Mit Portfolios Lernfortschritte belegen und

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Mit Portfolios Lernfortschritte belegen und
Anmoderation
Die Qualität eines Produktes ist keine objektive Größe, sondern entspricht den
Wertvorstellungen einer Gesellschaft. Ebenso können Standards für Leistungen und
Kompetenzen nur intersubjektiv entwickelt werden. Hier wird beschrieben wie in einer
Geschichtsklasse gemeinsam Kriterien für die Qualität von Lernprodukten und den
Erwerb von Kompetenzen gefunden wurden.
Mit Portfolios Lernfortschritte belegen
und Qualitätsempfinden entwickeln
Wie Qualitäts- und Kompetenzkriterien ausgehandelt werden
Ilse Brunner, Andrea Krimplstätter, Antonie Kummer
Wenn in den neuen europäischen Lehrplänen nicht abfragbares Wissen, sondern
Kompetenzen gefordert sind, also die Fähigkeit erworbenes Wissen intelligent in neuen
Situationen anzuwenden, dann werden vor allem Lernmotivation – der Wille etwas zu
lernen und das Gelernte anzuwenden - und Qualitätsbewusstsein – die Fähigkeit
Lernprodukte korrekt einzuschätzen und situationsgerecht anzuwenden - im Unterricht
wichtig.
Portfolioarbeit kann Schüler/innen in vielfacher Weise zum Lernen motivieren.
Neben der Möglichkeit persönliche Fragen zu stellen und individuelle Ziele zu setzen,
gibt das Portfolio auch Freiheit in der Wahl der Aufgaben und der Produkte, mit denen
belegt werden kann, dass man die Lernziele erreicht hat. In diesem Artikel wird
aufgezeigt, wie Schüler/innen zu persönlichen Fragen und Zielen kommen und wie sie
lernen, ihre eigenen Produkte und ihre Kompetenzen richtig einzuschätzen.
Von den Lehrplanzielen zu eigenen Fragen und persönlichen Lernzielen
In den meisten Lehrplänen der Sekundarstufe sind die Unterrichtsziele so
formuliert, dass Lehrerinnen und Schüler/innen große Freiheit haben, sich innerhalb des
Rahmens einiger weniger abstrakter Zielformulierungen, gemeinsam Fragen zu stellen,
sowie Klassenziele und individuelle Lernziele zu entwickeln. So wird zum Beispiel im
ersten Jahr Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe in Österreich die Geschichte von
der Urzeit bis zum frühen Mittelalter durchgenommen. Die Schüler/innen sollen dabei
ein Verständnis für historische Zusammenhänge entwickeln. Die Lehrerinnen haben die
Möglichkeit gemeinsam mit den Schülern mit der Neugier eines
Geschichtswissenschaftlers einzelne ausgewählte Aspekte genauer zu untersuchen
und sich Fragen zu stellen, für deren Beantwortung sie sich wirklich interessieren.
In der HS Schwarzach im Pongau entschieden sich die Lehrerinnen von zwei
Parallelklassen im ersten Jahr Geschichtsunterricht Portfolios einzuführen und mit der
Frage: „Was ist Geschichte, und wie wird die Familie von der Geschichte beeinflusst?“
die Stofffülle zu begrenzen und zu ordnen. Diese Frage lief als roter Faden durch alle
Geschichtsepochen und durch vier große Bereiche: Wirtschaft, Gesellschaft/Politik,
Kultur und Religion. In jedem dieser Bereiche wurde mit den Jugendlichen ein
Grundkonzept erarbeitet, damit sie die Zusammenhänge verstehen, und darauf
aufbauend konnten die Schüler/innen je nach Interesse vertiefende Fragen stellen und
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beantworten. Allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen stellten sie ihre
Forschungsergebnisse den Mitschüler/innen vor.
Der Unterricht wurden in folgende große Themenbereiche eingeteilt:
• Was ist Geschichte - was ist Sozialkunde?
