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DNotI Fax - Abfrage Deutsches Notarinstitut Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1464# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004 USA/Arkansas; administration; durable power of attorney; guardianship; Erbscheinsantrag; Vollmachtserteilung Der US-amerikanische Staatsangehörige Fritz B. mit letztem Wohnsitz in Arkansas wurde, da kein ausländischer Grundbesitz vorhanden ist, nach US-amerikanischem Recht aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau Marie B. allein beerbt (§ 28-9-214 Nr. 2 Arkansas Code – AC). Zum Nachlaß gehört ein Miterbenanteil an einem in Deutschland belegenen Grundstück, das nunmehr verkauft werden soll. Zu diesem Zweck soll einem anderen Miterben Vollmacht erteilt bzw. die Erklärungen eines vollmachtlosen Vertreters genehmigt werden. Die Alleinerbin Marie B. ist nicht mehr geschäftsfähig. Sie hat allerdings in noch geschäftsfähigem Zustand ihrem Neffen, der nach seinen Angaben „licensed lawyer“ in den USA ist, eine „durable power of attorney“ erteilt, nach der der Bevollmächtigte berechtigt ist, im Namen der Alleinerbin „to perform every act whatsoever be done in my name ... to execute any and all legal documents for me including...to signing and executing of deeds ... and other items directly relating to affairs dealing with real property which I own.” Weiter heißt es: This power of attorney shall not be effected by subsequent disability or incapacity of the principle.“ Sie baten um Beantwortung folgender Rechtsfragen: 1. Kann der Bevollmächtigte a) einen Erbscheinsantrag für die Alleinerbin Marie B. stellen? b) die eidesstattliche Versicherung im Rahmen eines Erbscheinsantrags abgeben? c) Grundbuchberichtigungsantrag stellen? d) Verkaufs- und Auflassungsvollmacht als Untervollmacht erteilen bzw. vollmachtlos abgegebene Erklärungen genehmigen? 2. Welche Aufgabe hätte ein ggf. noch zu bestellender personal representative? Deutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon 09 31 / 355 760 • Telefax 09 31 / 355 762 25 email: [email protected] • internet: http://www.dnoti.de ho gut 0700 r3/1464.doc Seite 2 3. In welcher Form sind die Nachweise die Vertretungsberechtigung gegenüber Nachlaßgericht und Grundbuchamt zu führen? Dazu nehmen wir wie folgt Stellung: 1. Erbenstellung hinsichtlich des Miterbenanteils an in Deutschland belegenem Grundstück Ausweislich des vorbezeichneten Gutachtens vom 13.4.2000 wurde Fritz B. von seiner Ehefrau Marie B. allein beerbt. Anders als das deutsche Recht kennt das materielle US-amerikanische Recht allerdings grundsätzlich nicht die erbrechtliche Universalsukzession. Vielmehr geht das Eigentum am Nachlaß zunächst auf einen testamentarisch (dann heißt er „executor“) oder vom Nachlaßgericht (probate court) zu bestellenden (dann heißt er „administrator“) personal representative (Oberbegriff) über, der die Nachlaßgegenstände dann an die Erbbegünstigten auskehrt. Anders als nach common- law-Grundsätzen gilt dies aufgrund einer besonderen gesetzlichen Anordnung im Recht von Arkansas allerdings nicht für unbeweglichen Nachlaß (§ 28-9-203 Buchst. c S. 1 AC). Für die Frage, wer gegenwärtig Inhaber der vom Erblasser hinterlassenen Miterbenberechtigung am in Deutschland belegenen Grundstück ist, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund folgende Überlegungen anzustellen: Aufgrund der Qualifikation des Miterbenanteils als bewegliches Vermögen nach dem dafür maßgeblichem deutschen Recht (Qualifikationsverweisung), kommt aus deutscher und USamerikanischer Sicht hinsichtlich der Vererbung dieses Gegenstands US-amerikanisches Erbrecht zur Anwendung. Dieses sieht in dem bereits zitierten § 28-9-203 Buchst. c