Frau mit Flügel

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Frau mit Flügel
DAS STUDENTEN-MAGAZIN
I
HEFT 3
I
MAI 2013
B E S S E R E S S E R Die Mensen und ihre Probleme mit Veganern
S P I T Z E N S P O R T L E R Das riskante Leben der College-Basketballer
L U X U S S T U D E N T E N Monaco und seine Millionärs-Uni
Frau mit Flügel
Die Karriere der Klavierstudentin Olga Scheps
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I N H A LT
14 Ungewöhnliche Karriere: Wie Olga Scheps zu einer
der erfolgreichsten Klavierspielerinnen Europas wurde.
34 Unheimlicher Erfolg: Rechtsmediziner Michael
Tsokos ist ein Popstar. Teil 6 der Serie »Beste Professoren«.
18 Tödliche Diagnose: In einem Seminar trainieren
Mediziner, schlechte Nachrichten zu überbringen.
40 Anstrengende Wanderung: Badische Senioren führen
ausländische Studenten durch den Schwarzwald.
20 Fleischlose Kost: Wie Mensen versuchen, auch
Vegetarier und Veganer glücklich zu machen.
42 Spannender schreiben: Hobby-Schriftsteller lernen
in einem Kurs, wie man einen guten Roman verfasst.
24 Krankes Grünzeug: Ein Pflanzendoktor rettet Blätter
und Blüten – Teil 14 der Serie »Bizarre Berufe«.
44 Eines Nachts in Kaiserslautern: Viele Kneipen in
K-Town sind fest in der Hand amerikanischer Soldaten.
26 Schlechte Absicherung: College-Basketball ist ein
Milliardengeschäft. Nur die Spieler profitieren nicht.
TITVELBILD: THOMAS RABSCH, MAKE UP / HAIR: JENNY RÖHRIG; CHRIS SZAGOLA/ZUMA PRESS/CORBIS (O.R.);
KATRIN BINNER (U.R.); REBECCA MARSHALL (U.L.); THOMAS RABSCH (O.L.)
30 Stinkreiche Studenten: An der Uni in Monaco
bereiten sich Hochschüler auf ein Leben im Luxus vor.
04
INTRO
48
LESEN
06
CAMPUS
49
SEHEN
47
HÖREN
50
ICH BIN ICH
14
26
Pianistin Olga Scheps übt bis zu acht Stunden am Tag – und
scheut sich nicht, auch mal bei Stefan Raab zu spielen.
College-Star Kevin Ware begeistert ein Millionenpublikum.
Trotzdem verdient er mit seinem Sport noch keinen Cent.
30
50
Iimura Nobuhiko und seine 400 Kommilitonen in Monaco lieben
Luxushotels, Yachten und Maseratis. Aber studieren sie auch?
Linda Kays mag es extrem: Sie steht auf Knallrot, schaut Horrorfilme und läuft Marathon – Teil 5 der Serie »Ich bin ich«.
3/2013 UniSPIEGEL
3
DIRK SCHELPMEIER
INTRO
4
UniSPIEGEL 3/2013
TECH N I K & D E S IG N
Öffentliche
Abschirmung
Dieser Helm sei leicht und
angenehm zu tragen,
behaupten die zehn Designstudentinnen aus Detmold,
die ihn entworfen haben. In
überfüllten U-Bahn-Waggons
oder beim Kinobesuch dürfte er dem Träger allerdings
erhebliche Akzeptanzprobleme bereiten. Unabhängig
davon ist die Idee hinter der
sperrigen Tarnkappe sehr
zeitgemäß: Die kristallförmige Konstruktion namens
ownzown, von innen transparent, von außen blickdicht,
soll ihrem Träger auch im öffentlichen Raum eine Privatsphäre für die ungestörte
Nutzung von Kommunikationstechnik verschaffen.
Man kann im Schutz des
Monsterhelms auch im ICE
geheime Dokumente oder
Fotos auf seinem Tablet sortieren. Und dank der schallschluckenden Innenraumbeschichtung aus Filz schaut
im überfüllten Restaurant
keiner pikiert, wenn man
intimste Telefonate mit dem
Bankberater oder der
Psychotherapeutin führt. »Wir
haben ownzown auch mit
einem Augenzwinkern entworfen«, sagt Jungdesignerin
Mareike Nunnenkamp, 28.
Doch dass man sich mal in
der Öffentlichkeit abschirmen wolle, das kenne ja jeder. Weitere Infos zum
Produkt gibt es auf der Website ownzown.de.
3/2013 UniSPIEGEL
5
CAMPUS
A S TA / F I N A N Z P R O B L E M E
Für 8394 Euro kann man 600 Kisten gutes
Pils kaufen. Oder 600 Flaschen QualitätsWodka. Anspruchslose können das Geld
auch in 700 Kisten Billig-Bier und 100 Flaschen Fusel zum Nachspülen umsetzen.
Auf jeden Fall lässt sich ordentlich picheln
von der Kohle. Getränke im Gegenwert
von 8394 Euro sind laut eines Revisions-
berichts beim AStA der Universität Wuppertal verschwunden, der sich zu einem
Großteil aus Beiträgen der Studenten finanziert. Der AStA hatte im Wintersemester 2011/2012 rund 25 Veranstaltungen
organisiert, darunter »etwa fünf privater Natur«, heißt es im Bericht. Irgendwann habe
dann offenbar »keine Abrechnung mehr«
Beim AStA der Uni Wuppertal sind offenbar Getränke im Wert von 8394 Euro verschwunden
B U S R E I S E N / O N L I N E - FA H R P L A N
Es fährt ein Bus nach überall
Die Bahn ist zu teuer, die Mitfahrgelegenheit manchmal unzuverlässig, und mit dem Fahrrad fährt es sich schlecht von Kiel nach
Freiburg: Der Bus ist deshalb eine echte Alternative. Bis 2012
galt noch ein Verbot aus dem Jahr 1934, das die Bahn vor öffentlichem Fernverkehr auf der Straße schützen sollte. Doch seit Jahresbeginn ist dieses Verbot aufgehoben, und Reiseunternehmen
eröffnen eine neue Verbindung nach der anderen. Drei Karlsruher
Studenten helfen nun mit der Internetsite busliniensuche.de dabei,
das beste Angebot zu finden. »So tragen wir dazu bei, dass kleine
6
stattgefunden, und so kam es zu dem beanstandeten »Getränkeschwund«. Die Prüfer, die vom Studentenparlament beauftragt wurden, ziehen nach dem Blick auf
die AStA-Finanzen das Fazit: »Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit den
Geldern und dem Eigentum der Studierendenschaft ist weitgehend nicht feststellbar.« Auffällig oft seien nämlich »Unregelmäßigkeiten« bei den Abrechnungen von
»Musikern, DJs und anderen Personen«
festgestellt worden. Überdies konnte ein
Computer samt BluRay-Brenner laut Prüfbericht »auch nach mehrfachen Nachfragen beim AStA-Vorsitz und verschiedenen
Referenten« nicht aufgefunden werden.
Der AStA Wuppertal gab gegenüber dem
UniSPIEGEL keine Stellungnahme zu den
Vorwürfen ab. Fragwürdiges Finanzgebaren ist bei deutschen Studentenvertretern
in den vergangenen Jahren immer wieder
festgestellt worden. Große Unregelmäßigkeiten gab es zum Beispiel beim AStA der
Uni Duisburg-Essen, dessen Büro erst
Ende April von der Staatsanwaltschaft
durchsucht wurde; zwei AStA-Referenten
sollen Geld veruntreut haben. Anderswo
wurden die Beiträge der Studenten in Sexclubs getragen, in überteuerte Konzerte investiert oder bei privaten Partys verjubelt
(UniSPIEGEL 1/2012).
Busunternehmen am Markt bestehen können und es nicht zu einem
Monopol kommt«, sagt Wirtschaftsingenieur Martin Rammensee,
26, der die Website gemeinsam mit seinem Kommilitonen Frederic
Bartscherer, 24, und dem Informatiker Sebastian Stehle, 25, betreibt. Die Site ist so schlicht aufgebaut wie eine Suchmaschine,
man gibt einfach Start, Ziel und Datum der Reise ein, schon werden
die unterschiedlichen Angebote der Busunternehmer eingeblendet.
Zudem kann die Internetseite anzeigen, ob das Fahrzeug etwa mit
drahtlosem Internet ausgestattet ist, Platz für große Gepäckstücke
bietet oder ob man sogar das Fahrrad mitnehmen kann. Bisher ist
das Ticket noch nicht direkt auf der Seite zu buchen, aber das soll
sich bald ändern. Schon jetzt wird busliniensuche.de 1,5 Millionen
Mal pro Monat aufgerufen.
UniSPIEGEL 3/2013
WALTER G. ALLGÖWER / MAURITIUS IMAGES / IMAGEBROKER (L.); PHIL STRUCK (R.)
Dubioser Getränkeschwund
CAMPUS
U N I - L E R N E N / K O N T R O L LW A H N
Kluges Buch
Der Traum einiger Lehrer und Professoren
könnte bald wahr werden – und damit auch
der Alptraum mancher Schüler und Studenten: Die Texas A & M University sowie acht
weitere Colleges in den USA testen EBooks, die darüber Auskunft geben, ob und
wie sie von ihren Lesern verwendet werden.
Die Software CourseSmart, eine Erfindung
frisch aus dem Silicon Valley, lässt Professoren nachvollziehen, ob und wie lange ihre
Studenten Lernbücher lesen. »Das Programm ist eine Art Big Brother, aber mit
guter Absicht«, sagt Tracy Hurley, Chefin
der Wirtschaftsfakultät an der Texas A & M,
in einem Interview mit der Zeitung »International Herald Tribune«. Die Erfinder von
CourseSmart versprechen, dass ihre Technologie das Lernen effektiver und lebensnaher gestalte. In den USA sollen bereits
mehr als dreieinhalb Millionen Schüler, Studenten und Lehrer die Software installiert
haben. Kritiker warnen vor Überwachung.
Außerdem sei es leicht, die Technik zu überlisten: Studenten könnten die Bücher einfach öffnen, liegen lassen und in der Zwischenzeit etwas ganz anderes tun.
INTERVIEW
»Bodensatz des
Journalismus«
Die Dortmunder Journalistik-Studenten Mats
Schönauer, 24, und Moritz Tschermak, 25, betreiben den Blog topfvollgold.de und nehmen
darin die deutsche Regenbogenpresse aufs
Korn.
UniSPIEGEL: Herr Schönauer, Herr Tschermak, Sie be-
schäftigen sich intensiv mit der Yellow Press. Was haben
Sie herausgefunden?
Tschermak: Es ist wirklich grotesk, woraus diese Hefte ihre
Geschichten stricken. Die »Freizeit Revue« titelte kürzlich
»Geheimnis um Oliver Geißens Tochter«. Die Geschichte
dahinter handelte dann von einem Taekwondo-Turnier in
Sindelfingen, das sie gewonnen hatte. Das war schon alles.
Unser Blog liefert eine Menge Gesprächsstoff für die WGKüche.
Schönauer: Oft vergeht uns dabei aber das Lachen. Die
Zeitschrift »Promi Welt« warf der norwegischen Prinzessin
Mette-Marit vor, sie hätte in Indien Kinder entführt. Dabei
passte sie laut der Berichterstattung im Heft nur auf die
Kinder eines befreundeten Paares auf. Boris Becker wurde
auf dem Oktoberfest mit einer Maß Bier fotografiert. Im
Artikel wurde dann der Eindruck erweckt, er sei alkoholkrank.
UniSPIEGEL: Wie kamen Sie dazu, Magazine wie »Freizeit
Revue«, »Die Aktuelle« oder »Frau Aktuell« so genau zu
studieren?
Schönauer: Wir standen im Supermarkt vor einer Wand
von Zeitschriften – alle hatten peinliche Namen und min-
3/2013 UniSPIEGEL
destens jede zweite Heidi Klum auf dem Cover. Wir haben
uns gefragt: Was steht da eigentlich drin?
Tschermak: Als wir dann einige Hefte gelesen hatten, waren
wir uns einig: Wir beschäftigen uns mit dem Bodensatz
des deutschen Journalismus. 73 Zeitschriften haben wir
ins Visier genommen, von denen im Jahr etwa eine halbe
Milliarde Exemplare gedruckt werden. Selbst die Medienkrise scheint der Regenbogenpresse nichts anhaben zu
können.
UniSPIEGEL: Sie lesen jede Woche all diese Titel?
Schönauer: Nein, dazu haben wir neben unserem Studium
nicht die Zeit. Wir wählen jede Woche die Hefte mit besonders reißerischem Cover. Die »Promi Welt« ist unser
verlässlichster Lieferant, was die Blog-Einträge angeht.
UniSPIEGEL: Hat sich schon ein Macher der entsprechenden Publikationen gemeldet?
Tschermak: Nein, aber wir arbeiten daran, unser Angebot
auszubauen. Wir wollen künftig auch mit den Opfern der
Regenbogenpresse sprechen und mit Medien-Anwälten.
UniSPIEGEL: Sie studieren Journalistik und stehen kurz
vor Ihrem Abschluss. Bei der »Promi Welt« werden Sie
nach dem Studium eher nicht anheuern?
Schönauer: Vielleicht doch. Aber wenn, dann undercover.
7
CAMPUS
DESIGNER / WETTBEWERB
Was isst du?
Wie gut kann ein Hähnchen schmecken, das nur ein paar Zentimeter Platz zum Leben hatte? Warum geben Menschen viel Geld
für Kleidung, Elektronik und Unterhaltung aus, aber sparen beim
Essen? Muss jeden Tag ein Schnitzel oder ein anderes Stück
Fleisch auf dem Teller liegen? Über 530 Design-Studenten aus
ganz Deutschland haben sich für den Wettbewerb »Was isst du?«
des Deutschen Studentenwerks kritisch mit diesen Fragen aus-
einandergesetzt und Plakate dazu entworfen. Die Entwürfe, die
einer Fachjury am besten gefallen, werden am 9. September 2013
in Berlin geehrt. Der UniSPIEGEL zeigt eine Auswahl von Plakaten,
die die Redaktion für besonders gelungen hält. Wie intensiv sich
Deutschlands Hochschüler mit dem Thema gesunde und ökologisch sinnvolle Ernährung beschäftigen, ist in diesem Heft auch
ab Seite 20 zu lesen.
2
2
3
1 »cheap«, Tabea Dölker,
Fachhochschule Mainz
1
4
12
000
junge Türken
8
Tellerrand«, Janine Altmann,
Fachhochschule Düsseldorf
3 »Konsum ist Politik«, Melissa
Klingelhöfer, Hochschule
RheinMain
4 »Was isst_enthält mein
Essen«, Hannah Rabenstein
und Christopher Civitillo,
Georg-Simon-OhmHochschule Nürnberg
begannen im vergangenen Jahr ein Studium in den USA. Aus keinem Land Europas
kamen mehr Gaststudenten. Auf Platz zwei folgt Deutschland mit 9300, dann Großbritannien mit 9100 Studenten, wie eine aktuelle Studie des Institute of International
Education in New York belegt. Die jungen Türken mögen an den USA vor allem
ihre Offenheit für internationale Studenten und die englische Sprache. Außerdem
sind die Chancen auf einen Studienplatz in den USA mitunter höher als in der
Türkei. Dort sind die Aufnahmetests zuweilen sehr schwer.
UniSPIEGEL 3/2013
V.L.N.R.: T. DÖLKER; J. ALTMANN; M. KLINGELHÖFER; H. RABENSTEIN, C. CIVITILLO
2 »Der Blick über den
Mobility Solutions | Energy & Building Technology | Automation & Control | Consumer Goods | Healthcare
Die Bosch-Philosophie:
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CAMPUS
STUDENTENZIMMER / MÖBELFOLIEN
Ein Kleid für Billy
Das durchschnittliche Studentenzimmer ist oft mit alten und eher
tristen Möbeln vollgestellt. Einige kommen vom Sperrmüll, andere
aus Papas Keller oder von Ikea. Mit einem kleinen Trick kann die
Einrichtung künftig deutlich schicker aussehen. Die drei Maschinenbaustudenten Marc Wimmer, 28, Daniel Wehle, 27, und der
Informatiker Matthias Hillert, 27, von der Hochschule Konstanz
entwickelten mit Hilfe von Kommilitonen aus dem Fachbereich
Design etliche Hightech-Deko-Folien, mit denen sich Schränke,
Kommoden oder Regale passgenau bekleben und verschönern
lassen. Seit sechs Wochen bieten sie die Möbelhüllen nun auf
ihrer Website Creatisto.com an. Dort kann sich jeder ganz in Ruhe
durch die Design-Folien und 400 Motive klicken und sie nach Farbe, Größe, Preis oder Form sortieren. Unter anderem gibt es Entwürfe in den Maßen von bekannten Ikea-Möbelstücken wie BillyRegalen oder Malm-Kommoden. Die Preise variieren zwischen
knapp 20 und 70 Euro pro Klebesatz. Die Folien sind beständig
gegen Sonnenlicht, vertragen Wasser und blättern daher auch
Mit der Deko-Folie sieht die Ikea-Kommode gleich schicker aus
nicht ab, wenn man die Front mal mit einem feuchten Tuch abwischt.
