Food Port Bremerhaven

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Food Port Bremerhaven
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Informationen der Wirtschaftsförderung Bremerhaven
Nr. 4 · August 2006
EDITORIAL
Liebe Leserinnen
und Leser,
Der Fischereihafen in Bremerhaven ist das
größte zusammenhängende Gewerbegebiet
in der Stadt. Und nach wie vor in Deutschland eines der wichtigsten Zentren als Verarbeitungs- und Umschlagsplatz der Fischwirtschaft. Unternehmen wie Frosta, Frozen
Fish International (Unilever-Konzern), Deutsche See und Nordsee sind mit ihren Markennamen überregional bekannt und bürgen für die hohe Qualität der Produkte und
des Standortes. Zahlreiche, namhafte kleinund mittelständische Handelsunternehmen,
Frischfischverarbeiter, Räuchereien und
Hersteller von Marinaden sind das „Salz in
der Suppe“ – allen Strukturkrisen zum Trotz
wurde hier zukunftsgerichtet über die letzten Jahre in den Standort investiert.
Der „Fischereihafen“ ist heute ein multifunktionales Gebiet auch mit Dienstleistern rund
um die Blaue Biotechnologie, Lebensmitteltechnologie und Analytik. Mit dem „Schaufenster Fischereihafen“ mit Gastromeile, Hotel, Theater, Aquarium, Museumsschiffen
und zahlreichen Veranstaltungen ist die touristische Vermarktung des Themas Fisch gelungen und wird weiterentwickelt. Die
Fisch- und Lebensmittelwirtschaft in Bremerhaven und der Region bilden ein starkes
Kompetenz-Cluster mit der gesamten Wertschöpfungskette am Standort.
Die 4. Ausgabe von BIS aktuell gibt Ihnen
Einblicke in eines der ungewöhnlichsten
und attraktivsten Gewerbegebiete Norddeutschlands.
Auch für Ihr Unternehmen kann es also
durchaus interessant sein, nicht nur Aufträge
nach Bremerhaven zu geben, sondern sich
auch hier direkt anzusiedeln. In diesem
Sinne grüßt herzlich
Ihr
Jürgen Adelmann
Inhalt
Firmenstrategie und
Trends bei „Nordsee“
Im Interview verrät Heiner
Kamps, Vorsitzender der Geschäftsführung von Nordsee
Fisch-Spezialitäten GmbH, was
er von bodenständiger Firmenstrategie, dem Firmensitz Bremerhaven und dem gerade beendeten Geschäftsjahr 2005 hält.
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Drehscheibe für Fisch
TK-Fisch, Frischfisch, Lachsprodukte – Bremerhaven ist bundesweit bedeutender Umschlagplatz für alle Sorten von
Fisch.
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컄 Entlang der
Hauptverkehrsader Am Lunedeich erstreckt
sich das Gewerbegebiet Fischereihafen mit seinen Kühlhäusern, fischverarbeitenden Betrieben, Händlern und zahlreichen Dienstleistern.
Food Port Bremerhaven
Gewerbegebiet Fischereihafen ist für die Zukunft und den weiteren Ausbau gut gerüstet
Die Globalisierung der Wirtschaft hat auch die
Fisch- und Lebensmittelbranche seit langem erreicht. Der Standort Fischereihafen hat sich im
Rahmen des unumgänglichen Strukturwandels
als „Kompetenzzentrum Fisch und Lebensmittel“
mit gutem Branchen-Mix und hoher Dienstleistungsdichte für die Zukunft gut aufgestellt.
Fisch als Wirtschaftsfaktor ist eine wichtige Geschäftsgrundlage und somit die Basis für etwa
15 % aller Arbeitsplätze in der Seestadt. In Bremerhavens größtem Gewerbegebiet findet sich
die gesamte Wertschöpfungskette der Fisch- und
Lebensmittelwirtschaft: Produzierende Industrieunternehmen mit Markennamen wie Frosta,
Deutsche See, Nordsee oder Iglo, der Großhandel, der die Rohwarenversorgung sicherstellt,
zahlreiche mittelständische Unternehmen, Räuchereien, Verarbeiter von Frischfisch und Meeresfrüchten oder Produzenten von schmackhaften Salaten und Marinaden. Es können nicht alle
aufgezählt werden, die den guten Ruf des Fischereihafens nach draußen tragen.
Hohe Dienstleistungsdichte
Als „Food Port“ ist Bremerhaven EU-Checkpoint
für Waren aus Drittländern. Serviceleistungen
wie Veterinär-Hygienekontrollen und Lagerung
von Zollgut sind selbstverständliche Angebote
an die weltweite Klientel. Und noch ein Superlativ: Bremerhaven hält das größte Angebot an
Kühllogistik in Deutschland bereit. Hohe Dienstleistungsdichte und kurze Wege zum Kunden
machen den Fischereihafen also attraktiv.
Aber auch die ganze Dienstleistungspalette rund
um das Thema Frische, Hygiene, Qualitätssicherung befindet sich direkt vor Ort und ist Garant
für allerhöchstes Niveau. Immer wichtiger wird
die Bedeutung von Forschung und Entwicklung:
Die Hochschule Bremerhaven und das Bremerhavener Technologietransferzentrum (ttz) arbei-
ten ganz dicht an den Bedürfnissen der Wirtschaft. Keine neue Frosta Produktentwicklung,
die nicht im Sensoriklabor des ttz getestet wurde.
Der Studiengang Lebensmittelwirtschaft an der
Hochschule Bremerhaven ist in seiner Art bundesweit einmalig. Am Standort wird Praxis orientierte Forschung und Entwicklung, aber vor allem auch Produktion und Dienstleistung auf hohem Standard betrieben. Seit 2003 haben sich im
Biotechnologiezentrum Bremerhaven junge, innovative Unternehmen angesiedelt, die im Bereich der Blauen (marinen) Biotechnologie, der
Lebensmitteltechnologie, Produktentwicklung
und Analytik ihre Kompetenz in die Standortentwicklung einbringen.
Multifunktionales Gewerbegebiet
Der langfristige Erhalt der Fischbestände ist für
Bremerhaven mehr als für andere Städte ein natürliches Anliegen. Mit der Neuansiedlung des
Bundesinstitutes für Fischereiökologie kommt
ein Garant für nachhaltige Fischerei und den
Schutz der Ökosysteme an den Standort.
Eine weitere Besonderheit des Fischereihafens ist
aber auch seine Weiterentwicklung zu einem
multifunktionalen Gewerbegebiet, in dem Unternehmen mit Weltruf wie E. H. Harms Automobillogistik, Traditionsunternehmen wie Schichau
Seebeck Shipyard GmbH Germany, Stahl- und
Anlagenbauer wie J. H. Kramer oder der Holzimporteur Cordes ansässig sind.
Jährlich zieht es zigtausende von Touristen in
den Fischereihafen, denn hier gibt es eine weitere Einzigartigkeit: Das „Schaufenster Fischereihafen“. Hier wird Fisch erlebbar gemacht, hier reihen sich im ehemaligen Fischbahnhof Restaurants wie Perlen an einer Schnur, in der Nachbarschaft von Hotel, historischen Schiffen, Theater
und Aquarium. Im Fischereihafen verknüpfen
sich Gewerbe und Handel, Forschung und Ent-
wicklung, Gastronomie und Einzelhandel, Geschichte und Kultur zu einer spannenden „Erlebniswelt“.
Qualifizierte Arbeitskräfte vor Ort
Die Stärkung des Clusters „Fisch- und Lebensmittelwirtschaft“ ist das erklärte Ziel der Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS. Die Verfügbarkeit
hochwertiger Gewerbeflächen in dem 480 ha
großen Gebiet ist von großer Relevanz für die
künftige wirtschaftliche Entwicklung im Fischereihafen. Mit Weitsicht wird nicht nur das thematische Zentrum für Fisch gepflegt und gestärkt,
auch gewerbliche Bauflächen sind in guter Qualität und ausreichendem Maße vorhanden.
Hinzu kommt die gezielte Förderung von Investitionsvorhaben z. B. nach dem speziell für die
Fischwirtschaft zugeschnittenem FIAF-Förderprogramm (Finanzinstrument für die Ausrichtung
der Fischerei) und die Unterstützung der Netzwerkarbeit. Die landeseigene Fischereihafen Betriebsgesellschaft (FBG) ist hier als ServiceDienstleister Ansprechpartner der Unternehmen
vor Ort.
Neben der gezielten Unterstützung, dem starken
wirtschaftlichen Cluster, der Innovationskraft und
dem direkten Umgang mit Politik und Verwaltung schätzen die ansässigen Unternehmen auch
besonders die qualifizierten Arbeitskräfte. Hier
sind Menschen tätig, die was vom Umgang mit
dem sensiblen Lebensmittel Fisch verstehen.
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Frische Ideen
Erlebnis-Einkauf beim
Fischprofi
Fiedlers Fischmarkt „Anno 1906“ schafft tolle Kulisse für
Fischproduktion und -verkauf mit modernster technischer Ausstattung wie EDV-gesteuerten Räucheröfen
In der ehemaligen
Packhalle IV mit über
hundertjähriger Geschichte hat HansJoachim Fiedler seit
1988 sein Domizil aufgeschlagen. Fiedlers
Räucherdiele, Fiedlers
Aalkate im antiken flämischen Ambiente und
das maritime Bistro
„Der Kutterfischer“ haben – unter dem überregionalen Werbeslogan „Schaufenster Fischereihafen“ einen hohen Anteil am Erfolg der Tourismus-Meile mit maritimen Flair und gastronomischen Fischgenüssen. Mit dem Ausbau seines
Geschäftes zum „historischen Fischmarkt“ hat
Firmenchef Fiedler erneut einen guten Riecher
bewiesen – die Kunden aus nah und fern honorieren die Geschäftsidee mit wachsender Nachfrage.
Fisch kaufen und dabei ein Stück Bremerhavener
Geschichte mit typischer FischauktionshallenKulisse und Hafenatmosphäre einfangen – das
gibt es bundesweit einmalig nur in der Fein-
왕 Die 100 Jahre alte Halle IV war Anlass für die
Neugestaltung. Fisch genießen und erleben wie
„Anno 1906“ und Brötchen an gestapelten Kisten essen. Mmmh … lecker!
schmecker-Meile des Gastronomen und Fischeinzelhändlers Hans-Jochim Fiedler. Wer bei
dem Bremerhavener aus Überzeugung einkauft,
bekommt nicht nur eine große Auswahl an Seeund Süßwasserfischen, Schalen- und Krustentiere, hausgemachte Räucherprodukte, Marinaden,
Feinkostsalate und Fischbrötchen geboten. Mit
dem Umbau des traditionsreichen Ladengeschäftes ist vieles größer, schöner und auch schneller
für den Kunden geworden.
