PDF, Anzahl Seiten 29, 2.8 MB - Eidgenössisches Departement für

Transcription

PDF, Anzahl Seiten 29, 2.8 MB - Eidgenössisches Departement für
JAHRESBERICHT
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
DER SCHWEIZERISCHEN
EIDGENOSSENSCHAFT
1988
H -
10.1(88)D
Bibliothek /Dokumente ;
A u c h dieses Jahr w i r d d i e E n t w i c k lungszusammenarbeit der s c h w e i zerischen Eidgenossenschaft
in
einem einzigen J a h r e s b e r i c h t dargestellt. Für die D u r c h f ü h r u n g
ihrer Hauptelemente sind die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und h u m a n i t ä r e Hilfe i m
Eidg. Departement f ü r a u s w ä r t i g e
Angelegenheiten (technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe, h u m a n i t ä r e Hilfe) s o w i e das Bundesa m t f ü r A u s s e n w i r t s c h a f t i m Eidg.
Volkswirtschaftsdepartement
( w i r t s c h a f t s - und h a n d e l s p o l i t i sche Massnahmen) z u s t ä n d i g .
I HALT
Gegen den Hunger — wider die Resignation
Der Rahmen muss stimmen
Äthiopien — Aus harter Erde gute Frucht
Burkina Faso — Kampf gegen die Flussblindheit
Kamerun — Stadtentwicklung gehört auch dazu
Mali — Wetterprognosen für Bauern
Madagaskar — Viel Reis und dennoch Hunger
Mosambik — Strukturanpassung: Rezepte gibt es nicht
Niger — Wasser ist Leben
Tansania — Strassenunterhalt und Entwicklung
Afrika — Biologisch gegen die Laus im Maniok
Bangladesh — Gegen den Durchfall bei Kindern
Indien — Kerala: das Land, w o Milch fliesst
Indien — Seide für Bauern
Indonesien — Familienplanung auf Umwegen
Nepal — Erfahren, was Natur und Bauern brauchen
Bolivien — Strukturanpassung: soziale Härten mildern
Honduras — Lagerverluste vermindern
Zentralamerika — Süd-Süd-Zusammenarbeit um die Kartoffel
Welternährungssicherheit — Damit es nicht beim berühmten Tropfen bleibt
Statistischer Teil: Tabellen und Grafiken
DÈH
Herausgeber: Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH),
Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), 3003 Bern
Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI),
Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVDI, 3003 Bern
Gestaltung: Giovanni Knöpfli, Hinterkappelen
Fotos:
A. Eglin, KEM/CIRIC, T. Linder, Mark Edwards/Still Pictures
Druck:
Habegger AG Druck und Verlag, 4552 Derendingen
20A 48804
a 13
IO,
iz-^f
Inventar-Nr.
8$ Q £ o G
Gegen den Hunger
Der Kampf gegen den Hunger ist seit jeher eine der wichtigsten Zielsetzungen der
Entwicklungszusammenarbeit. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben uns
aber gezeigt, dass dieses Ziel bei einer rasch wachsenden Weltbevölkerung
schwierig zu erreichen ist. Zwar hat sich das Wachstum der Nahrungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern in den letzten drei Jahrzehnten praktisch verdoppelt. Dazu hat insbesondere auch die grüne Revolution in Asien wesentlich beigetragen. Doch sind die erfreulichen Erfolge nicht gleichmässig zwischen fruchtbaren
und marginalen Gebieten, zwischen ärmeren und reicheren Bevölkerungsschichten
verteilt. Zudem wird allein bis im recht nahen Jahr 2000 eine gleich grosse Zahl von
Menschen noch hinzukommen wie zu Beginn dieses Jahrhunderts auf der Erde
lebten. Dazu sind die Grenzen der Belastung der Umwelt heute — auch in vielen
Entwicklungsländern — bereits erreicht oder sogar überschritten. Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist gewaltig.
Damit eine Chance besteht, für viele Hunderte von Millionen Menschen eine genügende Ernährungssicherheit zu erreichen, sind noch weitere grosse Anstrengungen nötig. Für die Entwicklungsländer sollte die landwirtschaftliche Produktion jährlich um 3 - 4 % steigen. Und diese Zunahme sollte dauerhaft sein: wirtschaftlich, sozial ausgewogen und ohne jede Übernutzung der Umwelt. Gleichzeitig müssen genügende Einkommen für die breiten Massen der Bevölkerung geschaffen werden.
Die wesentlichen Anstösse zu dieser gewaltigen Produktionssteigerung müssen
dabei von den Entwicklungsländern selber ausgehen:
• von
und
• von
und
• von
den Regierungsstellen, indem sie günstige Rahmenbedingungen schaffen
gezielte Entwicklungsprogramme festlegen oder unterstützen;
den Fachkräften, die Methoden zur Lösung der Probleme entwickeln
schliesslich
der Bevölkerung, die ja letztlich jede Entwicklung zu tragen hat.
Solche Voraussetzungen verstärken ein politisches und wirtschaftspolitisches Umfeld, in welchem eine noch weiter auszubauende Hilfe von aussen zur vollen Wirkung gelangen kann.
wider die Resignation
Alle in der Entwicklungszusammenarbeit eingesetzten Instrumente sind dabei unter sich gut abzustimmen. Dies gilt für die technische Hilfe zur verbesserten Ausbildung, zur Erforschung und Schaffung neuer Methoden und zur Lösung komplexer
Probleme ebenso wie für Finanzhilfen verschiedener Art, sei es zur Stützung von
Zahlungsbilanzen, zur Durchführung von Strukturanpassungsmassnahmen und
wirtschaftlichen Reformprogrammen in den verschiedensten Sektoren, sei es zur
Behebung von kurzfristigen Notlagen mittels der humanitären Hilfe und der Nahrungsmittelhilfe.
Auch im vergangenen Jahr hat die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit
auf verschiedenen Wegen und unter Einsatz des ganzen Instrumentariums diese
grosse Herausforderung angenommen. Im vorliegenden Jahresbericht wird versucht, einige Ausschnitte aus dem vielen darzustellen, das von der Schweiz im Zusammenwirken mit ihren Partnern in Entwicklungs- und andern Industrieländern als
Beitrag zur Lösung der schwierigen Fragen unternommen wurde.
Die langfristige Sicherung der Ernährung für möglichst breite Bevölkerungsschichten muss dabei von verschiedenen Seiten angegangen werden:
• von der ausreichenden Produktion;
• von der dauernden Verfügbarkeit an Nahrungsmitteln;
• vom breiten Zugang zu den verfügbaren Nahrungsmitteln
(diese müssen von den Leuten auch gekauft werden können).
Diese Ziele können durch eine Reihe von Massnahmen unterstützt werden:
• durch die Verbesserung der wirtschaftspolitischen
Rahmenbedingungen;
• durch die Beeinflussung des Angebots (durch die Förderung der Landwirtschaft
über Technologie und Produktionsmittel, über die Schaffung von Infrastrukturbauten, Institutionen und Preisanreizen);
• durch die Verringerung von Versorgungsschwankungen (über Lagerhaltung,
die Entwicklung von resistenteren Sorten, von lokalen und regionalen Märkten,
über Preisstabilisierungen und Nahrungsmittelhilfe);
• durch den verbesserten Zugang zu den Nahrungsmitteln (durch gezielte Subventionen bei marktnaher Konsumentenpreispolitik), aber auch durch Massnahmen zur Schaffung von Einkommen sowie durch Gesundheits- und Wasserversorgungsprogramme, welche die Ernährung beeinflussen;
• durch die Schaffung effizienter, offener internationaler Märkte.
Alle diese Massnahmen müssen dabei so geplant sein, dass sie ökologisch nachhaltig sind, dass sie nicht auf Kosten der zukünftigen Ernährungssicherheit gehen.
Das reicht über eine ihre Ressourcen erhaltende Land- und Forstwirtschaft hinaus,
verlangt auch eine adäquate Bevölkerungspolitik, die Sensibilisierung, Ausbildung
und Organisation der Bevölkerung, die Schaffung der nötigen Institutionen und Infrastruktur und vieles andere mehr.
Neben diesen langfristig wirkenden Entwicklungsanstrengungen sind stets auch
die kurzfristigen Aktionen zur Überwindung akuter Notlagen nötig, die Aktionen der
Katastrophen- und allgemeinen humanitären Hilfe.
Die Beispiele unseres Jahresberichtes mögen dies illustrieren. Sie sind ein Ausschnitt aus den über 600 Projekten, an denen die Schweiz in Entwicklungsländern
beteiligt ist, und zeigen auch, in welcher Vielzahl verschiedener Fachgebiete an der
Lösung der schwierigen Probleme gearbeitet wird. Sie reichen von der Agrarforschung, z. B. zur nachhaltigen Steigerung der Kartoffel-Erträge, bis zur praktischen
Anwendung der Resultate von Zentralamerika über Afrika bis nach Nepal und Indien, von meteorologischer Ausbildung in den Trockengebieten Afrikas bis zur Verbesserung der Lagerhaltung bei Kleinbauern in Honduras, von der biologischen
Schädlingsbekämpfung in Afrika bis zur Familienplanung in Indonesien, vom Kampf
gegen Krankheit in Westafrika (welcher die erneute Nutzung von fruchtbaren Flusstälern erlaubt) und in Bangladesh bis zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch die
Förderung der Seidenproduktion in Indien und endlich zur Erschliessung einer landwirtschaftlich fruchtbaren Region in Tansania durch die Wiederinstandstellung von
Strassen und die Schaffung eines realistischen Strassenunterhaltskonzepts.
Diese mehr «traditionellen» Projekte der Zusammenarbeit werden heute ergänzt
durch eine deutlich stärkere Unterstützung der Entwicklungsländer in ihren Bemühungen, angesichts der Krisensituation wirtschaftliche Strukturverbesserungen
durchzuführen. Die Tätigkeiten von BAWI und DEH ergänzen sich gerade in diesem
Bereich, der wesentlich zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Entwicklungsländer beitragen kann.
Neben generellen Massnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen durch
Unterstützung von Aktionen der Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik wird
auch versucht, in den einzelnen Sektoren der Wirtschaft die begonnenen Reformen
zu unterstützen. Es geht dabei u. a. um die Verbesserung von Angebot und Verteilung von Nahrungsmitteln, den Ausgleich von Versorgungsschwankungen, die Verstärkung der Nachfrage durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in prioritären Sektoren sowie die Förderung ergänzender Sozialmassnahmen.
So hat sich die Schweiz im Jahre 1988 mit der Weiterführung der Finanzierung von
generellen Strukturanpassungsprogrammen in Zusammenarbeit mit der Weltbank
und weitern Zahlungsbilanzhilfen befasst. Dazu sind im Berichtsjahr neue Instrumente zum Einsatz gekommen: Kompensationszahlungen an sechs afrikanische
Länder zum Ausgleich von Preiseinbussen auf Produkten im Handel mit der
Schweiz (in Analogie zu den Stabex-Leistungen der Europäischen Gemeinschaft)
und die Mithilfe beim Rückkauf der kommerziellen Schulden Boliviens im Rahmen
einer internationalen Hilfsaktion.
Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Entwicklungsländer hat die
Schweiz auch durch ihre Teilnahme an den Hilfsmassnahmen zur Schuldenerleichterung für afrikanische Länder bei staatlichen und staatlich garantierten Darlehen im Rahmen des Pariser Clubs auf Grund der Empfehlungen des Gipfels von
Toronto beigetragen. Schliesslich hat sie auch am erweiterten Programm der Strukturanpassungsfazilität des Internationalen Währungsfonds für afrikanische Länder
teilgenommen.
Gerade mit der intensiven Bearbeitung von Strukturanpassungs- und Reformprogrammen in verschiedenen Entwicklungsländern sind die schweizerischen Bundesämter, die mit der Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit beauftragt
sind, in eine neue, wichtige Phase der Zusammenarbeit eingetreten. Dabei wird
sich zeigen, wie weit wir in der Lage sind — in enger Zusammenarbeit mit andern
internationalen und nationalen Hilfsinstitutionen — einen relevanten Beitrag an die
Lösung der entscheidenden Probleme unserer Partnerländer zu leisten.
Fritz R. Staehelin
Botschafter
Direktor der DEH
YtlttJUL,
Franz Blankart
Staatssekretär
Direktor des BAWI
Ci^CCvi^
Der Rahmen muss stimmen
Die meisten Länder der Dritten Welt sind
Agrarstaaten. Einzelne haben grosse Fortschritte gemacht, doch viele haben zunehmend Mühe, selber ihre Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Hungersnöte, v. a. in grossen Teilen Afrikas, haben die Weltöffentlichkeit aufgeschreckt.
Das Problem muss gleichzeitig von verschiedenen Seiten angepackt werden. Sowohl das
Angebot wie auch die Nachfrage müssen gefördert werden. Damit das Angebot wächst,
müssen Produktionsanreize geschaffen werden. Dazu bedarf es Preise, die den Anbau für
den Bauern lohnend machen. Und die Konsumenten müssen genügend Kaufkraft erwirtschaften können, um sich mit Nahrungsmitteln einzudecken. Erforderlich sind aber auch
Massnahmen, um die Ware vermarkten zu
können. Nur dann gelangen die Produzenten
zu Zahlungsmitteln, mit denen sie ihrerseits
Konsumgüter, aber auch Saatgut, Dünger und
Werkzeuge erwerben können. Das würde erst
noch dazu beitragen, die wirtschaftliche Entwicklung zu beleben.
Ob der Kampf gegen den Hunger erfolgreich
sein wird, hängt somit wesentlich davon ab,
welche Wirtschaftspolitik die Entwicklungsländer betreiben. In dieser wichtigen Frage
wurden jedoch die Weichen bisher oft falsch
gestellt. In den siebziger Jahren strebten viele
Regierungen die Industrialisierung und eine
auf die Städte konzentrierte Entwicklung an,
während sie gleichzeitig die Landwirtschaft
vernachlässigten. Sie errichteten hohe Zollschranken, um die einheimische Industrie zu
schützen und zu fördern. Sie hielten an hohen
Wechselkursen fest, um die Investitionsgüter
billig einführen und die städtische Bevölkerung mit Lebensmitteln zu günstigen Preisen
versorgen zu können. Die wenig attraktiven
Abnahmepreise, welche die einheimischen
Bauern erhielten, schufen keinen Anreiz,
mehr zu produzieren.
Diese Politik führte beispielsweise in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara dazu,
dass die realen Wechselkurse zwischen 1970
und 1980 um insgesamt 3 0 % stiegen. Damit
verringerte sich die Konkurrenzfähigkeit dieser
Länder auf den Weltmärkten. Das fiel um so
schwerer ins Gewicht, als sich der internationale Wettbewerb ausserdem wegen stagnierenden Tendenzen verschärfte. Länder mit
überhöhten Wechselkursen konnten in dieser
Situation nicht mehr mithalten, ihre Exporterlöse gingen zurück. Gleichzeitig gerieten sie
in einen Importsog, weil die ausländischen
Waren billiger wurden. Das führte zu höheren
Devisenausgaben. Die Währungsreserven
schrumpften, die Verschuldung stieg an.
Kompensation von Exportverlusten
Im Jahre 1985 konnte Tansania noch für knapp vier
Millionen Franken Waren in die Schweiz verkaufen.
Ein Jahr später schwächte sich das Geschäft deutlich ab. Nicht einmal mehr die Hälfte brachten dem
ostafrikanischen Land die nach unserem Land verkauften Güter ein. 1987 kehrte sich der Trend wieder um, aber die 1983 und 1984 erzielten Einnahmen blieben unerreicht.
Noch schlechter entwickelte sich die Warenausfuhr des Tschad. Während dieses zentralafrikanische Land 1985 immerhin 2,3 Mio. Franken mit seinen Warenverkäufen in die Schweiz lösen konnte,
reduzierten sich diese in den folgenden zwei Jahren auf 1,6, bzw. nur noch 0,3 Mio. Franken.
Tansania und der Tschad sind keine Einzelfälle.
Auch viele andere Entwicklungsländer haben empfindliche Exporteinbussen erlitten. Diese Entwicklung ist aber auch nicht zufällig, hängt sie doch mit
der für die meisten Länder der Dritten Welt typischen Abhängigkeit von Rohstoffen zusammen.
Deren Preise haben sich in den vergangenen Jahren insgesamt schlecht entwickelt, weil die Nachfrage vielfach nur wenig zunimmt, das Angebot hingegen stärker wächst. Das führte auf vielen Märkten zu Überproduktion und damit wurde die Konkurrenz härter. Wegen ihrer noch einseitigeren
Exportstruktur hatten die ärmsten Entwicklungsländer oft am meisten zu leiden.
Tansania wurde das Opfer der tiefen Kaffeepreise,
der Tschad Opfer der ungünstigen Entwicklung auf
dem internationalen Baumwollmarkt. Oder beispielsweise der Sudan: Er hat sowohl bei den
Baumwoll- als auch den Erdnussverkäufen Verluste
gemacht. Auch Missernten gesellten sich in einzelnen Fällen zu den Gründen für solche Verluste.
Die Europäische Gemeinschaft (EG) hat schon
vor Jahren sogenannte «Stabex-Abkommen» mit
Entwicklungsländern abgeschlossen, um solche
Exportverluste auszugleichen. Nach diesem Vorbild
hat jetzt auch die Schweiz erstmals Kompensationszahlungen geleistet. Nutzniesser sind die
sechs afrikanischen Staaten Sudan, Tansania, Togo,
Tschad, Uganda und Zentralafrikanische Republik,
die 1986 und 1987 unter den ärmsten Entwicklungsländern die höchsten Exportverluste gegenüber unserem Land zu verzeichnen hatten. Die
Schweiz hat ihnen zur Kompensation 15,8 Mio.
Franken als nichtrückzahlbare Hilfe zugesprochen.
Mit diesem Betrag werden je nach Land verschiedene Vorhaben finanziert. Der Tschad erhält 3,1 Mio.
Franken, um seine Baumwollproduktion zu rationalisieren. Seine Produktionskosten lagen bisher über
den in letzter Zeit üblichen Weltmarktpreisen, d. h.
die erzielten Einnahmen konnten nicht einmal die
anfallenden Kosten decken. Jetzt sollen die Kosten
gesenkt und damit die Gewinne erhöht werden.
Tansania erhält 4,7 Mio. Franken als Zahlungsbilanzhilfe ausbezahlt und kann damit trotz sinkender
Exporteinnahmen seine Importe aufrechterhalten.
Der Sudan verwendet die schweizerische Kompensationszahlung für den nach der Überschwemmungskatastrophe von 1988 dringend erforderlichen Wiederaufbau des Landes. Jutesäcke aus
Bangladesh ersetzen die zur Flutbekämpfung geleerten Lager von eigentlich zum Transport der lokalen Ernte bestimmten Säcke.
Welche Vorhaben auch immer unterstützt werden,
diese neue Form schweizerischer Hilfe ermöglicht
es den Entwicklungsländern Verluste zu decken,
die aus den reduzierten Preisen oder Volumen ihrer
Rohstoffexporte in die Schweiz resultieren. Durch
den Einsatz der Mittel vorab im betroffenen Rohstoffsektor soll den begünstigten Ländern eine
nachhaltige Verbesserung ihrer Lage ermöglicht
werden.
Diese aussenwirtschaftliche Schwäche vieler
Entwicklungsländer wurde durch die landwirtschaftliche Krise im Inland verschärft.
Zwar hatten viele Staaten in den sechziger
Jahren spezielle nationale Einkaufs- und Absatzorganisationen für die wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte geschaffen, um den
Agrarsektor und die Agrarexporte zu fördern.
Diese Vermarktungsstellen sollten den Bauern
stabile Preise sichern und allfällige Gewinne
für ländliche Infrastruktureinrichtungen verwenden. Sie entwickelten sich jedoch stattdessen zu Instrumenten, mit denen der Staat
die Landwirtschaft diskriminierte. Sie setzten
die Preise für die Produzenten tief an und
konnten entsprechend grössere Beträge für
den Staatshaushalt und für industrielle Vorhaben abzweigen. Gemäss einer Weltbank-Studie erhielt der togolesische Bauer Ende der
siebziger Jahre nur einen Drittel des auf dem
Weltmarkt geltenden Kaffeepreises. In Mali
zahlte der Staat den Baumwoll- und Erdnussbauern nur die Hälfte des Ausfuhrpreises. In
Kamerun und Ghana kam den Kakaoproduzenten weniger als die Hälfte des Exportpreises
zugute.
Produktionsanreiz für Kakaobauern
Kakao ist der alles dominierende Faktor im westafrikanischen Ghana. Er stellt die wichtigste Devisenquelle für das Land dar, das noch in den siebziger Jahren auf dem Weltmarkt führend war. Mit
dem Kakao finanziert Ghana auch den grössten Teil
des Staatsbudgets, denn die Bauern mussten bis
vor kurzem ihre gesamte Ernte zu einem fixen
Preis der staatlichen Vermarktungsorganisation
verkaufen. Diese wiederum verkauft den Kakao zu
einem höheren Preis ins Ausland; für den Staat
zweigt sie einen bedeutenden Teil des Profits ab.
Aber nicht nur das Wohlergehen des Staates hängt
vom Kakao ab. Auch die Einkommen eines grossen
Teils der Bevölkerung werden durch die Preispolitik
in diesem Sektor bestimmt. Da kann es nicht verwundern, dass beim Kakao gegensätzliche Interessen aufeinanderstossen und die dafür entrichteten
Preise ein heikles Thema sind.
Bis zu Beginn der achtziger Jahre setzte die staatlich kontrollierte Vermarktungsorganisation einen
harten Kurs gegen die Bauern durch. 1981 bezahlte
sie ihnen einen Preis, der real nur noch gerade 15%
des 1963 vergüteten Betrages ausmachte. Damit
ging der Anreiz verloren, Kakao anzubauen. Die
Bauern halbierten ihre Produktion und schmuggelten überdies Kakao in die Nachbarstaaten.
Mit dieser Politik erwies sich das staatliche Unternehmen einen schlechten Dienst. Denn mit der
Produktion gingen auch die Staatseinnahmen und
die Exporterlöse zurück. Ghana war auf dem Weltmarkt schon bald nicht mehr führend. Seine Verkäufe reduzierten sich von 560 000 Tonnen im Jahre 1963 auf 170 000 Tonnen im Jahre 1983. Der
Weltmarktanteil sank in 20 Jahren von 40 auf noch
12%.
Ghana hat 1983 seinen wirtschaftspolitischen Kurs
geändert. Die Bauern erhalten wieder einen höheren Preis. Trotz sinkenden Weltmarktpreisen hat
ihn die Regierung gegenüber 1981 auf ein vierzehnfaches Niveau angehoben. Real macht das zwar
noch immer weniger als die Hälfte des vor 25 Jahren entrichteten Betrages aus. Dennoch scheint er
attraktiv zu sein, ist doch die Produktion zwischen
1984 und 1987 um 20% gewachsen. Damit haben
sich auch die Staats- und Exporteinnahmen Ghanas
wieder erhöht.
