Präsentation von Frau Prof.Dr. Krell

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Präsentation von Frau Prof.Dr. Krell
Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen
verstehen und verändern
Gertraude Krell
Impuls zur Veranstaltung
„Leadership ist weiblich – Frauen in Führungspositionen“
JGU Mainz
30. Oktober 2012
Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - [email protected]
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
Ein provokativer Auftakt
Leadership ist noch immer männlich!
Im Folgenden geht es darum,
warum das so ist
und was dagegen getan werden kann
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
Gliederung
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
2 Bilder von Organisationen
3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial
der Personalpolitik
4 Was (noch) tun?
5 Was nicht getan werden sollte!
6 Quellen
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Die Suche nach Erklärungen der Geschlechterungleichheiten
in Führungspositionen erinnert oft an „Schwarzer Peter“
An „die Frauen“ geht dieser, wenn ihnen Defizite bzw.
Mängel attestiert werden, wie z.B.*




Mangelnde Verfügbarkeit wegen Vereinbarkeitsproblemen
Mangelnde Führungskompetenz (Können)
Mangelnde Aufstiegskompetenz (Können)
Mangelnde Aufstiegsmotivation (Wollen)
* Vgl. dazu die bei Krell (2012) angegebenen Quellen.
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Bsp. 1: Den von der German Consulting Group (2005)
befragten männlichen Führungskräften zufolge sind:
 Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Begeisterungsfähigkeit
u.Ä. für den Aufstieg ins mittlere Management erforderlich
 für das Top-Management unerlässlich: Entschlussfähigkeit,
Durchsetzungskraft, Risikobereitschaft u.Ä.
=> Die für das mittlere Management relevant erachteten
Merkmale werden als „typisch weiblich“, die für das
Top-Management relevant geltenden als „typisch
männlich“ kategorisiert
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Bsp. 2: „Drei Mentalitätsmuster“ der von Wippermann (2010)
befragten männlichen Führungskräfte:
1. „Konservative Exklusion“: Frauen in Führungspositionen werden
prinzipiell abgelehnt (Begründungen: fehlender familiärer Hintergrund,
verbissene Einzelkämpferin oder „wertvolle Arbeitsbiene“; Frau im
Vorstand wäre Störfaktor …)
2. „Emanzipierte Grundhaltung“: aber:
„Vorstand, das ist eine andere Sportart“; die dafür notwendige Härte
gelte bei Frauen als „unweiblich“, weiblicher Ehrgeiz als „suspekt“
3. „Radikaler Individualismus“: Geschlecht heute egal, aber:
Frauen fehle die notwendige berufliche Kontinuität, sie seien als
Führungs(nachwuchs)kräfte „nicht authentisch“, weil sie versuchten,
die (Rollen der) Männer zu imitieren
=> „Zwickmühle“ bzw. Inter-Rollen-Konflikt für Frauen
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Bsp. 3: Weibliche Führungskräfte zu Aufstiegshindernissen:
(Generation CE♀/forsa 2007)
(1) Dominanz männl. Netzwerke (70%)
(2) Sorge der Vorgesetzten vor familienbedingten Auszeiten
und eingeschränkter Verfügbarkeit von Frauen (63%)
(3) Ausgeprägte Ellenbogenmentalität männl. Kollegen (54%)
(4) Vorbehalte der Geschäftsleitungen oder Inhaber gegen
Frauen in Top-Führungspositionen (33%)
(5) Mangelnder Ehrgeiz der Frauen (22%)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
… damit geht der Schwarze Peter an „die Männer“
 als „Hüter der Gläsernen Decke“ (Wippermann 2010)
 als Hindernisse aufbauend
nicht nur im Beruf,
sondern auch im Privatleben
=> Karrieren von Frauen als „Hürdenläufe in Partnerschaft
und Arbeitswelt“ (Cornelißen/Rusconi/Becker 2011)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Aus der Forschung wissen wir: Soziale Majoritäten bzw.
„Etablierte“ verteidigen generell ihre Privilegien gegenüber
sozialen Minoritäten bzw. „Außenseitern“, und zwar durch
 „Soziale Schließung“
durch Benennung irgendeines Merkmals als Ausschlusskriterium
 „Distinktion“ bzw. „Lobklatsch“
Her(aus)stellen von eigenen Vorzügen
 „Stigmatisierung“ bzw. „Schimpfklatsch“
Her(aus)stellen von Defiziten/Handicaps der Anderen
* Vgl. Krell (2010; 2011a) mit Bezug auf Weber (1922), Bourdieu (1987), Goffman (1975) und Elias/Scotson
(1993) sowie die zahlreichen Beispiele in Girst (2009).
