Labordiagnostik bei Lebererkrankungen von Hund, Katze
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Labordiagnostik bei Lebererkrankungen von Hund, Katze
August 08 Diagnostic Update Labordiagnostik bei Lebererkrankungen von Hund, Katze (Teil 2/2) Und pferd Die Leber liegt strategisch zwischen dem Verdauungstrakt und der systemischen Zirkulation. Arterielles Blut fließt aus der Aorta zur Leber und versorgt sie mit Sauerstoff. Durch die Pfortader (V. portae) bekommt die Leber venöses Blut, welches aus den abdominalen Organen (Magen, Pankreas, Milz und Darm) stammt. Durch dieses venöse Blut bekommt die Leber unter anderem Metabolite und Fremdstoffe zur Entgiftung oder Biotransformation. Auch beim Metabolismus von Gallensäuren, Ammoniak und Bilirubin spielen die Leber und die portale Zirkulation eine zentrale Rolle. In diesem Teil des Diagnostic Updates werden Pathophysiologie Die Einteilung des Ikterus in einen prähepatischen/hämoly- und Bedeutung von Abweichungen der Bilirubin-, Gallensäuren- tischen, einen hepatischen oder einen posthepatischen/ und Ammoniakwerte diskutiert. obstruktiven Ikterus grenzt die möglichen Differentialdiag- Da die zyto- und histopathologischen Untersuchungen von Leber- nosen ein. proben in der Frühentdeckung einer Hepatopathie wesentlich sind, werden im Anschluss einige Prinzipien der Interpretation 1.1.1 Prähepatische Hyperbilirubinämie von zytologischen und histologischen Befunden von Leberpro- Bei einem prähepatischen Ikterus steht die Zerstörung von ben besprochen. Erythrozyten (intravaskuläre oder extravaskuläre Hämolyse) im Vordergrund. Die Leber ist mit der Aufnahme und Verarbeitung 1Physiologie und Pathologie von Bilirubin-, Gallensäuren- und Ammoniak- Stoffwechsel des vermehrt anfallenden Bilirubins überfordert. Ein Erythrozytenabbau, genügend akut, um eine Hyperbilirubinämie zu verursachen, ist meistens mit einer deutlichen Anämie assoziiert (Hämatokrit < 25 %). Die Anämie ist bei einer Hämolyse rege- 1.1 Bilirubin nerativ. Zu Beginn (in den ersten 2 - 4 Tagen) kann die Retikulo- Bilirubin ist ein Abbauprodukt von Hämproteinen. Dabei ist das zytose mild sein. Obwohl bei einer Hämolyse das unkonjugierte Hämoglobin aus alten Erythrozyten die wichtigste Quelle. Im Bilirubin, welches nicht durch die glomeruläre Membran gehen retikuloendothelialen System entsteht zuerst das unkonjugierte kann, erhöht ist, haben Hunde, die unter einer Hämolyse leiden, Bilirubin, welches im Plasma an Albumin gebunden transportiert oft eine Bilirubinurie. Der Grund dafür liegt in der Fähigkeit der wird. Das Bilirubin wird in der Leber mit Glukuronsäure konjugiert, renalen Tubuli des Hundes, Bilirubin zu konjugieren. Ursachen in den Gallengängen mit anderen Komponenten der Galle trans- für einen prähepatischen Ikterus sind z. B. eine primäre oder portiert und in die Därme ausgeschieden. Im Ileum und Colon sekundäre immunhämolytische Anämie (sekundär durch Medi- wird das Bilirubin durch Bakterien zu Urobilinogen dekonjugiert. 