Diese Praktiken richteten sich auf längere
Sicht nicht nur gegen die Bauern, sondern
auch gegen die Staaten selbst. Die Landwirte
suchten nämlich andere Märkte, auf denen sie
ohne Staatskontrolle bessere Preise erhielten.
Das führte vielerorts zu Schmuggel. So erlitt
z. B. Sierra Leone grosse Devisenverluste,
weil Kaffee, Kakao, Palmkerne und Reis auf
dem Umweg über das benachbarte Liberia
verkauft wurden. In manchen Ländern bildeten sich Parallelmärkte heraus, auf denen die
Waren mit höherem Erlös abgesetzt werden
konnten. In Tansania reduzierten die Bauern
ihre für den Export bestimmte Baumwoll- und
Tabakproduktion und förderten stattdessen
den Mais, den sie auf lokalen Märkten verkaufen konnten. Der Staat erlitt damit sowohl Devisen- als auch Steuereinbussen.
Zu dieser verfehlten Politik gesellten sich
Ende der siebziger und anfangs der achtziger
Jahre ungünstige internationale Verhältnisse.
Die Rohstoffpreise gingen stark zurück, die
Entwicklungshilfe stagnierte. Finanzielle Engpässe waren die Folge.
Zu schaffen machen den Entwicklungsländern
auch die hohen Subventionen, welche insbesondere zahlreiche Industrieländer für ihre
Landwirtschaften aufbringen. Diese schmälern die Exportchancen der Entwicklungsländer. Subventionieren Industrieländer dann
noch den Export ihrer Produkte, stellen diese
auch innerhalb der Entwicklungsländer eine
Billigkonkurrenz dar.
Die Krise zu Beginn der achtziger Jahre hat die
vielfältigen Zusammenhänge zwichen Mikround Makroebene bewusst gemacht. Für die
Entwicklungszusammenarbeit bedeutet dies,
dass die besten Projekte oft erst dann wirksam sind, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. Deshalb werden heute Wirtschaftsreformen als prioritär eingestuft.
Verbesserung der Importpolitik
Arme Länder müssen die Nahrungsmitteleinfuhren
teurer bezahlen als bessergestellte Länder. Das
lässt sich einer Weltbank-Studie entnehmen, laut
der die 41 ärmsten Entwicklungsländer für ihre
Nahrungsmittelimporte 10 bis 15% über dem Weltmarktniveau liegende Preise bezahlen müssen. Sie
gehen damit jährlich über zwei Milliarden Dollar
verlustig.
Nicht Skrupellosigkeit der Anbieter ist für diesen
Aufpreis verantwortlich. Vielmehr verhindern chronischer Devisenmangel und schwerfällige Entscheidungsmechanismen ein effizientes Einkaufssystem. Die ärmsten Länder können nur kleine
Mengen einkaufen und müssen dies womöglich in
den ungünstigsten Momenten tun, weil sie nicht
jederzeit über die erforderlichen Finanzen verfügen. Zudem sind ihre Transport-, Hafen- und Lagerkapazitäten zu beschränkt, um grössere Mengen
zu günstigeren Preisen zu kaufen. In armen Ländern ist aber auch die Korruption oft mehr als in anderen Staaten verbreitet.
Dennoch können auch die ärmsten Länder ihre
Rechnung für die Nahrungsmitteleinfuhren reduzieren. Komplizierte bürokratische Absprachen zwischen den verschiedenen Ministerien lassen sich
vereinfachen, um schneller Aufträge erteilen und
Zahlungen ausführen zu können. Die mit den Importen beauftragten Unternehmen bieten in diesen
Fällen auch günstigere Zahlungsmodalitäten an.
Durch Investitionen in die Vermahlungskapazitäten
lassen sich die Kosten ebenfalls senken.
Die Schweiz unterstützt ein seit 1978 laufendes
Projekt des UNCTAD-Sekretariates, das sich mit
solchen Problemen befasst (UNCTAD: Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinigten
Nationen). Erfolge blieben nicht aus. Mauretanien
beispielsweise kann jährlich sechs Millionen Dollar
einsparen, seit es die Nahrungsmitteleinfuhren rationalisiert hat.
Zahlreiche Entwicklungsländer haben in den
letzten Jahren Strukturanpassungsprogramme eingeführt. Dabei werden die Länder der
Dritten Welt von den internationalen Finanzierungsinstitutionen (wie Weltbank/Internationaler Entwicklungsorganisation [IDA], Internationalem Währungsfonds [IWF] und verschiedenen regionalen Entwicklungsbanken) und
von den Industrieländern unterstützt. Diese
Programme sollen die Aussen- und die Binnenwirtschaft der Entwicklungsländer wieder
ins Gleichgewicht bringen. Das erfordert
meist eine Abwertung der Wechselkurse.
Schon das bringt bei den Exportprodukten in
nationaler Währung höhere Preise für die
Bauern. Aber noch wichtiger ist, dass die Regierungen, anders als früher, attraktive Preise
für die Grundnahrungsmittel festsetzen und
damit den Bauern einen Anreiz geben, die Produktion zu erhöhen. Gleichzeitig schränken
sie die Macht der staatlichen Vermarktungsmonopole zugunsten des privaten Handels
ein.
Die Reformen wollen zudem die hohen
Staatsdefizite abbauen sowie die Staatsausgaben auf neue Ziele ausrichten. Produktive Investitionen sollen bevorzugt, Subventionen
gekürzt sowie staatliche und halbstaatliche Institutionen umstrukturiert werden.
Solche Reformen sind kurzfristig schmerzhaft.
Die städtische Bevölkerung muss sie beispielsweise mit teureren Nahrungsmitteln bezahlen. Leute werden entlassen. Insbesondere die Armen in den Städten trifft es hart, solange die wirtschaftliche Entwicklung nicht zu
einem eigenständigen Wachstum zurückfindet und damit auch wieder mehr Menschen in
diesen Sog miteinbezieht. Deshalb werden
parallel zu den Reformen Sonderprogramme
gestartet, um die sozialen Härten zu mildem.
Es handelt sich dabei um Arbeitsbeschaffungsprogramme für Arbeitslose und Unterbeschäftigte, um Nahrungsmittelhilfe zugunsten der ärmsten Bevölkerung, um Gesundheitsdienste für spezielle Zielgruppen, usw.
Sozialprogramme ergänzen die
Strukturanpassung
Seit 1981 hat sich Madagaskar einem Strukturanpassungsprogramm verschrieben, das zu einer
freieren, marktnäheren Wirtschaft des Landes führen soll. Davon betroffen ist auch der Reis, das
wichtigste Grundnahrungsmittel Madagaskars. Die
Regierung gab den Reispreis frei, liberalisierte den
Handel und erschwerte die Importe von Lebensmitteln. Damit hat sie Anreize für die Bauern geschaffen, ihre Produktion zu steigern.
Die Erwartungen haben sich erfüllt. Das Land kann
sich seit 1987 wieder ausreichend mit Reis versorgen. In witterungsmässig guten Jahren dürfte es
schon bald wieder Reis ausführen.
Dennoch sind nach wie vor viele Menschen in Madagaskar unterernährt. Die Regierung unter ihrem
Präsidenten Didier Ratsiraka ergriff deshalb 1986
Massnahmen zugunsten der armen Bevölkerung,
die nicht über genügend Kaufkraft verfügt, um sich
die notwendigen Reisrationen zu kaufen. Im Lande
produzierter Reis wird aufgekauft und der bedürftigsten Bevölkerung in den Städten und auf dem
Lande als Nahrungsmittelhilfe abgegeben. Zugleich bemüht sich die Regierung darum, dass Reis
über das ganze Jahr zu günstigen Preisen verfügbar ist. Zu diesem Zweck richtete sie Ausgleichslager ein, die zur Erntezeit aufgefüllt werden. Zwischen den Ernten, wenn sich das Angebot verknappt und die Preise stark ansteigen, werden Vorräte freigegeben. Das stoppt den Preisanstieg und
ermöglicht es auch den einkommensschwachen
Bevölkerungsschichten, sich mit genügend Reis zu
versorgen.
Im Rahmen eines umfassenden Programms hat
Madagaskar noch weitere Massnahmen zugunsten
der benachteiligten Bevölkerung beschlossen. Insbesondere sollen die Kleintierhaltung sowie der
Anbau neuer Produkte gefördert werden. Nur
wenn solche von der Schweiz mitfinanzierte Sozialprogramme greifen, kann die arme Bevölkerung
das von der Regierung in Zusammenarbeit mit der
Weltbank und anderen ausländischen Geldgebern
verfolgte Strukturanpassungsprogramm verkraften.
Die Schweiz unterstützt seit mehreren Jahren
gemeinsam mit Weltbank/IDA sowie anderen,
bilateralen Gebern solche Strukturanpassungsprogramme. Durch Zahlungsbilanzhilfen
stellt sie ärmeren Entwicklungsländern Devisen bereit, mit denen diese Ersatzteile und
Rohstoffe für wichtige Wirtschaftszweige importieren können. 1988 erhielten Bolivien,
Ghana, Madagaskar, Mosambik und Tansania
solche Beiträge, die entweder direkt oder in
Form von Kofinanzierungen mit der WeltbankTochtergesellschaft IDA eingesetzt werden.
Neben den makroökonomischen Grundlagen
erreichen solche Reformen heute vermehrt
auch schon einzelne Wirtschaftssektoren. So
gewährte unser Land im vergangenen Jahr
Ghana 15 Mio. Franken für die Reform des Finanzsektors. Die Schweiz trägt auch Programme mit, welche die bei umfassenden Reformen unvermeidlichen sozialen Härten für die
arme Bevölkerung mildern sollen.
Äthiopien
Aus harter Erde
gute Frucht
Das Land liegt scheinbar ausgetrocknet unter
der brütendheissen Sonne. Daumenbreite
Spalten laufen kreuz und quer über das Feld,
und die Erdplatten zwischen den Spalten sind
grau und hart. Es sieht aus, als ob hier nie etwas angebaut worden wäre, kaum je etwas
wachsen könnte. Dann, im Juli, fallen die
ersten Tropfen des grossen Regens. Die zweimonatige Regenzeit beginnt. Die Spalten füllen sich mit Wasser, die Tonerde quillt auf und
verwandelt sich in zähen Lehm.
Früher mussten die Bauern beinahe das Ende
der Regenzeit abwarten, wenn sie die sogenannten Vertisole bearbeiten wollten. Im
August hatten sie dann nur ein paar wenige
Tage Zeit, um ihre Felder zu pflügen und um
Teff (lokale Getreideart), Hartweizen oder Hülsenfrüchte zu säen. Wenn nach der Aussaat
zuviel Regen fiel, verfaulte die Saat, und wenn
es gar nicht mehr regnete, verdorrten die jungen Pflanzen. Landwirtschaft auf Vertisolen
war eine risikoreiche Angelegenheit und
brachte auch in einem guten Jahr nur wenig
ein. Agronomen bezeichneten die Vertisole als
«Grenzböden für die landwirtschaftliche Nutzung». Doch diese schwierigen Böden haben
durchaus ihre Qualitäten. Bodenanalysen haben ergeben, dass sie reich an Mineralstoffen
und meistens tiefgründig sind, und dass ihre
Wasserspeicherkapazität gross ist. Vertisole,
so das Fazit der Wissenschafter, könnten wesentlich mehr Ertrag abwerfen als nur gerade
600 kg/ha.
Forscher am Internationalen Forschungsinstitut für mitteltrockene Tropenböden, ICRISAT,
in Indien haben herausgefunden, dass Regenwasser besser versickert und das überschüssige Wasser leichter abläuft, wenn man Vertisole im Beetanbau bearbeitet. Die Saat kann
früher, schon nach dem ersten Regen, ausgebracht werden. Sie verfault nicht und profitiert
von der Hauptregenzeit.
1986 initiierte das Internationale Tierforschungszentrum für Afrika, ILCA, in Äthiopien
ein Forschungsprojekt zur verbesserten Nutzung der Vertisole. Man griff dabei auf die indischen Beetkulturen zurück und fand heraus,
dass sich die traditionellen äthiopischen Pflüge, die «mareshas», zur Beetbearbeitung sehr
gut eignen, wenn man zwei Pflüge parallel nebeneinander montiert. Mit kleinem Aufwand
erreicht man dabei eine optimale Oberflächendrainage.
Die Ergebnisse der dreijährigen Versuchsphase, die 1988 abgeschlossen wurde, sind vielversprechend. Mehrerträge zwischen 30 und
150% wurden registriert. Hochrechnungen ergeben für die rund 2 Mio. ha Vertisole in Äthiopien potentielle Mehrerträge von 360 000 bis
1,8 Mio. t.
1988 wurde die neue Methode in fünf verschiedenen Regionen des Landes überprüft.
Der Beetanbau ist von den Bauern gut akzeptiert worden, zum einen, weil er auf dem Gebrauch des traditionellen Pfluges aufbaut, zum
andern, weil die Vorteile augenfällig sind. In
den Versuchsregionen sind 10 000 Bauernfamilien, 0,15% aller äthiopischen Vertisolbauern, auf den Beetanbau umgestiegen. Man
könnte jetzt im Eiltempo vorwärtsmachen und
den Beetanbau für alle Tonerdeböden in Äthiopien empfehlen. Agronomen und Ökologen
warnen jedoch vor zu grosser Eile. In den
kommenden drei Jahren soll in den laufenden
Grossversuchen abgeklärt werden, ob und
wie sich die Bodenfruchtbarkeit der Vertisole
mit der neuen Bearbeitungsmethode verändert. So ist zum Beispiel denkbar, dass gewisse Mineralien in den Böden relativ bald aufgebraucht sind. Andrerseits ist es möglich, dass
sich als Folge der erhöhten Biomassenproduktion vermehrt Humus bildet und dass so neue
Nährstoffe erschlossen werden.
Zwei äthiopische Forschungsinstitute suchen
bei Getreiden und Hülsenfrüchten nach denjenigen Zuchtsorten und Ökotypen, die sich für
den Beetanbau am besten eignen, die also höhere Erträge abwerfen und dabei gleichzeitig
den Boden schonen. Im Interesse einer nachhaltigen Nutzung wird ein besonderes Augenmerk auf die Fruchtfolge gerichtet. Koordina-
tionsinstanz ist das Tierforschungsinstitut
ILCA, das innerhalb der vereinbarten Arbeitsteilung den Einsatz von Zugtieren und den Futterbau untersucht, gleichzeitig aber alle Erfahrungen systematisch auswertet und aufarbeitet. Man hofft, bis 1991 genügend Erkenntnisse gewonnen zu haben, um das Vertisol-Programm grossflächig erweitern zu können. Dazu werden allerdings neue Beratungs- und
Ausbildungsprogramme nötig sein.
Man schätzt, dass Tonerdeböden allein in Afrika 100 Mio. ha ausmachen, 1 Mio. km2 also,
ein Gebiet fast fünfundzwanzigmal so gross
wie die Schweiz. Diese Böden sind überhaupt
nicht oder nur schlecht genutzt. Das VertisolProgramm in Äthiopien wird deshalb auch von
andern afrikanischen Ländern aufmerksam
verfolgt. Mit einer internationalen Vertisol-Konferenz in Addis Abeba, an der 500 Landwirtschaftsexperten aus 21 Ländern teilnahmen,
hat sich das Projekt national und regional beträchtlich profiliert. Erste Schritte für eine Ausdehnung über Äthiopien hinaus sind bereits
gemacht worden. Im Jahr 1988 wurde vom
internationalen
Bodenforschungsprogramm
IBSRAM ein regionales Vertisol-Netzwerk gegründet, dem zurzeit sieben afrikanische Staaten, darunter Aethiopien, Kenia, Tansania, Benin und Burkina Faso, angehören.
«Das Vertisol-Programm, das von lokalen
und internationalen Organisationen getragen
wird, stützt sich auf einfache Technologien
und auf lokale Ressourcen und zeigt ein ausserordentliches Potential. Für die beteiligten
Bauern ist die Ernährungslage nachhaltig verbessert worden. Zusammen mit agrar- und
preispolitischen Massnahmen könnte das
Vertisol-Programm wesentlich dazu beitragen, dass Äthiopien schon bald einmal nicht
mehr zu den Hungerländern gezählt werden
muss.
Äthiopien hat aus dem Süd-Süd-Technologietransfer, vermittelt durch internationale Agrarforschungsprogramme, Nutzen gezogen. Im
Rahmen des neuen Vertisol-Netzwerks können die Äthiopier nun ihre Erfahrungen andern Ländern in Afrika weitergeben.»
Burkina Faso
Kampf
gegen die Flussblindheit
Mogtedo ist ein Dorf in Burkina Faso, rund
60 km östlich der Hauptstadt Ouagadougou.
Die Kinder in den Strassen sind gesund und
lebhaft, den Erwachsenen scheint die Arbeit
gut von der Hand zu gehen, und Herden von
Schweinen, Ziegen und Hühnern bezeugen
einen gewissen Wohlstand. Staatliche Stellen
haben geholfen, Getreidespeicher und Sodbrunnen zu bauen. Ohne Hilfe von aussen abzuwarten, haben die Einwohner von Mogtedo
einen Gesundheitsposten gebaut und einen
Damm, mit dem sie Wasser von der Weissen
Volta zu ihren Feldern und Tieren leiten.
Mogtedo hat auch andere, weniger gute Zeiten gekannt. Noch vor wenigen Jahren litten
fast alle Einwohner an den Folgen der Onchozerkose, der Flussblindheit. Sie wird von der
sogenannten Kriebelmücke, einer Fliegenart
mit dem lateinischen Namen Simulium Damnosum übertragen, und zwar in Form von winzigkleinen Larven des Parasiten Onchocerca
volvulus. Diese wachsen im Körper der Infizierten zu Fadenwürmern (Filarien) heran,
werden bis zu 70cm lang und ballen sich unter der Haut zu schmerzhaften Knäueln zusammen. Die weiblichen Würmer produzieren
Millionen von Mikrofilarien, die sich im ganzen
Körper der Kranken ausbreiten und vor allem
in den Augen verheerende Folgen haben: Die
Infizierten erblinden. Wenn die Kriebelmücke
einen Onchozerkose-Kranken beisst, gelangen über ihren Saugapparat einige der Mikrofilarien in ihren Körper, wachsen dort zu kleinen
Larven heran und werden durch Bisse auf andere Menschen übertragen. Damit ist der verhängnisvolle Kreislauf geschlossen.
In Mogtedo erinnern blinde Männer und
Frauen, die sich von Kindern an kleinen Stök-
ken durchs Dorf führen lassen, an die Zeit, da
die Onchozerkose im Voltabecken ungehindertwüten konnte. Rund eineinhalb Millionen
Menschen waren damals erkrankt, litten unter
unerträglichem Juckreiz, unter Elefantenhaut
und waren zu apathisch, um zu arbeiten. Mindestens 100000 sind gänzlich erblindet.
Um der gefürchteten Krankheit zu entgehen,
hatten die Bauern ihre Dörfer, ihre Felder verlassen, waren aus den Flussgebieten in andere, weniger fruchtbare Gegenden geflohen.
Weite Landstriche entvölkerten sich ganz oder
doch teilweise. Dörfer verfielen, und
65000 km2 fruchtbarsten Landes lagen brach,
in Ländern notabene, wo die Ernährungslage
oft katastrophal ist.
Im Jahr 1974 nahmen die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Weltbank, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der
UNO, FAO, und das UNO-Entwicklungsprogramm UNDP in den Ländern Benin, Burkina
Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Mali, Niger und
Togo den Kampf gegen die damals noch kaum
erforschte Flussblindheit auf. Das «Onchocerciasis Control Program» (OCP) umfasste vorerst ein Gebiet von 764 000 km2 im oberen
Voltabecken. Es gab damals keine brauchbaren Medikamente gegen die Krankheit, und so
konzentrierte man sich darauf, den Übertragungszyklus zu unterbrechen. Die Brutplätze
der Kriebelmücke, klare Fliessgewässer, wurden von Helikoptern und Flugzeugen aus in regelmässigen Abständen mit Insektiziden besprüht.
Erfolgreich, wie man heute weiss. 1984 war
die Übertragungskette unterbrochen. Die
Flussläufe (18000 km insgesamt) sind frei von
infizierten Kriebelmücken, und die Menschen
sind wieder in die Nähe der Flüsse gezogen.
Fachleute sprechen von «oncho-befreiten»
Gebieten. Dreieinhalb Millionen Kinder unter
10 Jahren sind heute frei von Onchozerkose,
und bei den Erwachsenen sind Neuinfektionen ausgeblieben. Seit 1988 ist es möglich,
den Übertragungszyklus auch beim Menschen selbst zu unterbrechen. Ein neu entwickelter Wirkstoff tötet nämlich die Mikrofilarien ab, ohne schwere Nebenwirkungen zu
zeigen.
Das OCP hat bis Ende 1988 267 Mio. Dollar
aufgewendet. Der Schutz kostet für jeden Einwohner nur gerade einen Dollar pro Jahr. Die
Schweiz als einer der zwanzig Donatoren hat
das Programm bis 1988 mit 26,9 Mio. Franken
unterstützt.
Das OCP war bisher zwar sehr erfolgreich,
aber die Probleme sind noch nicht gänzlich
vom Tisch. In einzelnen Grenzgebieten ist es
zu Neuinfektionen gekommen, weil infizierte
Kriebelmücken von aussen eingeflogen sind.
Für die dritte Phase sind deshalb auch die Länder Guinea, Guinea-Bissau, Senegal und Sierra Leone zum OCP gestossen. Das Einsatzgebiet wurde dadurch auf 1,32 Mio. km2 erweitert. Das entspricht 32mal der Fläche der
Schweiz.
Um Resistenzbildungen bei den Kriebelmükken zu verhindern, werden abwechslungsweise fünf verschiedene Insektizide eingesetzt,
darunter auch ein Mittel aus der Schweiz.
Ökologen, die das Programm überwachen, haben bisher keine nachhaltigen negativen Folgen für das Ökosystem der Flüsse ausgemacht.
WHO und Weltbank rechnen bis zum Jahr
1991 mit zusätzlichen Kosten von 93 Mio. Dollar. Die Schweiz bezahlt daran 6,1 Mio. Franken, und sie wird auch die vierte und abschliessende Phase mitfinanzieren. Der
Kampf gegen die Onchozerkose in Westafrika
wird dann einige hundert Millionen Dollar gekostet haben. Viel? Wenig, wenn man die Bilder von Dörfern betrachtet, die entlang der
Flüsse neu entstanden sind. Wenig auch,
wenn man an die 22 Millionen Menschen
denkt, die vom OCP profitieren. Die es wieder
wagen können, ihre Felder zu bestellen und so
zur Nahrungsversorgung ihrer Länder beizutragen.
