Neubewertung der MdE bei unfallchirurgisch
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Neubewertung der MdE bei unfallchirurgisch
Originalbeiträge E. Ludolph, J. Schürmann Neubewertung der MdE bei unfallchirurgisch-orthopädischen Arbeitsunfall- und BK-Folgen in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) Vorschläge der MdE-Gruppe der Kommission „Gutachten“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) Mitglieder: Dr. U. Freudenberg, Dr. V. Kaiser, Dr. E. Ludolph, Dr. J. Schürmann (Leiter), Dr. A. Voigt Vorsitzender der Kommission „Gutachten“ der DGU: Prof. Dr. med. K. Weise, Tübingen Vorwort Seit mehr als 100 Jahren sind die MdEWerte in den Tabellenwerken der deutschen und österreichischen unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtenliteratur überwiegend unverändert [1]. Beispielhaft bewertete das Reichsversicherungsamt bereits 1904 den Verlust eines Beines im Oberschenkel mit einer Erwerbsminderung von 66 2/3 % und den Verlust eines Armes im Schultergelenk mit 80 % [2]. Auf einer Tagung des Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften im Jahre 2001 wurde festgestellt, dass die MdE-Erfahrungswerte den aktuellen Gegebenheiten des Erwerbslebens und den Anforderungen an die Rechtssicherheit nicht mehr entsprechen. Konkret wurde von Wiester [3] entsprechend den Anforderungen an ein antizipiertes Sachverständigengutachten Anschrift der Verfasser Dr. med. E. Ludolph Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Sportmedizin, Sozialmedizin, Chirotherapie Institut für Ärztliche Begutachtung Sonnenacker 62 40489 Düsseldorf Dr. jur. J. Schürmann An der Bellekuhl 14 42781 Haan gefordert, dass die MdE-Tabellenwerte nicht nur ◾◾ Sachkunde auf medizinisch-wissenschaftlichem Gebiet, sondern auch nachweisbare Befähigung auf dem Gebiet der Berufskunde und Arbeitsmarktforschung bedingen, und darüber hinaus ◾◾ Neutralität und Unabhängigkeit, ◾◾ Konkretheit durch klare Formulierungen, inhaltlich stimmig und mit ausreichenden Informationen für die Anwendung im Einzelfall, ◾◾ Aktualität (neuester Stand) der Erkenntnisse und ◾◾ eine besondere Organisationsform erfordern, die sicher stellt, dass die für die MdE-Bewertung maßgeblichen Fachkreise bei der Festlegung und Pflege der aktuellen Tabellenwerte umfassend beteiligt werden. Zusammenfassung Zur Diskussion werden vorgestellt Vorschläge der Kommission „Gutachten“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie zur Neubemessung der MdE-Erfahrungswerte in der gesetzlichen Unfallversicherung unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts, insbesondere der Hilfsmittel, und des gewandelten Allgemeinen Arbeitsmarktes. Schlüsselwörter MdE-Erfahrungs- werte – gesetzliche Unfallversicherung – Hilfsmittel – Allgemeiner Arbeitsmarkt – Begutachtung Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bedürfen.“ Eine Reform der MdE-Einschätzung ist von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) 2015 auf den Weg gebracht worden. Der GFK- (Geschäftsführerkonferenz) Ausschuss „Rehabilitation“ der DGUV hat eine Expertengruppe unter Leitung von Schiltenwolf, Heidelberg, einberufen, die im August 2015 zum ersten Mal zusammen gekommen ist. Mit Ergebnissen ist jedoch nicht vor 2017 zu rechnen. Dies wohl deshalb, weil eine eventuelle Absenkung bisheriger MdE-Werte für die paritätische Selbstverwaltung der DGUV sozialpolitische Brisanz hat. Die ebenfalls gestartete Reform der GdSGrade dürfte insoweit wegweisend sein [7]. Allgemeine Vorgaben Dies fand auch Niederschlag in mehreren Entscheidungen der Sozialgerichte [4] und in kritischen Stellungnahmen in der Literatur [5]. Den Abschluss der langen Diskussion bildete der Beschluss der „Kommission Unfallversicherung“ auf dem Deutschen Sozialgerichtstag Potsdam [6] im November 2012, wonach „2. Die MdE-Erfahrungswerte zu den Folgen von Arbeitsunfällen einer umfassenden und systematischen Überprüfung und Neubewertung nach dem Vorbild der (...) MdE-Empfehlungen zu Berufskrankheiten unter Einbeziehung fachkundiger Personen in Bezug auf die 60 Die berechtigte Kritik an den MdETabellenwerten war 2008 auch für die Kommission „Gutachten“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) Veranlassung, eine Überarbeitung der chirurgisch-unfallchirurgisch- orthopädischen MdE-Erfahrungswerte in die Wege zu leiten. Für die Überarbeitung wurde eine Gruppe aus Verwaltungsjuristen, Sozialrichtern und ärztlichen Gutachtern gebildet. Deren Ergebnisse wurden in den Kommissionssitzungen jeweils erörtert, umfassend diskutiert und letztlich als Grundlage für die weitere Umsetzung beschlossen [8]. MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Ziel der Bemühungen der MdEArbeitsgruppe der DGU in der Besetzung mit Ärzten und Juristen war es, den Nachweis zu erbringen, dass die aktuellen Empfehlungen zur MdE-Bewertung gegenwärtig keine „Allgemeinen Erfahrungssätze“ mehr sind [9], weil sie ◾◾ die aktuelle ständige Rechtsprechung des BSG nicht beachten, ◾◾ den Wandel des Erwerbslebens nicht berücksichtigen, ◾◾ den medizinischen Fortschritt nicht abbilden, ◾◾ keinen Konsens der einschlägigen Fachkreise