Nomos Glashütte bricht das Swatch

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Nomos Glashütte bricht das Swatch
Nomos Glashütte bricht das Swatch-Monopol
Die Reglage sorgt dafür, dass
eine Uhr nicht aus dem Takt
kommt. Bisher konnte nur ein
einziges Unternehmen dieses
Herzstück der Uhr industriell
herstellen: Swatch. Glashütte
hat das Monopol gebrochen.
smm. GLASHÜTTE, 24. März. ,,Für uns
fühlte es sich an, als seien wir auf dem
Mond gelandet", strahlt Judith Borowski,
Mitglied der Geschäftsführung der Uhrenmanufaktur Nomos Glashütte, als sie dieser Zeitung die sensationelle Neuheit präsentiert. Dem 1990 im sächsischen Uhrmacherdorf Glashütte gegründeten Unternehmen gelang mit dem Swing-System nichts weniger als ein Durchbruch
in der Uhrenbranche.
Seit die Schweizer Swatch Group Anfang des Jahrtausends verkündete, sie
wolle die Belieferung konzernfremder
Marken mit mechanischen Werken ihrer
Tochtergesellschaft Eta zurückfahren,
schwebt ein Damoklesschwert über
der Branche. Denn rund 70 Prozent der
Schweizer Marken und auch viele deutsche bedienen sich für ihre Uhren der
Eta-Werke, sei es komplett oder als Basis
für eigene Weiterentwicklungen. Mit der
Verringerung der Liefermengen in diesem und im nächsten Jahr auf dann 75
Prozent hängt das Damoklesschwert
abermals ein Stück tiefer. Aber noch abhängiger ist die Branche von der zweiten Tochtergesellschaft Nivarox, die das
Herz jeder mechanischen Uhr, Assortiment oder Reglage genannt, für 95
Prozent aller Zeitmesser herstellt. Dieses Assortiment ist der Taktgeber der
Uhr, ein kompliziertes Zusammenspiel
winziger Teile, seit 50 Jahren vom Spezialisten Nivarox gebaut. Auch dessen
Stückzahlen wurden für alle Marken auf
dem Stand von 2010 eingefroren.
Vor dem beabsichtigten Lieferstopp
hat die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) aber Mitte 2013 entschieden,
dass die Swatch Group die Liefermengen
auf dem Stand von 2010 für so essentielle Baugruppen wie die Assortiments beibehalten müsse, denn ansonsten gerate
ein Großteil der Branche in existentielle
Das Schönste an einer Uhr von NOMOS Glashütte: Erkennt ein bloßes Auge kaum.
Schwierigkeiten. Als Begründung nannte die Weko nicht nur die Monopolstellung der Nivarox. Sie war auch der Ansicht, dass kleinere Uhrenhersteller gar
nicht in der Lage seien, dieses Assortiment herzustellen, weder in absehbarer
Zeitnoch zu einem akzeptablen Preis.
Den Gegenbeweis hat jetzt die Nomos
Glashütte KG angetreten und präsentiert
ihr Swing-System genanntes Assortiment auf der am heutigen Dienstag beginnenden Baselworld, der größten Uhrenmesse der Welt. 11,4 Millionen Euro
hat sich das Unternehmen diesen Schritt
in die Unabhängigkeit kosten lassen. Zusammen mit der Technischen Universität
Dresden hat es sieben Jahre lang geforscht, um die Reglage mathematisch zu
erfassen und damit großserientauglich
zu machen. Damit erreicht die Fertigungstiefe für die ausschließlich hauseigenen Kaliber gut 90 Prozent.
FAZ Nr. 71 vom 25.03.2014, „Unternehmen“, Seite 19
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Nomos Glashütte sieht sich als Marktführer für mechanische Uhren in
Deutschland und bietet im Preissegment
von 1000 bis 4000 Euro vor allem Modelle in Edelstahl an. Neun eigene Werke in
elf Modellfamilien gehören zum Portfolio, die Uhr „Tangente“ etwa gilt bereits
als Klassiker.
Seit 2010 hat Nomos Glashütte ihren
Umsatz verdoppelt und plant das auch
für die kommenden drei Jahre. Zahlen
dazu nennt das Unternehmen jedoch
nicht. Auch die Belegschaft wuchs seither in gleichem Maß auf etwa 200 Mitarbeiter. Mit dem Swing-System hat die
Glashütter Marke nicht nur ihre Unabhängigkeit von den Schweizer Monopolisten erlangt, sondern auch die Voraussetzung für ihr weiteres Wachstum geschaffen. Für Wettbewerber, die immer
weniger Werke bekommen, wird das zunehmend schwieriger. Die Swatch Group
argumentiert seit Jahren, dass sich die
Branche auf stete Belieferung verlassen
und eigene Entwicklungen vernachlässigt habe. Auch wenn viele Hersteller
mittlerweile tätig geworden sind, wird es
noch Jahre dauern, bis flächendeckender
Ersatz für Eta- und Nivarox-Produkte zu
haben sein wird.
Das Swing-System debütiert in Basel
im neuen Uhrenmodell ,,Metro" und
wird nach und nach ohne Aufpreis in die
Kollektion einfließen. Es ist zudem für
die Swatch Group auch noch eine Argumentationshilfe gegen die Aufsichtsbehörde Weko. Insofern werden etliche
Hersteller auf der Baseler Messe diese
Neuheit mit gemischten Gefühlen zur
Kenntnis nehmen. Das Damoklesschwert hängt noch bis 2016. Dann wird
die Weko neu über den Antrag der
Swatch Group entscheiden. (Siehe Technik und Motor, Seite 74.)