Ein Geschenk - Hamburger Abendblatt

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Ein Geschenk - Hamburger Abendblatt
SONNABEND / SONNTAG, 7. / 8. AUGUST 2010
32
2010
Unterwegs: 6 Sommer-Ausflüge in die Heide › Stadtgespräch: Stephan Hering-Hagenbeck › Titel-Thema: 45 Herzen für Tiere gesucht
Lokal-Termin: Das „Peking-Enten-Haus“ › Gestern & Heute: 30 Jahre Christopher Street Day › Handgemacht: Ein Imker und sein Honig
Ein
Geschenk
der Natur
Sie müssen uns nur anblicken,
und wir sind wie verwandelt,
zufriedener und heiterer. Sogar
Krankheiten können Tiere
lindern. Man muss sie nur lassen,
fordert STEFFI VON WOLFF.
T
iere können uns so viel schenken. Das Besondere daran ist, dass sie gar nichts dafür tun –
außer einfach nur zu sein. Ganz selbstverständlich. So war das früher auch zwischen
Wutzi und mir, ihrer 14-jährigen Ziehmutter.
Sie spürte gleich, wenn es mir mal nicht so gut
ging. Dann trabte sie herbei, tastete mich von
oben bis unten mit ihrer feuchten Nase ab,
wollte spielen oder mich sonstwie ablenken.
Sie war wie ein Wachhund – der beste, den ich mir vorstellen kann, und
dabei aber so lieb wie ein Golden Retriever. Wutzi, mein kleiner Wildschwein-Frischling.
Ich stamme nämlich aus einer Jägerfamilie, mein Vater hatte im Taunus ein eigenes Revier. So kam es, dass ich vor dreißig Jahren mit zur
Jagd gegangen bin. Ganz natürlich. Im Lauf der Zeit habe ich mich daran
gewöhnt, mit diesem Outing Empörung, zumindest aber Stirnrunzeln
auszulösen. Doch Jagd muss sein, sonst gerät der Wildbestand aus der
Balance. Ein Jäger ist durchaus in der Lage, Gutes zu tun — in unserem
Fall war es Wutzi. Ein Wilderer hatte eine Bache erschossen, die gerade
erst Frischlinge geworfen hatte, und die kleinen Würmer rannten kreischend im Wald umher, wussten nicht, wohin. Eines konnte mein Vater
einfangen und brachte es mit nach Hause. Die kleine Sau wurde mit der
Flasche hochgepäppelt und erhielt im Garten ihre eigene Suhle, in der
sie sich wälzen konnte. Morgens tippelte sie auf die Terrasse und bekam
ihr Frühstück. Wutzi hatte eine schöne Zeit bei uns, doch leider wurde
sie nach drei Jahren krank. Wir ließen sie einschläfern. Traurig? Ja.
Grausam? Nein. Im Wald hätte sie keine drei Tage überlebt.
Früher war nicht alles besser. Pferde wurden in Bergwerken geboren,
schufteten unter Tage und starben dort, ohne je die Sonne gesehen zu
haben. Doch früher – jedenfalls in meiner Familie, zu der ich auch Hunde, Fische, Wellensittiche und Kanarienvögel zähle – wurde mit den süßen Viechern gelebt, statt ein großes Gewese um sie zu zelebrieren. Sie
gehörten dazu, und man ging, wenn’s nötig war, zum Tierarzt.
Es ist nichts Falsches daran, sich auf Tiere einzustellen, ihre Bedürfnisse, Verhaltensweisen zu kennen und zu respektieren. Doch es scheint,
als sei Tierhaltung heute eine Doktorarbeit, die der Besitzer unbedingt
mit „summa cum laude“ abschließen muss – oder sie ist ein reines Statussymbol. Beides Fälle, in denen es weniger um das Tier geht als darum,
sich und anderen Menschen etwas zu beweisen. Eine Tendenz, die sich
auch bei den anderen „Kleinen“ unserer Gesellschaft beobachten lässt:
den Kindern. Einerseits zermartern wir uns den Kopf, wie wir sie frühestmöglich fördern, damit sie ihr Leben mit Bravour bestehen, andererseits staffieren sie manche Eltern aus wie willenlose Schoßhündchen.
Der beste Freund des Menschen:
Ein Hund kann Herzen öffnen –
schon allein dadurch, dass er da ist.
FOTO: PLAINPICTURE/ERICKSON
Apropos Schoßhündchen: Neulich radelte ich durch Pöseldorf und
entdeckte zu meinem Erstaunen einen Edelausstatter für SM-Sex. War
es aber nicht, sondern ein Geschäft, in dem es „alles für den Hund“ gab
– mit Strass besetzte Halsbänder und Leinen, Jäckchen, sogar Hütchen.
Vor meinem geistigen Auge erschien sogleich ein Rhodesian Ridgeback,
der ursprünglich in Afrika Löwen und Großwild jagte, jetzt aber Lackstiefelchen gegen den Hamburger Rollsplitt trug. Ein Tier ist kein Ausstellungsstück, und wenn man es richtig behandelt – also nicht wie einen
Menschen –, dann braucht es keinen Therapeuten, wie es in den USA
gang und gäbe ist. Meine Empörung legte sich jedoch schon wenige Meter
weiter an der Alster, wo ältere Menschen mit ihren Hunden spazierten,
und ich freute mich, weil sie nicht einsam waren.
Tiere können uns so viel schenken – wenn wir es denn wollen. Eine
Industrie namens Wellness wurde aufgebaut, um uns wieder zu entschleunigen und das Leben im Hier und Jetzt zu lehren – doch nichts
anderes ist der Augenblick, in dem uns ein Hund anschaut. Und die Vierbeiner können sogar noch viel mehr: So haben Studien gezeigt, dass das
Streicheln eines Tieres den Genesungsprozess fördert, selbst bei Alzheimerkranken, bei denen Hunde als sogenannte Türöffner es als Einzige
vermögen, die verschlossenen Patienten noch in ihrer Welt zu erreichen.
Die Liste der Heilerfolge von Tiertherapien ist lang: Senkung des Blutdrucks, Reduzierung von Stress, Minderung von Depression, Verbesserung sozialer Kontakte und des Selbstwertgefühls. Klingt wie der Werbespot eines Wundermedikaments, bloß dass ein Nachsatz wegfällt: „Bei
Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“
Nein, wenn überhaupt, fragen Sie Ihren Hund.
Das Besondere an Tieren ist natürlich, dass man sie gar nicht fragen
kann oder will – und wo es kein Wollen gibt, da existiert auch keine Enttäuschung. Und wenn sie nicht verzogen oder gar traumatisiert sind,
dann sprechen Tiere ohnehin mit uns. Wie bei meinem schönsten Erlebnis, das ich je mit einem Tier hatte. Damals besaß ich noch Pferde, und
der Stute einer Freundin gelang es nicht, ihr Fohlen zu gebären – es lag
verkehrt herum im Mutterleib. Es war eine eiskalte Winternacht, der
Tierarzt hatte einen Notfall, und niemand außer mir traute sich einzugreifen – im wahrsten Sinne des Wortes: Nichts sehend fischte ich nach
den Läufen des Kleinen, während die Muskelkontraktionen der stöhnenden Mutter mir den Arm abschnürten. Schließlich erwischte ich es
bei den Hinterhufen, zog und zerrte es auf die Welt. Meine Freundin
durchtrennte die Nabelschnur, und wir rieben das Hengstfohlen mit
Stroh ab. Als es endlich auf wackligen Beinen stand – die Geburt muss
Stunden gedauert haben –, sagte ich „das war’s“. Da legte seine Mutter
ihren Kopf an meine Schulter, knabberte an mir und schaute mich aus
ihren braunen Augen an. Und ich schwöre, sie hat sich bedankt.
„Das war’s“ hieß dann übrigens auch das Fohlen. Als meine Freundin
es später verkaufte, habe ich tagelang geweint. Aber ich wusste es in
guten Händen und besuchte es oft. Die Erinnerung an diese besondere
Bindung ist bis heute präsent – einfach ein gutes Gefühl!
S. 4/5 – Herrchen und Frauchen
aufgepasst: 45 Heimtiere
suchen ein neues Zuhause!
II
› WOCHENENDE
SONNABEND / SONNTAG, 7. / 8. AUGUST 2010
Buchholz in der Nordheide
75
Holm-Seppensen
Lüneburg
1
Schneverdingen
2
Amelinghausen
3
209
6
5 km
Wecker aus. Meistens wachen
wir von allein auf, da unser
Sohn Jason, 10, vor uns schon
ausgeschlafen ist und im
Haus umherirrt.
13 Uhr In unserem Lieblingsrestaurant, der „Horster
Mühle“ in Seevetal, genießen
wir die bürgerliche Küche. Oft
bestelle ich mir Saisonales
wie Spargel. Einfach lecker!
14.30 Uhr Zeit für Nachtisch in „unserer“ Eisdiele in
Maschen. Jason bestellt sich
drei Kugeln, meine Frau heiße
Himbeeren auf Vanilleeis,
und ich entscheide mich immer wieder für Stracciatella
und Malaga im Becher.
Der Tag geht, die Kinderlein
kommen: die „Familiennacht“ am
Kiekeberg mit Feen und Feuer.
FOTO: PR
STADTLEBEN
19 Uhr: Oft holen wir Brötchen zum Aufbacken von der
Tankstelle. Gegessen wird in
der Küche oder auf der Terrasse. Manchmal gucken wir
mit Jason „Hannah Montana“,
oder ich gehe mit ihm in unser kleines Studio in den Keller. Dort hören wir uns Musik
an, oder er zeigt mir, was er
auf der Gitarre gelernt hat.
20.15 Uhr: Jason geht ins
Bett, und ich lese ihm etwas
vor. Oder ich schreibe Songtexte, übe Gitarre, höre mir
unsere neue CD an, die zum
50. Bandjubiläum am 27.
August erscheint. Stimmt der
Sound? Schöner könnte der
Tag nicht ausklingen...
Wenn das Freilichtmuseum heute zum Familienfest „Im Dunkeln übern Kiekeberg“
einlädt, wird die Nacht zum Tage: Bei Märchenstunden am Feuer, bei Schoko-Touren
und Bastelrunden dürfen die Kleinen aufbleiben, bis ihnen die Augen zufallen.
182500
Dosen Katzenfutter
werden im Tierheim
Süderstraße pro Jahr
verfüttert. 4437 Tiere
fanden 2009 neue
Besitzer, ca. 10 000
nimmt das Heim im
Jahr auf: Zurzeit sind
hier 472 Katzen, 173
Hunde, 445 Kleinund 180 weitere Tiere
– insgesamt 1270.
Uelzen
6 AUSFLÜGE
Heideblüte, Königinnen & Festtage
TIPPS & TERMINE
TEXT: GENEVIÈVE WOOD
ormalerweise gehören Kinder abends zeitig
ins Bett – weil sie sonst am nächsten Tag
übermüdet sind, lautet die durchaus richtige Begründung. Dass die Eltern auch einmal ihre Ruhe brauchen, ist ebenfalls ein gutes Argument, bloß
wird es selten ausgesprochen. Eine Ausnahme von
der Regel gibt es aber: Bei der Familiennacht am Kiekeberg am 7. August dürfen die Kleinen aufbleiben,
bis ihnen die Augen zufallen. Doch zuerst werden
Kinder und auch ihre Eltern große Augen machen bei
den zahlreichen Mitmachaktionen, Musikveranstaltungen und Menüs. „Erstmals organisieren wir eine
Nacht speziell für Familien“, sagt Museumsdirektor
Rolf Wiese über das Fest „Im Dunkeln übern Kiekeberg“. Er kam auf die Idee, weil er bei der Museumsnacht beobachtet hatte, dass immer mehr Kinder immer länger aufbleiben dürfen.
So gibt es Musik für Kinder, dazu finnische und
heimische Volkstänze zum Zuschauen und Mitmachen. Besonders spannend sind die Taschenlampenführungen rund um die Baustelle des Agrariums. Ab
18 Uhr zeigen vier Schmiede ihre Handwerkskunst in
Haus 5, und im Haus 12 dürfen Kinder in der historischen Werkstatt sogar selbst ein heißes Eisen anfassen – allerdings nur mit der Zange, und sie müssen
dazu mindestens 1,50 Meter groß sein, feste Schuhe
und lange Kleidung tragen. Bei der ländlichen Ziegelei in Haus 9 können die Kleinen ab 18 Uhr aus Bioteig über dem offenen Feuer Stockbrot backen, während der Kindermusikant Matthias Meyer-Göllner in
die Saiten haut. Plattdeutsche Lieder gibt es dann ab
20.30 Uhr am Lagerfeuer. Mädchen werden die „Feen
der Nacht“ besonders gut gefallen, wo sie Mitternachtsmädchen basteln. Ein wenig unheimlicher
sind die „(Un)Wesen der Nacht“, die sie aus Ton formen. Einfach nur zuhören können sie der Märchenerzählerin von 19 bis 22 Uhr in Haus 35.
Und natürlich darf es in einer langen, lauen Sommernacht auch nicht an gutem Essen fehlen: In der
Weinlaube (Haus 2) serviert der Förderverein des
Freilichtmuseums am Kiekeberg Wein und Prosecco,
Apfelsaft und Wurstbrote. Im Gasthof „Stoof Mudders Kroog“ wird norddeutsche Landküche aufgetischt, während sich die Kinder lieber in Haus 33
herumtreiben, wo sie Kakaobohnen rösten und probieren dürfen. Dort herrscht auch Naschkatzenalarm
bei der Führung „Süße Verlockung. Von Zucker, Schokolade und anderen Genüssen“.
