DIE WELT Kompakt
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M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 | N R W | N R . 19 4 | 8 0 C E N T Das sollten Sie lesen: Tipps der Redaktion zur Buchmesse Seiten 24/25 Giftschlamm überflutet Dörfer Budapest – Eine Lawine aus ätzendem Bauxitschlamm aus einer Aluminiumhütte hat im Westen Ungarns mehrere Orte überschwemmt und vier Menschen in den Tod gerissen. Unter den Toten in dem Dorf Kolontár waren zwei Kleinkinder, bestätigten die Behörden. Die Rettungskräfte suchten bis gestern Abend noch nach mehreren Vermissten. Umweltschützer warnten vor Gesundheitsgefahren und vor der Verschmutzung des Trinkwassers. Die Regierung erklärte jedoch, die unmittelbare Gefahr sei abgewendet. Für die westungarischen Bezirke Veszprém, Vas und Györ Letzte Seite wurde der Notstand verhängt. NACHRICHTEN .............................................................................. Frauen trinken immer mehr Die Drogenbeauftragte der Regierung warnt vor einer wachsenden Alkoholabhängigkeit unter Frauen. Besonders Seite 5 junge Mädchen seien gefährdet. Kennen Sie Graphen? Für die Entdeckung des Materials gab es den Nobelpreis Seite 28 Gefahr durch deutsche Islamisten Spur der in Pakistan getöteten Mitglieder einer Terrorgruppe führt nach Hamburg Berlin – Bei einem US-Drohnenangriff auf eine Gruppe deutscher und turkmenischer Islamisten im Nordwesten Pakistans sind zehn Personen getötet worden. Unter ihnen befinden sich laut Geheimdienstkreisen in der Region acht Deutsche, davon drei Einwanderer. Sie alle sollen der terroristischen Islamischen DschihadUnion angehört haben. Ein unbemanntes Flugzeug hatte am Montagabend nach pakistanischen Geheimdienstangaben zwei Raketen auf ein Gehöft im Stammesgebiet NordWaziristan gefeuert, in dem sich die Islamisten versammelt hatten. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür bislang nicht. Drei Tote seien gestern in unmittelbarer Nähe des Angriffsortes in Mir Ali von radikal-islamischen Aufständischen beigesetzt worden. Die anderen Leichname seien in den benachbarten Distrikt Bannu gebracht worden, wo sie bestattet werden sollen. Nach pakistanischen Geheimdienstangaben könnten unter den Toten Mitglieder einer Hamburger Islamistenzelle sein, die im vorigen Frühjahr in die Region gereist waren und Anschläge in Europa geplant haben sollen. Zumindest eine Verbindung nach Deutschland scheint nach dem Drohnenangriff gesichert. Der Besitzer des schen Polizisten in der Region festgenommen worden. Der amerikanische Fernsehsender ABC News berichtete gestern unter Berufung auf USRegierungskreise, dass angeblich fünf große Flughäfen in Europa zu den möglichen Anschlagszielen gehören sollen. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass nicht nur in Afghanistan und Pakistan, sondern auch im Jemen und in Somalia Terroristen geschult werden. Das Auswärtige Amt bestätigte gestern in Berlin, dass ein terrorverdächtiger Deutscher in Kenia festgenommen und nach Deutschland zurückgebracht worden ist. Seite 6 zerstörten Gehöfts, ein Taliban namens Sher Maula Khan, war im Juni mit dem Hamburger Islamisten Rami M. von pakistani- Polizei ist überfordert ■ Laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind die Sicherheitskräfte nicht in der Lage, islamistische Terrorhelfer in Deutschland effektiv zu überwachen. „Eine Rundum-die-Uhr-Beobachtung ist aus Personalmangel nicht möglich“, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg. Daher könne die Polizei „immer nur hoffen, dass wir die Richtigen im Auge haben und Anschläge nicht von anderen kommen“. Hinschauen Börsenzocker soll fünf Milliarden zurückzahlen MTV nur noch gegen Bezahlung Der Musikkanal MTV sieht seine Zukunft im Bezahlfernsehen. Ab Januar soll es das Programm nur noch im Abonnement eines Digitalpakets geben. Seite 19 Paris – Ein Pariser Gericht hat dem französischen Skandalhändler Jérôme Kerviel die volle Schuld für seine milliardenschweren Finanzspekulationen gegeben und ihn zu fünf Jahren Haft verurteilt – zwei Jahre werden auf Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der heute 33Jährige der Société Générale die 4,9 Milliarden Euro zurückzahlen, die die Großbank durch seine Geschäfte 2008 verlor. Seiten 2/3 Zusätzliches Geld für Ärzte Die Honorare für die 150 000 niedergelassenen Ärzte in Deutschland werden im nächsten Jahr erneut steigen. Es gibt Seite 20 eine Milliarde Euro zusätzlich. Ich weiß, wo du bist Facebook startet den Dienst „Orte“ nun auch in Deutschland. Nutzer können ihre Freunde nun einfacher über ihren Seiten 26/27 Aufenthaltsort informieren. Dax im Minus, Euro im Plus Stuttgart 21: Bahnhofsabriss vorerst gestoppt Der Aktien-Leitindex fällt um 1,33 Prozent auf 6215,83 Punkte. Der Wert des Euro steigt um 0,55 Prozent aus 1,3780 US-Dollar. TWEETS DES TAGES .............................................................................. ZDF/DOUG HYUN/AMC/LIONSGATE Gib einem Mann einen Fisch + er hat Essen für einen Tag. Lehre ihn das Angeln + er sitzt den ganzen Tag im Boot und trinkt Bier. shengfui SENSATION: Nobelpreis für Zauberei geht 2010 an einen kleinen Zauberer mit Brille. Phillip Rößler für seine Illusion „Die Gesundheitsreform“. onkelfisch 24h-Service: 01805-6 300 30 (14ct/Min. aus dt. Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 ¤/Min.) Don Draper ist der Protagonist aus „Mad Men“ – einer faszinierenden TV-Serie um eine Gruppe zynischer Werbemanager aus den 60er-Jahren. Wie kein anderer verkörpert Draper den amerikanischen Traum – und doch plagt ihn eine dunkle Treffpunkt für Fans: www.facebook.com/weltkompakt Vergangenheit, von der niemand wissen soll. „Mad Men“ gewann in den USA zahlreiche Preise, doch hierzulande ist die Serie gerade einmal gut genug für „ZDFneo“ – einen Spartenkanal, den viele Deutsche nicht empfangen können. Seite 31 Wir twittern, was uns bewegt: www.twitter.com/weltkompakt E-Mail an die Redaktion: [email protected] Stuttgart – Die erbitterten Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 zeigen Wirkung: Die Landesregierung hat einen Abriss-Stopp für den Südflügel des alten Bahnhofs angeordnet und versprochen, dass im Schlossgarten keine weiteren Bäume mehr gefällt werden. Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) erneuerte zudem sein Gesprächsangebot an die Gegner. Ein kompletter Baustopp wurde aber abgelehnt. Zugleich präsentierte die Landesregierung ein Rechtsgutachten, wonach eine Volksabstimmung unzulässig wäre. Die Stuttgarter Polizei versprach zudem eine lückenlose Aufklärung des geSeite 4 walttätigen Einsatzes. Abo & mehr: www.sind-wir-reif.de W E LT K O M PA K T 2 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 THEMA Als wäre es die französische Fassung des Hollywood-Klassikers „Wall Street“: Skandaltrader Jérôme Kerviel (Mitte) wird von Gendarmen zum Gerichtssaal gebracht Wie zahlt man 4,9 Milliarden Euro zurück? Der französische Wertpapierhändler Jérôme Kerviel hat den größten Spekulationsverlust aller Zeiten verursacht – Berlin – Ein Regisseur hätte es nicht besser inszenieren können: Der Angeklagte schließt einen Moment lang die Augen. Ein Raunen geht durch den Pariser Gerichtssaal. Fünf Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung. Das ist die Strafe für Jérôme Kerviel, den Verursacher des größten Spekulationsverlustes aller Zeiten. Zusätzlich muss er der französischen Großbank Société Générale, seinem früheren Arbeitgeber, 4,9 Milliarden Euro Strafe zahlen. Die Realität ist noch extremer als im Hollywood-Film „Wall Street“. Michael Douglas alias Gordon Gekko biegt als skrupelloser Spekulant die Gesetze, um Millionen zu scheffeln. Kerviel hat mit seinen Milliardenzockereien die Existenz einer der größten Banken Frankreichs auf Spiel gesetzt – und einen weltweiten Aktiencrash provoziert. Doch viele Franzosen machen das in ihren Augen moralisch verkommene Finanzsystem für die Auswüchse mitverantwortlich. Sie sehen den 33-jährigen Bretonen eher als Opfer denn als Täter. „Dieses Urteil ist unvernünftig und inakzeptabel“, sagt Olivier Metzner, der Anwalt Kerviels und einer der bekanntesten Strafverteidiger Frankreichs. „Ein Mann soll für das System zahlen.“ Kerviel genießt in Frankreich viel Sympathie. „Das Urteil hätte von der Société Générale geschrieben sein können“, empört sich eine Frau, die den Prozess verfolgt hat. „Je nachdem ob man mächtig oder arm ist, wird man durch das Urteil des Ge- richts weiß oder schwarz“, schreibt Alain Fabre auf der Internet-Seite der Wirtschaftszeitung „Les Echos“. „Seit La Fontaine hat sich nichts geändert. Zwischen dem Ruf der Société Générale und der Gerechtigkeit musste eine Wahl getroffen wer- den. Jérôme Kerviel hat sicher keine weiße Weste, aber die Société Générale auch nicht.“ La Fontaine war ein französischer Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, der mit seinen Fabeln moralische Missstände anprangerte. Die Höhe des Strafgelds entspricht REUTERS/CHARLES PLATIAU VON DANIEL ECKERT, GESCHE WÜPPER UND HOLGER ZSCHÄPITZ Kerviels Anwalt Olivier Metzner steht einem Pulk aus Journalisten Rede und Antwort genau dem Verlust, den Kerviel damals, im Jahr 2008, verursacht hatte. Der Wertpapierhändler hatte seine Kompetenzen weit überschritten und größere Positionen aufgebaut, als ihm zustand. Im Extrem waren es rund 50 Miliarden Euro, mit denen er wettete. Das überstieg den Börsenwert der Société Générale. Um ein Haar hätte Kerviels missglückte Milliardenspekulation das 1864 gegründete Institut um die Existenz gebracht. Als aus anfänglichen hohen Gewinnen horrende Verluste wurden, versuchte der Banker seine Vergehen zu vertuschen, unter anderem indem er Unterschriften seiner Vorgesetzten fälschte. Zwar habe Kerviel sich durch die Spekulationen nicht persönlich bereichert, aber er habe durchaus mit einem saftigen Bonus gerechnet, meinte der Richter. Schuldig in allen Punkten, lautete das Urteil: Fälschung, Untreue, betrügerische Manipulation des Computersystems. „Jérôme Kerviel war der Erfinder eines kohärenten Betrugssystem“, sagte der Richter. Die Chronik des Betrugs: Untreue, Fälschung und Datenmanipulation ■ Mit dem Prozess gegen den französischen Ex-Börsenhändler Jérôme Kerviel ist gestern einer der bedeutendsten Wirtschaftsprozesse in Frankreich zu Ende gegangen. Die einzelnen Etappen des Finanzbetrugs. ■ Januar 2008: Die französische Großbank Société Générale meldet einen Verlust aufgrund betrügerischer Machenschaften in Höhe von 4,9 Milliarden Euro. Die Bank wirft dem Börsenhändler Jérôme Kerviel vor, mit Hilfe von Fiktivgeschäften Risiken verschleiert zu haben. Ein Ermittlungsverfahren wird eröffnet. ■ Februar 2008: Die Bank erklärt, dass keine Gelder veruntreut wurden und dass Kerviel allein gehandelt habe. Im März wird Kerviel aus der Untersuchungshaft entlassen. ■ Juli 2008: Die Bank-Kommission legt der Société Générale wegen gravierender Mängel im Kontrollsystem eine Strafe in Höhe von vier Millionen Euro auf. ■ Mai 2010: Kerviel veröffentlicht in Frankreich seine Memoiren. ■ Juni 2010: Der Prozess gegen Kerviel wegen Untreue, Fälschung und betrügerischer Computerdatenmanipulation beginnt. ■ Oktober 2010: Ein Pariser Gericht verurteilt den Finanzjongleur. Er habe sein Limit wissentlich weit überschritten, finanzielle Transaktionen vorgegaukelt, um Risiken zu kaschieren, die Mängel im System gekonnt ausgenutzt. „Er hat sich den Ruf verschafft, effizient zu sein und war bei seinen Vorgesetzten beliebt“, sagte der Richter. Er habe perfekt den Jargon drauf gehabt und damit die Kontrollinstanzen in Sicherheit gewogen. Die Strafe von 4,9 Milliarden Euro ist symbolisch. Damit signalisiert das Gericht, dass es die Schuld allein bei Kerviel sieht. Bei seinem derzeitigen Monatsgehalt von 2300 Euro müsste er knapp 180 000 Jahre dafür arbeiten. Wäre der Bank eine Mitschuld zugesprochen worden, hätte dies das französische Bankensystem erschüttern können. Unter Umständen hätten die Institute ihre Trader in den lukrativen Handelsabteilungen strengen Restriktionen unterwerfen müssen. Viele Institute erwirtschaften einen Großteil ihrer Gewinne im sogenannten Eigenhandel, wo auch Kerviel tätig war. Kerviels Anwalt kündigte Berufung an. Sein Mandant wirkte im Gerichtssaal ein wenig, als sei er auf einer Beerdigung: schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, die Arme vor dem Oberkörper verschränkt. Der 33-Jährige verfolgte die knapp einstündige Verlesung der Urteilsbegründung aufmerksam und fast regungslos. Ab und zu verriet sein wippender Fuß die innere Ungeduld. „Ein ausgeglichenes Wesen, keine seelischen Probleme“, hatten die psychologischen Experten befunden. Wer eine große Bankenschelte seitens des Richters erwartet hatte, wurde enttäuscht. Hier und da gab es Kritik an Unzuläng- M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T THEMA 3 Finanzbetrüger richten immense Schäden an Abgezockt: die spektakulärsten Fälle Berlin – Betrüger haben schon mehrfach riesige Schäden mit Finanzgeschäften angerichtet. Bei einigen wie bei Bernard Madoff oder Jérôme Kerviel ging es um Milliarden. Die Zahl der Geschädigten geht in die Tausende. Einige spektakuläre Fälle: lich in die Höhe getrieben und dann mit großen Gewinnen verkauft haben. Januar 2005: Der Betrug der Frankfurter Firma Phoenix Kapitaldienst fliegt auf. Das Unternehmen hatte seit Anfang der 1990er AP/LAURENT CIPRIANI Jetzt muss er hinter Gitter und 180 000 Jahre lang Strafe zahlen und Herren, es geht für Sie genau wie für die Kunden darum, die Marge zu finden… Wo ist sie denn hin, die Marge? Da nicht … Da auch nicht … Ah! Sie ist in meiner Tasche!’ Hysterisches Gelächter.“ Der Finanzsektor scheint Betrüger und Zocker geradezu anzuziehen. Immer wieder brachten Händler und Manager mit gewagten Wetten an den Rand des Ruins oder sogar darüber hinaus. Der Engländer Nick Leeson ruinierte in den ■ Die Höhe des Strafgelds entspricht Neunzigerjahren die traditigenau dem Verlust, den Kerviel im onsreiche britiJahr 2008 verursacht hatte sche Handelsbank Barings mit Ganzes an: Es sei eine vollkommen Handelsverlusten von 1,4 Milliarden. von der Realität abgekoppelte Sphä- Dollar. Er wurde dafür 1995 in Singare, die „Kapitel aus denjenigen pur zu sechseinhalb Jahren Haft verschlägt, die darin arbeiten, das sie urteilt. Er erhielt für jede verzockte aber bedenkenlos fallen lässt, wenn Milliarde 4,7 Jahre Gefängnis. Japans sie versagen.