LeichtathletikSport

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LeichtathletikSport
LeichtathletikSport
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28. APRIL 2013
try für damalige Verhältnisse als
teuer, zählte folglich zum Premium-Segment. Allerdings wurde
er vollumfänglich in der Schweiz
angefertigt – und wäre im Vergleich
zu modernen Laufschuhen aus
aktueller asiatischer Produktion
gar ein Schnäppchen.
VON CHRISTIAN BRÜNGGER
ZÜRICH Laufschuhe sind begehrt.
15 Milliarden Franken wurden
2011 weltweit dafür aufgewendet. Der Umsatz stieg damit innert eines Jahres um 13 Prozent.
Entsprechend diversifiziert ist
der Markt, in dem auch kleinere
Hersteller ihren Platz finden
(siehe Text unten). Der Laie aber
wird primär zwei Laufschuhproduzenten aufzählen können:
Nike und Adidas. Dabei verfügt
auch die Schweiz in diesem
Metier über Tradition, die weit
ins vergangene Jahrhundert
zurückgeht und mit dem Zürcher
Laufschuh-Produzenten On bis
in die Gegenwart reicht.
So breit das Angebot inzwischen ist, es war nicht immer so.
Markus Ryffel, Silbermedaillengewinner an den Olympischen
Spielen von 1984 über 5000 Meter, erinnert sich an seine Jugendzeit Ende der 60er-, Anfang
der 70er-Jahre: «Wir kannten
damals eigentlich nur vier Laufschuhmarken.» Zwei von ihnen
stammten aus deutschen Unternehmen, weshalb ihre Schuhe
teilweise nur mittels Shoppingtouren im Nachbarland erhältlich waren. Graf (Kreuzlingen)
und Künzli (Windisch) hingegen
sind Schweizer Firmen. Etwas
reifere Leser dürften mit ihnen
gross geworden sein.
Graf stellte 1982 die Produktion
an Joggingschuhen ein
Bei den Ostschweizern verkörpert Karl Graf inzwischen die
dritte Generation des Familienunternehmens. 1921 wurde es
von seinem Grossvater gegründet. Weil dessen Turnerkollegen
mit Halbschuhen zur Leibesertüchtigung erschienen, produzierte der Gründer einen leichten
Stoffturnschuh, der sich weiterentwickelte und schliesslich auch
zum Rennen verwendet wurde.
«Trainingsschuhe» nannte man
sie bei Graf, darum kann Karl
Graf mit der Frage, bis wann seine Firma denn Laufschuhe produziert hätte, erst einmal wenig
anfangen. Der Patron ist sich an
eine andere Terminologie gewöhnt, als Joggen noch nicht
sexy war und zum Lifestyle eines
Schweizer Durchschnittsbürgers
gehörte. Bis 1982 produzierte
Graf seine Laufschuhe – na-
Der Country lebt in den
neuen Künzli-Sneakers fort
Schrittmacher der neusten Generation an Schweizer Laufschuhen: On, die es seit 2010 gibt
Ganz sind Künzlis Laufschuhe
nicht verschwunden. Barbara Artmann, die Besitzerin von Künzli,
vitalisierte die Marke mit modern
interpretierten Sneakers, Classics
genannt. Sie werden noch immer
weitestgehend in der Schweiz
hergestellt – zu 82,5 Prozent,
um genau zu sein – und verfügen
bei bestimmten Modellen über
den alten Laufschuhleisten.
Der Country lebt folglich in neuer Gestalt und anderem Anwendungsbereich fort.
Bedeutend jünger ist die
Geschichte des On. 2010 brachte
ihn eine Zürcher Firma auf den
Markt. Die Idee zum Schuh, vor
allem seine Dämpfung über gut
sichtbare Elemente, geht auf einen
Schweizer Ingenieur zurück. Dieser klopfte einst gar bei Barbara
Artmann an und erkundigte sich,
ob seine Erfindung nicht von
Künzli produziert werden könnte.
Artmann wollte sich nicht in diesen preissensitiven Markt wagen.
