Der Weg zur - pferdehof
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Der Weg zur - pferdehof
Titelthema Muskeln richtig aufbauen Der Weg zur Krafttraining pur: Im Galopp werden die Muskeln besonders stark gefordert Traumfigur 90 – 60 – 90: Für Pferde gibt es solche fixen Idealmaße nicht. Doch auch bei ihnen kann man schon an der Figur erkennen, ob sie gut oder schlecht trainiert sind. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Schwachstellen erkennen und Ihr Pferd mit dem richtigen Training stark und fit machen. Mit vielen Übungen für Bauch, Beine, Po und mehr Text: Kerstin Philipp | Fotos: Holger Schupp M ehr als 700 Skelettmuskeln sorgen im Pferdekörper dafür, dass alles hält und sich flüssig bewegen kann. Damit diese vielen „Mitarbeiter“ ihren Job gut machen können, brauchen sie immer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Entspannung. Und sie müssen langsam in neue Aufgabenfelder eingearbeitet werden. Beim Pferdetraining ist also Feingefühl gefragt. Schlechtes Reiten oder eine falsche Ausrüstung lassen die Muskulatur verkümmern. Oder bestimmte Partien prägen sich falsch aus, und Sehnen, Bänder und Knochen sind gefährdet. Unsere Experten zeigen, worauf es bei der Muskelentwicklung ankommt und wie Ihr Pferd mit den richtigen Übungen der Traumfigur näherkommt. Unterhals unerwünscht Wenn das Training stimmt, sieht man das einem Pferd deutlich an. „Der Hals hat dann eine schöne Oberhalslinie, so wie es Pferde zeigen, wenn sie ein anderes über den Weidezaun beschnuppern“, beschreibt Ausbilderin Britta Bensch aus Hohenlohe ein Merkmal. Die Unterhalsmuskulatur soll dagegen nicht stark ausgeprägt sein, und die Drosselrinne (die Einsenkung an der Unterseite des Halses zeigt den Verlauf der äußeren Drosselvene) gut erkennbar sein. Pferde mit verspanntem Unterhals laufen oft vorne verkürzt und drücken den Rücken weg. Der Unterhals wird von Pferden verstärkt genutzt, wenn sie nicht genug Schub aus der Hinterhand haben. Dann heben sie mit diesem Muskel zum Beispiel in Übergängen den Kopf heraus. 12 www.mein-pferd.de 11/2013 UNSERE EXPERTEN Britta Bensch Die Ausbilderin betreibt einen Stall in Hohenlohe (Ostalbkreis, Baden-Württemberg) und bildet Pferd und Reiter nach klassischen Grundsätzen aus. Ihr Ziel ist es, Reitern eine feine Hilfengebung und einen respektvollen Umgang mit dem Pferd zu vermitteln. Als DIPO-Pferdephysiotherapeutin liegt ihr Augenmerk zudem auf der ganzheitlichen Ausbildung von Pferden. Neben Beritt und Unterricht bietet Britta Bensch Seminare an. www.pferdehof-bensch.de Dr. Robert Stodulka Der Allgemeintierarzt und Fachtierarzt für Physiotherapie und Rehabilitationsmedizin betreibt in Wien eine Praxis und lehrt dort an der Universität. Spezialisiert auf Akupunktur und Osteopathie widmet er sich besonders der Biomechanik und veröffentlichte mehrere Bücher (z. B. Medizinische Reitlehre, Parey Verlag). Die reiterliche Ausbildung machte Stodulka unter anderem an der Königlich-Andalusischen Hofreitschule. www.pferdepraxis.co.at Stephanie Klaßen Die Bereiterin und Reitlehrerin machte vor fünf Jahren die Ausbildung zur Bewegungstrainerin nach Eckhart Meyners. Auf dem Lauterhof in Willich (NRW) betreut sie Berittpferde und gibt dort und auch extern Kurse. Für unsere Titelgeschichte hatte Stephanie Klaßen viele passende Pferde zur Hand. Mit ihrer zwölfjährigen Stute Anouk (Foto rechts) zeigte sie uns, wie viel