darstellen, ◾◾ widersprüchliche und uneinheitliche Bewertungen beeinhalten und ◾◾ nicht in einem modernem Verfahren erstellt, aktualisiert und validiert werden. Zum Anstoss einer breiten Diskussion zur notwendigen MdE-Neubewertung für Arbeitsunfall- und BK-Folgegesundheitsschäden wurde 2014 bereits ein umfassender Beitrag in der Zeitschrift „Trauma und Berufskrankheit“ unter dem Titel „MdE nach Hilfsmittelversorgung oder Medikation“ veröffentlicht [9]. Rechtliche Grundsätze der MdE-Bewertung in der GUV (§ 56 SGB VII) 1. Als Bestimmungsfaktor für die Höhe der Rente (neben dem Jahresarbeitsverdienst) zielt die MdE nicht auf den Ausgleich eines geminderten Erwerbseinkommens ab. Vielmehr soll die Minderung der Erwerbsfähigkeit entschädigt werden. Gegenstand dieser finanziellen Kompensation ist eine durch den Arbeitsunfall/die Berufskrankheit geminderte Erwerbsfähigkeit, nämlich die eingeschränkte Möglichkeit zur Einkommenserzielung „auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens“ (§ 56 Abs. 2, S. 1, SGB VII). Diese sog. „Abstrakte Schadensbemessung“ stellt weder auf den Eintritt eines Minderverdienstes ab, noch berücksichtigt sie die konkrete Chance des Versicherten, wieder bestimmte Arbeitsplatzbedingungen zu erfüllen bzw. eine Beschäftigung zu finden (Vgl. auch „Falkensteiner Empfehlung“ [10]). 2. Für die MdE ist deshalb vor allem maßgeblich das Gesamtbild der gesundheitlichen Schäden bzw. die umfassende Leistungseinschränkung (auch unter Berücksichtigung der Wechselwirkung einzelner Störungen). Die MdE-Bemessung hat u. a. nach der Rechtsprechung des BSG [11] auch alle negativen oder positiven Auswirkungen der ärztlichen Behandlungen und sonstiger Heilmaßnahmen (z. B. durch Physiotherapie) – über die unmittelbaren Heilergebnisse hinaus – auf den Leidenszustand insgesamt bzw. die Gesamtbeeinträchtigung (soweit von gewisser Dauer) zu berücksichtigen. Ebenso [12] ist zu berücksichtigen ein (Teil-)Ausgleich von Gesundheitsschäden bzw. funktioneller Beeinträchtigungen durch besondere Therapiemethoden sowie mittelbare Rehabilitationserfolge (soweit durch eine zumutbare Mitwirkung des Versicherten erzielbar – z. B. Überbrückung einzelner Funktionseinbußen durch besondere Medikation zur Steigerung einer beeinträchtigten Leistungsfähigkeit des Gehirns), durch Hilfs- und Heilmittel (Tragen von Körperersatzstücken, (Teil-)Ausgleich der Seh- oder Hörbeeinträchtigung durch Brille/Kontaktlinse oder Hörgerät oder durch eine orthetische/ prothetische Versorgung) [13]. Wird eine medizinisch indizierte und individuell geeignete und zumutbare Orthese/Prothese nicht getragen, so wirkt sich dies nicht auf die (mit einer ausreichenden Akzeptanz bemessene) MdE aus – vor allem nicht erhöhend [14]. Wandlungen der Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens Eine konkrete individuelle Bilanzierung des Anteils der verminderten Arbeitsmöglichkeiten eines Versicherten aufgrund der Gesundheitsschäden infolge seines Arbeitsunfalls/seiner BK (also sein „negatives Leistungsbild“) gegenüber der Gesamtheit der ihm sonst zur Verfügung stehenden Arbeitsmöglichkeiten ist nicht durchführbar. Allerdings sind Erkenntnisse darüber möglich, welche qualitativen und quantitativen Anforderungen die im Erwerbsleben üblichen Arbeitsmöglichkeiten an den Gesundheitszustand und an die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten stellen. Wegweisend sind insoweit die Daten des „Qualifikationsstrukturberichts 2000“ [15] des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und die Aussagen, die im Bericht „Erwerbstätigenbefragung 2006“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) alle sechs Jahre bei der Befragung von 1 ‰ der Erwerbstätigen (ca. 33 000) ermittelt werden [16]). Auf der Basis dieser Daten wurden durch die DGUV erstmals 2005 neue MdE-Werte für Bandscheiben-Folgeschäden der BK Nr. 2108 ermittelt, die bei den MdE-Neuvorschlägen berücksichtigt wurden [17]. Die Ergebnisse der Abb. 1: Der Wandel der Berufsstruktur von 1939 bis 1998 nach zwölf Berufsbereichen (Angaben in %, [15]) MED SACH 112 2/2016 61 Originalbeiträge Abb. 1a: Tätigkeiten, die häufig vorkommen ([16], gewichtete Daten) „Erwerbstätigenbefragung 2012“ haben die Zahlen von 2006 voll bestätigt. Allenfalls geringe Änderungen im Bereich der psychischen Belastungen sind hinzugekommen [18]. Konkrete Wandlungen der Arbeitsmöglichkeiten durch moderne Technik und Einsatz technischer Hilfsmittel (Neue Strategien im Arbeitsschutz) Der Entwicklungsstand des Einsatzes von technischen Arbeitsmitteln zur Reduzierung bzw. Ersatz der körperlichen Arbeit besonders durch Heben und Tragen oder Dauerzwangshaltungen ist bestimmt durch das Inkrafttreten der Lastenhandhabungsverordnung (LastenhandhabV) im Dezember 1996 und der Umsetzung von belastungsmindernden Gefährdungsanalysen im Arbeitsschutz. Typische neue Hilfsmittel sind Minibagger für den Aushub, Transporthilfen verschiedenster Art (Hubfahrzeuge, Rolleinrichtungen, Sackkarren), Miniund Autokräne zum Auf- und Abladen, deckengeführte Transporthilfen und -bänder, Versetzhilfen für großformatige Steine oder Bauelemente, hüfthohe