Produktion und Atmosphäre hautnah
Direkte Information und Erleben der Produktion
stand bei Fiedler
schon immer im
Mittelpunkt seiner
Verkaufsphilosophie. Mit Kalt- und
Heißräuchereitechnik ausgestattet, wie den traditionellen Altonarer
Räucheröfen und
den EDV-gesteuerten
und -kontrollierten Lachs-Räucheröfen, bedient
der findige Fischkaufmann rund 500 Kunden
bundesweit, vom Fachgroßhandel, über Hotelgewerbe und Gastronomie bis zum Lebensmittelhandel. Das eigentliche Erlebnis findet jedoch
in den von ehemals 150 m2 auf 480 m2 vergrößerten Verkaufsräumen statt. „Gefühle und
Funktionalität haben sich aufs beste vereinigt“,
beschreibt Fiedler das „neue Gesicht“ An der
Packhalle IV mit modernem Innenleben.
Historisch nachempfundene Kulisse
„Erlebnis-Welt“ im Fischladen nennen die Branding-Experten der Bremerhavener Agentur
Braue das von ihnen werblich umgesetzte Konzept. Gezeigt werde die Welt des Fischmarktes
wie vor 100 Jahren, zugleich das Geburtsjahr
der Halle IV. Aus 22 Lautsprechern sind typische
Hafengeräusche wie Möwengeschrei, das Tuten
der Fischdampfer und das laute Anpreisen der
Waren zu hören. Verkauft wird „Anno 2006“ in
historisch nachempfundener Arbeitskleidung –
traditionell „schwarz-weiß“ mit langen Schürzen, Gummistiefeln und Weste.
Fiedler gibt gerne zu, dass ihn die gelungene Atmosphäre des Deutschen Auswandererhauses
inspiriert hat. Das „Schaufenster“ sei Teil eines
touristisch funktionierenden Anlaufpunktes, was
passe da besser, als ein Stück Fischwirtschaftshistorie an dem bedeutendsten Fisch-Anlandeplatz Deutschlands zu transportieren. Im Salzeck
riechen die Kunden offene Gewürze, aus dem
Räucherofen-Modell quillt Rauch und ein altes
Beiboot wurde kurzerhand als Kasse installiert.
Ein Teil der Ausstattung konnte Fiedler direkt
beisteuern, Utensilien wie alte Fässer, Handwerkszeug und das Seefahrtsbuch seines Onkels
zeugen von vergangenen Zeiten. Und so ganz
nebenbei erfährt man laut Fiedler über die hinter
einer transparenten Glasscheibe sichtbare Produktionsabteilung, wie der Fisch fachgerecht filettiert wird.
Trotz der weitgehend authentisch nachempfundenen Fischszenen und Verkaufsständen wie sie
bei damaligen Fischauktionen genutzt wurden,
sind natürlich moderne Ausstattungen aus
Edelstahl nach aktuellen Hygienestandards
(HACCP) im Einsatz. Beim Anblick der Fischdelikatessen braucht man zur Qualität ohnehin
nicht viel sagen – RAL-und DLG-Gütesiegel der
Fiedler-Produkte sind nicht nötig, damit einem
das „Wasser im Munde“ zusammenläuft. Die
„längste Verkaufstheke“ der Region, in neuer
Aufmachung mit verschiedenen Tresen zusammengerechnet sogar noch um einige Meter zugelegt, wird von Einheimischen und Touristen seit
der „Retro-Spektive“ noch stärker angenommen.
„Wir mussten vier Fachverkäuferinnen neu einstellen“, freut sich Fiedler über das erfolgreich
etablierte Konzept.
왕 In Rekordzeit von 8 Wochen wurde – größtenteils mit Bremerhavener Handwerkerfirmen – die
Erweiterung von Fiedlers Fischmarkt realisiert. Der Firmeninhaber mit der nötigen wie nützlichen
Verpackung für den Frischfisch – Zeitungspapier mit hygienischem Folieninnenleben und dem Originaldruck der Seite 1 der Nordwest-Zeitung von 1906!
Wachsen in der Nische
Roland Feinfischräucherei baut auf bestehendes Kundennetzwerk und
solides Handwerk
Eine kleine, aber feine Nische, über Jahre gewachsene Netzwerke mit einer soliden Kundenbasis und qualifizierte Mitarbeiter, die das Handwerk der Räucherei von der Pike auf kennen
und gelernt haben. Für Hans-Georg Stein, Geschäftsführender Gesellschafter der Roland Feinfischräucherei GmbH, Grundvoraussetzungen für
seine neue Unternehmensgründung nach über 4
Jahrzehnten Fischwirtschafts-Know how und verantwortungsvoller Tätigkeit in der Branche.
Stein und zwei Mitinvestoren bündelten das über
Jahre aufgebaute betriebliche und handwerkliche Wissen und die guten Kontakte in die Fachwelt und haben seit der Neugründung der
Roland Feinfischräucherei im November 2005
bereits ein beeindruckendes Tempo vorgelegt:
Mit mittlerweile 9 Beschäftigten und Betriebsleiter Claus Schniedewind fand Stein in der
Packhalle XIII im Fischereihafen, in Nachbarschaft zur Seefischgroßhandlung Schüttler, und
zudem in deren früheren Geschäftsräumen, rasch ein neues Firmendomizil.
Ausbau von Fischspezialitäten
Stationärer und mobiler Fachhandel und der
Großhandel wie Lebensmitteleinzelhandel seien
die tragenden Säulen bei den Abnehmern. Zum
Großteil werde die klassische Warenschiene wie
Makrele, Bückling, Heilbutt und Locken bedient,
aber der Anteil von etwa 20 % an Fischspezialitäten wie exklusiver Fingerfood und Räucherisch
mit Früchten solle weiter ausgebaut werden.
Ein großes Lob möchte Stein der BIS als Partner
bei der Umsetzung der neuen Firmengründung
aussprechen. „Deren Hilfestellungen bei den oft
bürokratischen Vorgaben wie Förderanträgen
waren eine riesige Hilfe.“ „Ohne die hätte ich es
nicht geschafft“, so Stein wörtlich. Auch die Aktivitäten der Lebensmittelüberwachung als wichtiges Reglement für jeden Lebensmittel verarbeitenden Betrieb seien korrekt und mit Fingerspitzengefühl ausgeführt worden, so dass man als
Klein, aber fein
Unaufgeregt und leise hinter den Kulissen hat Stein, zugleich Mitgesellschafter
bei Schüttler, das Konzept seines Neueinstieges entwickelt. Der gelernte
Kaufmann setzt auf sein Fachteam erfahrener Räucherer, die er allesamt gut
kennt und aus früheren Tätigkeiten
schätzen gelernt hat. „Der Beruf des
Räucherers wird in seiner ursprünglichen Form heute nicht mehr gelehrt, als
so genannter Fischwerker durchläuft
man vom Tiefkühlfisch bis zur Hygieneanforderung viele Stationen. Für diese Art der Ausbildung haben wir als
Kleinbetrieb leider nicht die Möglichkeiten. Insofern passt es ideal, dass wir
auf bereits geschultes Fachpersonal zu왕 Betriebsleiter Claus Schniedewind.
rückgreifen konnten.“
Kleinbetrieb den nötigen Zeitrahmen zur UmsetInsgesamt sei der Markt für Räucherprodukte
zung hatte, lobt der Chef.
stagnierend, die Zahl der Wettbewerber stark abnehmend und der Druck der Großunternehmen
Mit Schniedewind, der das Tagesgeschäft verwachsend, sagt Stein. Die bestehenden Lieferverantwortet, sei das Nahziel, ein Warenumschlag
pflichtungen und Kontakte u. a. auch durch die
von 6.000 kg pro Woche an Räucherware, erlangjährig etablierte Produktschiene Frischfisch
reicht. Der angestrebte Umsatz für das laufende
der Schüttler GmbH sorgten laut Stein für eine
Geschäftsjahr liege bei 1,5 bis 2 Mio. Euro. Viegesunde Basis. „Ohne diese Starthilfe wäre die
les funktioniere auf der „persönlichen Schiene“
rasche Betriebsaufnahme kaum möglich geweund da hat Stein zumindest bei den gewachsesen“. Zumal Neuinvestitionen in 3 Öfen zur
nen Kundenbeziehungen sprichwörtlich „einen
Heißräucherei notwendig waren.
Stein im Brett“.
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Frische und Logistik
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Flexible Kühlhauslogistiker
Neben dem größten Kühlgut Fisch werden hauptsächlich Fleisch, Fertigwaren, Gemüse und sogar Eis-Bohrkerne
gelagert – Gute Wertschöpfung mit Serviceleistungen wie Etikettierung, EU- und Umpackstation am Standort vorhanden
Im „größten Kühlhaus Europas“, so wird Bremerhaven genannt aufgrund der Konzentration von
Kaltlagerflächen im Fischereihafen und im Container Terminal, gehen täglich die vielfältigsten
Fänge an Land. Ansässige Fischverarbeitungsbetriebe – vom Familien- bis zum Großbetrieb –
sorgen für eine reibungslose Versorgung des gesamten Bundesgebietes mit hochwertigen Fischereiprodukten. Bei geschätzten Kapazitäten
von rund 140.000 Palettenplätzen lagern nicht
nur allerlei Fischspezialitäten, sondern auch Fer-
pazität von ursprünglich 16.000 Palettenstellplätze nahezu verdoppelt. Optionen für weitere
zwei Bausabschnitte sind laut Adebahr vorhanden. Die Auslastung wäre saisonal unterschiedlich, im Jahre 2005 lag sie durchschnittlich bei
80 %, so Adebahr.
Im Jahre 2005 wurden bei BLG Coldstore ca.
100.000 Tonnen Gefriergut eingelagert. Hier handelt es sich zu fast 95 % um Importware aus
Übersee. Hauptlagergut sind ohne Zweifel mit
einem Anteil von über 80 % Fischprodukte und
Seafoodartikel. Andere wichtige Lagergüter sind Geflügelprodukte, Rotfleisch, Gemüse und Früchte.
Die Lagerdauer der tiefkalten Ware ist
zum einen produktspezifisch unterschiedlich, zum anderen bestimmt
auch die Verfügbarkeit der Rohware
die Aufenthaltsdauer im Kühlhaus. Der
Trend geht aber eindeutig zu kurzen
und effizienten Kühllagerzeiten.
왕 BLG-Coldstore auf dem Container Terminal.
tiggerichte und andere Tiefkühlwaren, die zu einem nicht unerheblichen Teil auch in der Seestadt selbst produziert werden.
Tiefkühlcontainer bringen die Filetblöcke nach
Bremerhaven, wo sie in den Tiefkühllagern der
gewerblichen Kühlhäuser und der Fischindustrie zwischengelagert werden. Von dort wandern
sie ans Fließband – es beginnt die Wandlung der
Rohware – hauptsächlich Alaska-Seelachs aber
auch Seehecht oder Hoki zum mundgerechten
Happen aus der Pfanne oder dem Backofen.