S. 1 AC vor, daß unbewegliches Vermö gen (real estate) unmittelbar ohne Durchführung einer administration auf die Erben übergeht. Im materiellen amerikanischen Recht wird der Begriff des „real estate“ allerdings weit verstanden. Da die Qualifikationsverweisung hinsichtlich der Frage, ob beweglicher oder unbeweglicher Nachlaß vorliegt, lediglich eine auf kollisionsrechtlicher Ebene ist, kann u. E. nicht davon ausgegangen werden, daß das USamerikanische Recht von Arkansas auch im Rahmen seines materiellen Rechts die Frage, ob „real estate“ vorliegt, wiederum dem jeweiligen Belegenheitsrecht unterstellt. Die Qualifikationsverweisung hat nämlich den Hintergrund, daß der Grundsatz der lex rei sitae, also die Herrschaft des Belegenheitsrechts über unbeweglichen Nachlaß, im USamerikanischen IPR sehr streng durchgehalten wird, um den Herrschaftsinteressen des Belegenheitsstaates gerecht zu werden und durchsetzbare rechtliche Ergebnisse zu schaffen. Will das Belegenheitsrecht aufgrund einer Qualifikation einer Berechtigung als bewegliches Vermögen einen eingeräumten Herrschaftsanspruch nicht verwirklichen, steht aus USamerikanischer Sicht der Anwendung des eigene Rechts dann nichts entgegen. So soll etwa nach dem Restatement auch ein renvoi aus US-amerikanischer Sicht dann angenommen werden, weil das berufene Recht mit einer Weiter- oder Rückverweisung zu erkennen gibt, den Sachverhalt nicht beherrschen zu wollen (vgl. Scoles/Hay, Conflict of Laws, 2. Aufl. 1992, S. 67 ff., 70). Unter diesen Voraussetzungen könnte dann auch § 28-9-203 AC zur Anwendung kommen. Allerdings ist unklar, ob aus US-amerikanischer Sicht überhaupt eine Verweisung auf diese Vorschrift gegeben wäre. Denn dies würde bedeuten, daß die Kollisionsregel über beweglichen Nachlaß zur Anwendung einer materiell-rechtlichen Vorschrift über unbeweglichen Nachlaß führt, was zumindest ein systematischer Bruch wäre. Unklar ist deshalb, ob die genannte Vorschrift überhaupt Anwendung fände. Seite 3 Zu beachten ist allerdings weiter, daß umstritten ist, ob ein im Rahmen einer gesetzlichen Erbfolge in den USA zu bestellender oder bereits bestellter administrator überhaupt befugt wäre, außerhalb des Staates, in dem er bestellt wird, Rechtshandlungen für und gegen den Nachlaß vorzunehmen. Dafür spricht, daß auch innerhalb der USA die Befugnisse eines administrators jeweils auf den Bundesstaat beschränkt sind, in dem die Bestellung erfolgt. I. ü. bedarf es der Bestellung eines auxiliary administrators (vgl. §§ 28-42-101 ff. AP). Daraus wird in der Lit. z. T. geschlossen, daß die Rechtsmacht eines administrators stets auf den Ernennungsstaat beschränkt sei (Firsching, DNotZ 1959, 363; Wengler, JR 1955, 41). Dem wird allerdings z.T. in der Lit. mit dem Hinweis entgegengetreten, daß die in der USamerikanischen Lit. anzutreffende territoriale Beschränkung des Wirkungskreises des administrators auf der Prämisse beruhe, daß die einzelnen US-Bundesstaaten den in einem anderen Bundesstaat ernannten administrator ohnehin nicht anerkennen. Es bestünde also keine Selbstbeschränkung des Anspruchs der Entscheidung über die Ernennung des administrators, sondern lediglich ein Zurückweichen vor fremder Nichtanerkennung (Gottheiner, RabelsZ 21 (1956), 36, 40 f.; Schwenn, NJW 1952, 1113, 1114; Lüderitz, IPR, 2. Aufl. 1992, Rn. 427; so auch jüngst Huber, Rpfleger 2000, 250, 252; Staudinger/Dörner, BGB, 14. Aufl. 2000, Art. 25 EGBGB Rn. 853). Einigkeit besteht allerdings darüber, daß ein administrator jedenfalls nicht als Erbe in einem deutschen Erbschein auszuweisen wäre. Aus alledem folgt, daß wohl davon auszugehen ist, daß ein US-amerikanischer administrator nicht selbst Inhaber des in Deutschland belegenen Nachlasses