man mit richtigem Training aus einem Pferd trotz Senkrücken und Shivering-Syndrom herausholen kann. 11/2013 www.mein-pferd.de 13 Was sitzt wo: Diese Muskeln sind beim Reiten besonders wichtig 11 10 7 1 9a 12 9b 13 8 6 Geraderichtung auf dem Prüfstand 14 2 5 15 18 16 17 4 3 1 Kruppenmuskeln 2 Lange Sitzbeinmuskeln 3 Gastrocnemius 4 Zehenstrecker und -beuger 5 Kniegelenkstrecker 6 Hüftbeuger 7 Langer Rückenmuskel 8 Breiter Rückenmuskel 9a 9b Trapezmuskel Auch vom Sattel aus lässt sich die Halsmuskulatur beurteilen, wie Tierarzt Dr. Robert Stodulka aus Wien weiß: „Der Reiter muss die Halsmuskulatur von oben wie eine Pyramide sehen. Vom Sattel ausgehend kommt zunächst der breite Trapezmuskel (Grafik, Nr. 9), zum Genick wird der Hals dann immer schmaler.“ Ist es genau andersherum, hat ein Pferd also mehr Muckis im Genick als am Halsansatz zum Widerrist, spricht das nicht für ein harmonisches Training. Denn diese Pferde kämpfen meist gegen eine harte Reiterhand oder Hilfszügel an. In der Vorhand des Pferdes sitzt eine besondere Muskelkonstruktion, die die von hinten kommende Last auffängt und Knochen, Sehnen und Bänder schützt. Es gibt dabei anders als beim Menschen keine Knochenverbindung, denn das Pferd hat kein Schlüsselbein. Vorhand und Wirbelsäule sind nur mit Bändern und Muskeln verbunden, die einiges aushalten müssen. Sind die Brustmuskeln oder der Brustteil des gesägten Muskels (16, 17) verspannt, reagieren Pferde auf Berührung an der Brust oder der Gurtlage empfindlich. „Latschen Pferde zu sehr auf 14 www.mein-pferd.de 11/2013 der Vorhand, ist außerdem oft ihr TricepsMuskel (15) besonders stark ausgebildet“, berichtet Dr. Robert Stodulka. Wichtige Muskeln der Vorhand sind der Trapezmuskel, der sich wie eine Fischflosse über den Widerrist (9a, 9b) spannt, und der breite Rückenmuskel (8). Der Trapezmuskel leidet besonders unter nicht passenden Sätteln. Oft zeigt sich hier in Form einer Kuhle hinter der Schulter richtiger Muskelschwund, der sich bis in den Hals fortsetzen kann. Eine gesunde Halsund Vorhandmuskulatur bildet sich vor allem durch das Reiten in Dehnungshaltung. Halteapparat sorgt für Entlastung Hier entwickeln sich die richtigen Muskeln von selbst, wenn das Pferd seinen Hals lang macht und korrekt vom Widerrist aus fallen lässt, mit der Nase vor der Senkrechten und einem leicht kauendem Maul. „Das Pferd sollte sein Genick tiefer als den Widerrist tragen, die Nüstern in Höhe des Schulterbuggelenkes“, erklärt Bereiterin Stephanie Klaßen aus Willich die korrekte Position. Die Muskeln werden so nun durch ein ausgetüffeltes sinnvoll. Die Vorhand wird dabei aktiv mit dem äußeren Zügel in eine Richtung geführt. Das Pferd wird so automatisch um den inneren Schenkel gebogen. So kann der Reiter zum Beispiel immer wieder kurz mit deutlicher Schulterfühung abwenden und direkt wieder geradeaus reiten, etwa beim „Durch die ganze Bahn wechseln“. Oder er reitet mehrere Wendungen hintereinander, zum Beispiel in Schlangenlinien durch die Bahn mit verschiedenen Bögen. Anzeige Titelthema 10 Halsteil des gesägten Muskels 11 Riemenmuskel 12 Kopf-Arm-Muskel 13 Brustbein-Kopf-Muskel 14 Deltamuskel 15 Dreiköpfiger Armmuskel (Triceps) 16 Brustteil des gesägten Muskels 17 Tiefer Brustmuskel 18 Bauchmuskeln Haltesystem unterstützt: das Nacken-Rücken-Band. Es reicht vom Hinterhauptbein (Verbindung von Kopf und Hals), über den Rücken bis zum Kreuzbein. Ist das