695 Mitarbeiter (weltweit 895) sind dafür in der
Produktion des Bremerhavener Unternehmens
Frozen Fish International tätig. Was das UnileverUnternehmen mit seinen Fischstäbchen, ist die
Frosta AG in Nachbarschaft Am Lunedeich mit
TK-Fertiggerichten.
Neben den ausschließlich für den Eigenbedarf
gebauten riesigen Kühlhäuser dieser produzierenden Unternehmen und Kühllagerräume von
klein- und mittelständischen Dienstleistern der
Fischwirtschaft gibt es eine Reihe größerer gewerblicher Kühlhausunternehmen am Platze wie
BLG Logistics Coldstore, Frigoropa (NordfrostGruppe) und Frigolanda Tief Kühl Center (holländische Frigolanda-Gruppe).
Alles aus einer Hand
„Wir sind Partner der hiesigen produzierenden
Industrie und lagern Rohware, die nach dem
Just-in-Time-Prinzip zur Produktion geliefert
wird. Aber unsere Klientel (u. a. Produzenten,
Handelsunternehmen und Einzelhandel) kommt
ebenso aus ganz Deutschland und Europa – hier
besonders aus dem skandinavischen Raum. Hervorzuheben sind auch unsere guten Kontakte zu
Rohwarenproduzenten im asiatischen (China,
Vietnam, Thailand) und südamerikanischen (Argentinien, Chile) Raum für die wir die komplette Importabwicklung, Lagerung mit allen peripheren Dienstleistungen und Distribution übernehmen“, so Olaf Adebahr, stellvertretender Betriebsleiter bei BLG Coldstore.
Erst im letzten Jahr wurde die Kapazität des von
der Bremer Lagerhaus Gesellschaft finanzierten
Kühlhauses auf 30.000 Palettenplätze erhöht. Bereits in den Jahren 2003 und 2005 wurde um
8.000 beziehungsweise 4.000 Palettenplätze aufgestockt. Innerhalb von 7 Jahren wurde die Ka-
„Alles aus einer Hand“ lautet nach Worten Adebahrs das Geschäftsprinzip des
Coldstores. Es wird die komplette Abwicklung angeboten bis hin zur Lieferung der Produkte free door Europa.
Bei der Erfüllung der umfangreichen Tätigkeiten
arbeitet Coldstore mit sich im Hause befindlichen Speditionsunternehmen eng zusammen.
„Unser core business ist die Kaltlagerung mit allen anfallenden Aufgaben, unsere Partner erledigen den Rest. Wir sind aber der zentrale Ansprechpartner für unsere Kunden.“
Das 1986 für die Versorgung der in Deutschland
stationierten US-Soldaten gebaute Kühlhaus
wird seit 1996 operativ von der BLG Logistics
Coldstore betrieben und bietet diverse Vorteile
wie z. B. die transportkostengünstige Lage direkt
am Container Terminal im Freihafen mit optimierter Zollabwicklung. Das Dienstleistungsportfolio umfasst weiterhin u. a.
die Erstellung von Barcodes (EAN 128)
zur Etikettierung der Ware, um eine
einwandfreie Rückverfolgbarkeit zu garantieren oder die Kommissionierung.
Auch werden hier Exportcontainer gestaut. Das Coldstore-Team besteht aus
30 Mitarbeitern, das ist laut Adebahr
eine Steigerung um etwa 170 % innerhalb von sieben Jahren.
Hochwertige
Logistikdienstleistungen
mitteln für Fischmanufakturen und Discounter.
„Bis zu 75 % Fischprodukte aller Art werden bei
uns gelagert, der Rest verteilt sich auf Fleisch,
Gemüse etc.“, so Standortleiter Roland Hahl.
왕왓 Frigolanda-Kühlhäuser
Die Nordfrost-Gruppe, führender Anbieter für Lagerung und Logistik mit
über 30 Kühlhausstandorten in
Deutschland, zeigt mit seiner Tochter,
der Frigoropa, seit 2001 auch in der
Seestadt Flagge. Das Kühlhaus im Fischereihafen hat eine Lagerkapazität
von rund 78.000 m3 oder 18.000 bis
20.000 Palettenstellplätzen. Selbstverständlich sind alle Flächen zur Lagerung von Zollgut zugelassen.
Während früher die Rohware via Seeschiff direkt
angeliefert und in Bremerhaven verarbeitet wurde, kommen heute in der Regel Container mit
bereits im Ursprungsland vorveredelter Ware an.
Der Trend lautet: Weg von der reinen Rohwarenlagerung, hin zu hochwertigeren Logistikleistungen wie z. B. der Kommissionierung von Lebens-
Fischgroßhändler, Räuchereien und die hiesigen
Fischverarbeitungsbetriebe zählten zum Kundenstamm wie auch die großen Tiefkühlproduzenten und Handelsunternehmen. Als einmaliges
Lagergut müssen nach Aussage Hahls wohl die
Eis-Bohrkerne aus den kältesten Regionen der
Erde bezeichnet werden, die für das Alfred-Wegener-Institut ebenfalls gelagert werden.
Als Teil einer Kühlhauskette ist das Unternehmen Frigoropa als einziger Standort in Bremerhaven in der Lage, seinen Kunden alternative Lagerungsmöglichkeiten in ganz Deutschland anzubieten. Eine eigene Spedition und Brokergeschäfte runden das Logistikangebot ab.
Eigenes Umpackzentrum
LKW’s und Container sind die Transportmittel,
über die 65 bis zu 70 % Fisch in das FrigolandaKühlhaus Bremerhaven gelangen. Der Geschäftsführer des Bremerhavener Tief Kühl Center (ehemals Flamingo) Dieter Holzmann ist auf
das schwankende Geschäft per Container flexibel eingestellt und punktet darüber hinaus mit
besonderem Service und Schnelligkeit. Wenn
von den weit über 50 Kunden Unternehmen wie
die Fa. Abelmann 400 Tonnen kleine Heringslappen einkauft, landen die beispielsweise zunächst
bei Frigolanda. Seit 2005 gehört auch die vollautomatische Sortierung für einzeln zu kalibrierende Fischfilet zum Portfolio des Bremerhavener
Unternehmens.
Holzmann legt aber Wert auf den gesunden Mix
– zum Fisch kommen zunehmend ConvenienceProdukte, Gemüse, Fleisch und Eiscreme. Was
andere Kühlhausbetriebe in Bremerhaven nicht
anbieten: Auf 3.000 m2 steht eine geschlossene
temperierte Manipulationshalle bei Frigolanda
zur Verfügung – mit der Zulassung als Umpackzentrum für Fisch und Fleisch. Ein großer Umsatzanteil werde mit den 19 Mitarbeitern im Logistik-Bereich erzielt, so Holzmann. „Neben dem
puren Lagern wird zum Beispiel in andere Kartons mit der eigenen Marke des Kunden umgepackt oder aus 10-Kilo-Kartons Fünfer-Gebinde
erstellt. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Etikettieren für den Export mit fremdsprachigen Etiketten.“
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Internationale Marken mit Standortbezug
„Wachgeküsst“: Moderne Fischmanufaktur
Deutsche See setzt auf ein bundesweit ausgefeiltes Frischelogistik-Konzept, Genuss-Vielfalt und höchste Qualität bei
Einkauf und Veredelung in den eigenen Manufakturen
Als Strategieberater der Boston Consulting Group
lernte Dr. Peter Dill den Betrieb Deutsche See,
Schwesterunternehmen der seinerzeit noch zum
Unilever-Konzern gehörenden Nordsee GmbH,
relativ intensiv kennen. Schnell war für den promovierten Betriebswirt klar, dass er da „ein
Dornröschen vor sich hatte, das wachgeküsst
werden musste“. Mit der Herauslösung aus den
Konzernstrukturen und dem späteren Kauf starteten Dill und sein Mitinhaber Egbert Miebach ab
1998 die Neupositionierung.
Konzentration auf das Kerngeschäft lautete die
Strategie Dills, die schließlich zum Erfolg und zur
Etablierung des Unternehmens als bekannte
Marke mit Kompetenz in der Veredelung und
Vermarktung von Fisch und Meeresfrüchten
führte. Mit 23 Niederlassungen und 1.700 Mitarbeitern (1998: 1.300), davon allein 600 am Verwaltungs- und Produktionsstandort Bremerha-
왕 Der 47jährige Peter Dill hat mit der Übernahme der Deutsche See im Jahr 1998 innerhalb
von 3 Jahren das Unternehmen konsequent auf
die Kernkompetenz Fisch und Genuss ausgerichtet. Die Kunden honorieren das laut Dill
mit wachsender Nachfrage.
ven, gehört die Deutsche See GmbH nicht nur zu
einem der größten Arbeitgeber der Seestadt, sondern ist zugleich nationaler Marktführer.
Dill: „Mit unserem Neubau an der Maifischstraße
und hohen siebenstelligen Investitionen in Gebäude, technischen Maschinenpark und 70 neue
Arbeitsplätze haben wir bewusst unsere Nähe
zum Standort Bremerhaven und dem Fischereihafen demonstriert. Das nötige Fachpersonal, das
heißt Menschen die etwas von Fisch verstehen,
branchennahe Dienstleister und Fachinstitute der
Lebensmittelforschung wie auch die Hochschule
Bremerhaven sind für uns von hohem Wert.“
Frische und Handarbeit
Als moderne Fischmanufaktur präsentiert sich
das Unternehmen auch dem interessierten Besucher. Hinter einer gläsernen Wand im Eingangsbereich ist die laufende Produktion und aufwändige Veredelung der Fischprodukte zu sehen.
Transparenz in Perfektion. Die Top-Gastronomie wisse das zu schätzen und frage neuerdings immer häufiger
nach kontrollierten Edelfischen
„made“ aus Bremerhaven. „Frische
und Handarbeit“ sind laut Dill die
Garanten für genussvolles Schlemmen, sei es beim Frischfisch, der
von erfahrenen Räuchermeistern
für Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel geräuchert und gebeizt wird, bei den exotischen Salaten (seit 2003 zählt das etablierte
Feinkostunternehmen Beeck zur
„Deutsche See“) oder dem „fischfrischverpackten“ küchenfertigen Frischfisch.
Den rund 35.000 Kunden aus Handel, Gastronomie, Catering sowie Betriebs- und Sozialgastronomie stehen die Produktlinien „Select“ (Edelfisch), „Bio“ (Öko-Sortiment), „Daily“ (klassische
Fisch- und Feinkost), „Mr. Stream“ (System-Sortiment zur Zubereitung im Kombi-Dämpfer), „Store“ (tiefgefroren und küchenfertig) und „Classic“
(bewährtes Rundum-Sortiment) zur Verfügung.
„Die heutige Nordsee GmbH ist größter Einzelkunde, Deutsche See-Produkte sind aber auch
bei Karstadt, Edeka, Rewe etc. zu finden. Und
auch Konzerne wie Daimler Chrysler und Deutsche Bank mit ihren Kantinen werden beliefert“,
erklärt Dill.