«Die bisherigen Resultate des OCP werden
als sehr erfreu/ich und seine Tätigkeit als effizient bewertet. Es gilt als eines der erfolgreichsten multilateralen Programme. Wir
werden uns dafür verwenden, dass die «befreiten» Gebiete in erster Linie den geflohenen Bauern zur Verfügung stehen und nicht
durch einen vom Ausland kontrollierten Anbau für den Export (z. B. im Winter Bohnen
für Europa) belegt werden.
Nach Abschluss des Programms muss die
Überwachung der Krankheit auf der Ebene
der einzelnen Länder weitergehen. Die Überwachung wird in die nationalen Gesundheitsdienste integriert werden. In Mali und in Benin unterstützt die Schweiz allgemeine Gesundheitsprogramme und damit indirekt
auch die epidemiologische Überwachung der
Onchozerkose nach Abschluss des internationalen OCP.»
Kamerun
Stadtentwicklung
gehört auch dazu
Die kamerunische Hafenstadt Douala, wirtschaftliches Zentrum des Landes, scheint zu
explodieren. In den letzten Jahrzehnten hat
sich die Stadtbevölkerung alle acht bis neun
Jahre verdoppelt. Innert kurzer Zeit ist aus
einer überschaubaren Kleinstadt eine Agglomeration mit einer Million Einwohnern geworden. Und ein Ende der zunehmenden Verstädterung Kameruns ist nicht abzusehen.
1982 lebten 37% der Bevölkerung in kleinen
und grösseren Städten, im Jahr 2000 werden
es 57% sein.
In den sechziger Jahren begannen Zuzüger
aus dem Hinterland, ein etwa 700 Hektaren
grosses Sumpfgebiet im Südosten der Stadt
zu besiedeln, das bis damals wegen der häufigen Überschwemmungen als unbewohnbar
gegolten hatte. Sie stellten ihre Hütten auf,
karrten Schutt und Erde heran und füllten die
Senken. Sie gaben sich, unterstützt von einer
katholischen Ordensschwester, schon bald
einmal eine eigene Organisation, die sogenannte «Animation», die sich um die Probleme des neuen, schnellwachsenden Wohngebietes kümmerte. Animation versuchte Ordnung in das Chaos von Wohn- und Gewerbebauten zu bringen. Die Gruppe war für eine
minimale städtische Infrastruktur besorgt, und
mit der Hilfe von ausländischen NGOs (nichtstaatliche Organisationen) realisierte «Animation» verschiedene Projekte wie Schulen und
Krankenstationen. Auch die Schweiz leistete
in den siebziger Jahren punktuelle Hilfe und
bezahlte über mehrere Jahre hinweg die Stelle eines Architekten und Städteplaners für die
«Zone Nylon», wie die Bewohner ihren Stadtteil nennen.
10
Obwohl bald einmal 50 000 und sogar 70 000
Menschen in Nylon wohnten und arbeiteten,
war das Quartier von der Verwaltung nicht als
offizieller Teil Doualas anerkannt. Es war eine
unsichere Sache, in Nylon zu wohnen. Niemand wusste, ob nicht ein Amt plötzlich beschliessen würde, die ganze Zone mit Bulldozern dem Erdboden gleichzumachen, um anschliessend in grossem Stil zu «sanieren»,
oder ob der Staat Nylon zum Slum verkommen lassen würde.
Erst Ende der siebziger Jahre wurde Nylon
von der Verwaltung offiziell als Stadtteil anerkannt und in die landesweite Urbanisationsplanung einbezogen. Damit war aber die Unsicherheit für die Menschen in Nylon erst zum
Teil beseitigt. Sie wussten immer noch nicht,
ob eine grossartige Sanierung über ihre Köpfe
hinweg das Leben im Quartier verteuern und
sie gar vertreiben würde, wie es in andern
Quartieren schon vorgekommen war.
Nach längeren Verhandlungen unterzeichneten 1983 die Weltbank und die Schweiz Zusammenarbeitsverträge mit Kamerun, die
eine «sanfte» Urbanisierung der Zone Nylon
vorsahen. Die Weltbank finanzierte mit einem
Kredit von 20 Mio. Dollar die Arbeit an der
städtischen Grossinfrastruktur wie Strassen,
Kanalisation, Strom- und Wassserversorgung.
In Zusammenarbeit mit der halbstaatlichen
Organisation ARAN (Büro zur Restrukturierung und Quartierplanung in Nylon) und mit
der «Animation» engagierte sich die Schweiz
vor allem auf der Ebene der einzelnen Teilquartiere. Sie unterstützte Initiativen aus der
Bevölkerung und finanzierte den Bau von
Schulen und Gesundheitszentren; sie förderte
die Ausbildung im Gesundheits-, Hygieneund Ernährungssektor, und sie unterstützte
die Einwohner in ihrem Bestreben, Eigentumstitel für ihre Parzellen zu erwerben. Ein
Schweizer Architekt, der zusammen mit
einem Bauführer und einem Animator im Auftrag der Schweiz in Nylon arbeitete, entwikkelte einen speziellen Haustyp für diejenigen
Familien, deren Wohnbauten der neuen Infrastruktur hatten weichen müssen. 1982 bis
1987 unterstützte die Schweiz die Entwicklung des Stadtteils mit einem Kredit in der Höhe von 10 Mio. Franken und mit technischer
Hilfe in der Höhe von 6,5 Mio. Franken.
Für eine nächste Phase, die bis 1990 dauern
wird, sind ein weiterer Kredit von 10 Mio.
Franken sowie technische Hilfe für 4,6 Mio.
Franken zugesagt. Damit sollen unter anderem Primarschulen, Kinderspielplätze, Sportplätze, Gemeinschafts- und Gesundheitszentren gebaut werden, ausserdem ein Handwerks- und ein Jugendzentrum.
Markantes Resultat der Schweizer Hilfe ist der
grosse Gemüse- und Warenmarkt im Quartier
«Madagaskar», dessen Rohbau im Jahr 1988
fertiggestellt wurde, und der mehr als 1000
Lebensmittel- und Gebrauchsartikelhändlern
und 800 Kleinhändlern Platz und Verdienst bieten wird. Schon 1972, als die Bewohner von
Nylon im Rahmen eines Urbanistikseminars
ihre Wünsche anbringen konnten, hatten sie,
gleich nach dem Trinkwasser, von einem
Markt gesprochen. Die kleinen Marktgebäude
und die provisorischen Stände, die in der Folge aufgestellt wurden, waren bald einmal zu
klein, denn der Markt entwickelte sich fast
noch schneller als der Stadtteil selbst.
Wie bei allen von ihr unterstützten Projekten
hat die Schweiz auch beim Marktgebäude darauf geachtet, dass örtliche, kleine und mittlere
Unternehmen die Arbeiten ausführen konnten. Ausser bei der Markthalle, wo der Rohbau von einer Schweizer Baufirma erstellt
wurde, ist ihr das auch gelungen. Verschiedentlich mussten sich die Schweizer Experten
jedoch gegen die staatlichen Stellen des Landes durchsetzen, die es lieber gesehen hätten, wenn man mehr Grossfirmen (nationale
oder ausländische) beigezogen hätte.
Im sozialen Bereich fördert die Schweiz die
Betreuung der Jugendlichen und hilft z. B. initiativen Jugendgruppen beim Aufbau eines
Kehrichtsammeisystems. Ausserdem unterstützt sie die Gründung von Volkssparkassen,
die vor allem Baukredite vergeben.
1988 begannen Wirtschaftswissenschafter im
Auftrag der Schweiz mit einer Studie über die
ökonomischen Auswirkungen der Urbanisierung der Zone Nylon. Die Studie ist noch nicht
abgeschlossen, aber man weiss jetzt schon,
dass mindestens vier Fünftel der 150 000 Einwohner in ihrem Stadtteil bleiben konnten.
Das sind wesentlich mehr als in andern Sanierungsprogrammen. Für einen Fünftel der Bewohner ist die Zone Nylon mit der Sanierung
allerdings zu teuer geworden. Mit Unterstützung der Geldgeber des ganzen Programms
haben sie sich jetzt in andern, billigeren Stadtteilen angesiedelt.
«Zone Nylon ist eines der ganz wenigen
Stadtentwicklungsprojekte, die von der
Schweiz unterstützt werden. Selbstverständlich haben wir uns gefragt, ob wir damit nicht
die Attraktivität der Stadt zusätzlich erhöhen
und die Landflucht fördern. Wir meinen, dass
man die Landflucht vor allem dann bremsen
kann, wenn man die Attraktivität der ländlichen Gebiete erhöht, die nötigen Infrastrukturen bereitstellt und den Bauern gerechte
Preise zahlt für ihre Produkte.
Der Bevölkerungsdruck in einzelnen Gebieten Kameruns ist gross, und die Leute, die in
der Stadt sind, lassen sich nicht mehr vertreiben. Im Rahmen eines grossen Urbanisierungsprogramms ist es uns gelungen, Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. Zudem ist die Sanierung nicht auf dem
Rücken der Bevölkerung erfolgt: Nur wenige
mussten ausziehen. Das Urbanisierungsprogramm Nylon wird deshalb von Städteplanern aufmerksam verfolgt, in Kamerun und in
andern Ländern des frankophonen Afrikas.»
Mali
Wetterprognosen
für Bauern
Die «Haute Vallée» (Hochtal) rund um die malische Hauptstadt Bamako herum ist ein Gebiet, das etwa ein Drittel so gross ist wie die
Schweiz. 40 000 sesshafte Bauernfamilien leben hier, 300 000 Menschen vielleicht, und in
Trockenzeiten fragt man sich, ob sie hier überhaupt leben können. Das Gras ist verdorrt, die
Felder liegen leer und ungeschützt unter der
Sonne. Nur die schütteren Kronen der Bäume
bringen etwas Grün in die braungelbe Landschaft.
In der Regenzeit aber wird alles anders. Auf
den Feldern wachsen Hirse, Sorghumhirse
und da und dort etwas Mais, Baumwolle für
den Export, Erdnüsse, und in den Gärten, die
von Frauen bestellt werden, wachsen Gemüse und Gewürze. Rund 1000 mm Regen fallen
hier im Jahresdurchschnitt. Damit liesse sichs
leben . . . wenn die Niederschläge in der kurzen Regenzeit gleichmässig verteilt und die
riesigen jährlichen Schwankungen nicht wären. Die Dürre von 1968 bis 1973 hat der breiten Weltöffentlichkeit vor Augen geführt, wie
labil das Gleichgewicht im Sahel ist. Die Hungerkatastrophe hat viele aufgeschreckt. Regierungen, NGOs und internationale Organisationen haben eine Vielzahl von Projekten und
Programmen in die Wege geleitet, um die
Nahrungsversorgung des Sahel auf etwas festere Grundlagen zu stellen. Viele dieser Programme laufen heute noch, die einen mit viel,
die andern mit weniger Erfolg.
Eines dieser Programme ist «Agrhymet» (Hydrologie und Meteorologie im Dienste der
Landwirtschaft) unter der Leitung der Weltorganisation für Meteorologie, OMM. Zusammen mit den USA, Holland, Belgien, Frankreich, Italien und verschiedenen internationalen Organisationen hilft auch die Schweiz bei
der Finanzierung mit. Seit Beginn des Programms im Jahr 1975 sind in sieben Sahelländern 1500 meteorologische Messstationen
eingerichtet worden. Die Wettervorhersagen
wurden verbessert. Computerisierte Daten-
banken und neu geschaffene Kommunikationskanäle ermöglichen es, Forschungsresultate über das Wetter, über den Wasserbedarf
von Pflanzen, über Bodenbeschaffenheit und
Grundwasservorkommen regional auszutauschen. Rund 300 Sahelier haben im Rahmen
des Programms Hydrologie und Agrometeorologie studiert.
Eine Zwischenbilanz erteilt dem Programm
«Agrhymet» im Bereich von Forschung und
Ausbildung gute Noten. «Die Umsetzung der
Information in praktische Aktionen zugunsten
einer Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion vermag nicht zu befriedigen», heisst
es aber in einem Bericht der DEH.
Bei einer Konferenz aller Beteiligten wurden
deshalb Projekte vorgestellt, die eine Umsetzung der Forschungsresultate in die Praxis der
Bauern fördern sollen. Die Schweiz erklärte
sich bereit, das erste «Agrhymet»-Versuchsprogramm zu finanzieren, die «Opération Haute Vallée» in Mali. Sie wurde im Jahr 1982 mit
dem erklärten Ziel aufgenommen, den 40 000
Bauern zu zeigen, dass meteorologische Forschung nützlich ist, dass es sich lohnt, die
Wettervorhersagen und die Arbeitsempfehlungen der Agrometeorologen zu beachten.
Es begann alles sehr bescheiden. In einer
ersten Phase von 1982 bis 1987 bestellten 40
ausgewählte Bauern einen Teil ihrer Felder so,
wie die Animatoren es ihnen rieten. Sie hackten, säten und ernteten genau dann, wenn die
mittelfristige Wettervorhersage günstig war.
Und sie hatten Erfolg damit. Die Kulturen auf
den Testfeldern standen höher und dichter,
das Grün der Felder war intensiver. Die Ernten
schliesslich fielen um rund 20% höher als auf
den übrigen Feldern aus. Schon bald begannen denn auch Bauern aus der Nachbarschaft
auf die Wetterexperten zu hören, die persönlich vorbeikamen oder sich mit ihren Ratschlägen über Radio an die Bauern wandten. Die
Pilotphase wurde 1987 abgeschlossen.
Man muss sich vor Augen führen, dass es in
Mali vor «Agrhymet» keine öffentliche Wettervorhersage gegeben hatte. Die Meldungen
in den Massenmedien hatten sich auf Temperatur- und Niederschlagsdaten vom Vortag beschränkt. Die Bauern konnten sich nicht vor-
stellen, dass man die künftige Wetterentwicklung wissenschaftlich voraussagen könnte.
Sie waren es sich gewohnt, beim ersten kleinen Regen auszusäen. Weil diesem ersten
Regen oft erst sehr viel später ein zweiter
folgte, verdorrte jeweils die erste Saat, worauf
die Bauern erneut aussäten. Niemand konnte
erwarten, dass sie ihr alteingeübtes, ganz auf
Sicherheit bedachtes Verhalten ändern würden, nur weil am Radio Vorhersagen über
das Wetter verlesen wurden. Es brauchte
dazu den persönlichen Einsatz und die Überzeugungskraft von Animatoren auf dem Feld.
Erst, als die Früchte der Beratung sichtbar
wurden, konnten sich die Pilotbauern und ihre
Nachbarn vom Wert der Wettervorhersagen
überzeugen, und erst jetzt waren sie bereit,
Wettervorhersagen auch aus dem Radio ernst
zu nehmen.
Die Hauptaktivitäten einer zweiten, erweiterten Experimentierphase fielen auf das Jahr
1988. Im «Sektor» (Bezirk) Bancoumana wurden die agrometeorologischen Informationen
und Ratschläge flächendeckend gestreut. Sie
kamen über das Radio, über alte, traditionelle
Dorfstrukturen und über neuere, staatliche Institutionen zu den rund 3600 Bauern. In diesem Jahr wurden auch die Frauen, die den
Anbau von Mais, Erdnüssen, Gemüse und Gewürzen besorgen, in das Programm einbezogen. Schreibkundige Bauern sammelten
einerseits die Wetterdaten und gaben diese
weiter, andrerseits kontrollierten sie die Ernteergebnisse. Für diese zweite Phase hat die
Schweiz 650 000 Franken zur Verfügung gestellt. Die malische Regierung hat vor allem
mit dem Einsatz von Staatspersonal beigetragen.
Nach 1989 sollen die Ergebnisse der beiden
Experimentierphasen in ein Programm für die
ganze Haute Vallée einfliessen. Der Informationsfluss wird, das zeichnet sich jetzt schon
ab, ähnlich laufen wie im Sektor Bancoumana.
Nicht nur in Mali, auch in andern Sahelländern
sind in der Zwischenzeit praxisorientierte
Kampagnen angelaufen. Sie stützen sich zum
Teil auf die Erfahrungen, die in der Haute Vallée gemacht wurden. Der relativ bescheidene
Aufwand hat sich gelohnt.
«Agrhymet ist ein komplexes agrometeorologisches Programm, das sich zum Teil auf
hochtechnisierte Hilfsmittel stützt und mit
Satellitenaufnahmen und Computern arbeitet. Zwischen diesem Programm und den
Bauern des Sahel, die ihre Felder nach dem
Gespür oder aber geleitet von alten Traditionen bestellen, liegen Welten. Unsere Aufgabe war es, diese beiden Welten näher zueinanderzubringen. Das war nur mit Experimenten möglich.
Vielleicht, weil wir ein kleines Land mit einem
relativ kleinen Entwicklungsdienst sind, können wir die Finanzierung von Pilotprojekten
übernehmen, von denen man nicht zum vornherein weiss, ob sie erfolgreich sind oder
nicht. »
Madagaskar
Viel Reis
u n d d e n n o c h Hunger
Die madagassische Reiswirtschaft hat wechselvolle Jahre hinter sich. Um der grassierenden Spekulation einen Riegel zu schieben,
hatte die Regierung in den siebziger Jahren
den Reishandel verstaatlicht und die Preise
auf einem Niveau stabilisiert, das die städtische Bevölkerung zufriedenstellen sollte. Die
Bauern aber erhielten für ihren Paddy, den ungeschälten Reis, so wenig ausbezahlt, dass
die Produktionskosten kaum mehr gedeckt
waren. Sie reagierten prompt und verlegten
sich auf Subsistenzwirtschaft und Schwarzhandel. Die Reisproduktion ging dramatisch
zurück. Madagaskar musste Reis importieren,
350 000 tallein im Jahr 1982.
Im Rahmen ihres Strukturanpassungsprogramms liberalisierte die Regierung 1982 den
Reishandel. Weil die Bauern jetzt wieder mehr
erhielten für ihren Paddy, stieg die Produktion
fast so schnell wieder an, wie sie gesunken
war. Gleichzeitig blühte die Spekulation wieder auf. Grosshändler hielten den Reis in ihren
Silos zurück, um die Preise hochzutreiben.
1986 kostete ein Kilo Reis bis zu 1000 madagassische Francs (FMG), und das entsprach
dem Tagesverdienst eines Arbeiters.
Das Welternährungsprogramm, WER verhinderte eine Hungersnot in den Städten dadurch, dass es in den Armenvierteln preisgünstigen Reis aus Südostasien verkaufte.
1987 ernteten die Bauern Reis wie noch nie
zuvor, 2,5 Mio. t, mehr als genug, um den madagassischen Bedarf zu decken. Doch sie hatten Mühe, ihn zu verkaufen. Die Silos der
Händler waren voll, und die Armen in der
Stadt assen WEP-Reis aus Südostasien. Tausende von Tonnen verfaulten auf den Feldern
und in den Dörfern. Die Bauern begannen, aus
der Lehmerde in den Reisfeldern Ziegel zu
brennen, die sich besser verkaufen Hessen.
12
Reiche Ernte und dennoch Hunger. Im Jahr
1988 lancierte die Schweiz in Zusammenarbeit mit dem WEP und mit der madagas-
Mosambik
sischen Kirchenorganisation «Aveamm» ein
Hilfsprogramm, das den unerträglichen Widerspruch beseitigen sollte. Die «Aveamm» kaufte mit Hilfe der Schweiz bei madagassischen
Reisbauern 1250 Tonnen Paddy, Hess ihn in
Reismühlen verarbeiten und transportierte ihn
in die Hauptstadt Antananarivo. 181 Hilfszentren (kirchliche, staatliche und solche des Roten Kreuzes) verteilten den Reis (insgesamt
rund 2 Millionen Tagesrationen) an die Bevölkerung.
Das Programm hat bereits jetzt, nach nur
einem Jahr, Erfolge gezeitigt, die weit über die
Hilfe gegen den Hunger hinausgehen:
— Die Bauern erhielten für den Paddy 150
FMG pro Kilo. Vor dem «Aveamm»-Programm hatte der durchschnittliche Ankaufspreis bei 120 FMG gelegen und war
in Überschusszeiten bis auf 50 FMG gedrückt worden.
— Bedingung für den Aufkauf war, dass nicht
einzelne Bauern als Verkäufer auftraten,
sondern Bauerngruppen. So haben sich
die Reisbauern organisiert. Die Gruppe
sammelt und kontrolliert den Paddy, füllt
ihn in Säcke ab, führt Buch über die Ablieferungen und die Verkäufe, und sie zahlt
die einzelnen Bauern aus. Sie übernimmt
also einen Teil der Vermarktungskette. Die
Vorteile des Zusammenschlusses haben
die Bauern überzeugt, und einzelne Gruppen haben damit begonnen, auch andere
Produkte (Mais, Bohnen) gemeinsam zu
verkaufen.
— Die Bauern haben bei den kommerziellen
Aufkäufern mehr Gewicht erhalten. Sie haben sich durch Boykottdrohungen nicht
einschüchtern lassen, verkauften weiterhin Paddy an die «Aveamm». Heute kommen die Händler wieder und bezahlen für
den Paddy Preise, die zum Teil sogar über
denjenigen der «Aveamm» liegen.
— Die gemeinnützigen Verteilzentren in der
Stadt sehen ihre Budgets entlastet, weil
der «Aveamm»-Reis gratis geliefert wird.
Sie können ihr Geld in Medikamente,
Schulmaterial und in Gebäulichkeiten investieren.
Das Reisprogramm der «Aveamm» und der
Schweiz hat Aufsehen erregt. Verschiedene
staatliche und multilaterale Organisationen haben sich dafür interessiert und signalisieren
Bereitschaft, sich an dem Programm zu beteiligen oder andere, ähnliche Aktionen in die
Wege zu leiten. Der WEP-Vertreter in Madagaskar ist daran, die neuen Hilfsangebote auszuwerten und die Hilfe zu koordinieren.
Die Schweiz, die in Madagaskar Katastrophenhilfe, technische Zusammenarbeit, Finanzund Zahlungsbilanzhilfe leistet, wird das Hilfsprogramm gegen den Hunger zusammen mit
der «Aveamm» weiterführen. 1989 sollen
2000 t Paddy aufgekauft, verarbeitet und verteilt werden.
«Eine der ersten Anforderungen an die humanitäre Hilfe muss dabei sein, dass sie die Entwicklungsanstrengungen und die Entwicklungszusammenarbeit nicht behindern darf.
Die gewollten und ungewollten Auswirkungen der humanitären Hilfe müssen deshalb
jeweils besonders sorgfältig geprüft werden.