»Das ist erst der Anfang, wir wollen mit Creatisto noch wachsen«,
sagt Wimmer. Zurzeit arbeiten die drei Firmengründer an einer
App für Smartphones. Mit der sollen die angebotenen Folien auf
das Foto seines Kleiderschranks oder eines anderen Möbelstücks
projiziert werden. Kann man die umdekorierte Möbelfront nach ein
paar Jahren nicht mehr sehen, lässt sich die Folie spurlos wieder
abziehen.
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CAMPUS
P R Ü FU N G S D R U CK / K U S CH E LT I E R E
MCPHOTO / VARIO IMAGES (R.)
Streicheln gegen
den Stress
Sie sind ja so süß: Hundewelpen, kleine
Kläffer, kaum ein Jahr alt. Wenn sie spielen,
tollen, leise bellen. Wer kann schon an etwas Schmerzhaftes oder Anstrengendes
denken, wenn die Hand durch ihr Fell gleitet? Eben. Die Universität Aberdeen in
Schottland hat daher einen Welpen-Raum
für gestresste Studenten eingerichtet. Die
Hochschüler können dort nach Herzenslust
mit kleinen Hunden schmusen, dazu gibt
es Obst, Smoothies und auf Wunsch ein
bisschen Yoga. Ein ähnliches Angebot gibt
es seit einigen Monaten auch an der Dalhousie-Universität im kanadischen Halifax:
Anstatt zum Stressabbau einen Liter Kaffee
zu trinken oder eine Schachtel Zigaretten
zu rauchen, können die Studenten dort vor
einer Prüfung im »Puppy Room« junge Hunde herzen. Der Andrang im Streichelzimmer
in Dalhousie war zu Beginn der Aktion so
groß, dass die Studenten anstehen mussten, um die Hunde drücken zu dürfen. Auch
an der renommierten Harvard Medical
School, der Yale Law School, der Kent
State University in Ohio und am Macalester
College in Minnesota können sich niedergeschlagene Studenten Therapiehunde
ausleihen – genauso schnell und einfach
wie ein Buch. Wie gut die Angebote dem
Seelenfrieden von Studenten wirklich tun,
haben kürzlich Wissenschaftler der Universität Hiroshima herausgefunden. In ihrem
Aufsatz »The Power of Kawaii« beschreiben
sie eine Reihe von Experimenten, die nachweisen, dass sich das Streicheln junger
Hunde sehr positiv auf die Konzentrationsfähigkeit auswirkt. Leider konnte bis heute
kein betroffener Hund oder Welpe befragt
werden, wie er es findet, im Akkord von gestressten Studenten geknuddelt zu werden.
Hunde fördern die Konzentrationsfähigkeit
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Ganz schön
erfolgreich
Klavierstudentin Olga Scheps ist überdurchschnittlich
talentiert und übt bis zu acht Stunden am Tag. Es hat
aber wohl noch andere Gründe, dass sie Karriere in der
kriselnden Klassikbranche macht: Sie sieht gut aus,
versteht etwas vom Geschäft und scheut sich nicht, auch
mal bei Stefan Raab zu musizieren.
VON DAVID KRENZ (TEXT) UND THOMAS RABSCH (FOTOS)
Ein Abend im April. Über 500 Gäste im Mozartsaal der Alten
Oper Frankfurt. Auf der Bühne ein Konzertflügel. Eine junge
Frau tritt lächelnd hinter dem Vorhang hervor und setzt sich
auf die Bank am Piano. Sie trägt eine schwarze Stoffhose, flache
Schuhe, die Haare hochgesteckt. Eine Dame in Reihe 7 seufzt
gerührt. Wie bezaubernd die Frau auf der Bühne doch ist, soll
das wohl heißen: So jung, so talentiert, so schön.
Die Pianistin heißt Olga Scheps und peitscht an diesem Abend
durch Schuberts Impromptu, gleitet aufrecht durch die Ungarische Melodie und macht bei Brahms’ drei Intermezzi den
Katzenbuckel. Zwei Stunden voller Körpereinsatz, zwei Stunden
perfektes Spiel und großartige Interpretationen.
»Schade!«, ruft jemand, als Scheps nach der zweiten Zugabe
hinter dem Vorhang verschwindet. Kurz darauf taucht sie im
Foyer wieder auf: Signierstunde. »Ihre Sanftheit ist außergewöhnlich!«, lobt eine ältere Dame, die jetzt endlich an der
Reihe ist und Scheps ein CD-Booklet zum Unterschreiben
reicht. Sie habe das Konzert genossen bis zum Schluss, dabei
sei Schubert eigentlich nicht ihr Ding. Auch der Mann vom
Verkaufsstand ist selig. »Die CDs von der Olga sind richtig gut
weggegangen«, sagt er.
Olga Scheps, 27 Jahre alt, Tochter eines Musikprofessors und
einer Klavierlehrerin, gehört zu den derzeit erfolgreichsten
und gefragtesten Pianistinnen Europas. Sie spielt in manchen
Monaten acht Konzerte, trat in den USA und in Asien auf,
gewann wichtige Musikpreise, unter anderem einen Echo.
14
Außerdem macht sie Werbung und wird hin und wieder in
TV-Sendungen eingeladen. Kaum zu glauben, dass sie nebenbei
auch noch studiert. »Ich habe aber einige Male verlängern müssen«, sagt sie.
Seit 1999 geht Olga Scheps auf die Hochschule für Musik und
Tanz in Köln, Deutschlands größte Musikhochschule mit insgesamt 1600 Studenten. Für das Hauptfach Klavier bewerben
sich jedes Jahr 100 junge Menschen, 20 werden genommen.
Wer sich durchsetzt, gehört zu einem erlesenen Kreis. Die
Chance, es so weit zu bringen wie Olga Scheps, geht trotzdem
gegen null.
Für eine Studie zum Thema »Von der Musikhochschule auf
den Arbeitsmarkt« wurden 50 Klavierspieler mit Abschluss
befragt: Keiner von ihnen hatte es dorthin geschafft, wo er hinwollte. Die meisten Studienteilnehmer arbeiten als Privatlehrer
und geben kleine Konzerte. Einige leben von einem Einkommen, das knapp über Hartz-IV-Niveau liegt. Das alles ist ernüchternd – und geht zum Teil auf das Konto der Universitäten,
die die jungen Musiker viel zu wenig auf den harten Berufsalltag
in einer kriselnden Branche vorbereiten.
An einem Frühlingsdonnerstag schiebt Olga Scheps mal wieder
einen Tag in der Hochschule ein. Nur ein paar Minuten sind
es von ihrer Wohnung zur Uni, die weniger nach einem Hort
gehobener Tonkunst, sondern wie ein typischer Hochschulbau
der Siebziger aussieht: viel Beton, wenig Licht. Drinnen laufen
junge Frauen mit Geigenkoffern in der Hand, hocken Studenten
UniSPIEGEL 3/2013
Starpianistin Scheps:
An der Hochschule
für Musik und Tanz in Köln
sorgt sie für Aufsehen
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UniSPIEGEL 3/2013
THOMAS RABSCH (L.); GIESEN/CARO (R.)
wenn man schön sei, lautet der gängige
Vorwurf. Tatsächlich ist in den Klassikregalen der Plattenläden mittlerweile auffällig viel nackte Haut zu sehen. Als die
chinesische Pianistin Yuja Wang in Los
Angeles im orangefarbenen Minikleid
musizierte, schrieb ein Kritiker: »Noch
ein paar Zentimeter knapper, und das
Konzert hätte nicht mehr jugendfrei sein
dürfen.« Ein Kommentar zu Lola Astanovas YouTube-Auftritt im kurzen Lederrock lautet: »Exzellente Interpretation.
Aber ich bin nicht sicher, ob das der einzige Grund ist, warum ich das Video heute zum hundertsten Mal spiele.«
Auch im Klavierforum clavio.de wurde
kürzlich heftig diskutiert, ob sich Sex und
Klassik so gut vertragen. Mitglied »chiarina« stimmte es »sehr nachdenklich, dass
Olga Scheps an ihrem Arbeitsgerät: »Ich muss üben, reisen, auftreten«
viele Menschen Olga Scheps kennen, aber
nicht die viel bessere Pianistin Sofya Guüber Notenblättern, machen junge Männer Fingerübungen am lyak«. Blogger »semilakovs«, studierter Pianist, kritisiert Scheps’
Saxofon. Eine inspirierende Atmosphäre. Doch wenn Olga Gastspiel bei Stefan Raab: »Solche Auftritte sind ja kein Zufall,
Scheps über die Uni spricht, dann klingt das manchmal so, als sondern PR-Strategie«, schreibt er, »die Pianistinnen werden
habe sie nicht wegen, sondern trotz ihres Studiums Karriere dazu nicht gezwungen – sie müssen nur dazu bereit sein und,
sagen wir mal so, auch optisch geeignet.«
gemacht.
Man könnte es als Debatte jener abtun, die einer Konkurrentin
»Ich muss üben, reisen, auftreten und mich auf die Prüfun- den Platz im Licht neiden. Aber auch mancher Musikkritiker
gen vorbereiten. Das ist zeitlich echt schwer«, sagt sie. Dennoch nährt unterschwellig den Verdacht, Scheps habe ihren Erfolg
hat Scheps nach ihrem Einser-Diplom im vergangenen Jahr in erster Linie ihren Haselnussaugen und weichgezeichneten
noch ein Konzertexamen drangehängt – »weil die musikalische Albumcovern zu verdanken.
Ausbildung nie aufhört. Wir spielen ja nicht einfach intuitiv, Scheps nervt das Gerede. »Ich traue dem Publikum viel zu«,
sondern müssen das Material erforschen, das wir interpretie- sagt sie. »Die lassen sich kein hübsches Gesicht vorsetzen, und
ren«. Einmal im Monat trifft sie nun ihren Professor Pavel Gi- dann spielt die Frau dazu nur Mist zusammen.« Aber fürchtet
lilov am Flügel in Zimmer 215, feilt mit ihm an Ausdruck und sie nicht, durch ihre Präsenz in TV-Unterhaltungsshows den
Technik. Einzelunterricht macht einen großen Teil des Musik- Respekt jener zu verlieren, die fordern, E-Musik müsse ernststudiums aus. Ihre Kommilitonen kennt Olga Scheps daher so haft bleiben? »Ich finde nicht, dass Klassik eingegrenzt werden sollte«, sagt Olga Scheps, »sie gehört überall hin.« Über
gut wie gar nicht.
die Einladung in Helge Schneiders Show hat sie sich gefreut,
Umgekehrt ist das freilich anders.
Steward, ein kleiner Franzose in Turnschuhen und Lederjacke, bei einem seiner Auftritte in Köln habe sie Tränen gelacht.
hält der Starpianistin an einer Treppe Stift und Hefter vor die Und überhaupt: Sie wisse, was sie geleistet habe für ihren
Nase. Sie wirkt erst ein wenig irritiert, kritzelt dann ihren Na- Erfolg.
men und malt eine Blume dazu. Er sei ein Riesenfan, sagt Steward, der hier vor kurzem seinen Saxofon-Master gemacht hat. Schon mit fünf Jahren, damals noch in ihrer Geburtsstadt
All ihre CDs besitze er, auch live habe er sie erlebt, leider nur Moskau, übt Olga die Tonleitern rauf und runter, erspielt später
zweimal bisher. »Ich habe nicht viel Geld«, sagt er.
Siege bei »Jugend musiziert« und »Jugend spielt Klassik«. Mit
Finanzielle Probleme kennt Olga Scheps schon lange nicht 15 schreibt sie dem Klaviervirtuosen Alfred Brendel, legt Tonmehr, was auch daran liegt, dass sie viel Werbung macht. Ein aufnahmen bei, bekommt Rückmeldungen und hält bis heute
Autohersteller spannt sie vor den Karren, eine Schweizer Kontakt zu ihm. Noch immer übt sie bis zu acht Stunden am
Schmuckmanufaktur lässt sie Dinge sagen wie: »In diese Uhr Tag. Aber es reiche natürlich nicht, nur gut zu sein und viel zu
habe ich mich gleich verliebt. Selbst am Flügel stört sie mich spielen, sagt Scheps. Man brauche auch eine gute Agentur, die
nicht.«
zum Beispiel Demos an Veranstalter verschicke und Kontakte
Die Liaison aus Klassik und Kommerz ruft Kritiker auf den zu den richtigen Leuten herstelle. Die Hochschulen haben das
Plan. Eine Konzertkarriere sei heutzutage nur noch möglich, lange nicht begriffen. In der Studie »Von der Musikhochschule
wenn man sich den Strategien der Vermarkter beuge – und auf den Arbeitsmarkt« bewerteten 70 Prozent der befragten
Absolventen die Karrierevorbereitung an der Uni als »schlecht«
bis »sehr schlecht«.
An einigen Standorten wurden in den vergangenen Jahren zumindest Beratungsstellen eingerichtet, die die Studenten auf das Leben
nach der Uni vorbereiten. Vorbild ist das Berliner Career & Transfer
Service Center an der Universität der Künste, das seit zwölf Jahren
die Musikstudenten der Hauptstadt betreut. In Workshops und
bei Coachings geht es dort um soziale Absicherung, Sponsorensuche und Bühnenpräsenz. »Zu wissen, wie der Markt funktioniert
und wie man auf sich aufmerksam macht – das ist heute wesentlich
für Künstler und Künstlerinnen«, sagt Angelika Bühler, Leiterin
des Berliner Career Centers.
Olga Scheps hat bisher alles richtig gemacht, aber auch ihr Karriereglück bleibt fragil. Nicht nur, weil sie sich mit jedem Konzert
neu bewähren muss. Auch, weil ein verletzter Finger das Berufsaus bedeuten kann. Früher spielte sie gern Basketball, heute verbietet sie sich das. Vergangenes Jahr stürzte sie mit dem Fahrrad,
andere hätten reflexartig die Arme ausgestreckt, um den Sturz abzufedern, sie brachte noch im Fallen ihre Hände in Sicherheit.
Mittlerweile sind ihre Finger versichert, »was natürlich nicht heißt,
das was passieren darf«. Über einen anderen Beruf hat sie nie
nachgedacht. »Mein Plan B wäre, mir einen Plan B auszudenken«,
sagt sie.
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3/2013 UniSPIEGEL
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»Ihre Mutter wird sterben«
In Marburg üben angehende Ärzte
in einem Ethik-Seminar, tragische
Nachrichten an Patienten und Angehörige zu überbringen. Ein wichtiges Training, denn im Krankenhausalltag geht das noch oft schief.
VON MARIE-CHARLOTTE MAAS
Es ist kurz vor neun Uhr, als der Mediziner Christian Kreisel schen Spiegel vom Behandlungszimmer abgetrennt – die anan seinem Schreibtisch Platz nimmt. Er ist unruhig, denn er deren sehen Kreisel, er sie jedoch nicht.
muss gleich einem jungen Mann eine schreckliche Botschaft Zu den Kommilitonen, die nun über die Gesprächsatmosphäre
beraten, gesellt sich Marius Rosinski. Er ist Laienschauspieler
überbringen.
Der Mann klopft, Kreisel sagt »Herein« und bietet seinem Gast und hat eben zum 15. Mal den trauernden Sohn gespielt. »Eine
einen Stuhl an. Der Mediziner hält eine Karteikarte in der sehr angenehme Situation, ein gutes Gespräch«, lobt er. Als erHand und spricht mit ruhiger Stimme. »Ich muss Ihnen leider fahrener Simulationspatient und -angehöriger weiß Marius Rosagen, dass der Krebs Ihrer Mutter unheilbar weit fortgeschrit- sinski, dass das nicht selbstverständlich ist. »Man merkt schnell,
ten ist.« Er schaut dem Besucher in die Augen. »Wir können ob jemand Talent hat.«
natürlich trotzdem eine Chemotherapie machen oder Ihre Mut- Bereits seit zweieinhalb Jahren schlüpft der Schauspieler für
ter operieren. Sie müssen entscheiden, ob Sie das möchten und die Marburger Universität in unterschiedliche Rollen. Besonders gern spielt er die Rolle von Menschen mit psychosomatiwas das Beste für Ihre Mutter und Ihre Familie ist.«
Der junge Mann spielt mit seiner Brille. »Meine Mutter hatte schen Störungen. »Es ist spannend zu sehen, ob der Student
bereits einmal eine Chemotherapie, ich kann mir nicht vor- herausfindet, welches seelische Leiden hinter meinen körperstellen, dass sie das noch mal erleben möchte.« Mediziner Krei- lichen Problemen steckt.«
sel faltet die Hände und erläutert sorgfältig das Für und Wider Die Idee, Simulationspatienten und -angehörige für die Ausder Behandlungsoptionen. Sein Gegenüber schweigt einen Mo- bildung von Medizinern einzusetzen, stammt aus den Vereinigten Staaten. Viele deutsche Hochschulen haben das Konzept
ment. »Uns geht langsam die Kraft aus«, sagt er dann.