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
„Think manager, think male“ (Schein/Davidson 1993)
Dass der Prototyp einer („guten“) Führungskraft eine Person
mit als maskulin geltenden Eigenschaften bzw. eine Mann ist,
benachteiligt Frauen
Da von Managerinnen sogar mehr stereotyp männliche
Attribute erwartet werden als von Managern:
„doppelter Benachteiligungsmechanismus“ (Gmür 2004)
Weil Frauen dann aber, wie Wippermann (2010) gezeigt hat,
als „nicht authentisch“ oder „unweiblich“ stigmatisiert werden:
dreifacher Benachteiligungsmechanismus (Krell 2011a; 2012)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Hinzu kommt: Der Status weiblicher (Top-)Führungskräfte
als Minderheit bzw. „Token“ bewirkt nach Kanter (1977):
 Seitens der Mehrheit der männlichen Kollegen
werden ihre Person und ihr Verhalten nicht als individuell
wahrgenommen (Frau XY), sondern stereotypisiert:
als (proto-)typisch für eine weibliche Führungskraft
 Sie steht als einzige Frau im „Rampenlicht“
 Sie wird zum „Testfall“ gemacht, argwöhnisch beobachtet,
darf sich keine Fehler leisten
 Sie soll in verschiedenen Zusammenhängen „die Frauen“
repräsentieren bzw. für „die Frauen“ sprechen
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“?
Streiflichter auf verwobene/vertrackte Verhältnisse:
Nach Allmendinger (2009) ist „ganz nach oben zu kommen“
für junge Frauen genauso erstrebenswert wie für junge
Männer. Aber: Die jungen Männer werden in einer Weise
gefördert, „dass viele von ihnen berufliche Ambitionen
entwickeln, die ihnen früher nicht eigen waren“
Nach Bischoff (2010) senkt die ungleiche Vergütung*
die Aufstiegsmotivation weiblicher Führungskräfte.
Deshalb: Leistungsgerechte Vergütung als „‚Selbsthilfeinstrument’ zur Gewinnung von Frauen für Top-Positionen“
* Mehr zu Entgeltungleichheit in Führungspositionen bei Krell (2010; 2011b)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
2 Bilder von Organisationen
Nach der Coaching-Expertin Edding (2002; 2009; 2010)
Bei Frauen oft Bild der Organisation als „gute Herrschaft“,
wo fachliche Kompetenz und Leistung zählen und irgendwann
auch belohnt werden.
Daraus folgt: Wenn ihre Leistung nicht anerkannt wird,
dann strengen sich die(se) Frauen noch mehr an,
besuchen noch eine Fortbildung …
Realistischer und Erfolg versprechender als Handlungsgrundlage: Bild der Organisation als Arena politischen
Handelns bzw. als Kräftefeld, wo alle versuchen, mittels
Strategien und Taktiken eigene Interessen durchzusetzen
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
2 Bilder von Organisationen
Bild der Organisation als Arena (mikro-)politischen Handelns
bzw. als Kräftefeld lenkt den Blick auf bzw. schärft ihn für
(vgl. z.B. Edding 2009; Bertelsmann 2010; die Beiträge zum Projekt „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz
von Frauen“ in Freie Assoziation Heft 3-4/2011; Cornils/Rastetter 2012)
 Wie steht es um meine mikropolitischen Kompetenzen?*
 Wer verfolgt welche Interessen bzw. Ziele?
Von wem ist (potenziell) mit Widerstand zu rechnen?
Wer sind (potenzielle) Verbündete?
 Welchen Statusfaktor** haben Rollen, Aufgaben, Projekte?
 …
* Kann ich erkennen, dass und wie Andere mikropolitisch agieren, und kann ich dies auch selbst tun?
** In Bertelsmann (2010) findet sich auch eine aufschlussreiche Aufzählung von Fallen, in die „Statusblinde“ tappen können.
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
2 Bilder von Organisationen
Bild der Organisation als Markt lenkt den Blick auf bzw. schärft
ihn für (vgl. z.B. Edding 2002; Bertelsmann 2010)
 Wer sind meine (potenziellen) Konkurrent_innen
und wie ist deren Marktposition?
 Was sind meine Stärken?
Was habe ich besonderes anzubieten?
 Wie biete ich es erfolgreich an?