Übrigens: Nach einer solch spannenden Nacht
sollten die Kinder am Sonntagmorgen länger in den
Federn liegen als sonst. So bekommen dann auch die
Eltern ihre wohlverdiente Ruhe.
Service
» Im Dunkeln übern Kiekeberg –
Familiennacht im Freilichtmuseum,
Sa, 7. 8., 18 – 23 Uhr, Eintritt:
9 Euro, Besucher unter 18 Jahren
frei. Freilichtmuseum Kiekeberg,
Am Kiekeberg 1, 21224 Rosengarten-Ehestorf, Tel. 790 17 60,
www.kiekeberg-museum.de
DER GRÜNE PUNKT Um 13 Uhr wird aufgetischt: Am 7. und 8. August erfährt man bei der einstündigen
„Futtertour zu Wolf und Co.“ im Wildpark Schwarze Berge Wissenswertes über Leibspeisen und
Sozialverhalten. Eintritt: 7,50 Euro, Kinder 5,50 Euro. Infos: www.nez-wildpark.de
KULTUR ERLEBEN
Boogie mit
Dampf
Großer Bahnhof: In Zwingenbergers „Hamburg BoogieWoogie Connection“ musizieren
Legenden wie Lila Ammons.
FOTO: FOTO FAYER
TEXT: TINO LANGE
anche Menschen sammeln Autogramme
von Musikern. Oder Schallplatten. Nicht
so der Ahrensburger Pianist Axel Zwingenberger: Der sammelt Züge – im Maßstab 1:1. So
engagiert sich die von ihm initiierte Stiftung „Dampflok 18201“ dem Erhalt und der Pflege der schnellsten,
noch einsatzfähigen Dampflok ihrer Art. Und das
kommt nicht von ungefähr, denn Zwingenbergers
zweite große Leidenschaft gehört dem Boogie-Woogie, einem Stil, der sowohl historisch als auch akustisch eng mit der Eisenbahn verbunden ist.
Boogie-Woogie entstand Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA und erzählt die auf und neben den
Gleisen erlebten Geschichten von Wandermusikern,
begleitet von den stampfenden Rhythmen der linken
und den blitzschnellen Soli der rechten Hand des
Pianisten. Unterstützt von pumpenden Bässen und
zischenden Schlagzeugbecken. Treibend, immer
schneller, immer weiter. Der Weg ist das Ziel. Dabei
teilt der Boogie-Woogie das Schicksal der Dinosaurier des Dampflok-Zeitalters. Zwingenberger ist der
vielleicht weltbeste Boogie-Woogie-Pianist, und doch
weit weg davon, ein Star zu sein.
„In Deutschland wird Boogie-Woogie total verkannt. Seit man versucht hat, Jazz zu akademisieren
und zur Hochkultur zu erklären, ist Boogie-Woogie
1 61. HEIDEBLÜTENFEST AMELINGHAUSEN vom 14. bis 22. August. Dieses
Jahr dürfen Besucher erstmalig beim Schmücken der Festwagen mitmachen –
einfach einige Tage vor dem Umzug in der Tourist-Info im Markthus anmelden. Aber
das ist natürlich keine Bedingung, um beim Heideblütenfest mitzufeiern:
» 14.8. „Der See brennt“ – bei der Eröffnungsfeier auf der schwimmenden Bühne
spielen die Lüneburger Schrotttrommler, die Band „Mofa 25“ und Herbert Grönemüller. Lopausee, 20 Uhr.
» 18. 8. Fahrradtour mit der Heidekönigin, Rathaus Amelinghausen, 14 Uhr.
» 19. 8. Wahl des Heidebocks 2010 auf dem Hof des Lokals „Niedersachsen“,
Soltauer Straße 3, 21385 Amelinghausen, 20 Uhr, Tel. 04132/91 01 01,
www.landgasthaus-niedersachsen.de
» 22. 8. Wahl der Heidekönigin auf dem Kronsberg, 13.30 Uhr;
16. Lauf um den Heideköniginnenpokal, Schule Amelinghausen,
Zum Lopautal 14, 16 Uhr; Festumzug in Amelinghausen, 17 Uhr;
Festball der Heidekönigin in „Schenck’s Hotel & Gasthaus“,
Lüneburger Str. 48, 21385 Amelinghausen, 20 Uhr,
Tel. 04132/31 40, www.schencks.de
Infos: Tourist-Info, Marktstr. 1, 21385 Amelinghausen,
Tel. 04132/92 09 43, www.amelinghausen.de
2 HEIDEBLÜTENFEST SCHNEVERDINGEN vom 26. bis 29.
August mit Krönung der Heidekönigin und feierlichen Festspielen:
» 27. 8. Aufführung von „Das kalte Herz“ auf der Freilichtbühne
im Höpental, Eintritt: 4 Euro, 20.30 Uhr, Kinder unter 14 Jahren frei.
» 28. 8. großer Lampionumzug mit vier Musikkapellen, Start: Rathaus, Grundschule am Pietzmoor, Ernst-Dax-Straße, 20.30 Uhr. Abschluss ist das BrillantHöhen-Feuerwerk im Walters-Peters-Park II, Verdener Straße, 21.30 Uhr.
» 29. 8. Festumzug unter dem Motto „Schneverdinger auf großer Reise“, Start:
Bahnhofstraße, 13 Uhr. Krönung der Heidekönigin auf der Freilichtbühne im Höpental, ca. 15 Uhr. Empfang der Heidekönigin durch den Bürgermeister vor dem
Rathaus, 17.30 Uhr. Eintritt für Umzug, Krönung und Festspiel: einmalig 5 Euro.
Infos: Schneverdingen Touristik, Rathauspassage 18, Tel. 05193/938 00,
29640 Schneverdingen, www.schneverdingen-touristik.de
3 61. HEIDEBLÜTENFEST HOLM-SEPPENSEN vom 27. bis 29. August. Drei Tage
feiern die Bürger ihre Heideblütenkönigin u.a. mit einem bunten Kinderprogramm.
» 27. 8. Eintreffen der amtierenden Heideblütenkönigin Saskia Bade, 19 Uhr.
Laternenumzug mit Heideblütenkönigin und Spielmannszug Schlierhorn, 19.30 Uhr.
» 28. 8. Kinderfest, bei dem die Kleinen u. a. mit einem Kran 30 Kisten stapeln
können. Sportplatz an der Mühlenschule (bei Regen im Festzelt), 14 Uhr;
Festball der 61. Heideblütenkönigin, Eintritt: 12 Euro, 20 Uhr.
» 29. 8. Flohmarkt am Jungfernstieg, 10 Uhr. Bunter Nachmittag mit Kaffee,
Kuchen und der 61. Heideblütenkönigin. Jungfernstieg, 15 Uhr, bitte anmelden.
Infos und Anmeldung: Geschäftsstelle Bürger-Verein Holm-Seppensen,
21244 Buchholz i. d. N., Bahnhofsweg 4, Tel. 04187/90 06 57, www.buvv.de
4 1. BRUNSBERGLAUF IN HOLM-SEPPENSEN Das Rennen geht über fünf
Distanzen: 11,7 km inklusive Bergwertung auf dem Brunsberg (129 m), 5 km
durch flaches Gelände, dazu gibt es drei Kinderläufe. Nordic Walker sind auch dabei.
» 29. 8. Kinderlauf, 9.30 Uhr; Brunsberglauf, 10.35 Uhr;
Jedermannslauf, 10.45 Uhr; www.brunsberglauf.de
Lok ’n’ Roll: Axel Zwingenberger liebt alte
Züge und pumpende Pianos, jetzt spielt er
mit vielen Stars in der Fabrik. Einsteigen!
M
5
Alljährlich kommen rund 1,5 Millionen Besucher, wenn sich die größte zusammenhängende Heidefläche Mitteleuropas in ein violettes Blütenmeer verwandelt. Sogar
eine Bauernregel benennt den Zeitpunkt für dieses Schauspiel: vom „8.8. bis 9.9.“.
Dieses Jahr könnte die Heide länger blühen, sagt die Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide, Grund ist die Trockenheit. Vom Menschen geschaffen, würde das circa
23 400 Hektar große Gebiet ohne Tausende Schafe und Ziegen, ohne das Mähen
und Brennen vergrasen und verbuschen. Daher wurde vor über 100 Jahren der Verein
Naturschutzpark gegründet, womit das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide zu
den ältesten Deutschlands gehört. Die „5. Jahreszeit“ wird in Amelinghausen, Schneverdingen, Holm-Seppensen und Westerweyhe mit der Wahl der Heidekönigin gefeiert.
Kinder der Nacht
N
71
Wenn die Heide von Anfang August bis Mitte September in zartem Purpur
blüht, wählen die Bewohner ihre Heideköniginnen – und vier Ortschaften feiern
mit Umzügen und einem stattlichen Festtagsprogramm die Krönung.
16 Uhr Jetzt brauchen wir
Bewegung. Entweder spielen
Jason und ich Tennis oder
fahren ins Schwimmbad.
Jason ruft „Guck mal! Guck
mal!“ und zeigt, wie gut er
tauchen oder rutschen kann.
Ich sitze mit schrumpeligen
Fingern im Wasser, aber das
macht Spaß. Für mich geht
dann die Sonne auf.
Bad Bevensen
Westerweyhe
8 Uhr Heute bleibt der
Essen geht, wollen unsere vier
Kaninchen in ihrem großen
Gehege gefüttert werden. Sie
fressen mir Mohrrüben aus
der Hand, laufen umher und
verstecken sich in ihrer gebuddelten Höhle. Ursprünglich haben wir sie gekauft,
weil unser Sohn sie „zum
Streicheln“ haben wollte.
4
7
Soltau
11.45 Uhr Bevor es zum
209
3
Mein perfekter
Sonntag
10 Uhr Ich gehe zum Sport,
mit Zirkeltraining und auf
dem Laufband trainiere ich
meine Kondition. Toller
Nebeneffekt: Dort treffe ich oft
Bekannte, mit denen ich mich
über andere Themen als
Musik austausche. Zum Entspannen geht es in die Sauna.
4
Naturschutzpark
Lüneburger Heide
Musiker Herbert Hildebrandt, 67,
(Rattles), füttert Kaninchen und
genießt die Zeit mit seinem Kind.
9.15 Uhr Brötchen und
manchmal Croissants vom
Lieblingsbäcker in Hittfeld,
dazu Hüttenkäse und Marmelade: Ich genieße das seltene
gemeinsame Frühstück, um
mit Jason über sein großes
Hobby, Tennis, zu sprechen.
250
4
FOTO: PR
Herbert
Hildebrandt
KARTE: GRAFIKANSTALT
Ab in die Heide
das Schmuddelkind“, erzählte Axel Zwingenberger
2009 dem Hamburger Abendblatt. Da war er auf
Tournee in England, wo der Boogie-Woogie eine ganz
andere Wertschätzung genießt. „Er ist der ältere, wilde Bruder von Blues und Jazz, eine Keimzelle von
Rock ’n’ Roll und Pop“, sagt Zwingenberger. Das
musste er Charlie Watts nicht erklären: Der Schlagzeuger der Rolling Stones ging mit Zwingenberger
auf Tour durch ausverkaufte Häuser, unter anderem
auch im Hamburger St.-Pauli-Theater.
Wenn Axel Zwingenberger am 8. August seine
„Hamburg Boogie-Woogie Connection“ – seit dem 8.
August 1988 eine jährliche Tradition – in der Fabrik
vereint, ist Charlie Watts nicht dabei, dafür aber kommen viele alte Bekannte der Boogie-Szene: Vince
Weber, Gottfried Böttger, Jo Bohnsack, Ulrike Hausmann und das Frank Muschalle Trio sowie aus den
USA Don Washington und Lila Ammons – Letztere ist
als Enkelin des legendären Boogie-Pioniers Albert
Ammons das Bindeglied zwischen Vergangenheit und
Zukunft. Gemeinsam tummelt sich die Boogie-Bande
um zwei Flügel, improvisierend und pointierend.
Eine Setliste oder Zeitgrenze gibt es nicht. Nur ein
paar Absprachen werden backstage bei einem Bier getroffen, auf der Bühne aber herrscht blindes Verständnis mit Boogie-Woogie und Blues als gemeinsamer
Sprache. Der Groove rollt. Treibend, treibend, immer
weiter, immer schneller. Der Weg ist das Ziel.
5 60. HEIDEBLÜTENFEST WESTERWEYHE vom 3. bis 5. September. Vier Tage
geht es rund mit Krönungen, Proklamationen und Volksfesten.
» 3. 9. Heideblütenlauf, 17 Uhr; Heidebockwahl, 20.30 Uhr.
» 4. 9. Proklamation des Kinderprinzenpaares, 16 Uhr. Abholung der amtierenden
Heidekönigin, 18.30 Uhr. Vorstellung der Heidekönigin-Kandidatinnen im Festzelt,
21 Uhr. „Große Andrea Berg Show“ mit Double Sybille, 21.45 Uhr. Proklamation der
neuen Majestäten und Tombola, 23.15 Uhr.