übernommen.
Das ist das Signal.
Christian Kreisel nickt verständnisvoll. »Wir werden uns gut Um die Szenen möglichst realistisch darzustellen, sind die
um Ihre Mutter kümmern, sie wird keine Schmerzen haben.« Unterrichtsräume in Marburg authentisch eingerichtet: Es gibt
Er legt dem Besucher kurz die Hand auf den Arm. »Ich wünsche Patientenwohnungen, einen OP-Saal und ein KrankenhausIhnen viel Kraft. Ich bin jederzeit erreichbar.«
zimmer – samt Blumen und Zeitung auf dem Nachttisch, PanKaum hat der Besucher das Zimmer im Uni-Klinikum ver- toffeln neben dem Bett und Kulturbeutel am Waschbecken.
lassen, betreten fünf junge Leute den Raum. Es sind Kreisels »Die Studenten vergessen manchmal regelrecht, dass sie in
Kommilitonen, die gekommen sind, um das Gespräch zu be- einer Übung sind«, erzählt Andrea Schönbauer, die zu den
werten. Es war nämlich nur gespielt.
Koordinatorinnen des Projekts zählt.
Kreisel studiert im siebten Semester an der Philipps-Universität Knapp 20 Minuten hat die Unterhaltung zwischen Christian
in Marburg und ist Teilnehmer eines Ethik-Seminars. Die Stu- Kreisel und dem angeblichen Sohn gedauert. Etwa so viel Zeit
dierenden sollen dabei in Rollenspielen lernen, was in den wird für ein solches Gespräch auch im richtigen Leben bleiben.
Kliniken noch immer viel zu oft schiefgeht: Patienten und Zumindest sollte es das. »Ich habe leider schon erlebt, dass
ihren Angehörigen auf eine würdige und gefühlvolle Weise Ärzte Diagnosen während der Visite überbringen«, sagt einer
schlechte Nachrichten zu überbringen. Zudem trainieren die der Studenten. Kreisel findet so ein Verhalten schlimm. »Auf
Jungmediziner Patientenkontakte und lernen dabei unter an- die Betroffenen einzugehen gehört doch zum Arztberuf«, sagt
derem, Untersuchungstechniken verständlich und einfühlsam er. »Vielleicht lässt sich das im Alltag nicht immer umsetzen,
zu erklären.
aber ich habe vor, mir die Zeit zu nehmen. Ein 87-jähriger
Kreisels Kommilitonen haben das Gespräch über Kopfhörer Arzt hat mir einmal gesagt, dass die höchste Form der Medizin
aus dem Nachbarraum verfolgt. Der ist durch einen veneziani- die Nächstenliebe sei. Das hat mich sehr geprägt.«
18
UniSPIEGEL 3/2013
NINA FLAUAUS
Rollenspiel hinterm Einwegspiegel:
Mediziner beim Ethik-Seminar
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Ganz ohne Tier
Überall in Deutschland bauen die Mensen ihr
veganes Angebot aus. Im Hamburger Philosophenturm tüftelt ein Koch an den besten Rezepten: ein
Job, bei dem er viele Hindernisse überwinden muss.
VON G U NTH I LD KU PITZ
ILLUSTRATION: NILS KÜPPERS / UNI SPIEGEL (L.) , FOTO:NELE MARTENSEN (R.)
Studenten beim Testessen: Das Gericht bekommt die Note »Eins minus«
Wenn Dirk Gödecke den Hamburger Studenten eine Freude
machen will, kann er natürlich 120 Kilogramm Hackrohlinge
kaufen. Da macht der Koch der »Mensa Philosophenturm«
dann Hamburger draus und serviert sie mit Pommes. Meist
gehen davon etwa 1200 Portionen über die Theke, was für die
Spitze der Beliebtheitsskala reicht.
Gödecke kann aber auch etwas anderes tun. Er kann ähnlich
große Mengen Falafel-Bällchen zubereiten. Die serviert er dann
mit Gemüsebulgur und einer selbstgemachten Sojamayonnaise
ohne Ei. Etwa 800 Portionen werden ausgegeben, wenn Gödecke, 51, und sein Team das Gericht anbieten. Das reicht mittlerweile nach Hamburgern und einigen anderen Fleischgerichten für einen der vorderen Plätze.
Das Gericht kommt nicht nur wegen seines Geschmacks gut
an. Es kommt ganz ohne tierische Produkte aus und lockt daher
auch noch einige Esser in die Mensa, die ansonsten meist draußen bleiben: die Veganer.
3/2013 UniSPIEGEL
Noch immer tun sich viele Köche schwer, den selbsternannten
Besseressern gerecht zu werden. Dabei ernähren sich laut Angaben des Studierendenwerks schon etwa 20 Prozent aller Studenten vegetarisch oder vegan, Tendenz steigend. Die wachsende Gruppe macht seit einiger Zeit Druck – und verweist
darauf, dass sie mit ihrem Semesterbeitrag die Mensen mitfinanziert.
»Wir sind inzwischen so viele, dass uns auch ein tägliches
Menü angeboten werden sollte«, sagt Veganerin und Linguistik-Doktorandin Jana Tereick. 2009 studierte sie für ein Jahr
am Londoner King’s College. »In der Stadt gibt es eine riesige
vegane Community, es ist dort einfach normal, komplett auf
Fleischprodukte zu verzichten«, sagt die 28-Jährige. Da auch
in Berlin, Trier und Düsseldorf längst entsprechende Angebote
gemacht wurden, engagierte sich Tereick nach ihrer Rückkehr
aus Großbritannien in der »Initiative Vegane Mensa« auf dem
Hamburger Campus – mit Erfolg. Vor allem ihrem Einsatz ist
21
es zu verdanken, dass sich Gödecke und sein Team immer stärker auf die Veganer einstellen.
Weil es in fast allen deutschen Uni-Städten Aktivistinnen wie
Tereick gibt, bieten mittlerweile die meisten der 58 Studentenwerke Deutschlands Gerichte ohne Tierprodukte an. Manche tun dies nur gelegentlich, andere, wie Rostock oder Bonn,
auch täglich. Die Mensa »Veggie No 1« in Berlin serviert
ausschließlich vegetarische und vegane Speisen. In Hamburg
wird es noch ein wenig dauern, bis man so weit ist – was auch
daran liegt, dass sich vegane Küche viel schwerer organisieren
lässt.
Ein großes Problem sei die Beschaffung der Zutaten, sagt Frauke Richter, 45, Ökotrophologin beim Hamburger Studierendenwerk. Bei der Produktauswahl kann man immer wieder in
Fallen tappen, weil längst nicht alle Produkte ausreichend gekennzeichnet sind. So verstecken sich tierische Zutaten in Gewürzmischungen, Essig wird manchmal mit Eiweiß geklärt
und Zucker mit Tierkohle entfärbt. »Es dauert, das alles zu
recherchieren«, sagt Richter.
Damit sich der Aufwand eines veganen Essensangebots mit
meist mehreren hundert Portionen lohnt, müssen Großküchen
wie die Hamburger Mensen die entsprechenden Waren in großen Mengen kaufen. Benötigt werden Tonnen an Lebensmitteln, doch bestimmte Produkte gibt es bisher nur in 250Gramm-Packungen im Bioladen und nicht im Fünf-Liter-Eimer beim Großhändler. Sojabratwürste werden gern einzeln
abgepackt verkauft. »Der Handel ist noch nicht durchgängig
auf ein veganes Angebot eingestellt«, sagt Richter.
Dabei werden Speisen ohne Fleisch, Eier, Käse oder Joghurt
zunehmend auch von sporadischen Fleischessern, Menschen
mit Laktose-Intoleranz oder von gläubigen Juden und Muslimen gewählt, die aus religiösen Gründen nur Gerichte essen,
die koscher oder halal zubereitet wurden. Was vegan ist, fällt
häufig in diese Kategorien.
Mensa-Chef Gödecke und
seine neue Kreation für
Veganer, »Sojahackbraten
Mediterran« – das Rezept
zum Nachkochen steht auf
der nächsten Seite
Im Juni vergangenen Jahres wies das Studierendenwerk Hamburg zum ersten Mal auf vegane Angebote in allen 13 Mensen
hin – ohne jedoch die Betriebe darauf zu verpflichten, vegane
Speisen auch tatsächlich regelmäßig anzubieten. Das tun die
meisten nun freiwillig, etwa einmal pro Woche, mit Rezepten,
die Koch Dirk Gödecke für alle entwickelt. Gerade sucht er die
besten Sojaprodukte: Mit Granulat als Hackersatz komme er
gut klar, auch mit den größeren Sojaschnitzeln, sagt Gödecke.
Doch was Fleisch imitiert, schmeckt längst nicht immer. Viele
Sojawürste würde man am liebsten direkt wieder ausspucken.
Weil seine Frau Vegetarierin ist, experimentiert der MensaChef schon länger mit fleischlosen Gerichten, »aus Neugier«.
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H
FOTOS: NELE MARTENSEN
»Sojabraten Mediterran« (für 4 Personen)
In seinen Küchenschränken zu Hause finden sich deshalb Sojanudeln, Tofu, Sojadrink und Sojacreme. Damit ein Rezept
für die Mensa taugt, muss er aber schon eine Weile tüfteln:
Selten lassen sich für vier oder sechs Personen konzipierte Gerichte auf mehrere hundert Portionen übertragen. Ein Gericht
mit 20 Zutaten und zehn verschiedenen Arbeitsschritten ist in
einer Großküche unmöglich.
»Es ist meine Motivation, die vegetarischen und veganen Gerichte so interessant zu machen, dass auch Fleischesser dafür
mal die Currywurst stehenlassen«, sagt Gödecke. Damit sich
der Aufwand für die Mensa lohnt und ein Gericht noch einmal
angeboten wird, müssen nämlich mindestens 300 Portionen
über den Tresen gehen.
An einem Dienstag im April lädt Gödecke zu einem »Testessen« ein: Es gibt Sojahackbraten Mediterran mit TomatenPfeffer-Sauce, Brechbohnen und Rosmarinkartoffeln. Gödecke
steht schon seit dem Morgen hinter den Töpfen. Er bereitet
das Gericht erst zum zweiten Mal für 100 Personen zu. Bevor
er das Rezept an die anderen Mensen in Hamburg weitergibt,
möchte er eine Rückmeldung von den Studenten. »Je mehr
Feedback, desto besser«, sagt er. Er hat neben die Essensausgabe Zettel mit Fragen zu Geschmack, Frische und Aussehen
gelegt.
Jana Tereick und einige andere Studenten sind gekommen, sie
setzen sich mit ihrem Sojabraten an einen der Tische am Fenster. Dann wird der Sojabraten serviert. Zehn Minuten später
taucht Küchenmeister Gödecke in seiner weißen Kochjacke
am Tisch auf: »Wie hat’s geschmeckt?« Kurze Diskussion. Man
einigt sich auf »Eins minus«. Die Tomatensauce sei zu scharf
und ein wenig salzig. Ansonsten: »Ganz prima!«
Gödecke ist zufrieden, der Hackbraten scheint reif für die Massenproduktion zu sein. Anfang Juni wird er das Gericht in der
»veganen Aktionswoche« anbieten. Dann wird sich zeigen, ob
das Gericht ein Renner wird. Wie die Falafel-Bällchen.
160 g Sojagranulat
250 ml Gemüsebrühe
1 kleine Zwiebel
2 Lauchzwiebeln (50 g)
1 kleine Möhre (50 g)
2 EL Paniermehl
2 EL Haferflocken
20 g Bulgur
20 g Stärke
1. Sojagranulat 20 Minuten in heißer Gemüsebrühe
einweichen, abgießen und kräftig ausdrücken.
2. Gemüse putzen. Frühlingszwiebeln in feine Ringe
schneiden. Die Zwiebel und die Möhre fein würfeln.
3. Das Sojagranulat mit dem Gemüse, Paniermehl,
Haferflocken, Bulgur, Stärke, Tomatenmark und Senf
vermischen und mit den Gewürzen abschmecken.
4. Backofen auf 140° C vorheizen. Eine feuerfeste
Kasten-Backform leicht einölen, Sojamasse einfüllen, glattstreichen und 90 Minuten backen. Fertigen Sojabraten vorsichtig stürzen und in Scheiben
portionieren.
Alternativ und für kleinere Mengen kann man aus dieser
Masse auch kleine Frikadellen oder Bällchen formen
und diese in der Pfanne mit Olivenöl braten.
Als Beilagen eignen sich grüne Bohnen, Kartoffeln und
Tomaten-Pfeffer-Sauce.
ES WAR EIN HARTER WEG BIS AN DIE SPITZE.
Sie wurden belohnt: Unsere Gewinner des Karriere-Preises der DZ BANK Gruppe 2013!
Wir gratulieren zu einem einzigartigen Karrierestart und insgesamt 24.000 Euro.
Die Preisträger in der Kategorie
„Master Theses / Diplomarbeiten (Uni / FH)“:
Die Preisträger in der Kategorie
„Bachelor Theses / Diplomarbeiten (dual)“:
1. Preis – 7.500 Euro: Andrea Reiter (3. v. r.)
2. Preis – 5.000 Euro: Rüdiger Weber (2. v. r.)
3. Preis – 2.500 Euro: Julian David Bluhm (l.)
1. Preis – 4.500 Euro: Alex Bergen (3. v. l.)
2. Preis – 3.000 Euro: Lisa Schopohl (2. v. l.)
3. Preis – 1.500 Euro: Markus Schweizer (r.)
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern und Beteiligten.
Weitere Informationen finden Sie auf www.karrierepreis.de.
40 g Tomatenmark
2 EL Senf
1 Knoblauchzehe fein
gehackt
½ TL Majoran
½ TL Paprikapulver
Salz
1 TL Speiseöl
B I ZAR R E
BE R U F E
Operation
Topfpflanze
Jenne Packwitz rettet Leben – und
zwar das von kranken Hecken,
Palmen und Olivenbäumen. Der
Berliner ist Pflanzendoktor.
Sein Einsatzgebiet: die Wohnungen,
Dachterrassen und Gärten der
Hauptstadt. Teil 14 der Serie über
ungewöhnliche Berufe.
Plötzlich war sie braun. Hatte sie zu wenig Wasser bekommen? Oder zu viel? Lag es am Boden? Die frisch gepflanzte
Hecke in Berlin-Wannsee würde es nicht mehr lange machen.
Mehrere tausend Euro hatte sie gekostet, jetzt stand sie kurz
davor zu verenden. Das sah sogar ein Laie. Hilfe musste her,
und zwar sofort. Lars Froth, der Eigentümer der Hecke, fand
im Internet eine Notrufnummer. Am anderen Ende der Leitung:
Jenne Packwitz, 40 Jahre alt und von Beruf Pflanzendoktor. Er
hilft Menschen mit kranken Pflanzen.
Die Hecke konnte dank Jenne Packwitz’ schnellem Eingreifen
vor einigen Wochen tatsächlich gerettet werden, auch wenn
es, wie der Pflanzendoktor betont, »sehr, sehr knapp« gewesen
sei.
Jenne Packwitz ist gelernter Zierpflanzengärtner. Nach der Ausbildung studierte er Geoökologie in Potsdam. Heute kümmert
er sich gemeinsam mit zwei Kollegen um Berlins notleidendes
Grünzeug. Auf dem Schild, das an seinem weißen Polohemd
klebt, steht: »Leitender Pflanzendoktor«.
Für seine Stammkunden ist er fast jederzeit erreichbar. Sie
bekommen seine Handy-Nummer, damit sie im Notfall durchklingeln können.