Neben der hohen Qualität und Verarbeitung ist
nach Aussage des Unternehmensinhabers stetige
Innovation über die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohware bis zum Kunden und
auch der Verpackung angesagt. Angefangen
beim weltweiten Einkauf hochwertiger Rohwaren – die Bio-Garnelen kommen aus Ecuador,
der Bio-Pangasius aus Vietnam, der StremelLachs aus Norwegen – über Kontrolle, Selektion
und Veredelung am Logistik-Knotenpunkt Bremerhaven bis hin zur durchdachten Präsentation
der Ware in Klarsichtverpackungen mit Fischinfos und Gourmetrezepten zum einfachen Nachkochen.
„Über 200 neue Produkte werden pro Jahr in unserer Versuchsküche entwickelt“, sagt Dill.
Neueste Produkte – passend zur Fußball-WM –
sei die Vierer-Kette der „Deutsche See“, IkarimiSeelachsfilet, Lachsfilet, Makrelenfilet und Pangasiusspieß als gekühlte Fisch-Convenience. Eine
Produktschiene die angesichts steigender Singlehaushalte und dem Wunsch nach Fertigprodukten im Aufwärtstrend ist. Gerade der Markt für
hochwertige Convenienceprodukte zur schnellen Herrichtung wächst laut Dill in Deutschland.
Hier wolle man langfristig weiter investieren.
„Die rund 300 Fahrer mit ihren Deutsche SeeKühlfahrzeugen sind die direkten Botschafter zu
unseren Kunden und beliefern an sechs Tagen
die Woche von der jeweiligen Niederlassung im
24-Stunden-Rhythmus Frischfisch, Feinkost und
Tiefkühlkost, und das in jeden Winkel der Republik“, meint Dill. Der Trend zeige Richtung gesunde Ernährung. Mit dem Produkt Fisch, der
Produktvielfalt wie der neuen Bio-Vermarktung
sowie dem Frischelogistik-Konzept – alle Rohwaren gelangen auf schnellstem Wege in die firmeneigenen Kühlhäuser und von dort zum Kunden – sei man laut Dill auf sicherem Kurs.
Daten und Fakten
Unternehmen: Deutsche See GmbH
Gegründet: 1939 (bis 1998 Teil des UnileverKonzerns)
Mitarbeiter: 1700, davon 600 in Bremerhaven
Produktionsstandorte: Bremerhaven, Hamburg
Niederlassungen: 23
Artikel: ca. 2000
Umweltfreundliche Fischereiprodukte
Die Deutsche See GmbH legt hohen Wert auf
umweltfreundliche und nachhaltige Rohwarenversorgung die der Überfischung der Weltmeere
etwas entgegensetzt und damit die Bestände
langfristig sichert. Aus diesem Grund sind alle
Rohwarenlieferanten strengen Standards ver-
pflichtet und entsprechend zertifiziert. Zusätzlich arbeitet „Deutsche See“ eng mit dem Marine
Stewardship Council zusammen, um das Angebot an nachhaltig gefangenem Fisch zu forcieren. Der MSC ist eine unabhängige, globale und
gemeinnützige Organisation, die 1997 von Uni-
Interview mit Heiner Kamps
Nordsee steuert sämtliche Unternehmensaktivitäte
BIS aktuell: Sie sehen sich als die Nr. 1 in Sachen
Fisch in Europa. Wie beschreiben Sie das Erfolgsrezept der Nordsee?
Heiner Kamps: Wir decken mit unserem Angebot alle Verbrauchersegmente ab: für Hobbyköche und Gourmets haben wir die ganze Palette
von Frischfisch, Räucherwaren und Feinkostsalaten im Programm; Restaurantbesuchern bieten
wir eine reichhaltige Auswahl leckerer Fischgerichte; und als Zwischenmahlzeit oder für unterwegs sind unsere Snacks ideal. Ergänzt wird das
Angebot durch das Nordsee Kinderprodukt, die
Tolle Tüte. Eine ganz wichtige Rolle spielen natürlich auch unsere Mitarbeiter, die den Kunden
kompetent und serviceorientiert beraten.
BIS aktuell: Wie wichtig ist die „Marke“ Nordsee
und in diesem Zusammenhang der Standort Bremerhaven als Firmenzentrale?
Heiner Kamps: Die Nordsee feiert in diesem
Jahr ihren 110. Geburtstag und hat sich bei den
Verbrauchern höchstes Vertrauen erworben.
Deshalb habe ich die Marke auch als erstes von
allen unstrategischen Kooperationspartnern befreit und wieder auf ihren Kern zurückgeführt:
die Kompetenz bei Fisch. Vertrauen und Orientierung sind Werte, die in unserer schneller und
unübersichtlicher werdenden Konsumwelt immer wichtiger werden. Die Kunden möchten genau wissen, wofür ein Unternehmen steht und
sich darauf verlassen können, immer und überall. Und vieles, wofür Nordsee steht, hat auch mit
unserer Herkunft, unserem Firmensitz Bremerhaven zu tun. Nordsee ist so klar und bodenständig
wie alles im Norden. Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit
und Authentizität sind für uns die obersten Unternehmenswerte, an denen sich jeder einzelne
Mitarbeiter messen lassen muss.
BIS aktuell: Gibt es konkrete Planungen für die
weitere Entwicklung des Bremerhavener Stammhauses?
Heiner Kamps: In unserer Hauptverwaltung in
Bremerhaven sind alle zentralen Bereiche angesiedelt: Personal, Einkauf, Controlling, Buchhaltung, Bau, IT, Marketing, Recht – eben alles, was
zur Führung eines Filialgeschäfts nötig ist. Daran
wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
BIS aktuell: Sie wollen u. a. durch Aufkäufe
klein- und mittelständischer Betriebe in Deutschland wachsen. Gibt es aktuelle Beispiele, regiona-
le Schwerpunkte?
Heiner Kamps: Grundsätzlich passen national
operierende Filialisten im Foodbereich am besten in unsere Strategie. Regionale Schwerpunkte
sind insofern nicht geplant. Natürlich haben wir
Kontakt zu potenziellen Kandidaten, aber konkret möchte ich mich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern.
BIS aktuell: Welche Trends in der Systemgastronomie sind am Markt zu beobachten und wie
reagieren Sie darauf?
Heiner Kamps: Die Systemgastronomie war in
der Vergangenheit vor allem durch den Verbraucherwunsch nach mehr Convenience getrieben.
Jetzt gesellt sich dazu verstärkt das Bedürfnis
nach wirklich gesunden Produkten. Und da passt
Fisch natürlich optimal ins Ernährungskonzept.
Mit seinen Omega-Drei-Fettsäuren, Vitaminen
und Spurenelementen gehört er zu den natürlichsten Lebensmitteln überhaupt. Zweimal Fisch
in der Woche – die Regel ist allgemein bekannt.
Und Nordsee hilft den Verbrauchern, sie einfach
und abwechslungsreich umzusetzen.
BIS aktuell: Woher bekommt die „Nordsee“ ihre
Produkte und wie kommen die in die Geschäfte?
Heiner Kamps: Unser Food-Einkauf hat über
die Jahre ein zuverlässiges Lieferantennetz aufgebaut, das unsere hohen Qualitätsansprüche erfüllt und die Nordsee Unternehmenswerte uneingeschränkt teilt. Besonderes Augenmerk legen
wir dabei auf die Natürlichkeit der Ware. „Möglichst alles ohne Zusatz- oder Konservierungsstoffe“ – so lautet unser oberstes Gebot. Unsere
Garnelen werden beispielsweise exklusiv für
Nordsee in thailändischen Aquakulturen ganz
ohne Antibiotika gezüchtet; die Produktkette
wird von uns lückenlos überwacht. Auch bei allen anderen Fischen und Fischprodukten achten
wir darauf, dass die Rohware aus überwachten
und gemanagten Beständen stammt. Den logistischen Part übernimmt für uns die Deutsche See,
unser ehemaliges Schwesterunternehmen, zu
dem nach wie vor intensive und fruchtbare Kontakte bestehen.
BIS aktuell: Wie waren Sie mit dem Geschäftsjahr 2005 zufrieden, und wo liegen ihre kurzund mittelfristigen Unternehmensziele?
Heiner Kamps: Für mich beginnt die Nordsee
Zeitrechnung mit dem 1. Oktober 2005 – an den
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Umsatzsprünge durch „Reinheitsgebot“
Frosta AG hält die Marktführerschaft bei TK-Fertiggerichten – Volle Konzentration im Marken- und Handelsmarkengeschäft auf Wachstumsmarkt Tiefkühlkost
lever und der internationalen Umweltschutzorganisation WWF gegründet wurde, um eine Lösung für das Problem der Überfischung zu finden. Seit 1999 ist MSC unabhängig und wird
von einem breiten Spektrum an Organisationen
in aller Welt, wie zum Beispiel karitativen Verbänden und auch kommerziellen Unternehmen,
finanziert.
äten von Bremerhaven
Verbesserungen, die seit diesem Zeitpunkt realisiert werden, lasse ich mich messen. Das Sezieren der Vergangenheit macht wenig Sinn und
bindet unnütz viele Kreativkräfte. Ich denke
aber, dass wir durch die neue Strategie – Erweiterung des Angebotes durch frische Sushi und
Front-Cooking-Spezialitäten, Forcierung der Produktentwicklung, frische und emotionale Kom-
Es gab eine Zeit, da war „Peter von Frosta“, die
Markenfigur des mittelständischen Familienunternehmens Frosta AG mit traditionsreichem Firmensitz in Bremerhaven, verschwunden. Mit der
Umstrukturierung des Unternehmens und der
richtungsweisenden Einführung des neuen
„Reinheitsgebotes“ auch für die Eigenmarken ab
Ende 2002 mussten zunächst „rote Zahlen“ in
der Bilanz überwunden werden. Seit zwei Jahren
werden bei der Frosta AG wieder Gewinne geschrieben, der Jahresüberschuss betrug 2005 genau 8,4 Mio. Euro (2004: 7,8 Mio. Euro).
Die Aktiengesellschaft mit etlichen Töchterunternehmen, insgesamt rund 1.160 Mitarbeitern und
vier Produktionsstandorten – von der Seestadt
Bremerhaven bis zum sächsischen Lommatzsch –
ist seit geraumer Zeit wieder auf gutem Kurs.
„Der Umsatz konnte 2005 um 2 % auf 268,6 Mio.
Euro gesteigert werden“, ist Finanzvorstand Dr.
Stephan Hinrichs zufrieden. Vor allem Fertiggerichte (plus 11 %) und Fisch (plus 5 %) trugen zu
diesem Aufwärtstrend bei, während die Sparte
Obst und Gemüse mit minus 6 % rückläufig ist.
Die hauptsächlich in Deutschland produzierten
Obst und Gemüsetiefkühlprodukte seien aufgrund harten Wettbewerbs durch meist mittelständisch geprägte Anbieter in Deutschland und
dem angrenzenden Ausland bei zugleich niedrigen Preisen ein schwieriges Geschäft, so Hinrichs zur Erklärung.