“ En detail schildert er bekanntester Schurkenhändler Yazahlreiche Auswüchse: Seinen Dar- suo Hamanaka büßte jede Milliarde, stellungen zufolge lud die Bank aus- die er verspielte, mit drei Jahren ab. gewählte Händler zu Lustwochen- Bei Kerviel, der mehr Minus machte, enden ein. Der Alkohol floss in Strö- als jeder andere Händler, betrug das men und Stars boten ein Unterhal- Strafmaß umgerechnet ein halbes Jahr pro Dollarmilliarde. tungsprogramm für teures Geld. Kein Trader war Bernard Madoff, Bei solchen Anlässen hätten die Risikomanager, die eigentlich dafür der in Geschichtsbücher als der zuständig sind, für Disziplin zu sor- größte Finanzbetrüger eingeht: Der gen, durchblicken lassen, dass die Fi- leutselig wirkende Amerikaner baunanzmarkt-Regularien nicht allzu te ein 65 Milliarden Dollar schweres ernst zu nehmen seien. „Die Chefin Schneeball-System auf: Statt das ihm der Risikoabteilung, die wissen anvertraute Geld zu investieren, musste, wovon sie sprach, sang leise brachte er es im großen Stil durch. und verführerisch: ‚Die Risiken, die Er besaß mehrere Luxusappartewir eingehen, liegen jenseits aller ments, unter anderem am New YorGesetze…’“ So ist es in seinem Buch ker Central Park, und lebte in Saus zu lesen. An einer anderen Stelle be- und Braus. Madoff schädigte die Anschreibt er den Sketch eines Chef- leger, darunter viele Prominente, um verkäufers der Bank in einem Hüt- die unglaubliche Summe von insgechenspiel: „‚Sehr verehrte Damen samt 20 Milliarden Dollar. Im Jahr lichkeiten und Lücken im Kontrollsystem der Société Générale. Kerviel selbst hatte stets darauf beharrt, mit Billigung seines Arbeitgebers gehandelt zu haben. Seine Vorgesetzten hätten solange beide Augen zugedrückt, wie er mit seinen gewagten Transaktionen Gewinne machte. In seinen jetzt auch auf deutsch erschienen Memoiren „Nur ein Rad im Getriebe“ klagt Kerviel den Zynismus eines Finanzsystems als 2009 wurde er dafür zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Während andere Milliardenbetrüger im Luxus schwelgten, führte Kerviel ein eher bescheidenes Leben. Seine Mutter betrieb bis zu ihrer Pensionierung einen Friseursalon in Pont l’Abbé, einem malerischen Ort in der Bretagne. Sein Vater, ein Kunstschmied, arbeitete bis zu seinem Tod als Ausbilder in einer Lehrlingswerkstatt. Elitäre Wirtschaftshochschulen blieben dem einst pummeligen jungen Mann, den Mitschüler als Teenager „Doppelzentner“ nannten, verschlossen und so musste er an den weniger renommierten Universitäten von Nantes und Lyon studieren. Als Aktienhändler lebte Kerviel stets bescheiden in einer kleinen Wohnung in einem Pariser Vorort. Von seinen Bonuszahlungen kaufte er sich weder einen Porsche noch maßgefertigte Anzüge, sondern einen kleinen weißen Hund. „Mister Nobody“ spöttelten damals einige seiner Kollegen über ihn. Zumindest das dürfte sich geändert haben. Und die Hollywood-Verfilmung dürfte ziemlich sicher kommen. Ausgespielt http://bit.ly/c0uUJy Der frühere Wertpapierhändler Jérôme Kerviel muss 4,9 Milliarden Euro erstatten. Das Video zum Urteil. Folgen Sie Michael Bee auf Twitter twitter.com/wk_bee Juni 2009: Der US-Milliardenbetrüger Bernard Madoff wird von einem Gericht in New York zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Ex-Broker hatte mit einem rund 65 Milliarden Dollar (46 Milliarden Euro) schweren Schneeball-System beim bis dahin größten Betrugsfall der Finanzgeschichte weltweit tausende Anleger geschädigt. Februar 2009: US-Behörden decken den Milliarden-Schwindel um die texanische Stanford International Investment Bank auf. Nach Angaben der US-Börsenaufsicht SEC soll Robert Allan Stanford mit seiner Bank Anleger um rund acht Milliarden Dollar (6,3 Milliarden Euro) geprellt haben. Im Juni wird Stanford festgenommen. Januar 2009: Die spanische Polizei hebt eine Betrügerbande aus, die an der Londoner Börse 450 Millionen Euro erschwindelt haben soll. Die Bande soll über fünf Jahre die Aktienkurse einer Scheinfirma mit komplizierten Transaktionen und gefälschten Papieren künst- AFP/JACQUES DEMARTHON Dezember 2009: Der Milliardär und Hedgefonds-Chef Raj Rajaratnam wird in New York wegen Betrugs und Verschwörung angeklagt. Zusammen mit 21 Komplizen soll er durch Insider-Geschäfte bei großen Firmenzusammenschlüssen laut US-Börsenaufsicht SEC illegale Gewinne von 53 Millionen Dollar (36 Millionen Euro) eingestrichen haben. Unter anderem ging es um Aktien von IBM, Google und der Hilton- Hotelkette. Jérôme Kerviel betrog das französische Institut Société Générale Jahre mit Hilfe gefälschter Unterlagen Wertpapiergeschäfte vorgetäuscht und Anleger so um insgesamt gut 600 Millionen Euro geprellt. Zwei Ex-Manager werden 2006 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Juni 2002: Ein Bilanzbetrug des zweitgrößten USA-Anbieters von Ferngesprächen WorldCom im Umfang von 3,85 Milliarden Dollar (3,97 Milliarden Euro zum damaligen Wechselkurs) erschüttert weltweit die Börsen. Im August gibt das zahlungsunfähige Unternehmen zusätzliche Falschbuchungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro zu. Im März 2005 wird Ex-WorldCom-Chef Bernard Ebbers in New York wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe über 25 Jahre verurteilt. Anzeige Seeluft macht hungrig. Hier gibt es für Sie die besten Menüs. www.transocean.de W E LT K O M PA K T POLITIK Der Südflügel des Bahnhofs bleibt Das bayerische Kabinett tagt heute über die Münchner Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2012. Zum einen wollen die Minister über das Bewerbungsbuch beraten, das im Januar beim Internationalen Olympischen Komitee abgegeben werden muss. Zum anderen soll ein Olympia-Gesetz auf den Weg gebracht werden. Folgen Sie Fabian Gartmann auf Twitter twitter.com/wk_gartmann POLITIK KOMPAKT BAFÖG-ERHÖHUNG Zwei Prozent mehr Geld Die vom Bundestag beschlossene Bafög-Erhöhung um zwei Prozent ist nahezu perfekt. Im Vermittlungsausschuss einigten sich die Vertreter von Bundestag und Bundesrat gestern Abend in Berlin auf einen Finanzierungskompromiss. Das teilte die CDUBundestagsabgeordnete Antje Tillmann, als Mitglied des Vermittlungsausschusses, im Anschluss an die Sitzung mit. ENTWICKLUNGSHILFE Niebel erhöht Aids-Hilfen DPA/MARIJAN MURAT Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat versprochen, den Kampf gegen die Krankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose, in den nächsten drei Jahren weiterhin mit 600 Millionen Euro zu unterstützen. Eine entsprechende Zusage machte Niebels Ministerium auf einer internationalen Konferenz in New York. Niebel fordert eine Erhöhung seines Etats um 400 Millionen Euro, was Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bisher ablehnt. Die Zusage, die Arbeit der Hilfsorganisation Global Fund, die den Kampf gegen die drei Krankheiten organisiert, weiterhin zu unterstützen, stammt nicht von Niebel, sondern von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Niebel knüpfte die Zusagen noch an die Zustimmung des Bundestags. BANKER Grenze für Banker-Boni Die schwarz-gelbe Koalition will sich noch diese Woche auf einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Boni von Bankern staatlich kontrollierter Kreditinstitute einigen. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, HansPeter Friedrich, sagte gestern in Berlin, es solle eine schnelle Einigung über die verschiedenen Vorschläge aus Kabinett und Fraktionen geben. Die Koalition will damit verhindern, dass Mitarbeiter solcher Banken unterhalb der Vorstandsebene mehr als 500 000 Euro verdienen. Landesregierung macht Zugeständnisse bei Stuttgart 21 – Polizei räumt Fehler ein VON HANNELORE CROLLY Stuttgart – Entschärfen, deskalieren, beruhigen, befrieden: So oft wie in den letzten Tagen hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus diese Wörter sicher noch nie in den Mund genommen. Seit dem Gewaltausbruch zwischen Polizei und Demonstranten am vergangenen Donnerstag sagt der CDU-Landeschef fast gebetsmühlenartig, er werde alles dafür tun, dass sich die erhitzten Gemüter abkühlen und „solche Bilder“ nie mehr wiederholen. Sogar zu einer Art Baustopp hat sich Mappus durchgerungen: Vorerst sollen keine weiteren Bäume im Schlossgarten oder Teile des Bahnhofs fallen. Allerdings möchte Mappus weder eine Entschuldigung für den Polizeieinsatz geben, wie sie Gegner von Stuttgart 21 fordern, noch den kompletten Baustopp anordnen. Auch ein Volksentscheid kommt für ihn nicht in Frage. Er präsentierte gestern ein Gutachten des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof, nach dem eine Volksbefragung „verfassungswidrig“ wäre – denn das Etatrecht des Landtags könne ebenso wenig wie das Planungsrecht des Bundes Gegenstand einer solchen Befragung sein. Die SPD wehrte sich umgehend gegen die Einschätzung und warf Kirchhof „Irrtum“ vor. Fraktionschef Claus Schmiedel unterstellte Mappus, Angst vor einer Entscheidung des Volkes zu haben. Gegner des Projekts haben mittlerweile eine Unterschriftensammlung gestartet, um über einen Volksentscheid die vorzeitige Auflösung des baden-württembergischen Landtags zu erzwingen. Am Montag Abend hatten erneut bis zu 50 000 Menschen demonstriert. Wegen des Polizeieinsatzes wurden auch zahlreiche Strafanzeigen gegen Polizisten und Polizeipräsident Siegfried Stumpf erstattet, der den Einsatz leitete. Mappus will heute bei einer um einen Tag vorgezogenen Regierungserklärung ein Paket an Maßnahmen vorlegen, um endlich einen Dialog zwischen Gegnern, Befürwortern und Bauherren zu ermöglichen. „Es kann schließlich nicht Normalzustand sein, dass Sie DPA/BERND WEISSBROD TERMIN DES TAGES Ein Protestplakat hängt vor der Baustelle des Stuttgarter Hauptbahnhofs in Deutschland die Polizei brauchen, um eine Baustelle zu sichern“, sagte er und zeigte sich überzeugt, dass seine Ideen „gar nicht abgelehnt werden können.“ Über den Inhalt der Vorschläge schwieg sich der 44-Jährige zwar aus. Aber aus Unionskreisen verlautete, Mappus werde unter anderem wohl einen angesehenen Ver- mittler einzuschalten versuchen. Der Bürgerrechtler Joachim Gauck, von FDP-Chef Guido Westerwelle ins Gespräch gebracht, hatte aber bereits aus Zeitgründen abgewinkt. Von den Landtags-Grünen war die Personalie des ehemaligen CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler aufgebracht worden. Doch es ist unklar, ob es tatsäch- McAllisters halber Fehlstart lich auf den immerhin schon 80Jährigen hinausläuft. Den Abriss-Stopp am Südflügel des denkmalgeschützten Bahnhofs will Ministerpräsident Mappus nun als ein „deutliches Signal“ an seine Bereitschaft sehen, auf die Bürger zuzugehen. Es wäre schließlich einfacher und billiger gewesen, die Abrissarbeiten einfach weiterführen zu lassen, so Mappus. Der Nordflügel wurde bereits im Sommer niedergerissen. Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) versicherte zugleich, dass vorerst keine Bäume mehr im Schlossgarten gefällt werden. Dies gilt jedoch nicht für die 80 Bäume rund um den Nordflügel: Sie sollen wie geplant bis Februar fallen. Grünen-Chef Cem Özdemir begrüßte den Abrissstopp als Zeichen, dass beide Seiten ins Gespräch kommen könnten. Über die Eskalation im Stuttgarter Schlossgarten am 30. September zeigte sich Mappus „tief betroffen“. Er könne bisher aber keine Fehler beim Polizeieinsatz erkennen. Allerdings habe er auch selbst keinerlei Erfahrungen mit Demonstrationen und hätte sich „nicht vorstellen können, wie sich so etwas abspielt“. Er habe als Ministerpräsident auch mit dem Einsatz nichts zu tun gehabt und überhaupt erst am Nachmittag des Vortages davon erfahren. Zu keinem Zeitpunkt des Einsatzes habe die Polizei bei der Regierung oder einzelnen Minister „nachgefragt“, was zu tun sei, stellte Mappus klar. „Das Operative ist und bleibt Sache der Polizei.“ Zuvor hatte die Führung der Stuttgarter Polizei versucht, mit Videoaufnahmen zu belegen, dass ausschließlich die Demonstranten die Schuld an dem Gewaltausbruch hatten. Der „massive Widerstand“ der Projektgegner habe erst dazu geführt, dass die Polizei Pfefferspray, Wasserwerfer und Schlagstöcke habe einsetzen müssen, sagte Inspekteur Dieter Schneider. Polizeipräsident Siegfried Stumpf räumte allerdings Fehler ein. So habe das massive Auftreten der Demonstranten die Polizei überrascht. „Ich hätte nie gedacht, dass uns so starker Widerstand entgegenschlägt.“ Niedersachsens Ministerpräsident zieht Bilanz nach 100 Tagen Uni Tübingen will als erste Lehrer für Islam ausbilden Hannover – Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sieht sein Land auf einem guten Kurs. Seit seinem Amtsbeginn habe er auf „Kontinuität und Verlässlichkeit“ gesetzt, sagte McAllister am Dienstag in einer Bilanz in Hannover. Am Freitag ist der 39-Jährige als jüngster Ministerpräsi- David McAllister – hier auf Indien-Reise – dent Deutschlands genau zieht nach 100 Tagen im Amt Bilanz 100 Tage im Amt – als Nachfolger von Christian Wulff, der weniger Fastfood nennt er als Bundespräsident wurde. Gründe. Auch im Landtag ist Fünf Kilo hat McAllister nach ei- McAllister seither ein anderer: genen Angaben abgenommen, Der Politiker der Kategorie „Attamehr Termine, mehr Stress und cke“, der er als Fraktionschef nicht Stuttgart – Der erste Fachbereich für Islam an einer deutschen Universität soll im Wintersemester 2011/12 in Tübingen seine Arbeit aufnehmen. Im Januar hatte der Wissenschaftsrat die Ausbildung von Imamen und Religionslehrern empfohlen. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte, für sie gehöre dieser Schritt „zu einer überzeugenden Integrationspolitik in modernen Gesellschaften“. Die Entscheidung für Tübingen überrascht nicht, da katholische und evangelische Theologie, sowie orientalische und arabische Sprachen zur Spezialität der Universität gehören. DPA/MARCO HADEM 4 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 nur am Rednerpult des Landtags war, ist sichtlich und hörbar bemüht, diplomatischere Töne anzuschlagen. „Ironie, Spott und Sarkasmus sind nur bedingt geeignet für einen Ministerpräsidenten. Daran muss ich noch arbeiten“, sagte McAllister gestern. Die Opposition im Landtag sieht McAllisters 100-Tage-Bilanz als „glanzlosen Zwischenbericht einer Übergangsregierung“, urteilt Grünen Fraktionschef Stefan Wenzel. Auch SPD-Fraktionschef Stefan Schostok ist enttäuscht. Sowohl in der Schul- als auch in der Umweltpolitik habe McAllister eine „schwache Figur“ abgegeben. M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T POLITIK 5 2008 waren mehr zehn bis 15-jährige Mädchen wegen Alkoholvergiftungen in Behandlung als gleichaltrige Jungs Mädchen trinken mehr als Jungen Junge Frauen hängen Männer beim Alkohlkonsum ab – Der Rausch wird inszeniert VON CHRISTINE KENSCHE Berlin – Trinken bis der Arzt kommt: Das „Komasaufen“ ist ein Partyvergnügen Jugendlicher – und offenbar vor allem bei Mädchen beliebt. 2008 wurden mehr als 2400 Mädchen im Alter zwischen zehn- und 15 Jahren mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt. Die Fallzahl der gleichaltrigen Jungen fiel um 300 niedriger aus. Dieses Ergebnis hat die Jahrestagung „Alkohol – für Frauen (k)ein Problem?“ in Berlin publik gemacht. „Lange Zeit sind wir davon ausgegangen, dass Alkoholabhängigkeit ein typisch männliches Problem ist“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP). „Doch heute wissen wir, dass auch ein relevanter Teil der Frauen davon betroffen ist.“ Das Bundesgesundheitsministerium hatte zum ersten Mal Untersuchungen zum Trinkverhalten von Frauen in Auftrag gegeben. „Ganz besonders erschreckend ist der Anstieg des Alkoholkonsums von Mädchen im Alter von zehn bis 20 Jahren und von Frauen von 40 bis 59 Jahren“, so Dyckmans. 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Darunter sind 370 000 Frauen. Während der Konsum von Alkohol seit dreißig Jahren insgesamt abnimmt, trinken immer mehr Menschen exzessiv. Dagegen hat das Gesundheitsministerium zwar bereits Kampagnen gestartet. „In unserer Studie zeigt sich aber, dass die Jugendlichen davon nicht beeindruckt sind“, sagt Heidi Reinl vom Tübinger Institut für frauenpolitische Sozialforschung. Reinl hat das Trinkverhalten von Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren untersucht. „Die Jugendlichen wollen Spaß haben, sich ausprobieren und experimentieren. Das passiert über das Rauschtrinken“, erklärt Reinl. Mädchen seien dabei niemals allein, sondern immer in der Gruppe. Während Frauen hinter verschlossen Türen tränken, inszenierten sich die Mädchen öffentlich. „Darunter sind auch einige, die sich darüber definieren, dass Alkoholisierte Jugend ■ Im Jahr 2000 sind 9500 Zehnbis 20-Jährige wegen einer Alkoholvergiftung behandelt worden, acht Jahre später 25 700, ein Anstieg um 170 Prozent. Der Anteil der volltrunkenen Mädchen nahm dabei zu: Alkoholvergiftungen stiegen in der Gruppe der Zehn- bis 15-Jährigen zwischen 2008 und 2009 um 22 Prozent. Bei den Jungen dagegen um 19 Prozent. 80 Prozent der Mädchen im Alter von 14 Jahren hätten „Trunkenheitserfahrungen“ gesammelt. sie viel trinken – was sonst eher als ein männliches Verhalten gilt.“ Die Jugendlichen wollten einen „kontrollierten Kontrollverlust erleben“. Gerade Mädchen passten dabei gut aufeinander auf – was jedoch nicht immer gelingt. „Offensichtlich greifen die Kontrollen des Jugendschutzgesetzes oftmals nicht so, wie wir es uns wünschen“, erklärt Dyckmans. Doch auch bei älteren Frauen nimmt das Problem immer mehr zu: Jede Fünfte der 45- bis 54-Jährigen trinkt mehr als zwölf Gramm reinen Alkohol am Tag – ein gesundheitsgefährdendes Verhalten. „Besonders erstaunlich ist, dass Akademikerinnen viel häufiger trinken als Frauen aus den unteren Bildungsgruppen“, so die Drogenbeauftragte. Die Gründe dafür sind noch nicht erforscht. Dyckmans kündigte an, Prävention und Suchthilfen für Frauen künftig einen höheren Stellenwert als bisher zu geben. Berlin – Wer öffentliche Gelder für den Kampf gegen Rechtsextremismus bezieht, sollte selbst das Grundgesetz achten. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, hat zu einem heftigen Streit zwischen dem Familienministerium und Initiativen gegen Rechts geführt. Auslöser war der Plan von Familienministerin Kristina Schröder (CDU), künftig von jedem, der sich neu um Fördergelder bewirbt, eine schriftliche „Bestätigung“ zu erbitten, dass er auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Schröder verteidigte gestern im Gespräch mit WELT KOMPAKT ihr Vorhaben: „Wer damit schon ein Problem hat, der demaskiert sich selbst.“ Damit widerspricht sie Kritik von Grünen und Linken, die durch die Bestätigung der Verfassungstreue „das bürgerliche Engagement insgesamt“ gefährdet sahen. Diese Argument weist die Familienministerin zornig zurück: „Wer würde denn allen Ernstes einem bekennenden Pyromanen ein Feuerzeug in die Hand drücken, nur weil der sich auch bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert? Genauso wenig werden wir extremistische Gruppen unterstützen, nur weil sie sich auch gegen andere Extremisten wenden.“ Hintergrund des Streites ist eine Neuordnung der Fördergelder, die Schröder gerade vornimmt, die Bekämpfung von Rechts- und Linksextremismus künftig gleichermaßen finanziell zu fördern. Ihr Haushaltsentwurf für 2010, der noch vom Bundstag verabschiedet werden muss, sieht fünf Millionen Euro für die Förderung von Initiativen gegen Linksextremismus und islamischen Extremismus vor. Initiativen gegen Rechts sollen 24 Millionen bekommen – so viel wie im Vorjahr. DAPD/TIMUR EMEK SUPERBILD/INCOLOR Schröder: „Dem Pyromanen kein Feuerzeug geben“ Familienministerin Schröder (CDU) will Initiativen gegen Rechts überprüfen Christian Wulffs Versuch überparteilich zu sein Unionspolitiker kritisieren den Bundespräsident für seine Worte zum Islam – die Opposition unterstützt ihn Zwölf Wörter zählt der Satz, der Kritik an Bundespräsident Christian Wulff hervorruft. Er lautet: „Aber, meine Damen und Herren, der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Wulff hatte diesen Satz während seiner Rede zum 20-jährigen Jubiläum der Vereinigung Deutschlands ausgesprochen. Vertreter von Islamverbänden lobten daraufhin die Worte des Staatsoberhauptes. Einzelne Unionspolitiker indes äußern nun Bedenken. Die „Bild“-Zeitung erkennt darin eine „Riesen-Diskussion“. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der „Bild“-Zei- REUTERS/MICHAEL DALDER VON D. F. STURM UND T. VITZTHUM Die eigene Partei kritisiert Bundespräsident Christian Wulff (CDU) tung: „Zwar ist der Islam inzwischen Teil der Lebenswirklichkeit in Deutschland, aber zu uns gehört die christlich-jüdische Tradition.“ Hans-Peter Uhl (CSU) konstatierte, was Wulff kaum bezweifelt: „Grundgesetz geht vor Scharia.“ Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hingegen stellt sich hinter den Bundespräsidenten, ebenso wie Vertreter der Opposition. Was aber hatte der Bundespräsident genau gesagt – und was war sein Anliegen jener Rede zum 3. Oktober? Wulff verlangte einerseits ein „Verständnis von Deutschland“ jenseits von Pass, Familiengeschichte und Glauben. Andererseits konstatierte er recht unpräzise: „Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Ju- dentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte.“ Es folgte der strittige, oben zitierte Satz. Wulff differenzierte also nicht zwischen der – ebenso zweifelsfreien – kulturellen Prägung Deutschlands durch eine christlich-jüdische Tradition und dem wesentlich unverbindlicheren Hinweis, dieses oder jenes „gehöre“ zu Deutschland. Aber ebenso wenig hat Wulff behauptet, Deutschland werde seit Jahrhunderten maßgeblich vom Islam geprägt, was auch grober Unfug wäre. Fragwürdig ist bei alldem Wulffs Verengung von Migranten auf deren teilweise Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben. Mit seinem Hinweis, er verstehe sich als „Präsident aller Menschen, die hier in Deutschland leben“, hat Wulff ein Verständnis seines Amtes geschildert, das wohl alle Bundespräsidenten miteinander verbindet. Es ist jedenfalls keine Äußerung, etwa seines Vorgängers Horst Köhlers bekannt, demzufolge er sich nur als Bundespräsident aller deutschen Staatsbürger – oder aller Volljährigen verstünde. Johannes Rau verstand sich explizit als Präsident aller in Deutschland lebenden Menschen. Immer wieder verwies er darauf, in Artikel 1 des Grundgesetzes heiße es, die Würde des Menschen – und nicht: die Würde des Deutschen– sei unantastbar. W E LT K O M PA K T 6 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 POLITIK Donner über Waziristan Hunderte Europäer rüsten sich in Pakistan für den „Heiligen Krieg“ – Die Nato schickt tödliche Drohnen dass Zeit zur Identifizierung der Leichen bliebe.“ In der Tat waren die Terroristen nach Angaben der Bewohner bemüht, schnell und diskret den Ort des Anschlags abzuriegeln und die Leichen zu begraben. Dennoch: Terroristen mit EUPässen, die nicht vorbestraft sind und frei reisen können, sind der Albtraum westlicher Sicherheitsbehörden. Die Führung des Terrornetzwerkes al-Qaida setzt besonders gern auf diese „home-grown“Rekruten, solche also, die in den Zielländern aufgewachsen, sozialisiert und nicht straffällig worden sind. Mehr als 200 europäische Militante aus Deutschland, Schweden, Frankreich und Großbritannien sollen sich unter dem Kommando eines Libyers („Ahmed“) dort aufhalten. Die getöteten angeblich deutschen Terroristen sollen nach pakistanischen Angaben der Islamischen Dschihad-Union (IJU) angehören, einer 2002 gegründeten Terrorgruppe, die Muslime in Zentralasien und Europa rekrutiert. 500 Kämpfer soll die IJU haben, darunter mehr als 60 türkischstäm- Ein US-Soldat hält Wache auf einem Hügel in der afghanischen Region Khost. In der Ferne liegt Waziristan – die pakistanische Brutstätte des Terrors. Sicherheitskräfte haben Fotos und Ausweise (kleines Bild) von Islamisten in Südwaziristan beschlagnahmt mige sowie zum Islam konvertierte Deutsche. Ihr Hauptquartier liegt in der Region Mir Ali, ebenso wie weit abgelegene Unterkünfte und Trainingslager ohne Straßenzugang. 2008 kündigte der aus Bayern stammende türkischstämmige Islamist Cüneyt C. in einem IJU-Video an, mit einem Selbstmordanschlag sein Leben „für die Ehre des Islam“ zu opfern. Er riss vier Afghanen in der Provinz Khost mit in den Tod. Wenige Monate später drohte der Konvertit Eric Breininger mit Anschlägen in Deutschland. Der vom US-Geheimdienst CIA forcierte Drohnenkrieg scheint eine Reaktion auf diese amorphe Bedrohung zu sein: Allein 22 Raketenangriffe mit Drohnen, die von den Einheimischen „bangana“ (Donner) genannt werden, weil ihre Hellfire-Geschosse apokalyptische Zerstörung in die Dörfer bringen, waren im September zu verzeichnen – sie töteten etwa 100 Menschen. Das ist die höchste Monatsquote der vergangenen sechs Jahre. Mit „Bangana“ konnten in den vergangenen Jahren rund 24 Feldkommandeure des Al-Qaida-Chefs Osama Bin Laden getötet werden. Jetzt Aufklären, erfassen, zerstören ■ Drohnen sind unbemannte Fluggeräte (Unmanned Aerial Vehicles, UAV) und gehören zum Arsenal der Streitkräfte vieler Länder. Die Mini-Flugzeuge sind mit modernster Elektronik ausgestattet und können unterschiedliche militärische Aufgaben übernehmen. Das Spektrum reicht von der Überwachung bis zu gezielten Angriffen auf Personen. Drohnen werden aus großer Entfernung gesteuert und können einen Tag oder länger in der Luft bleiben. ■ Die unbemannten Fluggeräte werden gegenwärtig im Afghanistan-Krieg und in der jüngsten Vergangenheit verstärkt auch zur Bekämpfung von Terrorgruppen eingesetzt. SWAT-TAL AFGHAN. PAKISTAN INDIEN DPA/EPA/NICOLAS ASFOURI Plötzlich soll es gefährlich sein, nach Deutschland, Großbritannien oder Frankreich zu reisen. Die europäischen Nachbarn, Australien und die USA raten ihren Bürgern zu erhöhter Wachsamkeit, wenn sie die drei europäischen Kernstaaten bereisen. Die Dramatik der Warnungen steigt in dem Maße, in dem der Krieg in Afghanistan und den pakistanischen Stammesgebieten eskaliert: Drohnenangriffe auf islamistische Ausbildungslager, Taliban-Attacken auf Nato-Nachschubwege, der Versuch der islamistischen Fanatiker, den Konflikt in die Entsendeländer der alliierten Truppen zu exportieren – alles hängt miteinander zusammen. Alles ist von Reaktion und Gegenreaktion geprägt und scheint auf einen Kulminationspunkt zuzusteuern, der sich eine andere Bühne sucht als die weitgehend recht- und gesetzlosen Stammesgebiete im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, dem letzten „sicheren Hafen“ von al-Qaida und Taliban. Die radikalislamischen Terrornetzwerke wollen ihren Dschihad, ihren als „Heiligen Krieg“ verklärten Kampf gegen westliche Grundwerte und Lebensentwürfe wie schon am 11.September 2001 in die Heimat der Feinde tragen. Das zumindest vermuten westliche Geheimdienste und nennen potenzielle Anschlagsziele: Eiffelturm und Notre Dame in Paris, das Hotel Adlon, der Fernsehturm und der Hauptbahnhof in Berlin, Big Ben in London. Ihr Kronzeuge: Ahmed Sidiqi, ein deutscher Islamist afghanischer Herkunft aus Hamburg, der in US-Haft im afghanischen Lager Bagram sitzt und offenbar alles über Pläne und Personen ausplaudert, was er weiß. Wie realistisch ist das? Bis zu acht islamistische Terrorkämpfer mit deutschen Pässen sollen in der Ortschaft Mir Ali rund 20 Kilometer östlich der Stadt Miranshah im pakistanischen Nordwaziristan bei einem Drohnenangriff ums Leben gekommen sein. Einwohner berichteten, zwei Raketen hätten das Haus von Sher Maula Khan getroffen, einem Taliban-Sympathisanten, der deutschen Kämpfern Unterschlupf gewähre. Er selbst war im Juni gemeinsam mit dem Hamburger Islamisten Rami M. von pakistanischen Polizisten festgenommen worden. Andere Dorfbewohner berichteten, sie hätten die Leichen nach dem Angriff gesehen und könnten bestätigen, dass es sich um Ausländer gehandelt habe. Lokale Politiker und pakistanische Geheimdienstler bestätigen die Angaben, während ein hoher Offizier des pakistanischen Militärgeheimdienstes ISI gegenüber WELT KOMPAKT skeptisch bleibt: „Da sitzt ein Deutsch-Afghane im Gewahrsam der CIA in Afghanistan und erzählt etwas von acht Kämpfern mit deutschem Pass in Waziristan. Und kurze Zeit später sollen acht Menschen von einer Drohne getötet worden sein, und schon wenige Minuten später weiß alle Welt, dass es Deutsche waren. Überlegen Sie mal, wer das so schnell wissen kann – ohne, GETTY IMAGES/JONATHAN SARUK VON DIETRICH ALEXANDER, D.