NackenRücken-Band korrekt gespannt – was in der Dehnungshaltung erreicht wird –, hält es quasi die Körperteile, Widerrist und Schulterbereich werden angehoben. Das Pferd braucht dann weniger Muskelkraft, und die Muskeln bauen sich ohne hohe Belastung in der Bewegung auf. Die Vorhand spielt auch eine wichtige Rolle bei der Geraderichtung. Hier sind Übungen zur Schulterkontrolle In Seitengängen kann man diese Schulterkontrolle dann besonders gut ausbauen. Wichtig: Die Dehnungshaltung abfragen Britta Bensch empfiehlt dazu Schulterherein ganz langsam im Kreis zu reiten. Am Anfang reichen zwei bis drei Tritte, die Anzahl „Bei Pferden, die nicht genug geradegerichtet steigert man dann über mehrere Wochen. sind, bilden sich die Muskeln assymetrisch „Wichtig ist, das man langsam reitet. Bewegen aus“, berichtet Dr. Stodulka. „Die Assymesich die Pferde zu schnell seitwärts, ist es für trien können sich dabei vom Genick, über sie weniger anstrengend und sie halten sich Schulter und Rücken bis zur Hinterhand dabei fest im Rücken“, betont die Ausbilde- zeigen.“ Auch eine unpassende Ausrüstung rin.Wie gut es mit der Geraderichtung klappt, kann der Grund für solche unnatürlichen darauf lassen auch die Muskeln schließen. Fehlbildungen in der Muskulatur sein. Hals und Vorhand Gut: Der Riemenmuskel (Grafik, Nr. 11) führt vom Widerrist zum Genick und sorgt hier für die gewünschte runde Oberhalslinie. Das Pferd soll seinen Hals vor allem mit diesem Muskel tragen und nicht mit dem Arm-KopfMuskel (12) und dem Brustbein-Kopf-Muskel (13) am Unterhals hochstemmen. Die Muskeln in dem Dreieck zwischen Halswirbelsäule, Halsansatz und Mähnenkamm sind schön ausgeprägt, die Drosselrinne gut sichtbar. 1/3 hoch im anschnitt Schlecht: Durch zum Beispiel eine harte Reiterhand kann sich die Unterhalsmuskulatur zu stark ausprägen (Foto), oder es entsteht der „falsche Knick“. Der höchste Punkt ist dann nicht das Genick, sondern etwa der dritte Halswirbel. In dem Dreieck Wirbelsäule, Halsansatz, Mähnenkamm kann sich eine Mulde bilden und vor dem Widerrist eine Kuhle. Auch Muskelverhärtungen im Genick entstehen, wenn Pferde gegen die Reiterhand arbeiten. Übungen: Oberhalsmuskulatur und Vorhand werden besonders gut trainiert, wenn man den Rahmen des Pferdes regelmäßig verändert. Dazu führt der Reiter die Zügel im Wechsel mal kürzer, mal länger und wechselt zwischen Aufrichtung, Dehnungshaltung und Pausen mit hingegebenem Zügel. Die Wechsel sorgen dafür, dass die Muskeln in Genick und Hals und die Rumpfträgermuskeln, die in der Vorhand als Stoßfänger arbeiten, immer wieder an- und entspannen und sich optimal entwickeln. Wichtig: Mit den Zügeln wird eine elastische Verbindung gehalten, ohne den Pferdekopf in eine bestimmte Position zu ziehen oder die Zügel durchhängen zu lassen. Gebogene Linien und das Reiten in Stellung und Biegung stärken zudem das Genick und machen es beweglich. 11/2013 www.mein-pferd.de 15 Anzeige Titelthema Das Nacken-Rücken-Band, das die Muskeln in Hals- und Vorhand bei ihrem Aufbau untersützt, entlastet auch besonders den langen Rückenmuskel (7), der rechts und links von der Wirbelsäule verläuft. Er ist ein reiner Bewegungsmuskel, der den Rumpf anhebt, aber nicht den Reiter tragen darf. „Der Rückenmuskel ist mit den Kruppenmuskeln verbunden und sorgt für den Anschub aus der Hinterhand“, erklärt Stephanie Klaßen. „Das Pferd muss den Muskel unverkrampft dehnen und anspannen, um sich schwungvoll von hinten nach vorne fortbewegen zu können.