Dafür laufe es bei den Fischprodukten immer
besser, mit jährlichen Steigerungsraten von 5 %
und mehr. Eindeutige Priorität haben tiefgekühlte Fertiggerichte, bei denen Frosta den Markt
laut Hinrichs als Nr. 1 beherrscht, trotz heftiger
Gegenwehr durch den Hauptkonkurrenten
„Käpt’n Iglo“ vom Unilever-Konzern. Schneller
und flexibler gegen Konzern-Strukturen agieren
und Wachstumspotenzial insbesondere bei der
Marke und bei Großverbrauchern nutzen sei die
vorläufige Marschrichtung.
Verzicht auf Zusatzstoffe
munikation, Stärkung unternehmerischen Denken und Handelns, um nur einige Punkte zu
nennen -frische und innovative Wege beschreiten, die das ganze Unternehmen voran bringen.
Ziel ist ein Umsatzwachstum von 3,5 % im Geschäftsjahr 2006 sowie mindestens eine Verdoppelung des operativen Ergebnisses.
BIS aktuell: Sie hatten einen Eigentümerwechsel
– die Nomura-Bank ist aus-, APC Capital Ltd eingestiegen. Welche Strategie verfolgen Sie als Geschäftsführer und Anteilseigner?
Heiner Kamps: Die Zusammenarbeit mit ACP
ist wesentlich intensiver als sie mit Nomura möglich gewesen wäre. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich dort Mitglied des Aufsichtsrates und
Anteilseigner bin. Unsere Strategie hat sich durch
die Modifizierung der Eigentumsverhältnisse
aber nicht geändert. Ich werde die Nordsee unternehmerisch führen, ihre Eindeutigkeit als Synonym für Fisch bewahren, die Kunden- und
Serviceorientierung weiter entwickeln und unseren Gästen auch in Zukunft abwechslungsreiche
und gesunde Genießerprodukte bieten.
Der Mann der Zahlen weis noch sehr genau um
die schwierige Markteinführung des „Reinheitsgebotes“ im November 2002. Handel und Verbraucher mussten in Kleinarbeit überzeugt werden. Die Durststrecke mit einem der schlechtesten Bilanzergebnisse in 2003 gehöre mit der konsequenten, erfolgreichen Vermarktung zum
Glück der Vergangenheit an, sagt Hinrichs. Der
komplette Verzicht auf künstliche Zusatzstoffe
wie beispielsweise Geschmacksverstärker bei allen Frosta-Produkten sei nicht nur als Alleinstellungsmerkmal ein schlagkräftiges Argument gegenüber Wettbewerbern. Wichtiger noch, der
Top-Marken
im Fischereihafen
Die bundesweit bekannten Marken Frosta
und Iglo (mit Frozen Fish International als
Produktionsstandort in Nachbarschaft zum
Familienunternehmen Frosta) stehen als
Symbole für den Wandel des traditionsreichen Seefischmarkts wie das „Schaufenster
Fischereihafen“.
Aus der Gründung der Hochseefischerei
Nordstern AG im Jahre 1905 hervorgegangen, wurde 1957 der erste Seefrost-Kabeljau
in Deutschland von Nordstern produziert,
fünf Jahre später wurde die Frost TiefkühlKontor GmbH gegründet. Es folgten Zukäufe, Ausweitungen der Produkte und Standorte für Produktion und Vertrieb. 1997 erfolgte die Umbenennung in Frosta AG.
왕 Stephan Hinrichs: „Mit unseren Fertiggerichten führen wir wieder die Charts in den Einzelhandelstruhen an.“ Lebensmittel und Genuss
gehören laut Hinrichs unwiderruflich zusammen. Jedes neue TK-Gericht werde beim Bremerhavener Institut für Lebensmitteltechnologie
und Bioverfahrenstechnik (BILB) auf Herz und
Nieren getestet: Im Rahmen einer Vergleichsverkostung mit Wettbewerbs-Produkten müsse der
Geschmack einer Mindestbenotung entsprechen
– die laute in der Regel 1. Nur dann komme das
Produkt in den Markt.
Verbraucher habe trotz des Preisanstieges das
Konzept angenommen. Der Verlust der Marktführerschaft war nur vorübergehend. Als wichtige Argumente für den Erfolg nennt Hinrichs neben kontinuierlicher Kommunikation und der
sauberen Trennung von Handels- und Eigenmarken im Auftritt die Umstellung auf kleinere Packungen. Das erlaubte eine bessere „Preisoptik“
wie es im Marketing-Deutsch heißt.
Den Großteil des Umsatzes von ca. 270 Mio.
Euro tragen heute Handelsmarken (151 Mio.
Euro) bei, die für die Partner im Lebensmitteleinzelhandel (alle namhaften Discounter) hergestellt werden. Zweitmarken wie Tika und Elbtal
erwirtschafteten im vergangenen Jahr 21 Mio.
Euro. Mit der Aufholjagd der Marke Frosta (40
Mio. Euro Umsatz) und der Umstellung ausschließlich auf Qualitätsprodukte „ohne Chemie“
ist auch Peter von Frosta wieder gern gesehene
Werbefigur.
Aktueller Wermutstropfen: Aufgrund der steigenden Fischpreise, die seit Beginn des Jahres vor
allem für Lachs und Weißfischen wie Seelachs
und Kabeljau um über 15 % gestiegen sind, hält
laut Hinrichs der Druck auf die Margen und den
Börsenkurs weiter an. Prognosen für das laufende Geschäftsjahr seien daher schwierig. Die Eigenkapitalquote konnte indes von 34,3 % auf
38,1 % erhöht und damit die Kostenstruktur verbessert werden. Kurzfristiges Ziel sei eine Eigenkapitalquote von 40 %, so Hinrichs.
Mittel- bis langfristig verfolge man den Wunsch
nach Ausbau der Convenience- und Bioproduktschiene. Tiefkühlkost biete hier ideale Möglichkeiten, „denn frischer geht’s nicht“. Die Technik
des Schockgefrierens unmittelbar nach dem Fang
garantiert die beste Art der Konservierung. Mit Trend setzenden Ideen wie den Zwei-Kammer-Schalen
Menüs, wolle man nach Aussage
Hinrichs weiter punkten. Eine
neue, innovative Verpackungform
sei zudem gerade in der Erprobung und soll spätestens zur Intercool vorgestellt werden.
Standortverbundenheit hat
gute Gründe
Fisch und Fertiggerichte werden
auch weiterhin traditionell in Bre-
merhaven als Hauptstandort produziert, um dann
europaweite Abnehmer zu finden. „Wir sind mit
dem Standort, dem gewachsenen Netzwerk der
Fisch- und Lebensmittelbranche und seinen qualifizierten Fachkräften sowie dem Bremerhavener
Institut für Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik (BILB) eng verbunden. Um im
Tagesgeschäft vorne mitspielen zu können, muss
sich die Firmenzentrale aber immer wieder aufs
Neue durch hohe Flexibilität und Produktivität
bei entsprechendem Automatisierungsgrad bewähren.“ Extrem arbeitsintensive TK-Fertiggerichte werden aufgrund der günstigeren Personalkosten im polnischen Produktionswerk hergestellt. Neben dem deutschen Absatzmarkt soll
vor allem der ausbaufähige Osteuropa-Markt stärker beliefert werden. „Das Frosta-Fischsegment in
Polen wuchs allein in 2005 um 46 %“, so Hinrichs. Und: „Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Tiefkühlkost beträgt in Deutschland etwa 25 kg, in
Skandinavien 35 kg und in Polen 1–2 kg.“
Daten und Fakten
Mutter: Frosta AG Bremerhaven
Töchter: Frosta Tiefkühlkost GmbH, Hamburg,
Frosta GV-Partner GmbH, Copack GmbH
Bremerhaven, Tiko Vetriebsgesellschaft mbH,
Elbtal Tiefkühlkost Vetriebs GmbH, Lommatzsch und Bio Freeze GmbH in Bremerhaven
Produktionsstätten: Bremerhaven, Bobenheim-Roxheim, Lommatzsch
Umsatz: ca. 270 Mio. Euro/Jahr
Mitarbeiter: ca. 1.160, davon ca. 760 am
Standort Bremerhaven
Unternehmens-Philosophie: „Wir wollen
unsere Produkte nicht optimal für die Maschinen, sondern für die Menschen machen.“
왕왓 Qualifiziertes Fachpersonal garantiert
schon bei der Produktentwicklung für höchste
Lebensmittelstandards und hochwertige Zutaten bevor der Verbraucher in den Genuss von
Frosta-Produkten kommt.
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Rohwarenversorgung
Günstiger Einkauf, just in time
Rohwarenversorgung über den Bremerhavener Fischgroßhandel – Harter
Preiswettbewerb bei stetiger Verteuerung der weltweit gehandelten Ware Fisch
Die Rohwarenversorgung der Fischwirtschaft lebt
immer mehr von weltweitem Ein- und Verkauf.
Das gewachsene Netzwerk aus Dienstleistern,
Klein- und Mittelständlern der Fischwirtschaft sowie produzierenden Unternehmen im Fischereihafen Bremerhaven ist aber nach wie vor ein
nicht zu unterschätzender Vorteil. Die Konzentration und Globalisierung hat vor der Fischwirtschaft nicht halt gemacht, Konzentration und Zusammenschlüsse ist zugleich die Devise, um finanzkräftig den Zugriff auf bestimmte Rohwarenquellen zu erhalten. Bremerhaven punktet
hier mit einer hohen Informationsdichte und kurzen Wegen beim Thema Fisch. Viele traditionsreiche Handelsunternehmen haben sich den neuen
Markterfordernissen erfolgreich angepasst und
bieten ein hohes Maß an Verlässlichkeit und über
Jahrzehnte erworbenes Fachwissen.
Der Im- und Export von TK-Fisch, Frischfisch
und Lachsprodukten ist seit rund 25 Jahren das
Geschäft der West Fish GmbH, zunächst ab 1985
in Hamburg, seit 1997 in Bremerhaven. Die Nähe
zu Industrie und Großhandel habe den Ausschlag für diesen Standortwechsel gegeben, sagt
Geschäftsführer Wolfgang Baitz. Der Markt für
Konsum-Fischprodukte sei hier einfach besser,
man fühle sich hier besser aufgehoben. Die Veränderung der Marktstrukturen in der Seestadt
mit dem Weggang der Trawler und dem Siegeszug der Container hat Baitz hautnah miterlebt.
bein des 6-Mitarbeiter-Teams ist nach Aussage
Radvans seit 1,5 Jahren das aus Vietnam kommende Pangasius-Filet.
