In fremden Betten

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Leseprobe: Der Concierge
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07.05.2004
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Der Concierge –
die Seele vom Hotel
WAHRE GESCHICHTEN AUS DEM
ALLTAG GUTER GEISTER
H
aben Sie zufällig im Fernsehen den Film
„Ein Concierge zum Verlieben“ gesehen?
Dem Hollywood-Streifen, der hauptsächlich im
Hotel spielt, waren hohe Einschaltquoten beschieden, mit dem Alltag in der Hotellobby hatte
die Kuschelstory allerdings wenig zu tun. Die
Kernaussage aber, dass der Concierge die Seele
eines jeden guten Hotels sei, die gilt auch in der
täglichen Praxis.
Einer der besten seiner Zunft ist in Deutschland gewiss der Chef-Concierge im Berliner
„Adlon“, Raffaele Sorrentino, der mit vier weiteren Mitarbeitern rund um die Uhr Unmögliches
möglich machen soll. Erst kürzlich war die Tochter eines Stammgastes in Amsterdam gelandet,
ohne Papiere, ohne Geld. Ihre Tasche war vor
dem Abflug im New Yorker Airport verloren
gegangen. Nun saß sie fest, durfte nicht nach Ber–116–
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lin weiterreisen, nicht einmal den Flughafen verlassen. Sorrentino ließ seine Beziehungen spielen,
ein befreundeter Concierge in Amsterdam brachte der unglücklichen Frau Geld. Gleichzeitig
glühten die Drähte zur Botschaft in Den Haag.
Schließlich stellte das Hotel 20 000 Dollar Kaution
und der Gast konnte mit einem Ersatzpass nach
Berlin weiterreisen.
Für Sorrentino eine Alltäglichkeit, nur eine
von unzähligen Hilfsaktionen. Manchmal sind
die Wünsche der Gäste allerdings so ausgefallen,
wie es sich nicht einmal Drehbuchakrobaten von
Filmstorys vorstellen können. Was beispielsweise Josef Paulke, lange Zeit Chef-Concierge im
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„Mansion on Turtle Creek“ in Dallas, einem der
besten Hotels der Welt, an einem ganz normalen
Arbeitstag regeln sollte. Da verlangte der Gast
aus der Suite 708 mal eben ein Düsenflugzeug.
Der Ölunternehmer wollte keine Plätze buchen
oder einen Jet mieten, kaufen wollte er, gleich,
sofort. Paulke recherchierte, organisierte, stellte
Verbindungen her, wird von einem anderen Gast,
einem Stammkunden auf 349, unterbrochen. Der
wünscht am Nachmittag, mit einem schwarzen
Araberhengst hinaus in die Prärie zu reiten.
Geschwindigkeit ist keine Hexerei, Pferd bestellt,
Sattel besorgt. Schließlich wird Paulke gebeten,
für einen auf Antiquitäten fixierten Geschäftspartner zum Geburtstag einen Engel aus dem
16. Jahrhundert zu besorgen. Ein Glück, dass ein
guter Concierge die besten Adressen kennt. Nur
die Wünsche nach lebenden, leicht gestrauchelten Engeln auf dem Weg zu einsamen Herren
werden im „Herrenhaus am Schildkrötenbach“
(so die Übersetzung des Hotelnamens), das zur
„Rosewood“-Gruppe gehört, nicht erfüllt.
Scheich Mohammed Al Maktoum aus Dubai
machte den Portier des Hamburger „Vier Jahreszeiten“ sprachlos, als er ihn bat, zehn Milchkühe
mit Stammbaum und Gesundheitszertifikat aus
der Nordheide zu besorgen. Auch hier wurde das
Geschäft reibungslos abgewickelt. Der Scheich
zahlte bar und ließ die Kühe mit einem Lufthansa-Spezialtransport nach Dubai bringen.
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Amerikas bester Concierge, Jack Nargil, einst
Assistent eines Senators, später Präsident seiner
Berufsvereinigung, wurde „Petrus der Hauptstadt“ genannt, weil er jedem guten Gast Tür und
Tor öffnen konnte. Ich lernte ihn im „Four Seasons Washington“ kennen. Dem Chef der Nebraska Bank, der sich neu orientiert und seinem
jungen Glück das Finale in Wimbledon versprochen hatte, besorgte Nargil in zwei Stunden
Concorde-Flüge, Limousinenservice in London,
Tribünenkarten am Center Court und das Abendessen bei Sternekoch Mosimann. Nur einmal
musste er passen, als eine Schauspielerin aus San
Diego ihn bat, doch persönlich einen Stadtplan in
ihre Suite zu bringen, und sie ihn dann in aller
Offenheit textilfrei empfing. Ein Concierge im
wahren Leben wird auch da nicht schwach.
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