• Geschichtliche Quellen und Spuren der Vergangenheit
• Epochen der Geschichte
• Einfache Formen des Zusammenlebens in der Urgeschichte
• Ägypten als Beispiel einer Hochkultur
• Die Entwicklung der Demokratie bei den Griechen
• Rom: vom Stadtstaat zum Weltreich
Innerhalb dieser Bereiche arbeiteten die Klassen jeweils an einem
gemeinschaftlichen Thema und an eigenen Forschungsprojekten. Beim Thema
"Epochen der Geschichte" wurde z. B. gemeinsam ein Zeitstreifen erarbeitet und eine
"Ausstellung der Vergangenheit" geplant. Die Jugendlichen stellten als Resultat der
Erforschung der Vergangenheit ihrer eigenen Familien geschichtliche Dokumente
zusammen, die sie, nach Epochen eingeteilt und mit "museumsreifen" Beschriftungen
versehen, der ganzen Schule vorstellten. Manche brachten alte Fotografien und alte
Münzen, ein Mädchen fand ein Bügeleisen, das mit Holzkohle beheizt wurde, ein Junge
stellt das Hochzeitskleid seiner Ur-Ur-Urgroßmutter aus, einem anderen gab der Vater
einen Knochen, den er bei einer Ausgrabung in Australien gefunden hatte.
Bei der Besprechung der Urgeschichte besuchte die Klasse gemeinsam
Zeugnisse der Hallstätter Kultur. Einzelne Schüler/innen schrieben danach als ihre
persönlichen Lernziele:
• Ich möchte mehr über den Salzabbau der Hallstätter Kultur erfahren und
werde mir ein Buch darüber suchen.
• Ich werde mit meinen Eltern in den Ferien den Hallstätter Salzweg
bewandern.
• Ich möchte das Buch Tobias in der Steinzeit lesen und darüber ein Referat
halten.
Das Unterrichtsziel "das Konzept der Demokratie zu verstehen sowie seine
Entstehung und Entwicklung in Griechenland nachzuvollziehen" wurde in der Klasse
gemeinsam bearbeitet, außerdem gab es Forschungsberichte u.a. zu den Themen:
• Die Entwicklung eines Stadtstaates
• Wissenschaft und Mathematik bei den Griechen
• Die griechische Schrift
• Die olympischen Spiele in der Antike und in der Neuzeit.
Eine Klasse teilte sich die Kapitel eines Geschichtsbuches über Griechenland auf
und machte in Partnerarbeit Zusammenfassungen, die sie gemeinsam zu einem Buch
zusammenstellten und als Überblick über das Griechische Altertum in die Bibliothek
stellten.
In ihren Portfolios sammelten die Schüler/innen Belege für ihren Lernzuwachs: die
Präsentationsmaterialien, Reflexionen und Rückmeldungen, künstlerische Produkte aus
ihren Interessensgebieten, Tests, die Beschreibung von Museumsbesuchen und selbst
verfasste Geschichten, etc. . Für das Portfolio als Ganzes und für einzelne Arbeiten im
Portfolio erstellten die LehrerInnen gemeinsam mit den Schüler/innen Qualitätsraster.
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Die Qualität von Lernprodukten bewerten
Das Erreichen von selbst gesetzten Lernzielen sagt noch nicht viel über die
Qualität der Lernprodukte und das Qualitätsbewusstsein von Schülern aus. Deshalb ist
das Gespräch über Qualität ein wesentlicher Teil der Portfolioarbeit. Obwohl
Lehrerinnen durch die Praxis des Notengebens große Erfahrung mit Qualitätskriterien
und Bewertungsmaßstäben gesammelt haben, fällt es ihnen oft schwer diese zu
verbalisieren. Es kommt auch häufig vor, dass bestimmte Kriterien, oft unbewusst,
überbewertet werden. So wird immer wieder festgestellt (Easley/Mitchell 2004, Winter
2004) dass gerade in schriftlichen Arbeiten, grammatikalische und lexikalische
Korrektheit und schöne Schrift oft mehr bewertet werden als tiefe und schwierig
auszudrückende Einsichten.
Möchte man, dass Schüler selbst Qualitätsgesichtspunkte sehen und entwickeln
lernen, so erfordert dies intensive inhaltliche Gespräche über Lernprozesse und
Lernprodukte. Qualitätsempfinden ist kein naturgegebenes Talent und muss mit
Schülern systematisch entwickelt werden. Der erste Qualitätsraster im
Geschichtsunterricht der HS Schwarzach wurde bei dem Thema "geschichtliche
Quellen und Spuren der Vergangenheit" zur Konstruktion eines Familienstammbaums
gemeinsam mit den Schüler/innen erstellt.