Hubarbeits- und Montageplätze, aber auch vielfältige Maßnahmen zum Ersatz von Stahl -/Metallbauteilen durch Plastik- oder andere Leichtbaustoffe. Ebenso wurde der Einsatz von Aufzügen und Rolltreppen flächendeckend Standard zur Garantie der Mobilität nicht nur von Gehbehinderten – beginnend mit der Gewährleistung eines barrierefreien Zugangs im Außenbereich (Absenkung von Gehwegen an Kreuzungen, Rampen statt Treppen etc.). Es entstanden jedoch in den letzten Jahrzehnten in einzelnen Bereichen auch erheblich erhöhte Arbeitsanforderungen wie z. B. die immer stärkere Abhängigkeit vom Ablesen und der Bedienung von Displays und Tastaturen vielfacher Art, nicht nur am Notebook, PC oder Terminal, weshalb besonders Hand- und Fingerverletzungen sowie Sehbeeinträchtigungen eine neue MdE-Bewertung erfordern können. Auch die Auswirkung von psychischen Belastungen auf die Teilhabefähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben bedarf einer MdE-Neubewertung. Sie war/ist jedoch nicht Gegenstand des Auftrags der MdE-Gruppe der DGU. Medizinische Fortschritte bei Arbeitsunfall- und BK-bedingten Gesundheitsschäden unter besonderer Berücksichtigung der Versorgung mit modernen „Hilfsmitteln“ (Prothesen) In den letzten Jahrzehnten haben die Diagnostik (Sonographie, Computertomographie, Kernspintomographie) und die Therapie von unfallbedingten Gesund- 62 heitsschäden enorme Fortschritte erzielt – z. B. in der Endoprothetik. Eine ähnliche Entwicklung haben die „Hilfsmittel“ erfahren. Es handelt sich insbesondere um Medikamente, Brillen, Kontaktlinsen, digitale Hörgeräte, Orthesen und Prothesen. Eine Lähmung z. B. des Wadenbeinnervs führt zu einem sog. Fallfuß mit einer dadurch bedingten erheblichen Stand- und Gangunsicherheit. Durch eine Orthese (Peronäusschiene, Finnenwinkel) kann die lähmungsbedingte Funktionseinbuße weitgehend kompensiert werden. Die modernen Prothesen (C-Leg, Genium) ermöglichen ein Stehen und Gehen ohne Hilfsmittel - auch unter Last, so dass dies mit den Auswirkungen auf das allgemeine Erwerbsleben einen enormen funktionellen Gewinn darstellt [19]. Allgemeine medizinische Ausgangsvoraussetzungen für die neuen MdE-Bewertungen der MdE-Gruppe der DGU Für alle Fallgestaltungen gilt als generelle Ausgangsvoraussetzung, dass ◾◾ der gesamte Arbeitsunfall-/BKbedingte Gesundheitsschaden im Rahmen des Vollbeweises exakt beschrieben und bildgebend, klinisch (Messbogen, Foto), labormäßig bzw. histologisch dokumentiert ist, ◾◾ Arbeitsunfall- und BK-Folgen konkret zu benennen und eindeutig verständlich mit deutschen Worten (zumindest in Klammern) zu beschreiben sind, ◾◾ ein vorläufiger Ausheilungszustand erreicht ist, ◾◾ ein bestmöglicher Ausgleich/Teilausgleich der unfallfolgebedingten Funktionsverluste für den Bereich des allgemeinen Erwerbslebens vorliegt, ◾◾ die Grundlage der Bewertung allein die isolierten Unfall-/BK-Folgen bezogen auf einen durchschnittlichen Versicherten (m/w) mittleren (Erwerbs-)Alters sind, ◾◾ es nicht darauf ankommt, ob aktuell tatsächlich eine Beschäftigung ausgeübt wird, Arbeitslosigkeit oder ein Rentnerstatus vorliegt, ◾◾ bei Orthesen und Prothesen vom aktuellen Stand der Technik und einer bestmöglichen Versorgung ausgegangen wird, MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge ◾◾ die allgemeine Anerkennung der neuen MdE-Werte durch alle Beteiligten angestrebt, jedoch der Status eines „Antizipiertes Sachverständigengutachten“ nicht erreicht wird, ◾◾ die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ für die neuen MdE-Werte weitestgehend ohne Belang sind, ◾◾ Schmerzen, sonstige Beschwerden und Erlebensvorgänge, die mit dem Gesundheitsschaden medizinisch regelhaft verbunden sind, bereits in den MdE-Werten enthalten sind, ◾◾ in Grenzfällen auch ein zusätzlicher, einvernehmlicher EFL-Test [20] als Aktivitätsnachweis für das „negative Leistungsbild“ bzw. die Teilhabedefizite hilfreich sein kann (Ebenso: ERGOS, IMBA, MELBA der Bundesagentur für Arbeit), ◾◾ Hinweise auf ergänzende Geldleistungen wie Pflegegeld und wegen Kleider-/Wäscheverschleiß vom Gutachter dokumentiert werden sollten. Genereller Hinweis: In der Spalte „Bisher“ sind die aktuellen MdE-Werte – soweit vorhanden – aus den Standardwerken Schönberger/Mehrtens/Valentin [21], Schiltenwolf [22] und Mehrhoff/ Ekkernkamp/Wich [23] ausgewiesen. MdE-Bewertungen nach Gesundheitsschäden an den oberen Extremitäten Gelenkgewichtung: Ob die Mittelgelenke (z. B. Ellenbogengelenk gegenüber Schultergelenk und Handgelenk) die funktionell wichtigsten Gelenke der jeweiligen Extremität sind, ist diskussionswürdig. Neutral-0-Messmethode: Die zulässige Messtoleranz beträgt +/– 10 % des ermittelten Wertes bei Fehlen negativer Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. DGUV „Messblatt für obere Gliedmaßen“ [24]). Schultergelenk Vorbemerkung Die Schulter (Schulterhauptgelenk und Schulternebengelenke) ermöglicht Bewegungen in vier Freiheitsgraden. Nach Verletzungen ist die Gebrauchsfähigkeit betroffen beim Heben, Tragen, Stemmen, Autofahren, Richtunggeben zum Einsatz der Hand, Klemmgriff zwischen Arm und Brustkorb. MdE v. H. Bisher – Verlust oder vollständige Gebrauchsunfähigkeit beider Arme im Schulterhauptgelenk (nicht prothesenfähig) 100 100 – Verlust oder vollständige Gebrauchsunfähigkeit eines Armes im Schulterhauptgelenk (nicht prothesenfähig) 70 80 – Versteifung beider Schultern in Funktionsstellung (Oberarmkopf erhalten) 70 – Versteifung einer Schulter in Funktionsstellung (Oberarmkopf erhalten) 35 – Versteifung beider Schulterhauptgelenke in Funktionsstellung (bei frei beweglichen Nebengelenken) 40 – Versteifung eines Schulterhauptgelenkes in Funktionsstellung (bei frei beweglichen Nebengelenken) 20 30 – Einschränkung aller Bewegungsmöglichkeiten eines Schulterhauptgelenkes konzentrisch um die Hälfte (bei frei beweglichen Nebengelenken) 10 25 < 10 10 Schultergelenk Eckwerte Einzelwerte Vorbemerkungen – Bruch eines Schlüsselbeins knöchern oder mit straffer Pseudarthrose verheilt Eckwerte geben feste MdE-Werte wieder. Sie bilden auch den Rahmen für die Bewertung von Einzel- oder MehrfachGesundheitsschäden auf der Grundlage von MdE-Einzelwerten für die jeweilige Extremität ab. Gebrauchsbeeinträchtigungen: Die Objektivierung erfolgt durch die Bewertung der Beweglichkeit gemäß den Freiheitsgraden im jeweiligen Gelenk: Funktionell bedeutsam sind nur die Bewegungsausschläge nach der Neutral-0-Methode in Bezug auf die Normalwerte und die Ausprägung der Muskulatur, der Beschwielung und des Kalksalzgehaltes im Seitenvergleich. Armlängendifferenzen: Diese sind im üblichen Ausmaß nach Verletzungen im Gegensatz zu den unteren Extremitäten in der Regel funktionell unbeachtlich. – Einschränkung der Schulterbeweglichkeit – Arm vorwärts-/ seitwärts bis 60° (Rotation frei) 25 – wie zuvor bis 90° 15 – wie zuvor bis 60° (Rotation aufgehoben) 30 – wie zuvor bis 90° 20 20 20 30 20 Nervenschäden/Lähmungen – Vollständiger Ausfall eines Achselnervs Amputation/Prothetische Versorgung – Funktions- (Myoelektrische) Prothese als Ersatz eines Armes im Schultergelenk 50 – Prothetischer Ersatz eines Schulterhauptgelenkes mit Einschränkung aller Bewegungsmöglichkeiten konzentrisch um die Hälfte 30 – Prothetischer Ersatz beider Schulterhauptgelenke mit guter Funktion (Vor-/Seitwärtshebung bis 120°) 20 – Prothetischer Ersatz eines Schulterhauptgelenkes mit guter Funktion 20 MED SACH 112 2/2016 63 Originalbeiträge Oberarm/Ellenbogengelenk Vorbemerkung Der Ellenbogen ermöglicht Bewegungen in einem Freiheitsgrad. Oberarm/Ellenbogengelenk MdE Bisher 70 75 Eckwerte – Verlust eines Armes im Oberarm (ab mittlerem Schaftdrittel bis Ellenbogen) – nicht Prothesenfähig – Funktionsverlust der langen Bizepssehne (proximal) < 10 – Funktionsverlust der distalen Bizepssehne 10 Unterarm – Versteifung eines Ellenbogengelenkes in Funktionsstellung bei freier Unterarmdrehung 20 30 Vorbemerkung Einzelwerte Der Unterarm ermöglicht Bewegungen in einem Freiheitsgrad. Typisch sind dafür die Schraubendreherbewegung, der Schlüsselgriff und die Positionierung der Hand (des Handgelenkes). Der erhebliche Rückgang der händischen Arbeit (Lastenhandhabung, Schaufeln, Bohren, Schrauben, Montieren) wird ausgeglichen durch Werkzeug- und Tastaturbedienung (vgl. BIBB-Erwerbstätigenbefragung 2012 [17] und CUELA-Messungen [25] des Instituts für Arbeitssicherheit (IFA) der DGUV). – Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk (Streckung/Beugung: 0-30-120) < 10 10 – Bewegungseinschränkung in einem Ellenbogengelenk (0-30-90) mit hälftiger Einschränkung der Unterarmdrehung (auswärts/einwärts) 25 – wie zuvor bei freier Unterarmdrehung 10 20 Amputation/Prothetische Versorgung – Verlust eines Armes im Oberarm, Funktionsprothese 50 – Prothetischer Ersatz eines Speichenkopfes mit guter Funktion 10 Unterarm MdE Bisher 65 Eckwerte Handgelenk – Verlust eines Armes im Unterarm/im Handgelenk – nicht prothesenfähig 60 Vorbemerkung – Aufgehobene Unterarmdrehung in Funktionsstellung (auswärts/einwärts: 0-40-40) 25 Das Handgelenk hat drei Freiheitsgrade. – Aufgehobene Unterarmdrehung in Pronationsstellung (auswärts/einwärts: 0-80-80) 25 – Aufgehobene Unterarmdrehung in Neutralstellung (0-0-0) 30 30 – Aufgehobene Unterarmdrehung in Supination (80-80-0) 40 40 45 60 MdE Bisher Finger Vorbemerkung Die Neubewertung der MdE hinsichtlich der Folgen von Fingerverletzungen berücksichtigt besonders den gewandelten Allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Kern sind händische Arbeiten wie schweres Heben und Tragen, Schaufeln, Bohren sowie Montieren umfassend durch den Einsatz von Maschinen abgelöst worden, lediglich im Handwerk und Haushaltsbereich sind Greif-, Halte- und Druckbewegungen noch weit verbreitet oder alltagsüblich. Das Bedienen von Tastaturen, insbesondere von Buchstaben- und Zahlenfeldern oder sonstigen Tasten oder Drucktasten durch Berühren, ist nahezu flächendeckend Teil der jeweiligen Arbeitstätigkeit. Elementar ist insoweit das „10-Finger-Schreiben“ auf den Schreibfeldern mit QUERTZ-TastaturAnordnung. Dabei werden jedem Finger bestimmte Buchstaben im Tastatur- Amputation/Prothetische Versorgung – Verlust eines Armes im Unterarm/im Handgelenk – prothesenfähig Handgelenk Eckwerte – Versteifung