80 - 90 % des Urobilinogens werden im Kot als Sterkobilin ausgeschieden, während die übrigen 10 - 20 % reabsorbiert werden (enterohepatische Zirkulation). Ikterus ist ein Syndrom charakterisiert durch eine Hyperbilirubinämie und eine Gelbfärbung von Haut, Schleimhäuten und Skleren infolge einer Ablagerung von Gallenpigmenten. Übersteigt das Serumbilirubin 1,5 - 2,0 mg/dl, dann ist das Plasma ikterisch. Ein offensichtlicher Ikterus besteht, wenn das Serumbilirubin höher als 4 - 5 mg/dl ist. Am deutlichsten ist die Gelbfärbung bei natürlichem Licht und an folgenden Organen zu erkennen: Skleren, Maulschleimhäuten, den Pinnae der Ohren, der Haut um den Nabel und den Schleimhäuten von Penis und Vagina. kamente, Infektionen, Neoplasien), Infektionen (FeLV, Myco- 1.1.3 Posthepatische Hyperbilirubinämie plasma haemofelis, Herzwürmer, Babesien, Ehrlichien), oxidative Durch intraluminale oder extraluminale Probleme kommt es beim Schäden der Erythrozyten (Zwiebel, Zink, Hypophosphatämie) posthepatischen Ikterus zu einer mechanischen Behinderung der oder die Resorption von Blut (große Hämatome). Besteht bei Bilirubinexkretion. Ursachen dafür sind z. B. eine Pankreatitis, eine einem Patienten eine Hyperbilirubinämie und gleichzeitig eine Neoplasie (Gallengänge, Pankreas, Duodenum), Cholelithiasis, Anämie, so sollte stets zuerst nach einer prähepatischen Ruptur der Gallenblase oder eines Gallengangs mit Gallenperito- Ursache für die Hyperbilirubinämie gesucht werden. nitis. Die Unterscheidung zwischen einem hepatischen und einem posthepatischen Ikterus kann klinisch sehr schwierig sein. Sie ist 1.1.2 Hepatische Hyperbilirubinämie aber wichtig, da die therapeutischen Strategien bei den beiden Bei einem hepatisch bedingten Ikterus ist einer der Schritte im he- Krankheitsgeschehen unterschiedlich sind. Eine Ultraschall- patozellulären Bilirubintransport gestört. So können z. B. entzünd- Untersuchung ist sehr hilfreich bei der Unterscheidung dieser liche Prozesse zum Anschwellen der Leberzellen und zur Behin- Ikterus-Formen. derung des Gallenflusses führen und dadurch das intrahepatische Gallengangsystem verstopfen (Cholestase). Das Serumbilirubin 1.2 Gallensäuren ist jedoch ein wenig sensitiver Indikator für die hepatozelluläre Gallensäuren (GS) werden ausschließlich in der Leber aus Funktion: Die Leber kann das Bilirubin noch lange, nachdem Cholesterol synthetisiert. Nach Konjugation mit Taurin oder Glycin andere Funktionen der Leber bereits gestört sind, metabolisieren. werden die GS in die Galle sezerniert und in der Gallenblase Daher weist eine hepatisch bedingte Hyperbilirubinämie auf eine konzentriert aufbewahrt. Nach einer Futteraufnahme bewirkt Cho- mittelgradige bis starke Pathologie der Leber hin. lecystokinin die Kontraktion der Gallenblase und den Transport Häufige Ursachen für einen hepatischen Ikterus sind bei der Kat- der GS in die Därme. Dort spielen die GS eine wichtige Rolle bei ze Cholangitis/Cholangiohepatitis, Lymphosarkom, hepatische der Verdauung und Absorption von Fett. Im Ileum werden die GS Lipidose und FIP. Beim Hund sind u. a. chronische Hepatitis in die portale Zirkulation geführt und kehren so zur Leber zurück. (idiopathisch, familiär), Lymphosarkom, akute hepatische Ne- In der Leber werden die GS wieder aus der portalen Zirkulation krose und/oder Zirrhose Auslöser für einen hepatischen Ikterus. extrahiert. Obwohl die GS-Synthese bei Patienten mit schweren Medikamente (Antiepileptika, Trimethoprim/Sulfonamide, Carpro- Lebererkrankungen stark beeinträchtigt sein kann, führen fen, Benzodiazepine) und systemische Erkrankungen mit einer verschiedene Faktoren zu einer erhöhten GS-Konzentration im hepatischen Komponente können ebenfalls zu einem Ikterus Blut: Unter anderem sind dies eine veränderte enterohepatische führen. Bakterielle Toxine und Antikörper gegen Komponenten Zirkulation, ein portosystemischer Shunt (PSS), eine reduzierte der bakteriellen Zellwände können auch eine Cholestase verur- Extraktion der GS aus dem Blut durch die Leber oder