Die humanitäre Hilfe soll aber darüber hinaus
wenn immer möglich entwicklungsfordernd
wirken.
Die schweizerische Getreidehilfe, deren
Hauptzweck es ist, den Hunger notleidender
Menschen zu lindem, hat eine wichtige zusätzliche Aufgabe übernommen. Durch den
Kauf von lokal oder regional existierenden
Überschüssen hilft sie, die einheimische Produktion zu stützen und zu stabilisieren.
Von 1984 bis 1987 kauften wir so jeweils zwischen 66 und 92 Prozent des gelieferten Getreides in Entwicklungsländern ein. Wir werden auch in Zukunft dem Kauf in der Dritten
Welt den Vorzug geben. Solche Einkäufe werden gelegentlich durch den Partner selbst
vorgenommen (HCR, WEP, u. a.) oder dann
durch die Eidgenössische Getreideverwaltung vorab über schweizerische Getreidehandels-Firmen nach kommerziellen Grundsätzen abgewickelt. »
Strukturanpassung:
Rezepte g i b t es n i c h t
März/April 1987: Zusammen mit einer Delegation der IDA studieren Vertreter der Schweiz
die Lage der mosambikanischen Wirtschaft.
Ihr Bericht ist alarmierend. Die bewaffneten
Verbände des regierungsfeindlichen Renamo,
aber auch Fehlentscheide der Regierung selber haben das Land beinahe ruiniert. Nur sofortige Strukturanpassungen, so das Fazit der
Delegation, können den totalen Zusammenbruch verhindern. Über die IDA unterstützt die
Schweiz ein entsprechendes Programm der
mosambikanischen Regierung.
Mosambik verpflichtet sich, die Landeswährung «Medical» massiv abzuwerten, die landwirtschaftlichen Produzentenpreise zu erhöhen und Haushaltkürzungen vorzunehmen.
Ausserdem wird ein Teil des Handels liberalisiert. Die Regierung behält die Kontrolle nur
mehr im Bereich von 20 Gütern des Grundbedarfs.
Schon Anfang 1988 zeichnen sich erste Erfolge ab. Das Angebot in den Läden und auf
den Märkten ist reichhaltiger. Es werden 10%
mehr Agrarprodukte zu besseren Preisen vermarktet als im Vorjahr, die Situation auf dem
Land ist besser, und die Talfahrt der Exportzahlen kann aufgehalten werden. Es wird ein
Wirtschaftswachstum von 4% gemeldet, welches allerdings vorwiegend auf den Zufluss
von Hilfsgeldern zurückzuführen ist.
Die untersten Schichten in den Städten spüren noch nichts von der zaghaften Wirtschaftserholung. Im Gegenteil: Am I.April
1988 streicht die Regierung die städtischen
Subventionen auf den Grundnahrungsmitteln
Mais, Zucker und Tee sowie auf Seife, wodurch sie versucht, ihr Budget ins Gleichgewicht zu bringen. Ausserdem hofft man, dass
weniger Leute vom Land in die Stadt ziehen,
wenn das Leben dort schwieriger wird. Leidtragende dieser mittelfristig angelegten Politik
sind diejenigen Städter, die schon vorher am
Rand des Existenzminimums lebten. Diese
Gefahr besteht in allen Ländern, welche Strukturanpassungen vornehmen müssen.
Niger
1988 hat deshalb die Weltbank ein sogenanntes SDA-Programm auf die Beine gestellt
(SDA steht für Social Dimensions of Adjustment — soziale Dimension von Anpassung).
Das Programm soll hochverschuldeten und
einkommensschwachen Ländern Afrikas helfen, die Härten von Restrukturierungsmassnahmen zu lindern. Die Schweiz hat den allgemeinen Teil des SDA-Programms bisher mit
2 Mio. Franken unterstützt. Gleichzeitig plant
sie, sich im Tschad, in Tansania und in Mosambik in länderspezifischen SDA-Programmen zu engagieren.
Eine von der Schweiz finanzierte Gruppe von
(mosambikanischen und ausländischen) Sozialwissenschaftern hat die Armut von Maputo in Zahlen gefasst. Sie haben im Jahr 1988
Familien untersucht, die Kinder im Alter von
bis zu vier Jahren haben. Ihr Fazit: Die Grundnahrungsmittel sind nach der Streichung der
städtischen Subventionen drei- bis siebenmal
teurer geworden, und ein Drittel aller einbezogenen Familien ist unterernährt.
Die Untersuchung — noch ausserhalb des
SDA-Programms zustandegekommen — soll
nicht in irgendwelchen schweizerischen oder
mosambikanischen Schubladen verstauben.
Sie soll vielmehr Massnahmen zugunsten der
verarmten Stadtbevölkerung auslösen und der
Regierung ermöglichen, ganz gezielt zu handeln. Folgende Massnahmen sind denkbar:
— Gezielte Subventionen sollen den Brotkorb
verbilligen, allerdings nicht für alle, sondern nur gerade für die allerärmsten
Schichten.
— In Schulen und eventuell auch in Fabriken
werden Mahlzeiten ausgegeben.
— Mit Beschäftigungsprogrammen im Infrastrukturbereich werden vorübergehend
einige tausend Arbeitsplätze geschaffen.
— Möglichst viele Familien sollen Zugang zu
einem kleinen Stück Land in Stadtnähe erhalten, denn die Untersuchung hat gezeigt, dass Familien mit einem solchen
«Garten» wesentlich besser ernährt sind.
Die neuen Hilfsmassnahmen sind nicht unumstritten. Sie könnten u. a. den inflationären
Druck wieder verstärken, die Attraktivität der
Städte erneut erhöhen und die Landflucht
abermals ankurbeln. Damit aber würde eines
der Hauptziele des Anpassungsprogramms
aufgegeben. Experten sprechen hier von
einem eigentlichen Zielkonflikt.
Die Schweiz ist überzeugt, dass Anpassungsmassnahmen gezielt sozial abgesichert werden müssen, nicht zuletzt um ihren langfristigen Erfolg zu gewährleisten. Auf einer hungernden Stadtbevölkerung lässt sich nicht aufbauen. Mit der Untersuchung von Maputo,
welche die städtische Verarmung in Mosambik zum ersten Mal zahlenmässig erfasst,
kann die Schweiz die Bedeutung sozial verträglicher Anpassungsprogramme unterstreichen. Ausserdem gibt sie der Weltbank und
der mosambikanischen Regierung ein Instrument in die Hand, das die Planung von SDAMassnahmen erleichtert.
Wasser ist Leben
Niger. Der Fluss, wie der Nil und der Kongo
einer der grossen Ströme Afrikas, durchquert
nur gerade den Südwestzipfel des Landes,
durchfliesst es auf einer Länge von rund 500
Kilometern, und trotzdem wurde das riesige
Land, das 30mal so gross ist wie die Schweiz,
nach ihm benannt: Niger. So, als ob man mit
der Namengebung das lebensnotwendige
Wasser beschwören wollte.
Niger ist ein typisches Land des Sahel. 75%
der Fläche sind Wüste, 15% Halbwüste, und
nur gerade 10% des Bodens können bebaut
werden. Ausser dem Niger ist da kein einziger
Fluss, der das ganze Jahr über Wasser führt.
Die meisten Bewohner des Landes holen sich
ihr Wasser aus Ziehbrunnen, die in den Grundwasserspiegel hinabreichen. Die Sahelbauern
graben sie selbst, in Handarbeit, mit einfachen
«Die Probleme sind in vielen Ländern ähnlich. Werkzeugen. Sie erreichen dabei manchmal
Tiefen von 50 bis 60 m, die Brunnen sind jeDas Land entvölkert sich, die Städte wachsen
doch einsturzgefährdet und schwierig zu unexplosionsartig. Immer weniger Bauern müsterhalten. Die Wände der sogenannt modersen immer mehr Städter ernähren. Das kann
nen Brunnen sind zementiert, sie werden daunmöglich so weitergehen. Nur rigorose
durch zu einer dauerhaften Einrichtung. Wo
Massnahmen können die Landflucht stopder Fels Handarbeit verunmöglicht oder der
pen; darin sind sich alle einig. VorübergehenGrundwasserspiegel in den Trockenperioden
de Härten muss man in Kauf nehmen.
zu weit absinkt, werden mit speziellen Maschinen Bohrbrunnen erstellt, die bis auf TieDas ist die eine Seite.
fen von 200 bis 400 m hinunterreichen und
Die Anpassungsprogramme treffen die undort mit Hilfe von Pumpen fossiles Wasser antersten Bevölkerungsschichten in den Städzapfen.
ten hart. In Maputo ist ein Drittel aller Einwohner unterernährt. Wenn die Verelendung
Die Brunnen werden, sofern es das Wasserweitergeht, werden sie buchstäblich hunvorkommen erlaubt, in Dorfnähe gebaut.
gern, ja verhungern. Das aber sind allzugrosse Opfer, selbst im Hinblick auf eine mittelfri- Wenn den Dorfbewohnern die Mittel fehlen,
einen versiegten Brunnen tiefer zu graben
stige Verbesserung. Wir müssen die Härten
oder einen eingestürzten Brunnen zu reparielindern.
ren, geben sie das Dorf auf. Sie ziehen weg;
Das ist die andere Seite.
die Felder liegen brach und versteppen. Immer weniger Bauern müssen so immer mehr
Mit zusätzlichen Hilfsprogrammen aber laufen wir Gefahr, die Städte wieder attraktiv zu Städter ernähren. Das kann sich aber ein
Land, dessen Bevölkerung jedes Jahr um
machen, die Landflucht wiederum anzukurbeln. Wir stehen in diesem Zielkonflikt. Und 3,1% wächst, nicht leisten. Die Versorgung
mit Trinkwasser hat deshalb in der Sozial- und
wir müssen zugeben: Ein perfektes Rezept
Wirtschaftspolitik der Regierung erste Priorihaben wir nicht. »
tät.
Seit 1980 hilft die Schweiz in grösserem Umfang dabei. Das Trinkwasserprogramm in Niger ist eines der grösseren Programme der bilateralen technischen Zusammenarbeit des
Bundes. Zwischen 1980 und 1988 sind dafür
22 Mio. Franken aufgewendet worden, und
für die Phase von 1988 bis 1992 wurden nochmals 18 engagiert. Die Hälfte davon ist direkt
für den Bau und den Unterhalt von Brunnen
reserviert. Die andere Hälfte fliesst in die technische und administrative Infrastruktur.
Bereits ab 1973, in der Zeit nach der vorletzten
grossen Dürre im Sahel, hat die Schweiz im
Niger den Bau von Brunnen unterstützt, denn
die zementierten Ziehbrunnen und erst recht
die pumpenbetriebenen Bohrbrunnen können
weder von der Bevölkerung noch von der Regierung allein finanziert werden. Hilfe von aussen ist nötig und sinnvoll. Bis 1988 wurden
mit Schweizer Hilfe insgesamt 700 Brunnen
gebaut oder gebohrt.
Ende der siebziger Jahre zeigten Analysen,
dass praktisches, direkt auf die Dörfer abgestütztes Engagement allein nicht genügt. Die
nigrische Verwaltung hatte nicht genug Mittel,
um allen Erfordernissen im Trinkwassersektor
gerecht zu werden. Es fehlte an ausgebildetem Personal für den Bau und den Unterhalt
der Brunnen, es gab nur wenig hydrogeologisches Lehrpersonal, und es waren kaum Daten über die Grundwasserströme und -Vorräte
des Landes verfügbar. Nach Absprache mit
den nigrischen Behörden hat die Schweiz das
Genfer «Institut universitaire d'études du
développement», lUED, beauftragt, die von
Niger in Angriff genommene Reorganisation
und Dezentralisierung des Wassersektors zu
unterstützen. Man hat dabei von Anfang an
und ganz bewusst darauf verzichtet, neue
Strukturen für die ausländische Hilfe zu schaffen.
Im Zug der Dezentralisierung hat die nigrische
Regierung die Wasserwirtschaftsverwaltungen in den Departementen verstärkt und mit
mehr und besser ausgebildetem Personal besetzt. Die Schweiz hat vor allem einen Beitrag
an die Verstärkung der Departementsdienste
in Agadez und in Maradi geleistet.
13
Tansania
Die Techniker von Agadez haben heute ihr
eigenes Programm zur Messung von Grundwasservorkommen und sind in der Lage, die
Trinkwasserprobleme ihres Departementes
aufgrund ihrer eigenen Forschung zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten.
Im Departement Maradi hat die Schweiz mehr
die praktische Arbeit gefördert. Für die nächsten vier Jahre finanziert sie den Bau von 210
Grundwasserbrunnen, und sie wird auch bei
den geplanten 30 Tiefbohrungen mithelfen.
Ein Animations- und Bildungsprogramm soll
die einzelnen Dörfer darauf vorbereiten, den
Unterhalt ihrer Brunnen selbst in die Hand zu
nehmen.
Die Direktion für Wasserwirtschaft und die Direktion für Wasserinfrastrukturen, beide mit
Sitz in Niamey, wurden durch die Dezentralisierung im Operationellen Bereich entlastet.
Nun können sie vermehrt Koordinationsaufgaben wahrnehmen. Sie teilen die verfügbaren
Mittel den einzelnen Regionen zu, bilden das
gesamte Personal des Wassersektors aus, koordinieren die geologische und die hydrogeologische Forschung des Landes, sammeln
und verarbeiten Informationen und Daten aus
den Regionen mit dem Ziel, die Ressourcen
und ihre Nutzung in einem Wasseratlas zusammenzufassen.
Die Schweiz hat geholfen, das Messsystem
für Grundwasserströme zu verbessern und
die Ergebnisse in einem Dokumentationszentrum zusammenzufassen. An der Universität
von Niamey hielt ein Schweizer Experte Vorlesungen in Hydrologie und Geodynamik, und
im staatlichen Regiebetrieb OFEDES (Amt für
unterirdische Wasservorkommen) wurden mit
schweizerischer Hilfe Brunnentechniker ausgebildet.
14
Die viel Ausdauer erfordernde Arbeit ist noch
nicht abgeschlossen. In einem Zwischenbericht des IUED vom 20. Juni 1988 heisst es:
«Die Beauftragten vor Ort stehen immer im
Spannungsfeld zwischen kurzfristigen Erfolgen und einer mittel- und langfristigen Arbeit.
Das Wasserbauprogramm (in Niger) ist ein
gutes Beispiel dafür, wie die beiden Erfordernisse miteinander kombiniert werden.»
«Mit all den Mitteln, die wir bisher an Niger
überwiesen haben, hätte man 1500, viel/eicht
2000 Brunnen bauen können. Das allein genügt jedoch nicht. Die Wasserprobleme in Niger erfordern eine umfassende Entwicklungsarbeit. Die Wassserwirtschaft in diesem
semiariden und ariden Land stellt hohe Ansprüche bezüglich organisatorischer, technischer und wissenschaftlicher Kenntnisse und
Fähigkeiten. Es gilt daher, die nationalen Kapazitäten so zu verstärken und zu unterstützen, dass sie diesen lebenswichtigen Sektor
autonom führen können.
Wir müssen helfen, Fachleute auszubilden,
Geologen, Hydrologen, Laboranten und Techniker. Wir müssen beim Aufbau von Messsystemen mithelfen. Das alles braucht aber viel
Zeit und viel — unspektakuläre — Vorarbeit. »
Strassenunterhalt
und Entwicklung
Tansania hat der Agrarpolitik schon früh einen
hohen Stellenwert eingeräumt. Dennoch stagnierte die landwirtschaftliche Produktion
lange Zeit, weil der Staat mit seiner Preispolitik den Bauern keinen Anreiz bot, die Produktion zu erhöhen.
Das hat sich inzwischen geändert, nachdem
die Regierung Tansanias im Jahre 1986 ein
«Programm zu einer umfassenden Wirtschaftsreform» beschlossen hatte. In diesem
Rahmen erhöhte sie die Produzentenpreise
für die Bauern um 30 bis 80%. Parallel dazu
schränkte sie den Einfluss der staatlichen Monopolgesellschaften für die Vermarktung der
landwirtschaftlichen Erzeugnisse ein und ergänzte sie durch Vermarktungskooperativen.
Um eine erfolgreiche Vermarktung zu ermöglichen, hat die Regierung zudem ein Programm für den Transportsektor ausgearbeitet.
Dieses Sektorprogramm will bei sämtlichen
Transportträgern (Strasse, Bahn, Luft- und
Schiffahrt) die bestehenden Engpässe beheben. Es zielt aber auch darauf ab, die Planungs- und Durchführungskapazitäten der mit
Transportfragen befassten Institutionen zu
verbessern.
Besonderes Gewicht legt Tansania auf ein den
Bedürfnissen angepasstes Strassennetz. Die
Hauptstrassen und ein Teil der Strassen in den
ländlichen Gebieten sollen wieder instand gestellt werden. Das Programm sieht vor, dass
die insgesamt 5000 km Verbindungsstrassen
zwischen den Provinzhauptorten und ein Fünftel des 50 000 km umfassenden ländlichen
Strassennetzes bis Mitte der neunziger Jahre
rehabilitiert sein werden. Die Strassen in den
Gegenden mit hohem Exportpotential geniessen Priorität.
Die Schweiz unterstützt bereits seit 1982 zwei
Strassenprojekte in den Distrikten Kilombero
und Ulanga der Provinz Morogoro. Das «Ki-
lombero-Ulanga-Projekt zur Verbesserung
ländlicher Strassen» (KURPP) steht vor der abschliessenden Phase, die von 1989 bis 1992
dauern wird. Dieses von Helvetas in Regie
durchgeführte Vorhaben wird die wichtigsten
Strassen der beiden durch den Fluss Kilombero getrennten Distrikte das ganze Jahr befahrbar machen. Bis Ende 1988 wurden rund
280 km Strassen rehabilitiert, 100 km Erddämme aufgeschüttet, rund 200 km Strassen bekiest, gut 900 Durchlässe gebaut und 25 Brükken erstellt.
Die Schweiz trägt auch dazu bei, die Fährverbindung über den Kilombero zu verbessern.
Dafür musste die Zufahrt zur Fähre über das
Flutgebiet ausgebaut werden, um sie für das
ganze Jahr passierbar zu machen. Überdies
wurde die Fähre wieder instand gestellt sowie
ein neues Schiebeboot beschafft.
Soll ein Strassenprojekt nicht nur während
weniger Jahre wirksam sein, ist es unerlässlich, dem Unterhalt ebenso hohe Priorität wie
der Instandstellung zuzumessen. Das konnte
Tansania jedoch aus organisatorischen und finanziellen Gründen bisher nicht gewährleisten.
Das Projekt KURPP hat deshalb ein speziell
auf Tansania zugeschnittenes Unterhaltsmodell entwickelt, das sich auf möglichst arbeitsintensive Methoden abstützt. Leute aus der
Region werden als «Wegmacher» rekrutiert,
die auf rund zwei Kilometer langen Abschnitten den regulären Unterhalt durchführen. Sie
müssen das Gras schneiden sowie die Strassenentwässerungsgräben putzen. Zusätzlich
besorgen besonders ausgerüstete Equipen
die periodisch notwendigen Unterhaltsarbeiten. Sie haben die Strassen zu bekiesen und
verfügen für diese und weitere Aufgaben über
Traktoren und Anhänger.
Die Regionalregierung steckt ab 1989 die eigenen Mittel vollumfänglich in den Betrieb dieses angepassten Unterhaltsprogramms. Ermöglicht wird diese Konzentration der Eigenmittel durch die Übernahme der gesamten
Rehabilitationskosten sowie der Ausbildungskosten und der Anfangsinvestition für den Unterhalt durch die Schweiz.
Afrika
«Die verkehrsmässige Erschliessung ländlicher Gebiete ist ein wichtiges Element der
wirtschaftlichen Entwicklung. Dies zeigt sich
in den Distrikten Kilombero und Ulanga, wo
die Schweiz ein Projekt zur Verbesserung der
ländlichen Strassen finanziert. Nach mehreren Jahren der Stagnation hat der Baumwollanbau seit 1986 wieder zugenommen. Der
Anbau von Reis, bereits ein Grundnahrungsmittel, wird von der tansanischen Regierung
weiter gefördert. Verbesserte Strassenverbindungen reduzieren den Transportaufwand,
auch auf Familienebene. Gezielte, grösstenteils kleinräumliche Massnahmen wie Haustierhaltung, Sanierung der Dorfmühlen und
Kleinbewässerung können das freiwerdende
Potential, vor allem der Frauen, nutzen helfen. »
Biologisch gegen die Laus
im Maniok
Yucca, Maniok, Cassava. Drei Namen für eine
Knollenfrucht, die ursprünglich nur in Südamerika beheimatet war, im Verlauf der Jahrhunderte aber einen grossen Teil des afrikanischen Kontinentes erobert hat. Im CassavaGürtel, der sich zwischen der Sahelzone und
dem südlichen Afrika über den Kontinent hin
zieht, ist die Knolle, die bis zu fünf Kilo schwer
werden kann, Hauptkalorienspender für 200
Millionen Menschen. In klimatisch schwierigen Gebieten ist die Cassava, die im Boden
lange Trockenzeiten übersteht, lebenswichtiger Notvorrat und oft das einzige, was die
Menschen vor der Getreideernte überhaupt
noch zu essen haben.
Seit 1970 jedoch sind die Cassavakulturen
Afrikas von einem winzigen Insekt, der MehlSchildlaus bedroht, die auf Stecklingen von
Südamerika her nach Zaire eingeführt wurde.
Sie saugt den Saft aus den frischgekeimten
Cassavablättem und überzieht den Strauch
mit einer grauen Schicht. Die Pflanze selbst
hat dem Schmarotzer nichts entgegenzusetzen. Weil die Schildlaus in Afrika keine natürlichen Feinde hatte, verbreitete sie sich rasend
schnell. Mitte der achtziger Jahre fand man
sie schon in weiten Regionen in insgesamt 31
Ländern, und sie ist daran, auch die bisher
freien Gebiete an der afrikanischen Ostküste
und im Landesinnern Zaires zu überziehen.
In den Verbreitungsgebieten der Maniokschildlaus gehen die Erträge bis zu 80% zurück. Die jährlichen Ernteverluste wurden mit
2 Milliarden Dollar beziffert.
Versuche, die Maniokschildlaus chemisch zu
bekämpfen, erwiesen sich als aufwendig, wenig erfolgreich und zudem gefährlich. Die Cassava wird fast ausschliesslich von Kleinbauern
angepflanzt, die häufig Analphabeten und
Selbstversorger sind und die Anwendungsvorschriften für die Insektizide nicht verstehen
können. Laut UNO-Schätzungen sterben weltweit jedes Jahr 40 000 Bauern und Landarbeiter wegen der unsachgemässen Handhabe
von Pestiziden.