Gut etabliert in der Nische sieht Radvan sein Unternehmen, das kleine Produktionsunternehmen
ebenso betreut wie Großkunden wie Unilever
und damit einen jährlichen Umsatz von cirka 30
Mio. Euro erziele. „Wir liefern den Kunden das
gewünschte Produkt in der richtigen Menge zum
rechten Zeitpunkt und zu einem angemessenen
Preis.“ Qualitätssicherung wird bei Kratzenstein
großgeschrieben: vom Fang über die Verarbeitung bis zur Übergabe an den Kunden. Service
wird vom Fischhandel erwartet: Deshalb finden
regelmäßig Kontrollen der Ware und ihre Verarbeitung an Bord der Schiffe statt. KratzensteinKnow-how in Sachen Fischverarbeitung wird in
Audits und Schulungen an die Lieferanten weitergegeben. Auf Wunsch übernimmt Kratzenstein
den Transport sowie die Zoll- und Importabwicklung. Als einer der wenigen Anbieter auf
dem Markt offeriert das Unternehmen langfristige Lieferverträge inklusive Preisgarantie.
Jeder kennt jeden
Import, Großhandel, Export steht auf dem Firmenlogo der Friedrich Wilhelm Lübbert GmbH &
Co. KG in der Wittlingstraße. Als Partner der
Fischwirtschaft stehen optimale Einkäufe aufgrund hoher Marktkenntnisse bei dem 1923 gegründeten Handelshaus obenan. Seit 1998 ist
Hans-Joachim Holtermann alleiniger Gesellschafter und leitet ein Team aus über
20 erfahrenen Kollegen, darunter zwei
ehemalige Fischfangkapitäne. Als Lieferant
für die Rohwarenversorgung kaufe man
pro Jahr etwa 35.000 t Fisch und Fischprodukte weltweit überwiegend auf eigene
Rechnung ein, um sie bestimmungsgemäß
für die Kunden bereitzustellen. Das sind
eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Betriebe wie Räuchereien, Großhandel und
Industrie. Der Umsatz liege bei etwa 60
Mio. Euro im Jahr, sagt Holtermann. Der
Einkauf laufe weltweit mit aktuellem
Schwerpunkt im skandinavischen Raum.
Von dort wird vor allem der beliebte Lachs
importiert. Im Exportgeschäft vertreibe
man stark im osteuropäischen Raum. Qualität, Preis, Service für Frischfisch, gefrorene und halbgefrorene Ware versteht sich
bei Lübbert von selbst. Schon seit den 70er
Jahren gibt es in diesem bedeutenden
Fischhandelshaus die Stelle eines Qualitätsinspekteurs.
Fischereihafen ein großes Plus
Das Unternehmen West Fish mit norwegischer
Mutterfirma macht seinen Umsatz mit etwa 25
Mio. Euro jährlich als reines Handelsunternehmen. Insbesondere im Bereich Frischfisch und
für Räuchereien zahle sich die Präsenz vor Ort
für die Kunden aus Bremerhaven und Cuxhaven
aus. Ein weiteres Standbein sei der Export nach
Süd- und Osteuropa.
Präsenz zahlt sich aus
Trotz Konkurrenz herrscht unter den meisten
Wettbewerbern ein freundschaftliches Verhältnis. Jeder kennt jeden und hat im Laufe seiner
beruflichen Laufbahn auch schon mal im selben
Betrieb zusammengearbeitet. Die Ernst Kratzenstein & Co. GmbH ist bereits seit 140 Jahren auf
Qualitätsprodukte konzentriert. Der heutige Alleininhaber Mathias Radvan setzt ausschließlich
auf Seefrost-Ware. Alaska Seelachs oder auch
Alaska Pollock aus Russland und USA sei die
Spezialität des Hauses, wo man die Marktführerschaft in Europa erreicht habe. Weiteres Stand-
Mit dem Schwerpunkt Verarbeitung ist die Fimex Tiefkühl GmbH seit 1997 in Bremerhaven
angetreten. Zum 1975 gegründeten und von der
isländischen Familie Hreinsson übernommenen
Unternehmen gehören auch die Isey GmbH, die
Frischfisch aus Island, Norwegen, Färöer Inseln,
Schottland und England für den deutschen und
europäischen Markt importiert sowie die Bremerhavener Fischauktions GmbH, die das löschen bzw. entladen der Schiffe, Container und
LKWs organisiert. Durch erhebliche Investitionen wie z. B. 5 Container-Andockstationen, computergesteuerte Sortiermaschinen, ein großes
Kühlhaus und weitere diverse Erneuerungen der
Halle X Südende, konnten stark verbesserte Bedingungen für den reibungslosen Arbeitsablauf
geschaffen werden. Beispiel: Die Anlandungen
der 24. KW: 16.06.2006, 2 Container mit 20,5 t
Rotbarsch, 15.06.2006, 3 Container mit 30,5 t Rotbarsch, 14.06.2006, 3 Container bisher 29 t Rotbarsch, 13.06.2006 3 Container + 3 t Dorsch, 25 t
Rotbarsch, 1 t Seelachs. „Die hohe Produktquali-
왕 Bremerhavener Frischfisch-Auktion in den 1960er Jahren
tät verlässlich zu gewährleisten ist unser Tagesgeschäft“, so Fimex-Geschäftsführer Fridrik
Samuelsson.
Verarbeitet und gehandelt wird bei Fimex ausschließlich tiefgekühlte Qualitätsware von ausgesuchten Lieferanten. Unter strengsten Hygieneund Qualitätsbedingungen wird die Rohware für
die kundenspezifischen Wünsche weiterverar-
beitet. Samuelsson: „Darüber hinaus bieten wir
unseren Kunden eine Standard-Produktpalette
an, bestehend aus Steaks, Medaillons, Filet-Portionen, Filets, Meeresspezialitäten etc. grammgenau kalibriert.“ Wichtig für das Geschäft sei
der schnelle Durchfluss, die hohe Dienstleistungsdichte im Fischereihafen mit den vielen
Kühlhausmöglichkeiten ein großes Plus.
Fish on tour
Bundesverband der Mobilen Fischhändler firmiert in Bremerhaven
Der Trend zum Fisch hält an. Nach vorläufigen
Berechnungen des Fisch-Informationszentrums
e.V. hat sich der Pro-Kopf-Verbrauch von Fischprodukten jeglicher Art von 13,8 kg im Jahre
2004 auf 14,5 kg (Fanggewicht) in 2005 erhöht.
Dabei wird ein beachtlicher Anteil des begehrten
Frischfischs, aber zunehmend auch Meeresfrüchte, Feinkostsalate oder Marinaden vom mobilen
Fischhandel in Deutschland auf Wochenmärkten vertrieben.
Genaue Zahlen über Umsatzanteile liegen nach
Auskunft des Bundesverbandes der Mobilen
Fischhändler nicht vor. Die Zahl der rollenden
Verkaufwagen, die auf Wochenmärkten und vor
Supermärkten stehen, kann auf etwa 1.000 beziffert werden. Rund 300 ambulante Händler sind
zusätzlich im Bundesgebiet unterwegs, davon ein Großteil im Bundesverband organisiert. Die Verbandsangebote reichen von vergünstigten KFZ-Versicherungen,
über Sammeleinkäufe von Hilfsmittel bis zur Fortbildung. Der Verband mit Sitz in Bremerhaven stellt
seinen Mitgliedern zudem ein zentrales Gebäude zur Verfügung, in
dem die Wagen entsprechend den
Hygienevorschriften von Innen
und Außen gereinigt werden können. Außerdem gibt es eine zen-
trale Sammelstelle für Fisch und Styroporabfälle,
die dort vernünftig getrennt werden können.
Zudem stehen Kühlhauslagerkapazitäten zur
Verfügung.
Die Bremerhavenerin Anja Brenner betreibt mit
sechs Beschäftigten drei mobile Fischverkaufswagen und ist auch in der Entwicklung von neuen Produkten aktiv. „Der Trend geht zu LightProdukten“. Deshalb entwickelt Brenner in Zusammenarbeit mit dem Technologie-TransferZentrum (ttz) Feinkostsalate nach neuen Rezepturen, die z. B. Mayonaise durch Joghurt- und
Kräuterdressings ersetzen und mit Vitaminen
und Ballaststoffen anreichern. Motto: Der „Rollende Fischkutter“ wird zum Botschafter des guten Geschmacks.
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Bremerhaven innovativ
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Fisch war die Triebfeder
Technologisches Beratungs- und Entwicklungslabor Iben nutzte das Wissen um Fisch- und Feinkosterzeugnisse
für den konsequenten Firmenausbau als europaweit gefragter Partner von Industrie und Handel – Langfristige
Investition in Firmenneubau
Als 1-Mann-Betrieb in einem kleinen Anbau startete Hans-Jürgen Iben seine berufliche Laufbahn
als Ingenieur der Lebensmitteltechnologie. Heute, um rund 25 Jahre etliche Erfahrungen reicher
hat Iben über kleine „Umwege“ seine erfolgreiche Selbständigkeit ausgiebig unter Beweis gestellt. Der Name Iben ist nicht nur Begriff für eines der führenden deutschen Labore im Bereich
der Lebensmittelanalytik für Fischerzeugnisse.
Der 44 Mitarbeiter starke Betrieb ist solide und
diversifiziert auf viele Geschäftssäulen aufgebaut.
„Mit Fisch fing (fast) alles an“, sagt Hans-Jürgen
Iben. Fast, weil der gelernte Bäcker erst mit Lebensmitteln in Teigform zutun hatte. Die elterliche Landwirtschaft in der Nähe von Delmenhorst konnte den umtriebigen Iben nicht wirklich reizen und so beschloss er nach ersten Überlegungen statt einer Banklehre über den zweiten
Bildungsweg zu studieren. In Berlin machte Iben
vor etwa drei Jahrzehnten seinen Dipl.-Ing. in
der Lebensmitteltechnologie, lernte seine spätere Frau kennen und hatte schon vor dem Studienabschluss seine Stelle als Laborleiter eines
fischverarbeitenden Betriebes in Cuxhaven.
Analytik, Consulting, Produktentwicklung
Um es abzukürzen: Nach verschiedenen beruflichen Stationen, u. a. zwei selbst betriebenen
Fischeinzelhandelsgeschäften mit eigener Feinkostproduktion, wurde aus der anfänglich noch
nebenberuflichen Tätigkeit des Beraters für Fisch
& Co. ab 1980 ein Fulltime-Job. Mit seiner Selbständigkeit baute sich Iben kontinuierlich ein
verzweigtes Netzwerk auf. Die Entwicklung des
Fischereihafens Bremerhaven zum Zentrum der
bensmittelzusatzstoffen. Die Strategie: Herstellung von Gewürzmischungen, Aromen und
Frischhaltemitteln in einmaliger Form nur für einen speziellen Kunden. „Wir sagen dem Kunden, in welcher Menge und Zusammensetzung
er zum Beispiel seinen Heringssalat verfeinern
kann und ihn zugleich um zwei Wochen haltbarer macht. Lernen von der Natur ist dabei ein Rezept, die Zusatzstoffe quasi aus dessen „Chemiekasten“ mit natürlichen Stoffen wie Weinsäure.“
Da Service bei Iben groß geschrieben wird, sind
alle Produkte auch chargenweise in beliebiger
Größe erhältlich.