(„Der Wurm muss dem Fisch schmecken,
nicht der Anglerin“)
 …
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
2 Bilder von Organisationen
Bild der Organisation als Theater lenkt den Blick auf bzw.
schärft ihn für (vgl. z.B. Rastetter 1993; Edding 2002; Bertelsmann 2010)
 Wichtig ist nicht nur, was auf der Vorderbühne gespielt wird,
sondern auch das Geschehen auf der Hinterbühne!
 Nicht (nur) Leistung zählt, sondern (auch) Leistungsinszenierung, Selfmarketing, Impression Management*
* Aber Achtung Drahtseilakt: Auch davon brauchen Frauen
mehr als Männer, um erfolgreich mitzuspielen, dann jedoch
Gefahr, dass ihr Verhalten als unangemessen für eine Frau
(ab-)gewertet wird (Funken/Stoll/Hörlin 2011).
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial der Personalpolitik
Vergütung
Personalauswahl
Leistungsprozesse
Personalbeurteilung
Personalentwicklung
Der „Human Resource Cycle“ nach Tichy/Fombrun/Devanna (1982)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial der Personalpolitik
 Prüfung des Diskriminierungspotenzials: Können Kriterien, Verfahren
und Praktiken der Personalpolitik bewirken dass Beschäftigte aufgrund
ihres Geschlechts (oder auch anderer Zugehörigkeiten/Zuschreibungen)
unmittelbar oder mittelbar* diskriminiert werden?
 Prüfung des Gleichstellungspotenzials: Können Kriterien, Verfahren und
Praktiken der Personalpolitik – über eine diskriminierungsfreiere
Gestaltung hinaus – zu mehr Chancengleichheit beitragen?
*
Lt. § 3 AGG liegt ein unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung bzw. Benachteiligung vor, wenn eine
Person aufgrund ihres Geschlechts „eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person
in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“.
Eine mittelbare (Geschlechts-)Diskriminierung bzw. Benachteiligung „liegt vor, wenn dem Anschein
nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes
(u.a. Geschlecht, GK) gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es
sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel
sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich“
(s.a. Schiek 2011)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.1 Diskriminierungspotenzial der Auswahl von Führungskräften
 Bei der Suche und (Vor-)Auswahl durch Personalberatungen i.d.R.
keine systematische Eignungsprüfung (Hartmann 2002)
Anteil des „intuitiven Wissens“ bzw. der „Menschenkenntnis“ an der
Auswahlentscheidung 80-90% (Kleebaur 2004)
 Je höher eine Position in der Hierarchie angesiedelt ist, desto
intransparenter Kriterien und Verfahren der Auswahl (Erfurt 2012)
 Intransparente Prozesse mit hohen Spielräumen für die Beteiligten
(i.d.R. Männer) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Mann wird
(aus verschiedenen Gründen: bspw. Kanter 1977: Homosoziale Reproduktion; Rastetter 1996:
„prototype bias“; Erfurt 2012: Pfadabhängigkeit)
 Aber auch formalisierte Verfahren lassen bei der eigentlichen
Auswahlentscheidung Spielraum für unbewusste Urteilsverzerrungen
(„unconscious bias“) sowie bewusste Interessenpolitik
 Ob eine Frau oder ein Mann ausgewählt wird, hängt auch vom
Geschlecht der Entscheidenden ab (Kay 2007)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.2 Gleichstellungspotenzial der Auswahl von Führungskräften
 Gleichstellungs- bzw. Diversity-Kompetenz
zu einer Anforderung an Führungskräfte machen
und dieses Auswahlkriterium …
 … bei der Gewinnung von Führungskräften kommunizieren
 … durch die Auswahlverfahren prüfen
 … bei der schlussendlichen Auswahlentscheidung
nicht „unter den Tisch fallen“ lassen!