eine Regur- sachen (Cholestase durch Sepsis). Im Gegensatz dazu ist eine gitation der GS in die systemische Zirkulation durch eine Chole- hepatische Atrophie, wie sie oft bei Tieren mit einer kongenitalen stase. So haben viele Tiere mit einer chronischen Hepatitis, einer portosystemischen vaskulären Anomalie gesehen wird, normaler- ausgeprägten hepatischen Nekrose oder einer Leberneoplasie weise nicht mit einer Hyperbilirubinämie assoziiert, obwohl andere erhöhte GS-Werte. Insbesondere gehören die GS (zusammen mit Anzeichen für eine Leberfunktionsstörung (Hypoalbuminämie, dem Ammoniak) zu den sensitivsten biochemischen Indikatoren niedriger Harnstoffwert) vorhanden sind. eines kongenitalen PSS. Die meisten Patienten mit einer kongenitalen portalen vaskulären Anomalie haben erhöhte postprandiale Gallensäuren-Werte. Bei einer sekundären Beteiligung der Leber durch eine nichthepatische primäre Erkrankung oder durch Gabe von Glukokortikoiden oder Antiepileptika sind die GS-Werte hingegen oft nicht stark erhöht. Es gibt verschiedene Faktoren, welche zu erniedrigten GS-Konzentrationen im Serum führen können: Anorexie von mehr als 1-2 Tagen (Nüchtern-GS-Wert evtl. erniedrigt), verzögerte Magenentleerung, Veränderungen in der intestinalen „TransitZeit”, Malabsorption, schwere Erkrankungen oder Resektion des Ileums sind einige Beispiele. Eine Bestimmung der GS wird als Screening-Test für eine Leberfunktionsstörung in der Kleintierpraxis routinemäßig durchgeführt, da die Probengewinnung am Patienten und die Messung im Labor sehr einfach sind. Das Maximum an Information erhält man mit der Bestimmung eines 12-Stunden-nüchtern – und eines 2-Stunden-postprandialen Wertes. Als Futter für die Bestimmung des postprandialen Wertes eignet sich Nassfutter mit moderatem Fettgehalt für Hunde bzw. Katzen: zwei Teelöffel Futter für Tiere 2Zytologie und Histologie von Leberproben unter 5 kg KG bzw. zwei Suppenlöffel Futter für schwerere Tiere. Bei Tieren mit Vomitus oder Anorexie kann alternativ zur Fütterung Eine Differenzierung der verschiedenen Lebererkrankungen ist Takus® (Pharmacia) in der Dosierung 0,3 mg/kg i.m. gegeben anhand der klinischen Symptome und der Laborveränderungen werden. Die zweite Blutentnahme erfolgt dann 20 Minuten nach allein meist nicht möglich. Zur weiteren Abklärung werden Leber- der Applikation. Falsch positive Ergebnisse können vorkommen. proben für die zytologische und histologische Untersuchung ent- Wenn nur präprandiale Werte bestimmt wurden und diese im nommen. Diese Entnahme ist nicht nur indiziert, um eine genaue Normbereich liegen, sollten noch postprandiale Werte bestimmt Diagnose zu stellen, sondern auch um Anhaltspunkte über das werden. Sporadisch misst man höhere Nüchtern-GS-Werte als Ansprechen auf die Therapie und die Progression der Erkrankung postprandiale Werte. Ursachen hierfür sind interdigestive Gallen- zu gewinnen. blasen-Kontraktionen während des Fastens vor der Testdurch- Die Untersuchung von Material, das mittels Feinnadelaspiration führung sowie individuelle Variationen in der Magenentleerung, gewonnen wurde (Zytologie), hat eindeutig weniger Aussagekraft im Ansprechen an die Cholecystokinin-Ausschüttung oder in der im Vergleich zu Material, das mittels Biopsie gewonnen wurde intestinalen „Transit-Zeit“. (Histologie). Die Feinnadelaspiration besitzt jedoch auch Vorteile, Bei ikterischen Patienten mit hepatobiliärer Erkrankung ist die wie z. B. eine geringere Blutungsgefahr und eine einfachere Bestimmung der GS nicht