1981 zeichnete sich für die Cassavakulturen
Afrikas eine Wende ab. Forscher hatten in Paraguay eine kleine Wespe entdeckt, die Epidinocarsis lopezi, deren Larven sich ausschliesslich von der Maniokschildlaus ernähren. Dank der Lopez-Wespe und anderen
Nutzungen hat der Schmierlausbefall in Südamerika bisher noch nie dramatische Ausmasse angenommen. Man beschloss, die Epidinocarsis lopezi auch in Afrika einzuführen.
Selektion, Einfuhr und Vermehrung von Nutzungen sind eine anspruchsvolle Aufgabe.
Über 20 internationale, regionale, nationale
und lokale Institutionen haben an diesem Projekt mitgewirkt. Die einen haben sich der
Zucht angenommen, andere haben lokales
Personal ausgebildet, dritte haben die Verbreitung überwacht.
1984, nur drei Jahre nach ihrer Entdeckung,
konnten die ersten Lopez-Wespen in Afrika
ausgebracht werden, zum Teil von Hand, zum
Teil von Flugzeugen aus. Sie verbreiteten sich
ebenso schnell wie Jahre zuvor die Maniokschildlaus. In Malawi zum Beispiel war nur gerade zwei Jahre nach Freilassung der nützlichen Wespe ein 100 km breiter Streifen des
Landes frei von Maniokschildläusen. 1988
konnten auf 1,5 Mio. km2 in insgesamt 18 Ländern wieder normale Cassavaernten eingebracht werden.
Träger des Programms ist das International Institute of Tropical Agriculture, UTA, in Ibadan
(Nigeria). Seit 1983 ist die Schweiz einer der
wichtigsten Geldgeber. Vertreter aus der
Schweiz präsidieren sowohl das Programmkomitee wie auch den Wissenschaftsrat. Im operationellen Bereich sind fünf Schweizer Entomologen tätig. Die vierte Projektphase wird
von der Schweiz mit 4 Mio. Franken (21 % des
Gesamtbudgets) finanziert. Eine äusserst lohnende Investition, wie es heute aussieht. Aussenstehende Agroökonomen haben ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1 zu 150 errechnet.
Das biologische Pflanzenschutzprogramm des
UTA wird denn auch weitergeführt. Das UTA
hat unter anderem die grüne Maniok-Spinnmilbe im Visier, deren natürliche Feinde in Afrika noch nicht genügend verbreitet werden
konnten.
Der erfolgreiche Kampf gegen die Maniokschildlaus hat dem biologischen Pflanzenschutz in Afrika Auftrieb gegeben. 1988 wurde
in Cotonou (Benin) als Zweigstation des UTA
ein Zentrum für biologischen Pflanzenschutz
eingeweiht. 35 Länder aus dem Cassava-Gürtel gehen daran, nationale Projekte für die biologische Schädlingsbekämpfung zu realisieren. 1988 sind 14 davon im Rahmen eines erweiterten Programmes finanziert worden. Dabei geht es nicht mehr nur um Maniokschädlinge, sondern auch um Schädlinge an Obstund Getreidekulturen. Man sucht nach resistenteren Pflanzensorten und nach natürlichen Feinden, und man macht Versuche mit
Mischkulturen.
Im Maniok-Programm nimmt die Weiterbildung einen wichtigen Platz ein. Bis 1988 sind
167 Spezialisten für Pflanzenschutz ausgebildet worden, und mit Stipendien des Programms haben bisher 26 Afrikaner ein Universitätsstudium absolviert.
«Das Maniok-Programm in Afrika, an dessen
Lancierung die Schweiz wesentlich Anteil
hatte, ist das bisher grösste und erfolgreichste Projekt im biologischen Pflanzenschutz in
der Dritten Welt. Es zeigt beispielhaft, wie
grundlegende Probleme im tropischen Pflanzenbau durch gut organisierte internationale
Agrarforschung angegangen werden können.
Die Schweiz hat bei der Finanzierung, der
wissenschaftlichen Beratung, in der Koordination und beim Einsatz von Fachleuten wichtige Funktionen übernommen.
Die Schweiz ist bereit, den biologischen
Pflanzenschutz — gerade in Afrika — weiter
zu unterstützen. Die grösste Herausforderung ist dabei die Bekämpfung der Heuschrecken. Die Aussichten für eine biologische Kontrolle sind hier allerdings weniger
gut als bei der neu eingeführten Maniokschildlaus. »
Bangladesh
Gegen den Durchfall
bei Kindern
Bangladesh — ein Land ohne Hoffnung? So
mag es für viele erscheinen. Das 1971 unabhängig gewordene Land wird regelmässig von
schweren Naturkatastrophen heimgesucht.
Die Probleme der Unterentwicklung stellen
sich hier noch schärfer als in den meisten anderen Entwicklungsländern.
Bangladesh hat weltweit eine der höchsten
Kindersterblichkeitsraten. 130 von 1000 Kindern sterben schon im ersten Lebensjahr. Im
Durchschnitt werden die Bengali nur 51 Jahre
alt; die Frauen leben noch weniger lang als die
Männer.
Die geringe Lebenserwartung ist auf die weitverbreitete Armut zurückzuführen. Die Mehrheit der Bevölkerung in den ländlichen und
städtischen Gebieten kann sich deshalb nicht
ausreichend ernähren. Am stärksten betroffen
sind die Kinder. Vier von fünf sind unterernährt. Aber auch die meisten Mütter können
sich nur mangelhaft ernähren.
Bangladesh verfügt zudem nur über ein
schlecht ausgebautes Gesundheitswesen. In
vielen ländlichen Gebieten werden praktisch
noch keine Gesundheitsdienste angeboten.
Durchfall stellt noch immer eine häufige Todesursache dar. Mehr als die Hälfte der Kinder, die nicht fünf Jahre alt werden, sterben an
seinen Folgen.
Durchfall wurde früher mit einer Wasser-SalzLösung behandelt, die intravenös verabreicht
wurde. Das kompensiert den starken Flüssigkeitsverlust und gibt dem Kind die Fähigkeit
zurück, wieder Nahrung zu verwerten. Diese
Methode erfordert steriles Wasser, geschultes Personal und hygienische Verhältnisse —
Voraussetzungen, wie sie in jedem Industrieland selbstverständlich vorhanden sind, nicht
jedoch in Bangladesh.
Dass Bangladesh dennoch kein hoffnungsloser Fall ist, zeigt sich darin, wie das Land vor
einigen Jahren den Kampf gegen den Durchfall aufnahm. Ein Forschungsinstitut suchte
nach einer Methode, die den Verhältnissen
der armen Bevölkerung angepasst ist. Es entwickelte eine Salz-Zucker-Mischung, die, in
Wasser aufgelöst, getrunken werden kann. In
kleine Säcklein verpackt, wurde sie, zusammen mit einem eigens dafür hergestellten
Messlöffel, an die Gesundheitszentren verteilt. Mit einer Anleitung, wie die Mischung
herzustellen ist, sollte zudem verhindert werden, dass weder zu viel noch zu wenig Salz
und Zucker verabreicht werden.
Damit war ein grosser Fortschritt erreicht:
Durchfall bei Kindern muss nicht mehr mittels
intravenösen Infusionen, sondern kann oral
behandelt werden.
In der Praxis stellte sich jedoch heraus, dass
auch dieses Verfahren noch immer nicht auf
die Verhältnisse der armen Bevölkerung zugeschnitten war. Der Vertrieb der Säcklein über
das ganze Land lässt sich kaum realisieren.
Auch ist der weite Weg bis zum nächsten Gesundheitsposten ein Hindernis.
Die schon bald nach der Unabhängigkeit des
Landes entstandene private Organisation
BRAC (Bengalisches Komitee für ländliche
Entwicklung) hat sich zu Beginn der achtziger
Jahre eingeschaltet, um diese orale Methode
für die Durchfallbehandlung weiter zu vereinfachen. Die Schweiz unterstützte von Anfang
an diese Bemühungen.
Das BRAC schlug als erstes vor, den Messlöffel durch ein Mass zu ersetzen, wie es die arme Bevölkerung auch sonst anwendet. So viel
Salz, wie man zwischen dem ersten Glied von
Daumen, Zeigfinger und Mittelfinger festhalten kann, wird jetzt mit einer Handvoll Zucker
in etwa einem halben Liter Wasser aufgelöst.
Diese einfache Methode muss aber der Bevölkerung erläutert werden. Wird nämlich zu
wenig Salz genommen, ist die Lösung wirkungslos. Wenn hingegen zu viel Salz beigemischt wird, kann es lebensgefährlich werden. Und wird unsauberes Wasser gebraucht,
kann es erneut zu Durchfall kommen.
Den Leuten die notwendigen Kenntnisse zu
vermitteln, ist indessen nicht einfach, weil die
meisten Bengali Analphabeten sind. Nur jede
fünfte Frau hat die Schule besucht. Schriftliche Unterlagen nützen deshalb wenig.
Aus diesem Grund legt BRAC grossen Wert
auf Gespräche und rekrutierte dafür eine grosse Zahl von Frauen und Männern. In Gruppen
von sieben Frauen und zwei Männern ziehen
sie von Dorf zu Dorf und verteilen sich jeweils
auf die einzelnen Hauhalte. In Einzelgesprächen werden die Frauen durch eine Frau unterrichtet. Die Männer wenden sich an die
Männer im Dorf.
Diese Aufklärungskampagne hat inzwischen
85% aller ländlichen Haushalte erreicht. Auch
Kontrollen werden regelmässig durchgeführt.
Dabei zeigte es sich, dass in 95% der Fälle
das vermittelte Wissen richtig angewendet
wird. Dieser Erfolg hat sich auch darin niedergeschlagen, dass die durch Cholera verursachten Todesfälle deutlich zurückgegangen
sind.
Der BRAC-Kampagne wurde indessen vorgehalten, dass sie sich zu einseitig auf die Bekämpfung des Durchfalls konzentriere und andere gesundheitliche Anliegen zu Unrecht
nicht beachte. Sie wurde deshalb Mitte der
achtziger Jahre auf andere Bereiche ausgeweitet. Es werden jetzt auch Impfungen gemacht, Geburtshelferinnen ausgebildet und
dörfliche Gesundheitskomitees aufgebaut.
Die private Organisation BRAC schafft dadurch die Grundlage für ein nationales Gesundheitssystem und arbeitet eng mit den
staatlichen Organen zusammen.
«Gesundheitsprogramme sollen sich nicht
darauf beschränken, der Bevölkerung Dienstleistungen anzubieten. Sie dürfen auch nicht
ausschliesslich mit Ärzten in Verbindung gebracht werden. Es sollen vielmehr auch Methoden gefördert werden, welche mit den lokal vorhandenen Mitteln durchgeführt werden können. Die Menschen sollen befähigt
werden, möglichst selber für sich sorgen zu
können. »
Indien
Kerala: das Land,
wo Milch fliesst
M. Upadhya in Kayankulam ist ein Bauer wie
Millionen andere. Auf seiner halben Hektare
Land baut er Reis an, Kokosnuss und eine
Vielfalt von tropischen Gewürzen, Früchten
und Gemüsen, alles in einem ausgewogenen
System. Ausserdem hält er sich eine Kuh,
eine Kreuzung zwischen Zebu und Schweizer
Braunvieh. Die Kuh ist nicht sehr gross, aber
sie sieht gesund aus und zäh. M. Upadhya verfüttert ihr Gras, das er auf den Dämmen des
Reisfeldes und unter den Kokospalmen
schneidet, dazu Ernteabfälle, Reisstroh und
regelmässig Kraftfutter, Kokos- und Erdnusskuchen, die er dazukauft. Er ist zufrieden mit
seiner Kuh. Während der Laktationsperiode
gibt sie täglich 6 bis 7 Liter Milch. Die Hälfte
davon verkauft er dem Besitzer einer Teestube.
Das war nicht immer so. Früher warfen die
einheimischen Zebukühe erst im Alter von
vier bis fünf Jahren das erste Kalb, und wenn
eine Kuh pro Tag mehr als 2 Liter Milch gab,
war das eine Ausnahme.
Erklärtes Ziel des «Indo-Swiss Project Kerala»,
ISPK, das im Jahr 1963 aufgenommen wurde,
war es denn auch, den Milchertrag der Kühe
in Kerala durch Kreuzungszucht und durch
bessere Fütterung zu erhöhen. 1988, 25 Jahre
danach, wurden die letzten Verhandlungen für
die Übergabe des Projektes geführt. Der Erfolg der langen indisch-schweizerischen Zusammenarbeit darf sich sehen lassen. Auf vier
Stationen werden an die 300 Zuchtstiere und
ebensoviele Stiermutterkühe betreut. Die
hochwertigen Kreuzungsstiere produzieren
jährlich 1,5 Mio. Samenportionen. Diese werden in flüssigem Stickstoff tiefgefroren und
gelangen über sechs regionale Samenbanken
und 1400 Besamungsstationen zu den Kuhhaltern in Kerala. Die Hälfte der 3 Millionen Kühe
sind heute Kreuzungstiere mit Milchleistungen zwischen 1500 und 2500 I pro Laktationsperiode.
Indien
Dem ISPK-Programm zur Förderung der Rauhfutterbasis war nicht ganz so viel Erfolg beschieden. Vertragsbauern produzieren jährlich
25 t Gras- und Leguminosensamen, die über
Förderungsprogramme an die interessierten
Viehhalter zum Anbau abgegeben werden.
Der knappe Landbesitz macht es den keralesischen Bauern jedoch schwer, einen Teil ihres
Landes für den Anbau von Futter freizuhalten.
Bis vor einigen Jahren hat sich die Schweiz in
Kerala hauptsächlich um die Förderung der
Produktion gekümmert. 1970 hat Indien die
«Operation Flood» eingeführt, ein Programm,
das durch den Aufbau von ländlichen Genossenschaftssystemen die Milchproduzenten zu
organisieren versucht. Die dörflichen Milchgenossenschaften, deren Mitglieder die Bauern
selbst sind, kaufen dem Viehhalter die Milch
zu einem festen Preis ab und bezahlen sie ihm
schon am Tag nach der Lieferung. Dazu werden ihm verschiedene Dienste angeboten,
von der Futterberatung bis zur Besamung seiner Kühe. Von den einzelnen Genossenschaften wird die Milch in grössere und kleinere
Kühlstationen gebracht und von dort an die
städtischen Konsumenten verkauft. Ein Teil
der Milch wird in Grossmolkereien pasteurisiert, abgefüllt und über ein verbandseigenes
Verkaufsnetz abgesetzt.
Die
«Operation
Flood» hat die Einkommen der organisierten
Viehhalter merklich verbessert. Der gesicherte Absatz wirkt als Produktionsanreiz, und die
genossenschaftliche Organisation bricht die
Macht der Zwischenhändler.
1982 bat die indische Regierung die Schweiz,
beim Aufbau eines derartigen Vermarktungssystems in den sechs Distrikten Nord-Keralas
mitzuhelfen, und die Schweiz sagte Hilfe für
14,6 Mio. Franken zu. Damit sollen drei Molkereien und rund 400 Dorfsammelstellen eingerichtet werden. Etwa 2 Mio. Franken werden
für Beratungsdienste und Ausbildungsprogramme im Bereich der Viehhaltung und Fütterung aufgewendet. Ziel des Programms in
Nordkerala ist die Sammlung und Vermarktung von 100 000 I Milch pro Tag.
Dank dem täglichen Milchgeld sind die
Bauern, kleine und kleinste zumeist, unabhängiger von den Potentaten ihrer Dörfer und von
den Geldverleihern. Weil in den Genossenschaften alle Bauern gleich behandelt werden,
seien sie nun Unberührbare oder Brahmanen,
wirkt die Genossenschaft auch auf das Kastensystem ein. Es verstärkt auch die Stellung
der Frau, denn häufig sind es die Frauen, welche die Kuh besorgen, sie melken und das
Milchgeld einkassieren und verwalten.
Die Förderung des Milchsammlungs- und Vermarktungssystems ist direkte und logische
Folge der langjährigen Anstrengungen der
Schweiz im keralesischen Viehzuchtbereich.
Die Schweiz hat ihre bisherigen Erfahrungen
auch in weitere Viehwirtschaftsprogramme
einbringen können. Seit 1975 läuft im Bundesstaat Andhra Pradesh ein indisch-schweizerisches Viehzuchtprogramm. Und 1988 reiste
eine Schweizer Delegation auf Anfrage der indischen Regierung in den Bundesstaat Orissa,
um dort die Hilfsmöglichkeiten beim Aufbau
eines weiteren Vieh- und Milchwirtschaftsprojektes zu prüfen.
«Mit den Viehzuchtprojekten
in Indien und
anderswo betätigt sich die Schweiz auf
einem Gebiet, das schon für unsere Vorfahren wichtig war. In Kerala haben wir verhältangetrofnismässig günstige Bedingungen
fen, um mit unseren Erfahrungen ein Projekt
aufbauen zu können. Der Bildungsstand ist
dort vergleichsweise
hoch. Deshalb sind
neue Verfahren einfacher umsetzbar.
Viehzuchtprogramme sind naturgemäss eine
langfristige Sache. In den 25 Jahren Projektarbeit, mit vielen erfolgreichen, aber auch
entmutigenden Momenten, ist in Kerala eine
Partnerorganisation
herangewachsen,
die
heute ohne nennenswerte Unterstützung aus
der Schweiz zurechtkommt. Der Bodenbesitz
in Kerala ist recht breit gestreut, und so kommen die Früchte dieses Projektes Hunderttausenden von Kleinbauern zugute. »
Seide für Bauern
Trotz Industrialisierung und High-Tech ist Indien ein agrarisch geprägtes Land geblieben.
Zwei Drittel aller Arbeitskräfte erwirtschaften
in diesem Sektor einen Drittel des Bruttosozialproduktes. In den zwei Jahrzehnten der
«grünen Revolution» ist die Produktion von
Nahrungsmitteln kontinuierlich gestiegen und
hat mit dem Bevölkerungswachstum Schritt
halten können. Die ökologischen Probleme
aber werden immer dringender. Zudem hat es
nicht genügend Boden für alle ländlichen Arbeitskräfte: Drei Fünftel aller Betriebe sind
kleiner als eine Hektare; ein Drittel gar sind
Landarbeiter ohne Land. Die Kleinbauern und
Landarbeiter vermögen ihren Bedarf an Nahrungsmitteln nicht zu decken. Um solche zuzukaufen, fehlt ihnen die Kaufkraft. Abwanderung droht.
Gesucht werden deshalb Produkte, die mit
wenig Landbedarf vielen Leuten Arbeit verschaffen. Die Seidenproduktion ist so ein
Zweig. Jede Hektare Land mit Maulbeerbäumen, der Nahrungspflanze für die Seidenraupen, schafft in den Pflanzungen, den Zuchtanstalten und den Seidenspinnereien 12 bis
13 ländliche Arbeitsplätze. Maulbeerbäume
wachsen auch auf Böden, die sonst kaum etwas hergeben und der Erosion stark ausgesetzt sind.
Die indische Regierung fördert die Seidenproduktion schon seit mehreren Jahren. Beachtliche Resultate wurden erzielt. Zwischen 1975
und 1985 erhöhte sich die Fläche der Maulbeerkulturen von 125 000 auf 215 000 ha, und
die Produktion von Rohseide wurde beinahe
verdreifacht. 1988 produzierten etwa 3,5 Millionen Arbeitskräfte in 43 000 Dörfern rund
8000 Tonnen Rohseide. Indien ist damit hinter
China der zweitgrösste Seidenproduzent der
Welt geworden. Der Export ist bescheiden.
Die Seide wird fast ausschliesslich auf dem Inlandmarkt verkauft.
17
Indonesien
Die Schweiz ist im indischen Seidensektor
seit dem Jahr 1981 engagiert. Sie finanziert
den Aufbau eines internationalen Ausbildungs- und Forschungsprogramms in Mysore
und unterstützt in den Gliedstaaten Orissa
und Maharashtra das staatliche Central Silk
Board beim Ausbau derTasarseidenzucht. Ein
drittes Programm ist 1987 in den Staaten
Andhra Pradesh und Tamil Nadu angelaufen.
Neben Karnataka sind diese beiden Gliedstaaten die wichtigsten Seidenproduzenten Indiens, und die Regierung will ihre Produktion
weiter ausbauen.
Im Rahmen eines grossen und umfassenden
Programmes schliesst die Schweiz damit
auch finanzielle Lücken. Sie fördert unter anderem die Ausbildung von Raupenzüchtern,
hilft bei der Gründung von Frauenkooperativen
für Raupenzucht und Kokonverarbeitung, unterstützt etwa 2000 Bauern bei der Pflanzung
von Maulbeerbäumen und verbessert die Vermarktungsstrukturen. Es handelt sich zum Teil
um Versuche. In den südindischen Staaten
wurden zum Beispiel noch nie in grösserem
Stil Maulbeerbäume angepflanzt; man kannte
nur die Maulbeerbüsche. Bäume mit ihren
tiefgründigeren Wurzeln können aber Trokkenperioden besser überstehen. Auch die
mobilen Aufkaufstellen für Seidenkokons sind
ein Experiment. Wenn es gelingt, könnte die
Macht von Zwischenhändlern eingeschränkt
werden.
1988 weilte eine Mission der Weltbank/IDA in
Indien, um Einzelheiten für ein grosses Seidenprojekt abzuklären: das Multistate Sericulture Project MSP, das vor allem in den fünf
wichtigsten Seidenstaaten Karnataka, Tamil
Nadu, Andhra Pradesh, West Bengal sowie
Jammu/Kashmir anlaufen soll. Erklärtes Ziel
des MSP ist die langfristige und dauerhafte
Entwicklung des Seidensektors.
Die Schweiz wird das MSP, das über 200 Mio.
Dollar kosten wird, voraussichtlich mit 40 Mio.
Franken unterstützen.
18
Die Erwartungen an das Projekt, das bis 1996
laufen soll, entsprechen den eingesetzten
Mitteln: 50 000 ha zusätzliche Maulbeerpflanzungen, bessere Erträge dank genetischer
Züchtung, Düngung und Bewässerung,
600 000 neue Arbeitsplätze, Erhöhung der
Seidenproduktion auf 14 500 Tonnen, davon
1250 Tonnen für den Export.
1988 hat die Weltbank in Karnataka ein erstes,
grosses Seidenprojekt erfolgreich abgeschlossen. Das ursprüngliche Produktionsziel
wurde übertroffen. Dieser Erfolg und die Erfahrungen, die auch die Schweiz in das neue
Projekt einbringen kann, geben Anlass zu Optimismus. Die Seidenzucht in Indien wird weiterhin Fortschritte machen und einen wertvollen Beitrag an die Schaffung von neuen, dringend benötigten Arbeitsplätzen leisten.