-D. BÖHMER UND S. BOLZEN 120 km Khyber-Pass Peshawar Islamabad NORDWASIRISTAN Mir Ali STAMMESMiramshah GEBIETE SÜDNORDWESTWASIRISTAN TERRITORIEN Torkham Quelle: ICOS hat es die CIA vor allem auf die Führer des Haqqani-Netzwerkes abgesehen, einem Ableger der afghanischen Taliban, der von NordWaziristan aus operiert und zum Hauptgegner amerikanischer Soldaten in der unwegsamen Grenzregion geworden ist. Unumstritten ist die Wirkung der Drohnen, umstritten hingegen ihre Präzision und damit die Langzeitwirkung: Es werden auch Zivilisten getötet. Und es liegt die Vermutung nahe, dass in ihren Familien eine neue, noch gewaltbereitere Generation von Terroristen heranwächst, die vom stärksten Motiv für Mord getrieben wird: Rache. „Möglicherweise werden wir auch in Nord-Waziristan eingreifen“, so der ISI-Offizier, „aber zu einem Zeitpunkt und unter Bedingungen unserer Wahl. Wir lassen uns nichts diktieren.“ Zurzeit seien die pakistanischen Truppen in der seit über einem Jahr andauernden Offensive gegen die Taliban im Nordwesten des Landes überdehnt. Zudem seien noch immer zahlreiche Soldaten in die Flutbekämpfung eingebunden. Die Amerikaner seien einfach ungeduldig. „Sie glauben, dass Nord-Waziristan von strategischer Bedeutung für den Krieg in Afghanistan sei. Das glauben wir nicht. Das eigentliche Problem liegt in Afghanistan.“ Tatsächlich fällt für Washingtons Geostrategen im Grenzgebiet die Entscheidung für die gesamte Region, und sie sind sich der vollständigen Zusammenarbeit mit dem pakistanischen Partner nicht immer sicher. „Der ISI, den weder die schwache Regierung noch das Militär wirklich kontrolliert, plant bereits für die Zeit, wenn Isaf aus Afghanistan abzieht“, warnt ein britischer Pakistan-Experte. Die Folge könnte ein Flächenbrand sein, der sogar Pakistans Erzfeind Indien mit in den Konflikt zöge. Das ist nicht nur den Amerikanern klar, sondern zunehmend auch der Nato-geführten Isaf-Truppe – die schon längst Teil des Konflikts zwischen Washington und Islamabad geworden ist. Das Verhältnis zwischen Isaf und Pakistan hat sich rapide verschlechtert, seit Nato-geführte Kampfeinsätze von US-Kampfhubschraubern im Grenzgebiet geflogen wurden, bei denen drei pakistanische Soldaten getötet wurden. Islamabad sperrte aus Protest den Khyber-Pass, die wichtigste Nachschubroute für die rund 130 000 in Afghanistan stationierten internationalen Soldaten. Mindestens 200 Lastwagen, viele davon Tanker, hängen seither in Pakistan fest – und werden von Aufständischen angegriffen. Seit der Schließung des Übergangs am vergangenen Donnerstag hat es fünf Anschläge auf den Lkw-Konvoi gegeben. „In jedem Krieg sind die Nachschublinien der verletzlichste Teil des Gegners. Wenn man wirklich schaden will, dann greift man dort an“, sagt dazu der anonym bleiben wollende ISI-Offizier. Es wächst nicht zuletzt deshalb die Bereitschaft der Nato, auf politischen Konfrontationskurs mit Islamabad zu gehen. „Die Isaf wird ihre Operationen keinesfalls nach Pakistan tragen“, erklärt Isaf-Sprecher Josef Blotz. „Aber wir haben ein Recht auf Selbstverteidigung.“ M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T POLITIK 7 POLITIK KOMPAKT USA Attentäter verurteilt Wegen des versuchten Bombenanschlags am Times Square in New York hat ein US-Gericht den Angeklagten Faisal Shahzad gestern zu lebenslanger Haft verurteilt. Der aus Pakistan stammende US-Bürger Shahzad hatte zuvor gestanden, Anfang Mai eine selbst gebaute Autobombe am Straßenrand deponiert zu haben. NORDIRLAND Großbritanniens Finanzminister George Osborne verkündete auf dem Parteitag der Torries herbe Einschnitte im Sozialsystem – auch für die Mittelschicht Im Namen der Fairness Großbritanniens Regierung will Besserverdienern das Kindergeld streichen Birmingham – Das Grollen ist schon zu hören, die Stromschnellen rücken heran: Die britischen Konservativen streichen den Besserverdienenden das Kindergeld – denen, die umgerechnet mehr als 50 000 Euro im Jahr verdienen! Verschwunden ist plötzlich das abstrakte Reden über die drakonischen Etatkürzungen, die der Schatzkanzler am 20. Oktober verkünden will. Jetzt schon geht es los, der erste Sprengsatz wurde gezündet, ausgerechnet hier, auf dem Parteitag der Tories. Da ist es kein Trost, dass der Plan erst ab dem Haushaltsjahr 2013 greifen soll; 1,2 Millionen Familien dürften von ihm betroffen sein. Hätte er mit der Ankündigung nicht warten können bis zu dem genannten Datum, dieser George Osborne mit seinen unverschämt jungen 39 Jahren? Und nicht schon jetzt herauslassen, wie er beim Umbau des Sozialstaates auch mit der Mittelschicht verfahren wird? Die Entrüstung in den Medien ist einhellig. Aber der Schatzkanzler kalkuliert psychologisch: Es macht sich gut, wenn eine konservativ geführte Regierung nicht das tut, was man ihr als Erstes zutraut beim Umkrempeln des Sozialstaats – hartherzig den Schlechtergestell- ■ „Wir sitzen alle im selben Boot“ Finanzminister George Osborne ten der Gesellschaft noch ein wenig mehr von ihren sozialen Wohltaten zu kappen. Nein, er rückt jetzt schon den „middle classes“ zu Leibe, dem Stimmenreservoir, in dem die Tories eigentlich reiche Beute machen, er will demonstrieren, was er in seiner Rede als Prinzip verkündet hatte: dass jene, die mehr oder das meiste haben, auch mehr von den kommenden Lasten tragen müssten. „Das verlangt die Fairness, denn wir sitzen alle im selben Boot“, so sein Mantra. Zum ersten Mal macht sich eine Regierung in Europa ernsthaft da- ran, den Sozialstaat radikal umzubauen und dabei auch die Mittelschicht nicht zu verschonen. Diese werden demnächst in einem „Universal credit“-System zusammengefasst, in das alle Einzelwohltaten münden sollen, von der Mietbeihilfe über das Arbeitslosengeld, die Pauschale für ledige Mütter und den Heizkostenzuschuss. Keine Staatsunterstützung darf dann noch mehr einbringen als der Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers. Zurück an die Arbeit, so lautet die Devise. Haben wir nicht immer wieder als Glaubwürdigkeitstest der Politiker verlangt, dass sie dem Volk reinen Wein einschenken über das, was nicht mehr zu bezahlen ist? Ein Drittel des gesamten britischen Haushalts, so rechnete der Finanzminister in Birmingham vor, geht inzwischen in den Sozialetat, von dem allzu viele Menschen ihr Auskommen beziehen, ohne je in Berührung mit der Ar- beitswelt geraten zu