wäre bzw. würde. Die Inhaberschaft an dem von dem verstorbenen Ehemann hinterlassenen Miterbenanteil am Grundstück in Deutschland steht damit bereits Marie B. zu. Ergänzend weisen wir darauf hin, daß das Erfordernis der Durchführung einer administration auch hinsichtlich beweglichen Nachlasses aufgrund spezialgesetzlicher Grundlage nicht ausnahmslos durchgeführt wird. Gem. § 28-41-101 AP kann von der Durchführung einer administration unter den in dieser Vorschrift aufgelisteten Voraussetzungen abgesehen werden. Insbesondere ist dies möglich bei einem Nachlaß, der den Wert von $ 50.000,00 nicht übersteigt. Zur Ermittlung dieses Wertes werden allerdings dingliche Belastungen, die Rechte am Familienheim (homestead) sowie pflichtteilsersetzende Unterhaltsansprüche des überlebenden Ehegatten und minderjähriger Kinder vom Nachlaßwert abgezogen. Somit ist eine administration regelmäßig auch dann nicht durchzuführen, wenn gewöhnlicher selbstgenutzter Grundbesitz im Nachlaß des Erblassers vorhanden ist. 2. Erbscheinsantrag Zum Nachweis der gesetzlichen Erbfolge ist im deutschen Grundbuchverfahren gem. § 35 Abs. 1 S. 1 GBO zwingend ein Erbschein erforderlich. Da der Erbscheinsantrag selbst nicht höchstpersönlich gestellt werden muß, kann der generalbevollmächtigte Neffe der Alleinerbin diesen Antrag im Namen der Alleinerbin stellen. Dabei ist zu beachten, daß aus deutscher Sicht Vollmachtsstatut dasjenige Recht ist, wovon der Vollmacht Gebrauch gemacht wird (BGHZ 43, 21; 64, 183; BGH NJW 1982, 2733). Form und Wirkungen der Vollmacht richten sich deshalb nach deutschem Recht, das ebenfalls grundsätzlich die Generalvollmacht zuläßt. Für die Verwendung im deutschen Nachlaß- bzw. Grundbuchverfahren wäre die Beibringung einer Übersetzung erforderlich. Zu beachten ist allerdings, daß die gem. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche eidesstattliche Versicherung grundsätzlich nur vom Antragsteller selbst, ersatzweise von seinem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden kann (LG Bonn Rpfleger 1985, 30; Palandt/Edenhofer, BGB, 59. Aufl. 2000, § 2356 BGB Rn. 11). Ein rechtsgeschäftlich Seite 4 Vertreter kann die eidesstattliche Versicherung demgegenüber nicht abgeben (KG OLGZ 1967, 249; BayObLGZ 1961, 10). Der mit power of attorney ausgestattete Neffe der Alleinerbin ist lediglich bevollmächtigt und kann deshalb die eidesstattliche Versicherung nicht abgeben. Vielmehr müßte ein entsprechender gesetzlicher Vertreter noch bestellt werden. Insofern verweist das deutsche IPR gem. Art. 24 Abs. 1 S. 1 EGBGB grundsätzlich auf das Heimatrecht des zu Betreuenden, also im vorliegenden Fall auf das US-amerikanische Heimatrecht von Marie B. Dieses sieht die Bestellung eines guardian (Vormund bzw. Betreuer) für eine geschäftsunfähige Person vor (§ 28-65-201 Buchst. a AC). Fraglich ist allerdings auch insofern, ob die Befugnisse eines solchen guardian über die Grenzen des Staates hinausreichen würden, in dem er bestellt worden ist. Insofern stellt sich das gleiche Problem wie bei der Reichweite der Befugnisse eines personal representative. Zu der Frage, ob ein durch ein US-amerikanisches Gericht bestellter guardian berechtigt wäre, für den Betreuten außerhalb des Staates zu handeln, haben wir keine Stellungnahmen in der uns zur Verfügung stehenden Lit. ausfindig machen können. Da dem Territorialitätsprinzip im US-amerikanischen Recht allgemein große Bedeutung eingeräumt wird, wäre eine solche Handlungsbefugnis zumindest sehr zweifelhaft. Vor diesem Hintergrund stellen wir anheim zu prüfen, ob nicht ein Betreuer nach deutschem Recht gem. § 35b Abs. 2 FGG durch ein deutsches Gericht bestellt werden könnte. Denn Marie B. bedarf im Rahmen der Veräußerung