» 5. 9. Festgottesdienst mit Posaunenchor, 9.30 Uhr; Platzkonzert, 11 Uhr;
Großer Festumzug, 13 Uhr; Konzert im Festzelt sowie Kaffeetafel im Festzelt,
15.30 Uhr, Festplatzweg, 29525 Uelzen, www.heideblume-westerweyhe.de;
Infos: Club Heideblume, Rottekuhlen 6, 29525 Westerweyhe, Tel. 0581/182 44,
www.heideblume-westerweyhe.de
6 HEIDEPARK SOLTAU Eingebettet in 50 000 Sommerblumen bietet Norddeutschlands größter Freizeit- und Familienpark eine Fülle von Attraktionen wie
die 120 Stundenkilometer schnelle Fahrt auf der größten Holzachterbahn Europas.
Heidenhof, 29614 Soltau, bis 31. 10. tägl. 9–18 Uhr, Eintritt: 36 Euro, Kinder
(4–11 Jahre) 29 Euro, Familienkarte für 4 Personen: 99 Euro im Onlineverkauf,
Service-Hotline 01805/91 91 01, www.heide-park.de
Heidekönigin Johanna Köhler
aus Amelinghausen.
FOTOS: KAROLINE BIERMANN,
ISTOCKPHOTO
Service
» Hamburg Boogie-Woogie
Connection So, 8.8., 21 Uhr,
Fabrik (S-Bahn Altona), Barnerstr.
36, Tel. 39 10 70; Eintritt: 21 Euro,
www.boogiewoogie.net
SONNABEND / SONNTAG, 7. / 8. AUGUST 2010
› STADTGESPRÄCH
III
Claudia Sewig trifft Stephan Hering-Hagenbeck
Hagenbecks
Tierleben
Er ist Doktor der Biologie, und er
sieht den Menschen als einen
Allesfresser, der die Natur nicht mehr
versteht: Tierparkdirektor Stephan
Hering-Hagenbeck über Parasiten im
Essen und Schildkröten im Ofen.
Ü
FOTO: THOMAS LEIDIG
ber ihm der Urahn,
unter ihm rund 14300
exotische Tiere: Wenn
man Dr. Stephan HeringHagenbeck in seinem
Büro trifft, ist Gottfried
Claes Carl Hagenbeck stets dabei. Verewigt in Öl, schaut der Firmengründer
und Fischhändler milde lächelnd auf den
aufgeräumten Schreibtisch des jetzigen
Tierparkgeschäftsführers. Hier, über
der großen Halle des Tropen-Aquariums
mit seinen Krokodilen, Würgeschlangen
und Haien, tüftelt der promovierte
Biologe, der durch die Ehe mit Gottfried
Hagenbecks Urururenkelin Bettina in die
Familiendynastie einheiratete, an den
nächsten Projekten des Zoologischen
Gartens. An erster Stelle steht da zurzeit
der Bau des neuen Eismeer-Geheges, das
im Frühjahr 2011 eröffnen soll. Doch auch
die Elefantenhaltung und der Artenschutz
im Freiland beschäftigen den 42-jährigen
Familienvater. Wenn man den großen
Mann in Anzug und Weste sieht, mag man
kaum glauben, dass er seine Kindheit in
Südafrika verbracht hat und ein ausgemachter Freund von Parasiten ist. Doch
wer ihm vom Erlebnis eines Flusspferdkampfs in Tansania erzählt oder ihn zum
Entwicklungszyklus des Kleinen Leberegels befragt, dem wird das Glitzern in
seinen Augen nicht entgehen. Gleich nach
dem Interview macht sich Stephan
Hering-Hagenbeck dann auch mit einer
Expedition auf den Weg ins Nordpolarmeer. Vorher geriet er jedoch noch einmal
kurz ins Schwitzen: „Bitte, bitte beim Portraitfoto vor dem großen Hai-Atoll nicht
blitzen!“ So bat der Technikinteressierte
eindringlich – zu sehr würde das grelle
Licht die scheuen Tiere im Aquarium
stören. Was für die Besucher im Tierpark
gilt, daran hält sich auch der Zoodirektor.
Zumal Stephan Hering-Hagenbeck
sich wünscht, dass wir Menschen viel
mehr über die Natur nachdenken – und
die Stellung, die wir in ihr einnehmen.
MAGAZIN: Dass Sie Biologe wurden, hängt nicht zufällig
mit Ihrem Nachnamen Hering zusammen?
STEPHAN HERING-HAGENBECK: (lacht) Auch wenn mein Vater noch heute einen Fisch unter seine Unterschrift
zeichnet: Nein, unser Familienname hatte nichts mit
meinem Berufswunsch zu tun. Der wurde eher durch
meine Kindheit geprägt.
MAGAZIN: Ihre Jahre in Afrika?
HERING-HAGENBECK: Genau. Als ich sechs Jahre alt war,
gingen meine Eltern 1973 nach Südafrika. Wir blieben bis 1978.
Kein Blitzlicht vor dem Aquarium!
Dr. Stephan Hering-Hagenbeck, 42,
hat ein Herz auch für Haie.
MAGAZIN: Für einen Jungen gewiss ein großes Abenteuer.
HERING-HAGENBECK: Nicht nur. Wir lebten in Johannesburg, das war damals schon eine Großstadt. Zudem
war es die Hochzeit der Apartheid. Es gab getrennte
Busse für Farbige und Weiße, selbst getrennte Parkbänke. Dann kam der große Soweto-Aufstand, auch
ein Grund für meine Eltern, zurück nach Deutschland zu gehen. Aber die Ferien haben wir tatsächlich
meistens im Busch verbracht.
MAGAZIN: Wo Sie Ihre ersten Wildtiere erlebten…
HERING-HAGENBECK: Das war schon vorher in Johannesburg: Im ersten Schuljahr haben mir meine Mitschüler eine Schlange geschenkt, die sie irgendwo gefunden hatten. Eine afrikanische Weißlippenschlange.
Die lebte von da an zwischen meinen Spielsachen,
und ich habe sie überall mit hingeschleppt.
MAGAZIN: Ist das nicht eine Giftschlange?
HERING-HAGENBECK: Nun ja, sie war schwach giftig. Das
habe ich aber auch erst herausgefunden, als sie sich
irgendwann in meinen Daumen verbissen hatte.
MAGAZIN: Und dann?
HERING-HAGENBECK: Meine Eltern wurden etwas hektisch
und wollten die Schlange entfernen. Das ging aber
nicht, weil ich so schrie – nicht vor Schmerzen, sondern weil der Schlange nichts passieren sollte.
Schließlich sind wir dann in den Pretoria-Snake-Park
gefahren, wo Mitarbeiter die Schlange abbekamen.
Das ist wirklich nicht einfach: Schlangen können ihre
Kiefer nach einem Biss verhaken. Aber wir haben es
beide ohne großen Schaden überstanden.
MAGAZIN: Dürften Ihre Kinder Giftschlangen halten?
HERING-HAGENBECK: Die Haltung von Exoten hat zwei
Seiten: Auf der einen Seite haben wir viele wissenschaftliche Erkenntnisse privaten Haltern zu verdanken. Ich spreche mich jedoch entschieden dagegen aus, eine Giftschlange als reines Statussymbol
oder Haustier für Kinder zu halten. Und ich bin froh,
dass sich unsere drei zurzeit fast ausschließlich für
Pferde interessieren.
MAGAZIN: Ihre eigene Mutter war da toleranter.
HERING-HAGENBECK: Das stimmt. Als meine Schildkröten
Eier legten, hat sie es akzeptiert, dass ich den Backofen in Beschlag nahm – als Inkubator. Dass das nicht
geklappt hat, lag nicht an meiner Mutter (lacht). Später durfte ich sogar die zwölf Puffottern für meine
Doktorarbeit bei meinen Eltern unterstellen. Nur
füttern musste ich sie selbst.
MAGAZIN: Na dann, Mahlzeit…
HERING-HAGENBECK: Ich hatte damit nie ein Problem –
vielleicht ein erstes Zeichen, in welche Richtung
mein Studium gehen würde. Meine Doktorarbeit
habe ich dann ja auch über Parasiten von Reptilien
geschrieben.
Man ist in der Natur als Mensch in allem
unterlegen – wenn wir unseren Intellekt nicht
hätten, wären wir ganz einfach nur Beute.
MAGAZIN: Wann kam erstmals das Thema Zoo auf ?
HERING-HAGENBECK: Als ich an die Humboldt-Universität
in Berlin wechselte. Denn da habe ich dann ja meine
Frau kennengelernt.
MAGAZIN: Und in Hagenbecks Tierpark eingeheiratet.
HERING-HAGENBECK: Davor war ich nur ein einziges Mal,
das muss so mit zwölf Jahren gewesen sein, in Hagenbecks Tierpark. Und ganz ehrlich: Der Name
Hagenbeck hatte damals noch nicht die ganz große
Bedeutung für mich.
MAGAZIN: Natur ist nicht nur Entertainment.
HERING-HAGENBECK: Mit den „Jeep Jockeys“, den Touristenführern in Afrika, hatte ich schon viele Diskussionen, wenn sie zu nah an die Wildtiere heranfuhren.
Wenn man Elefanten von Nahem sehen will, sollte
man zu Hagenbeck gehen.
MAGAZIN: Das hat Ihre Frau geändert.
HERING-HAGENBECK: Ja, und dann habe ich kräftig in Sachen Tiergärtnerei aufgeholt. Wir sind regelmäßig in
andere Tierparks gefahren. Bis heute aber ist geblieben, dass ich mir die Ideen und Herangehensweisen
immer erst aus der Natur hole.
MAGAZIN: Das Verlangen der Menschen nach Action…
HERING-HAGENBECK: …und das erleben wir auch hier im
Tierpark – ein weiteres Resultat aus dem mangelnden Naturverständnis. Dazu gehört auch die Annahme, alle Tiere würden nur darauf warten, liebkost zu
werden. Solche Anfragen haben wir regelmäßig.
MAGAZIN: Was heißt das genau?
HERING-HAGENBECK: Hagenbeck hat immer schon Gefühle transportiert. Dazu muss man aber selbst einmal
all die Gefühle in der Natur aufgesogen und gespürt
haben. Und so legen wir auch, selbst wenn wir nur
sehr begrenzte Mittel bei der Gestaltung unserer Gehege haben, sehr viel Wert auf die Liebe zum Detail.
MAGAZIN: Wonach suchen Menschen beim Zoobesuch?
HERING-HAGENBECK: Menschen kommen zu uns, um einen schönen Tag zu verbringen. Wir versuchen, dieses Bedürfnis zu befriedigen und gleichzeitig über
Tierpfleger, Präsentationen und Gestaltungen Botschaften zu verpacken, etwa in Sachen Umweltschutz. Hier haben wir Vorbildcharakter. So kam es
auch, dass wir mit alten Traditionen wie dem Elefantenreiten brechen mussten, weil das mit der naturnahen Haltung nicht mehr zu vereinbaren war.
MAGAZIN: Wie wichtig ist die Lehre heute für Sie?
HERING-HAGENBECK: Sie ist, neben Freizeit, Forschung
und Artenschutz, eine der Hauptaufgaben eines jeden modernen zoologischen Gartens. Ein Zoo ist
auch eine Bildungsstätte. Deshalb ist auch die Arbeit
unserer Zooschule so unerlässlich. Wir müssen die
Leute wieder an die Natur heranführen, von der wir
uns immer mehr entfernen.
MAGAZIN: Wie kommt das?
HERING-HAGENBECK: Die wachsende Anzahl an Menschen
verdrängt die Natur. Ich weiß, dass das ein sensibles
Thema ist, aber es wird mir zu wenig angesprochen.
Alle Probleme, über die wir reden – Umweltzerstörung, Pandemien, Ressourcenknappheit, Klimawandel, Armut –, hängen damit zusammen.
MAGAZIN: Wieso studierten Sie erst Chemische Verfahrenstechnik und nicht gleich Biologie?
HERING-HAGENBECK: Das lag an meinem nicht ganz so herausragenden Abitur und der Hürde des Numerus
clausus. Ich hatte eine wunderschöne Schulzeit. Das
sagt, glaube ich, schon alles.
MAGAZIN: Wie führen Sie Ihre Kinder an die Natur heran?
HERING-HAGENBECK: Zum natürlichen Umgang mit der
Natur gehört für mich, dass man sie nutzt. Wir waren
gerade eine Woche in Brandenburg mit einem Hausboot unterwegs und haben auch geangelt. Dabei ist es
für mich selbstverständlich, dass ein geangelter Fisch
gegessen wird. Hätten die Kinder das nicht gewollt,
hätten sie auch nicht angeln dürfen.
MAGAZIN: Da war das Studium eindeutig fesselnder.
HERING-HAGENBECK: Oh ja, wie mein erstes Semester bei
Prof. Heinz Mehlhorn, einem ganz großen Parasitologen unserer Zeit, der seine Vorlesungen am Vormittag immer damit abschloss, was gleich in unserem
Mittagessen parasitologisch los sein könnte.
MAGAZIN: Ein sehr pragmatischer Ansatz.
HERING-HAGENBECK: Als Biologe sehe ich uns als Allesfresser und als Teil der Natur. Ich führe einen Jagdschein und habe die Kinder schon früh mitgenommen und ihnen alles erklärt. Wir haben ihnen aber
auch beigebracht, wie man Pflanzen sät und erntet.
MAGAZIN: Haben Sie bei Hagenbeck ein Lieblingstier?