Im Notfall? Bei Pflanzen? Für manche Kunden seien die wie
Kinder, sagt Packwitz: Geht es ihnen schlecht, trübt sich auch
die Stimmung der Besitzer. »Es gibt Kundinnen, die haben Tränen in den Augen, wenn sie mir ihre eingegangene Grünpflanze
zeigen. Die haben einen emotionalen Bezug zu ihr. Andere
reagieren gereizt oder aggressiv.« Dann setzen sie all ihre Hoffnung auf den Doktor. Aber manchmal kann auch er nichts
mehr tun. »Wenn die Pflanze zu mehr als 60 Prozent beschädigt
ist, hat es eigentlich keinen Sinn mehr einzugreifen.«
Das Problem: Laien erkennen den Schaden oft erst dann, wenn
es schon längst zu spät ist. Im Stich lässt Packwitz aber
niemanden: »Wer darauf besteht, bekommt natürlich trotzdem Hilfe.«
24
Die meisten Krankheiten erkennt Packwitz mittlerweile auf
den ersten Blick, aber ab und an wird es knifflig: »Eines Tages
kam ein Kunde mit einer kranken Palme. Sie war so exotisch,
dass ich nicht wusste, wie man sie behandeln sollte.«
Packwitz nahm Kontakt zu einem Institut auf Hawaii auf, erhielt
die notwendigen Ratschläge und rettete die Pflanze dank der
passenden Mittel. Mit solchen Herausforderungen geht der
Berliner gelassen um. Nur eines kann er nicht leiden – wenn
er nach Feierabend Bekannten und Freunden Ratschläge in
Sachen Pflanzen geben soll. »Dann verweise ich unnachgiebig
auf meine Sprechzeit.«
Am Wannsee wartet Heckenbesitzer Lars Froth schon vor
seinem Haus auf Jenne Packwitz: Nachkontrolle. Gemeinsam
laufen sie langsam die Hecke ab. Packwitz ist gespannt: Hat
der Patient sich erholt? Auch Froth ist aufgeregt. Dann die
Erleichterung. Der Pflanzendoktor sieht zufrieden aus: »Das
ist gut geworden, da musst du dir wirklich keine Sorgen mehr
machen.«
Vor dem Haus ist die Hecke an einigen Stellen noch etwas
braun. Packwitz erklärt seinem Kunden, wie er die kranken
Stellen entfernt. »Rausschneiden, und dann muss es aus dem
Stamm wieder nachtreiben.« »Hausaufgaben« nennt Packwitz
diese kleinen Lektionen. Anstatt selbst Hand anzulegen, lässt
er die Kunden arbeiten. »Ich bringe ihnen Dinge bei, damit sie
sie später allein machen können.« Nach 20 Minuten ist der
Hausbesuch vorbei. Feierabend ist aber noch lange nicht.
Bald beginnt die Hochsaison, dann arbeitet Packwitz fast ohne
Pause, besucht täglich bis zu sechs Patienten. Auch an den Wannsee wird er bald wieder kommen. Seit dem Beinahe-Verlust
der Hecke schaut Jenne Packwitz einmal im Monat bei seinem
Patienten vorbei. So sieht er, wo Hilfe nötig ist, bevor es zu
spät ist. Vorsorge ist schließlich alles, das ist bei Pflanzen nicht
anders als bei Menschen.
MAR I E-CHAR LOTTE MAAS
UniSPIEGEL 3/2013
JÖRG BRÜGGEMANN / OSTKREUZ
Pflanzendoktor Packwitz: Bis zu sechs Patienten am Tag
Jetzt
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Handel.
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College-Basketballer Kevin Ware
am Korb – und an Krücken:
Der Student und Spielmacher hatte
Glück, dass die Universität
Louisville nach seinem Sportunfall
einen Teil der Behandlungskosten übernahm
26
UniSPIEGEL 3/2013
»Die Jungs werden
ausgebeutet«
College-Basketball ist in den USA ein Milliardengeschäft.
Hochschulen bessern mit ihm die Etats auf, Trainer kassieren
Millionengehälter. Nur die Studenten haben oft gar nichts
davon: Verletzt sich ein Spieler schwer, ist sein Abschluss in
Gefahr, und es drohen hohe Schulden.
VON MATTH IAS FI E DLE R
ILLUSTRATION: NILS KÜPPERS / UNI SPIEGEL (L.), FOTOS:GETTY IMAGES
Es geht alles ganz schnell. Im Viertelfinale
den besten und profitabelsten des Landes.
Knapp 42,5 Millionen Dollar setzte die
der College-Basketball-Meisterschaft will
Hochschule im vergangenen Jahr mit der
Kevin Ware, der Spielmacher der Universität
Vermarktung des Sports um – vornehmlich
Louisville, den Wurf seines Gegenspielers
durch Fernsehgelder. 15,5 Millionen Dollar
blocken. Bei der Landung kommt er falsch
flossen in die Finanzierung des Basketballauf; sein Schienbeinknochen bricht und stößt
teams.
wie ein Speer durch die Haut des UnterDoch trotz solcher Zahlen stuft der Colschenkels.
lege-Sportverband NCAA die Athleten als
Einigen seiner Teamkollegen kommen noch
Amateure ein. Das führt unter anderem
auf dem Feld die Tränen, so schockierend ist
dazu, dass Sportler, die sich verletzen, oft
der Anblick. Kevin Ware ruft ihnen aber imeinen Teil der Arztkosten selbst zahlen müsmer wieder zu: »Gewinnt dieses Spiel, gesen. Die meisten Universitäten bieten nur
winnt dieses Spiel!« Es scheint das Einzige
normale Versicherungspakete für reguläre
zu sein, woran er in diesem Moment denken
Studenten, die häufig weder Spezialbehandkann. Ob seine Krankenversicherung für die
Funktionär Emmert: »Fairer Deal«
lungen noch Langzeitverletzungen abkomplizierte Operation zahlen wird? Lieber
decken.
nicht daran denken.
Kevin Ware, 20 Jahre alt, 1,93 Meter groß, geboren in der Bronx, Das Versicherungssystem für Athleten im College sei völlig abist erst im zweiten Jahr an der Universität Louisville. Er hat Ta- surd, kritisiert David Dranove, Gesundheitsexperte an der
lent, ein starker Spieler, manchmal ungestüm, ein Kämpfer. Northwestern University von Illinois. »Sportler haben ein viel
Nur sechs Tage nach seiner Schienbein-OP steht er schon wie- höheres Verletzungsrisiko als normale Studenten.« Er fordert,
der mit Krücken neben der Ersatzbank und brüllt sein Team dass College-Athleten wie Arbeitnehmer behandelt und bei
zum Halbfinalsieg. Sein Trainer wird später über ihn sagen, einer Verletzung im Training oder Spiel versichert sein sollten.
Doch das würde den Verband Millionen kosten – Geld, das er
dass der Titelgewinn auch ihm zu verdanken sei.
In Deutschland ist Uni-Sport ein Hobby, in den USA ist er ein nicht ausgeben will.
Milliarden-Business. Besonders das Interesse am College-Bas- Diese Haltung der NCAA steht seit Jahren in der Kritik. Den
ketball ist gewaltig. 74 326 Menschen verfolgten das diesjährige Funktionären wird vorgeworfen, Athleten auszubeuten. Sie
Finale im ausverkauften Georgia Dome in Atlanta; 23,4 Mil- selbst beschreiben die NCAA dagegen als gemeinnützige Orlionen Zuschauer sahen das Spektakel im Fernsehen. Selbst ganisation. Die verdient allein 10,8 Milliarden Dollar durch
einen Fernsehvertrag, der es den TV-Sendern CBS und Turner
die Profi-Liga NBA erzielt keine höheren Quoten.
Die Uni-Mannschaften sind längst eigenständige Unternehmen. erlaubt, bis 2024 alle Endrundenspiele der Basketball-MeisterDas Basketball-Programm der Universität Louisville zählt zu schaft zu übertragen. Von dem Geld behält der Verband 40
3/2013 UniSPIEGEL
27
Wir sind exzellent. Aber nicht elitär.
Typisch Ruhrgebiet ist (und nein, es geht nicht um die allseits beliebte
Currywurst), dass wir hier nicht einfach nur von Chancengleichheit reden.
Wir leben sie. Denn wer was im Kopf hat, soll ihn auch nutzen können,
oder? Glauben Sie an Ihr Potenzial. Wir tun es. Besuchen Sie uns doch mal
und erleben selbst unsere Studierenden-Vielfalt. Weniger Spontane
schauen hier herein: www.uni-due.de.
Noah ist einer der wenigen, die sich ihren Traum
von einer Profi-Karriere erfüllt haben. Er spielt jetzt
für die Chicago Bulls, fliegt in Privatjets zu Spielen,
wohnt in Hotelsuiten und verdient elf Millionen Dollar im Jahr.
Der College-Sportverband und die Universitäten wissen um die Verlockung des Profi-Geschäfts. Sie haben
gelernt, sich die Träume junger Männer zunutze zu
28
UniSPIEGEL 3/2013
GETTY IMAGES
Find us on
Prozent. Die übrigen 60 Prozent verteilt er an die Unis,
die sich so üppig ausgestattete Arenen, moderne Trainingshallen und überbezahlte Trainer leisten können.
Coach John Calipari zum Beispiel: Die Universität
Kentucky zahlt ihm ein Jahresgehalt von rund 5 Millionen Dollar – im Schnitt verdienen die Trainer der
68 Teams im Wettbewerb 1,5 Millionen Dollar im
Jahr. Die Athleten bekommen keinen Cent.
NCAA-Chef Mark Emmert (Jahresgehalt etwa 1,6
Millionen Dollar) glaubt, dass eine Bezahlung der Studenten deren Amateurstatus und die Glaubwürdigkeit
des College-Sports untergraben würde. Die NCAA
biete den Sportlern ja Stipendien an. »Jeder Athlet
kann kostenlos an den besten Unis des Landes studieren und trainieren. Das ist doch ein fairer Deal«,
sagt Emmert.
Was er nicht sagt: Die NCAA erlaubte seit 1973 nur
Jahresstipendien, eine Regelung, die erst im vergangenen Jahr aufgeweicht wurde. Die Stipendien können
zwar bis zu 45 000 Dollar wert sein, doch verletzt sich
ein Sportler, kann ihn die Universität problemlos aus
dem Team werfen. Der Ausgeschlossene ist dann nicht
nur sein Stipendium, sondern auch seine akademische
Ausbildung los.
Auch die von Emmert erwähnten Vollzeit-Stipendien
decken längst nicht mehr alle Kosten der Studenten.
So muss jeder College-Athlet zusätzlich zu seinem
Stipendium im Schnitt 3000 Dollar jährlich für Bücher
und Lehrmaterialien zahlen. Sich neben der Uni etwas
dazuzuverdienen ist im straff geregelten Trainingsalltag jedoch fast unmöglich.
Bis zu sechs Stunden täglich verbringen College-Sportler in der Halle, auf dem Rasen oder im Fitnessraum.
Sie schwitzen und schuften in der Hoffnung, bei großen Turnieren den Talentjägern aufzufallen – auch
wenn nur ein Prozent aller Spieler tatsächlich den
Sprung in ein Profi-Team schafft.
»Die Jungs werden teilweise ausgebeutet, und manche
bekommen von ihrem College nicht einmal Tickets
für die Familie«, sagt Joakim Noah, der mit der Universität Florida zweimal College-Basketball-Meister
wurde und heute in der NBA spielt. Er hat nicht vergessen, wie es war, als er noch studierte: »Du gibst
alles auf dem Feld – fürs Team, für dich, aber auch
für die Uni, die mit dir viel Geld macht«, sagt Noah.
»Da sollte man die Athleten zumindest entschädigen.«
NBA-Star Noah: »Die Athleten entschädigen«
machen. Um bloße sportliche Betätigung, die den
Geist fördern soll, geht es längst nicht mehr. Viele der
heutigen »Sportler-Studenten« sind vorrangig Athleten, die der Universität Meistertitel, Prestige und viel
Geld bringen.
Der Preis, den die Athleten dafür zahlen, ist hoch.
Vor allem bei den traditionell erfolgreichen UniMannschaften erwerben nicht alle der überwiegend
schwarzen Spieler einen Abschluss.
Eine Studie des Institute for Diversity and Ethics in
Sport (Tides) belegt, dass im vergangenen Jahr bei 14
der insgesamt 68 College-Basketball-Teams gerade
einmal die Hälfte oder weniger der Spieler den Abschluss schaffte. Tides-Direktor Richard Lapchick hält
diese Zahlen für »inakzeptabel«. Besonders schwarze
Athleten stammten oft aus sozial schwachen Verhältnissen und kämen schlecht ausgebildet aufs College.
Die Universitäten nehmen sie wegen ihres Talents,
einen Ball werfen zu können, trotzdem auf.
Bei der NCAA ist man sich dieses Problems bewusst,
auch wenn man dort ungern über die Realitäten des
Sportbetriebs spricht. Seit vergangenem Jahr müssen
Colleges nun darauf achten, dass mindestens die Hälfte der Mannschaft einen Abschluss macht. Hochschulen, die gegen diese Auflage verstoßen, werden für
die Meisterschaftsrunde gesperrt – für die meisten
Unis ein herber finanzieller Verlust.
Kevin Ware, der sich Ende März das Schienbein brach,
muss insgesamt ein Jahr aussetzen, sagen die Ärzte.
Die Universität Louisville beteiligte sich an den Behandlungskosten. Aber wer, fragte die »New York
Times« kürzlich, komme eigentlich für mögliche Folgeschäden auf, wenn der Junge kein Student mehr
sei? Die Universität Louisville wollte darauf bislang
keine Antwort geben.
3/2013 UniSPIEGEL
29
URBAN
EXPERIENCE –
DER INTERNATIONALE
WETTBEWERB FÜR STUDENTEN
Genau Dein Ding.
Was Dich erwartet.
Du bist offen für andere Kulturen
und neugierig darauf, die Welt
kennenzulernen? Dann ist die
Dürr Challenge genau richtig für
Dich. Mach jetzt Deine ganz
eigene „Urban Experience“.
Kick-off in Bietigheim, Reise an den
Zielort als 5-er Team mit anderen
Studenten, Realisation eines Filmprojektes vor Ort sowie Vorstellung
Eurer Ergebnisse in Bietigheim und
Auszeichnung des Siegerteams
mit einem Preisgeld in Höhe von
2.500,- €.
Worum es geht.
Die Dürr Challenge 2013 bringt
Dich jetzt für eine Woche in eine
spannende Metropole. Lerne
Shanghai, São Paulo oder Detroit
kennen und setze im Team Deine
Ideen und Erlebnisse zum Thema
„Work & Life in der Metropole“
in einem Filmprojekt um.
Freiraum für Kreativität, Teamspirit
und interkulturelle Begegnungen
– die Dürr Challenge bringt Dich
weiter.
3
0.09.201
6.09. – 2 9.2013
1
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Detro
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i: 23.09 04.10.2013
Shangha
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São Pau
werben
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J
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0
3
Bis
Online informieren:
www.durr.com/challenge
Mitmachen! Gewinnen!
www.durr.com/challenge
Die LuxusStudenten
Es gibt in Monaco viele Yachten, Sportwagen
und Nobelunterkünfte: Diana Bassam (rechts)
liest und büffelt am liebsten im Hôtel de Paris,
einem der teuersten Häuser der Stadt
30
UniSPIEGEL 3/2013
Den ganzen Tag shoppen? Party
machen? Golf spielen? Kann auch öde
werden. Der Millionärsnachwuchs hat
sich daher an der Uni in Monaco eingeschrieben. Gebüffelt wird am Hotelpool, in der Mittagspause geht es schon
mal mit dem Helikopter nach Nizza.
VON ANNIKA JOERES (TEXT) UND REBECCA MARSHALL (FOTOS)
Monaco, das Schickeria-Fürstentum am Mittelmeer. Zwei
Quadratkilometer Luxusfestung an der Côte d’Azur, wo die
Reichen und Schönen der Welt ihr Geld parken, damit sie zu
Hause nichts versteuern müssen. Wo auffällt, wer nicht mit
einem teuren Sportwagen vorfährt. Wo Filmstars, Sportmillionäre und Despoten aus aller Welt auch mal gemeinsam am
Roulettetisch zocken. Ein Platz für Millionäre, ein Ort des
Nichtstuns, der Party, der Ausschweifung. Es mag verwundern,
aber es gibt hier eine Uni.
Die Hochschule heißt International University of Monaco
(IUM), und die meisten der gut 400 Studenten sind, natürlich,
Kinder reicher Unternehmer oder Erben. Junge Männer und
Frauen, die hier unter sich bleiben können und garantiert keinen Nebenjob brauchen, um über die Runden zu kommen.
3/2013 UniSPIEGEL
Hochschüler, die Golf, Shopping und Partys auf Yachten lieben.
Studieren die auch?
»Natürlich«, sagt Sophie de Lorenzo, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit an der IUM. Die Wissenschaftlerin trägt flache
Schuhe, einen leicht verwuschelten Kurzhaarschnitt und einen
Strickpulli. Sie wirkt demonstrativ dezent, als wolle sie einen
Kontrapunkt zur Modenschau setzen, die sich jeden Tag in
den Gassen von Monaco und auch an ihrer Uni abspielt. Gleich
neben dem Büro, in der Cafeteria, bestellen die Studentinnen
in Stöckelschuhen und Minirock-Kostüm ihren Kaffee, die
Jungs sitzen in gestärkten Kragenhemden dabei und klimpern
mit dem Autoschlüssel auf dem Tisch.
Ein Magazin hatte kürzlich Absolventen der IUM in ihren Ferraris abgelichtet. Sophie de Lorenzo hat das nicht gefallen, die
31
Iimura Nobuhiko ist Stammgast am Pool
des Hotels Fairmont, das direkt am
Meer liegt: »Ich wollte schon immer nach
Monaco«, sagt der Japaner
Uni will nicht, dass ihre Zöglinge nur als Jetset-Nachwuchs
porträtiert werden. Das Studium sei hart und ernst, sagt de
Lorenzo, die jungen Leute sollen »hinter die Kulissen des Luxus
und der Großfinanz schauen«.