“ Hält ein Reiter sein Pferd aber mit der Hand vorne fest und treibt es gleichzeitig in diese starre Hand hinein, kann sich die Rückenmuskulatur nicht entspannen. „Das Pferd drückt dann den verspannten Rücken nach unten weg, der Widerrist kommt nicht hoch, und der Rückenmuskel muss das gesamte Reitergewicht tragen“, erklärt Britta Bensch. Rücken und Bauch Gut: Die Wirbelsäule ist schön eingebettet vom langen Rückenmuskel (7), dem längsten Muskel des Körpers. Er verläuft rechts und links neben der Wirbelsäule vom Becken bis zum siebten Halswirbel und verbindet so Vorund Hinterhand. Der Rücken ist gleichmäßig rechts und links bemuskelt. Es zeigen sich keine Dornfortsätze, keine Kuhlen durch zum Beispiel einen zu engen Sattel oder falsche Aufwölbungen durch Muskelverhärtungen. Schlecht: Ein sehr langer gerader Rücken (Foto rechts oben) oder ein Senkrücken (Foto rechts unten) können das Training erschweren. Beim Senkrücken sind meist die Bauchmuskeln zu schwach. Bei einem Karpfenrücken ziehen sich dagegen im Lendenbereich die verkrampften Muskeln hoch und wölben sich dort auf. Hier sind die Rückenmuskeln meist zu schwach und können den Bauchmuskeln nicht genug entgegenarbeiten. Außerdem neigen sehr kurze Rücken dazu, schnell zu verspannen. Damit die Rückenmuskeln – egal bei welcher Rückenform – richtig arbeiten können, müssen sie vor allem vor Druck von Sattel oder Reiter geschützt werden. Nur so können sie sich in der Bewegung locker aufbauen. Wenn es im Rücken zwickt Solche festgehaltenen Rücken sind oft an Taktfehlern zu erkennen, wie Bensch beschreibt: „Der Schritt wird zum Pass, der Dreitakt im Galopp zum Viertakt, die Pferde hüpfen wie ein Häschen im Galopp.“ Auch der Trab kann leiden: Normalerweise schwingen jeweils die diagonalen Beinpaare gemeinsam nach vorne. Doch ist der Rücken fest, wird diese Diagonale gebrochen, Hinterhand und Vorhand arbeiten nicht mehr zusammen. Die Rückenmuskeln übertragen die Bewegung nicht nur auf die Vorhand, sondern indirekt auch auf die Bauchmusku- Bei Stangenarbeit sind sind Bauch, Beine, Po und Rücken gefragt Seitengänge wie Schulterherein machen beweglich latur. Denn ist der lange Rückenmuskel an- betont Britta Bensch. „Muskeln bauen sich gespannt, kippt das Becken des Pferdes nach aber vor allem in einem langsamen Tempo vorne. Die Bauchmuskeln (18) wirken dem richtig auf.“ Das Übertretenlassen der Hinentgegen und ermöglichen so erst, dass das terhand in einem ruhigen Tempo lockert die Pferd mit der Hinterhand weit untertreten Rückenmuskulatur besonders, auch Rückkann. „Gibt der Reiter mit dem Schenkel also wärtsrichten wölbt den Rücken schön auf diesen Muskeln den richtigen Impuls, wird und dehnt so die Oberlinie. das Hinterbein angeregt, vorzutreten. Wichtig ist, dass man dabei mit den Schenkel den Galopp für einen straffen Bauch Bauch nicht einklemmt, sondern wirklich nur Impulse gibt“, erklärt Stepahnie Klaßen. „Werden Seitengänge und Rückwärtsrichten Die Bauchmuskeln reichen vom Brust- ruhig ausgeführt und kennt das Pferde diebein bis zum Schambein und bilden die un- se Lektionen, sind sie auch schon in der Lötere Verspannung. Um das Zusammenspiel sungsphase sinnvoll“, erklärt Britta Bensch. von Bauch- und Rückenmuskeln zu trai- „Ebenso können kurze Übergänge schon früh nieren, ist es wichtig, das richtige abgefragt werden.