HERING-HAGENBECK: Nein. Ich versuche, mich auch von
Sentimentalitäten gegenüber unseren Tieren frei zu
machen. So betrachte ich die Elefantenherde als einen zusammenhängenden Komplex.
MAGAZIN: In die der Zoo allerdings eingreift.
HERING-HAGENBECK: Langeweile bei den Tieren ist unsere
größte Herausforderung. Verteidigung und Nahrungserwerb fallen weg, da müssen wir uns etwas
einfallen lassen wie die Wackelstangen bei den
Orang-Utans. Bei Menschen ist es nicht anders: Ich
glaube, dass viele weniger fernsehen würden, wenn
wir noch mit Pfeil und Bogen losziehen müssten.
MAGAZIN: Und wie beschäftigen Sie Ihre Besucher?
HERING-HAGENBECK: Indem wir sie wieder zum Hingucken auffordern. So ist das Konzept des Tropen-Aquariums, dass der Besucher aktiv werden muss bei der
Suche nach den Tieren. Und nicht nur konsumiert.
MAGAZIN: Der Mensch, das verweichlichte Tier?
HERING-HAGENBECK: Man ist in der Natur als Mensch, bis
auf den Intellekt, in allem unterlegen. Es wird besser
gerochen, gesehen, gelaufen, geschwommen – wenn
wir unseren Intellekt nicht hätten, wären wir ganz
einfach nur Beute. Ein Ranger in Südafrika hat es auf
den Punkt gebracht, als er uns im Busch absetzte und
sagte: „Willkommen in der Nahrungskette.“
Kurz-Biografie
» Stephan Hering-Hagenbeck wurde
am 26. September 1967 in Frankfurt
am Main geboren. Von 1973 bis 1978
lebte die Familie in Johannesburg, Südafrika. 1989 wechselte er nach zwei
Semestern Chemietechnik zum Biologiestudium an die Humboldt-Universität in
Berlin, wo er Bettina Hagenbeck kennenlernte, die ebenfalls Biologie studierte.
1995 heirateten sie, ihre Kinder sind
heute zwölf, elf und acht Jahre alt. Nach
der Hochzeit ging das Paar für drei Jahre
nach Südafrika, wo Stephan HeringHagenbeck Daten für seine Doktorarbeit
sammelte. Frisch promoviert wurde er
im Jahr 2000 Inspektor in Hagenbecks
Tierpark, wo er 2004 von Schwiegervater Claus Hagenbeck die Stelle in der
Geschäftsführung übernahm. Seitdem
leitet er mit Joachim Weinlig-Hagenbeck
das Traditionsunternehmen.
IV
› THEMA DER WOCHE
SONNABEND/SONNTAG, 7./8. AUGUST 2010
45Herzen fürTiere
Hunde, Katzen oder Kaninchen – sie alle warten im Hamburger Tierheim Süderstraße
auf ein neues Zuhause, nachdem sie zuvor ausgesetzt oder abgegeben wurden.
Im TIERISCHEN SINGLE-GUIDE werden Frauchen, Herrchen und Familien gesucht.
Ich wurde an einer Parkbank ausgesetzt und suche eine
Familie, die mich nie wieder gehen lässt.
Vorlieben: Auto fahren, an der Leine laufen und auch
mal fünf Stunden allein sein.
Schwächen: Ich muss wohl noch mal die Schulbank
drücken.
Wir heißen Stan und Olivia,
sind zwei Stanley-Sittiche
und 2 Jahre alt
Ich heiße Tyson,
bin ein waschechter Bernhardiner
und 1,5 Jahre alt
Ich heiße Jonas,
bin ein kastrierter
Jagdhund-Mix
und 12 Jahre alt
Wir suchen eine Freiflugvoliere und ein Zuhause mit
toleranten Nachbarn.
Vorlieben: Andere Vögel und Menschen mit Vogel.
Schwächen: Wir können richtig schön Krach machen.
Ich suche eine große Familie mit einem großen Haus
und großem Grundstück.
Vorlieben: Spazieren gehen, ausruhen, spazieren gehen,
ausruhen.
Schwächen: Im Auto muss ich spucken, ich sabbere
beim Trinken und fresse zwei Kilo Fleisch pro Tag.
Ich suche eine liebevolle Familie, die ebenerdig wohnt
und einen Einzelhund will.
Vorlieben: Mein Körbchen.
Schwächen: Ich bin heiser und öffne gern Türen – und
zwar ausnahmslos.
Chiffre-Nr. 1023-A-10
Chiffre-Nr. 360-S-10 und 361-S-10
Chiffre-Nr. 808-A-10
Chiffre-Nr. 2243-F-09
Ich heiße Baby,
bin eine Golden-Retriever-Hündin
und fast 6 Jahre alt
Ich heiße Teddy,
bin ein Pudel-Mix
und 14 Jahre alt
Ich heiße Purzel,
bin ein kastrierter Kater
und 3 Jahre alt
REDAKTION: HANNA KASTENDIECK • FOTOS: MARCELO HERNANDEZ
Ich heiße Sandy,
bin eine Boxermischlingshündin
und 4 Jahre alt
Ich heiße Benni,
bin ein Bracken-Mix
und 5 Jahre alt
Ich heiße Rocky,
bin ein echter Gockel
und circa 1 Jahr alt
Ich heiße Willi,
bin ein Terriermischling
und 13 Jahre alt
Ich heiße Keira,
bin eine kastrierte Europäisch-Kurzhaar-Katze
und 3 Jahre alt
Ich suche eine Familie, die im Parterre wohnt oder mich
die Treppen hochträgt.
Vorlieben: Kinder, Katzen und Körbchen.
Schwächen: Ich habe kurze Beine und liebe lautstarke
Begrüßungen.
Als kleines, schüchternes Mädchen suche ich eine
ruhige, geduldige Familie.
Vorlieben: Ich liebe es, in der Kiste zu schlafen.
Schwächen: Ich bin ziemlich zurückhaltend und neige
zu Zahnfleischproblemen.
Ich bin die personifizierte Gute-Laune-Hündin und
suche eine Familie, der ich gefallen kann.
Vorlieben: Ich freue mich über Gott und die Welt und
bin absolut anpassungsfähig.
Schwächen: Sag ich nicht, weiß auch keiner – nur mein
altes Herrchen. Und das hat mich ausgesetzt …
Ich suche einen Single- oder Pärchenhaushalt ohne
Kinder, die mich als Einzelhund wollen.
Vorlieben: Freiheit, Freiraum und Futter.
Schwächen: An der Leine übernimmt nur einer das
Kommando, und das bin ich.
Ich bin ein richtiger Teddy und suche eine Familie mit
Kindern und richtig guter Laune.
Vorlieben: Friseurbesuche, andere Hunde und
Auto fahren.
Schwächen: Ich verfilze schnell.
Ich suche Kinder mit Elternanhang, die spielerisch mit
mir das Leben entdecken wollen.
Vorlieben: Andere Katzen, wildes Toben und lange
Kuschelabende.
Schwächen: Manchmal zeige ich meine Krallen.
Ich suche viele, nein, sehr viele Hennen, ein großes,
eingezäuntes Gehege für meinen Harem und tolerante
Nachbarn.
Vorlieben: Weintrauben, Melonen und Mehlwürmer.
Schwächen: Ich krähe bei Sonnenaufgang, auch am
Sonntag. Und zwar ziemlich laut.
Chiffre-Nr. 950-A-10
Chiffre-Nr. 777-A-09
Chiffre-Nr. 3108-F-10
Chiffre-Nr. 760-A-10
Chriffre-Nr. 686-A-10
Chiffre-Nr. 2283-F-10
V
Ich heiße Krümelchen,
bin ein Glatthaarmeerschweinchen
und 10 Monate alt
Ich heiße Nati,
bin eine Doggenmischlingshündin
und im März geboren
Ich suche ein großes Gehege und eine zärtliche
Artgenossin.
Vorlieben: Grünzeug, Freilauf und schöne Weibchen.
Schwächen: Ich bin ein Schwein.
Ich suche eine Familie mit viel Zeit und ein ebenerdiges
Zuhause.
Vorlieben: Spielen, spielen, spielen – und schlafen.
Schwächen: Bitte was???
Chiffre-Nr. 4202-F-10
Chiffre-Nr. 939-A-10
Chiffre-Nr. 4208-F-10
Ich heiße Boomer,
bin ein Schäfermischling
und 8 Jahre alt
Wir heißen Lucie und Tante Inge,
sind zwei von 16 ausgesetzten Dsungarischen
Zwerghamstern und 6 Wochen und etwa
1 Jahr alt
Ich heiße Elke,
bin ein Jagdhundmischling
und 5 Jahre alt
Ich heiße Bella,
bin eine Colourpoint-Katze
und 8 Jahre alt
Wir heißen Toni und Tina,
sind zwei Pfirsichköpfchen
und 3 Jahre alt
Wir suchen eine Zimmervoliere und Menschen, die es
am liebsten laut mögen.
Vorlieben: Afrikanische Musik.
Schwächen: Wir können nicht singen, dafür aber
unüberhörbar schimpfen.
Chiffre-Nr. 1032-A-10 und 1033-A-10
Ich heiße Fuzzy,
bin ein männliches
Zwergkaninchen
und 3 Monate alt
Ich heiße Milo,
bin ein Terriermischling
und 5 Jahre alt
Wir heißen Bonnie und Clyde,
sind zwei Farbenzwerge
und 1 Jahr alt
Ich heiße Jackie,
bin ein Jack-Russell-Chihuahua-Mix
und circa 3 Jahre alt
Wir suchen eine Familie mit Schulkindern, die ihre
Wohnung mit uns teilen wollen.
Vorlieben: Obst, Gemüse und Äste mit Blättern.
Schwächen: Wir haben Zahnprobleme und müssen alle
sechs Wochen zum Tierarzt.
Ich suche eine (unternehmungs-)lustige Familie zum
Spielen und Schmusen.
Vorlieben: Spazieren gehen, nach Hause kommen,
zusammen sein.
Schwächen: Ich bin manchmal etwas hibbelig.
Ich suche gleichaltrige Freunde meiner Gattung und
Menschen, die mich riesig finden.
Vorlieben: Alles, was knackig, gesund und gut
gewachsen ist.
Schwächen: Ich bin noch nicht kastriert und würde
jedes Weibchen sofort vernaschen.
Ich suche eine sanfte, liebevolle Hand, die mich vor allen
Übeln dieser Welt beschützt.
Vorlieben: Ruhe, Entspannung und Streicheleinheiten.
Schwächen: Ich habe keine Hoden mehr und bin zudem
ein furchtbarer Angsthase.
Ich suche eine Großfamilie, in der immer einer zu Hause
ist. Ja, richtig gelesen: IMMER!
Vorlieben: Naschen, naschen, naschen.
Schwächen: Allein sein – geht gar nicht.
Wir suchen ein Zuhause, in dem wir beide herzlich
willkommen sind.
Vorlieben: Mehlwürmer und andere Spezialitäten.
Schwächen: Wir wollen tagsüber unsere Ruhe haben.
Ich suche einen erfahrenen Partner, der es gern etwas
temperamentvoller mag.
Vorlieben: Schwimmen, spazieren gehen und toben.
Schwächen: Ich zicke rum, wenn ein Rüde kommt, und
höre bisweilen schlecht.
Ich suche eine Familie mit Haus und Garten und Sinn für
langes weißes Fell.
Vorlieben: Sanfte Worte und viele Streicheleinheiten.
Schwächen: Eine halbe Stunde Fellpflege pro Tag ist
Pflicht, sonst sehe ich aus wie ein zerrupftes Huhn.
Chiffre-Nr. 345-A-10 und 346-A-10
Chiffre-Nr. 4246-F-10
Chiffre-Nr. 4057-F-10
Chiffre-Nr. 915-A-10
Chiffre-Nr. 829-A-09
Chiffre-Nr. 2919-F-10 und 3020-F-10
Chiffre-Nr. 3889-F-09
Chriffre-Nr. 2836-F-10
Wir heißen Louis und Louisa,
sind Geschwister
und am 1. Juni geboren
Wir suchen eine Familie mit Kindern, Garten und viel
Zeit, nehmen aber auch eine Wohnung – dann aber nur
zu zweit.
Vorlieben: Spielen, toben, rumtollen und schlafen.
Schwächen: Wir haben keine, denn wir sind noch im
Welpenschutz.
Chiffre-Nr. 3013-F-10 und 3014-F-10
Wir heißen Roberto und Coco,
sind zwei Meerschweinchen
und am 28. Juni im Tierheim geboren
Ich heiße Tessy,
bin eine echte Schäferhündin
und etwa 10 Jahre alt
Ich heiße Rocky,
bin ein Münsterländer-Jagdhundmischling
und 5 Jahre alt
Ich heiße Ole,
bin eine Brieftaube
und 2 Jahre alt
Ich heiße Boncok,
bin eine Europäisch-Kurzhaar-Katze
und 2 Jahre alt
Ich heiße Klitschko,
bin ein Boxer (was
denn sonst?!)
und 6 Jahre alt
Ich suche eine Familie mit ebenerdiger Wohnung oder
Fahrstuhl.
Vorlieben: Richtig viel Bewegung – am liebsten
außerhalb des Rings.
Schwächen: Ich bin ziemlich temperamentvoll und
sehr anhänglich.
Ich bin ein umgängliches Wesen und suche einen
Menschen, der so nachtaktiv ist wie ich.
Vorlieben: Großes Gehege, knackiges Gemüse und
viel frisches Obst.