Es gibt an der IUM verschiedene Bachelor-Programme, man
kann einen »Master in Luxury« machen, einen »Master of Finance« und den »Master in International Management«. Die
Studenten werden von rund 30 Professoren und Dozenten unterrichtet, sie sollen zum Beispiel lernen, wie man eine Luxusmarke gründet, Werbung entwickelt oder eine Boutique finanziert. »Bei unserer Projektarbeit«, sagt de Lorenzo, »sehen die
Studenten in den Fünfsternehotels auch Büroräume ohne
Fenster.« Derlei Exkursionen sollen sie wahrscheinlich erden,
ihnen klarmachen, dass es sogar in Monaco Menschen gibt, die
Geldprobleme haben. Wobei man die hier übrigens auch dann
schnell bekommen kann, wenn man kein überdurchschnittliches Gehalt bezieht.
Eine Einzimmerwohnung kostet im Fürstentum monatlich
zwischen 1400 und 3000 Euro Miete, mehr als an fast jedem
anderen Ort der Welt. Viele Studenten würden deswegen in
den angrenzenden französischen Städten wohnen, behauptet
die Universität. Die jungen Leute kämen nur zu den Veranstaltungen und zum Lernen in die Innenstadt.
Studentin Diana Bassam, 25, aus Kopenhagen, schreitet wie
selbstverständlich vorbei an den Portiers des Hôtel de Paris,
eines der teuersten Häuser der Stadt, direkt neben dem Casino.
Sie trägt einen Bouclé-Blazer, an ihren Ohren hängen Ringe
32
von Chanel, sie trägt eine Perlenkette. Unter den schimmernden
Lüstern in der Lobby (römische Säulen, Glaskuppel) bestellt
sie einen Cappuccino für zwölf Euro. Dann macht sie es sich
in einem der ausladenden Samtsofas bequem und sagt: »Hier
kann ich am besten lernen.«
Über den Luxus, der sie umgibt, hat Diana ihre ganz eigene
Theorie: »Gucci und Prada kann heutzutage doch jeder tragen«,
sagt sie. »Es kommt darauf an, die richtigen Leute zu kennen.«
Die Neureichen wollten nur »Show« machen, die »wirklich
Wichtigen« gingen heute nicht mehr ins Sterne-Restaurant,
»sondern bestellen sich viel lieber den Spitzenkoch nach
Hause«.
Vorlesung am Nachmittag, Marken-Management steht auf dem
Programm. Dozent Luca Signoretti erzählt den Studenten, wie
sie ihr persönliches Image verbessern können. Signoretti
arbeitet als PR-Berater von großen Firmen. »What have you
done today for your personal brand?« ist einer seiner Lieblingssätze. »Ihr müsst jeden Tag an eurem Image arbeiten«,
sagt Signoretti. Ihre Karriere sollten die künftigen Absolventen
der IUM nicht als Leiter sehen, die sie erklimmen wollen, sondern als steile Rampe, die sie hinaufstürmen. Es wird eifrig
mitgeschrieben im Seminarraum.
Monaco, der Mikrostaat, ist eine Art Märchenland. Hier kleben
keine Kaugummis auf den Bürgersteigen, die Fassaden sind
stets frisch gestrichen, die Luxusyachten parken dichtgedrängt
im Hafen, und an jedem zweiten Kreisverkehr steht ein Polizist
mit schneeweißen Handschuhen. Mehr als 500 Personen beantragen pro Jahr die Staatsbürgerschaft, aber nur eine HandUniSPIEGEL 3/2013
Ihre Karriere sollen die Studenten
nicht als Leiter sehen, die sie erklimmen
wollen, sondern als steile Rampe, die
sie hinaufstürmen.
voll erhält sie auch. Wer in Monaco wohnt, fühlt sich auserwählt, und die Fürstenfamilie arbeitet hart daran, dass das
so bleibt.
Allerdings braucht man nicht zwingend die Staatsbürgerschaft,
um sich in Monaco anzusiedeln. Das Fürstentum ist auch eine
Heimstatt für Betrüger und windige Geschäftemacher aus aller
Welt. Außerdem sollen einige Despoten, die der Arabische
Frühling aus ihrer Heimat getrieben hat, Immobilien in Monaco besitzen. Dass der ganze Reichtum, der hier zu sehen ist,
nicht vom Stadtstaat selbst erwirtschaftet worden sein kann,
weiß ohnehin jeder, der ausführlicher als einen Cappuccino
lang darüber nachdenkt.
Wie Diana aus Kopenhagen verbringt auch ihr Kommilitone
Iimura Nobuhiko, 29, große Teile seines Studiums in einem
Luxushotel, dem Fairmont, direkt am Meer. Am liebsten liegt
er auf der Aussichtsterrasse neben einem Pool. Palmen wiegen
sich im sanften Wind, von den schneeweißen Matratzen-Inseln
kann man das Mittelmeer und die italienische Küste sehen.
Die uniformierten Angestellten grüßen Nobuhiko freundlich
und bringen ihm ungefragt einen Latte Macchiato. Nobuhiko
wohnt hier zwar nicht, er wohnt 50 Meter entfernt, aber am
Pool des Fairmont ist er Stammgast.
Nobuhiko hat in Tokio bei IBM gearbeitet. Als im März
2011 Erdbeben und Flutwellen über sein Land hereinbrachen,
das Atomkraftwerk Fukushima explodierte und die japanische
Wirtschaft schrumpfte, beschloss er, nach Europa auszuwandern. »Ich wollte schon immer nach Monaco«, sagt er, und als
3/2013 UniSPIEGEL
Student sei das kein Problem. Im Sommer wird er nun seine
Masterarbeit abgeben, einen Job hat Nobuhiko auch schon
längst. Er wird für eine Wellness-Firma aus Monaco Filialen
in aller Welt planen.
An diesem Morgen hat er nicht viel Zeit, er will noch zu den
»Rolex Masters« gehen, einem Tennisturnier. Er freue sich auf
den Grand Prix, das berühmte Formel-1-Rennen von Monte
Carlo, sagt er. Das wird Nobuhiko Ende Mai von dieser Terrasse
aus beobachten, sie liegt genau über einer der engen Kurven
des Kurses.
Alle paar Wochen treffen sich Nobuhiko und seine Kommilitonen zum »Networking Cocktail« in einer Bar, wo die Cola
25 Euro kostet. Dort begegnen sie Leuten aus der Wirtschaft,
Managern und Brokern. Es sind einige Privatiers dabei, die für
ihr Geld seit Jahren nicht mehr arbeiten müssen. So lernen die
Studenten auch außerhalb der Universität Wichtiges für das
Leben im Reichtum.
»Die Studenten lechzen nach Statussymbolen wie Maserati und
Jaguar, und die meisten besitzen diese auch«, sagt eine Angestellte der Hochschule, die ungenannt bleiben möchte. Manche
gingen während der Mittagspause in Nizza shoppen, ließen
sich vom Helikopter an der Küste entlang zurückfliegen und
kämen mit Handtaschen im Wert von einigen tausend Euro
wieder.
Es gebe einige, die dächten, es lasse sich mit Geld eigentlich
alles kaufen, sagt die Frau – auch gute Noten. „Die wollen ihre
Lehrer ständig mit teurem Essen und Einladungen ködern.«
33
Der Totenleser
Er schreibt Bestseller, ist oft im
Fernsehen zu sehen und geht jetzt
sogar unter die Schauspieler. Michael Tsokos, Rechtsmediziner und
Professor an der Humboldt-Universität sowie der Freien Universität
Berlin, ist ein Popstar. Wie hat er
das geschafft?
Im Laufschritt geht es runter in den
Kühlraum. Hier liegen die Leichen in
langen Regalen nebeneinander, verdeckt von grünen Tüchern, nackte
Füße ragen ins Leere. Ein süßlicher
Geruch erfüllt die Luft, den man für
viele Stunden nicht mehr aus der Nase
bekommen wird. Und dann fällt auch noch die Eingangstür
mit einem lauten Krachen ins Schloss.
Michael Tsokos, 46, zieht einen Schlüsselbund aus dem weißen
Arztkittel, wirft einen Blick darauf und ruft: »Oh, ich habe
den falschen mitgenommen, jetzt sind wir hier eingesperrt.«
Kurze Pause. Er grinst. »War nur ein Scherz. Die Horrorvorstellung für jeden Besucher, oder?«
Rechtsmediziner Michael Tsokos spielt gern den Entertainer,
weil er Menschen für seine Arbeit begeistern will. So wurde er
nicht nur bei Studenten zu einem beliebten Professor, sondern
auch zu einer Art Popstar, zu »Deutschlands bekanntestem
Rechtsmediziner«, wie ihn viele Zeitungen nennen. Es ist
schwer, sich vorzustellen, dass dieser Mann einst ein lausiger
Schüler war und seine Karriere einem Zufall verdankt.
Tsokos gilt als Meister seines Fachs. Er arbeitet als Gutachter für die wichtigen Fachjournale, bekommt nicht nur bedeutende Kriminalfälle aus Berlin auf den Tisch, sondern wird
auch oft von anderen Staaten zu Rate gezogen. Als das Auswärtige Amt im vergangenen Jahr einen Professor suchte, der
ägyptischen Rechtsmedizinern das Ermitteln beibringen soll,
sprachen sie natürlich ihn an.
Einer breiteren Öffentlichkeit ist er vor allem durch seine
Bücher bekannt. Seit 2009 schreibt er fast jedes Jahr einen Bestseller über seine spannendsten Kriminalfälle. 2012 moderierte
er eine eigene Sendung im National Geographic Channel:
»Suche nach Mister X – das Forensik-Experiment«. Im Februar
2013 stand er für einen ZDF-Krimi vor der Kamera, in dem er
sich selbst spielt, einen erfahrenen Totenleser. Außerdem wird
der Roman »Abgeschnitten« verfilmt, den er gemeinsam mit
dem Thriller-Autor Sebastian Fitzek verfasst hat. Erfolgreiche
Menschen, heißt es, wissen meist schon als Jugendliche ganz
34
genau, was sie wollen. Sie stecken sich
Ziele für die nächsten fünf Jahre und
arbeiteten sie dann emsig ab. Tsokos
sagt, bei ihm sei das anders gewesen:
»Für meine Mutter ist es noch heute
ein großes Mysterium, wie ich das alles geschafft habe.«
Tsokos war ein mittelmäßiger Schüler,
»vollkommen bocklos«. Nach dem
Abitur in Kiel wollte er irgendetwas
studieren, »Jura, Lehramt, Medizin
oder so«. Aber da er sich nicht entscheiden konnte, verpflichtete er sich
zunächst für zwei Jahre als Soldat.
Seine damalige Freundin, die in Kiel
wohnte, sah er nur noch selten. Also
meldete er sich zum Medizinertest an, der dort stattfand. »Das
war ein großes Glück.« Denn einmal bestanden, überlegte Tsokos, dass er das Fach nun auch studieren könne. Er immatrikulierte sich in Kiel – und plötzlich nahm sein Leben eine Wendung. Tsokos fand von da an »alles klasse«.
Besonders die Rechtsmedizin packte ihn. Er begeisterte
sich für die Dektektivarbeit, für »die verschiedenen Facetten
des Todes«, und blickte gebannt in die menschlichen Abgründe,
die sich vor ihm auftaten.
Tsokos ging Ende der neunziger Jahre zweimal ins vom Bürgerkrieg gepeinigte ehemalige Jugoslawien, um mit einem Team
von Rechtsmedizinern die Leichen aus den Massengräbern zu
untersuchen. Das Uno-Kriegsverbrechertribunal wollte wissen,
ob die Menschen nachweislich hingerichtet worden waren. Er
werde nie vergessen, erzählt Tsokos, wie eines Tages ein Mann
mit einem Trecker vorfuhr. Er musste ihn begrüßen und zu
seinen ermordeten Schwestern führen. Als der Mann das Camp
wieder verließ, lagen sieben Särge auf seinem Anhänger.
Obwohl er viele schreckliche Dinge gesehen habe, schlafe er
exzellent, habe keine Alpträume und auch ansonsten gehe es
ihm gut, sagt Tsokos. »Aber sicherlich sind meine vielen Bücher
eine Art der Verarbeitung.«
Sein erster Fall war der eines 19-jährigen Mädchen, einer Selbstmörderin. Sie hatte erst ein blutverdünnendes Mittel genommen und sich dann die Pulsadern aufgeschnitten. Als das nicht
reichte, um endlich zu sterben, sprang sie aus dem zehnten
Stock eines Hochhauses. »Ich habe noch viele Jahre später
manchmal an sie denken müssen«, sagt Tsokos. »Was hätte
diese junge Frau bloß alles im Leben erreichen können – mit
so einem Durchsetzungsvermögen?«
CAROLINE SCHMIDT
UniSPIEGEL 3/2013
ILLIUSTRATION: SILJA GÖTZ
D E UTSCH LAN D S
B E S T E
PROFE SSOR E N
ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
FIT MIT DEM
BACHELOR
INHALT
Was Studierende denken
Die Erfahrungen der
Unternehmer
Nach dem Bachelor noch ein
Master? Nicht unbedingt.
Warum der Bachelor besser
ist als sein Ruf.
Bessere Chancen dank
Auslandsaufenthalt
teigerung der Beschäftigungsfähigkeit, internationale Vergleichbarkeit, gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse, jüngere und mobilere
Absolventen – das waren die ehrgeizigen Ziele
der Hochschulreform, die am 15. August 2002
in Kraft trat. Die drei Jahre zuvor in der italienischen
Universitätsstadt Bologna angestoßene Neuordnung folgte
einem klaren Plan: Ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum sollte entstehen.
Heute, knapp elf Jahre später, ist der Bologna-Prozess
fast abgeschlossen: Mehr als 85 Prozent der 15.000 Studiengänge in Deutschland waren laut Bundesministerium
für Bildung und Forschung im August 2012 bereits auf das
neue Studienmodell umgestellt. Bachelor und Master ersetzen nun Magister- und Diplomstudiengänge und gelten
offiziell als gleichberechtigte Abschlüsse an deutschen
Hochschulen. Doch die anfänglichen Vorurteile gegen die
Reform halten sich bis heute. Ist der Bachelor ein Schmalspurstudium zweiter Klasse oder ein angesehener Abschluss? Wie berechtigt ist die Kritik am dualen Studium?
Die Meinungen der Hochschüler hierzu sind nach den
Zahlen einer Studie des HIS-Instituts für Hochschulforschung aus dem Sommer 2012 eindeutig: Demnach reicht
vielen Bachelorabsolventen hierzulande ihr Abschluss
nicht. Drei Viertel von ihnen entscheiden sich für ein
anschließendes Masterstudium. Die Motivation: Sie stre-
S
ben in erster Linie an, ihre Berufschancen zu verbessern,
sich persönlich weiterzubilden und ihren fachlichen
Neigungen besser nachkommen zu können. Bachelorabsolventen hingegen, die sich gegen die Aufnahme eines
Masterstudiums entscheiden, wollen möglichst schnell
Geld verdienen, sehen gute Berufschancen mit ihrem
Abschluss oder haben ein festes Berufsziel, für das sie
keinen Master benötigen.
DER MASTER – EIN MUSS?
Doch wie begründet ist die Sorge vieler Absolventen, mit
dem Bachelor schlechter dazustehen als mit dem Master?
Werden sie auf dem Arbeitsmarkt wirklich benachteiligt?
Die Studie „Mit dem Bachelor in den Beruf“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, des HochschulInformations-Systems (HIS) und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln belegt das Gegenteil. Sie zeigt, dass
die Bedenken der Studierenden, die sich aus Furcht vor
den Schwierigkeiten des direkten Berufseinstiegs mit
einem Bachelorabschluss für ein Masterstudium entscheiden, weitestgehend unbegründet sind. Für die meisten
der 1500 befragten Unternehmen spielen bei der Einstellung die formalen Abschlüsse eine untergeordnete Rolle.
Sie legen mehr Wert auf fachliche und soziale Kompetenzen. Studierende mit einem Bachelor stehen ihren
Masterkommilitonen in diesen Punkten in nichts nach:
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Vier von fünf der befragten Unternehmen sagen, dass
Bachelorkandidaten sich gut in neue Fachgebiete einarbeiten können. Auch ihre Fähigkeit, Gelerntes auf neue
Themenkomplexe zu adaptieren sowie Wissenslücken zu
erkennen und zu schließen, schätzt ein Großteil der Befragten als gut ein. Selbst der Aufstieg auf der Karriereleiter bleibt Einsteigern mit Bachelortitel nicht verwehrt:
Bei 85 Prozent der befragten Firmen können sie dort theoretisch jede Karriereposition erreichen.
Hoch hinaus:
Nach der Uni haben auch
Bachelorabsolventen gute Chancen, eine
erfolgreiche Karriere zu starten
GUTE KARTEN MIT DEM BACHELOR
Nicht jeder Job erfordert also zwangsläufig einen Master.