indiziert, da sie keine zusätzlichen Durchführung. Zudem ist bei bestimmten, v. a. diffusen Erkran- Informationen liefert. Eine schwere Hämolyse oder eine schwere kungen eine Feinnadelaspiration häufig diagnostisch, z. B. bei Lipämie können falsch erniedrigte Resultate liefern. Zu beachten Lymphosarkom, Mastzelltumor, hepatischer Lipidose, kortikoste- ist als Besonderheit, dass Malteser erhöhte postprandiale Werte roid-induzierten Veränderungen, Amyloidose oder auch bei einem haben können ohne an einer hepatobiliären Erkrankung zu leiden. hepatozellulären Karzinom. Eine Leberbiopsie wird unter Ultraschall-Kontrolle oder im Einschränkend sind zwei Punkte bei der Interpretation der GS- Rahmen einer Probelaparotomie entnommen. Vor der Durchfüh- Werte zu berücksichtigen. Erstens können verschiedene hepato- rung ist ein Gerinnungstest empfehlenswert, da Tiere mit einer biliäre Erkrankungen anhand von GS-Bestimmungen nicht von- Hepatopathie zu Koagulopathien neigen. Eine parenterale Vitamin einander unterschieden werden. Zweitens gibt es praktisch keine K1-Gabe 24 Stunden vor der Biopsieentnahme kann prophylak- Korrelation zwischen der Schwere von histologischen Läsionen tisch erfolgen. Ist eine Biopsie trotz vorhandener Koagulopathie oder dem Grad eines PSS und dem Ausmaß der GS-Erhöhung. unumgänglich, kann eine Plasma-Gabe von Nutzen sein. Inter- Wenn man bei einem Patienten mehrere GS-Bestimmungen pretationsschwierigkeiten der histologischen Befunde entstehen, durchführt um das Fortschreiten der Erkrankung oder das An- wenn die Probe zu klein oder nicht repräsentativ für die Läsion sprechen auf die Therapie zu beurteilen, dann ist nur die Rück- ist. Zudem bestehen häufig Diskrepanzen bezüglich der Inter- kehr zu Normalwerten ein zuverlässiger Indikator für eine pretation ein- und derselben Probe durch verschiedene Patholo- klinische Remission. gen. Es ist daher entscheidend, dass die histomorphologische Diagnose auch zu den klinischen Befunden passt. Auch wenn die 1.3 Ammoniak histologische Untersuchung einer Leberprobe nicht immer eine Das im Eiweißstoffwechsel entstandene Ammoniak (NH3) wird ätiologische Diagnose gewährleistet, so sind dagegen folgende in den Mitochondrien der Leberzellen zur Entgiftung in Harnstoff Aussagen in der Regel möglich: überführt (Harnstoffzyklus). Bei einer Leberinsuffizienz, wenn die Leber das Ammoniak nicht mehr entgiften kann, oder wenn das portale Blut nicht durch die Leber fließt (PSS), kann es zu 1. Kategorie der Erkrankung: entzündlich/nekrotisch, erhöhten Ammoniakwerten kommen. Die Aussagekraft der neoplastisch, vakuolär und vaskulär Ammoniakbestimmung ist ähnlich wie diejenige der Gallensäu- 2. Ausdehnung der Erkrankung: mild/mittelgradig/schwer renbestimmung. Kürzlich wurde sogar gezeigt, dass Nüchtern – 3. Chronizität der Läsion: akut versus chronisch Ammoniakwerte etwas sensitiver und v. a. spezifischer als Gallensäurenwerte in der Diagnose eines kongenitalen oder erworbenen PSS sind. Zwei Nachteile der Ammoniak-Analyse verglichen zur Chronische entzündliche Läsionen stellen für den Pathologen Gallensäurenanalyse sind jedoch die schwierigere Handhabung eine besondere Herausforderung dar, da die Leber auf verschie- der Probe bis sie im Labor ist (falls die Analyse nicht in der Praxis dene chronische Insulte (sei es durch Toxine, Infektionen oder durchgeführt werden kann) sowie die Tatsache, dass die Durch- Immunstimulation bedingt) eine ähnliche histologische Reaktion führung eines Ammoniumchlorid-Toleranztests