Schwächen: Ich mache die Nacht zum Tag.
Chiffre-Nr. 702-F-10
Chiffre-Nr. 3695-F-10
Als ältere, sehr anhängliche und verschmuste Dame
wünsche ich mir ein ruhiges Zuhause.
Vorlieben: Kuscheln, schmusen, spazieren gehen und
viel schlafen.
Schwächen: Ich teile nur ungern und habe eine schiefe
Kopfhaltung.
Ich bin ein lebhafter, folgsamer Familienhund und suche
Menschen, die mich nicht allein lassen.
Vorlieben: Leine, Kinder und Katzen.
Schwächen: Ich mag keine Rüden und erst recht nicht
alkoholisierte Menschen.
Ich suche einen Taubenschlag, zu dem ich immer wieder
von meinen Reisen zurückkehren kann.
Vorlieben: Dänemark, mein Heimatland.
Schwächen: Ich bin kein Paradiesvogel, sondern nur
eine einfache Taube.
Ich bin eine kleine verrückte Katze und suche eine
ebenso verrückte Familie mit Katzen und Kindern.
Vorlieben: Schmusen, spielen, Schubladen öffnen und
in Taschen krabbeln.
Schwächen: Ich leide an Augenüberdruck und muss
daher Medikamente schlucken.
Chiffre-Nr. 208-S-10
Chiffre-Nr. 1047-A-10
Chriffre-Nr. 4144-F-10
Chiffre-Nr. 730-A-09
Ich heiße Sammy,
bin eine Farbratte
und stehe für 40 Ratten, die im Tierheim warten
Wir heißen Öhrchen und Emma,
sind zwei Zwergkaninchen
und circa 1,5 Jahre alt
Ich heiße Lulu,
bin eine kastrierte
Europäisch-Kurzhaar-Katze
und 5 Jahre alt
Wir heißen Pipi und Lotta (wollte nicht aufs
Foto), sind eine Rotwangenschmuckschildkröte
und eine Gelbwangenschmuckschildkröte
und beide über 10 Jahre alt
Ich heiße Rico,
bin eine Müller-Amazone
und zwischen 20 und 30 Jahre alt
Ich bin eine Diva und suche einen Prinzen mit Schloss.
Ok, Haus mit Garten geht auch.
Vorlieben: Zärtliche Hände, Streicheleinheiten und ganz
viel Liebe.
Schwächen: Ich bin eine haarige Angelegenheit.
Wir suchen einen großen Teich zum Baden und
Menschen, die uns in Ruhe lassen und die ruhig
Allergiker sein dürfen.
Vorlieben: Schlamm zum Gründeln, Frischfleisch und
Schildkrötensticks.
Schwächen: Wir sind keine Kuscheltiere!
Ich suche einen Menschen, der Platz für eine große
Voliere und mindestens zwei Ratten hat.
Vorlieben: Klettern, kuscheln und spielen.
Schwächen: Ich nage gern – und zwar an allem, was
mir in die Quere kommt.
Wir suchen eine Familie, die Platz für uns beide hat,
könnten uns notfalls aber auch trennen.
Vorlieben: Zweisamkeit, hoppeln und Nase rümpfen.
Schwächen: Öhrchen ist ein harter Bock mit problematischen Zähnen, Emma eine Domina.
Ich suche eine große Familie mit vielen Frauen und
Kindern, einem Einzelhaus und einem Zimmer für mich.
Vorlieben: Andere Amazonen, Streicheleinheiten, auf
der Schulter sitzen und klettern.
Schwächen: Ich mag keine Männer und kann recht laut
schreien.
Chiffre-Nr. 3137-F-10
Bei Interesse im Kleintierhaus melden
Chiffre-Nr. 403-S-10
Chiffre-Nr. 391-A-10 und 929-A-10
Chiffre-Nr. 432-A-10
Ich heiße Snoopy,
bin ein männlicher Goldhamster
und etwa 5 Monate alt
Ich heiße Francy,
bin eine dreifarbige Katze
und circa 1 Jahr alt
Ich heiße Hummel,
bin ein echter Kater
und 2 Jahre alt
Ich wurde am 1. Juli im Hafen gefunden und suche eine
Familie, die mich aufpäppelt.
Vorlieben: Spielen und schmusen.
Schwächen: Habe ich bestimmt, kennt nur keiner.
Ich suche eine allergiefreie Wohnung mit Laminat und
Ledersofa, lieber noch ein Haus mit Garten.
Vorlieben: Ich lasse mich zu gern durchbürsten.
Schwächen: Ich bin allergisch gegen Milben und vertrage kein Trockenfutter (denn darin sind auch Milben).
Chiffre-Nr. 3321-F-10
Chiffre-Nr. 1926-F-10
Wir sind Brüder und suchen ein gemeinsames Zuhause.
Vorlieben: Kuscheln, knabbern und wühlen.
Schwächen: Unseren Dreck machen wir (noch) nicht
selber weg.
Chiffre-Nr. 867-10 (für beide Tiere)
Ein Heim für Tiere
Im Tierheim Süderstraße (Nr. 399) leben
derzeit 1270 Tiere. Bei ihnen handelt es
sich sowohl um abgegebene Tiere als auch
um Fundtiere. Ziel der Einrichtung ist es,
sie so schnell wie möglich an neue, liebevolle Besitzer zu vermitteln.
Einen Hund gibt es im Tierheim ab 160
Euro, eine Katze kostet während der befristeten Sommersonderaktion ab 95 Euro
inklusive Kastration, Chip und vierwöchiger kostenloser Behandlung durch Tierärzte. Die laufenden monatlichen Kosten
liegen je nach Tier bei 30 bis 150 Euro.
Wer sich für ein Tier aus dem Tierheim
interessiert, muss zunächst einen Fragebogen ausfüllen und im Gespräch mit den
Mitarbeitern deutlich machen, dass das
Vorhaben auch ernst gemeint ist. Das gilt
vor allem bei der Anschaffung eines Hundes.
Finanziert wird die Arbeit des Tierheims
durch Gelder der Stadt sowie Spendengelder und Mitgliedsbeiträge. Hamburger
Tierschutzverein von 1841 e. V., Süderstr. 399; Öffnungszeiten: Mo, Mi, Fr 10 – 16,
Do 10 – 18, Sa / So. 9 – 12 Uhr; Tel. 211 10 60,
www.hamburger-tierschutzverein.de
Interessenten melden sich unter Nennung der
Chiffre-Nr. sowie Name und Art des Tieres
direkt im Tierheim, Tel. 211 10 60 oder per EMail: [email protected]
VI
› BROT & SPIELE
SONNABEND/SONNTAG, 7./8. AUGUST 2010
Samurai-Sudoku
1 2
6
3
8
9
4 5 3
2
7
3 2
6
8
4
5
7
4
8
6
1
6 9 5
3
1
9 8
5
8
6
7 5
Lösungsweg:
Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je ei-
nen Block mit dem Zentral-Sudoku teilt! Dabei gelten für jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
FOTO: GRAFIKANSTALT
5
6
7
18
19
20
21
22
23
24
32
25
33
34
26
27
35
28
36
44
45
49
50
Waagerecht
1 Häufig ein mühsamer Angang im Miteinander
von Menschen. 13 Dreiköpfige Repräsentanz eines früheren Hauptstadtsenders. 16 Wo das passiert, wird seziert. 17 Ein Synonym für die Pein soll
es hier sein. 18 Für Franzosen hat dieser Staat im
Vorderen Orient ein neg. Ende. 19 Dem Hasen
zieht man ihn über die Ohren. 20 Man kennt sie
vornämlich als Kock am Brink. 21 Ein Stockwerk
mit einem Skatbegriff. 22 Nachtaktiver Räuber,
soll sehr weise sein. 23 Das ist allgemein kurz. 24
Französischer Kopf, befindet sich immer im Matetee. 26 Fließt durch Belgien, Deutschland und
die Niederlande und füllt die Maas von rechts auf.
28 Diese Flöte aus Rohr findet man im Iran vor.
30 Ein Tatar ohne Zwiebel. 32 Uwe, Franz und
Lothar waren es einst, Philipp, Bastian und Lukas
z. B. sind es heute. 42 Produziert Hochschulabsolventen am laufenden Band. 43 Traum des Verkäufers von gefrorener Süßspeise. 44 Trumpf im
Tarock; findet sich auch in der Meereskueste. 45
Nach Art eines Auerochsen. 46 Aus dieser Richtung kommt meist kalter Wind (Abk.). 47 Wenn
Gratia folgt, ist es von Gottes Gnaden. 48 Zählt
mit Ben zu den Elbgermanen. 49 Von rechts sehen wir das Ende des Verbrechers. 50 Ein abgekürztes Himmelfahrtskommando. 51 Auf der Kykladeninsel gibt es auch noch einen Nestorpapagei.
52 Das ist doch eine endlose Falschmeldung.
46
47
51
52
Senkrecht
1 Lebewohl, alter Lateiner! 2 Ihr Mann hieß Erek.
3 Hauptstadt voller Marokkaner. 4 Verhindert,
dass Schiffsmasten brechen. 5 Bringt Tönung ins
kopierte Druckbild. 6 Der schießt mit Pfeil und
Bogen auf Verliebte. 7 Er ist besser als keiner. 8
Steht es vor einer Sache, ist’s nicht der Rede
wert. 9 Was im Pustertal rinnt, fließt rechts zur
Donau hin. 10 Die Furtado ist als Sängerin bekannt. 11 Ingeborg kann auch ohne Pump bestehen. 12 Sie lebt in einem Tipi und ist mit einem
Indianer verheiratet. 13 Verfasser antiker Notstandsgesetze. 14 Kasus, dem „Der fidele Bauer“
zu verdanken ist. 15 Was für ein lästiges Kind!
25 Hilft bei Tönning die Nordsee zu füllen. 27
Dieses Wort wird im Alter zum Stirnfalter. 29 Er
richtete die alten Friesen. 30 Kommt der Oise von
links. 31 Produkt inkontinenter Wolken. 32 Wasser ist es immer. 33 Eine kurze Batterie. 34 Ahoi kappt die ... ! 35 Endlose Ostseeinsel. 36 Hier ein
Muss: Leeds liegt an dem Fluss. 37 Schienenstrang ohne Beginn. 38 Macht Floyd rosafarbig.
39 Es genügt, wenn Sie es ungefähr wissen. 40
Eine macht noch keine Kommode. 41 Sicher kennen Sie sofort „im Winkel“ einen Ferienort.
Auflösungen:
2
9
3
5
7
8
1
4
6
1
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6
5
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IMPRESSUM
Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Thomas Andre,
Albrecht Barke, Marcelo Hernandez, Oliver vom Hofe,
Nina Holley, Hanna Kastendieck, Karola Kostede,
Tino Lange, Thomas Leidig, Karin Lübbe, Julia
Marten, Peter Maus, Hanna-Lotte Mikuteit, Petra
Nikisch, Norman Raap, Kirsten Rick, Maike Schiller,
Claudia Sewig, Katharina von Thun, Josephine
Warfelmann, Steffi von Wolff, Geneviève Wood
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
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FOTO: GO IN/ANDREA FLAK
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» WERKSKÜCHE, Telemannstr. 22,
Eimsbüttel, Tel. 0176/23 11 19 39,
Fr 14–19, Sa 12–17 Uhr,
www.werkskueche-hamburg.de
Barmbek-Süd, Tel. 0151/12 36 77 04,
Mo–Fr 8–19, Fr 21–24, Sa/So 8–20
Uhr, www.cafefraulola.jimdo.com
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» CAFÉ FRAU LOLA, Herderstr. 4,
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» SLOWMAN, Burchardstr. 13 c,
Altstadt, Tel. 33 75 61, Mo–Fr ab 12,
Sa ab 17.30 Uhr (schneller Teller Mo–Fr
12–17 Uhr, 8,90 Euro), www.slowman.de
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Beatrice Rintschenk und Tim Ranisch
sind Meister des Kombinierens. Sie
schichten Kuchen, Früchte, Quark oder
Mascarpone in ein Weckglas. Das
schmeckt nicht nur, Kalter-HundMango und Strawberry-Cheesecake
sind auch gut fürs Kalorien-Gewissen:
Man bestellt eine süße Kleinigkeit und
bekommt dafür eine Torte im Glas.
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Freunde nennen Fabiola Rivero gern
Frau Lola – so heißt nun auch ihr Café.
Gemütlich ist’s, mit alten Polstermöbeln,
Troddel-Lampen, Geweih – und gutem
Kaffee. Der kommt aus Bolivien, heißt
Illimani und ist schon wegen seiner Würze
den Besuch wert. Abends wird ab und
an Musik gemacht oder vorgelesen – bei
chilenischem Wein und spanischem Bier.
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Wer hofft, hier RTL-Restaurant-Tester
Christian Rach zu treffen, der wird enttäuscht. Das „Slowman“ ist nur sein
Ziehkind, dem er mit gutem Rat beisteht.
Eine der guten Ideen: der schnelle Teller.
Zack, zack bekommt derjenige, der ihn
bestellt, eine Platte serviert: z. B. Sushi,
Ravioli und Salat, und dazu ein Dessert
wie den Vanille-Luft-Pudding.
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Werksküche
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Frau Lola
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Slowman
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Irgendwo in
Hamburg:
Alsterschwimmhalle, Ifflandstraße 21
CAFÉ
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CAFÉ
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RESTAURANT
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4 Den Brokkoli sofort auf den Tisch bringen, nicht
warm stellen. Passt auch als Beilage gut zu leichten
Gerichten mit Huhn oder Fisch.