Familienplanung
auf Umwegen
180 Millionen Einwohner, und jedes Jahr werden es fast 4 Millionen mehr: Indonesien
steht unter den bevölkerungsreichen Staaten
an fünfter Stelle. Der indonesische Archipel ist
sehr ungleich besiedelt. Auf den Inseln Java
und Madura, zum Beispiel, leben auf jedem
Quadratkilometer durchschnittlich 700 Menschen. Andere Inseln hingegen sind mit 40
Einwohnern pro Quadratkilometer nur wenig
bevölkert.
Noch 1964 hatte der damalige Präsident Sukarno gesagt: «Wenn wir alles Land bebauen,
können wir 250 Millionen Menschen ernähren, und ich habe nur 103 Millionen. In meinem Land heisst es: je mehr Kinder, desto
besser.» Familienplanung sei, so glaubte Sukarno, mit dem Islam und mit der Moral seines Landes nicht zu vereinen. Es war verboten, Geburtenkontrolle zu propagieren oder
empfängnisverhütende Mittel zu verteilen.
«Die Schweiz als kleines Land ist kaum je in
der Lage, allein ein grosses und flächendekkendes Programm zu finanzieren. Das gilt
auch für unser Engagement im indischen Seidensektor. In unsern kleinen, bilateralen Projekten können wir jedoch neue Techniken
und neue Vermarktungsformen testen. Wir
können zum Beispiel ausloten, wie Seidenzucht auch in trockenen, wenig genutzten
Gebieten möglich ist.
In Grossprojekten multilateraler Finanzierungsinstitutionen ist naturgemäss nur wenig
Platz für Experimente, denn es stehen dort
allzugrosse Geldbeträge auf dem Spiel.
Durch unser Mitwirken an solchen Projekten
sind wir jedoch in der Lage, die Erfahrungen
aus der bilateralen Zusammenarbeit in die flächendeckenden Programme einfliessen zu
lassen und sie qualitativ zu verbessern. »
1966 dann warf sein Nachfolger, Präsident Suharto, das Steuer herum. Indonesien unterzeichnete die UNO-Deklaration zu Bevölkerungsfragen und lancierte in den frühen siebziger Jahren ein grosses Programm für Familienplanung. Zuerst wurde die 4-Kinder-Familie, dann die 3-Kinder-Familie propagiert, und
seit 1982 heisst es: «Zwei sind genug». Die
Botschaft wird über Radio, Fernsehen, Film
und Presse, auf Plakaten, Briefmarken und
Münzen, in Kunstausstellungen und Konzerten, aber auch über die Schule verbreitet.
Aus andern Ländern wusste man, dass die
Frauen durchaus gewillt sind, die Geburtenzahl zu beschränken, wenn die Überlebenschancen ihrer Kinder verbessert werden. Deshalb wurden bei der Familienplanung von Anfang an Gesundheits-, Ernährungs- und Impfprogramme miteinbezogen.
Die Programme waren erfolgreich. Die Säuglingssterblichkeit ging von 140%o im Jahr 1969
auf 80%o im Jahr 1983 zurück, und die Lebenserwartung stieg im gleichen Zeitraum von 47
auf 56 Jahre. Die Zahl der ernsthaft mangelernährten Kinder wurde halbiert. Die jährliche
Bevölkerungszuwachsrate konnte von 2,4%
auf 2,1% im Jahr 1988 gesenkt werden.
Die Schweiz unterstützt Gesundheitsprogramme und damit die Familienplanung in Indonesien auf drei verschiedenen Ebenen:
— Seit 1981 überweist sie der UNICEF namhafte Beträge für die Unterstützung des staatlichen Familienernährungsprogramms. Im
Zentrum stehen lokale Wägestationen, die
von freiwilligen Gesundheitshelferinnen betreut werden und monatlich ein Mal geöffnet
sind. Die Mütter, die ihre Kinder dort wägen
und impfen lassen, erhalten Ratschläge in Ernährungs- und Hygienefragen. Sie werden mit
der oralen Rehydratation (gegen Durchfall) bekannt gemacht und erhalten Anregungen für
die Anlage von Familiengärten. Erste Anstösse zur Familienplanung werden später durch
die Helferinnen in Hausbesuchen vertieft.
Die Behörden richten sich dabei vor allem an
die potentiellen Mütter, denn wie fast überall
ist die Geburtenkontrolle auch in Indonesien
weitgehend eine Sache der Frauen.
Der Beitrag der Schweiz an dieses Programm
beläuft sich für die Jahre 1988/89 auf
9,25 Mio. Franken. Das sind rund 6% der Gesamtkosten. Im Jahr 1988 studierte ein Erwachsenenbildner im Auftrag der Schweiz die
Ausbildung der Kaderleute und die Beratung
der Frauen. Seine Verbesserungsvorschläge
stiessen bei der UNICEF und bei den staatlichen Verantwortlichen auf grosses Interesse.
Die Frauen unter 20 Jahren werden angehalten, nicht zu früh zu heiraten. Den Frauen zwischen 20 und 30 wird geraten, höchstens
zwei Kinder im Abstand von mindestens drei
Jahren zu haben, und den verheirateten Müttern über 30 wird empfohlen, sich sterilisieren
zu lassen.
— Im Zeitraum von 1988-1990 überweist die
Schweiz 700 000 Franken an die protestantische Kirche im Norden der Insel Sulawesi.
Zwei Drittel des Geldes fliessen in den Basisgesundheitsdienst der Kirche, der um ein ehemaliges Missionsspital aufgebaut wurde. 600
freiwillige Gesundheitshelfer in 50 Dörfern be-
Nepal
fassen sich mit Hygiene- und Ernährungsberatung, mit der Behandlung von Tuberkulose
und mit Familienplanung.
Erfahren, w a s Natur
u n d Bauern brauchen
seit Jahrhunderten oben gefällt und in Form
von strikten Befehlen nach unten weitergegeben wurden.
Ein Drittel des Geldes wird von der Kirche an
den staatlichen Gesundheitsdienst weitergeleitet. Es wird für den Ausbau und die Ausrüstung von Gesundheitsposten, sogenannter
«Puskesmas», in abgelegenen Gebieten verwendet. 80 Dörfer mit insgesamt 156 000 Einwohnern sollen davon profitieren. Dass Hilfe
nötig ist, zeigen Zahlen aus dem Puskesmas
von Rajnis: Auf einer Fläche von der Grösse
des Kantons Zug leben hier 11 000 Menschen
vor allem vom Ackerbau und von der Fischerei. Die Kindersterblichkeit beträgt 135%o, und
45% aller Kinder sind unterernährt, jedes
zehnte von ihnen schwer.
Der Palpa Distrikt unterscheidet sich in vielen
seiner Probleme kaum von andern Gegenden
der nepalesischen Hügelzone. Die Subsistenzlandwirtschaft dominiert, wirtschaftliche
Ausweichmöglichkeiten gibt es nur wenige.
Es wird kaum etwas ausgeführt, keine Nahrungsmittel, keine Industrieprodukte, nur gerade einige handwerklich hergestellte Textilien . . . und menschliche Arbeitskraft. In fast
allen Familien ist mindestens ein Mitglied gezwungen, auswärts Arbeit zu suchen. Der Palpa Distrikt vermag seine 180 Einwohner pro
km2 nicht zu ernähren. Die natürlichen Ressourcen sind übernutzt. Ungeeignete Steilhänge werden bebaut, Wälder abgeholzt. Die
Hügel erodieren.
Auf Wunsch der Regierung wurde das Projekt
nicht nur inhaltlich, sondern auch geographisch erweitert. Seit 1983 ist der ganze Distrikt Palpa miteinbezogen. Die Aktivitäten
aber blieben punktuell. Die Erfolge waren begrenzt. 1986 stellte sich die Frage, ob man das
Projekt aufgeben oder breiter abstützen wolle.
Man entschied sich auf Grund einer umfassenden Evaluation fürs Bleiben, nicht zuletzt
deshalb, weil sich mit der Dezentralisierung
des Staatsapparates neue Möglichkeiten zeigten, das Projekt auf Distriktebene besser zu
verankern. In umfangreichen Vorarbeiten auf
verschiedenen institutionellen Ebenen wurde
diese Verankerung sichergestellt, und 1988
ging das zunächst «Jag Sudhar Karyakram Palpa» genannte Distriktentwicklungsprogramm
Palpa in eine neue Phase.
Die Unterstützung des staatlichen Gesundheitsdienstes, in welchem Familienplanung
besondere Priorität hat, ist ein Versuch. Nach
zwei Evaluationen 1989 und 1990 wird entschieden werden, ob sie weitergeführt werden soll.
— Auf der Insel Flores, wo die Schweiz ein
Programm für ländliche Entwicklung unterstützt, bildet eine katholische Ordensschwester Ehepaare aus, welche in ihren Dörfern die
natürliche Geburtenkontrolle erklären. Diese
von der katholischen Kirche tolerierte Form
der Verhütung ist in Flores überraschend erfolgreich. Weil die Aufklärung sich an Ehepaare richtet, wird die Stellung der Frau aufgewertet. Die Schweiz unterstützte die Tätigkeit der
Ordensschwester im Jahr 1988 mit etwa
15 000 Franken.
«Familienplanung ist immer eine heikle Angelegenheit. Sie ist nötig, aber das Recht der
persönlichen Entscheidung muss unbedingt
gewährleistet sein. Auch muss man vorsichtig sein mit Eingriffen vom Ausland her.
In Indonesien ist Familienplanung ein prioritäres Regierungsziel und direkt dem Präsidenten unterstellt. Deshalb ist die Hilfe von aussen her weniger problematisch. Federführend sind und bleiben nämlich die Indonesier
selbst. Sie lassen sich nicht dreinreden, und
das ist auch gut so. »
Auf einen eigentlichen Hilferuf der nepalesischen Regierung im Jahr 1978 hin erarbeiteten Experten der bundesdeutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, GTZ,
und der Helvetas, auf Rechnung der DEH, ein
Projekt zur Erhaltung und zur verbesserten
Nutzung der natürlichen Ressourcen. Im Einzugsgebiet des Flusses Tinau wurden bis
1983 Hunderte von Hektaren Wald aufgeforstet, Baumschulen eingerichtet, Terrassierungen angelegt und Erosionsschutzbauten
erstellt. Einzelne, punktuelle Erfolge konnten
jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Aktion in der Bevölkerung wenig Widerhall
fand, von ihr kaum getragen wurde. Was für
Ökologen, Agronomen und Ingenieure klar auf
der Hand lag, war für die Bauern des Projektgebietes oft zu abstrakt. Verwickelt in einen
tagtäglichen Kampf ums Überleben, hatten
sie keine Zeit und kaum Sinn für diese Art von
ökologischen Konzepten.
In einer neuen, von 1983 bis 1986 dauernden
Phase des Projektes rückten die Lebensbedingungen der Bauern vermehrt ins Zentrum. Ergänzende Programme für Trinkwasserversorgung, Strassenbau und Förderung von Kleingewerbe kamen dazu. Die Kommunikation mit
den Bauern wurde zu einem wichtigen Bestandteil der Arbeit. Diese Kommunikation ist
nicht einfach in einem Land, wo Entscheide
Das Grundziel für die Jahre 1988 bis 1995 wurde wie folgt definiert: «Die Lebensgrundlagen
für die Bevölkerung sind nachhaltig zu verbessern.» Das bezieht sich ebenso auf das konkrete tägliche Leben in den Bauernhaushalten
wie auf die natürlichen Ressourcen. Was damit genau gemeint war, wurde in zwei Workshops, einem nationalen in Kathmandu und
einem lokalen in der Distrikthauptstadt Tansen, herausgearbeitet. Vertreter von Dörfern
und Bauernorganisationen, nepalesische Regierungsvertreter und Distriktsbeamte sowie
ausländische Experten kamen für mehrere
Tage zusammen, diskutierten Probleme und
formulierten Wünsche. An diesen Gesprächen wurden konkrete Ziele festgelegt. Da
heisst es zum Beispiel: «Forstwesen. In Aufforstungsgebieten soll der Zeitaufwand für die
Beschaffung von Feuerholz nur noch halb so
gross sein wie 1987.» Oder: «Bodenerhaltung: Mindestens 45 ha Gemeinde- oder
Schulland sind bis 1992 hergerichtet und gesichert worden.» Oder: «Ackerbau: Bis 1995
haben mindestens 10 000 Haushalte ihren
Ackerbauertrag um mindestens 30% erhöht.»
Das Programm ist prozessorientiert. Was genau gebaut, eingerichtet oder organisiert wird,
ist noch nicht bekannt. Die Anträge sollen
möglichst von der Basis her kommen. «Basisbeteiligung: Ab 1991 kommen mindestens
50% aller Projektanträge aus Dorfversammlungen oder... Workshops», steht im Programm, oder: «Mindestens 100 Frauen haben
an Ausbildungskursen, Exkursionen etc. teilgenommen.»
Die Behörden werden in Zusammenarbeit mit
den ausländischen Experten die Wünsche und
die Forderungen aus der Bevölkerung in einen
Gesamtrahmen einbetten. Die Planung und
die eigentliche, Operationelle Arbeit wird sich
in den neuen, dezentralisierten Strukturen
erst noch einspielen müssen. In diesem Sinne
hat das Programm experimentellen Charakter.
Die Schweiz unterstützt das Programm in den
Jahren 1988-1992 mit 3,1 Mio. Franken mit
der Option auf Weiterführung über gesamthaft sieben Jahre. Rund die Hälfte der Mittel
wird via Finanzverwaltung des Distrikts in einzelne Projekte und in die Weiterbildung fliessen. Die andere Hälfte wird für die institutionelle Infrastruktur und für die Schweizer Experten aufgewendet.
«Als es darum ging, dem Programm einen
neuen Namen zu geben, wollten die nepalesischen Behörden das Wort <Bikash> drinhaben, was soviel heisst wie Entwicklung. <Bikash> aber ist für die Bauern in Palpa etwas,
worauf man zwar wartet wie auf das Mannah
vom Himmel, das dann aber trotz aller Versprechungen doch nicht kommt. Heute hat
der Begriff abgedankt. Die Bauern sprechen
von (Bikashko Alu>, der schwammigen Entwicklungskartoffel, die nicht gross werden
will und niemanden mehr zu motivieren vermag. Wir haben uns deshalb vehement dafür
eingesetzt, dass <Bikash> aus dem Projektnamen gestrichen wird. Eine kleine Anekdote,
die programmatisch ist.
Entwicklung soll nicht von oben kommen. Sie
soll von unten her formuliert, gefordert und
getragen werden. Ob das in Palpa gelingt
oder ob wir — unter etwas anderen Vorzeichen — das Gleiche machen wie früher, wird
sich zeigen. Es ist ein Risiko, das wir eingehen wollen.»
Bolivien
Strukturanpassung :
soziale Härten mildern
Nur wenige Jahre ist es her, dass Bolivien
selbst auf dem krisengeplagten lateinamerikanischen Subkontinent alle Negativ-Rekorde
brach. Die Inflation betrug nicht «nur» einige
hundert Prozent, wie es andernorts üblich
war, sondern 25 000 Prozent im Jahr. Das Defizit des Staatshaushaltes erreichte einen
Fünftel der gesamten nationalen Einkommen.
Pro Kopf sackten die Einkommen zwischen
1980 und 1985 um mehr als einen Viertel ab
und fielen auf das Niveau des Jahres 1950 zurück.
Auch heute hebt sich Bolivien von den anderen Ländern in der Region ab — jetzt aber mit
umgekehrten Vorzeichen. Während die Inflation in den meisten Ländern Lateinamerikas
drei- und vierstellige Prozentzahlen erreicht,
konnte sie Bolivien bis 1987 auf zehn Prozent
reduzieren. 1988 ist sie zwar wieder angestiegen, beträgt aber noch immer vergleichsweise massige 25 Prozent. Das Bruttosozialprodukt ist 1987 erstmals seit 1981 wieder gestiegen, und 1988 nahm auch das Pro-Kopf-Einkommen erstmals seit langem wieder zu.
Die Wende setzte in Bolivien Mitte 1985 ein.
Damals brach die Regierung mit einer dreissigjährigen Tradition, die im Zeichen einer interventionistischen Politik stand. Die neue
Wirtschaftspolitik zielt darauf ab, den staatlichen Einfluss abzubauen. Bolivien wertete die
Währung ab, reduzierte die Staatsausgaben
und reformierte die wichtigsten öffentlichen
Unternehmen, wie z. B. die nationale Minengesellschaft. Die Restrukturierungsbemühungen wurden von der Schweiz mit einer Zahlungsbilanzhilfe gefördert, wobei sie ausserdem den bolivianischen Plan zum Rückkauf
von Bankenschulden mit einem Beitrag unterstützte. Die Wirtschaft erholt sich zwar langsam, doch die sozialen Probleme sind kaum
kleiner geworden. Mehrere hunderttausend
Menschen sind arbeitslos oder unterbeschäftigt. Die ausbezahlten Löhne reichen vielfach
kaum aus, eine Familie durchzubringen. Die
Wirtschaft wächst noch immer ungenügend.
Es wird zu wenig investiert.
Die Regierung hat deshalb im Herbst 1986
den sogenannten «Fondo social de emergencia» geschaffen, um, zumindest vorübergehend, die schlimmsten sozialen Härten zu lindern. Dabei wird sie von der IDA, der Schweiz
und anderen Industrieländern unterstützt. Die
Schweiz hat bisher zweimal 15 Mio. Franken
gewährt, was rund zehn Prozent des FondsVolumens entspricht.
Der Sozialfonds finanziert Aktionen, in denen
arbeitslose und unterbeschäftigte Personen
vorübergehend eine Arbeit finden. Er fördert
arbeitsintensive Vorhaben, damit möglichst
viele ein Einkommen erzielen können. Ehemalige Mineros errichten Wasserverbauungen,
um die Erosion zu stoppen. Obdachlose bauen sich ein einfaches Haus und werden dafür
bezahlt. Arbeitslose bauen Schulhäuser und
Gesundheitseinrichtungen oder reparieren
Strassen.
Der Fonds finanziert zum allergrössten Teil solche und weitere Infrastruktureinrichtungen.
Nur selten fördert er produktive Betriebe, weil
diese in der Regel ein längerfristiges Engagement erfordern würden, was aber nicht Aufgabe des Fonds sein soll. In jedem Fall beschränkt sich der Fonds darauf, Projekte zu finanzieren, die lokale und regionale Behörden
sowie private Hilfswerke realisieren. Deshalb
war es auch möglich, in kurzer Zeit zahlreiche
Projekte zu fördern. Bis Ende 1988 unterstützte der Fonds rund 1500 Vorhaben, wofür
er 117 Mio. Dollar bereitstellte. Davon hatte er
gut die Hälfte bereits ausbezahlt. 25 000 Menschen haben pro Jahr dank dem Fonds ein
Auskommen gefunden.
Der Fonds sollte eigentlich nur drei Jahre lang
bestehen. Die wirtschaftliche und soziale
Lage hat sich in Bolivien aber noch nicht im erhofften Masse gebessert. Auch die Nachfrage
nach Projektunterstützung hält ungebrochen
an. Deshalb soll der Fonds ein weiteres Jahr
funktionieren. Er bietet Tausenden von Bolivianern Hoffnung, auch wenn er nur einen Teil
der vorhandenen Not lindern kann.
«Bolivianische Nicht-Regierungsorganisationen waren gegenüber dem <Fondo social de
emergencia> vorerst skeptisch eingestellt.
Heute anerkennen sie ihn, weil er äusserst
effizient arbeitet und ihnen bei der Projektarbeit grosse operationeile Freiheiten lässt.
Dank der Zusammenarbeit mit lokal verankerten Institutionen kann der Fonds Leute erreichen, die bisher kaum von staatlichen Programmen profitieren konnten. Ihm ist es deshalb zu einem wesentlichen Teil zuzuschreiben, dass die wirtschaftliche Reform- und Anpassungspolitik der Regierung auch bei der
breiten Bevölkerung wachsende Unterstützung findet. »
Honduras
Lagerverluste
vermindern
«Nahrung für eine wachsende Bevölkerung.»
«Grüne Revolution.» Das waren die Parolen
Ende der sechziger Jahre. Durch den Einsatz
von verbessertem Saatgut und von Agrochemikalien, mit Hilfe von Bewässerung und Maschinen wurde immer mehr aus dem Boden
herausgeholt, in den industrialisierten Ländern
ebenso wie in den Ländern der Dritten Welt.
Man blickte fasziniert auf die Ertragskurven,
die jahrelang nach oben zeigten. Erst in den
siebziger Jahren begann man, auch die Lagerung der landwirtschaftlichen Produkte genauer anzuschauen. Agronomen, Ökonomen
und Soziologen gingen der Frage nach, wieviel
nach der Ernte verfault, verschimmelt, von
Schädlingen gefressen wird oder sonstwie
verloren geht und aus welchen Gründen. Die
Ergebnisse ihrer Forschungen liessen aufhorchen. Jedes Jahr gehen über 10% des weltweit gelagerten Getreides verloren. Besonders hoch sind die Nachernteverluste bei den
empfindlichen Hochertragssorten.
In Honduras war es ähnlich wie andernorts.
Die Behörden richteten ihr Augenmerk auf die
Produktion und vergassen die Lagerverluste.
1979 dann wurde auf Anfrage der honduranischen Regierung das Projekt «Postcosecha»
(Nach-der-Ernte) in die Wege geleitet. Zwei
Wissenschafter studierten und quantifizierten
die Verluste, die bei und nach der Ernte entstehen. Dabei interessierten sie sich vor allem
für die Grundnahrungsmittel Mais, Hirse und
Bohnen, die meistens von Kleinbauern angepflanzt werden.
Der Durchschnittsbauer lässt den reifen Mais
von August bis Dezember auf dem Feld stehen und verliert dabei durch Vogelfrass und
durch Nager 9% der möglichen Ernte. Im Dezember und Januar verkauft er ungefähr einen
Drittel, um zu Bargeld zu kommen. Den Rest
lässt er an den Kolben, behandelt diese mit
einem Insektizid und lagert sie in rudimentä-
ren Speichern auf seiner kleinen Finca. Innerhalb der 4 bis 5 Monate, in denen das Insektizid wirksam bleibt, verliert er nochmals etwa
10% des gelagerten Getreides. Weil die Lagerverluste nach dieser Zeit schnell grösser
würden, verkauft er einen weiteren Teil der
Ernte und bewahrt nur wenig, manchmal zu
wenig, für den Eigenkonsum auf. In den Monaten Juni bis August muss er dann Mais für
den Eigenbedarf zurückkaufen, und zwar zu
übersetzten Preisen.