FOTO: ON
Schweizer
Laufschuh-Tradition
Ausländische Marken prägen den Schweizer Markt. Zu Beginn des Laufsports
aber waren hiesige Hersteller mehr als Nischenplayer
Mexiko hiess der Laufschuh
der Kreuzlinger Firma Graf von 1979 (links).
Noch älter ist das Joggingmodell
von Künzli aus Windisch.
Der Country aus dem Jahre 1970
24.80 Franken kostete der Latino
made in Switzerland, das etwas
noblere Produkt Tornado (mit
«Gelenkstütze und gleit sicherer
Profilsohle») das Do-ppelte.
Die Welt aber drehte auch in
der Laufschuhbranche. Nike hatte
1972 sein erstes Modell entwickelt,
ab 1978 war es in der Schweiz
erhältlich und wurde von der
Anders ein Trio um den früheren
Spitzentriathleten Olivier Bernhard. Es beweist nun, dass auch
ein Schweizer Laufschuh weiterhin gefragt sein kann: In mehr als
20 Ländern ist der On erhältlich.
In diesem Jahr kommt mit Japan
und Südkorea ein weiterer Kontinent nach Europa, Amerika und
Ozeanien hinzu. Produziert wird
der On in Asien, der Hauptsitz
mit 25 Angestellten aber befindet
sich in Zollikon ZH.
Mit bis 250 Franken zählt der
neuste Schweizer Laufschuh, der
in der Triathlonszene besonders
beliebt ist, zum Höchstpreissegment. Dafür kann er damit
werben, in diesem Jahr von der
Ispo, der grössten Fachmesse für
Sportartikel, ausgezeichnet worden zu sein. Es darf auch als
Reverenz an die Vorgänger Graf
und Künzli verstanden werden.
heute ge hören sie dafür zu den
grossen Anbietern von Schlittschuhen für Eishockeyspieler
oder Eiskunstläufer.
Bis 1992 produzierte Künzli
Laufschuhe in der Schweiz
FOTO: GRAF/KÜNZLI
türlich komplett in der Schweiz.
Mexiko (siehe kleines Bild links)
hiess beispielsweise ein Modell.
Ein bisschen internationaler
Touch durfte schon sein.
Eine «hochgezogene CombiProfilsohle» und ein «weich
federnder Doppelkeil» würden
ihn definieren, ist in einem GrafKatalog von 1979 zu lesen.
Dem On läufts: Er ist schon
in 20 Ländrn erhältlich
noch kleinen Läufer gemeinde
euphorisch empfangen. 1980 folgten die Japaner mit Asics, welche
führend im Marathonbereich
sind. Weil diese Unternehmen die
Herstellung in Niedrigpreisländer
auslagerten, nahm der Kostendruck zu und führte bei Graf zum
Entscheid, sich aus dem Laufschuhmarkt zurückzuziehen. Bis
Länger hielt die Firma Künzli
durch, die 1927 entstand. Bis 1992
bot sie in der Schweiz hergestellte
Laufschuhe an, dann gab die Firma den Kampf gegen die internationalen Riesen auf (um sich erst
einmal auf Medizinschuhe zu konzentrieren). Die Blütezeit im Segment der Laufschuhe bildeten bei
Künzli die 70er-Jahre. Das Modell
Country, gemäss Eigenwerbung
ideal für den Vita-Parcours, zeugt
etwa vom Handwerk der Aargauer
und einer Zeit, als das Fitnessstudio noch im Wald angelegt war.
Mit 79.90 Franken galt der CounANZEIGE
Alternativen zu den Riesen
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Die Laufschuhbranche ist vielfältiger als Nike, Adidas oder Asics: 4 Beispiele aus 4 Ländern
ZÜRICH Seit das Joggen in den
1980er-Jahren zum Massensport
wurde, brummt das Laufschuhgeschäft. Zwar wird die Branche von
einigen wenigen Grosskonzernen
dominiert. Als Nischenanbieter
aber vermochten auch kleine Firmen zu bestehen, die mitunter seit
Jahrzehnten auf dem Markt sind.