Essen und
ausgehen
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3 Brokkoli in heißem Öl etwa 2 Minuten anbraten.
Anschließend mit kaltem Wasser kurz abspülen
(damit die grüne Farbe erhalten bleibt, Brokkoli
wird schnell grau). Die Pfanne noch mal mit wenig
Öl aufsetzen, das Öl erhitzen und den Brokkoli wieder hineingeben. Dann den zerkleinerten Schnittlauch darüberstreuen. Mit ca. einem Teelöffel Salz
abschmecken. Ein wenig Speisestärke und Sesamöl
dazugeben und gut durchrühren.
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2 Schnittlauch in kleinem Mixer zerkleinern.
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1 Brokkoli putzen und klein schneiden – nur die
Röschen verwenden.
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Sesamöl
Salz
Speisestärke
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Vorspeise für 4 Personen:
1 großer Brokkolikopf,
etwa 700-800 g
1 Bund Schnittlauch
Für scharfe Denker
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Brokkoli
Mit großer Geste überspannt eine 96 Meter lange
und 64 Meter breite Stahlbetonschale, die nur auf
drei Punkten ruht, den Innenraum und brachte dem
1973 eingeweihten, von den Architekten Horst
Niessen und Rolf Störmer gestalteten Gebäude
einen divenhaften Spitznamen ein. 24 Millionen
Mark sollte der Bau zunächst kosten, es wurden
33. Als das als Wettkampfstätte gedachte Bad
fertig war, stellte man fest, dass das 50-MeterBecken um ein paar Zentimeter zu kurz war – es
musste auf die korrekte Länge erweitert werden.
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REZEPT VON NICK HU
Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
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» Peking-Enten-Haus, Rentzelstr. 48, Tel. 45 80 96,
Mo–So 18–23 Uhr, www.pekingentenhaus-hh.de
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1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 x 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
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Nick Hu, 30, ist einer der
drei Köche im „PekingEnten-Haus“ und Stiefsohn
des Besitzers. In China
geboren, lebt er bereits seit
20 Jahren in Hamburg
und ist eigentlich gelernter
Außenhandelskaufmann.
Jetzt leitet Nick Hu ein
Restaurant – „das war
schon sehr viel Arbeit, mich
darauf einzulassen“, sagt er.
Außerdem arbeitet das
Multitalent in der Firma
seines Stiefvaters für Werkzeugtechnik. Wie das zusammenpasst? „Ich versuche, das Beste aus beiden
Welten mitzunehmen.“
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Kurz-Biografie
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ie Pekingenten watscheln nicht, sie fliegen
geradezu an uns vorbei: knusprig und formschön auf einem Silbertablett. An diesem
Freitagabend sind es draußen 34 Grad, und obwohl
das berühmte Peking-Enten-Haus in der Rentzelstraße voll klimatisiert ist (wie große Buchstaben auf
der Fensterscheibe stolz vermelden), verschließt uns
das Wetter den Magen. Andererseits sind wir hier, um
Ente zu essen. Den Ausschlag gibt schließlich Deyan
Guan, mit Nick Hu der Chef des chinesischen Restaurants: Er sitzt am hintersten Tisch und liest Zeitung.
Wir ordern direkt unter seinen Augen – und bestellen
sicherheitshalber, um einen Eklat zu vermeiden, das
Renommiergericht des Hauses.
Denn hier geht es nur um die Ente, die Einrichtung
kann jedenfalls nicht der Grund sein, weshalb das Lokal weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt ist: Um
die Raumteiler rankt sich Plastik-Efeu, eine künstliche Rose hängt über uns an der Wand. Es ist eng hier
und schlicht. Von außen sieht das schmucklose, vor
einen Industriehof gequetschte Gebäude sogar ramschig aus. Aber hier soll sich nicht das Auge erfreuen,
sondern der Gaumen. Man kann Entenleber essen,
Entenherz. Aber auch Hummerkrabben und Bambussprossen. Das ist aber alles nur Beiwerk, oder in
der Sprache der Kulinariker: Vorspeise.
Und schon kommt unser Starter: Brokkoli – und
zwar der beste, den wir je gegessen haben, sagenhaft
grün, ein ganz spezieller Geschmack, irgendwie kräftig. Was daran liegt, dass er zuerst in Öl angebraten,
dann mit kaltem Wasser abgeschreckt und anschließnend wieder in Öl gebraten wird, wie uns Deyan Guan
verrät. Die Apfelschorle schmeckt zwar lau – aber egal:
Der Brokkoli ist wie alles andere hier super und zugleich minimalistisch, ganz ohne die in Asia-Lokalen
übliche chinesische Mauer aus angedickten Soßen.
Wir sind eben bei einem sehr speziellen Chinesen,
das merkt man schon an den Preisen: Huhn kostet als
Hauptgang 17, der Brokkoli 15 Euro. Und die Pekingente für zwei nach einem 600 Jahre alten Geheimrezept schlägt mit insgesamt 55 Euro zu Buche (inkl.
Vorspeisen). Sie ist übrigens eine deutsche Ente, sagt
Deyan Guan, der seit 2008 das Lokal leitet. „Das hebt
uns ab von anderen Pekingentenhäusern“, sagt er und
zählt dann lachend alle Qualifikationen auf, die eine
Ente erfüllen muss, um hier auf den Tisch zu kommen: Sie muss demokratisch sein (also frei laufend
aufgewachsen), sportlich und gesund. Als sie vor uns
steht, wissen wir, was er meint: Die Haut ist glatt wie
Porzellan und rot wie die untergehende Sonne. So gehört sich das. Dafür wird das Federvieh mit Honig und
Ingwer präpariert und dann mehrere Stunden hängend in einem speziellen Ofen gebacken. Tranchiert
vor den Augen der Gäste, rautenförmig und zart, wandert sie in Fladen, die hauchzart sind wie Pfannkuchen. Mit Lauch und Soße. Gegessen wird mit den
Fingern. Unprätentiös. Und unglaublich lecker.
„Wir konzentrieren uns auf ganz wenige Gerichte,
aber die machen wir dann sehr gut“, sagt Guan, der
auf die Vielzahl von Nudel- und Reisgerichten verzichtet, die für Chinesen typisch sind. Aber Guan ist
auch kein typischer Gastronom: Seit Jahren führt der
promovierte Elektrotechniker eine Firma für Werkzeugtechnik, „das Lokal ist sozusagen unsere Dependance“. Listig blickt er durch seine randlose Brille: Ist
ja auch zu komisch, dass ein Elektrotechniker plötzlich zum Entenbrater wird. In seiner Küche kochen
drei Köche, und Guan ist wie sein Kompagnon und
Stiefsohn Nick Hu eingeweiht in manche Geheimnisse. Das Rezept für den Brokkoli hat er uns verraten.
Das für die Ente aber behält er für sich.
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Das „Peking-Enten-Haus“ in der Rentzelstraße: Ente nach einem 600 Jahre alten chinesischen Rezept.
TEXT: THOMAS ANDRE • FOTOS: THOMAS LEIDIG
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Die Vogel-Hochzeit
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Alle Vöglein sind
schon gar: Im
Peking-EntenHaus gibt’s auch
Kraniche – aber
nur an der Wand.
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VII
SONNABEND / SONNTAG, 7. / 8. AUGUST 2010
› GESTERN & HEUTE
„Einmal im Jahr sind wir die Mehrheit“,
sagt CSD-Veteran Corny Littmann. Heute
werden 5000 Teilnehmer und über 50 000
Besucher zur CSD-Parade erwartet.
Zug
30 JAHRE CSD
Die Regenbogenfahnen flattern. Schwule und Lesben
feiern heute 30 Jahre Christopher Street Day in Hamburg.
HANNA-LOTTE MIKUTEIT über Polizei, Politik und Party.
E
r wird wieder dabei sein. „Selbstverständlich. Was für eine Frage“,
sagt Corny Littmann, 57. Und
klar, er hat längst einen Plan für
den Christopher Street Day. Mit
Mariela Castro, Tochter von Kubas
Staatschef Raúl Castro und dort
Vorkämpferin für die Rechte von
Lesben und Schwulen, will der Meister der wohldosierten Provokation in einem rosafarbenen US-Cabrio bei der schrillsten Parade der Stadt mitfahren.
Das Private ist politisch, das Politische privat.
Das gilt nach wie vor, wenn die Homosexuellen überall auf der Welt sich einmal im Jahr selbst feiern. Und
Spaß soll es schon auch machen. „Wir bleiben unserer
Losung treu – schwul, pervers und arbeitsscheu“, sagt
Littmann, auch wenn er als erfolgreicher Theatermacher und Ex-St. Pauli-Präsident längst zum hanseatischen Establishment gehört. Aber einmal im Jahr
herrscht Ausnahmezustand beim Umzug der kalkulierten Andersartigkeit. Schrill, schriller, CSD.
Möglich, dass es in diesem Jahr wieder Phallusse
aus Weingummi regnet, wenn die Gute-Laune-Parade von der Langen Reihe in St. Georg Richtung Mönckebergstraße und Jungfernstieg zieht – mitten hinein ins bürgerliche Zentrum der Hansestadt. Tunten
im Fummel, aufdrapierte Transen, knutschende Lesben, die Kerls von der Lederfraktion – erlaubt ist alles, was Aufsehen erregt. Um die 5000 Teilnehmer,
mehr als 50000 Besucher, die Kennzahlen sind seit
Jahren konstant. Unter Polizisten gilt der Christopher Street Day als besonders beliebter Einsatz.
Garantiert friedlich, und auch noch richtig viel zu gucken. Politikfrei ist die CSD-Parade deshalb noch
lange nicht, sagen die Veranstalter vom Dachverein
Hamburg Pride. Und Corny Littmann sagt das auch.
„Es ist von großer Wichtigkeit, dass Schwule und Lesben sich einmal im Jahr in großer Zahl und auch in
ihrer Vielfalt zeigen – das ist ein politischer Akt.“
Ein schönes Beispiel ist die Gruppe des Verbandes
lesbischer und schwuler Polizeibediensteter, die 2009
ganz selbstverständlich in der Parade mitmarschierte. Vor 30 Jahren, beim ersten Hamburger Christopher Street Day, war das noch ganz anders. Damals
liefen zwar auch Polizisten mit: Staatsschutzbeamte
in Zivil, die eifrig Fotos für ihre interne Kartei schossen. Am Ende gab es dann noch einen Zwischenfall
samt Knüppeleinsatz. „Man muss sich das immer mal
wieder klarmachen, was sich in den vergangenen 30
Jahren verändert hat“, sagt Thomas Grossmann, 59.
Der Doktor der Psychologie ist auch ein bekennender Schwuler aus der Aufbruchzeit der Bewegung.
Und genau wie Sponti-Fraktionist Littmann kommt
er von der politischen Linken und pflegt heute ein
eher zurückhaltendes Sendungsbewusstsein. 1981 hat
Grossmann ein Buch geschrieben. „Schwul – na und?“
sammelte jugendliche Coming-out-Berichte und war
ein Bestseller. Inzwischen arbeitet er in einer Erziehungs- und Lebensberatungsstelle und gilt als Chronist der Hamburger Schwulenszene. Vorsichtig zieht
er aus einem Regal in seiner Harvesterhuder Wohnung das Programmheft der ersten „Hamburger
Schwulen- und Lesben-Woche“ im Juni 1980. Das war
die Geburtsstunde des Hamburger Christopher Street
Day. „Wir wollten Aufmerksamkeit erreichen“, sagt
Grossmann heute. Das Ziel: die gesellschaftliche
Gleichberechtigung von Homosexuellen.
„Stonewall“ nannten die Veranstalter die Demonstration, die am 28. Juni am Hansaplatz in St. Georg
startete. Ein Tribut an den historischen Kern der
CSD-Bewegung in New York: Nach gewalttätigen
Razzien der Polizei in Schwulenkneipen waren am
Morgen des 28. Juni 1969 die Ereignisse eskaliert. Im
„Stonewall Inn“ in der Christopher Street in Greenwich Village fingen sie an, sich zu wehren. Tagelang
tobten in dem Künstlerviertel die Straßenschlachten.
Von hier aus startete die Emanzipationsbewegung
der Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen: „Gay
Pride“ – ein neues Selbstbewusstsein war erwacht.
1970 wurde das Christopher Street Liberation Day
Committee gegründet. Jedes Jahr erinnert seitdem in
New York ein großer Straßenumzug unter dem Regenbogenbanner an den Stonewall-Aufstand.
Ende machte. „Es war schrecklich. Es traf so viele von
uns“, sagt Thomas Grossmann, dessen langjähriger
Partner auch an Aids starb. Gleichzeitig seien die
Schwulen in der Bundesrepublik erstmals öffentlich
unterstützt worden. „Aids hat die Emanzipation der
Schwulen befördert“, sagt Matthias Frings, Erfinder
der Erotiksendung „Liebe Sünde“. „Man musste sich
och in den 60er-Jahren war homosexuelle Liedamit auseinandersetzen.“
be in Deutschland strafbar. Das änderte sich
Vergleichbar mit einem Tanz auf dem Vulkan. In
erst 1969 mit einer Reform der Sexualgesetzden 90er-Jahren breitete sich die Szene weiter aus,
gebung. Ausgenommen waren Kontakte mit Jugendwurde immer öffentlicher, selbstbewusster – und dalichen unter 21 Jahren, die nach dem Strafrechtsmit auch kommerziell interessant. Lars Peters, 38,
paragrafen 175 weiter verboten waren. Die Angst vor
Vorsitzender des Vereins Hamburg Pride, erklärt: „Es
Verfolgung und Bestrafung blieb. „Es gab eine total
ist viel erreicht worden.“ Homosexualität ist gesellabgeschlossene Szene in Hamburg“, erinnert sich
schaftlich akzeptiert. Deutschland wird in der Welt
Grossmann, der 1969 als 18-Jähriger sein Coming-out
von einem schwulen Außenminister repräsentiert,
hatte. Man traf sich am Dammtorpark, unter einem
Hamburg von einem schwulen Bürgermeister regiert.