beider Handgelenke in Funktionsstellung 30 – Versteifung eines Handgelenks (10° hohlhandwärts, 10° speichenwärts) 25 30 – Versteifung eines Handgelenks in Funktionsstellung (10–15° handrückenwärts, 5–10° ellenwärts) 20 30 – Einschränkung der Beweglichkeit in einem Handgelenk um die Hälfte (konzentrisch) z. B. nach handgelenksnahem Speichenbruch, Kahnbein-Falschgelenk (Pseudarthrose) oder Mondbeinnekrose (Mondbeintod) 10 15 – In schlechter Stellung oder mit Falschgelenkbildung verheilte Brüche mehrerer Mittelhandknochen mit Beeinträchtigung der Fingerfunktionen 20 Amputation/Prothetische Versorgung – Totalendoprothetischer Ersatz eines Handgelenkes mit guter Funktion 64 20 MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Finger MdE Bisher – Verlust aller Finger einer Hand 50 50 – Verlust aller Finger beider Hände 80 Eckwerte Fingerverluste (×) Isoliert Daumen Zeigefinger Mittelfinger Ring finger Klein finger MdE v. H. Bisher 25 20 20 10 20 10 20 10 10 10 35 30 30 30 30 30 25 30 40 45 40 40 × 40 40 40 40 × 40 40 × 40 40 50 50 × × × × × Daumen + zweiter Finger × × × × × × × Daumen + zwei weitere Finger × × × × × × × × × × × × × Daumen + drei weitere Finger × × × × × × × × × × × Zeigefinger + ein weiterer Finger × × × × × 50 × × 50 × × × × × × Zeigefinger + zwei weitere Finger × × × × × × × × × × × Mittelfinger + ein weiterer Finger × × Mittelfinger + zwei weitere Finger × Zeigefinger + drei weitere Finger × feld zugeordnet (z. B. den Zeigefingern die Tasten F und J, dem linken Kleinfinger die Bedienung der Großschreibungstaste). Fehlende oder erheblich verkürzte Finger können diesem Tastdruck oder diesen Berührungsaufgaben beim Normal-/Schnellschreiben mit Tastatur nicht nachkommen. × 50 keiten am Gerät dadurch ganz oder teilweise beeinträchtigt werden. Fingerteilverluste im LangfingerMittelgelenk werden dem Gesamtfingerverlust gleichgestellt. Der Daumen hat gegenüber allen anderen Fingern eine herausragende Funktion und Bedeutung für händische Greif-und Haltebewegungen. Alle übrigen Finger werden unter dem Aspekt der Bedeutung im Tast-(Touch) und Schreibfeld gleich bewertet. Die vollständige Versteifung eines Fingers ist dem Verlust gleichzusetzen, da ein gesteuerter Funktionseinsatz z. B. bei Tastaturbedienung nicht mehr möglich ist. Haut- und Nervenschäden an verbliebenen Fingern sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen. Es wird von Narbenverhältnissen ohne weitere Funktionsbeeinträchtigungen und dem Fehlen sonstiger Gesundheitsschäden an der jeweiligen Hand/am jeweiligen Finger ausgegangen. Die Einzelbewertung der MdE ist mit dem DGUV-Messblatt für Finger [26] vorzunehmen. Funktionsbeeinträchtigungen nach Gesundheitsschäden an der Wirbelsäule und am Rückenmark 50 50 25 25 Vorbemerkung 30 25 20 25 30 40 Die Objektivierung erfolgt durch Prüfung der Deformierung, der Achsabweichung, der Muskelverhältnisse und der Beweglichkeit der Wirbelsäule (DGUV „Messblatt Wirbelsäule“ [27]). Die bildtechnischen Befunde stehen bei der Beurteilung der Funktionsprüfung von Gesundheitsschäden an der Wirbelsäule und dem Rückenmark im Vordergrund. Insoweit kommt dem Messblatt „Wirbelsäule“ nur nachrangige Bedeutung zu. Gesundheitsschäden auf neurologischem, psychischem und urologischem Gebiet erfordern eine entsprechende Befundung bzw. Begutachtung und danach ggf. eine „Gesamt“-MdE-Bewertung. Hilfreiche Abgrenzungskriterien ergeben sich aus den HVBG/DGUV„Anhaltspunkten zur Bemessung des Pflegegeldes (§ 44 SGB VII)“ [28]: Z. B. „Verletzungsfolge 5: Verletzte mit vollständiger Halsmarklähmung (Tetraplegiker) – bei erhaltener Eigenatmung. × 30 40 × 30 40 × 50 45 25 20 × 25 25 × 30 35 Für die jeweilige MdE-Neubewertung ist deshalb nachhaltig darauf abgestellt worden, welche Griffe (Spitzgriff, Grobgriff etc.) und welche Tastaturen bewegungsmäßig nicht oder nur noch teilweise bedient werden können (Funktionsverlust). Außerdem wurde berücksichtigt, welche konkreten (Halte-)Tätig- 65 MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge In Abhängigkeit von der Höhe der Schädigung an der HWS sind die Bewegungsmöglichkeiten des Verletzten vollständig bis fast vollständig aufgehoben. Die Funktionseinschränkungen hängen ab von den restmotorischen Fähigkeiten: – Verletzte mit Tetraplegien unterhalb C4 sind bewegungsunfähig. – Verletzte mit Tetraplegien unterhalb C5 sind in äußerst geringem Maße bewegungsfähig (Schulterbewegung, aktive Ellenbogengelenksbeugung, aber ohne Handfunktion). Die Verletzten benötigen bei geeigneten Alarmsystemen keine Pflege rund um die Uhr. – Verletzte mit Tetraplegien unterhalb C6 können nach entsprechender Übung teilweise Handfunktionen ausführen. – Verletzte mit Tetraplegien unterhalb C7/C8 können Funktionen im Bereich von Schulter, Ellenbogen und Handgelenk ausführen. Verschiedene Griffformen sind möglich, jedoch stark abgeschwächt und ausdauernde Sitzstabilität besteht nicht. Bei allen Lähmungshöhen besteht vollständige Rollstuhlabhängigkeit.