bei Tieren mit einer zeigt. Degenerative Veränderungen der Leberzellen, entzündliche Enzephalopathie zu einer Verschlimmerung der neurologischen Infiltrate, Fibrose und Nekrose sind mögliche Manifestationen Symptome führen kann. eines entzündlichen Geschehens. Bei der Beurteilung entzündlicher Veränderungen sollte auf die Art der Entzündungszellen geachtet werden: Zu Beginn einer Entzündung sind häufig neu- färbungen können z. B. bei der Identifikation gewisser Infektions- trophile Granulozyten vorhanden („akut”), während später Lym- erreger helfen oder erlauben den Kupfergehalt einer Leberprobe phozyten und Makrophagen hinzukommen. Das Vorhandensein zu schätzen. Außerdem können Proben für eine aerobe und einer Fibrose ist ein Zeichen für ein „chronisches” Geschehen. anaerobe bakterielle Kultur gewonnen werden. Der Grad der Fibrose korreliert mit der Überlebenszeit: So ist eine „bridging Fibrose” (Bindegewebsverbindungen zwischen portalen Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass trotz der Limitationen Triaden oder portalen Triaden und Zentralvene) ein prognostisch zytologischer und histologischer Untersuchungen von Leber- ungünstiges Zeichen. Eosinophile Granulozyten deuten oft auf proben diese für die Aufarbeitung von Patienten mit einer Hepato- ein allergisches oder parasitäres Geschehen hin. pathie eine sehr wichtige Funktion haben. Obwohl die histologische Analyse nicht immer eine definitive Autor: ätiologische Diagnose erlaubt, so liefert sie doch in der Regel Hinweise auf eine mögliche Ätiologie. So hat man bei einer passiven Kongestion der Leber zentrolobuläre Läsionen, während Infektionen wie eine Salmonellose oder Toxoplasmose zu (multi-) fokalen Läsionen führen. Vakuoläre Läsionen sind ein Hinweis auf Lipid- oder Glykogen-Akkumulation und PSS haben ebenfalls Dr. med. vet. Cécile Rohrer Kaiser charakteristische histologische Merkmale. Nach Bedarf können Dipl. ACVIM (Internal Medicine) und ECVIM-CA (Internal Medicine) weiterführende Untersuchungen veranlasst werden: Spezial- Leberdiagnostik beim Pferd Die Leber ist als Hauptstoffwechselorgan zwischen Verdauungstrakt und systemischer Zirkulation gelegen. Die Mehrzahl der aus dem Gastrointestinaltrakt absorbierten Stoffe gelangt über den Portalkreislauf direkt in die Leber. Hier findet die Regelung des Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsels statt. Weiterhin ist die Leber Exkretionsorgan (Galle zur Fettverdauung), Apathie, Appetitstörungen, Gewichtsverlust, Leistungsdepressi- Speicherorgan (Glykogen, Vitamine, Spurenelemente), Synthese- on, stumpfes Haarkleid, Dermatosen, neurologische Symptome, organ (Albumin, Fibrinogen, Prothrombin) und an der Immunre- Ikterus, Photosensibilisierung, Abdominalschmerz sowie Blutge- gulation (Kupffer’sche Zellen) beteiligt. Die Leberfunktion ist erst rinnungsstörungen sein. Als typische Symptomatik ausgeprägter beeinträchtigt, wenn mehr als 80% der Leber geschädigt sind. Lebererkrankungen sind Verhaltensstörungen anzusehen, die auf Allerdings besitzt sie die einzigartige Fähigkeit, ihre spezifische ein Versagen der Ammoniakentgiftung durch die geschädigte Funktion aufrecht zu erhalten und gleichzeitig das Lebergewebe Leber zurückzuführen sind (hepatoenzephales Syndrom). Die zu reparieren und zu regenerieren. Schwere der klinischen Symptome und der Verlauf einer Lebererkrankung kann in Abhängigkeit von Verteilungsmuster, Loka- Ätiologie lisation und Ausmaß des Leberschadens erheblich variieren. Die Erkrankungen der Leber sind