Einige Schüler kamen mit wirklich guten Ideen für das Projekt. Sie bauten Häuser,
in deren Fenster die Familienmitglieder eingeklebt waren; sie bastelten Bäume, von
denen die Familien als Früchte hingen; sie zeichneten Pyramiden und Blumengärten.
Andere fanden nichts Eigenes und wurden zu Nachahmern. Einige arbeiteten ganz
allein, andere halfen sich in kleinen Teams, manche baten Erwachsene um Hilfe. Im
untenstehenden Raster wird deutlich, welche Sorgen sich die Schüler/innen bei den
Qualitätsüberlegungen machten und welche Kriterien wahrscheinlich von den beiden
Lehrerinnen beigesteuert wurden. Das letzte Kriterium wurde erst bei der Präsentation
der Stammbäume von den Schülern aufgestellt, als ein Schüler einen fantastischen
Computerausdruck vorstellte, der alle sehr beeindruckte, bei dem sich aber
herausstellte, dass der Vater die Arbeit gemacht hatte.
Familienstammbaum - Beurteilungsbogen
+
o
-
1. Ich hatte eine originelle Idee
Superidee
mittelmäßig
2. Ich habe sorgfältig gearbeitet
3. Ich habe schön geschrieben
4. Ich habe alles richtig
geschrieben
5. Ich habe mindestens zwei
Quellen für die Ausarbeitung
herangezogen
6. Ich habe zusätzliche
Informationen herausgefunden
und aufgeschrieben
7. Ausführung
ja
ja
0-1 Fehler
naja
naja
2-3 Fehler
Keine eigene
Idee
nein
nein
ab 4 Fehler
ja
eine Quelle
keine Quelle
ja, mehrere
eine Information
keine
alleine
mit wenig Hilfe
mit großer Hilfe
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Bei der Portfolioarbeit versuchen viele Lehrerinnen ihre ersten Raster allein zu
erstellen, weil sie erst üben müssen und sich keine Blöße geben wollen. Sie halten sich
dabei meistens an den Notenkanon. So können die Raster zur Orientierung bei der
Arbeit und für informelle Rückmeldungen von Lehrerin und Mitschülern aber ebenso,
wenn es von den Schülern gewünscht wird oder wenn es notwendig ist, als Richtlinie für
eine offizielle Note dienen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Unterteilung in fünf oder
sechs Qualitätsstufen sehr komplex und schwer nachvollziehbar ist. Außerdem erlaubt
es im Prinzip, dass Arbeiten eingereicht werden, die den Qualitätsstandards der Klasse
nicht entsprechen.
Das Raster für die Stammbaumprodukte wurde nach den Vorschlägen der
Schüler/innen mit drei Qualitätsstufen entwickelt. Dies konnte von den Kindern
nachvollzogen werden, obwohl sie in ihrer alltäglichen Erfahrungen bei
Qualitätsentscheidungen meist nur zwischen guten und unakzeptablen Produkten
unterschieden. Da aber diese Zweiteilung den meisten komplexen Aufgaben nicht
gerecht wird, arbeiten Portfolio erfahrene Lehrer häufig mit Rastern, in denen
ausgezeichnete, solide und gerade noch akzeptable Produkte beschrieben werden.
Alles andere wird als zu wenig qualitätvoll abgelehnt und den Schüler/innen zur
Überarbeitung zurückgegeben.
Dies macht sich den Vorteil des Portfolios zunutze, dass alle Aufgaben bis zum
Abgabetermin so oft überarbeitet werden können, wie die Schüler dazu motiviert sind.
Die Bewertung bezieht sich dann immer nur auf das letzte vom Schüler ausgewählte
Produkt, denn nur dieses zeigt den Lernzuwachs, der bewertet werden soll. Bei den
Produkten, ist es dabei egal, ob ein Schüler sich sehr anstrengen musste und viele
unakzeptable Versuche dem Produkt vorausgingen, oder ob er das Produkt in einem
Wurf schnellstens geschaffen hat. Die Bewertung ist gleich, es sei denn "Anstrengung"
ist ein Bewertungskriterium.