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.3 Diskriminierungspotenzial der Beurteilung von Führungs(nachwuchs)kräften
 Bei der (Leistungs-)Beurteilung als potenziell Diskriminierte identifiziert
werden generell (Krell 2011c)
- Frauen in männerdominierten Tätigkeiten/Bereichen
- teilzeitbeschäftigte Frauen und Männer (s.a. KIT 2010)
d.h. doppelt betroffen: weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte in Teilzeit
 Auch hier gelten unstrukturierte Verfahren als besonders
diskriminierungsanfällig
 Zu ungunsten von Frauen wirken (können) neben dem „Teilzeiteffekt“
der „Similar-to-me-“, der „Hierarchie-“ und der „Kleber-Effekt“
 An der Schnittstelle von Beurteilung und Beförderung werden Frauen
und Männer z.T. mit zweierlei Maß gemessen (Krell 2010; 2011a)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.4 Gleichstellungspotenzial der Beurteilung von Führungs(nachwuchs)kräften
 Kriterien: Einstellungen, Verhalten und/oder Erfolge
in Sachen Chancengleichheit bzw. Diversity
 Verfahren: z.B. Zielvereinbarungen oder auch merkmalsorientierte
Einstufungsverfahren
 Beurteilungsrichtungen: Ergänzung der klassische Abwärtsbeurteilung
(Vorgesetzte beurteilen Mitarbeiter_innen) durch eine
Aufwärtsbeurteilung (Mitarbeiter_innen beurteilen Vorgesetzte)
- u.U. bis hin zu einer umfassenden 360-Grad-Beurteilung
(d.h. bei personenbezogenen Dienstleistungen auch Beurteilung
durch Kund_innen)
 Konsequenzen: Leistungsbezogene Vergütung, (Nicht-)Beförderung
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.5 Diskriminierungspotenzial der Entwicklung zu und von Führungskräften
 Lt. Befragungen werden Männer eher angesprochen/aufgefordert
(Ruppert/Voigt 2009; 2012)
 Eine Ursache: Männliche Vorgesetzte schätzen i.d.R. Karrieremotivation
und -eignung von Frauen geringer ein und investieren deshalb weniger
in deren Weiterbildung und Aufstieg (Domsch 2005; Wippermann 2010)
 Und: Kinder und Teilzeit werden – v.a. von männlichen Vorgesetzten –
als Barrieren oder Ausschlusskriterien für die Beförderung in eine
Führungsposition oder den weiteren Aufstieg konstruiert & gehandhabt
(Koch 2008; Nickel/Hüning/Frey 2008; KIT 2010)
 Männer „machen vielfach nicht den Marsch durch die betrieblichen
Curricula“, sondern Karrieresprünge (Wippermann 2010)
 Nicht nur formale, sondern auch informelle Kriterien und Verfahren
können Frauen benachteiligen (Matthies 2006: „informelle Substruktur“, wichtig ist gutes
Verhältnis zum Chef oder anderen „VIPs“; Erfurt 2012: Interne Rekrutierung bzw. Kooptation von TopFührungskräften als pfadabhängiger Prozess)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
3.6 Gleichstellungspotenzial der Entwicklung zu und von Führungskräften
 Beförderungen
- auch von den Ergebnissen gleichstellungs- bzw. diversity-orientierter
Beurteilungen abhängig machen
- bzw. im (internen) Assessment Center Gleichstellungskompetenz
und -motivation prüfen
 Trainings
zur Erhöhung der Gleichstellungsmotivation und -kompetenz
(dazu ausführlicher: Gieselmann/Krell 2011)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
4 Was (noch) tun?
Das Zusammenspiel vieler Faktoren zu erkennen, bedeutet:
Weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte
nicht behindern und de-motivieren,
sondern unterstützen – über Vereinbarkeit hinaus z.B. durch
 Diskriminierungsfreiere Kriterien, Verfahren und Praktiken
der Personalpolitik
 Aktivieren des Gleichstellungspotenzials der Personalpolitik
 Erhöhung der Gleichstellungsmotivation und -kompetenz
der (überwiegend männlichen) Führungskräfte
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
4 Was (noch) tun?
Das Zusammenspiel vieler Faktoren zu erkennen, bedeutet:
Weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte
nicht behindern und de-motivieren,
sondern unterstützen – über Vereinbarkeit hinaus z.B. durch
 Veränderungen der Personalpolitik und der Führungskultur
nicht nur auf der „Vorderbühne“, sondern auch auf der
„Hinterbühne“
 Quotierungen auf gesetzlicher/betrieblicher Ebene
 Gesetzliche Verpflichtung zur Überprüfung und Beseitigung
von Entgelt(un)gleichheit – mittels geeigneter Verfahren*
* Dazu mehr bei Krell (2011d) und Krell/Tondorf (2011)
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
5 Was nicht getan werden sollte!
Die Forderung nach mehr Frauen in Führungspositionen
mit „Frauen führen besser“ begründen* (Krell 2011a)
1) Keine „gesicherten Erkenntnisse“ zu Geschlechtsunterschieden
in Führungseigenschaften, -verhalten, -erfolg
2) Widersprüchliche Botschaften in Ratgebern für Frauen
3) „Frauen führen besser“ = Danaergeschenk
 Aufforderung, Führungspositionen stereotyp nach Geschlecht zu
besetzen, anstatt nach individueller (Nicht-)Eignung
 Aufwertung von „Weiblichkeit“ um den Preis der Stereotypisierung
 Effekt der Zusatzanforderung und -belastung für Führungsfrauen
 Effekt der Ausgrenzung/Stigmatisierung derjenigen Frauen,
die als „unweiblich“ bzw. „wie Männer“ wahrgenommen werden
* Dies tun bspw. Szebel-Habig (2009) und McKinsey&Company (2010).