Investition in die Zukunft
Ein Meilenstein in der Firmen-Geschichte war
der Neubau Am Lunedeich im Jahr 2000 mit einem Investitionsvolumen von etwa 2,5 Mio.
Euro, erzählt Iben. Das von einem Jenaer Architektenbüro entworfene Gebäude mit 1.500 m2
Nutzfläche wurde nach den neuesten Hygieneund Laborstandards erstellt. Iben: „Unsere Zentrale wurde gleich so auf dem firmeneigenen
Grundstück von 5.000 m2 platziert, dass neben
der ansässigen Produktionshalle der Firma Mikro
Stop noch ausreichend Expansionsfläche für
zwei weitere Bauabschnitte vorhanden ist.“ Die
BIS hat seinerzeit das Investitionsvorhaben am
Standort begleitet und gefördert.
„Alles aus einer Hand und an einem Standort“, ist
Ibens Devise. Die gute Infrastruktur mit direkter
Straßenanbindung führe dazu, dass schon mal
LKW-Fahrer auf ihrem Weg zur Warenbe- und
entladung stoppen, um Proben abgeben. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
„Lernen von der Natur …“
Zur Iben-Gruppe gehört seit 1985 auch das Unternehmen Mikro Stop zur Entwicklung von Le-
für Fisch und Feinkosterzeugnisse fährt auch
schon mal selbst nach Starnberg oder in die
Schweiz, um Proben abzuholen. Der 53jährige
Familienmensch hat sich über Jahre einen zuverlässigen Ruf erworben, der bis nach Europa mit
Kunden in Österreich, Niederlande, Polen und
darüber hinaus auch in USA, Kanada, Australien, China und Vietnam (Meeresfrüchte) reicht.
Trotz den mit rund 500 Kunden weiter wachsenden Aufgaben ist Iben beim schon oft überlegten
Schritt zur Gründung von Niederlassungen zurückhaltend. „Wir stellen unsere Kunden so, als
wenn wir vor Ort wären“, ist die bislang aufgegangene Philosophie.
Für spezielle Aufgaben wie die Importkontrolle
aus China ist Iben ein wichtiger Ansprechpartner.
Sein Beispiel: „Ein Container Shrimps ist richtig
teuer. Im Labor vor Ort könnten Proben noch im
Zollgebiet entnommen werden, und der Auftrag-
Die Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH (BIS) hat
erneut ein Erfolgsunternehmen bei seiner Forschungsarbeit unterstützt: die auf umweltfreundliche Technologien spezialisierte UNI-CYC
GmbH. In Kooperation mit der 3V Consulting
GmbH entwickelte das Unternehmen eine Anlage zur Klärschlammentsorgung, die ihresgleichen sucht.
Ein Jahr lang – von April 2004 bis Mai 2005 – förderte die BIS das Projekt im Rahmen des PFAUProgramms zur Förderung anwendungsnaher
Umwelttechnik. Das speist sich aus finanziellen
Mitteln des Ökologie-Fonds vom Land Bremen.
„Eine lohnende Investition in die Zukunft“, wie
Dr. Mathias Grabs, BIS-Förderprojektmanager,
meint. „Klärschlamm, der bei der Reinigung von
Abwässern unweigerlich entsteht, darf nach gesetzlichen Vorschriften nicht mehr deponiert
werden. Deshalb gewinnt die Entsorgung des
Abfallproduktes eine immer größere Bedeutung.
UNI-CYC zeigt in diesem Bereich neue Möglichkeiten auf, die sowohl aus ökonomischer, als
auch ökologischer Sicht sinnvoll und richtungsweisend sind.“
Aus Schlamm wird Energie gewonnen
왕 Ohne finanzielle Starthilfen begann HansJoachim Iben 1980 und baute sein Unternehmen kontinuierlich und erfolgreich bis zur jetzigen Größe aus. Der Familienvater mit 3 Kindern engagiert sich zudem in der Freizeit gerne
politisch im Land Wursten und im Landkreis
Cuxhaven.
왕 Lebensmittelchemiker und -technologen, Chemieingenieure und Assistenten haben im Labor Iben im Fischereihafen-Gewerbegebiet einen sicheren
und modernen Arbeitsplatz.
Lebensmittel verarbeitenden Industrie in den
80er Jahren passte gut ins Konzept. Ibens schnell
gewachsnes Standbein und Kernkompetenz um
das Produkt Fisch macht etwa 25 % des Geschäftsvolumens aus. Umweltanalytik mit Wasser- und Abwasserproben, Bodenkontrollen,
Analysen für den Straßenbau und sogar Gebäudeuntersuchungen sorgen heute für ein ausgewogenes Kundenportfolio. Hinzu kommen eigene Seminarveranstaltungen (neue rechtliche
Vorgaben, etc.), Hygienekontrollen und -audits
in Deutschland und den Nachbarländern. Aktuell
nimmt laut Iben zudem die Entwicklung neuer
Produkte neben den analytischen und beratenden Aufgaben eine wachsende Rolle ein.
Ökologische
Schlackebeseitigung
„made in Bremerhaven“
geber hätte ein sicheres Gefühl für seine bereits
gezahlte Ware.“
Ibens gutes Verhältnis zu Zahlen nutzt ihm bei
den monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen. Der Umsatz konnte in den vergangenen Jahren jährlich um mindestens 10 % gesteigert werden, aktuell liege man in 2006 bei einem
Zuwachs von schon 35 %, so der Labor-Chef.
Zwei neue Lebensmitteldiscounter stehen seit
kurzem auf der Auftragsliste Ibens. Seit Jahresbeginn hat das Labor bereits fünf weitere Arbeitsplätze geschaffen. Der frühere Turnierreiter
bleibt bei alldem bescheiden: Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sei das oberste Ziel.
Kontakt: Hans-Jürgen Iben
Telefon 0471-9 72 94 14
[email protected]
www.labor-iben.de
Die Anlage des Unternehmens besteht aus drei
modularen Systemen, die – anders als bei der
herkömmlichen, energieintensiven Verbrennung
von Klärschlamm – fast keine Primärenergie verbrauchen, sondern sogar Energie erzeugen. Diese wird wiederum in der UNI-CYC-Anlage nach
dem Kreislaufprinzip zur Entsorgung des Klärschlamms genutzt.
Konkret funktionieren die drei Systeme so: In einem ersten Schritt wird das Endprodukt enzymatisch-chemisch behandelt, um die zu entsorgende Menge an Klärschlamm um mindestens 20
Prozent zu reduzieren. „Daraus gewinnen wir
durch Gasentwicklung gleichzeitig Energie für
unser zweites Modul, der Niedertemperaturtrocknung“, so Dr. Klaus Nowak, Betriebsleiter
bei UNI-CYC. Nowak zur Besonderheit dieses
Verfahrens: „In flüssigem Zustand kann man das
Abfallprodukt Klärschlamm nicht verbrennen,
ihm muss erst das Wasser entzogen werden. Dafür haben wir einen speziellen Trockner entwickelt, der effektiv unter 100 °C arbeitet und dabei
Abfallenergie nutzt, die in Klärwerken durch frei
werdendes Biogas entsteht.“ Im Trockenzustand
wird der Klärschlamm dann in einem weiteren
Schritt vergast. Die dabei gewonnene Abwärme
fließt dem Trocknungsprozess zu. „Zurück bleibt
nur eine geringe Menge an Schlacke sowie gereinigte Abluft“, nennt Nowak die überzeugenden
Ergebnisse, die er mit einer Pilotanlage auf dem
eigenen Werksgelände erzielt.
Markteinführung 2007/2008
Die Markteinführung der Systeme, die übrigens
auch einzeln genutzt werden können, ist mit der
Errichtung einer Demonstrationsanlage im Klärwerk der BEG in Bremerhaven für 2007/2008 geplant. Am Erfolg des Projektes hatte die BIS zu
keinem Zeitpunkt Zweifel. Dr. Grabs: „Wir haben
bereits positive Erfahrungen mit UNI-CYC in einem früheren Förderprojekt gemacht. Mit der damals entwickelten automatischen Batterie-Sortieranlage hat das Unternehmen heute einen 80-prozentigen Marktanteil. Deshalb waren wir uns sicher, dass auch diesmal etwas Vernünftiges entsteht. Die neue Anlage, die als zukunftsweisendes
Novum in der Branche gilt, belegt dies eindrucksvoll. Unabhängig von Fremdenergie kommt sie
der Umwelt und Unternehmen gleichermaßen
zugute. Mit dieser Technologieentwicklung setzt
UNI-CYC ein Zeichen für Bremerhaven als ökologischen und innovativen Standort.“
Kontakt: BIS, Dr. Mathias Grabs
Telefon 04 71-9 46 46-741
[email protected]
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BIS im Gespräch
Grünes Licht
Zweiter Abschnitt des Bremerhavener Biotechnologiezentrums
Bio Nord kommt
Die Wirtschaftsförderausschüsse in Bremen haben Ende Mai 9,3 Millionen Euro für die Erweiterung des 2003 eröffneten Zentrums bewilligt. Die
Hälfte davon wird von der Europäischen Union
bereitgestellt. Mit dem Geld soll in den kommenden beiden Jahren ein viergeschossiger Bau
mit 2500 Quadratmeter vermietbarer Fläche im
Bremerhavener Fischereihafen errichtet werden.
Darin sollen mehr als 70 High-Tech-Arbeitsplätze entstehen. Bereits jetzt liegen von den neun
bisherigen Mietern und drei Ansiedlungsinteressierten Anfragen für mehr als die Hälfte der neu
geschaffenen Flächen vor.
Wirtschaftsenator Jörg Kastendiek betonte die
Bedeutung des Beschlusses für den weiteren
Strukturwandel. „Der Beschluss ist ein klares Signal für einen weiteren Ausbau der Hochtechnologiestandorte Bremerhaven und Bremen. Wir
müssen den Arbeitsplatzverlusten in veralteten
und nicht mehr konkurrenzfähigen Branchen
neue Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen inno-
AUSSTELLUNG
Vom Fisch zum Stäbchen
왕 Erweiterungsfläche (Rot markiert) für das Bremerhavener Biotechnologiezentrum.
vativen Wirtschaftsbereichen wie der Biotechnologie entgegensetzen“, so Kastendiek. Die Attraktivität und der Erfolg von Bio Nord zeigten
sich auch daran, dass der erste Abschnitt innerhalb kurzer Zeit komplett ausgelastet gewesen
sei.
In den vergangenen drei Jahren sind in den Büround Laborräumen des themen- und branchenbezogenen Technologiezentrums insgesamt 82
hochqualifizierte Arbeitsplätze entstanden. Das
Zentrum bietet vor allem für kleine und mittlere
Unternehmen der Biotechnologie sowie Unternehmensgründern aus dem Technologie-Transfer-Zentrum, dem Alfred-Wegener-Institut und
der Hochschule Bremerhaven optimale Bedingungen. Zwischenzeitlich gehören alle großen
Lebensmittelunternehmen aus Bremerhaven und
der Region zu den Auftraggebern des Zentrums.