In der Arbeitswelt wird viel Wert auf eine akzeptable Präsentation gelegt und eine
Arbeit/ein Produkt, das öffentlich ausgestellt wird, muss eine Reihe von Kriterien
erfüllen. Also sollten nur solche Lernprodukte zugelassen werden, die den formellen
Erwartungen der Öffentlichkeit entsprechen. Schüler/innen sollten deshalb von klein an
lernen, dass alles, was mit leserlicher Schrift, Rechtschreibung, Sauberkeit und
Gestaltung zu tun hat, als Vorbedingung für ein akzeptables Lernprodukt angesehen
wird.
Bei der Überarbeitung des Rasters entschieden sich daher die Schwarzacher
Lehrerinnen alle Formalkriterien zu entfernen und mit ihren Schüler/innen eine Liste mit
Voranforderungen zu erstellen, in denen diese Erwartungen transparent gemacht
wurden. Nur Produkte, die schon zur Abgabe "reif" waren, durften ausgestellt werden.
Damit alle Schüler/innen diese Vorbedingungen erfüllen konnten, war es ihnen erlaubt,
sich von MitSchüler/innen und Eltern durch gute Ratschläge und unterstützendes
Eingreifen helfen zu lassen. Das Raster sah so aus:
Familienstammbaum:
Die Arbeiten werden nur angenommen, wenn sie folgende Bedingungen erfüllen:
Vorbedingungen für eine akzeptable Arbeit
JA
NEIN
Das Produkt ist sorgfältig gearbeitet
(keine Eselsohren, keine ausgefransten Ränder, stabil
genug um transportierbar zu sein)
Das Produkt ist sorgfältig beschriftet (leserlich und
inhaltlich korrekt)
Alle Rechtschreibfehler sind korrigiert
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Der Eigenanteil bei der Arbeit an dem Produkt ist
mindestens 80% ( Eltern und MitSchüler/innen dürfen mit
Ratschlägen helfen, das Produkt soll aber vom Schüler
angefertigt werden)
Später entwickelten die Lehrerinnen ein ähnliches Raster mit Vorbedingungen für
die Geschichtsportfolios, die zur Leistungsfeststellung und als Basis für die Note
hergenommen wurden.
Da im Geschichtsunterricht gewisse inhaltliche und prozesshafte
Qualitätskriterien erfüllt werden müssen, sollten nur diese bei der Bewertung der
Produkte eine Rolle spielen. Bei der Überarbeitung wurde mit den Schüler/innen über
die wesentlichen Elemente eines Stammbaums und die Fähigkeiten eines
Geschichtswissenschaftlers gesprochen und das Raster für die Bewertung so
verändert:
Familienstammbaum - Beurteilungsbogen
Sehr gut
gut
1. Ich hatte eine originelle
Superidee
Mittelmäßige Idee
Idee
2. Ich habe mindestens drei
Quellen für die Ausarbeitung
herangezogen (Interviews,
Familienalben, Geburts- und
Sterberegister, etc.)
3. Ich habe zusätzliche
Informationen
herausgefunden und
aufgeschrieben (wichtige
Familienereignisse,
historische Funde, etc.)
4. Bei meinem Produkt sind
Generationenfolge und
Familienbeziehungen klar
ersichtlich
akzeptabel
Die Idee von
anderen
übernommen
eine Quelle
Drei oder mehr
zwei Quellen
Mehr als 3
Informationen
2-3 Informationen
Eine
Information
Die Generationen
und die
Beziehungen
zwischen den
einzelnen
Familienmitgliedern
sind klar zu erkenn
Die Generationen
sind klar zu
erkennen, aber
nicht alle
Beziehungen
zwischen den
Familienmitgliedern
Die
Generationenfolge und die
interfamiliären
Beziehungen
sind nicht
immer klar zu
erkennen
Selbst bei diesem Raster waren die Qualitätskriterien und Qualitätsstufen für viele
Schüler/innen nicht offensichtlich. In Gesprächen mussten unter anderem folgende
Fragen geklärt werden: Was ist eine originelle Idee? Was tue ich, wenn meine Familie
keinen Quellen hat? Was sind denn geschichtliche Informationen, die ich beim
Erforschen meines Stammbaums finden kann? Wie kann ich die Generationenfolge klar
darstellen, wenn ich ein Dorf bauen will und in jedem Haus eine andere Familie unserer
Verwandtschaft leben soll?