“ Wirbelsäule und Rückenmark MdE Bisher – Halsmarkschädigung ohne Atemlähmung mit vollständiger Lähmung beider Arme und Beine (Tetraplegiker) 100 100 – Rückenmarkschädigung, beide Beine gelähmt, vollständige Blasen- und Mastdarmlähmung (Paraplegiker), rollstuhlfähig 80 100 – Rückenmarkschädigung mit vollständiger Lähmung beider Beine (Paraplegiker), rollstuhlfähig, ohne Blasen- und Mastdarmlähmung 70 – Versteifung beider oberer Halswirbelsegmente (C0/C2) 30 – Versteifung von zwei Wirbelsegmenten (2. Hals- bis 1. Brustwirbel, 12. Brustwirbel bis Kreuzbein) 20 – Verheilter Bruch eines oder mehrerer Wirbel mit Achsenknick (Keilwirbel > 30°) 20 Eckwerte Wirbelbrüche MdE Bisher – Mit Achsabweichung der HWS (C2 bis C7) oder LWS (Th10 bis L5/S1) stabil verheilter Bruch eines oder mehrerer Wirbel (Achsabweichung > 20° bis < 30°), 20 30 – Achsabweichung (BWS) > 20° bis < 30 10 20 – Ohne Achsabweichung der Wirbelsäule stabil verheilter Bruch eines oder mehrerer Wirbel <10 10 – Abbruch eines oder mehrerer Wirbelfortsätze (Dorn-/Querfortsatz) ohne weitere Gesundheitsschäden <10 < 10 Versteifungen von Wirbelsäulenabschnitten MdE Bisher Eckwerte Wirbelsäule und Rückenmark Einzelwerte Vorbemerkung Versteifung von Segmenten der Halswirbelsäule – Beide obere Segmente (C0 bis C2) – Atlas/Axis (C1/C2) – Hinterhaupt/Atlas (C0/C1) 30 20 10 40 30 15 – Versteifung eines Segments zwischen 2. Hals- und 1. Brustwirbel (C2 bis Th1) 10 15 Das Achsenskelett ermöglicht Bewegungen in drei Freiheitsgraden (Vorneigen/Seitneigen, Rückneigen, Drehen). Bei diesen Gesundheitsschäden sind die Gebrauchsfähigkeit der Extremitäten beim Stehen, Gehen, Sitzen, Bücken, Treppen steigen, Heben und Tragen, Greifen, Stemmen, Autofahren und sonstigen Pedal- und Tastaturbedienungen betroffen. – Versteifung eines Segments der Brustwirbelsäule (Th1 bis Th10) <10 – Versteifung eines Segments der Lendenwirbelsäule (Th 10 bis S1) 10 10 15 Versteifung zweier Segmente – 2. Hals- bis 1. Brustwirbel (C2 bis Th1) – bis 10. Brustwirbel (Th1 bis Th10) – 10. Brust– bis 1. Kreuzbeinwirbel (Th10 bis S1) 30 20 30 20 10 20 Wirbelbrüche Vorbemerkung Die Deformierung eines oder mehrerer Wirbelkörper (z. B. Keilwirbel) ist nur dann funktionsrelevant, wenn diese mit einer Achsabweichung der Wirbelsäule einhergeht. Bei Achsabweichngen in der Frontal- und Scheitelebene geschieht die MdE-Bewertung nur einmal und bezogen auf den stärkeren Achsenknick. Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten Vorbemerkung Korrekt und reizlos einliegendes Osteosynthesematerial begründet per se keine Funktionsbeeinträchtigung. Die vorübergehende Versteifung mindestens zweier Segmente rechtfertigt bis zur Metallentfernung eine Erhöhung der MdE um 10 v.H. 66 Bei einer Achsabweichung der Wirbelsäule mit Versteifung der betroffenen Segmente orientiert sich die Bewertung hauptsächlich an der stärkeren Funktionsbeeinträchtigung. Bei betroffenen Segmenten unterschiedlicher Wirbelsäulenabschnitte erfolgt die Bewertung nach den Grundsätzen zur Bildung einer „Gesamt“-MdE. Der künstliche Bandscheibenersatz wird wie eine Segmentversteifung beurteilt. MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Bandscheibenbedingte Unfallschäden/ Erkrankungen Bandscheibenbedingte Unfallschäden/Erkrankungen [29] (vgl. DGUV-Konsensempfehlungen BK 2108/2110) Vorbemerkung Eckwerte Bandscheibenschäden (Vorwölbung/Vorfall) und deren strukturelle Begleiterscheinungen (Chondrose, Sklerose und Spondylose) ohne neurologische Symptomatik bedingen nur dann eine Funktionsbeeinträchtigung, wenn eine Beeinträchtigung der Segmentbeweglichkeit vorliegt. Ein Bandscheibenersatz ist wie eine Segmentversteifung zu beurteilen. Instabilitäten Vorbemerkung Instabilität ist eine unphysiologische Beweglichkeit von Wirbelsegmenten. MdE Bisher – Lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit schwersten motorischen Störungen; persistierendes, gravierendes Kaudasyndrom; schwerste Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation 50 60 – Lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit starken belastungsabhängigen Beschwerden und motorischen Störungen funktionell wichtiger Muskeln; starke Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation 30 40 – Lokales LWS-Syndrom oder lumbales WurzelkompressionsSyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden; Lumboischalgie mit belastungsabhängigen Beschwerden, deutliche Funktionseinschränkungen, mittelgradige Funktionseinschränkungen nach Operation 20 20 – Lokales LWS-Syndrom oder lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit leichten (auch anamnestischen) belastungsabhängigen Beschwerden und leichten Funktionseinschränkungen 10 10 Instabilität von Bandscheibensegmenten MdE Bisher – Wirbelgleiten von mehr als ½ Wirbelkörperbreite (aus lateraler Sicht) mit stärkeren Funktionseinschränkungen 30 30 – Wirbelgleiten bis ¼ Wirbelkörperbreite (aus lateraler Sicht) 10 10 Eckwerte HWS-Distorsionen HWS-Distorsionen MdE Bisher < 10 <10 Einzelwerte – HWS-Distorsion mit Zerrung der Halsweichteile Schäden an Brustkorb und Becken Gesundheitsschäden des Brustkorbs Funktionsbeeinträchtigungen nach Gesundheitsschäden an den unteren Extremitäten Vorbemerkung MdE Bisher – Brustbeinbruch stabil verheilt (knöchern oder bindegewebig, mit