Schaltzentrale im Fischereihafen
Neue FBG-Geschäftsführerin Barbara Riechers-Kuhlmann kennt „ihr Revier“ aus dem Effeff – Vermieter, Verpächter,
Gebäudemanager, Stromlieferant sowie Service-Dienstleister für Messe, Tourismus und Marketing in einer Person
Das Arbeitszimmer, gediegen in dunkler Eiche,
gibt einen ersten Eindruck von traditionsreichen
Zeiten der staatlichen Fischereihafen Betriebsgesellschaft (FBG) im Bürogebäude Lengstraße 1.
Barbara Riechers-Kuhlmann, zuletzt als Referatsleiterin in der Abteilung Sektorale Wirtschaft des
Bremer Senator für Wirtschaft und Häfen insbesondere für Bremerhavener Angelegenheiten
und die Fischwirtschaft zuständig, hat nicht nur
Mobiliar und Räumlichkeiten übernommen, sondern als neue FBG-Chefin die Hoheit über rund
450 Hektar multifunktionaler Gewerbeflächen,
zugleich Zentrum der deutschen Fisch- und Lebensmittelwirtschaft.
8.000 Beschäftigte sowie 355 Unternehmen – davon aktuell noch 70 in der Fischwirtschaft – lautet die offizielle Zahlenstatistik für das aufstrebende Areal – vom Fischereihafen und Fischanlandeplatz zum modernen und heterogenen Gewerbegebiet heutigen Zuschnitts. Im Rahmen
der Neustrukturierung, insbesondere seit den
späten 70er Jahren, hat Riechers-Kuhlmann über
drei Jahrzehnte aus dem nahen Bremen die Umwandlung inhaltlich begleitet. Alle Strukturkrisen seien bislang positiv gemeistert worden, ihr
damaliger Chef und langjähriger FBG-Geschäftsführer Armin Wininger – mit dem Sie ein gutes
Verhältnis verbinde – habe daran sicher einen
ganz erheblichen Anteil.
Einmaliger Branchenmix
Positiv und zukunftsgerichtet ist auch die Grundeinstellung Riechers-Kuhlmann, wenn es um die
Weiterentwicklung des diversifizierten Gewerbegebiets geht. „Die großen Umstrukturierungsprozesse gehören hoffentlich der Vergangenheit an,
wir wollen als praxisnaher Dienstleister mit
Hightech-Unterstützung und hohen Dienstleistungsstandards punkten.“ Mit den Großbetrieben
Frosta AG (Inhaber geführt), Frozen Fish International (Unilever/Iglo) und Deutsche See haben
laut Riechers-Kuhlmann arbeitsplatzstarke Unternehmen in führender Marktposition im Fischereihafen ihre Heimat. Hinzu kämen viele kleine
Dienstleiter rund um das Thema Fisch. Den
Charme mache aber auch der gesunde Branchenmix aus. Bremerhavener Traditionsbetriebe wie
der Automobillogistiker E. H. Harms sind hier
ebenso zu Hause wie die Holzgroßhandelsgruppe Cordes, die Stahl- und Anlagenbauer J. H. K.
und Rönner, der
Fliesenproduzent
Nordceram, die
Reparaturwerft
Bredo und die
Druckerei MüllerDitzen.
Bis ins Jahr 1896
reicht die Geschichte der FBG
im stetigen und
partnerschaftlichen Austausch
mit der Wirtschaft
왕 Charmant und kompezurück. Wo vor
tent: Die neue FBG-Geeinem
viertel
schäftsführerin Barbara
Jahrhundert noch
Riechers-Kuhlmann strahlt
Fabrikschiffe und
Zuversicht und ZufriedenFischkutter in 3er
heit aus. „Unsere beste
Reihen entlang
Rendite im Gewerbegebiet
der Pier beim jetFischereihafen sind stabile
zigen „SchaufensBeschäftigungszahlen und
ter Bremerhaven“
attraktive, wachsende Unanlandeten, sind
ternehmen.“
mit weltweiter
Logistik zur Rohwarenbeschaffung und steigenden Containeraufkommen der Frischfischware die Anforderungen
heute andere. Ein Schwerpunkt der FBG liegt in
der Betreuung, Verwaltung und Pflege der 740
Grundstücke und 1.000 Anlagen (Gebäude, Straßen, Plätze) – über 90 % der 600 Hektar Fläche
(davon 450 ha Land) sind im landeseigenen Besitz. Als Energielieferant hat die FBG laut Riechers-Kuhlmann zudem über 90 % der ansässigen
Unternehmen unter Vertrag, für das Jahr 2007
seien bereits heute 75 % der Stammkunden vertragstreu geblieben.
Mit der Neustrukturierung wurde die landeseigene FBG von einst 320 auf heute 154 Beschäftigte (davon 14 Auszubildende) verkleinert. Aus
dem früheren Löschbetrieb von gut 150 Mitarbeitern sind 40 Fachkräfte für die handwerkliche
Serviceabteilung übrig geblieben, zu erkennen
an den blauen Overalls mit FBG-Logo. Diese
Mitarbeiter werden von der FBG im Rahmen der
Arbeitnehmerüberlassung auch flexibel in anderen Betrieben eingesetzt. So wurde zum Beispiel
der Umbau des Unternehmens Fiedler Meeresde-
likatesssen GmbH im Schaufenster Fischereihafen mit Unterstützung des FBG-Teams umgesetzt. Wie unbürokratische Hilfen für Unternehmen aussehen können, erklärt Riechers-Kuhlmann an konkreten Beispielen: „Als die Frosta
AG ein neues Kühlhaus plante, haben wir mit
der Schließung eines Straßenabschnittes, einschließlich der Verlegung der dort befindlichen
Leitungen für eine schnelle Lösung gesorgt. Für
die ‚Deutsche See‘, die kurzfristig in die Halle 23
im Fischereihafen umziehen wollte, wurde gemeinsam mit der BIS und dem Wirtschaftsressort
ein Tausch mit deren altem Verwaltungsgebäude
verhandelt und den politischen Gremien zur Zustimmung vorgelegt. Mittlerweile hat sich die
Fischmanufaktur mit einem 2 Mio.-Euro-Investment und einem Um- bzw. Neubau am Standort
engagiert.“
Neue Themen
Gesunder Branchenmix, ohne die Identität zu
vernachlässigen, sei auch zukünftig das Motto.
Dazu gehöre die Pflege gewachsener Netzwerke
um das traditionelle Themencluster Fisch- und
Lebensmittelwirtschaft genauso wie die Fortentwicklung zum modern Industrie- und Gewerbegebiet mit attraktiven Rahmenbedingungen für
Existenzgründer aus Handwerk und Gewerbe
ebenso wie für Großbetriebe. Aufgrund der Multifunktionalität des Standortes mit Teilflächen in
unmittelbarer Wasserlage stünden Zukunftsbranchen wie die Windenergie in der Vermarktung
obenan. Die werde in enger Anbindung zur BIS
gestaltet, die als Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die aktive Grundstücksvermarktung
zuständig ist.
Als weiteres Highlight könne auch der genehmigte Erweiterungsbau des Biotechnologiezentrums Bio Nord angesehen werden. So werde
die praxisorientierte Wissens-Kompetenz in der
Lebensmittel- und Biotechnologiebranche weiter
gestärkt. Nicht zuletzt zähle das Marketing für
den touristischen Besuchermagneten rund um
das „Schaufenster Fischereihafen“ mit rund 1
Mio. Besucher im Jahr zu den gerne wahrgenommenen Aufgaben der FBG. Ziel sei ferner,
die städtebauliche Entwicklung und den Bereich
Forschung und Entwicklung des Ziel II-Fördergebietes Fischereihafen in den kommenden Jahren
weiter zu forcieren.
Seit dem 8. Juli können sich Besucher des Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) in einer Sonderausstellung einen Überblick über die Geschichte
eines besonderen Lebensmittels, seiner Bedeutung für die Hochseefischerei und Fischwirtschaft sowie dessen Auswirkungen auf das Konsumverhalten der deutschen Verbraucher verschaffen: dem „Fischstäbchen“.
Immerhin sind die tiefgefrorenen Stäbchen das
bekannteste Fischprodukt in Deutschland. Rund
20 dieser goldbraunen Köstlichkeiten verzehrt
jeder Bundesbürger jährlich im Schnitt.
„Fischstäbchen“ ist allerdings nicht nur eine Ausstellung, sondern zugleich Bestandteil des wissenschaftlichen Forschungsprogramms des DSM.
Im August 2006 wird daher die „North Atlantic
Fisheries History Association“ im DSM tagen und
sich insbesondere mit der Geschichte der Industrialisierung von Fischerei und Fischwirtschaft
befassen. Es ist die erste Konferenz dieser Organisation in Deutschland. Zeitgleich kommt das
„Global Fisheries History Network“, das sich seit
einigen Jahren im Aufbau befindet, im DSM zusammen.
KURZ und BÜNDIG
Design-Labor Bremerhaven
erhält IF communication
design award
Die Container-Ausstellung „Pier der Wissenschaft“ war das Highlight im Rahmen der „Stadt
der Wissenschaft 2005“. 18.000 Besucher in Bremen und Bremerhaven nutzten diese einzigartig
gestaltete Plattform für lebendige Wissenschaftsvermittlung. Das Gesamtkonzept des Bremerhavener Design Labors wurde nun vom International Forum Design Hannover mit dem IF communication design award für excellentes Design
ausgezeichnet. Unter 1.240 Beiträgen wählte eine
international besetzte Jury 247 Beiträge in verschiedenen Disziplinen aus. Die Designer erhielten bereits ihre Auszeichnung in der Disziplin 03
architecture and public spaces. Nun blickt das
Bremerhavener Design Labor gespannt auf den
1. September 2006 in Hannover. Erst an diesem
Abend werden auf dem Messegelände nämlich
noch maximal 30 IF gold awards bekannt gegeben und verliehen. Ob auch dieses Mal die „Pier
der Wissenschaft“ wieder dabei ist, erfahren die
Bremerhavener Preisträger erst unmittelbar vor
der Preisverleihung.
Impressum
Herausgeber:
BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH
Am Alten Hafen 118, 27568 Bremerhaven
Telefon 04 71 - 9 46 46-33
Telefax 04 71 - 9 46 46-69
[email protected]
www.bis-bremerhaven.de
v.i.S.d.P.: Uwe Kiupel
Konzeption/Realisierung: TEXT&IDEEN
Hans-Jörg Werth, Uwe Kiupel
Redaktion: Hans-Jörg Werth
Fotos: BIS, BLG Coldstore, Deutsche See, FBG,
Frosta, Frigolanda, Labor Iben, Nordsee,
W. Scheer, H.-J. Werth
Gestaltung/Druck: müllerDITZEN Druckerei
AG, Bremerhaven
ISSN 1861-5759