Auch aus der „Staufenbiel JobTrends Studie 2013“ geht
hervor, dass der Bachelor bei den Einstellungszahlen nicht
weit hinter seinem großen Bruder Master zurückbleibt.
Entscheidend ist laut Studie vor allem das Berufsfeld. Wer
etwa im Vertrieb oder in der Medienbranche seine Zukunft sieht, kann direkt nach dem Bachelor durchstarten.
Anders sieht das für Ingenieure aus. Ihnen empfiehlt die
Untersuchung dringend eine wissenschaftliche Weiterbildung. Examensbedingte Unterschiede in puncto Einstiegsgehalt und Entwicklungsmöglichkeiten sind hingegen marginal. Generell gilt aber: Der Bachelor verdient
etwas weniger als der Master.
„Masterabsolventen haben für gewöhnlich ein bis zwei
Jahre länger Erfahrungen sammeln können und sind aus
Unternehmenssicht viel besser vorbereitet“, sagen Branchenkenner. Für einen direkten Einstieg auf eine Führungsebene und Positionen mit analytischen Aufgabenstellungen seien sie daher eher gefragt. Dennoch haben
Bewerber mit Bachelortitel laut JobTrends Studie bei mehr
als der Hälfte der Unternehmen mindestens gleich gute
Perspektiven. Ein Signal: Der Bachelor ist endlich in der
Wirtschaft angekommen.
Auch beim weltweit agierenden Personaldienstleister
Hays haben Berufseinsteiger mit Bachelor gute Karten.
So wie bei vielen anderen Unternehmen steht bei Hays
nicht der Studienabschluss der Absolventen, sondern ihre
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Persönlichkeit im Vordergrund. In der Praxis werden
Einsteiger mit Bachelor oft genauso gut aufgenommen
wie Berufsanfänger, die einen Master in der Tasche haben.
So erging es Sabrina Wagner. Nach dem Abschluss „Bachelor of Science“ im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen
an der Fachhochschule Wedel stieg sie direkt bei Hays
ein. Seit April 2011 vermittelt sie Freiberufler in Projekte
im IT-Bereich. „An meinem Job als Account-Manager reizt
mich insbesondere die Abwechslung und Dynamik. Ich
habe jeden Tag mit anderen Leuten und Projekten zu tun.
Mein Arbeitgeber bot mir nach einer intensiven Einarbeitung super Entwicklungsmöglichkeiten und eine schnelle Übernahme von Verantwortung.“
MUT ZUR LÜCKE
Wer den direkten Einstieg nach dem Bachelor oder Master
ins Berufsleben scheut, für den bietet sich eine andere
Möglichkeit: Warum nicht nach dem jeweiligen Abschluss
noch einmal eine Auszeit wagen? Viele frischgebackene Akademiker nutzen das sogenannte Gap-Year (auf
deutsch: „Lückenjahr“) zum Reisen, Ausruhen und DieWelt-Erkunden. Ob das Gap-Year als Bereicherung oder
Lücke im Lebenslauf bewertet wird, hängt davon ab,
was die Absolventen in der Zeit geleistet haben. So ein
Lückenjahr muss nämlich nichts mit Freizeit zu tun haben.
Mit praktischer Berufserfahrung, Bildungsreisen oder
sozialem Engagement lässt sich jeder Lebenslauf aufwerten. Auch ein Langzeitpraktikum fi ndet in der unterrichtsfreien Zeit Platz.
Einige Unternehmen in Deutschland haben diese Chance erkannt und bieten ein speziell darauf zugeschnittenes
Gap-Year-Programm an. Absolventen können damit nach
ihrem Studium bis zu drei Praktika von je drei oder vier
Monaten Dauer bei den teilnehmenden Firmen absolvieren. Im Anschluss haben die jungen Akademiker noch
genug Zeit, um sich in einer der sozialen Partnerfi rmen
und Stiftungen des Programms zu engagieren. So wird
aus einer vermeintlichen Lücke im Lebenslauf ein Pluspunkt bei der späteren Bewerbung.
Alles auf Anfang: Perspektiven für den Bachelor
Die Unterschiede in puncto Gehalt und Entwicklungsmöglichkeiten sind bei Bachelor und Master verhältnismäßig gering.
Sind die Einstiegsgehälter für
Bachelor und Master unterschiedlich?
JA
57 %
NEIN
43 %
Bachelor und Master:
Unterscheiden sich Einstiegs- und
Entwicklungsperspektiven?
TIPPS
Studienstandort:
Down Under
Auch neben dem klassischen Auslandssemester
zieht es immer mehr Studierende in die Ferne.
Sie studieren bis zum Erreichen des Examens
im Ausland. Die Schwedin Caroline Steinholtz
wählte als Studienland Australien.
1. Was studieren Sie in Australien?
Ich bin Teil des ersten Jahrgangs „Bachelor of
Journalism“ an der University of New South
Wales in Sydney. Neben Medientheorie, Textproduktion und -analyse kann ich Kurse in
Theater und Perfomance belegen und so meine beiden großen Leidenschaften vereinen.
2. Wie kam es dazu?
Sydney ist eine tolle Stadt, und mein Herz
habe ich bereits mit Anfang 20 an Australien
verloren. Damals reiste ich mit dem Rucksack durch das Land. Als ich die Möglichkeit
hatte, hierhin zurückzukehren, war die
Sache für mich klar. Ich war schon immer
ein Performer, dieses Studium ist genau das
richtige für mich.
3. Gab es ein besonderes Highlight für Sie?
Ich möchte in den Medien Fuß fassen, vielleicht
als Moderatorin oder Schauspielerin. Während
meines Studiums war ich Praktikantin bei Random House. Dort konnte ich bereits viele Kontakte knüpfen. Networking fällt mir hier in
Sydney viel leichter als zu Hause.
4. Wie geht es nach dem Bachelor weiter?
Australien ist meine Heimat geworden, aber
wenn es mich mal zurück nach Europa zieht,
ist es ein großer Vorteil, dass ich meinen Abschluss auf Englisch gemacht habe. Wer ins
Ausland geht, hat es später einfach leichter.
JA
45 %
NEIN
55 %
Quelle: Staufenbiel JobTrends Studie 2013
Auslandsstudium par
excellence: Die Schwedin
Caroline Steinholtz macht es
vor. Als Journalismus-Studentin an der University of New
South Wales hat sie in Sydney
ihre Bestimmung gefunden
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IN DIE FERNE SCHWEIFEN
Wer das „Abenteuer Ausland“ wagt, taucht
in fremde Kulturen ein und knüpft neue
Kontakte – Pluspunkte für jede Bewerbung.
Abschluss im Ausland angehen: mit einem vollständig im
Ausland absolvierten Masterprogramm, einem teilweise
dort verbrachten Masterprogramm oder mit der Chance,
einen Doppelabschluss zu machen. In letzterem Fall sind
Studierende an einer deutschen Hochschule eingeschrieben, lernen jedoch an der Partnerhochschule und erwerben beide Masterabschlüsse.
Das kommt an: In den vergangenen zehn Jahren zog es
immer mehr Studierende in die Ferne. Im Jahr 2000 kamen
auf 1000 deutsche Studierende an inländischen Hochschulen 32 deutsche Kommilitonen an Hochschulen im
Ausland. Zehn Jahre später war das Verhältnis mit 1000
zu 64 doppelt so hoch. Der größte Teil aller deutschen
Studierenden ging laut Statistischem Bundesamt nach
Österreich (21,6 Prozent), in die Niederlande (18,8 Prozent) und in das Vereinigte Königreich (11,8 Prozent).
Eine der Studentinnen, die im Ausland ihren Bachelortitel anstrebt, ist die Schwedin Caroline Steinholtz (siehe
Interview vorherige Seite). Sie reiste einmal um die Welt
– nach Australien, an die University of New South Wales
in Sydney. Aus ihrer Zeit dort zieht sie bereits jetzt ein
positives Fazit: „Ich bin mir sicher, dass sich mit dem Studium an der angesehenen UNSW meine Chancen auf eine
internationale Karriere verbessert haben.“
GLOBALES NETZWERKEN
er Bologna-Prozess soll den europäischen Zusammenhalt fördern. Hierzu gehören erleichterte Auslandsaufenthalte für Bachelor- und Masterstudierende. Wer als Bachelor nicht den Sprung über die Grenze
schafft, kann als Masterstudierender auf drei Wegen den
D
Auch Deutschland wird als Hochschulstandort bei ausländischen Absolventen immer attraktiver. Mittlerweile
hat fast jeder zehnte Student einen ausländischen Pass,
so das Statistische Bundesamt. Im Wintersemester 2010/11
und im Sommersemester 2011 haben in Deutschland
38.300 Ausländer ihr Studium beendet – 2900 Studenten
oder acht Prozent mehr als im Prüfungsjahr 2010. Etwa
ANZEIGEN-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
Unternehmen wollen Zusatzqualifikationen
Bewerber punkten mit sehr guten Englischkenntnissen und
Praktikumserfahrungen sowie auch mit Auslandsaufenthalten.
in %
Englischkenntnisse
81
Praktika
81
Betriebwirtschaftl. Verständnis
59
Auslandsaufenthalte
58
Außeruniversitäre Erfahrung
53
Betriebwirtschaftl. Kenntnisse
50
Berufsausbildung
33
Sonstige Sprachkenntnisse
9
Postgraduales Studium
7
Spanischkenntnisse
Französischkenntnisse
studieren
weltweit
Studium ist heute mehr als das Lernen an der heimischen Hochschule.
Gefragt und gefordert ist internationale Mobilität! Ob Auslandssemester, Jahresaufenthalt,
Praktikum, Sprachkurs oder Recherchearbeit: Nicht nur fachliche Gründe sprechen für den Blick
und den Sprung über den Tellerrand. Persönliche Fähigkeiten erproben und weiterentwickeln, den
Erfahrungshorizont erweitern, weltweit Kontakte knüpfen und neue Freunde
gewinnen – das sind großartige Chancen.
Sie lohnen das Wagnis eines zeitweiligen
Ortswechsels ins Ausland allemal!
Der DAAD unterstützt die Studierenden,
Graduierten, jungen Wissenschaftler
und Hochschullehrer durch zahlreiche
und differenzierte Stipendien- und
Austauschprogramme.
64
Berufserfahrung
4
2
Quelle: Staufenbiel
JobTrends Studie 2013
Fotos: iStockphoto (5), JDB(1), PR (1), shutterstock (1)
jeder zehnte von ihnen kam aus China, dann folgten Absolventen mit türkischem und russischem Pass. Der Bachelor war der am häufigsten gewählte Abschluss (fast
28 Prozent), rund jeder Zehnte schloss erfolgreich seine
Promotion ab.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: „Wer während des
Studiums einen Auslandsaufenthalt absolviert hat, ist später mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in internationale Arbeitszusammenhänge eingebunden als jene, die
nicht im Ausland waren“, sagt Nicolai Netz vom HIS-Institut für Hochschulforschung. Netz hat Daten einer Befragung des Absolventenjahrgangs 2005 ausgewertet. „Die
Entscheidung für oder gegen einen Auslandsaufenthalt
im Studium stellt damit häufig einen Scheideweg dar, an
dem die Grundlage für eine spätere Tätigkeit mit internationalem Bezug geschaffen wird.“ Fünf Jahre nach dem
Examen sind Studierende mit Auslandsaufenthalt demnach anteilig etwa dreimal so häufig international tätig
wie Absolventen ohne Auslandserfahrung. Anzeichen
dafür, dass das Auslandsstudium auch Auswirkungen auf
den Berufserfolg hat, sind gemäß der Untersuchung demgegenüber eher schwach.
Dennoch: Auslandsaufenthalte wie Praktika während
des Studiums sind gute Gelegenheiten, Fremdsprachen
zu erlernen und Kontakte zu knüpfen, die für das spätere
Berufsleben wichtig sein können.
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Schnaps für
Lucifer
Was passiert, wenn badische Senioren
mit Studenten aus China, Indonesien und Iran
durch den Schwarzwald marschieren?
Protokoll einer ungewöhnlichen Wanderung.
kennt sich bereits von einem gemeinsamen
Offenburg an einem Sonntagmorgen im
Einführungsabend im März. Seniorin EvaApril. Der Wetterdienst hat schönes FrühMaria Geißler und die chinesische Studentin
lingswetter versprochen, doch noch hängt der
Lee haben sich seitdem schon einige Male
Himmel grau über der Universitätsstadt in
zum Kochen getroffen. »Ich zeige ihr, wie man
Baden-Württemberg. Es ist 8.45 Uhr, als am
richtige Spätzle macht, sie kocht für mich im
Hauptbahnhof eine ungewöhnliche Gruppe
Wok«, sagt Frau Geißler.
zusammenkommt.
Als der Zug in Unterharmersbach ankommt,
Sie besteht aus 25, zumeist ausländischen
dem Ausgangspunkt des Marsches, beginnt
Studenten und etwa gleich vielen badischen
es zu nieseln. Hartmut Söhnel, der WanderSenioren, die Regenjacken und NordicWalking-Stöcke dabeihaben. Die Jungen und die Alten wollen führer, bläst trotzdem zum Aufbruch: »Let’s go«, sagt er, das
gemeinsam auf eine elf Kilometer lange Schwarzwald-Wande- verstehen alle. Auf den nächsten Kilometern dringt dann unter
rung gehen, mit Zwischenstopp auf einer Alm: Dort soll es den Kapuzen und Regenschirmen ein Gewirr von Sprachen
eine deftige Brotzeit, etwas Bier und Schnaps und einen hervor: Man hört Deutsch und Badisch, Spanisch und Persisch,
Chinesisch und Englisch.
herrlichen Ausblick geben.
Lucifer aus Brasilien und Martha aus
Der Ausflug gehört seit Jahren zum
Mexiko unterhalten sich über ihr Lefesten Programm des Offenburger
ben in Offenburg. »Die Kommilito»Senior Service«, der ältere Einheiminen sind hilfsbereit, aber auch dissche mit Hochschülern aus dem
tanziert, vor allem der erste Kontakt
Ausland zusammenbringt. Beide Seiist schwierig«, sagt Martha. Mit den
ten profitieren: Die Senioren erfahren
Leuten vom Senior Service sei es aber
etwas vom Leben in anderen Länleicht gewesen. »Die sind einfach
dern, die Gaststudenten fühlen sich
sehr offen«, findet sie. Durch den
in der Fremde weniger einsam und
Kontakt zu den Rentnern hat sich ihr
können ihre Sprachkenntnisse verWortschatz enorm vergrößert – jetzt
bessern.
spricht sie sogar einige Brocken DiaAuf der kurzen Zugfahrt zum AusImpressionen eines ungewöhnlichen Ausflugs:
lekt. »A bissl und der Nächschte bitte«,
gangspunkt der Wanderung finden
Nach einem anstrengenden Fußmarsch gab es
sagt sie und muss lachen.
die ersten Gruppen zusammen, man
eine lange Rast auf einem Bergbauernhof
40
UniSPIEGEL 3/2013
FOTOS: MARIE-CHARLOTTE MAAS
Luthfi aus Indonesien und Mahdi aus Iran
haben sich Lea angeschlossen, einer der wenigen deutschen Studierenden, die an der Wanderung teilnehmen. Lea bringt den beiden
neue Begriffe bei. »Wenn du jemanden spontan fotografierst, ist das ein Schnappschuss«,
sagt sie. »Ah, Schnaps«, entgegnet Luthfi, »das
kenne ich doch!«
Ein paar Kilometer weiter macht die Gruppe
eine kurze Rast wegen der schönen Aussicht auf den Schwarzwald
samt Wiese mit Kühen im Vordergrund. Alle sind beeindruckt,
trotz des durchwachsenen Wetters. Mahdis Kamera ist im Dauereinsatz. Luthfi vergleicht die Landschaft mit der in seiner Heimat Indonesien und schwärmt dann von einem anderen Ausflug,
den er mit dem Senior Service unternahm: Damals ging es nach Oberstdorf, wo er den ersten Schnee seines
Lebens sah. »Es war so schön dort und
still. Nicht mal ein Vogel war zu hören,
nur der Wind«, schwärmt er.
Nach sechs Kilometern kommt die
Gruppe auf einem Bergbauernhof an:
Endlich Mittagessen! Auf der Karte
stehen Dinge, von denen auch mancher deutsche Student noch nie ge-
hört hat: Schäufele, Bibiliskäs, Vesperplatte.
Elkin aus Kolumbien entscheidet sich für die
Vesperplatte. Was das genau ist? Er hat keine
Ahnung, »aber es soll typisch deutsch sein«.
Nach ein paar Minuten bekommt er das Gericht und spießt Blut- und Leberwurst auf die
Gabel.