“ Ein Arthrosepferd lässt Tempo zu gehen. Denn reitet man die Ausbilderin zum Beispiel mal nur zwei das Pferd zu eilig, schaffen es die Tritte antraben, danach geht es am langen -pferd.de Bauchmuskeln nicht mehr, das Zügel eine halbe Seite lang, bis sie erneut n ei .m w w w -Bilder Becken zu stabilisieren, und die er hh ac antrabt. Im Galopp sind dann die BauchN rVorhe rden von Hinterhand arbeitet nach hin- muskeln besonders gefragt. Langes, ruhiges zu Rehapfe h unBritta Bensc “ ten heraus. „Viele Pferde werden Galoppieren oder Übergänge zum Galopp ter „Service oft zu schnell nach vorne geritten“, können die Zusammenarbeit von Bauch und 16 www.mein-pferd.de 11/2013 Übungen: „Langes, ruhiges Galoppieren (Cantern) macht den Rücken stark“, erklärt Britta Bensch. „Denn im Dreitakt wird der Rücken am wenigsten festgehalten.“ Häufiges Angaloppieren ist auch sinnvoll, vor allem aus dem Trab heraus. Beim Wechsel zwischen dem Zweitakt Trab und dem Dreitakt Galopp Rücken sehr verbessern. Gymnastiksprünge und Cavaletti-Arbeit stärken außerdem den Rücken und machen gleichzeitig die Hinterhand beweglich. Und die Hinterhand ist schließlich der Motor des Pferdes. Ist sie locker und tritt sie aktiv unter, wirkt sich das bis in den Pferdekopf aus. In der Hinterhand sorgen große, starke Muskeln für den richtigen Antrieb. Man unterteilt sie in vier Gruppen: innere Lendenmuskeln (entspringen der Unterfläche der Lendenwirbelsäule und setzen innen an Becken und Oberschenkel an), Kruppenmuskeln (1), lange Sitzbeinmuskeln (2) und Kniegelenkstrecker (5). Bevor diese Muskeln allerdings in der Versammlung mehr Gewicht aufnehmen können, müssen sie erst im Vorwärts die nötige Schubkraft entwickeln. Und hier kommt wieder die Dehnungshaltung ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass Rücken- und Bauchmuskeln gut zusammenarbeiten und das Hinterbein weit nach vorne greifen kann. Mit vielen versammelnden Übungen wie Tempoun- muss das Pferd die Muskulatur einen Moment deutlich loslassen. Die Expertin empfiehlt für Rücken und Bauch auch, im Gelände bergauf zu galoppieren und Hänge hinauf- und hinabzuklettern. „Seitengänge sorgen zudem dafür, dass der Lendenbereich rotiert und so entspannt“, sagt Dr. Robert Stodulka. 1/3 hoch im anschnitt Tempounterschiede wie ein Zulegen im Trab eignen sich zum Muskelaufbau 11/2013 www.mein-pferd.de 17 terschieden, Übergängen zwischen den Gangarten und zum Halten, Rückwärtsrichten und Seitengängen wird die Hankenbeugung immer mehr geschult. Vorausgesetzt, das Pferd fußt dabei mit den Hinterbeinen fleißig ab und tritt schön unter den Schwerpunkt. „Durch Übergänge vom Trab in den Schritt und wieder zurück, in ganz kurzen Wechseln geritten, wird die Hinterhand besonders flink“, gibt Britta Bensch als Tipp. Starke Muskeln machen Pferde nicht nur schön, sie halten sie auch gesund. Denn wenn die Muskeln fleißig mitarbeiten, dann haben auch Fettpölsterchen keine Chance. Ein gute Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining lässt bei Moppelchen die Pfunde schnell schmilzen, wenn die Fütterung und Haltung entsprechend angepasst werden. Das Training wird gesteigert nach der Devise: erst häufiger, dann länger, dann schneller. Denn dicke Pferde sind oft auch träge und wenig von Ausdauertraining im Galopp begeistert. „Hier liegt die Kunst darin, ihnen in kurzen Trainingseinheiten erst den Spaß am Laufen zurückzugeben“, weiß Britta