Für das Projekt Postcosecha stellte sich die
Frage, wo man mit der Arbeit konkret ansetzen wollte. Aus praktischen und aus kulturellen Gründen war es nicht möglich, die Bauern
für eine frühe Ernte der Maiskolben zu gewinnen, und genossenschaftliche Lagerprojekte
hatten in Honduras regelmässig Schiffbruch
erlitten. In einem Grundsatzentscheid beschloss man, sich auf die Verluste zu konzentrieren, die bei der Trocknung und bei der
Hauslagerung entstehen. In Kursen und über
Massenmedien wurden die Bauern darüber
informiert, dass Sauberkeit, gute Trocknung
und strenges Verlesen des Lagergutes schon
bei der traditionellen Lagerung gute Resultate
einbringen. Gleichzeitig wurde nach neuen Lagermöglichkeiten Ausschau gehalten. Bei der
Evaluation schwangen kleine Blechsilos von
der Art obenaus, wie die FAO sie in Guatemala
schon seit Jahren propagiert.
Die in Honduras unbekannten Silos wurden
den örtlichen Verhältnissen angepasst und
verbessert. Bauern und lokale Spengler sowie
Kaderleute aus staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen wurden in gemeinsamen Kursen mit dem Problem der Ernteverluste und mit den Silos bekanntgemacht.
1983 lief der praktische Teil des Projektes an.
Die ersten 220 Silos wurden von Bauern bestellt und von Spenglern angefertigt. Im darauffolgenden Jahr waren es schon mehr als
1800. 1988 schliesslich wurden 5135 solcher
Silos aufgestellt. Insgesamt stehen zurzeit
15 000 Metallsilos unter den Vordächern und
selbst in den Wohnräumen von kleinen und
mittleren Bauernhöfen. Sie fassen durchschnittlich 1000 Kilo und kosten etwa 200
Lempiras (1 Lempira entspricht 80 Rappen).
Wenn das Getreide — es handelt sich vor
allem um Mais — vor der Einlagerung gut getrocknet und mit Insektiziden behandelt wird,
sinken die Lagerverluste, auch über ein ganzes Jahr hinweg, praktisch auf Null. Grobe
Schätzungen sprechen von 1500 t Mais, die
damit jährlich vor den Insekten gerettet werden.
Die Bedeutung der Silos geht über diese Zahl
hinaus. Die Bauern können ihren Mais dann
verkaufen, wenn die Preise günstig sind. Der
jährliche Mehrerlös wird auf rund 100 Lempiras pro Bauer geschätzt. Sie lagern ausserdem soviel Mais auf ihren Fincas, dass er bis
zur nächsten Ernte reicht, sind also nicht mehr
gezwungen, sich beim Kauf von teurem Mais
zu verschulden. 1988 hat der Silobau für etwa
150 Dorfspengler einen wesentlichen Zusatzverdienst geschaffen.
Die «Unidad Postcosecha», bei der zwei
Schweizer und acht bis zehn Honduraner arbeiten, ist zu einer wichtigen Anlaufstelle für
alle Fragen der Lebensmittellagerung geworden. NGOs und Bauernvereinigungen lassen
sich hier beraten und erhalten Lehrmaterial,
von den Comics bis zur technischen Anleitung
für den Bau von Silos aus Blech oder aus Beton. Postcosecha hat entscheidend dazu beigetragen, dass Ernteverluste und ihre Verminderung in Honduras heute ein Thema sind. Bis
1988 sind im Rahmen des Projekts mehr als
1000 Techniker, Berater und Promotoren ausgebildet worden, und die Bildungsarbeit geht
auch in der 4. Phase (1987-1989) weiter. Auslandstipendien ermöglichen es nationalen
Technikern und Lehrbeauftragten, die Probleme der Ernteverluste weiterzuverfolgen.
Als Postcosecha 1988 an einem Kongress in
Mexiko vorgestellt wurde, erregten die Resultate beträchtliches Aufsehen. Delegationen
aus Guatemala, Nicaragua, Mexiko, Panama,
Ecuador und Bolivien sind nach Honduras gereist, um das Projekt zu studieren.
«Nahrungsmittelverluste nach der Ernte gibt
es viele: auf dem Feld, beim Transport, bei
der Lagerung. Postcosecha, Musterbeispiel
für ein sektorielles, ja subsektorielles Programm, wirkt nur auf einen kleinen Ausschnitt ein, auf die Lagerhaltung bei kleinen
und mittleren Bauern. Man hat sich ganz bewusst für diesen eingeschränkten Bereich
entschieden.
Die Beschränkung hat ihre Vorteile. Heute
steht schon auf jeder zehnten Kleinfinca in
Honduras ein Metallsilo zur Lagerung von
Mais, und jedes Jahr kommen ein paar Tausend Silos dazu. Das sind sichtbare Resultate.
Bei komplexeren, integrierten Programmen,
wie wir sie in Honduras auch haben, werden
Prozesse in Gang gesetzt, die tiefer gehen
und die mehrere Bereiche umfassen, deren
Resultate aber nicht so schnell sichtbar
sind. »
Zentralamerika
Süd—Süd-Zusammenarbeit
um die Kartoffel
Die Kartoffel stammt aus Lateinamerika. Die
Spanier brachten sie nach Europa, und von
hier gelangte sie nach Asien, Afrika und zurück nach Zentralamerika. Im zentralamerikanischen Tiefland ergänzt sie die Grundnahrungsmittel Mais und Bohnen. Grosse Bedeutung hat sie für die Kleinbauern in den Hügel- und Berggebieten von Guatemala und
Mexiko.
Ähnlich wie während den Krisenzeiten in der
Schweiz interessieren sich heute auch viele
Entwicklungsländer in ihrer schwierigen Lage
vermehrt für die Kartoffel, die einen hohen
Nährwert und eine günstige Ertragskraft aufweist. Die Knollenfrucht ist besonders für
kleinbäuerliche Verhältnisse geeignet, weil ihr
Anbau arbeitsintensiv ist. Sie hat aber auch
einen hohen Marktwert.
Die kleinen Länder Zentralamerikas konnten
sich eine umfassende Kartoffelförderung mit
Sortenauslese, Anbautechnik und Lagerung
jedoch nicht leisten. Dieser Nachteil sollte sich
allerdings als Chance herausstellen. Was die
Länder einzeln nicht leisten konnten, strebten
sie deshalb über die regionale Zusammenarbeit an. Die zehn Länder Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala,
Haiti, Honduras, Kuba, Mexiko, Nicaragua und
Panama gründeten 1978 das Regionale Kartoffelprogramm «Precodepa». Als weiteres Mitglied gesellte sich das Internationale Kartoffelzentrum (CIP) dazu. Die Schweiz erklärte sich
bereit, die regionalen Forschungs- und Ausbildungsprogramme zu finanzieren.
Die Mitgliedsländer orientieren sich im Rahmen von «Precodepa» gegenseitig über ihre
Kartoffelprogramme und -plane, aber ebenso
über ihre Schwierigkeiten. Gemeinsam legen
sie die Prioritäten fest und beschliessen Projekte. Jedes Land leitet mindestens ein Teilprojekt. Dabei geht es insbesondere um Fragen wie Saatgutproduktion, Schädlingsbekämpfung, Lagerung und Verarbeitung.
«Precodepa» kann nach etwas mehr als zehn
Jahren eindrückliche Resultate vorweisen. Die
Region verfügt über eigene Kartoffelsorten.
Diese lokal gezüchteten und ausgelesenen
Kartoffeln sind resistenter, einfacher zu lagern
und verfügen über ein grösseres Ertragspotential als viele andernorts verwendete Sorten. Sie müssen auch weniger oder überhaupt
nicht gespritzt werden. Die Länder Zentralamerikas sind beim Saatgut und bei der erforderlichen Technologie viel weniger abhängig als noch vor einigen Jahren. Dank den
rückläufigen Saatgutimporten können sie jährlich über 10 Mio. Franken an Devisen einsparen.
Die Erfolge machten «Precodepa» zu einem
viel beachteten Modell der Süd-Süd-Zusammenarbeit. Das Programm fördert eine auf die
nationalen Bedürfnisse und Stärken abstellende Arbeitsteilung. Guatemala widmet sich beispielsweise den Lagerproblemen, Costa Rica
der Schädlingsbekämpfung, Kuba der Anpassung an tropische Änbauverhältnisse, und
Mexiko entwickelt bessere und resistentere
Sorten. Die gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen werden den anderen Ländern weitergegeben. Dank «Precodepa» werden damit
sowohl die einzelnen nationalen Kartoffelprogramme gestärkt wie auch die regionale
Eigenständigkeit gefördert.
Künftig sollen Kenntnisse und Einrichtungen
noch besser und auf breiterer Basis genutzt
werden. Ein durch die Schweiz finanziertes
Zusatzprogramm für die Jahre 1988 und 1989
soll die Zusammenarbeit der nationalen Programme mit den lokalen Beratungsdiensten
und den Kleinbauern intensivieren. Die Bauern
sollen insbesondere ihr Saatgut vermehren
und lagern lernen. Dabei geht es darum, die in
den letzten Jahren entwickelten Techniken zusammen mit den Bauern zu prüfen, anzuwenden und zu überwachen.
«Precodepa hat es ermöglicht, Zentralamerikas Selbstversorgung mit Kartoffelsaatgut
entscheidend zu verbessern. Ebenso wichtig
wie dieses Ergebnis ist jedoch, dass die gesamte Region und die einzelnen lokalen Partner ihre Kapazitäten erhöhen konnten, um sie
bedrängende Probleme zu lösen. Sie wurden
dadurch eigenständiger und können die Projektarbeit wirksamer gestalten. »
Welternährungssicherheit
Damit es nicht
beim berühmten Tropfen bleibt
An der Welternährungskonferenz von 1974
wurde das «Comité de la sécurité alimentaire», CSAM, gegründet. Die Welt stand damals
unter dem Eindruck einer weltweiten Hungerkrise, und man wollte den Einsatz für die Ernährungssicherheit innerhalb der FAO stärker
verankern. Der Schweiz, die ihre Entwicklungszusammenarbeit an den Bedürfnissen
der Ärmsten orientiert, kam eine solche Gewichtung entgegen, und sie schrieb sich als
CSAM-Mitglied ein. Ebenfalls 1974 wurde das
«Programme d'assistance pour la sécurité alimentaire», PASA, geschaffen, das von der
Schweiz von Anfang an mit namhaften Beiträgen unterstützt wurde.
In den ersten Jahren ihres Bestehens arbeiteten CSAM und PASA auf dem Gebiet der Ernährungssicherheit im engeren Sinn des Wortes. Man förderte und unterstützte den Bau
von Getreidespeichern, und Ende der siebziger Jahre begann PASA den Aufbau von nationalen Beobachtungsnetzen zu fördern, um
Ernteschwankungen frühzeitig feststellen und
vor allfälligen Engpässen warnen zu können.
Dies als Ergänzung zu den satellitengestützten Beobachtungsdiensten der FAO.
Die Erfahrungen mit diesen konkreten Hilfsprogrammen waren unterschiedlich. Das Programm der Erntebeobachtung — bei dem einiges an Pionierarbeit geleistet wurde — erbrachte bald einmal gesicherte Daten, die bei
der Planung von Ernährungs- und Landwirtschaftshilfe wertvolle Dienste leisten. Die Getreidespeicher hingegen brachten nicht den
erwünschten Erfolg. Die vorhandenen Mittel
reichten für wirkungsvolle, flächendeckende
Programme nicht aus, und ohne flankierende
Massnahmen der betroffenen Regierungen
(Preis- und Landwirtschaftspolitik) erwiesen
sich die Speicher als isolierte Einrichtungen
ohne erheblichen Einfluss auf die Ernährungssicherheit.
Die Schweiz als einer der wichtigsten Donatoren von PASA forderte deshalb, dass die Projektarbeit ergänzt werde, und dass CSAM und
PASA sich vermehrt darum bemühen, auf die
nationale und internationale Landwirtschaftspolitik Einfluss zu nehmen. Solche Einflussnahmen sind umstritten, besonders dort, wo
sie die Interessen von Regierungen in der Dritten Welt oder von grossen Überschussproduzenten tangieren. 1986 lud die Schweiz Vertreter Norwegens, Dänemarks und Hollands
nach Zürich ein, und es zeigte sich, dass sie
ihre Bedenken, ihre Kritik und ihre Vorschläge
von andern kleineren, später auch mittleren
europäischen Staaten geteilt werden.
An der 12. Session des CSAM vom April 1988
berieten die Delegierten über Reorganisationsvorschläge, die von auswärtigen Experten im Auftrag des Generaldirektors erarbeitet
worden waren. An dieser Session hat die
Schweiz ihre Vorstellungen zu Ernährungssicherheit erneut öffentlich dargelegt. Sie lassen sich etwa so zusammenfassen: Ernährungssicherung ist eine der wichtigsten und
vornehmsten Aufgaben der FAO überhaupt.
Sie sollte daher innerhalb der FAO institutionell aufgewertet werden. Alle FAO-Aktivitäten
sind daraufhin zu untersuchen, ob und wie sie
die Ernährungssicherheit beeinflussen. Die
FAO soll ausserdem Programme von andern
internationalen Institutionen begleiten und
darüber wachen, dass die Ernährungssicherheit gewährleistet wird. So wird auch verhindert, dass unkoordinierte Hilfsprogramme ein
Land überschwemmen.
Die Vertreter der Schweiz haben nicht nur in
der öffentlichen Debatte, sondern auch in Sitzungen und bei informellen Kontakten für ihre
Vorstellung geworben. Die laufende Teilreorganisation der FAO ist so wesentlich beeinflusst worden.
Eine Direktorenkonferenz berät die Generaldirektion der FAO in allen Fragen der Ernährungssicherheit und hilft mit, die FAO-Politik in
diesem Bereich zu koordinieren. Sie sucht
auch die Zusammenarbeit mit andern internationalen Organisationen, insbesondere mit
der Weltbank, deren Restrukturierungsprogramme die Ernährungssicherheit oft ent-
scheidend beeinflussen. In Benin, Madagaskar, Mosambik, Nigeria und Sudan haben Weltbank und FAO ihre jeweiligen Zuständigkeiten
gemeinsam definiert, so dass die Projekte und
Programme einander sinnvoll ergänzen.
Mit ihren beharrlichen Interventionen hat die
Schweiz ausserdem erreicht, dass PASA-Expertengruppen auf Wunsch der Empfängeriänder mithelfen, auf nationaler Ebene eine
kohärente Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik zu erarbeiten. Der Widerstand, den vor
allem die Länder der Dritten Welt gegen eine
politische «Einmischung» durch die FAO bisher leisteten, hat einer vorsichtigen Annäherung Platz gemacht. 1988 haben bereits Tansania, Sambia, Niger und Tschad ihr Interesse an
einer Beratung durch PASA-Experten angemeldet. Bei internationalen Organisationen
kommt man immer mehr zur Erkenntnis, dass
bei makroökonomischen Strukturprogrammen die Frage der Ernährungssicherheit von
Anfang an miteinzubeziehen ist.
«Erste und vornehmste Aufgabe der FAO ist
— so meinen wir — die nachhaltige Sicherung der Welternährung. In der Vergangenheit
war die FAO unter anderem darauf bedacht,
möglichst viel Geld in möglichst viele PASAProjekte einfliessen zu lassen, aber wir glauben nicht, dass dies eine taugliche Antwort
auf die Probleme der Ernährungssicherheit ist.
Im Rahmen der FAO arbeitet die Schweiz darauf hin, dass die FAO bei Ernährungsstrategien in der Dritten Welt den ihr gebührenden
Platz einnimmt. Ein Beispiel: Bei den Strukturanpassungsprogrammen der Weltbank
sind für die unteren Einkommensklassen ergänzende Massnahmen notwendig, wenn es
nicht zu Ernährungsengpässen kommen soll.
Hier kann die FAO eingreifen. Sie kann die Ernährungssituation sektohell und auf der Ebene der privaten Haushalte analysieren und
dann zusammen mit der Weltbank und mit
den betroffenen
Dritt-Welt-Regierungen
Massnahmen planen und in die Wege leiten.
<Policy>-Arbeit wird mit weniger Aufwand
mehr erreichen als eine Vielzahl von Programmen, die oft nicht mehr bedeuten als den berühmten Tropfen auf den heissen Stein.»
Öffentliche Entwicklungshilfe (APD)* im Zehnjahres Vergleich
Grafik 1
in%
des
BSP
0.40
0,37
Durchschnitt der 18 DAC-Länder (Entwicklungsausschuss der
OECD; Australien, Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark,
Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada,
Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden,
Schweiz, Vereinigte Staaten)
0,37
0,36
0,35
0,35
0,36
0,35
0,35
0,34
0,35
DACLände
0.30
0.20
Schweiz
1979
1980
1981
1982
1983
1984
0.10
1985
1986
1987
1988
Schweiz in M i o Fr.
Grafik 2
Schweiz 1,3%
Aide Publique au Développement
25
Tabelle 1
Öffentliche Entwicklungshilfe
der Schweiz
1987
1988
bilateral
lateral
%
%
Technische Zusammenarbeit
Finanzhilfe
Wirtschafts- und handelspolitische
Massnahmen
Nahrungsmittelhilfe
Humanitäre Hilfe
Nicht klassiert
Rückzahlung von Darlehen
292
97
92
67
384
164
45
19
330
195
43
25
110
33
105
20
-6
25
12
10
-
110
58
117
30
-6
13
7
14
3
-1
68
56
97
26
-5
9
7
13
4
-1
Total A P D
651
206
857
100
767
100
In Prozenten des BSP
Tabelle 2
Finanzierungsquellen der öffentlichen
Entwicklungshilfe der Schweiz
Total
Total
0,31
0,29
Total
Total
1987
1988
%
%
840,8
Bund, Total
Departement für auswärtige Angelegenheiten, Direktion für Entwick703,3
lungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH)
531,5
davon: Entwicklungszusammenarbeit
171,8
Humanitäre Hilfe
Volkswirtschaftsdepartement, Bundesamt für Aussenwirtschaft
109,8
(BAWI)
3,7
Departement des Innern, Bundesamt für Bildung und Wissenschaft
10,3
Verschiedene Departemente a)
19,6
Verwaltungskosten b)
-5,9
Rückzahlungen früherer Darlehen
16,7
Kantone u n d Gemeinden
857,5
Total A P D
Grafik 3
Ö f f e n t l i c h e E n t w i c k l u n g s h i l f e i m Vergleich
zu den Bundesausgaben
3,2%
98,1
753,5
98,2
82,1
62,0
20,1
661,3
511,2
150,1
86,2
66,6
19,6
12,8
0,4
1,2
2,3
-0,7
67,8
3,4
7,6
18,4
-5,0
8,8
0,4
1,0
2,4
-0,6
1,9
13,8
1,8
100
767,3
100
a) Beiträge an internationale
Organisationen (ausserhalb
des Entwicklungshilfebudgets), die gemäss OECD eingeschlossen werden können.
b) Personalkosten und allgemeine Verwaltungs-Ausgaben
der Zentrale.
Tabelle 3
Bilaterale ö f f e n t l i c h e E n t w i c k l u n g s h i l f e
A u f t e i l u n g nach E i n k o m m e n s s t a n d
der Empfängerländer
1988
1987
Ländergruppen
Mio Fr
%
Mio Fr
%
Am wenigsten entwickelte Länder
(LLDO*
Andere Länder mit niedrigem Einkommen
(BSP pro Kopf unter 800 Dollar)
Länder mit mittlerem Einkommen
(BSP pro Kopf über 800 Dollar)
205
31
145
25
213
33
225
39
72
11
62
11
Total der geographisch a u f g e t e i l t e n Hilfe 4 9 0
Regionale Projekte und nicht klassiert
161
75
25
432
147
75
25
100
579
100
Total
651
Grafik 4
Grafik 5
Öffentliche Entwicklungshilfe
der Schweiz nach
Hauptbereichen im ZehnJahres-Vergleich 1979—1988
(Auszahlungen in Millionen Franken)
Bilaterale öffentliche
Entwicklungshilfe an die
am wenigsten entwickelten
Länder(LLDC) i m Zehn
Jahres Vergleich 1 9 7 9 - 1 9 8 8
(Auszahlungen in Millionen Franken)
1 Technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe
2 Nahrungsmittelhilfe und humanitäre Hilfe
3 Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen
Total 1979: 3 4 4 M i o Fr.;
1 9 8 8 : 857 M i o Fr.
* Gemäss einer UNO-Liste, w e l c h e
die folgenden 4 2 Länder umfasst:
Aequatorial-Guinea, Aethiopien,
Afghanistan, Bangladesh, Benin,
Bhutan, Botswana, Burkina Faso,
Burma, Burundi, Djibuti, Gambia,
Guinea, Guinea-Bissau, Haiti, Arabische Republik J e m e n , Demokratische Volksrepublik J e m e n , Kapverden, Kiribati, Komoren, Laos, Lesotho, Malawi, Malediven, Mali, Mauretanien, Mosambik, Nepal, Niger,
Rwanda, Sao Tome e Principe, Sierra
Leone, Somalia, Sudan, Tansania,
Togo, Tschad, Tuvalu, Uganda, Vanuatu, West-Samoa, Zentralafrikanische Republik.
1 Technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe
2 Nahrungsmittelhilfe und humanitäre Hilfe
3 Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen
Total 1 9 7 9 : 63 M i o Fr.;
1988: 205 M i o Fr.
27
Tabelle 4
1985
Netto-Kapitalströme aus der S c h w e i z
in Entwicklungsländer
1986
1987
In Millionen Franken
Öffentliche Entwicklungshilfe (APD)
681,2
718,3
767,3
Geschenke von privaten Hilfswerken
132,5
119,4
140,1
Andere Beiträge des öffentlichen Sektors
-
12,5
- 12,6
14,6
Privatkapitalflüsse
5 290,9
1 628,7
-3100,8
-
243,1
1 200,6
853,9
Exportkredite
-340,8
-597,2
-1270,5
Anleihen auf dem schweizerischen Kapitalmarkt
4128,2
917,6
-1320,1
302,9
454,4
267,1
6092,1
2453,8
1985
1986
davon: Direktinvestitionen
Bankgelder
Total der ö f f e n t l i c h e n und der p r i v a t e n N e t t o - K a p i t a l s t r ö m e
0,28
0,28
Geschenke von privaten Hilfswerken
0,05
0,05
Andere Beiträge des öffentlichen Sektors
«Andere Beiträge des öffentlichen
Sektors»: Sie umfassen alle übrigen, von öffentlichen Körperschaften stammenden Mittel, die nicht
zu Vorzugsbedingungen gewährt
werden.
