Lea Rauh ERASMUS-Auslandssemester an der
Transcription
Lea Rauh ERASMUS-Auslandssemester an der
Erfahrungsbericht Erasmus-Semester an der Bournemouth University Südwest-England School of Health and Social Care, BA (Hons) Social Work Wintersemester 2011/12 Lea Rauh MA Gerontologie, 4. Semester [email protected] Vechta, 29.08.2012 Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung bei der Gasthochschule) Im Januar 2011 wurde zum ersten Mal ein Studienplatz an unserer neuen Partnerhochschule, der Bournemouth University, ausgeschrieben, und zwar für das Wintersemester 2011/2012. Angesprochen waren alle Studierenden der Sozialen Dienstleistungen. Ich nahm die lang ersehnte Gelegenheit, ein Erasmus-Semester in Großbritannien verbringen zu können, sofort wahr und bewarb mich. Hierfür musste ein Motivationsschreiben auf Englisch angefertigt und zusammen mit dem Lebenslauf, einem Transcript of Records (aktuelle Leistungsübersicht) und einer Auflistung der Wunschkurse an der Gasthochschule beim International Office der Uni Vechta eingereicht werden. Ich habe das Auslandssemester dann im 3. Semester meines Masterstudiums Gerontologie angetreten. Insgesamt dauerte der Aufenthalt in England von Mitte September bis Mitte Dezember, das entspricht einem Term (Trimester). Was die Lehrveranstaltungen angeht, konnte ich leider keine eigene Auswahl treffen, denn zur Verfügung stand lediglich das Kursangebot des ersten Terms (Year One - Level C) im Bachelorstudiengang Social Work. Die Veranstaltungen hießen “Social Exclusion and Discrimination”, “Psycho-social Perspectives of the Lifecourse” und ”Law and Social Policy”. Ich konnte mir glücklicherweise alle drei belegten Veranstaltungen ohne Probleme anrechnen lassen. Wichtig ist, rechtzeitig ein Learning Agreement abzuschließen, in dem festgehalten wird, welche Lehrveranstaltungen der Gasthochschule später anerkannt werden. Außerdem sollte man auch schon klären für welche Module in Vechta man sich die Leistungen aus dem Ausland anrechnen lassen möchte. Weitere Informationen zur Planung der Anerkennung findet ihr hier: http://www.uni-vechta.de/internationales/studieren/outgoing-students/vorbereitung-desauslandsaufenthalts/anerkennung-von-studienleistungen/ Vor der Rückkehr nach Deutschland muss man sich von der Bournemouth University noch seinen Aufenthalt bestätigen lassen. Ein Transcript of Records kann erst ausgestellt werden, wenn alle Prüfungsleistungen abgegeben und benotet wurden, was bei mir zum Zeitpunkt der Abreise noch nicht der Fall war. Alle nötigen auszufüllenden Unterlagen vor und nach dem Aufenthalt wurden mir rechtzeitig vom International Office der Uni Vechta zugesandt. Unterkunft Die Suche nach einer Unterkunft gestaltete sich im Gegensatz zu allem übrigen Organisatorischen eher schwierig. Schon auf der Website der Universität Bournemouth heißt es, dass für Austauschstudenten keine Unterkunft garantiert werden kann. Die Universität verfügt über eine Reihe von Wohnmöglichkeiten für ihre Studenten - Studentenwohnheime und Wohngemeinschaften. Diese werden in einem Online-Anmeldeverfahren vergeben. 1 Zunächst wurde ich dazu aufgefordert hieran teilzunehmen, später wurde mir jedoch mitgeteilt, dass dies aufgrund meines nur 3-monatigen Aufenthaltes doch nicht möglich sei. Empfohlen wurde mir, mich stattdessen auf http://www.bournemouthstudentpad.co.uk/Message-Board.asp nach einer Gastfamilie umzusehen oder mir ein Zimmer in einem sogenannten Studentenhotel zu nehmen. Letzteres habe ich dann auch getan. Es heißt Westover Gardens Student Halls, die Preise für ein Einzelzimmer (es gibt auch Doppelzimmer) liegen zwischen 140 und 180 Pfund (etwa 170-230 €) - pro Woche. Bei drei Monaten kommt da eine stolze Summe zusammen. Ich hatte dafür aber ein wirklich sehr schönes