Bensch. Unterm Sattel wird dann zunächst im Schritt und Trab mit vielen Seitengängen das Pferd bee .d rd fe -p www.mein vice“ weglicher gemacht. „Den Unter „Ser Galopp kann man dann n, ne Ih ir w en zeig BCS wie Sie den erfühlen zum Beispiel erst im Freilaufen üben. Dabei schon nach drei Sprüngen ausgiebig loben und das dann immer mehr steigern, später an der Longe und unterm Reiter“, beschreibt die Ausbilderin das Vorgehen. Magere Pferde müssen dagegen erst richtig aufgefüttert werden, bevor überhaupt ans Reiten gedacht werden kann. Doch stimmt die Fütterung, sieht man bei mageren Pferden meist schneller Erfolge auf dem Weg zur Traumfigur als bei dickeren Kandidaten „Trainiert man sie an der Longe im Vorwärts-abwärts, kann man oft schon nach vier Wochen erkennen, dass zum Beispiel die Halsmuskulatur besser wird“, berichtet Britta Bensch. Der Test: Zu dick oder zu dünn? Ob ein Pferd zu viel auf die Waage bringt, kann man sehen und fühlen. Diese Pferde sind meist sehr rundlich und „schwabbelig“ an Bauch und Hinterhand, die Rippen kann man nicht fühlen, neben und oberhalb der Schweifrübe und des Widerristes haben sich Fettpolster gebildet. Ein dicker Mähnenkamm und eine massige Kruppe sind weitere Indizien, dass die Traumfigur noch weit entfernt ist. Je nach Fetteinlagerungen an Hals, Schulter, Rippen, Rücken, Kruppe, Brustwand, Hüfte und Schweifansatz wird der Body Condition Score (BCS) als Richt- wert für den Gewichtszustand genutzt. Er reicht von einem BCS von 1 (ausgehungert) bis 9 (extrem fett). Ideal ist ein Wert von 5 bis 6. Damit statt Fett Muskeln ausgeprägt sind, kann das Fitnessprogramm unterm Sattel mit gezielter Longen- und Bodenarbeit unterstützt werden. Sogar viele Zirkuslektionen können die richtigen Muskeln aktivieren. So wird etwa im Kompliment die gesamte Oberlinie gedehnt. Und bei Pferden, die sehr vorhandlastig sind, können ein paar Tritte im Spanischen Schritt die Schulter beweglicher machen. Longiert werden sollte nicht nur auf einem starren Zirkel. Britta Bensch empfiehlt, immer wieder auch mal die ganze Bahn entlangzulaufen, mal den Zirkel zu vergrößeren und wieder zu verkleinern. „Mit kleinen Impulsen mit der Peitsche aufwärts zur Schulter verhindert man dabei, dass das Pferd auf die Schulter fällt und sich so der Biegearbeit entziehen kann“, erklärt die Expertin. Denn nur wenn Muskeln auch behutsam an ihre Grenzen kommen, können sie sich langsam immer mehr aufbauen. Dabei kann sich der Reiter an der Atmung des Pferdes ortientieren. „Solange das Pferd rhythmisch atmet, weder die Luft anhält, noch vollkommen außer Atem ist, weiß man, dass das Training für dieses Pferd so genau richtig ist“, erklärt Dr. Robert Stodulka. Um die Leistung seines Pferdes zu steigern, muss aber auch Voraussetzung für jeden Muskelaufbau: mal tief durchatmen und entspannen Anzeige Titelthema Hinterhand Gut: Gesunde Rundungen sind beim Pferdehintern gewünscht. „Die Muskeln sollen sich gut abzeichnen, die Sitzbeinhöcker nicht herausragen“, beschreibt Britta Bensch die Merkmale. „Die Oberschenkel müssen kräftig sein. Wenn Sie den Schweif hochheben, sollen auch die Schenkelinnenseiten gut ausgebildet und nicht flach sein.