oder ohne Verschiebung < 10 10 – Rippenfrakturen ausgeheilt (knöchern oder bindegewebig, mit oder ohne Verschiebung) < 10 10 Beckenverletzungen/Hüftpfannenfraktur MdE Bisher – Instabile Verschiebung einer Beckenhälfte zwischen 20 und 30 mm 30 40 – Stabile Verschiebung einer Beckenhälfte zwischen 20 und 30 mm 20 20 – Erweiterung der Schambeinfuge über 15 mm, stabil verheilt (mit Beteiligung der Kreuz-/Darmbeinfuge) 20 20 – Stabile Verschiebung einer Beckenhälfte bis 10 mm <10 10 – Erweiterung der Schambeinfuge unter 15 mm, stabil verheilt <10 10 – Ohne wesentliche Deformität fest knöchern ausgeheilter Bruch des Beckenringes <10 <10 Eckwerte Funktionell beachtlich (bei regelhafter Versorgung) sind in der Regel nur Beinlängendifferenzen von mehr als 4 cm. Erst ab dieser Verkürzung ergeben sich MdE-Werte aus Funktionsverlusten, die ausführlich zu beschreiben und zu begründen sind. Hilfreiche Abgrenzungskriterien ergeben sich aus den „DGUVAnhaltspunkten zur Bemessung des Pflegegeldes (§ 44 SGB VII)“ [28]. Eckwerte: Hüftgelenk Vorbemerkung Einzelwerte Das Hüftgelenk ermöglicht Bewegungen in drei Freiheitsgraden. Bei Verletzungen sind die Gebrauchsfähigkeit beim Stehen, Gehen, Sitzen, Treppensteigen, Heben und Tragen, Autofahren und sonstigen Pedalbetätigungen betroffen. 67 MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Hüftgelenk MdE Bisher – Verlust eines Beines im Hüftgelenk oder vollständige Gebrauchsunfähigkeit 60 80 – Lähmung eines Beines bei intakter Gesäß- und Beckenmuskulatur 50 70 – Verlust beider Beine im Hüftgelenk oder vollständige Lähmung 80 100 – Versteifung eines Hüftgelenkes in Funktionsstellung 25 30 – Versteifung beider Hüftgelenke in Funktionsstellung 60 – Einschränkung der Beugefähigkeit eines Hüftgelenks unter 70° oder Streckdefizit ab 20 % 20 30 – Einschränkung aller Bewegungsmöglichkeiten in einem Hüftgelenk um die Hälfte 10 15 – Verlust des Hüftkopfes (OP nach Girdlestone) 40–50 50 – Versteifung eines Hüftgelenks in ungünstiger Stellung (Beispiele: Ausmaß der Beugestellung ab 30°, Innendrehstellung ab 15°, Außendrehung ab 30°, Abspreizung ab 20°) 30–40 40–50 – Schenkelhalsfalschgelenk (Pseudarthrose), instabil mit Gebrauchsbeeinträchtigung (orthesenfähig) 30–40 60–70 – Schwere Arthrose eines Hüftgelenkes (Coxarthrose) mit deutlicher Gebrauchsbeeinträchtigung (z. B. konzentrische B ewegungseinschränkung um die Hälfte) 20–30 30 – Chronische Osteomyelitis eines Hüftgelenkes mit blander Weichteilfistel je nach Gebrauchsbeeinträchtigung 10–20 20 – Isolierte vollständige Lähmung der Gesäßmuskulatur (Nervus gluteus inferior und superior) 20 30 – Vollständiger Ausfall eines Hüftnervs (Nervus ischiadicus) 40 Eckwerte Einzelwerte Prothetische Versorgung – Totalprothetischer Ersatz eines Hüftgelenkes mit Einschränkung aller Bewegungsmöglichkeiten um die Hälfte 30 30 – Totalprothetischer Ersatz eines Hüftgelenks, gute Funktion 20 20 – Totalprothetischer Ersatz beider Hüftgelenke, gute Funktion 20 20 MdE Bisher – Verlust eines Beines im Oberschenkel, auch Kurzstumpf, nicht prothesenfähig 70 80 – Verlust beider Beine im Oberschenkel, auch Kurzstumpf, nicht prothesenfähig 80 100 – Vollständiger Ausfall eines Schenkelnervs (Nervus femoralis) 30 35 Oberschenkel Oberschenkel Eckwerte Einzelwerte – Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) im Oberschenkel, instabil, (orthesenfähig) 30–40 – Ruhende, chronische Osteomyelitis mit blander Weichteilfistel im Oberschenkel je nach Beeinträchtigung 10–20 Amputation/Prothetische Versorgung – Verlust beider Beine im Oberschenkel prothesenfähig, mit aktueller Prothesenversorgung 70 – Verlust eines Beines im Oberschenkel (mit aktueller Prothesen-Versorgung z. B. C-Leg, Genium, Powerknee) 40 Kniegelenk Kniegelenk MdE 100 Bisher Eckwerte Vorbemerkung – Verlust eines Beines im Kniegelenk, nicht prothesenfähig 50 Das Kniegelenk ermöglicht Bewegungen in einem Freiheitsgrad. Betroffen sind die Gebrauchsfähigkeit beim Gehen, Stehen, Sitzen, Treppensteigen, Heben und Tragen, Autofahren und sonstigen Pedalbedienungen. – Verlust beider Beine im Kniegelenk, nicht prothesenfähig 70 – Versteifung eines Kniegelenkes in Funktionsstellung 25 30 – Versteifung beider Kniegelenke in Funktionsstellung 50 80 – Einschränkung der Beugung im Kniegelenk < 50° 20 – Streckdefizit von 30° 20 68 MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Kniegelenk MdE Bisher Einzelwerte – Verlust einer Kniescheibe je nach Streckdefizit (ab 30°) 30 – Instabilität durch kombinierte Bandinsuffizienz des vorderen Kreuzbandes und inneren Seitenbandes, muskulär nicht kompensiert 20 – Lockerung des gesamten Kapselbandsystems eines Kniegelenkes (Wackelknie), Orthese indiziert und orthesenfähig 30 – Schwere Arthrose eines Kniegelenkes (Gonarthrose) oder Kniescheiben-Oberschenkelgelenkes (Retropatellar arthrose) mit deutlicher Gebrauchsbeeinträchtigung (Bewegungseinschränkung über die Hälfte) 20–30 – Chronische Osteomyelitis eines Kniegelenkes mit blander Weichteilfistel je nach Gebrauchsbeeinträchtigung 10–20 20 – Verlust eines Beines im Kniegelenk, prothesenfähig 40 50 – Verlust beider Beine im