Zimmer (wobei nicht alle Zimmer gleich gut in Schuss sind). Im Preis inbegriffen sind Frühstück und warmes Abendessen. Es stehen aber auch ein großer Kühlschrank und eine Mikrowelle zur Verfügung. Die meisten Gäste im Hotel sind Sprachschüler, vereinzelt trifft mach auch englische oder internationale Studenten. Es gibt noch ähnliche Wohnmöglichkeiten in Bournemouth, z.B. das Wyvern Hotel. Außerdem können Mutige erheblich Geld sparen, wenn sie etwas früher anreisen und selbstständig vor Ort nach einer Privatunterkunft suchen, entweder in Zeitungen oder über Letting Agencies. Während meines Aufenthaltes sammelte die Uni Bournemouth Informationen über die Wohnsituation der Erasmus-Studenten. Diese Informationen sollen zukünftig neuen Austauschstudierenden zu Gute kommen. Nachfragen kann sich also lohnen. Studium an der Gasthochschule Im Jahr 2010 wurde die Universität Bournemouth von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ zur besten neuen Universität Großbritanniens gekürt. Die Uni ist aufgeteilt in zwei Campi, Talbot und Lansdowne Campus. Talbot Campus ist ein bisschen vergleichbar mit Vechta. Alles ist schön nah beisammen. Dort befinden sich Hauptbibliothek, Mensa und Sporthalle. Die School auf Health and Social Care, zu der der BA Social Work gehört, ist Teil des Lansdowne Campus, dessen Gebäude über zwei Straßen verstreut sind. Richtige Campus Atmosphäre kommt da zwar nicht auf, der eindeutige Vorteil des Lansdowne Campus aber liegt in seiner zentrumsnahen Lage: In etwa 15 Minuten ist man zu Fuß im Town Center. Mit 2 dem Bus sind es keine 5 Minuten. Zudem gibt es am Lansdowne Campus auch eine Bibliothek ausschließlich für Health and Social Care, so dass ein Besuch der Hauptbibliothek nicht erforderlich ist. Ein Traum ist zudem der Off-Campus Zugriff von Zuhause auf alle eBooks und e-Journals der Uni! Es spart deutlich Zeit und Aufwand, wenn man nicht für jedes Buch und jeden Zeitschriftenartikel in die Bibliothek muss. In allen drei Kursen bestand die Prüfungsleistung darin, Essays zu schreiben. Zwei davon mussten erst im Januar und Februar eingereicht werden, so dass ich sie von Deutschland aus fertig schreiben konnte. Die Zusammensetzung der Studierenden des ersten Semesters BA Social Work ist sehr gemischt. Es finden sich sowohl junge Leute um die 20 als auch Kommilitonen jenseits des klassischen Studentenalters, die ein Studium neben Familie und Beruf aufnehmen. Für eine angenehme und partnerschaftliche Lernatmosphäre sorgt die Tatsache, dass die Dozenten und Studierenden sich hier bei ihrem Vornamen ansprechen. Überhaupt kümmert sich das Dozententeam gut um die Studierenden und gibt sich Mühe, auch die Erasmus Students zu integrieren. Über die Seminare hinaus gibt es viele nette Internationale und Austauschstudierende an der Uni, mit denen man seine Freizeit sehr gut verleben kann. Um sich untereinander kennenzulernen, hat die Uni eine Woche vor offiziellem Beginn der Vorlesungszeit extra eine Kennenlernwoche für internationale Studierende organisiert, die wie ich finde, extrem hilfreich war. Hier wurde uns die Uni nähergebracht und das englische akademische System, wir hatten Führungen durch Bournemouth, Ausflüge in die Umgebung, Parties und Abendveranstaltungen mit „free dinner“ fast die ganze Woche lang. Es bieten sich wirklich viele Möglichkeiten, neue Freundschaften zu schließen. Eine weitere gute Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen ist, sich einem der zahlreichen selbstorganisierten „Clubs and Societies“ mit einem breiten Angebot aus Sport und Freizeit anzuschließen. In Rahmen der „Freshers‘ Fair“, einer universitätseigenen Messe für Studienanfänger, kann man diese Clubs und Gesellschaften kennenlernen und auch direkt Mitglied werden. Alltag und Freizeit Bournemouth