beim Pferd relativ häufig, laufen Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen reversiblen aber meist ohne eindeutige klinische Symptomatik ab. Leber- Erkrankungen (z. B. Schwellung, fettige Degeneration) und irre- erkrankungen treten oft sekundär, d. h. in Folge anderer Erkran- versiblen Schäden (Nekrose), die beide sowohl fokal (Abszess, kungen (virale, bakterielle, parasitäre Infektionskrankheiten, innere Neoplasie) als auch zonal (zentrilobulär) ausgedehnt sein kön- Erkrankungen, Fettleber) auf. Sie können aber auch direkt durch nen. Eine akut generalisierte Hepatitis führt dabei zum Funk- belastete Futtermittel (Mykotoxine) oder Giftpflanzen hervorge- tionsverlust, der in der Regel mit einer Vergrößerung der Leber rufen werden. Der begleitenden Anamneseerhebung kommt einhergeht. Bei chronisch-generalisierter Fibrose (mit dem hinsichtlich der Therapie demzufolge eine wichtige Bedeutung zu. Endstadium der Zirrhose) zeigen sich klinische Symptome erst bei einer Schädigung von mehr als 80% der Leber. Diese ist Klinische Symptome Die klinische Symptomatik einer Lebererkrankung ist häufig unspezifisch oder kann auch völlig fehlen. Hinweise können dann verkleinert. Diagnose von Lebererkrankungen (Cortison) beobachtet. Durch den aktiveren Knochenstoffwechsel Bei vielen pathologischen Prozessen ist die Permeabilität der bei Tieren im Wachstum ist die AP bei Jungtieren physiologi- Zellmembran gestört. Enzyme, die hauptsächlich intrazellulär scherweise höher. vorkommen, können so ins Blutplasma übertreten und dort gemessen werden. AST (Aspartat-Aminitransferase)/GOT (Glutamat-OxalacetatTransaminase) kommt sowohl in den Mitochondrien als auch im Leberspezifische Enzyme beim Pferd Zytoplasma von Leberzellen, aber auch in Muskelzellen vor und γ-GT ist in Membranstrukturen v. a. des Gallengangsystems ist somit nicht „leberspezifisch“. Besonders hohe Aktivitäten wer- lokalisiert. Die Halbwertzeit beträgt ca. 3 Tage. Sie wird bei den im Verlauf von ausgeprägten Myopathien (Kreuzverschlag) Lebererkrankungen frühzeitig freigesetzt und ist bei chronischen beobachtet. Leberstoffwechselstörungen oft der einzige erhöhte Parameter. γ-GT kann auch nach Beseitigung der auslösenden Ursache Beurteilung der Leberfunktion noch für 1-2 Wochen weiter ansteigen. Während der Rekon- Die Gallensäuren werden in den Hepatozyten aus Cholesterin valeszenz kann sie bei Belastung des Pferdes ebenfalls an- synthetisiert. Beim Pferd werden sie kontinuierlich ins Duodenum steigen und somit zur Überwachung des Arbeitspensums abgegeben (ca. 3l/100kg KGW), ermöglichen dort die Fettverdau- herangezogen werden. ung und werden dann zum Teil im enterohepatischen Kreislauf rückresorbiert. Bei Lebererkrankungen können die Gallensäuren GLDH (Glutamat-Dehydrogenase) ist ein an die Mitochondrien nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden und akkumulie- der Leberzellen gebundenes Enzym. Die höchste Aktivität ist ren. Somit erlaubt eine Bestimmung der Gallensäuren und deren zentrolobulär, d. h. sie reagiert sehr empfindlich bei sekundären Anstieg eine Aussage über die Leberfunktion, nicht jedoch über Hepatopathien (Cholestase, Hypoxämie). Eine Erhöhung auf die Art der Lebererkrankung. mehr als den 3fachen Normwert deutet auf eine akute Hepatopathie mit Leberzellnekrose hin. Leichtere Anstiege sieht man Ammoniak ist neurotoxisch und entsteht bei der Proteinverdau- bei Infektionen, Fieber oder Medikamentenapplikation. Die ung im Darm. Über die Pfortader gelangt er in die Leber, wo