Welche Funktion nehmen sie ein? Hören Sie dazu das Werk noch einmal.
Aufgabe 5:
Hören Sie mehrmals das Werk, welches auf dem Server liegt, unter folgenden Fragestellungen:
•
Im Werk wird mehrfach eine musikalische „Frage” gestellt.
•
Welches Instrument stellt die „Frage“?
•
Vergleichen Sie diese „Fragen“ miteinander.
•
Entspricht diese „Frage“ den von Ihnen entwickelten Kennzeichen einer Frage (siehe Aufgabe 2).
Aufgabe 4:
Verfahren Sie entsprechend der Aufgabe 2 mit den in Aufgabe 3 gefundenen Antworten.
Aufgabe 3:
Gestalten Sie ebenfalls aus maximal 6 Tönen ein Motiv, welches die in Aufgabe 1 gestellte Frage beantwortet.
Aufgabe 2:
Stellen Sie einige von der Klasse entwickelten Fragemotive auf den Server und vergleichen Sie diese miteinander. Welche Eigenschaften muss ein
Motiv besitzen, damit es einen fragenden Ausdruck erhält?
Aufgabe 1:
Erfinden Sie mit höchstens 6 Tönen ein Motiv, welches einen fragenden Ausdruck vermittelt. Die Tonart sollte C-Dur, F-Dur oder G-Dur sein, die
Taktart der 4/4-Takt.
unbekanntes Orchesterwerk
Musik • Hören mit Verstand
Lösungen
Antwort zu Aufgabe 2:
Ein Motiv mit fragendem Ausdruck schwingt sich in einem größeren Bogen aufwärts und ist rhythmisch beschleunigt, d.h. in seinem Verlauf werden die
Notenwerte verkürzt.
Antwort zu Aufgabe 3:
Die „Antwort“ sollte an die „Frage“ anknüpfen, gegenläufig sich bewegen und Idealerweise zum Ausgangston zurückgeführt werden. Gleichzeitig sollte
eine rhythmische Beruhigung eintreten (vgl. Phrase - Gegenphrase, Vordersatz - Nachsatz).
Antwort zu Aufgabe 4:
Das ideale Antwortmotiv sinkt in einem Melodiebogen zum Ausgangston zurück und wird dabei rhythmisch verlangsamt.
Antwort zu Aufgabe 5:
Die Trompete ist das „Frageinstrument“. Die „Fragen“ werden 6 Mal immer gleich und unverändert wiederholt. Die „Frage“ beginnt mit langer Note in
mittlerer Lage, schwingt sich dann beschleunigt vom Tiefton zum Hochton auf, um dann in mittlerer Lage offen zu enden.
Antwort zu Aufgabe 6:
Neben den Streichinstrumenten (Streichorchester mit mehrfach besetzter 1. und 2. Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass), die einen ruhigen fast
unbeweglichen Klanggrund bilden, treten 4 Querflöten auf. Diese intonieren sich wandelnde Antworten auf die immer gleiche „Frage“ der Trompete.
Antwort zu Aufgabe 7:
Die Streichinstrumente intonieren in meist langen Notenwerten einen Klanggrund im dreifachen Piano. Nur wenige kürzere Notenwerte (Viertelnoten)
beleben den sehr statisch wirkenden Klangteppich. Dieser wirkt durch die Spielanweisung „con sordino“ (mit Dämpfer) noch zurückhaltender. Die
Akkorde sind Dreiklänge und scheinen der funktionalen Harmonielehre verpflichtet.
Antwort zu Aufgabe 8:
„Die „Antworten” werden zunehmend drängender und ungeduldiger. Dies wird durch die beschleunigte Tempowahl erreicht, unterstützt durch
zunehmende Verkürzung der Notenwerte. Gleichzeitig wird der Inhalt der „Antworten“ durch eine zunehmende Zahl von Klangereignissen
dichter. Dadurch wird eine steigende Unruhe und Ungeduld vermittelt. Die „Antworten“ sind nicht an eine Tonart gebunden. Sie sind atonal.
Die schneidenden Dissonanzen nehmen immer mehr zu. Es scheint, als ob in den Antworten allmählich jede Ordnung verloren geht.
Antwort Aufgabe 9:
Die „Antworten“ der Flöten wirken zunehmend ungeduldiger. Sie sind letztlich nicht schlüssig zur ruhigen, gleich bleibend emotionslos wirkenden
„Frage“ der Trompete. Dass keine „Antwort“ die Trompete befriedigt, beweist die Tatsache, dass das Stück mit einer Frage, welche keine Reaktion mehr
hervorruft, endet.
Antwort zu Aufgabe 10:
Charles Ives beantwortet selbst die Frage im Vorwort seiner Komposition:
„...Die Streicher spielen ppp und in striktem Tempo durch das ganze Stück. Sie repräsentieren „das Schweigen der Druiden – welche nichts wissen,
sehen und hören“. Die Trompete intoniert „die immerwährende Frage nach
dem Sein“, welche sie jedes Mal im selben Tonfall vorträgt. Aber die Jagd nach der „unsichtbaren Antwort“, von den Flöten und anderen Menschen
unternommen, wird im Verlauf des Stücks immer aktiver, schneller und lauter über ein animando zu einem con fuoco. Dieser Part muss nicht an den
genauen, in der Partitur bezeichneten Stellen einsetzen. Er soll einfach jeweils in der Art eines Impromptus einsetzen; ist kein Dirigent vorhanden,
kann ein Flötist die Gruppe anleiten. Die „kämpfenden Antworten“ scheinen – im Verlauf des Stückes und nach einer „geheimen Besprechung“ – die
Sinnlosigkeit ihres Unterfangens einzusehen, und beginnen damit, die „Frage“ nachzuäffen. Der Unmut ist für einen Augenblick überwunden. Nachdem
die Flöten verschwinden, wird die „Frage“ ein letztes Mal gestellt, und die „Stille“ wird im Hintergrund hörbar, in „ungestörter Einsamkeit“.
unbekanntes Orchesterwerk