“ Der Übergang im Lendenbereich zum Rücken soll fließend sein und keine Verhärtungen zeigen. Außerdem müssen die Muskeln von Vor- und Hinterhand in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Schlecht: Diese Hinterhand ist sehr kurz – vor allem im Verhältnis zu dem langen Pferd – , mit einem hohen Schweifansatz und schwachen Muskeln. Das erschwert es dem Pferd, die Hanken zu beugen und unterzutreten. Die Hinterhand wirkt kantig. Für die Schubkraft aus der Hinterhand nach vorne sorgen vor allem gut ausgebildete Kruppenmuskeln (1). Damit sind sie aber auch besonders anfällig für Verkrampfungen, wenn das Pferd überfordert wird. Sind sie verspannt, tritt das Pferd hinten deutlich kürzer, auch können die Zehen über den Boden schleifen. Übungen: Die Hinterhandmuskeln lassen sich von allen Muskeln am besten ausbauen. Allerdings geht es nicht darum, sein Pferd schnellstmöglich auf die Hinterhand zu setzen und die Hankenbeugung zu trainieren. Durch die Dehnungshaltung, in der Bauch- und Rückenmuskeln optimal zusammen- arbeiten, kann auch die Hinterhand Schwung und Kraft entwickeln. Klettern, Gymnastiksprünge oder Longenarbeit mit etwa vier Trabcavaletti schulen Koordination und Tragkraft. Auch Seitengänge, halbe Tritte, Rückwärtsrichten, Tempounterschiede und Galoppübergänge machen die Hanken beweglich. 1/3 hoch im anschnitt der Reiter selbst fit genug sein. „Wer selbst stärken vor allem die Hinterhand und den schnell aus der Puste ist, kann von seinem Rücken.“ Jeden Tag sollte das Pferd in unPferd keine Höchstleistungen erwarten“, be- terschiedlicher Form bewegt werden, dabei tont Stephanie Klaßen. „Sitzschulungen hel- mal stärker gefordert werden und mal entfen außerdem, dass man den Muskelaufbau spannter unterwegs sein dürfen. Auch reine nicht durch einen verkrampften Sitz verhin- Koppeltage sind zwischendurch mal erlaubt. dert.“ Natürlich lässt sich nicht aus jedem „Denn leistungsfähig wird ein Pferd nicht Pferd ein Spitzensportler machen. Manch- allein durch Training“, betont Britta Bensch. mal erschweren Gebäudemängel wie ein tief „In einer natürlichen Haltung baut es schon angesetzter Hals, ein langer Rücken oder eine allein durch seine tägliche Bewegung in der kurze Hinterhand den Muskelaufbau. Doch Herde gewisse ‚Koppelmuskeln‘ auf und ist eine gewisse Fitness kann jeder mit seinem ingesamter deutlich zufriedener.“ Pferd erreichen. Bewegung heißt das ZauberDenn das darf man bei dem harten Weg wort. „In freier Wildbahn laufen Pferde bis zur Traumfigur nie außer Acht lassen: die zu 40 Kilometern, in einer Reitstunde gerade innere Losgelassenheit und Zufriedenheit mal acht. Da muss man das Training schon des Pferdes. Eine angenehme Trainingsatgut gestalten, um Muskeln genügend Anreize mosphäre und viele Pausen während des zu geben“, erklärt Dr. Robert Stodulka. Trainings sind hierzu wichtig. Stress ist pures Gift für Muskeln. „Nach jeder Arbeitsphase sollte man mindestens eine Zirkelrunde mit Klettern für einen knackigen Po hingegebenem Zügel reiten“, empfiehlt Britta Geländeritte bieten hier die ideale Gele- Bensch. So kann sich das Pferd körperlich genheit, viele „Kilometer zu machen“ und und psychisch kurz entspannen. Und das zahlt sich schließlich aus, wie Dr. gleichzeitig Abwechslung zu bieten. „Unterschiedliche Bodenverhältnisse und Erhe- Robert Stodulka beschreibt: „Denn nur ein bungen sprechen hier alle Sinne von Pferd vollkommen entspannter Muskel kann sich und Reiter an“, beschreibt Stephanie Klaßen auch wieder aufs Neue anspannen und so die die Vorteile. „Kletterpartien im Gelände volle Leistung bringen.“ 18 www.mein-pferd.de 11/2013 11/2013 www.mein-pferd.de 19