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
5 Was nicht getan werden sollte!
Die Forderung nach Quoten ausspielen gegen bspw.
 Defizitäre Infrastruktur zur Vereinbarkeit
 Rückständige Kulturen bzw. nicht weit genug
vorangeschrittener Kulturwandel
 Eignung und Leistung*
 Probleme der Frauen, die es nötiger haben, als die
sowieso schon privilegierten weiblichen Führungskräfte
* „Das Killerwort ‚Quotenfrau‘ ist eines der hinterhältigsten Worte, um zu verhindern, dass aus einer realen
Quote von 10 zu 90 vielleicht eine von 30 zu 70 wird, dass die Schattenseiten der Karrierepolitik vieler
Unternehmen ans Tageslicht kommen – oder zu sichern, dass auch im Schatten weiterhin Politik gemacht
werden kann“ (Sattelberger 2011).
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
6 Quellen
Allmendinger, Jutta (2009): Frauen auf dem Sprung: Die BRIGITTE-Studie, München.
Bertelsmann Stiftung (Hg.) (2010): Der Erfolg steht Ihnen gut. Karrierestrategien für Frauen, in Zusammenarbeit mit Cornelia
Edding, Verlag Bertelsmann Stiftung (Hörbuch).
Bischoff, Sonja (2010): Wer führt in (die) Zukunft? Männer und Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft in Deutschland
– die 5. Studie, hg. von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V., Bielefeld.
Bourdieu, Pierre (1987): Die feinen Unterschiede, Frankfurt a.M.
Cornelißen, Waltraud/Rusconi, Alessandra/Becker, Ruth (Hg.) (2011): Berufliche Karrieren von Frauen: Hürdenläufe in
Partnerschaft und Arbeitswelt, Wiesbaden.
Cornils, Doris/Rastetter, Daniela (2012): „…und schon gar nicht Tränen einsetzen“: Gender, Emotionsarbeit und Mikropolitik
im Management, in: Krell/Rastetter/Reichel (2012), S. 157-178.
Domsch, Michel E. (2005): Auslandseinsatz von weiblichen Fach- und Führungskräften. Präsentation eines Fallbeispiels, in:
Krell, Gertraude (Hg.): Betriebswirtschaftslehre und Gender Studies, Wiesbaden, S. 205-228.
Edding, Cornelia (2002): Einflussreicher werden: Vorschläge für Frauen, München.
Edding, Cornelia (2009): Die gute Herrschaft – Führungsfrauen und ihr Bild der Organisation, in: Fröse/Szebel-Habig (2009),
S. 167-182.
Edding, Cornelia (2010): Eine Einführung in das Hörbuch, in: Bertelsmann (2010), S. 6-11.
Elias, Norbert/Scotson, John L. (1993): Etablierte und Außenseiter, Frankfurt a.M.
Erfurt, Philine (2012): Persistant Homogeneity in Top Management: Organizational Path Depencence in Leadership
Selection, Dissertation am FB Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin, Veröffentlichung in Vorbereitung.
Freie Assoziation – Zeitschrift für das Unbewusste in Organisation und Kultur, 14. Jg., Heft 3+4/2011.
Fröse, Marlies W./Szebel-Habig, Astrid (Hg.) (2009): Mixed Leadership: Mit Frauen in die Führung! Bern u.a.
Funken, Christiane/Stoll, Alexander/Hörlin, Sinje (2011): Die Projektdarsteller: Karriere als Inszenierung, Wiesbaden.
Generation CE♀/forsa (2007): Frauen in Führungspositionen: Erfahrungen, Einschätzungen, Erwartungen, Wünsche,
PowerPointPräsentation, http://www.heinerthorborg.com/generation_ceo/Praesentation%20Forsa%20gekuerzt.pdf
(10.4.2009).