Denkmal. Wer in eine der angesagten Kneipen wie
In St. Georg rund um das „Café Gnosa“ hat die Szene
dem „Spundloch“ auf St. Pauli wollte, musste an der
eine feste Adresse. Der Paragraf 175 ist längst weg,
Tür klingeln. Anfang der 70er-Jahre wurde die Hogleichgeschlechtliche Partnerschaften sind rechtlich
mosexuelle Aktion Hamburg gegründet, eine studenverankert. „Die Schlachten jetzt werden in kleinerem
tisch geprägte Gruppe mit politischem Anspruch. „Es
Rahmen geschlagen“, sagt Peters. „Aber die Grundwar eine Zeit des Aufbruchs“, sagt Grossmann heute.
forderung nach vollständiger rechtlicher GleichbeBundesweit organisierten sich Schwule und Lesben,
rechtigung bleibt.“ Konkret: Erb- und Rentenrecht,
sammelten auch mal Unterschriften. Aber meist blieAdoptionsrecht, aber auch die Hamburger Bundesben sie unter sich.
ratsinitiative zur Ergänzung des Grundgesetzartikels
Corny Littmann, Sohn aus akademischem Haus
3 um den Passus: Niemand darf wegen seiner Sexuaund Student der Psychologie, reichte das nicht. 1976
lität benachteiligt oder bevorzugt werden.
tourte er als Mitglied der Theatergruppe „Brühwarm“
Für den 30. CSD-Geburtstag hat Hamburg Pride
mit schwulen Themen durch Deutschland. Zum erseinen Jubiläums-Countdown organisiert. Motto: 30
ten Hamburger CSD 1980 kam er mit Lockenperücke
Jahre – 30 Tage. Darin geht es um Meilensteine der
und auf Rollschuhen. „Wir waren 250 Teilnehmer, die
Bewegung in Hamburg, wie die Eröffnung des Magmeisten in Jeans und Parka“, erinnert er sich an eine
nus Hirschfeld Centrums 1983, den ersten HamburDemo, bei der es erstmals neben den politischen Forger Frauenball 1986, den ersten Gottesdienst für
derungen auch darum ging, Spaß zu haben. Für viele
Schwule und Lesben 1988 oder die Einführung der
war der öffentliche Auftritt eine Mutprobe. Vor allem
Hamburger Ehe 1999. „Wir wollten gerade den Jünaber „war es Ausdruck des gewachsenen Selbstbegeren vor Augen führen, dass unsere Situation das
wusstseins der Schwulen und Lesben“, sagt Littmann.
Ergebnis eines langen Kampfes ist“, sagt HamburgEs war, als sei ein Schalter umgelegt worden. Kurz
Pride-Chef Peters. Höhepunkt ist die rosarote Stravor dem ersten CSD wurde bekannt, dass in mehreren
ßenparade am 7. August. Mit 18 Wagen werden
öffentlichen Toiletten der Hamburger Innenstadt PoSchwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle durch die
lizisten hinter Einwegspiegeln saßen und Männer bei
Stadt ziehen. „Die Devise ist schrill, aber nicht nur“,
ihren Verrichtungen beobachteten. Spontan zog noch
sagt Peters. Auch in diesem Jahr ist der Hamburger
am Abend des 3. Juni eine Gruppe, bewaffnet mit eiCSD als Demonstration angemelnem Hammer, zum Klo unterm
det. „Noch haben wir ja nicht die
Spielbudenplatz. „Wir wollten den
gleichen Rechte erreicht.“
Spiegel zertrümmern, aber das
Klar, dass es inzwischen auch
klappte nicht“, sagt Corny Litteine Gegenbewegung zum kommann, damals Bundestagskandimerzialisierten Christopher Street
dat der Hamburger Grünen. Zwei
Day gibt. Trotzdem bleibt er für
Tage später startete die Truppe
die meisten in der Szene ein Muss.
unter Frontmann Littmann er„Es ist gerade für die Jüngeren oft
neut, diesmal am Jungfernstieg
die erste Möglichkeit, sich in einer
und mit zwei Pressefotografen im
Masse als schwul oder lesbisch zu
Schlepptau. „Wir waren so sauer,
erleben“, sagt Grossmann, der
wir wollten die Spitzeloperation
aufdecken.“ Dieses Mal ging der
„Der CSD ist die Demons- sich den Vätern der Bewegung zugehörig fühlt. „Mir macht es einSpiegel beim ersten Schlag kaputt.
tration für Offenheit,
fach Spaß“, sagt CSD-Veteran
Dahinter öffnete sich ein BeobToleranz und Respekt.“
Littmann. Zum Beispiel damals,
achtungsraum. Insgesamt, stellte
als er verkleidet als Pamela Andersich später heraus, hatten Polizei
Ole von Beust, 55,
son in einem pinkfarbenen Badeund das Bezirksamt Mitte seit
Hamburgs Erster Bürgermeister
anzug auf einem „Gay Watch“-Wa1964 zehn Einwegspiegel instalgen fuhr – und gegen die Löcher in
liert. Bis 1979 erteilte die Polizei
seinem Busen aus wassergefüllten Luftballons
1340 Hausverbote an Homosexuelle, die drei Jahre in
kämpfte. Er, der Impresario seiner Bewegung, erzählt
einem polizeilichen Auskunftssystem gespeichert
solche Geschichten gern. „Einmal im Jahr sind wir
wurden.
die Mehrheit. Das trägt dazu bei, dass das Andere eine
Aber die öffentliche Stimmung hatte sich nach und
Normalität bekommt in einer Gesellschaft, die immer
nach gedreht. Schon beim CSD 1981 war der Zulauf
bunter ist und bunter werden muss.“ Littmann ist auch
deutlich größer. „Es gab einen Schub in der Szene,
Schirmherr des 30. CSD in Hamburg. Der andere,
sich dafür einzusetzen, dass Sexualität nicht mehr
Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust, wird
anonym sein sollte“, sagt Schwulen-Aktivist Grossdieses Jahr nicht dabei sein. Er ist im Urlaub auf Sylt.
mann. Bis Aids der neuen Offenheit ein dramatisches
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FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA
Ein netter
Perücke: Corny Littmann (o.) mit
Kunstlocken und auf Rollschuhen
als einer von 250 Aktivisten beim
1. Hamburger Stonewall 1980.
Party: Ein bestens gelaunter
Corny Littmann mit Dragqueen
Olivia Jones 2005.
Politik: Selbstbewusst bekannte
man 1980 auf der Straße Flagge:
„Homosexualität ist kerngesund.“
SCHWARZWEISSFOTOS: CHRIS LAMBERTSEN
FARBFOTOS: PICTURE-ALLIANCE/DPA
TIPPS & TERMINE
» Unter dem Motto „30 Jahre
CSD Hamburg – Gleiche Rechte
statt Blumen!“ startet am
Sonnabend um 12 Uhr die Christopher-Street-Day-Demonstration in
der Langen Reihe/Ecke Schmilinskystraße. Die rosarote Parade mit 18
Wagen zieht Richtung Hauptbahnhof, dann über Mönckebergstraße,
Glockengießerwall, Lombardsbrücke, Neuen Jungfernstieg bis zum
Jungfernstieg und Ballindamm.
Dort findet noch bis Sonntag, den 8.
August, ein großes Straßenfest
statt. Es gibt mehrere Musikbühnen,
eine Talk-Bühne, aber auch jede
Menge Infostände und Buden mit
kulinarischen Angeboten. Ganz
wichtig: Am 7. August um 18 Uhr
wird es ganz still. Dann wird in einer
Schweigeminute der Hamburger
Aids-Opfer gedacht. Alle Infos unter
www.csd-hamburg.com
» Radio: Während der ganzen
Parade sendet Pink-Channel live
auf Tide 96.0.
» Musik: Es gibt einen offiziellen
Song zum CSD-Jubiläum. „Around
the World“ heißt die Hymne von
Christophonic. Auf folgenden
Webseiten steht der Song zum
kostenlosen Download bereit:
www.zuperfly.de
www.csd-hamburg.com
» Party: Im Edelfettwerk (Schnackenburgallee 202, S-Bahn Eidelstedt) startet am Sonnabend, den
7. August, um 22 Uhr die offizielle
Abschlussparty. Auf der Hauptbühne: Sisters of Morphine, DJ Hildegard, John Eltong. Mit dabei sind
auch D-Mac und Frau Hoppe, Ades
Zabel und Biggy van Blond sowie
Discopig. Abendkasse: 12 Euro.
VIII
› STIL & LEBEN
SONNABEND / SONNTAG, 7. / 8. AUGUST 2010
HANDGEMACHT
Schwarz-gelbe Koalition: 600 000 Bienen
liefern im Jahr 300 Gläser Honig à 6,90 Euro.
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Herr der
Bienen
Johannes Hets vom Bio-Versand „Grüne Kiste“
verschickt nicht nur Öko-Lebensmittel, er
produziert auch echten Ahrensburger Honig.
H
Katharina von Thun, 11, Schülerin am
Gymnasium Hochrad in Othmarschen,
besucht während der Sommerferien
ein Jugendcamp in Norwegen.
Norwegen ist ein wunderbares
Land. Alle Vorbereitungen für
mein internationales CISV-Jugendcamp (Children’s International Summer Village) in der Nähe
von Bergen haben sich gelohnt.
Ich lebe hier für vier Wochen unter einem Schuldach mit elf anderen Nationen direkt am Fjord. Je
zwei Jungen und zwei Mädchen
im Alter von elf Jahren bilden mit
dem erwachsenen Betreuer eine
der nationalen Delegationen.
Ziele dieses Aufenthaltes sind
Friedenserziehung und der
Abbau von Vorurteilen durch
gemeinsame Erlebnisse.
TEXT: PETRA NIKISCH • FOTOS: THOMAS LEIDIG
omöopathie hat er immer in der Tasche, denn Johannes Hets reagiert allergisch auf Bienengift –
nicht gerade eine ideale Voraussetzung für einen
Imker. Denn sticht eine seiner bis zu 600 000 Bienen zu,
schwillt seine Haut stark an und schmerzt. Kein Grund jedoch für den 51-Jährigen, auf ein Leben mit den pelzigen
Insekten der Rasse Carnica zu verzichten. Sie umschwirren
sein Holzhaus in Hoisdorf und gehören seit 2003, als er seine erste Bienenkiste gekauft hat, zur Familie.
Auf kleinen Trampelpfaden schreitet der gelernte Kaufmann durch seinen verwunschenen Garten. Vorbei an lila
Lavendel und Sträuchern voller weißer und roter Johannisbeeren führt ein Pfad zu seinen elf Bienenkästen, die im
Schatten hoher Bäume einen Kreis bilden, wie ein Planwagenlager der Wildwest-Pioniere. Die Bienenvölker leben
hier in guter Nachbarschaft: Sie dürfen sich frei vermehren
und frei brüten und bekommen mindestens zehn Prozent
ihres erzeugten Honigs zurückgefüttert, denn Hets ist nicht
auf hohe Erträge aus, sondern möchte den Tieren ein wesensgemäßes Dasein bieten.
In die andere Richtung verläuft ein weiterer Pfad zum
Seerosenteich mit den weißgelben Blüten. Er dient den Tieren als Tränke und liegt neben der „Bienenhütte“, einem gut
ausgebauten Gartenhaus, dem Reich von Imker Hets. Hier
hat er sein Bienen-Equipment: die Rähmchen für den Wabenbau, den Entdeckelungskamm, mit dem er die Waben
öffnet, und die Schleuder, in der die Waben – von Hand angekurbelt – ihren klaren, goldenen Honig abgeben. Durch
Siebe tropft er in einen Metalleimer, dann wird er knapp
zwei Wochen lang täglich fünf bis zehn Minuten gestampft,
bis er einen silbrigen Glanz erhält. „Da kriege ich regelmäßig Blasen an den Händen“, gibt Hets zu, aber das Ergebnis
kann sich sehen lassen. Rund 300 Gläser Honig erntet er pro
Jahr und verkauft sie für jeweils 6,90 Euro.