Während Elkin isst, wird Lucifer zum Trinken
animiert. Franz Roser, Vorsitzender des Senior Service, hat selbstgebrannten Schnaps dabei. »Kirschwasser
oder lieber Williams-Christ-Birne?«, fragt er. Lucifer weiß nicht
so recht, die Skepsis ist ihm anzusehen. Herr Roser lässt nicht
locker, Lucifer nippt – und schüttelt sich. »Schmeckt es dir?«,
will Franz Roser trotzdem wissen. Lucifer nickt tapfer.
Nachdem alle aufgegessen haben, beginnt der Abstieg ins Tal. Den meisten Studenten steht die Erschöpfung
bereits ins Gesicht geschrieben. Elf
Kilometer Fußmarsch sind keine Kleinigkeit. Zurück am Bahnhof, ist auch
Luthfi still geworden. »Ich bin wirklich müde«, verrät er leise, »aber ich
will es niemanden merken lassen,
denn die Senioren sind ja alle noch
total fit.« MARIE-CHARLOTTE MAAS
$ !
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Wege zum Bestseller
Bei einem Seminar in Köln sollen Studenten
und andere Teilnehmer lernen, wie man einen guten
Roman schreibt. Kann das funktionieren?
VON CHRISTOPH WÖHRLE (TEXT) UND SILJA GÖTZ (ILLUSTRATION)
An einem Morgen im April sitzt Michael Trappe in
einem Konferenzraum in Köln, um seinem großen
Ziel ein kleines Stück näher zu kommen. Trappe ist
32 Jahre alt, trägt lange Haare und hat soeben sein
Studium der Philosophie beendet. Nun will er sich
dem Schreiben widmen.
Trappe möchte Kurzgeschichten verfassen, Bücher
vorlegen, am liebsten die Bestsellerlisten stürmen. Es
geht ihm wie Zehntausenden anderen Menschen, die
von einem Leben wie dem von Joanne K. Rowling,
Stephen King oder Ken Follett träumen. Es ist ein
weiter Weg dahin, und am besten lernt man vorher
noch, wie man zum Beispiel einen Spannungsbogen
aufbaut und Dialoge schreibt. Trappe hat sich daher
bei einem dreitägigen Seminar angemeldet, das der
Verlag Bastei Lübbe anbietet. Es heißt: »Nervenkitzel:
Schreiben Sie einen verdammt spannenden Roman«.
Dozenten sind der 53-jährige Bestsellerautor Andreas
Eschbach und Ann-Kathrin Schwarz, 38, Mitarbeiterin von Bastei Lübbe.
Im Konferenzraum sitzen Journalisten, Drehbuchautoren, Hausfrauen, ein Polizist und Philosoph Trappe. Auf dem Tisch in der Mitte stehen Wasser, Apfelschorle und Kekse, die Fensterbänke sind vollgestellt mit LübbeBestsellern wie »Generation Doof«, daneben liegen Ausgaben
der Western-Hefte »Lassiter«, die auch im Verlag erscheinen.
Die Teilnehmer fahren mit den Augen die Titel ab – und stellen
sich wahrscheinlich vor, wie es wäre, ihren Namen auf dem
Einband zu lesen. Groß rauszukommen. Geld mit dem Schreiben zu verdienen.
Seminare für Hobby-Schreiber bietet Bastei Lübbe in seiner neuen
Akademie regelmäßig an. Wer will, kann sich auch im Verfassen
historischer Romane oder erotischer Kurzgeschichten schulen
lassen, zwei Genres, die seit Jahren gut laufen im Buchgeschäft.
»Wir suchen so auch nach Talenten«, sagt Verlagsmitarbeiterin
Ann-Kathrin Schwarz. Für die Teilnehmer kostet der Kurs 649
Euro, was nicht ganz billig ist. Schwarz begründet das mit den
»hochkarätigen Dozenten«. Allerdings will Bastei Lübbe die
Seminarpreise bald senken. Und für Studenten soll es in Zukunft einen Rabatt geben, denn gerade unter ihnen vermutet
der Verlag fähigen Nachwuchs.
42
Seit der Gründung der Akademie im März dieses Jahres haben
etwa hundert Nachwuchsautoren die Seminare besucht. Hat es
schon mal einer zu einer Veröffentlichung oder gar einem Bestseller gebracht?
»In einem Fall hat ein Manuskript so überzeugt, dass die Autorin tatsächlich für uns einen erotischen Roman schreibt«,
sagt Ann-Kathrin Schwarz. Außerdem gibt es Ex-Teilnehmer,
die nun Lassiter-Hefte oder andere Serien-Geschichten gegen
Honorar verfassen.
Philosoph Trappe hätte nichts dagegen, von seinen Texten leben
zu können – aber das sei gar nicht entscheidend: »Schreiben
und sich literarisch ausdrücken ist für mich einfach ein Bedürfnis.« Mit Freunden betreibt er eine »Literaturwerkstatt«,
in der sie über ihre Texte sprechen. Einige Kurzgeschichten und
Gedichte hat Trappe schon veröffentlicht, in einem Büchlein
mit dem Titel »Unfrieden«, außerdem geistert die Idee für einen
Roman durch seinen Kopf. Um am Kurs teilnehmen zu können,
reichte er, wie alle Teilnehmer, zwei Texte ein: zweimal die gleiUniSPIEGEL 3/2013
Wer einen Bestseller verfassen
will, braucht erst einmal eine gute Idee.
Aber er sollte auch wissen,
wie man Spannung aufbaut und gute
Dialoge schreibt
che Geschichte, einmal möglichst spannend erzählt – und einmal eher langweilig.
Das Seminar beginnt damit, dass die eingesandten Texte seziert
werden. Die erste Geschichte stammt von einer schüchtern wirkenden Teilnehmerin und handelt von einem braven Hund,
der langsam zur Bestie wird. Dozent Eschbach, der seit Jahren
historische Romane verfasst, ist angetan: »Was machen Sie eigentlich in meinem Kurs?« Die Autorin lächelt und wirkt sehr
erleichtert, dass sie so gut weggekommen ist.
Zwischen den Textanalysen erklärt Eschbach Wesentliches: Wie
erzeugt man Spannung? Wie gelingt der Aufbau eines Romans?
Die Neugier des Lesers müsse geweckt und dann gelenkt werden, sagt er. Der Autor stellt sechs »Stellschrauben« für Spannung vor: Unvorhersagbarkeit, Vorausdeutung, angemessene
Sprache, Orientierung, Glaubwürdigkeit und Intensität. »Ihr
Leser muss immer verstehen, wo er ist, welche Zeit wir haben
und was vor sich geht. Darüber hinaus gilt: je rätselhafter, desto
besser.«
3/2013 UniSPIEGEL
Wenn der Text nicht nur Rätsel bietet, sondern den
Leser verwirrt, war es zu viel des Guten. Man muss,
sagt Eschbach, über mehrere Handlungsstränge Spannung erzeugen. Ein Text soll jederzeit andeuten, dass
noch etwas kommt, und nie zu viel verraten. Er muss
die sinnliche Wahrnehmung beim Leser anregen,
gleichzeitig aber glaubwürdig sein.
Und die Sprache? Präzise und bildhaft zu schreiben,
so Eschbach, sei für einen Roman das Wichtigste. Mit
langen und kurzen Sätzen im Wechsel könne man gut
Ton und Lesetempo vorgeben. Beim Leser müsse eine
Nähe zur Hauptfigur entstehen. Und grundsätzlich
gelte: genau beschreiben, nicht langweilig schildern.
An den folgenden Texten des Seminars gibt es mehr
zu kritisieren für die Dozenten: Ein Teilnehmer
schreibt über seine Protagonistin »Ihre Angst vergrößerte sich« und »mit offenen Sinnen saugte sie die
Eindrücke in sich hinein«. Das klingt arg hölzern.
Andreas Eschbach und Ann-Kathrin Schwarz kritisieren freundlich, aber bestimmt. Text für Text. Michael Trappe sitzt da, schaukelt ein wenig auf seinem
Stuhl und sagt eher selten etwas zu den Erzählungen
der anderen. Seine Geschichte kommt erst später an
die Reihe.
Als es so weit ist, wirkt auch Trappe etwas nervös.
Der Einstieg in seinen Text funktioniert offenbar nicht.
Vor allem einen vorangestellten Satz verstehen nicht
alle. Der Bezug auf das spätere Geschehen ist nicht
klar. Aber ansonsten bekommt er Lob: für seine lebendige Sprache, für die knappen Dialoge, für den
geschickten Textaufbau. »Eine gelungene Geschichte«,
sagt Andreas Eschbach.
Es folgt eine Schreibübung. Jeder Teilnehmer soll die
erste Seite seines spannenden Textes unter der Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse noch
einmal schreiben.
Dieses Mal loben alle den überarbeiteten Text von Trappe. Der
Philosoph ist zufrieden: Er wisse nun, wie wichtig Vorausdeutungen für den Spannungsbogen seien und dass es auf geschliffene Dialoge ankomme, sagt er. Und dass es sinnvoll sein könne,
ein Geheimnis hinter die Handlung zu setzen, das für den
Leser nur ganz behutsam aufgelöst werde.
»Man merkt immer schnell, wer Talent hat und wer weniger«,
sagt Andreas Eschbach später beim Kaffee. Aber was macht er
als Dozent, wenn er einen Teilnehmer auch nach drei Tagen
Seminar für einen hoffnungslosen Fall hält? Es ihm sagen?
Eschbach überlegt kurz. »Nein. Das muss der Einzelne schon
selbst merken«, sagt er. Bei den meisten Teilnehmern sei aber
durchaus Talent zu erkennen, und Schreiben sei auch Handwerk: Man solle sich daher nicht zurückwerfen lassen, wenn
es nicht direkt klappe mit Leser- und Lektorenzuspruch. »Mit
der ersten Romanveröffentlichung ist es wie mit der ersten
Million«, sagt Bestsellerautor Eschbach, »die erste ist immer
die schwerste.«
43
Bye-bye,
guys!
Was passiert in Deutschlands
Uni-Städten, wenn es dunkel
wird? UniSPIEGEL-Autor Markus
Flohr spielt mit US-Soldaten
Bier-Pingpong und schläft neben
einer Landebahn. Eines Nachts
in: Kaiserslautern.
20.00 Uhr Chris, 29, landete 2005 als US-Soldat im Irak. Ei-
gentlich kommt er aus New Jersey, jetzt zapft er Bier in einem
Café in Kaiserslautern, das »The Clearing Barrel« heißt. Auf
Deutsch könnte man es Entladekiste nennen. Samuel und ich
sind die ersten Gäste. Chris schreibt Nachrichten auf Facebook,
unter dem Tresen schnüffelt Hund Uschi herum. Tagsüber ver44
teilt Chris hier Getränke, Brettspiele – und Tipps für Soldaten,
die desertieren wollen. Die Front hatte er im Irak zwar nicht
gesehen, sondern nur gehört, er war Funker. Es reichte ihm
aber auch so. Heute Nachmittag seien Offiziere von der Navy
hereingekommen, sagt Chris in seinem Deutsch mit amerikanischem Beiklang, und zielsicher hätten die aus dem Schrank
das »Schiffe versenken«-Spiel geangelt. Navy halt. Ich mache
es ihnen nach, wir positionieren die Flotten, Chris zapft ein
Weizen, Samuel trifft mit dem ersten Schuss meinen Flugzeugträger. Chris lacht.
21.00 Uhr Einer der ersten warmen Tage des Jahres. Nur ein
Gast, außer uns, ist an diesem Abend ins »Clearing Barrel« gekommen. Er setzt sich vor die Tür und trinkt sein Bier. Wir folgen. »Ausgehen? In Lautern?«, sagt eine junge Frau, die dazukommt. »Ihr müsst nach Frankfurt, Mannheim, Mainz. Alles
nicht weit weg. Hier wird es schwierig.« Amerikaner gebe es
aber überall, ja. Was die machen? Sie spielen ein merkwürdiges
Kneipenspiel: »Beer Pong«, ein Wurfspiel mit Tischtennisbällen
und Bierbechern. Ich bin gespannt.
UniSPIEGEL 3/2013
FOTOS: KATRIN BINNER
Nachmittags Samuel und ich sitzen in der Küche von Max.
Sie befindet sich in einer Baracke des ehemaligen Militärflughafens »Sembach Air Base«, den die Amerikaner 1995 zugunsten des benachbarten Flughafens Ramstein aufgaben. Max zog
in eines der leeren Sembacher Airport-Gebäude, richtete sich
eine Wohnung und ein Tonstudio her. Samuel war oft zu Besuch, sie machten Musik, hingen herum, was man so macht.
Dann zog Samuel nach Berlin. Jetzt nimmt er mich für ein Wochenende mit, zurück nach Sembach, nach Kaiserslautern, das
fast jeder US-Soldat kennt und »K-Town« nennt. Eine Uni gibt
es hier übrigens auch: die TU Kaiserslautern mit insgesamt
etwa 14 000 Studierenden. Die fallen im Nachtleben allerdings
nicht ganz so auf wie die Amerikaner.
einem Dreieck. Sie sind mit Bier gefüllt. Wie beim Pingpong
warten die Teams an den Enden der Platte. Die Frauen beginnen. Mit Pingpongbällen werfen sie auf die Becher. Wenn
ein Ball ins Bier platscht, muss es ausgetrunken werden. Jetzt
kontern die Männer. Die Bällchen springen daneben, auf den
Boden, in den Aschenbecher. Und dann landen sie wieder im
Bier.
1.00 Uhr Wie sind Samuel und ich bloß an dieses Tischende
Ausgehen in »K-Town« ist wie eine
Reise nach Amerika: In »Chuck’s Diner«
locken US-Flaggen und BHs, in der
»Markthalle« (M.) fühlt man sich wie in
einem Hollywood-Film
21.30 Uhr Zum Warmwerden hängen wir am Kicker im »Benderhof« rum. Es ist Samstag, beste Ausgehzeit, aber auch hier
trifft sich nur knapp ein Dutzend Besucher. Amis? Nein. Ich
suche nach Gegnern für den Kicker: »Hab gestern schon«,
»kann gerade nicht aufstehen«, »in einer halben Stunde
vielleicht«. In den Scheiben der dunklen Kneipe zeigt mir
Samuel Bilder von Kaiser Barbarossa. Nach ihm ist die Stadt
benannt – und nach einem Fluss, der Lauter, die im Stadtgebiet
jedoch selten zu sehen ist, weil sie unterirdisch fließt. Sagt die
Wirtin vom »Benderhof«.
23.00 Uhr Im »Simpel« in der Altstadt gehen die Studenten
der Stadt trinken und feiern. Auch hier keine Amis. Durch
den stockdunklen Laden balanciert eine Frau eine Art Holzlatte
mit 15 gefüllten Biergläsern, den »Meter«. Wer etwas bestellt,
muss sich halb über den Tresen lehnen, denn die Rockmusik
dröhnt so laut, dass man schon auf die kürzeste Distanz nichts
mehr versteht. Lieber gleich den Meter ordern, dann muss man
nur einmal laut schreien. Das Semester hat gerade begonnen,
rundherum begrüßen sich Studenten und erzählen Geschichten
aus dem Urlaub. Ein dichter Vorhang aus Rauch steht im Raum.
Ich muss husten.
gekommen? Warum werfen wir jetzt auch mit Plastikbällen
auf Bierbecher? Kann mal jemand bitte diesen lächerlichen
Film da oben ausmachen? Und wieso schreit der eine Amerikaner (Jeff) den anderen (Tyler) an, als sei er dessen Kompaniechef? Ach so, er ist sein Kompaniechef. Jetzt salutiert Tyler
auch noch. Wir bekommen Unterstützung von Samuels Kumpel Manuel, dessen Vater als Soldat nach Kaiserslautern kam,
sich verliebte und nun auf der US-Basis arbeitet. Manuel hält
den Plastikball wie ein Basketballspieler, und er trifft, mehrfach.
Das Spiel ist vorbei, die Becher leer, nach einem weiteren
Schluck auf Amerika. Jeff befiehlt Tyler, wieder in die Kaserne
einzurücken. Jeff legt mir seine Hand auf die Schulter: »Don’t
make America look bad«, sagt er. »America does it by itself«,
sagt Tyler.
3.00 Uhr Die »Markthalle«: eine Disco, als wäre sie einem Hol-
lywood-Film oder einer Serie aus den Neunzigern entsprungen.
Diese Läden, durch die Will Smith und Halle Berry immer liefen, oder Axl Rose oder alle aus der »21 Jump Street«. Wo man
Sonnenbrille und Feinripp ganz unironisch trägt, einfach weil
es geil aussieht. Wo die Mädchen auf Stöckelschuhen tanzen,
als wären es Sneakers. Wo die Jungs dicke Goldketten um den
Hals haben, wo ich denke, das alles sei nicht echt, sondern nur
eine Kulisse und gleich komme ein Kamerateam um die Ecke.
Mitten durch dieses US-Raumschiff von der Westküste schleichen ein paar Einheimische, sie versuchen, sich wie Chamäleons anzupassen, imitieren die Amis, und das bekommen sie
besser hin als wir, Samuel und ich, die wie schüchterne Chorknaben in einer Gogo-Bar glotzen. Samuel sagt: »Hier gehe
ich jetzt immer her.« Ich nicke.