angesichts dieser Rechtsunsicherheit sehr wohl der Fürsorge durch ein deutsches Gericht. Insofern würde sich anbieten, das weitere Vorgehen mit dem deutschen Vormundschaftsgericht abzusprechen. Die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters für die Erblasserin in Deutschland hätte zwar den Vorteil der Einfachheit für sich. Zu beachten ist jedoch, daß ein in Deutschland bestellter Betreuer wohl kaum nähere Angaben über die in §§ 2354, 2356 BGB eidesstattlich zu versichernden Umstände wird machen können. Vor diesem Hintergrund mag es ratsam erscheinen abzuklären, ob das Nachlaßgericht im Rahmen der Erbscheinserteilung nicht ausnahmsweise von dem Erfordernis der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 2356 BGB abzusehen bereit ist. 3. Grundbuchanträge und Vollmacht Aufgrund seiner Generalvollmacht ist der Neffe von Marie B. ermächtigt, in ihrem Namen den Grundbuchberichtigungsantrag zu stellen, sowie in ihrem Namen weitere Erklärungen abzugeben. Fraglich ist allerdings, ob die durable power of attorney auch zur Erteilung von Untervollmachten zugunsten eines der anderen Miterben in Deutschland ermächtigt. Insofern ist zu berücksichtigen, daß nach dem maßgeblichen deutschen Vollmachtsstatut als dem Recht des Ortes, an dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht werden soll, Vollmachten im Zweifel eng auszulegen sind (vgl. RGZ 143, 196, 199; BGH MDR 1953, 346; OLG Hamm NJW 1992, 378; BGH WM 1986, 901). Da die Vollmachtsurkunde zur Erteilung von Untervollmachten zumindest nicht ausdrücklich ermächtigt, ist die Frage der Befugnis der Erteilung von Untervollmachten zweifelhaft, obwohl die Vollmacht ihrem Wortlaut nach umfassend ist. Im deutschen Recht ist die Frage, ob der Hauptbevollmächtigte zur Erteilung von Untervollmachten ermächtigt ist, Auslegungsfrage (vgl. Palandt/Heinrichs, § 167 BGB Rn. 12). Entscheidend ist, ob der Vertretene erkennbar ein Interesse an der persönlichen Wahrnehmung der Vertretungsmacht durch den Bevollmächtigten hat (OLG München WM 1984, 843; Palandt/Heinrichs, a. a. O., m. w. N.). Für die persönliche Wahrnehmung der erteilten Vertretungsmacht spricht im vorliegenden Fall, daß die Seite 5 Vollmacht als Generalvollmacht umfassende Vertretungsmacht verleiht und deshalb auf einer besonderen Vertrauensgrundlage zwischen Bevollmächtigtem und Vollmachtgeber beruht. Deshalb wird man nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß Untervollmacht erteilt werden darf. Vor diesem Hintergrund wird es sich anbieten, die Vertragsbeurkundung so zu gestalten, daß Marie B. vollmachtlos vertreten wird und der bevollmächtigt e Neffe nachträglich diese im Namen von Marie B. abgegebenen Erklärungen genehmigt. Vorschriften des US-amerikanischen Rechts stehen insofern nicht entgegen, da sowohl das Schuldstatut (Kaufvertrag) als auch das Sachenstatut (dinglicher Vollzug) deutsches Recht sind (vgl. Art. 28 Abs. 1, 3, 43 EGBGB). Der Vertretungsnachweis ist im deutschen Grund buchverfahren auch bei im Ausland begründeten rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnissen in der Form des § 29 GBO nachzuweisen, da diese grundbuchverfahrensrechtliche Frage sich nach der lex fori, also nach deutschem Recht beurteilt. Dies bedeutet, daß die zum grundbuchamtlichen Vollzug in Deutschland die durable power of attorney einer Beglaubigung der Unterschrift der Vollmachtgeberin bedarf. Ist diese end gültig nicht mehr herbeizuführen, wird die Vollmacht für den Grundstücksverkauf in Deutschland letztlich nicht brauchbar sein. Insofern bedarf es dann wiederum einer Betreuerbestellung nach deutschem Recht, weil wohl ein in den USA bestellter guardian nicht in Deutschland handeln könnte. Gerichten, Rpfleger 2000, 250