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Mit Kompetenzrastern arbeiten
Neben den Qualitätsrastern für einzelne Lernprodukte oder das ganze Portfolio
werden Kompetenzraster immer populärer, denn der Unterricht soll von der Wiedergabe
von Wissen zur Entwicklung von Kompetenzen umgestellt werden. Kompetenzraster
haben, ebenso wir Qualitätsraster, Kriterien, Deskriptoren und Bewertungsstufen. Hier
benennen die Kriterien Leistungen, die in dem jeweiligen Bereich erwartet werden. Die
Zellen der einzelnen Kompetenzstufen beschreiben beobachtbare Verhalten auf
unterschiedlichen Niveaus. Ein Beispiel dazu ist das Europäische Portfolio der
Sprachen(2000), in dem alle Sprachkenntnisse mit einer Reihe von Rastern und einem
Dossier belegt werden. Zusätzlich gibt es einen Sprachenpass mit einem Raster zur
Selbstbeurteilung, der auf europäischen Standards aufbaut und mit dessen Hilfe
Sprachkenntnisse international vergleichbar bewertet werden können.
Da die Schüler/innen zu den einzelnen Geschichtsthemen ihre eigenen
Forschungsfragen beantworten durften, machten sich die Lehrerinnen über einen
Kompetenzraster Gedanken. Das folgende Raster, das sie bei einem Seminar
entwickelten, beruht auf den Ideen von Carol Ann Tomlinson (1999) über differenzierten
Unterricht. Sie vertritt die Ansicht, dass Kinder am besten lernen, wenn sie zu ihren
eigenen Fragen, Überlegungen oder Zweifeln Antworten suchen dürfen, mit denen sie
ihren Handlungsspielraum vergrößern können. Bei der Beantwortung einer
Forschungsfrage sollten sie sich auf die folgenden fünf Ebenen konzentrieren, mit
denen Nachhaltigkeit des Gelernten angestrebt wird.
Sie sollten ...
• sich auf wesentliche Fakten und große Zusammenhänge konzentrieren und
sich nicht in Details verlieren.
• sich ein Grundvokabular und die wesentlichen Fachausdrücke aneignen, damit
sie die Informationen verstehen und sich intelligent über ihr Thema unterhalten
können.
• Definitionen, Muster, Regeln, Grundprinzipien und/oder Gesetzmäßigkeiten
suchen, um die Fülle der Fakten zu ordnen und die Information übersichtlich zu
gestalten.
• das neue Wissen mit persönlicher Bedeutung belegen und sich ihre Einstellung
zu dem Erlernten bewusst machen, damit sie es mit vorhandenem Wissen
vernetzen und sich ein Urteil über seinen Wahrheitsgehalt und persönlichen
Nutzen bilden können.
• über die praktische Anwendung ihres Wissens nachdenken, damit sie seine
Sinnhaftigkeit erkennen und in ihrem Leben damit etwas verändern können.
Kompetenzraster zur Beantwortung einer Forschungsfrage
Leistungskriterien
Kompetenzstufen
Ausgezeichnet
1. Beantwortung der
Forschungsfrage
Die
Forschungsfrage
wurde mit
wesentlichen
Informationen
beantwortet
Solide
Die
Forschungsfrage
wurde kursorisch
beantwortet
Bewertung
Gerade noch
akzeptabel
ich
Freun
dInnen
LehrerIn
Die
Forschungsfrage
wurde zum Teil
beantwortet
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2. Die Beschreibung
wesentlicher Fakten
3. Die Verwendung
wesentlicher Begriffe
4. Das Finden von
Mustern, Regeln,
Gesetzen,
Grundprinzipien
(= das wesentliche
Konzept)
5. Der Bezug zur
eigenen Person
6. Der Bezug zum
Thema
Wesentliche
Fakten zur
Forschungsfrage
wurden entdeckt
Es gibt
wesentliche
Fakten, es gibt
auch unnötige
Details und
Missinformation
Fachausdrücke
Fachausdrücke
und
und
angemessenes
angemessenes
Vokabular zur
Vokabular zur
Forschungsfrage
Forschungsfrage
wurden verwendet wurden zum Teil
verwendet
Muster, Regeln,
Muster, Regeln,
Gesetze oder
Gesetze oder
Prinzipien wurden Prinzipen wurden
in Merksätzen
benannt
zusammengefasst
Der Bezug zur
eigenen Person
wurde eingehend
diskutiert
Ein klarer Bezug
zum Thema wurde
hergestellt
Ein Bezug zur
eigenen Person
wurde hergestellt
Der Bezug zum
Thema ist zu
erkennen
Es gibt mehr
Details als
wesentliche
Fakten und es gibt
Missinformation
Nur wenige
Fachausdrücke/
angemessenes
Vokabular zur
Forschungsfrage
wurden verwendet
Muster, Regeln,
Gesetze oder
Prinzipien sind zu
erkennen aber
nicht klar
beschrieben
Es gibt Ansätze zu
einem Bezug zur
eigenen Person
Der Bezug zum
Thema ist in
Ansätzen zu
erkennen
Natürlich kann ein solches Kompetenzraster nur dann verwendet werden, wenn es
mit den Schüler/innen besprochen und von ihnen als sinnvoll empfunden wird. Dazu
müssen die Kinder über die Lernebenen diskutieren, um sich von ihnen anhand von
Beispielen ein Bild machen zu können. Würden die beiden Lehrerinnen ihr neues
Raster ohne Begründung und gemeinsame Diskussion einführen, diente es nicht zur
Orientierung sondern würde als Einschränkung erlebt. Statt sie beim Lernen zu
unterstützen, würde es die Kreativität der Lernenden behindern.