5.00 Uhr Wir stochern mit Plastikpiksern in einer Portion
Pommes. Am Nebentisch unterhalten sich zwei Damen um
die vierzig auf Russisch und Deutsch. Sie sind stark geschminkt,
0.00 Uhr Die Amis sind da: In »Chuck’s Diner« spricht man ihre Beine stecken in Netzstrumpfhosen. Ihre Kleidung haben
amerikanisch. Die Preise auf der Karte sind in Dollar ausge- sie in allen Farben des Regenbogens gewählt, für die Uhrzeit
zeichnet. Britney Spears trällert aus den Boxen, Bier wird mit sind sie beängstigend wach. Samuel fasst in gedämpftem Ton
Vorliebe im »Pitcher« serviert, einem Messgefäß mit dem die Nacht zusammen. Ich nicke wieder. Und nicke. Ich freue
Charme einer Gießkanne. Auf Fernsehern unter der Zimmer- mich schon auf Sembach, denke ich, auf unsere grüne Baracke,
decke laufen Pornos. Soldaten fast aller Dienstgrade heben Bier gleich neben der ehemaligen Landebahn.
und Schnäpse, so hoch sie noch können: Cheerio, Prost, »to Die Damen erheben sich, stützen sich auf unseren Schultern
ab, lassen die Hände ein wenig zu lange liegen, und dann zwinAmerica«!
Es ist warm hier, ich sehe rote Gesichter. Wir drängen uns kert die eine, die links saß, uns zu und sagt:
durch bis ins Hinterzimmer, wo es laut ist. Zwei Teams, »Bye-bye, guys!«
Männer gegen Frauen, treten zum Beer Pong an: Auf einem Nur eine Nacht in Kaiserslautern, und schon sind wir AmeriBillardtisch stehen links und rechts sechs Plastikbecher in kaner.
3/2013 UniSPIEGEL
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H Ö R E N
P OP / LITTLE B OOTS
Zweiter Versuch
Erfolg ist nicht planbar, irgendwie hat
diese Erkenntnis auch etwas Beruhigendes.
Als die britische Sängerin und Musikerin
Victoria Hesketh, 29, unter dem Namen
Little Boots vor vier Jahren ihr Debütalbum
»Hands« veröffentlichte, sah es so aus, als
könnte nichts der ganz großen Karriere entgegenstehen. Sie war hübsch, schrieb ihre
radiotauglichen Songs selbst und kam irgendwie ein bisschen nerdig rüber. Perfekt
eigentlich. Die BBC nahm sie daher auf
die Liste der vielversprechendsten Newcomer 2009 – und sie selbst trat in der
Öffentlichkeit mit einer gewaltigen Portion
Selbstbewusstsein auf. Doch es wurde
nichts aus dem Durchbruch. Ihr Album
schaffte es zwar auf Platz fünf der britischen
Charts, doch gemessen an den hohen Erwartungen war das nicht wirklich viel.
Nun ist Little Boots wieder da. Weil sie in
den vergangenen Jahren als DJ um die Welt
tingelte, liegt mit ihrem neuen Album »Nocturnes« jetzt eine Hommage an die Nacht
vor. Zehn bezaubernde Songs sind darauf
zu hören, die nicht mehr nach achtziger Jahren klingen, sondern nach modernem, sehr
tanzbarem Pop.
3/2013 UniSPIEGEL
Eigentlich sollte es nun endlich klappen mit
der ganz großen Karriere. Zumal Hesketh
diesmal alle Fehler vermied, die sie bei ihrem Debüt noch gemacht hatte. Erstens:
Sie hielt den Ball flach. Wer sich nicht zur
nächsten großen Pop-Hoffnung stilisiert,
kann auch nicht zur gescheiterten Pop-Hoffnung werden. Zweitens: Sie vernetzte sich
gut. »Nocturnes« wurde vom New Yorker
Tim Goldsworthy produziert, dem auch das
hippe DFA-Label gehört. Außerdem ist
Andy Butler dabei, Kopf der Neo-DiscoBand Hercules and Love Affair. Drittens:
Little Boots machte nicht alles anders, sondern beweist auch dieses Mal wieder viel
Gefühl für die Tanzfläche und Mut zur Mitsingmelodie.
Aber am Ende heißt das natürlich alles gar
nichts. Auch wenn man scheinbar alles richtig macht, kann man falschliegen. Dann
muss man es eben noch mal probieren. Das
Einzige, was sich mit Sicherheit sagen lässt:
Vielversprechende Künstler, die mehrere
Dutzend Male scheiterten, gelten irgendwann als Leute, die unbeirrt ihren eigenen
Weg gegangen sind.
P L AYLIST
P L AT Z
/
KÜNSTLER / TITEL
1. BRIGHT EYES
Shell Games
2. IRON AND WINE
Walking Far From Home
3. THE STREETS
Going Through Hell
4. ROBYN
Indestructible
5. VAMPIRE WEEKEND
White Sky
6. THE PAINS OF BEING
PURE AT HEART
Heart in Your Heartbreak
7.
KLAXONS
Twin Flames
8. JAMES BLAKE
Limit to Your Love
9. RURAL ALBERTA
ADVANTAGE
Stamp
10. FOTOS
Angst
Die CampusCharts sind die Hörer-Wochen-Charts der CampusRadios bundesweit. Die Monatsauswertung
erscheint exklusiv im UniSPIEGEL. Bei dem Online-Voting kann jeder mitmachen. Jeden Montag gibt’s
die CampusCharts auch im Radio. Wann und wo genau, steht bei campuscharts.de
Die Sängerin Little Boots wollte schon vor Jahren groß
rauskommen. Was damals nicht klappte, könnte
nun dank der neuen Platte »Nocturnes« geschehen.
TOBIAS RAPP
47
L E S E N
Ein Buch für
alle Fälle!
KiWi 1312. 256 Seiten. € (D) 9,99
Kommt dämlich von der Dame
und herrlich vom Herrn?
Unterhaltsam und witzig löst
Bastian Sick dieses und andere
Rätsel der deutschen Sprache
und zeigt auch im fünften Band
der erfolgreichen Kultserie:
Man lernt nie aus!
SACH B U CH / »FR ITZ I U N D I CH«
Allein unter Mamas
Jochen König erzählt von der Geburt seiner Tochter,
vom Scheitern seiner Partnerschaft – und von der
Angst, als Vollzeitvater keine gute Mutter zu sein.
Die Geschichte beginnt mit den zwei Streifen. Als der Schwangerschaftstest positiv ausfällt, sind Jochen und seine Freundin unschlüssig. Sie will Karriere machen, fürchtet sich vor der Bindung
durch das Kind und will nicht ausschließlich Mutter sein, zumindest
noch nicht. Ihr Freund Jochen König, damals 27 Jahre alt, will das
Kind mehr als seine Freundin. Jochen schmeißt daher seinen Job
hin und geht in Elternzeit, seine Freundin arbeitet weiter. Ihre Tochter
kommt zur Welt, sie nennen sie »Fritzi«.
Die jungen Eltern ziehen nicht zusammen, sondern probieren stattdessen ein anderes Familienkonzept aus: Jeder soll seine Bedürfnisse
ausleben können, die Verantwortung für das Kind wollen sie sich so
weit wie möglich teilen. Fritzi wohnt bei Jochen, die Mutter arbeitet
weiter Vollzeit und nimmt das Kind nur an manchen
Tagen zu sich. Fritzi wird früh abgestillt. Obwohl Elternzeit für Väter immer mehr in Mode kommt, scheint
es Jochen zuweilen so, als sei er weit und breit der
einzige Vollzeitvater. Allein unter stillenden Müttern.
Autor Jochen König hat in diesem Buch seine eigene
Geschichte aufgeschrieben, die Geschichte der ersten drei Jahre mit seiner Tochter. Er beschreibt schlaflose Nächte und seine Versuche, sich dem Rhythmus
seines Kindes anzupassen. Er lernt, den immer gleichen und manchmal eintönigen Alltag mit einem
Baby zu akzeptieren. Oft ist er kurz davor zu verzweifeln. König ist dabei ein liebevoller Vater, der seine
Rolle voll annimmt. Das unterscheidet ihn von vielen
anderen Männern, die sich auf maximal vier Monate
Jochen König
Elternzeit einlassen und diese Phase von vornherein
»Fritzi und ich«
als Intermezzo betrachten. Als Tochter Fritzi schließHerder; 200 Seiten;
lich in die Kita kommt, wird Jochen noch einmal Stu14,99 Euro.
dent und will einen Abschluss in Kulturwissenschaften machen. Wieder ist er ein Sonderling – weit und
breit der einzige männliche Student mit Kind.
Jochen Königs Buch ist der ehrliche, rührende Bericht eines jungen
Vaters, der schonungslos beschreibt, wie abenteuerlich die ersten
Jahre mit Kind sind, wie Vater und Tochter zusammen glücklich
sein können – auch wenn Vater und Mutter das nicht so richtig hinbekommen. »Fritzi und ich« ist zugleich ein schlaues Plädoyer für
einen neuen Blick darauf, was ein guter Vater ist – und was eine
gute Mutter.
Tochter Fritzi, die man übrigens oft für einen Jungen hält, weil sie
selten Rosa trägt und weil sie eben Fritzi heißt, nennt ihren Papa
irgendwann »Mama«. Warum auch nicht?
GABRIELA SEIDEL-HOLLAENDER
48
www.spiegel.de
www.kiwi-verlag.de
UniSPIEGEL 3/2013
S E H E N
IMPRESSUM
P O L I T- D R A M A / » N A C H D E R R E V O L U T I O N «
SPIEGEL-Verlag
Rudolf Augstein GmbH & Co. KG
Sehnsucht nach Versöhnung
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Postfach 10 58 40, 20039 Hamburg
Im neuen Spielfilm des Ägypters Yousry Nasrallah
geht es um eine unmögliche Liebe – und den Traum
von einer halbwegs funktionierenden Demokratie.
Verlag und Redaktion
Ericusspitze 1, 20457 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Online: www.unispiegel.de
Herausgeber
Rudolf Augstein (1923 – 2002)
Stellvertretende Chefredakteure
Klaus Brinkbäumer,
Dr. Martin Doerry (V. i. S. d. P.)
Redaktionsleitung
Guido Kleinhubbert
Redaktion
Markus Flohr, Lena Greiner,
Maximilian Popp
Ein kleiner Junge steht vor einer Mauer, die bunt bemalt ist mit den Pyramiden
von Gizeh. Würde man die Mauer abreißen, wäre der Blick frei auf die echten Pyramiden, die nur ein paar hundert Meter entfernt sind. Doch die Welt der Sehenswürdigkeiten und der Touristen liegt in unerreichbarer Ferne. Die Mauer wurde vor über
zehn Jahren vom Mubarak-Regime in Kairo errichtet, auch um die Einwohner des angrenzenden verarmten Stadtviertels Giza von den Pyramiden fernzuhalten.
Die Szene mit dem kleinen Jungen ist in »Nach der Revolution« zu sehen, dem ersten
Spielfilm, der nach dem Sturz des Mubarak-Regimes in Ägypten entstand und
weltweit in die Kinos kommt. »In meinen Augen ist die Mauer ein Symbol für die
Trennlinien, die noch immer mitten durch unsere Gesellschaft laufen«, sagt Regisseur
Yousry Nasrallah, 60.
Vor gut zwei Jahren kämpften mutige Ägypter auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegen
Mubaraks Diktatur – es waren Tage der Euphorie, in der viele Aufständische fest
daran glaubten, alle Klassen- und Konfessionsgrenzen niederreißen zu können. »Nach
der Revolution« ist die Chronik des Umbruchs und zugleich ein utopischer Entwurf.
Hauptfiguren des Films sind der Reiter Mahmoud (Bassem Samra), der auf dem
Tahrir-Platz Demonstranten niederknüppelte, und die Aktivistin Reem (Menna Shalabi),
die in der Werbung arbeitet und für die Rechte der Frauen kämpft. Zwischen den
beiden lässt Nasrallah eine zarte Liebe entstehen, die für ihre Freunde und Verwandten
eine Beziehung ohne Zukunft ist. Reem versucht Mahmoud dabei zu helfen, mit
seiner Schuld fertigzuwerden. Bilder von Handy-Kameras, die Mahmoud beim Einsatz
auf dem Tahrir-Platz zeigen, wurden ins Internet gestellt. Der Reiter steht am digitalen
Pranger.
Nasrallahs Film ist vom Glauben an die Möglichkeit einer großen nationalen Versöhnung getragen, von der Hoffnung auf eine halbwegs funktionierende Demokratie, in
der sich Muslimbrüder wie Mahmoud und Linksintellektuelle wie Reem eines Tages
zu einer friedlichen Koexistenz zusammenraufen können. Es ist manchmal nicht allzu
subtil, wie Yousry Nasrallah von den Gefühlen und Konflikten seiner Figuren erzählt.
»Nach der Revolution« ist ein grob und in grellen Farben hingepinselter Film, so
einfach, so naiv und so voller Sehnsucht wie das Bild der Pyramiden von Gizeh auf
der grauen Mauer.
LARS-OLAV BEIER
3/2013 UniSPIEGEL
49
Mitarbeit
Lars-Olav Beier, Matthias Fiedler,
Sylvia Ganter, Laura Gitschier, Annika
Joeres, David Krenz, Gunthild Kupitz,
Marie-Charlotte Maas, Marvin
Oppong, Tobias Rapp, Caroline
Schmidt, Gabriela Seidel-Hollaender,
Almut Steinecke, Christoph Wöhrle
Gestaltung
Nils Küppers
Bildredaktion
Antje Klein
Schlussredaktion
Regine Brandt, Bianca Hunekuhl
Dokumentation
Ulrich Booms, Sonja Maaß,
Dr. Andreas Meyhoff, Marko Scharlow
Verantwortlich für Anzeigen
Norbert Facklam
Anzeigenobjektleitung
Kristina Laurich
Objektleitung
Manuel Wessinghage
Druck
appl druck, Wemding
UniSPIEGEL wird auf Papier aus
verantwortungsvollen Quellen gedruckt.
Gültige Anzeigenpreisliste
Nr. 14 vom 1. Januar 2013
Mediaunterlagen und Tarife:
Tel.: +49 (0) 40/3007-2493
Der nächste
UniSPIEGEL erscheint
am 8. Juli 2013
Den UniSPIEGEL erhalten alle Bezieher
des SPIEGEL-Studentenabonnements.
Vertrieb Hochschulen:
Campusdirekt Deutschland GmbH,
Tel. +49(0)921/787 78 59-0
I C H
B I N
I C H
Zum Gähnen, diese typischen Style-Websites. Da versuchen Leute zu glitzern, indem sie sich etwas
Besonderes anziehen. Interessanter ist doch, etwas Besonderes zu sein (dann kann man sich immer
noch verrückt stylen). Wie die Studenten in unserer Uni SPIEGEL-Serie.
Linda Kays
Psychologiestudentin Linda Kays nicht – im Gegenteil. »Ich stehe gern im Mittelpunkt«, sagt die 33-Jährige,
die in Pilsen, Tschechien, geboren wurde, in Deutschland aufwuchs und für unser Bild eines ihrer Lieblingskleider anzog. Neben der Uni posiert Linda als Model für Fotografen mit etwas morbidem Geschmack: Bei
»kreativen Fantasy-Shootings« verwandelt sie sich zum Beispiel in eine Vampirbraut oder ein kunstblutüberströmtes Zombie-Girl. »Ich habe eine Vorliebe für Horrorfilme«, sagt sie. Auch was die Klamotten angeht,
darf es extrem sein – für eine Modenschau bei der »Fetish Evolution«, einer SM- und Fetisch-Messe, die am
Osterwochenende in Essen stattfand, zwängte sich Linda in knallenge Lack- und Lederkleider. »Ich bin aber
auch schon für eine ganz normale Brautmoden-Messe über den Laufsteg spaziert«, sagt sie. Mit ihren ModelJobs finanziert Linda ihr Psychologiestudium, gerade schreibt sie an der Bachelor-Arbeit. Sie erforscht Ängstlichkeit von Kindern bei radiologischen Untersuchungen. In einem Bochumer Krankenhaus befragte sie
Familien und stellte dabei fest, dass sich Eltern oft mehr fürchten als ihr Nachwuchs. Um fit zu bleiben für
die Uni und die Fotoshootings, läuft Linda jeden Tag, 2010 belegte sie den ersten Platz im Halbmarathon der
Frauen beim »Bochumer Uni-Run«. »Das würde ich gern noch einmal schaffen«, sagt sie.
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UniSPIEGEL 3/2013
DOMINIK ASBACH
Mit so einer feuerroten Mähne und tätowiertem Dekolleté fällt man überall auf, aber das stört die Bochumer
Der Wahrheit verpflichtet.
Sonst niemandem.
SPIEGEL-Leser wissen mehr.
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