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
6 Quellen
German Consulting Group (2005): Studie beweist: Weibliche Eigenschaften sind in Chefetagen unerwünscht! „Männer
bleiben lieber unter sich“, http://www.gcg.ag/gcg_sharedpages/pdf/artikel_frauen.pdf (4.4.2009).
Gieselmann, Astrid/Krell, Gertraude (2011): Diversity-Trainings: Verbesserung der Zusammenarbeit und Führung einer
vielfältigen Belegschaft, in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011), S. 199-218.
Girst, Friederike (Hg.) (2009): Herrschaftszeiten! Vom Leben unter Männern, Köln.
Gmür, Markus (2004): Was ist ein ‚idealer Manager‘ und was ist eine ‚ideale Managerin‘? Geschlechtsrollenstereotypen und
ihre Bedeutung für die Eignungsbeurteilung von Männern und Frauen in Führungspositionen, in: Zeitschrift für
Personalforschung, 23. Jg., Heft 4, S. 396-417.
Goffman, Erving (1975): Stigma: Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität, Frankfurt a.M.
Hartmann, Michael (2002): Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik,
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Kanter, Rosabeth Moss (1977): Men and Women of the Corporation, New York.
Kay, Rosemarie (2007): Auf dem Weg in die Chefetage. Betriebliche Entscheidungsprozesse bei der Besetzung von
Führungspositionen. Untersuchung im Auftrag des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des
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KIT – Karlsruhe Institute of Technology (2010): Frauen in Führungspositionen – Status quo in der deutschen Wirtschaft –
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Kleebaur, Caroline (2004): Erfahrung ist Trumpf, in: Personal, 56. Jg., Heft 7+8, S. 57-59.
Koch, Angelika (2008): Elternzeit – Teilzeit – Aus(zeit)? Teilzeitrechte in Führungspositionen, in: WSI Mitteilungen, 61. Jg.,
Heft 11+12, S. 612-618.
Krell, Gertraude (2010): Führungspositionen, in: Projektgruppe GiB: Geschlechterungleichheiten im Betrieb: Arbeit,
Entlohnung und Gleichstellung in der Privatwirtschaft, Berlin, S. 423-484.
Krell, Gertraude (2011a): Geschlechterungleichheiten in Führungspositionen, in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011), S. 403-422.
Krell, Gertraude (2011b): Forschungsskizze: Gender Pay Gap in Führungspositionen, in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011),
S. 389-394.
Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - [email protected]
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
6 Quellen
Krell, Gertraude (2011c): Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial von Leistungsbeurteilungen, in: Krell/Ortlieb/
Sieben (2011), S. 261-274.
Krell, Gertraude (2011d): Entgelt(un)gleichheit: Grundlagen und Grundfragen, in: Krell/Ortlieb/Sieben (2011), S. 331-342.
Krell, Gertraude (2012): „Geschlecht“, „Führung“, „Karriere“ und deren Verschränkungen als diskursive Fabrikationen, in:
Krell/Rastetter/Reichel (2012), S. 17-40.
Krell, Gertraude/Ortlieb, Renate/Sieben, Barbara (Hg.) (2011): Chancengleichheit durch Personalpolitik,
6. Aufl., Wiesbaden.
Krell, Gertraude/Rastetter, Daniela/Reichel, Karin (Hg.) (2012): GESCHLECHT MACHT KARRIERE IN
ORGANISATIONEN: Analysen zur Chancengleichheit in Fach- und Führungspositionen, Berlin.
Krell, Gertraude/Tondorf, Karin (2011): Mittelbare Entgeltdiskriminierung in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes – ein
Ende in Sicht? Zugleich ein Beitrag zum Verständnis und zur Prüfung von Entgelt(un)gleichheit, in: djbZ – Zeitschrift
des Deutschen Juristinnenbundes, 14. Jg., Heft 4, S. 175-177.
Matthies, Hildegard (2006): Mehr Chancengleichheit durch Personalentwicklung? Das Beispiel Wissenschaft und Forschung,
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www.mckinsey.de/html/publikationen/women_matter (1.3.2011).
Nickel, Hildegard Maria/Hüning, Hasko/Frey, Michael (2008): Subjektivierung, Verunsicherung, Eigensinn. Auf der Suche
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Rastetter, Daniela (1993): „Mach‘ bloß kein Theater“: Die Organisation als Rollenspiel, in: Krell, Gertraude/Osterloh, Margit
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Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - [email protected]
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
6 Quellen
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern
6 Quellen
Vielen Dank!
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