ist eine 163.00-Einwohner-Stadt an der sonnigen Südwestküste Englands und wurde kürzlich zum „happiest place to live“ gekürt. Das Klima ist verhältnismäßig mild. Während meines Aufenthaltes im Wintersemester 2011/12 hatte ich mit dem Herbst besonders Glück – noch am ersten Oktober habe ich mich mit unzähligen Gleichgesinnten am Strand gesonnt und war sogar im Meer. Was für ein Auftakt, was für eine tolle Stadt zum Studieren! Neben dem schönen Strand mit Pier (Seebrücke) inklusive für England obligatorischen Amusements (Halle mit Spielautomaten und Ähnlichem) hat Bournemouth 3 außerdem eine schöne Innenstadt mit allen typischen englischen und internationalen Ketten (natürlich auch mit H&M). Einkaufsstraße und Seaside sind durch einen Park miteinander verbunden und nur wenige Gehminuten voneinander entfernt. Das Busnetz in Bournemouth, auch in die Nachbarorte, ist ausgesprochen gut. Es verkehren hier 2 konkurrierende Busunternehmen, Wilts & Dorset und Yellow Buses. Studentenrabatt gibt es allerdings nur in den Wilts & Dorset Bussen. Was das Nachtleben in Bournemouth angeht, bleibt kein Wunsch offen. Es gibt unzählige Clubs und an jedem Wochentag ist ein anderer von ihnen Haupttreffpunkt der Studentinnen und Studenten. Außerdem besitzt die Students‘ Union (der englische Asta) seinen eigenen Club, die Old Fire Station. Neben Parties (nicht erschrecken vor den gewöhnungsbedürftig knapp bekleideten Engländerinnen mit Mörder-High-Heels) findet dort einmal im Monat eine Comedy Night statt, sowie regelmäßige Konzerte. Während meines Aufenthaltes ist z.B. Ben Howard aufgetreten. Aber auch eine ganze Reihe Bars und Pubs kann Bournemouth aufweisen. Gut ist z.B. „60 Million Postcards“, ein gemütlicher, eher alternativ wirkender Pub, dessen Wände, wie der Name schon sagt, über und über mit Postkarten beklebt sind. Für fortgeschrittene WahlEngländer ist hier außerdem das Pubquiz zu empfehlen. Besonders faszinierend ist ein Ausflug zur Jurassic Coast. benannt nach den unzähligen 4 Fossilien, die sich hier im Kliff finden lassen. Beginnen kann man diesen Ausflug mit der Nummer 50 der Yellow Busses Richtung Swanage. Hier beginnt außerdem der South West Coast Path, Englands beliebtester Wanderpfad, der von hier immer an der Küste entlang bis nach Cornwall führt. Die Uni organisiert für die Internationalen einige Ausflüge. Einer davon steuert die Jurrasic Coast an und bietet neben dem Besuch einer alten Burgruine unter anderem eine spektakuläre Sicht von den Steilklippen. Weitere von der Uni angebotene Touren gehen nach London, Bath, Oxford oder Brighton. Reisebusse (Couches) mit einem gut ausgebauten Liniennetz durch ganz Großbritannien bieten zudem eine relativ günstige Möglichkeit für selbstständige Kurztrips. Die Anbieter, die in Bournemouth halten und im Internet gebucht werden können, sind National Express, Greyhound und Mega Bus. Fazit Ich hatte eine großartige Zeit in Bournemouth und schon wenn ich diesen Bericht hier schreibe, würde ich am liebsten auf der Stelle wieder zurückfahren! Mein Englisch hat sich noch einmal erheblich verbessert und meinem Blick auf die Sozialen Dienstleistungen in Deutschland kann ich nun Wissen über ein soziales System eines anderen Landes gegenüberstellen. Darüber hinaus, und das ist eigentlich noch wichtiger, habe ich viele nette Menschen getroffen und viele tolle Orte und Städte gesehen. England und Großbritannien sind mir ans Herz gewachsen! Ich kann jedem, der es irgendwie einrichten kann, nur empfehlen, ein Semester an der Bournemouth University zu verbringen. Keiner sollte vor der nötigen vorherigen Organisation zurückschrecken, denn der Aufwand ist vergleichsweise gering und wirklich gut zu bewältigen bei einer Vorlaufzeit von über einem halben Jahr, die einem zur Verfügung steht. 5