er zu Halbwertzeit beträgt ca. 3 Tage. Harnstoff synthetisiert wird und so über die Niere ausgeschieden werden kann. Bei Funktionsstörungen der Leber ist diese Syn- Weitere Enzyme theseleistung eingeschränkt und die Blutammoniakwerte steigen Die AP (Alkalische Phosphatase) ist ein an die Mitochondrien- an. Da Ammoniak neurotoxisch ist, kann die Funktion des ZNS membran gebundenes Enzym, das in vielen Organen vorkommt beeinträchtigt werden (hepatoenzephales Syndrom). Aufgrund (Gallengangsepithelien, Osteoblasten). Ein Enzymanstieg wird der Instabilität im Blut sollte eine Bestimmung nur aus unver- bei Cholestase, aber auch nach Applikation von Medikamenten züglich zentrifugiertem und gefrorenem EDTA-Plasma erfolgen. Bilirubin ist ein wasserunlösliches Abbauprodukt des Hämoglobins und wird an Albumin gebunden in die Leber transportiert. Dort wird es in den Hepatozyten glukuronidiert und als wasserlösliche Form mit der Galle in den Darm sezerniert, von wo aus es mit dem Kot ausgeschieden oder reabsorbiert (enterohepatischer Kreislauf) wird. Bilirubin ist kein sensibler Indikator für Lebererkrankungen, da es nicht nur bei Hepatopathien, sondern auch bei Hämolyse (Babesiose, infekt. Anämie, neonataler Ikterus), Anorexie (Inanitionsikterus) und Kolik erhöht sein kann. Beim Pferd ist eine persistierende Hyperbilirubinämie ansonsten gesunder Tiere beschrieben (Morbus Gilbert-Meulengracht, Crigler-NajjarSyndrom). Die Plasmaproteine werden mit Ausnahme der Immunglobuline vor allem in der Leber synthetisiert (Albumin ausschließlich dort). Bei meist schweren und/oder chronischen Leberkrankheiten ist die Synthese dieser Proteine eingeschränkt. Durch deren Messung kann die Syntheseleistung der Leber beurteilt werden. Die diagnostische Aussagekraft der Albuminkonzentration ist nicht sehr groß, da es erst spät im Verlauf einer Lebererkrankung Diagnostic Update zu einer verminderten Synthese kommt. Weiterhin kann die Albuminkonzentration auch bei Nephropathien, Enteropathien, Körperhöhlenergüssen sowie Mangelernährung verringert sein. zur Verfügung: (6 Cent/Anruf aus dem dt. Festnetz) Synthese von Blutgerinnungsfaktoren kommen. Nach klinischer Symptomatik und labordiagnostischer Beurtei- unserer Pferde-Fachberatung gerne 01802 – 838 633 Bei hochgradigen Leberstörungen kann es zu einer verminderten Weiterführende Untersuchungen Bei Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter Autoren: lung können sonographische Untersuchungen und eine Leberbiopsie Informationen über die Schwere der Erkrankung und deren Prognose geben. Die Ätiologie bleibt auch hier häufig unklar. Im Vorfeld einer Leberbiopsie empfiehlt es sich, immer die Gerinnungsfaktoren zu überprüfen. Andrea Hille Dr. Susi Zintner Fachberatung Pferd FTÄ für Pferde, Key Account Manager, Medical Advisor Diagnostische Möglichkeiten bei Lebererkrankungen IDEXX Vet•Med•Labor IDEXX VetLab® System Leberprofil I VetTest® Trockenchemie-Analysegerät Harnstoff-Stickstoff (BUN), ALT, AP, AST (GOT), γ-GT, GLDH, Gallensäuren, Bilirubin, Albumin Leberprofil II (Hund, Katze) wie Leberprofil I + kleines Blutbild, Quick-Test (PT), aPTT, Serumeiweißelektrophorese SNAP® Reader Gallensäuren- und Hormon-Analysegerät Coag Dx™ Gerinnungs-Analysegerät Ammoniak-Bestimmung Bitte beachten Sie, dass die Bestimmung nur aus gefrorenem EDTA-Plasma möglich ist. Vet Med Labor GmbH Division of IDEXX Laboratories Mörikestraße 28/3 D–71636 Ludwigsburg Tel: +49 – (0)1802 – 83 86 33 Fax: +49 – (0) 7141 – 648 35 55 www.idexx.de D-240-0708