1987
«Privatkapitalflüsse»: Dies sind alle
durch die Privatwirtschaft zu Marktbedingungen in die Entwicklungsländer geleiteten Mittel, Direktinvestitionen, Exportkredite, Anleihenszeichnungen und Darlehen, die von
in der Schweiz niedergelassenen
Banken an Entwicklungsländer gewährt werden (langfristige Guthaben). Wenn sie nicht Rückzahlungen darstellen, werden dagegen
die «Gegenströme», die aus Operationen resultieren, welche von in
Entwicklungsländern wohnhaften
Personen getätigt werden, nicht
berücksichtigt.
0,29
0,05
-0,01
-0,01
«Geschenke von privaten Hilfswerken» : Es handelt sich um Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfeaktionen privater
Organisationen ohne Gewinnstreben.
-2208,0
In Prozenten des BSP
Öffentliche Entwicklungshilfe (APD)
«Öffentliche Entwicklungshilfe»:
Man versteht darunter finanzielle
Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln an Entwicklungsländer und an
multilaterale Institutionen für Entwicklungsfinanzierung, die mit dem
Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder zu Vorzugsbedingungen gewährt werden.
Privatkapitalflüsse
2,19
0,63
-1,16
Total der ö f f e n t l i c h e n und der p r i v a t e n N e t t o - K a p i t a l s t r ö m e
2,51
0,96
-0,83
BSP 1985: 241 355 Mio Fr.
BSP 1986: 254510 Mio Fr.
BSP 1987: 266270 Mio Fr.
Grafik 6
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
1979 und 1988 in Prozenten
Sektorielle Verteilung
26
Landwirtschaft,
Forstwirtschaft
1979
30
16
Industrie,
Handwerk
Strassen,
Fernmeldeeinrichtungen
Bauwesen,
Energie
Banken, Handel,
Tourismus
Erziehung
13
10
Gesundheit,
Sozialwesen
Multisektorielle
Projekte
Nicht klassiert
10
10
12
Grafik 7
1988 nach Kontinenten in Prozenten
27
Landwirtschaft,
Forstwirtschaft
45
32
Industrie,
Handwerk
15
13
Strassen,
Fernmeldeeinrichtungen
Bauwesen,
Energie
Banken, Handel,
Tourismus
16
14
Erziehung
Gesundheit,
Sozialwesen
Multisektorielle
Projekte
Nicht klassiert
27
12
10
Afrika
Lateinc
Asien
Tabelle 5
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
Aufteilung der Aktionen nach Art der Ausführung
1987
1988
Direkt durchgeführte Aktionen
Durch schweizerische Institutionen und Firmen in Regie
durchgeführte Aktionen
davon: Hilfswerke
Beiträge an schweizerische Institutionen für bestimmte
Aktionen
davon: Hilfswerke
Beiträge an internationale Organisationen für bestimmte
Aktionen
Total
Anzahl der
laufenden
Aktionen
Ausgaben
303
118,0
31,7
134
77
98,1
74,3
26,4
20,0
146
128
37,8
34,9
10,2
9,4
156
118,3
31,7
739
372,2
%
34,6
(Nettoauszahlungen in Millionen Franken)
1 Direkt durchgeführte Aktionen
2 Beiträge an internationale Organisationen
für bestimmte Aktionen
3 Beiträge an schweizerische Institutionen für
bestimmte Aktionen
4 Durch schweizerische Institutionen und
Firmen in Regie durchgeführte Aktionen
Total 1 9 7 9 : 155 M i o Fr.;
1 9 8 8 : 372 M i o Fr.
100
100
Eigene Aktione i Regieaufträge Total
der Hilfswerke
Mio Fr.
Total
Tabelle 6
Beteiligung an Projekten technischer Zusammenarbeit
der wichtigsten privaten Hilfswerke
1987
1988
Hilfswerk
InterCooperation
Helvetas
Swisscontact
Organisation Reconstruction Travail (ORT)
Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK)
Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS)
Caritas
Swissaid
Brot für Brüder
Institut panafricain pour le développement (IPD)
Schweizerisches Arbeiterhilfswerk (SAH)
Association «6S» (Sahel)
Schweiz. Kontaktstelle für angepasste Technik (SKAT)
Enfants du monde
Association APICA
Dokumentationsstelle KODIS
Benediktiner Mission
Terre des hommes, Basel
Association d'entraide et de développement Tamazalak
Fédération genevoise de coopération (FGCTM)
Andere Organisationen und Freiwillige
Total
8,4
2,4
1,0
1,2
2,2
1,9
1,8
1,5
1,2
0,9
0,9
0,9
0,8
0,8
0,7
0,6
0,5
0,5
6,7
34,9
39,3
15,2
9,3
6,7
1,3
1,1
32,2
21,5
8,3
5,8
0,9
1,9
0,7
4,7
2,1
3,1
0,6
1,5
1,0
1,4
39,3
23,6
11,7
6,7
2,3
2,3
2,2
1,9
1,8
1,5
1,2
0,9
0,9
0,9
0,8
0,8
0,7
0,6
0,5
0,5
8,1
74,3
109,2
93,5
-
Grafik 8
A u f t e i l u n g der Beiträge
f ü r bilaterale technische
Zusammenarbeit und Finanzhilfe nach ausführenden Stellen v o n 1979 bis 1988
0,6
8,6
Tabelle 7
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
1988
Fortbildungsgebiete der Stipendiaten
Stipendiaten
63
16
Technische und berufliche Ausbildung
50
12
Gesundheit
46
11
Entwicklung
36
9
Internationale Beziehungen
35
9
Post-, Fernmeldewesen
35
9
Hôtellerie
30
7
Industrie
24
6
Versicherungswesen
21
5
Öffentliche Verwaltung
17
4
Menschenrechte
15
12
4
2
Lehrerausbildung (höhere Stufen)
9
7
Andere
5
1
405
100
Bankwesen
Information
Total S t i p e n d i a t e n
Grafik 9
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
%
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Viehzucht
1988
Herkunft der Stipendiaten
Afrika 248 (61 %)
Asien 89 (22%)
Lateinamerika 49 (12%)
Europa 19 (5%)
3
2
Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe
Tabelle l
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit (ohne humanitäre Hilfe)
Aufteilung nach Kontinenten und Ländern
1988
Afrika
O Madagaskar
0 Rwanda
0 Tansania
O Mali
0 Niger
0 Tschad
O Kamerun
0 Mosambik
0 Guinea-Bissau
© Kenia
© Senegal
© Burkina Faso
© Burundi
© Südafrika
© Lesotho
© Benin
© Aethiopien
© Zimbabwe
© Kapverden
© Guinea
© Ghana
© Seschellen
© Togo
© Sudan
© Zaire
O Sahelzone
Andere Länder
und Reg.-Projekte
32
Mio Fr.
169,6
25,2
16,5
14,5
12,0
10,1
8,1
7,0
6,6
6,0
5,9
5,7
4,6
2,8
2,7
2,0
1,7
1,7
1,6
1,2
0,4
0,3
0,3
0,3
0,1
0,1
4,2
28,0
%
45,6
Asien
© Indien
© Indonesien
© Nepal
© Pakistan
© Bhutan
© Bangladesh
© Sri Lanka
© Yemen
© Burma
© Philippinen
© Thailand
© Malaysia
Andere Länder
und Reg.-Projekte
Mio Fr.
%
105,8
27,9
19,8
18,3
8,8
8,4
5,5
4,7
3,6
1,1
1,0
0,6
0,3
28,4
5,8
Lateinamerika
© Bolivien
© Peru
© Honduras
0 Nicaragua
© Ecuador
© Haiti
© Costa Rica
© Kolumbien
© Guatemala
© Paraguay
© Brasilien
© Dominik. Republik
© Trinidad
Andere Länder
und Reg.-Projekte
Europa
© Türkei
Nicht klassiert
Total
62,0
23,1
7,7
6,2
5,7
3,5
2,2
0,9
0,8
0,7
0,3
0,2
0,2
0,1
16,7
10,4
0,4
0,4
34,4
372,2
0,1
9,2
100
Am wenigsten entwickelte Länder (LLDC)
Andere Länder mit tiefem Einkommensstand
(BSP pro Kopf unter 800 Dollar)
Länder mit mittlerem Einkommen
(BSP pro Kopf über 800 Dollar;
inkl. Schwellenländer und OPEC-Länder)
Die aufgeführten Ländergruppierungen entsprechen den von der OECD
verwendeten Definitionen und beziehen sich auf das BSP von 1986.
33
n
Tabelle 9
Multilaterale Entwicklungszusammenarbeit
Jährliche Beiträge
an internationale Organisationen
1987
1988
Auszahlungen
Auszahlungen
Organisationen
Organisationen der Vereinten Nationen (UNO)
Entwicklungsprogramm der UNO (UNDP)
Kinderhilfsfonds der UNO (UNICEF)
Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder (LLDC-Fonds)
Bevölkerungsfonds der UNO (UNFPA)
Ausrüstungsfonds der UNO (UNCDF)
Spezialprogramme der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Energie-Programm von UNDP und Weltbank (ESMAP)
Programm Ernährungsüberwachung der UNICEF
UNO-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO)
UNO-Institut für Ausbildung und Forschung (UNITAR)
Internationales Institut für Erziehungsplanung (IIPE)
Andere Entwicklungszentren der UNO
93,7
51,0
15,0
7,2
6,6
4,6
3,7
2,0
1,4
0,7
0,6
0,4
0,5
90,7
Regionale E n t w i c k l u n g s b a n k e n und ihre Spezialfonds
Afrikanische Entwicklungsbank (BAD)
Afrikanischer Entwicklungsfonds (FAD)
Asiatische Entwicklungsbank (ADB)
Asiatischer Entwicklungsfonds (ADF)
Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB)
Interamerikanische Investitionsgesellschaft (MC)
Fonds für SpezialOperationen der IDB (FSO)
Multilaterale Investitionsgarantieagentur (MIGA)
40,4
3,4
29,0*
2,1*
0,4*
0,5*
1,1
1,4*
2,5
27,6
Andere multilaterale I n s t i t u t i o n e n
Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD)
Afrika-Programm des FIDA
Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR)
Internationale Vereinigung zur Bewahrung der Natur (UICN)
Internationales Institut für agroforstwirtschaftliche Forschung (ICRAF)
25,2
5,3*
10,0
8,0
1,5
0,4
29,7
Total
159,3
48,5
14,0
7,0
6,0
4,5
1,0
0,6
0,3
0,2
23,5*
1,0*
0,4*
0,4*
2,3*
5,7*
15,0
8,6
0,4
148,0
Tabelle 10
Humanitäre Hilfe
1988
1987
Gesamtausgaben
Mio Fr
Katastrophenhilfekorps (SKH)
Beiträge an internationale Organisationen und schweizerische Hilfswerke
Nahrungsmittelhilfe
34
Total
13,4
100,0
85,1
58,4
55,6
171,8
9,4
150,1
Verschiedene Verpflichtungen
sind buchhalterisch nicht fassbar,
weil sie in Form von «Notes» geleistet wurden.
Tabellen
Humanitäre Hilfe
1988
Einsätze des Schweizerischen
Katastrophenhilfekorps (SKH)
Ursache des Einsatzes
Vertragspartner
Afrika
Aethiopien
Dürre
Logistische Unterstützung
Aethiopien
Benin
Djibouti
Kenia
Madagaskar
Mali
Rwanda
Sudan
Sudan
Uganda
Flüchtlinge
Überschwemmungen
Flüchtlinge
Überschwemmungen
Wirbelsturm
Hungersnot
Ethnischer Konflikt
Flüchtlinge
Überschwemmungen
Rückkehrer
Zimbabwe
Ergänzungsaktion
Bau eines Flüchtlingslagers
Lieferung von Zelten
Bau eines Dispensariums
Wiederinstandstellung von Strassenabschnitten
Bau von Strassen und Brücken
Betrieb einer Autogarage
Lieferung von Rettungsmaterial/Logistiker-Einsatz
Betrieb einer mechanischen Werkstätte
Einsatz von Rettungsmaterial/Trinkwasserverteilung
Wiederinstandstellung und Betrieb der medizinischen
Infrastruktur/logistische Unterstützung/Koordination
Bau von Lehrerhäusern
Asien
Afghanistan
Bangladesh
Flüchtlinge
Wirbelsturm
Bangladesh
Bangladesh
China
Iran
ran
Nepal
Pakistan
Sri Lanka
Logistiker-Einsatz
Bau von Brunnen und Schutzplattformen gegen
Wirbelstürme
Überschwemmungen 87 Evaluation nach Überschwemmungen/Wiederaufbau
Überschwemmungen 88 Nothilfe/Einsatz von Rettungsmaterial
Waldbrände
Rekognoszierung/Prävention
Obdachlose
Lieferung von Zelten
Giftgasopfer
Einsatz von Rettungsmaterial/medizinische Evaluation
Erdbeben
Rekognoszierung
Afghanische Flüchtlinge Logistiker-Einsatz
Bürgerkrieg
Wiederinstandstellung von Spitälern
Lateinameri ka
Costa Rica
Wirbelsturm
Kolumbien
Vulkanausbruch
El Salvador
El Salvador
Guatemala
Haiti
Haiti
Nicaragua
Erdbeben
Vertriebene
Vulkanausbruch
Überschwemmungen
Wirbelsturm
Wirbelsturm
Rekognoszierung
Betrieb und Unterhalt von Seismographen/
Wiederaufbau von Schulen und Wohnhäusern
Wiederaufbau von Schulen
Wiederansiedlung
Rekognoszierung/ Prävention
Ufersanierungen
Logistiker-Einsatz
Rekognoszierung
Europa
UdSSR
Erdbeben in Armenien
« Rettungskette Schweiz»/Nothilfe
Eingesetzte
Freiwillige
SKH
UNO/Ethiopian Disaster
Prepared Group (EDPG)
24
UNHCR
6
UNDP
Regierung
2
Regierung
2
Regierung
2
UNDRO/Regierung
2
UNHCR
2
UNHCR
5
Rotkreuzliga/sudan. Rotes Kreuz 10
UNHCR/Regierung
Regierung
9
UNHCR
Regierung
UNDRO/UNDP/SRK
SRK
Regierung
SRK/IKRK
Regierung
Regierung
UNILOGAA/FP
Regierung
4
1
9
Regierung
Regierung/Universität/SRK
Regierung
Regierung
INSIVUMEH/UNIGE
UNDRO
UNDRO
Regierung
Regierung
4
2
1
35
Tabelle 12
Humanitäre Hilfe
1988
Nahrungsmittelhilfe nach Produkten
Art der Hilfe, Kredite
Schweizerische M i l c h p r o d u k t e
Vollmilchpulver
Milchpulver (entrahmt)
Schmelzkäse
Verschiedenes
Teilfinanzierung aus Lagerreduktion
Wert in Mio Fr.
Mengen ir lTonnen
1597
1373
454
106
29,7
-0,8
28.9
3530
Getreidehilfe
Weizen
Reis
Mais
Schweizerisches Backmehl
Sorghum
Maismehl
Beteiligung an Logistikkosten
Verschiedene N a h r u n g s m i t t e l
Dörrbirnen
Fischkonserven
Speisefett
WSM (Weizen-Soja-Milch-Produkte)
1000
12755
22309
4000
7 322
500
47 886
17,1
0,9
18,0
230
190
268
64
752
3,6
-
Geldbeiträge
Ordentlicher Barbeitrag an das WFP
Weitere Geldbeiträge an das WFP
Verschiedene Geldbeiträge
2,5
1,0
4,4
7,9
58,4
Total
Tabelle 13
Humanitäre Hilfe
1988
Geldbeiträge
und Hilfsgüter
Nahrungsmittelhilfe nach Regionen
Nahrungsmittelhilfe
SKH
Total
41,2
20,9
0,4
12,1
10,5
86,7
171,8
Gebiete
Afrika
Asien, Ozeanien
Europa
Lateinamerika
Mittlerer Osten
Geographisch nicht zuteilbar
36
Total
15,6
13,4
0,1
3,5
7,8
59,6
18,4
5,1
7,2
2,3
25,4
7,2
2,4
0,3
1,4
0,4
1,7
100,0
58,4
13,4
-
Tabelle 14
Beiträge an U N O - O r g a n i s a t i o n e n , das IKRK u n d
ausgewählte schweizerische Hilfswerke
1988
Ordentliche
Barbeitrage
Ausserord
Barbeiträge
Mio Fr
SKH
45,0
15,0
0,8
1,0
0,3
2,0
1,8
0,6
1,7
6,1
0,7
1,5
20,0
22,2
1,0
2,0
Organisationen
Internationales Komitee vom Roten Kreuz
(IKRK)
Zwischenstaatliches Komitee
für Auswanderung (CIM)
Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK)
Welternährungs-Programm (WFP)
UNO-Hilfswerk für kampucheanische
Flüchtlinge im Grenzgebiet (UNBRO)
UNO-Organisation für Katastrophenhilfe
(UNDRO)
UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge
(UNHCR)
UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge
(UNRWA)
7,5
9,6
2,2
UNO-Koordination für Afghanistan
2,0
32,6
Direkte Aktionen des SKH
1,3
3,5
21,9
5,3
8,3
0,3
2,5
2,0
5,6
35,7
6,6
Hilfe über andere Organisationen
Total Zahlungen
1,3
3,0
58,7
58,7
65.0
1,1
UNICEF
Subtotal
4,2
Total
1,3
1,0
0,2
Nahrungsmittelhilfe
Mio Fr.
132,6
6,6
8,7
1,2
22,7
32,6
41,3
13,4
58,4
171,8
Tabelle 15
Aufteilung nach Hilfsformen, bzw. Empfängern
1988
Nahrungsmittelhilfe
Mio Fr.
Geldbeiträge
Total
%
Not- und Katastrophenhilfe (kurzfristig)
21,2
37,7
58,9
34,3
Sozialhilfe (mittelfristig)
34,7
18,6
53,3
31,0
2,5
57,1
59,6
34,7
58,4
113,4
171,8
Ordentliche Beiträge (an int. Organisationen und das IKRK)
Total
100
37
10
00
Tabelle 16
Vom Bund entlöhnte Auslandmitarbeiter
Direkt verpflichtete Experten
Freiwillige privater Hilfswerke
Assoziierte Experten und Freiwillige
der Vereinten Nationen
Von schweizerischen Stellen verpflichtete
Experten (in Regie-Projekten)
Total
Tabelle 17
Direkt verpflichtete Experten
Tabelle 16
Direkt verpflichtete Experten
Nach Berufsgruppen
Nach Einsatzländern
1988
1987
235
330
255
341
26
32
350
350
941
978
1988
1988
Berufsgruppen
Anzahl
%
Einsatzland
Anzahl
%
Landwirtschaft
Agronomen (Ingenieure ETH)
Agronomen (Ingenieure HTL)
Agrotechniker
Käser
Andere
65
44
11
4
3
3
28
3
55
14
9
7
4
4
3
3
2
9
23
112
17
15
11
10
10
8
8
7
6
6
4
3
3
2
1
1
48
8
7
1
Afrika
Tansania
Rwanda
Kenia
Mali
Tschad
Madagaskar
Mosambik
Niger
Burkina Faso
Burundi
Kapverden
Benin
Kamerun
Lesotho
Ghana
Senegal
2
51
18
11
8
7
5
1
1
22
4
1
1
2
Lateinamerika
Honduras
Bolivien
Peru
Nicaragua
Ecuador
Costa Rica
Haiti
Erziehung
Pädagogen
Lehrer
11
6
5
5
73
34
8
5
4
4
3
15
31
55
29
7
6
5
5
3
23
Natur- und Geisteswissenschaften
Ökonomen
Soziologen
Biologen, Chemiker
Geographen
Juristen
Ethnologen, Anthropologen
Andere
Asien
Nepal
Indien
Bangladesh
Indonesien
Thailand
Pakistan
Nicht klassiert*
17
7
Andere Berufe
Handelsangestellte
Verschiedene
19
16
3
8
235
100
235
100
Forstwirtschaft
Forstingenieure ETH
Forsttechniker
Bauwesen und Technik
Bauingenieure ETH
Mechaniker
Kulturingenieure ETH
Maschineningenieure ETH
Hoch- und Tiefbauingenieure HTL
Elektroingenieure ETH
Maschineningenieure HTL
Architekten ETH
Andere Techniker und Handwerker
Medizin
Arzt
Krankenschwester
Apotheker
Total
Total
Tabelle 19
Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen
1988
1987
Auszahlungen aufgegliedert nach Massnahmen
Mio Fr
%
Zahlungsbilanzhilfe
40,0
36,8
2b,6
37,8
Mischkredite
Handelsförderung
48,3
2,6
44,4
35,8
52,8
2,4
3,0
4,2
Förderung des Einsatzes privatwirtschaftlicher
Mittel
Rohstoffe
3,3
14,6
3,0
1,7
2,6
13,4
1,7
2,6
Mio Fr
Total
108,8
100
67,8
100
Tabelle 20
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
1988
Aufteilung nach Kontinenten und Ländern
Afrika
52,4
48,1
Ghana
15,0
13,8
Uganda
10,6
Madagaskar
10,0
9,7
9,2
Tansania
4,7
Asien
43,6
40,1
Indonesien
21,1
19,4
Lateinamerika
Bolivien
China
15,4
14,1
Thailand
5,3
4,3
Indien
1,5
Bangladesh
0,3
Sudan
3,5
3,2
Tschad
3,1
2,8
Ägypten
1,7
1,3
1,6
Kenia
6,2
5,7
5,0
4,6
Honduras
0,7
0,6
4,9
Costa Rica
0,5
0,5
1,4
0,3
Regionale u n d nicht
aufteilbare Projekte
6,6
6,1
Total
108,8
100
1,2
Marokko
1,2
1,1
Kamerun
0,8
0,7
Rwanda
0,3
0,3
Tunesien
0,2
0,2
Tabelle 21
Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit
A u f t e i l u n g nach Einkommensstand
der Empfängerländer
1988
Ländergruppen
Ärmere Länder mit Pro-Kopf-Einkommen
bis 800 Dollar (Basis 1986)
Mio Fr
%
94,4
86,7
Ärmere Länder der mittleren Einkommenskategorie bis 1400 Dollar
7,8
7,2
Regionale und nicht aufteilbare Projekte
6,6
6,1
Total
108,8
100
39
m
62 Mio
12 Mio
6 Mio
80 Mio
Geografische Verteilung der bilateralen
öffentlichen Entwicklungshilfe nach Kontinenten,
1988
Auszahlungen in Mio Franken; dazu kommen 125 Mio Franken,
die geografisch nicht aufteilbar sind.
Total ergibt dies 651 Mio Franken.
Technische
Zusammenarbeit
und Finanzhilfe
Wirtschaftsund handelspolitische
Massnahmen
A
.4
>,
l^'r «r
P
fjm ,
*4fc
!
) V,
ne
it
N
'
to
n
i
»wN