Den ersten Honig 2010 hat er Ende Juni nach der Apfel-,
Kirsch- und Rapsblüte geschleudert. Milchig-weiß schimmert er hinter dem selbst ausgedruckten und ausgeschnit-
Alles im Rahmen: Mit dem
Entdeckelungskamm kratzt
Johannes Hets, 51, vor
dem Schleudern das Wachs
von den Bienenwaben.
tenen Etikett im Glas und wird wohl bald im Demeter-Hofladen von Gut Wulfsdorf in Ahrensburg landen – oder in
einer von Hets „Grünen Kisten“. Hauptberuflich ist er nämlich Inhaber eines Lieferdienstes für biologische Lebensmittel, „Die Grüne Kiste“. Mit zehn Angestellten sorgt er
dafür, dass seine Abonnenten aus Hamburg und Umgebung
regelmäßig mit frischem Obst, Gemüse, Käse und Kräutern
versorgt werden, die überwiegend von Gut Wulfsdorf stammen. Dort hatte Hets, der als Kind immer Bauer werden
wollte, vor 15 Jahren ein Praktikum absolviert. Die Versicherung, bei der er als Marketing- und Vertriebsleiter angestellt war, hatte ihm gekündigt und so den Weg für einen
Neustart in der Bio-Branche frei gemacht.
Der geborene Bergedorfer ist jedoch nicht nur Firmenboss, sondern auch noch „Beekeeper“ und sogar „Sheriff“.
Beides steht zumindest auf dem gelben Stern, den er sich,
direkt über dem Herzen, auf eine seiner weißen Imkerjacken genäht hat, damit auch seine Bienen wissen, wer hier
der Chef ist. Doch zur Wabenentnahme nähert selbst er sich
ihnen lieber mit Schutzhandschuhen und weißer Haube.
Generell ist Imkerkleidung möglichst weiß, denn dunkle,
flauschige Flächen würden die Brummer nervös machen.
„Das klassische Angstschema ist der Bär“, erklärt Hets, der
als Prophylaxe gegen Stiche zusätzlich einen Rauchapparat
bei sich trägt, wenn er die Kisten öffnet. Der Rauch täuscht
den Tieren einen Waldbrand vor, soll sie ablenken und dazu
veranlassen, sich ruhig zu verhalten und ihre Honigblasen
zu füllen. Allzu lang wirkt dieses Täuschungsmanöver jedoch nicht, und sie fliegen wieder los zum Pollensammeln
im wilden Wein, der die Hütte umrankt, oder zu den alten
Rosensorten, die Hets extra gepflanzt hat, weil sie besonders offen blühen und ihre Pollenstände freigeben. Auch
Unkraut wie Brennnesseln und Giersch haben als Bienennahrung in seinem Garten eine Chance.
Und wenn sich Hets nach getaner Arbeit an den Gartentisch vor seiner Bienenhütte setzt, weiß er ganz genau, dass
er die saftigen Himbeeren, die er gerade isst, auch der Bestäubung seiner Bienen zu verdanken hat.
Zur Eingewöhnung durften wir vier aus Deutschland die ersten Tage mit
einer norwegischen Familie in Bergen verbringen. Bergen ist zu Recht
Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Unter anderem
führte uns der Weg zu einer Burg,
in der die königliche Familie ihre
Ferien verbringt. Ins norwegische
Leben eintauchen konnte ich am
besten beim Angeln. Es ist hier
das beliebteste Hobby.
Kontakt
» Die Grüne Kiste, Handelsgesellschaft für biologische Lebensmittel
mbH, Inhaber Johannes Hets,
Hamburger Straße 250, 22926
Ahrensburg, Tel. 04102 / 999 50,
www.gruenekiste.de
SCHILLERS
STADTGEFLÜSTER
Ein Mann am Herd
W
Lecker: Schmorpfanne (inkl.
Handschuhe & Löffel) von
All-Clad, zu beziehen über
www.all-clad.de, 190 Euro.
Kochen Sie eigene Kreationen oder streng nach Rezepten?
Wenn es mal etwas wirklich Besonderes sein soll, hole
ich mir meine Inspirationen aus dem wunderbaren Buch
„Kulinarische Enzyklopädie“ von Alain Ducasse. Der
Mann ist ein Gott am Herd.
Lektüre: „Kulinarische Enzyklopädie“ von Alain Ducasse,
bei Das Buch, Eppendorfer
Landstr. 56, 299 Euro.
Laufen: Schuhe „Strand“ von
Allen Edmonds, gesehen bei
Happy Heels, Eppendorfer
Landstr. 58, um 350 Euro.
FOTOS: PR
Zu viel gutes Essen lässt sich leider immer wieder schnell an
der Waage ablesen. Haben Sie einen speziellen Fitness-Tipp?
Am Wochenende
halten mich meine zwei kleinen
Töchter auf Trab.
Und unter der
Woche das Geschäft. Wenn ich’s
schaffe, gehe ich
einmal pro Woche
zum Bikram-Yoga.
Ansonsten versuche ich, so viele
Wege wie möglich
zu Fuß zurückzulegen – und das am
liebsten in einem
Paar Allen-Edmonds-Schuhen.
Die Wochenvorschau
MONTAG
DIENSTAG
KULT-KINO: Humphrey Bogart
und Ingrid Bergman in „Casablanca“, einem der besten Filme
aller Zeiten, bewundern. „Play it
again, Sam“, heißt es ab 21.45 Uhr
im Outdoor-Cine (Schanzenpark).
7 Euro, Kasse ab 19.45 Uhr.
AKTION: „Waterproof“, die
Forscherwoche Wasserwelten,
startet für Kinder (6 – 12 Jahre)
im Altonaer Museum. Bis Freitag,
täglich 9 – 14 Uhr. Teilnahmegebühr
für die Woche: 20 Euro.
Anmeldung: Tel. 428 13 10.
KINDER: Kalif Storch wird von
der Wyker Puppenbühne in den
Wallanlagen aufgeführt. Für Kinder
ab 4. 10.30 und 15 Uhr; Eintritt frei.
KONZERT: Orgelkonzert mit Rudolf Kelber zum 450. Geburtstag
von Praetorius, St. Jacobi, 20 Uhr.
enn man so auf Hochzeiten
der eigenen Verwandtschaft
herumsteht und ihnen angemessen gerührt zuschaut beim Jasagen
(der kleine Mann da vorn vorm Altar
hat mich früher um Gummibärchen betrogen!), beim Redenhalten (der konnte doch eben gerade noch nicht mal
Mama sagen!), beim Walzertanzen,
Torte-Anschneiden und BrautstraußWerfen, dann kommen so die Momente, wo man Tante Polly oder Onkel Max
beim Gute-Ratschläge-Geben zuhört.
Also wirklich zuhört, nicht nur milde
lächelnd nickt. Und sich dabei ertappt,
dass man sich so seine Gedanken
macht. Gleich und gleich gesellt sich
gern, sagt Tante Polly. Gegensätze ziehen sich an, widerspricht Onkel Max.
Allein diese Episode belegt, dass Onkel
Max recht hat, schließlich ist er grundsätzlich anderer Meinung als Tante
Polly und trotzdem seit gefühlt 148
Jahren glücklich mit ihr verheiratet.
Das glücklichste Paar in meinem
Bekanntenkreis pflegt eine ähnlich
ausgewogene Gegensätzlichkeit: Die
Sonntagsbrötchenhälfteneinigung. Sie
oben, er unten. Immer. Jeder normale
Mensch, den ich sonst kenne, will die
Oberhälfte. Weil da ja das fluffige Brötcheninnere drinsteckt, der ebenso wolkige wie nährstoffarme Grund, warum
der liebe Gott einst die Brötchenhälften
erfunden hat. Die beiden aber sind eben
deshalb im harmonischen Fluss, weil
ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN
Paarweise
Kaffee-Unternehmer Nikolai Cardinahl, 40,
schwört auf Stählernes in der Küche, Kulinarisches auf Papier und Klassisches am Fuß.
Meine Zeit im einzigartigen Norwegen mit der frischesten Luft,
ganz vielen Bäumen, Büschen
und sehr netten Menschen ist
eine prägende Erfahrung.
sie teilen und trotzdem beide kriegen,
was sie wollen. Sie oben, er unten. Nein,
ich habe nicht gefragt, ob die Sonntagsbrötchenhälfteneinigung sich auch auf
andere Lebensbereiche auswirkt.
Wobei ich übrigens an meine neuen
echt falschen Schlangenlederschuhe
denken musste, die Onkel Max besser
gefallen haben als Tante Polly und die
ich mir extra für diese Hochzeit zugelegt hatte. In zwei Größen. Ganz genau:
doppelt. Weil mein linker Fuß ein bisschen kleiner ist. Ich trug also links 38,
rechts 39. Und ehrlich gesagt: Ich glaube, das ist eine Marktlücke. Irgendwo
auf dieser Welt lebt mein HighheelsGegenpart, eine Frau, die meinen Geschmack teilt und deren rechter Fuß ein
bisschen kleiner ist als der linke. Bitte
melden! Bei mir zu Hause steht ein Paar
wirklich extrem cooler SchlangenlederHighheels herum, die noch niemals getragen wurden. Ich bin bereit, zu teilen.
MADE IN HAMBURG
Kolumnen-Buch
» Hier schreiben im wöchentlichen
Wechsel Maike Schiller und
Joachim Mischke. Ausgewählte
Kolumnen aus dem „magazin“ und
der „Welt“ erscheinen in dem Band
Hamburger Momente, 9,95 Euro.
www.abendblatt.de/shop oder über
Tel. 34 72 65 66.
MUSICAL: Andrew Lloyd Webber
und Tim Rice, das Dreamteam
im Musical-Geschäft, haben mit
„Evita“ einen Bühnenklassiker um
Argentiniens Nationalheldin Evita
Peron geschaffen. Bis 26. August
wird allabendlich im Großen Haus
der Staatsoper „Don’t Cry For Me
Argentina“ erklingen. 20 Uhr
(Sa / So auch 15 Uhr); AbendblattTicket-Hotline 30 30 98 98.
DONNERSTAG
SHOW: Tanztheater zwischen
Street Art, Beatbox und Rap
präsentiert die HipHop Academy
Hamburg. Offene und kostenlose
Workshop-Probe, Fliegende Bauten, 18.30 Uhr. Die Show „What If“
in Anlehnung an das Musical „West
Side Story“ wird mit 50 Jugendlichen am 13. / 14. 8. ab 19 Uhr aufgeführt. Tickets 7 – 25 Euro.
Die Hundstage werden
in Hamburg zu modischen Hundetagen.
Denn das Halsband aus
hochwertigem Rindsnappaleder wird in
Handarbeit gefertigt
und ist mit dem silbernen Wappen der
Hansestadt punziert.
Hundehalsband Hamburg, M (37 cm)
bis XXXXL (60 cm), ca. 4,5 cm breit,
über www.luxurydogs.de, um 100 Euro.
9.–15. AUGUST
MITTWOCH
Im Camp gab es zunächst Missverständnisse, verursacht durch
die nicht allen so geläufige CampSprache Englisch. So sprangen
zwei Mädchen zur „Snacktime“
unter die Dusche. Das war lustig,
denn auch als versucht wurde, sie
davon abzuhalten, verstanden sie
es zunächst nicht.
Die täglichen Camp-Aktivitäten
bereiten mir ganz viel Freude.
Mein liebstes Spiel findet im großen Kreis statt und bringt allein
durch Sprache alle zum Lachen.
Nach den ersten 14 Tagen im
Camp erlebten wir abermals eine
norwegische Familie. Diesmal
mit drei neuen Freunden aus dem
Camp. Der älteste Sohn der Familie zeigte uns das Aquarium in
Bergen, und wir gingen ... angeln!
Unsere schönste Überraschung
war der Besuch eines Norwegers.
Er brachte einen Popcorn- und
Zuckerwattenstand sowie eine
fulminante Rutsche mit. Weil es
regnete, war Letztere die beste
Wasserrutsche überhaupt: Alle
nass, aber überglücklich!
MEIN STYLE-TRIO
Als Unternehmer haben Sie kaum Freizeit. Sie entspannen…
…beim Kochen! Obwohl ich meinen gelernten Beruf als
Koch seit Jahren nicht mehr ausübe, ist die Küche für mich
immer noch der Ort, an dem ich am besten abschalten
kann. Ich liebe es, am Herd zu stehen und in meinen AllClad-Töpfen und -Pfannen aufwendige Candle-Light-Dinner für meine Frau und unsere Freunde zu kochen!
Bergen
FREITAG
OPEN AIR: Jan Delay und Wir
sind Helden sind die Stars beim
4. Dockville-Festival auf der Elbinsel Wilhelmsburg. Insgesamt über
90 internationale Bands und DJs
werden zu der dreitägigen Jugendkultur-Party erwartet. Ab 15 Uhr.
www.dockville.de
KINDER: Sonne, Mond & Sterne.
Ein Ausflug zu den Gestirnen, ab 6
Jahre. Planetarium, 11 Uhr.
SONNABEND
FEIERN: Das „Neuer Kamp
Straßenfest“ zwischen Schanze,
Karoviertel und Kiez lockt mit buntem Kinderprogramm, Musik, internationalen Speisen und einem Anwohner-Flohmarkt. 11 – 23.30 Uhr.
FUSSBALL: Für den FC St. Pauli
beginnt mit dem DFB-Pokalspiel
beim Chemnitzer FC die Pflichtspiel-Saison. Ab 15.30 Uhr. Sky.
SONNTAG
RADELN: Bei den 15. Vattenfall
Cyclassics steht fast ganz Hamburg im Zeichen des Radsports.
Schon ab 7.45 Uhr starten die Jedermann-Rennen. Ab 9 Uhr beginnt
das Rahmenprogramm am Jungfernstieg und Rathausmarkt. Der
Startschuss für die Profis fällt um
11.10 Uhr in der Steinstraße, gegen
16.20 Uhr wird der Sieger in der
Mönckebergstraße erwartet.
www.vattenfall-cyclassics.de