In einem Punkt unterscheiden sich
allerdings auch diese nicht von
bekannteren Marken: Sie werden
mehrheitlich in Ländern produziert, in denen die Herstellungskosten und Löhne tief sind.
USA: Eine Neuheit
aus den 1980er-Jahren
Auf einem Traum ist die US-Marke Somnio aufgebaut. Ihr Paradeprodukt heisst «Somnio», Lateinisch für Traum. 2009 wurde die
Firma gegründet. Sie hat es bislang
nicht über einen Insiderstatus
hinausgeschafft, auch weil die
Schuhe ausserhalb der USA kaum
zu erhalten sind. Dabei ist die
Grundidee clever. Die Prämisse:
Laufschuhe werden keineswegs
nur für eine Unterlage verwendet.
Entsprechend können die Härte
des Bodens oder der Stabilitätsgrad variieren. Somnio-Schuhe
werden darum mit verschiedenen
Einlageschichten ausgestattet,
welche auf das Fussabrollverhalten des Läufers, sein Gewicht und
die Laufunterlage abgestimmt werden können. Das Stützelement im
Fersenkeil (und teilweise auch im
Vorderfuss) lässt sich ebenfalls
herausnehmen und zusätzlich der
Unterlagenhärte anpassen. Das
klingt in der Theorie interessant.
Adidas allerdings brachte schon
1980 einen Schuh auf den Markt,
dessen Fersenkeil herausnehmbar
und damit dem Boden anpassbar
war. Das Modell fiel durch.
Finnland: Ausdauernder Bär
mit bewegter Geschichte
Wer seine Firma Bär tauft, spielt
damit nicht gerade auf die Leichtigkeit des Laufens an. Glücklicherweise aber ist nur eine Minderheit des Finnischen mächtig.
Karhu, wie das Unternehmen seit
der Gründung 1916 heisst, produziert nämlich Laufschuhe. Es hat
eine bewegte Geschichte hinter
sich – in der Schweiz auch mit
einer goldenen Zeit. In den
1980er-Jahren zählten die finnischen Schuhe hierzulande zu den
beliebteren Marken. Das Auslagern der Produktion nach Asien
und mehrere Besitzerwechsel aber
schadeten dem Bären. Er ist zum
Nischenprodukt geworden. Inzwischen gehört Karhu einer holländischen Firma, welche mit einem
breiten Sortiment durchstarten
will. Bären sind hart im Nehmen.
England: Die Insulaner
entdecken das Gelände
Der Name klingt etwas technisch:
Inov-8. Die Briten aber scheinen
sich nicht daran zu stören. Seit die
Firma 2003 gegründet wurde,
haben sie die Marke angenommen und das Vergnügen entdeckt,
auch in rauerem Gelände läuferisch passend ausgestattet zu sein.
Inov-8 wurde dieses Jahr an der
Ispo, der grössten Fachmesse für
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Sportartikelhersteller, für seine
Geländelaufschuhe ausgezeichnet und verfügt mittlerweile über
eine breite Laufschuhkollektion.
Deutschland: Der Liebling
kehrt als Sneaker zurück
Der «Roadrunner» von Brütting ist
ein Klassiker. Als eine der Ersten
führten die Deutschen ab den
1960er-Jahren eine dämpfende
Zwischensohle in ihren Laufschuhen ein – dank der Mitarbeit des
damaligen
Lauftrainergurus
Arthur Lydiard aus Neuseeland.
Entsprechend beliebt war der
«Roadrunner», auch bei der Elite.
Wie andere Hersteller aber vermochte Brütting der Verlagerung
der Laufschuhproduktion ins
Ausland wenig entgegenzusetzen.
Nun gibt es gute Nachrichten für
«Roadrunner»-Fans: Brütting hat
sein Erfolgsmodell wieder aufleben lassen. Wer sich nicht
scheut, darin ein bisschen altmodisch auszusehen, sollte folglich zugreifen.
CHRISTIAN BRÜNGGER
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