Kniegelenk, prothesenfähig 50 – Totalprothetischer Ersatz eines Kniegelenkes, gute Funktion 20 20 – Totalprothetischer Ersatz beider Kniegelenke, gute Funktion 20 30 MdE Bisher – Verlust eines Beines im Unterschenkel, auch Kurzstumpf, mit oder ohne Versteifung des Kniegelenkes, nicht prothesenfähig 50 50 – Vollständiger Ausfall eines Wadenbeinnervs 10 20 – Vollständiger Ausfall eines Schienbeinnervs 20 25 – Vollständiger Ausfall eines Schien- und Wadenbeinnervs eines Beines 30 45 Amputation/Prothetische Versorgung Unterschenkel Unterschenkel Eckwerte Einzelwerte – Achsabweichung eines Unterschenkels mit stärkerer X- oder O-Stellung ab 20°, je nach Gebrauchsbeeinträchtigung 10–20 – Chronische Osteomyelitis eines Unterschenkels mit blander Weichteilfistel je nach Gebrauchsbeeinträchtigung 10–20 Amputation/Prothetische Versorgung – Verlust eines Beines in Unterschenkelmitte, prothesenfähig 30 – Verlust eines Unterschenkels mit Versteifung des Kniegelenkes, mit aktueller Prothesenversorgung 40 Sprunggelenk/Fersenbein Vorbemerkung Das Sprunggelenk ermöglicht Bewegungen in drei (zwei) Freiheitsgraden. Betroffen sind die Gebrauchsfähigkeit im Gehen, Stehen, Sitzen, Treppensteigen, Heben und Tragen, Autofahren und sonstiger Pedalbedienung. Sprunggelenk/Fersenbein 40 MdE Bisher – Versteifung eines oberen Sprunggelenks in Funktionsstellung 10 15 – Versteifung eines unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung 10 15 – Versteifung eines oberen und unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung 20 25 – Versteifung eines oberen Sprunggelenks in Spitzfußstellung (mehr als 20°) 20 30 – Versteifung beider oberer Sprunggelenke in Funktionsstellung 20 – Versteifung beider unterer Sprunggelenke in Funktionsstellung 15 Eckwerte Einzelwerte – Einseitiger Fersenbeinbruch, Deformierung des Rückfußes mit Beteiligung des unteren Sprunggelenks 20 – Fersenbeinbruch beiderseits mit Deformation der Rückfüße und Beteiligung der unteren Sprunggelenke 30 Amputation/Prothetische Versorgung – Totalprothetischer Ersatz eines Sprunggelenks, gute Funktion 20 69 MED SACH 112 2/2016 Originalbeiträge Fuss/Zehen Fuss/Zehen MdE Bisher – Verlust eines Fußes im vorderen Sprunggelenk (Chopart) 20 30 – Verlust eines Fußes im oberen Sprunggelenk 30 35 – Verlust beider Füße im oberen Sprunggelenk 50 – Verlust aller Zehen eines Fußes 10 – Verlust aller Zehen beider Füße 20 Eckwerte 20 Einzelwerte – Verlust eines Fußes im Mittelfuß (Sharp) 20 – Chronische Osteomyelitis mit blander Weichteilfistel – je nach Gebrauchsbeeinträchtigung 25 10–20 6 Amputation/Prothetische Versorgung – Verlust des Vorfußes mit Silikonprothese 20 7 Sonstige übergreifende Funktionsbeeinträchtigungen an der unteren Extremität 8 Sonstige übergreifende Funktionsbeeinträchtigungen an der unteren Extremität MdE Bisher Einzelwerte – Beinlängendifferenzen über 4 cm, je nach Stand- und Gang beeinträchtigung (Beinlängenausgleich erfolgt) 9 10–20 – Rückflussstörungen (z. B. nach Thrombosen) mit Schwellneigung (Ödem), Oberschenkelkompressionsstrumpf 10 – Rückflussstörungen (z. B. nach Thrombosen) mit persistierenden Geschwüren je nach Funktionsbeeinträchtigung 20–30 20 10 Kombinationsgesundheitsschäden – Verlust eines Beines im Hüftgelenk und Oberschenkelamputa tion/Beinverlust im Kniegelenk, nicht prothesenfähig 70 – Versteifung beider Hüftgelenke und Verlust einer Hand 90 – Verlust eines Armes im Schultergelenk (nicht prothesenfähig) und Verlust eines Beines im Hüftgelenk – nicht prothesenfähig Literatur 1 Göpfert H.: MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit in Deutschland seit 1871 und zukünftig? Frankfurt/Main: Peter Lang Verlag, 2000 2 Liniger H, Molineus G: Der Unfallmann. 5. Aufl. Leipzig: J.A. Barth, 1945 3 Wiester W: Die MdE: Rechtsgrundlagen und Grundprobleme in „Kolloquium zu Fragen der Erwerbsfähigkeit“ am 10.01.2001. HVGB, St. Augustin, 2001; Pfitzner T: MdE-Bewertung im Spannungsverhältnis zwischen Ärzten, Verwaltung und Gerichten. 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Trauma und BK (2005) HVBG, St. Augustin 18 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Grundauswertung der BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012: www.baua.de/de/Publikationen/ Fachbeitraege/Gd73; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), „Erwerbstätigenbefragung 2012 (2013) 19 DGUV-Formblatt M 2200, Profil- und Mobilitätserhebungsbogen (2010); Stand: 05/13; Greitemann B: Aktuelle Fragen zur Beurteilung von Implantaten und Prothesen des Hüftgelenks – Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit – Fortschritte auf orthopädischem Fachgebiet. MedSach (2008),104; DGUV-Rundschreiben – 0560/2011 vom 29.12.2011: Versorgung mit der Beinprothese „C-Leg“ und „Genium“, 2011 20 EFL – Evaluation funktioneller Leistungsfähigkeit nach S. Isernhagen, Isernhagen work systems. EFL-Akademie, Braunschweig 21 Schönberger A, Mehrtens G, Valentin H: Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Kap. 8.7.6., 8. Aufl., Berlin: Schmidt Verlag, 2010 22 Schiltenwolf M: Einschätzungsempfehlungen. 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