Die Lehrerinnen werden deshalb wie gewohnt im nächsten Jahr mit einem sehr
einfachen Raster beginnen, bei dem die Kompetenzen von den Jugendlichen
vorgeschlagen werden, und sich erst langsam über die Diskussion von notwendigen
Fähigkeiten bei der Arbeit von jungen Geschichtswissenschaftlern an diese
komplexeren Kompetenzen heranwagen. Ihr Raster dient ihnen dabei zur Orientierung.
Das Raster, das die Schüler/innen schließlich verwenden werden, wollen sie mit der
Klasse gemeinsam gestalten. Es wird auf dem Sprachniveau der Lernenden formuliert
sein und deren Kompetenzverständnis widerspiegeln.
Gespräche über Qualität und Leistung führen
Gespräche über Qualität und Leistung sind nicht einfach, aber Raster ohne
Gespräche sind nicht genügend aussagekräftig, weil sie sich vielfältig interpretieren
lassen. Raster können die Arbeit der Schüler nur dann orientieren, wenn alle die
Kriterien verstehen und mit ihnen einverstanden sind. Außerdem müssen sie sich die
Produktqualität in den verschieden Qualitätsstufen vorstellen können und die
Kompetenzen als Entwicklungsprozesse erkennen, in denen man sich durch Üben
verbessern kann. Dies kann mithilfe der gemeinsamen Analyse von Beispielen aus
anderen Klassen geschehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass sich die Schüler nach
einem gemeinsamen Gespräch zuerst mit dem Raster selbst bewerten und dann ihre
Bewertung mit der einiger MitSchüler/innen und der Lehrerin vergleichen.
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So gesehen ist die Produktion von Qualitäts- und Kompetenzrastern ein Prozess,
der den Arbeitsprozess begleitet. Damit Raster zur Qualitätsorientierung verwendet
werden können, sollten sie natürlich zu Beginn der Aufgabe besprochen und schriftlich
festgehalten werden. Aber besonders am Anfang, wenn LehrerInnen und Schüler/innen
noch wenig Erfahrung mit Portfolioarbeit haben, lohnt es sich, die Kriterien und die
Qualitäts- oder Kompetenzstufen periodisch zu hinterfragen, da oft während der
individuellen Arbeit Fragen über Qualität und Kompetenzen auftauchen oder neue
Kriterien entdeckt werden.
Literatur:
Brunner, Ilse; Schmidinger, Elfriede: Leistungsbeurteilung in der Praxis. Der Einsatz von
Portfolios in der Sekundarstufe I. Zweite Auflage Linz: Veritas, 2004
Easley, Shiley-Dale und Kay Mitchell. Arbeiten mit Portfolios. Schüler fordern, fördern
und fair beurteilen. Mülheim: Verlag an der Ruhr, 2004
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung. Europäischen Portfolio der Sprachen.
Soest: Verlag für Schule und Weiterbildung, 2000
Tomlinson, Carol Ann. The Differentiated Classroom. Responding to the Needs of All
Learners. Alexandria, VA: ASCD, 1999
Winter, Felix. Leistungsbewertung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren,
2004
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