sein. Aber der Mittelschicht wird die Kritik an diesen Zuständen bald vergehen, wenn auch sie zur Kasse gebeten wird; das Kindergeld ist nur der Anfang. Denn am laufenden Haushaltsdefizit von umgerechnet etwa 190 Milliarden Euro kommt niemand vorbei – und niemand an den knapp 140 Millionen Euro, die täglich an Zinsen auf die Staatsschuld abfließen. Es ist ein Parteitag, wie es noch keinen gab auf der Insel. Die Torries, die Partei, die sich einst als die „National Party of Government“ bezeichnete – geboren, um zu regieren – schlägt den Briten in klaren Worten einen Deal vor, den diese am 6. Mai gewählt haben: die Wahlversprechen der konservativliberalen Koalition. Harte Einschnitte, um Großbritannien für den internationalen Wettbewerb fit zu machen. Mit den angekündigten Einsparungen im Sozialsystem wird sich manch ein Brite wohl fragen, ob er das Kreuz richtig gesetzt hat. Kim Jong-un zeigt sich bei Militärübung Ohrfeigen aus dem Kreml Seoul – Nach der Ernennung zum General hat sich der Sohn und mutmaßliche Nachfolger von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-il erstmals öffentlich bei einer Militärübung gezeigt. Kim Jong-un und sein Vater hätten eine Einheit der Volksarmee besucht und gemeinsam einer Schießübung beigewohnt, berichteten die Staatsmedien am Dienstag. Es war das erste Mal, dass die Medien des kommunistischen Landes von einer gemeinsamen Reise der beiden berichteten. Beobachter sehen darin die Bestätigung für die langsame Übernahme der Macht von Kims 27-jährigem Sohn. Moskau – Dmitri Medwedew hat Spekulationen um ein Ende der autoritären Herrschaft des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko (56) angeheizt. Überraschend scharf warf er Lukaschenko in einer Videobotschaft auf seiner Internetseite vor, zwischen beiden Ländern Feindschaft zu säen. „Präsident Lukaschenko geht damit nicht nur weit über den Rahmen des diplomatisch Zulässigen, sondern auch über den menschlichen Anstand hinaus“, sagte Medwedew. In Weißrussland sind am 19. Dezember Präsidentenwahlen. In beiden Ländern kursieren Gerüchte, der Kreml wolle Lu- PA/EPA/DMITRY ASTAKHOV Moskau verliert die Geduld mit Weißrussland und Lukaschenko Medwedew (r.) im Gespräch mit Weißrusslands Diktator Lukaschenko kaschenko nach 16 Jahren im Amt loswerden. Der von Menschenrechtlern als letzter Diktator in Europa beschriebene Staatschef hatte Moskau vergangene Woche vorgeworfen, ihn stürzen zu wollen. In einer ungewöhnlich heftigen Kampagne kritisiert das russische Staatsfernsehen seit Wochen Lukaschenko. Er sei ein Psychopath, hieß es in einer Sendung. Auch unabhängige Beobachter sehen darin mögliche Kreml-Pläne, Lukaschenkos Ende einzuläuten. Medwedews Sprecherin Natalia Timakowa sagte, das Verhältnis mit der weißrussischen Führung sei in eine Sackgasse geraten. Dass Lukaschenko versuche, sich auf der Grundlage einer „anti-russischen Thematik“ eine neue Amtszeit zu verschaffen, sei inakzeptabel. Bei der Explosion einer Autobombe in Nordirland sind am gestern Morgen in der Stadt Londonderry mehrere Gebäude beschädigt worden. Verletzt wurde aber niemand, wie die Polizei mitteilte. Als Urheber des Anschlags wurden IRA-Dissidenten vermutet, die den Friedensprozess ablehnen. Eine Stunde vorher ging eine telefonische Warnung ein. NIEDERLANDE Wilders-Prozess geht weiter Der Prozess gegen den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wegen mutmaßlicher Hetze gegen Muslime wird nicht abgebrochen. Ein Gericht in Amsterdam wies gestern einen Befangenheitsantrag der Anwälte des Politikers gegen Richter Jan Moor zurück. Dieser hatte gesagt, dass Wilders dafür bekannt sei, kühne Behauptungen von sich zu AP/KOEN VAN WEEL REUTERS/TOBY MELVILLE Autobombenanschlag geben, aber Diskussionen zu meiden. Die Staatsanwaltschaft wirft Wilders vor, den Islam mit dem Nationalsozialismus verglichen zu haben. Ihm drohen bis zu zwölf Monate Haft. BIRMA Suu Kyi gibt nicht auf Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi geht gerichtlich gegen die von der Militärjunta erzwungene Auflösung ihrer Partei vor. Vor dem Obersten Gericht des Landes reichte sie gestern Klage ein. „Wir werden nicht aufgeben“, sagte einer ihrer Anwälte. Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie hatte die letzten freien Wahlen 1990 mit großem Vorsprung gewonnen, die Junta erkannte das Ergebnis aber nie an. Für November setzte die Militärführung Wahlen an, bei denen Suu Kyi nicht kandidieren darf. Da ihre Partei den Urnengang boykottieren wollte, wurde sie aufgelöst. SACK REIS Russlands Regierungschef Wladimir Putin hat den sechs rauchenden Ministern des Kabinetts den Griff zur Zigarette verboten. „Sie gehen mit gutem Beispiel voran und geben das Rauchen auf“, sagte er. Leidtragender dürfte vor allem Außenminister Sergej Lawrow sein, der als Kettenraucher gilt. W E LT K O M PA K T 8 KULTUR CHARTS Bücher 1. 2. 3. 4. 5. * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 Eat Pray Love Elizabeth Gilbert (Vorwoche: 4.) Herbstmagie Nora Roberts (Vorwoche: 1.) Leichenblässe Simon Beckett (Vorwoche: 3.) Der Chinese Henning Mankell Vorwoche: 2.) Verbrechen Ferdinand von Schirach (Vorwoche: 12.) KULTUR KOMPAKT Der Traum vom Oscar Mindestens 55 Länder machen sich Hoffnung auf einen Oscar in der Kategorie „Bester ausländischer Film“. Für Deutschland geht Feo Aladags EhrenmordDrama „Die Fremde“ am 27. Februar 2011 ins Rennen. Gute Chancen sieht das Branchenblatt „Variety“ auch für Mexikos Beitrag „Biutiful“, eine mexikanischspanische Koproduktion von Regisseur Alejandro Gonzalez Inarritu mit Javier Bardem in der Hauptrolle. Die Türkei schickte seinen Berlinale-Gewinner „Honey“, Rumänien will mit dem Film „If I Want to Whistle, I Whistle“ noch einmal sein Glück versuchen. Er hatte in Berlin den Silbernen Bären gewonnen. Aladags „Die Fremde“ hatte beim New Yorker Tribeca-Festival abgesahnt. Musik und Theater im Louvre Der französische Film- und Theaterregisseur Patrice Chéreau (65) wird im Museum Louvre Theater und Musik aufführen. Als GastKurator hat das Pariser Haus dem Regisseur bei der Programmgestaltung freie Hand gelassen. Das Ergebnis: Mehrere Theaterstücke in den Louvre-Sälen, darunter die Neuinszenierung von „Traum im Herbst“ des norwegischen Dramatikers Jon Fosse. Türkei will Sphinx zurück Der türkische Kulturminister Ertugrul Günay hat Deutschland ultimativ aufgefordert, die im Berliner Pergamon-Museum aufbewahrte Sphinx von Hattuscha zurückzugeben. Sonst werde dem Deutschen Archäologischen Institut die Lizenz für Grabungen in Hattuscha entzogen, zitierte die türkische Tageszeitung „Aksam“ den Minister bereits am Montag. Deutsche Archäologen hatten in Hattuscha, der Hauptstadt der Hethiter, vor mehr als 100 Jahren mit Grabungen begonnen. In Berlin steht noch eine von zwei gefundenen Sphingen aus Stein. Mehrere Medien hatten über diese Forderung berichtet. Weder die Stiftung Preußischer Kulturbesitz noch das Auswärtige Amt wollten sich gestern zu den Forderungen äußern. Folgen Sie Andrea Kolpatzik auf Twitter twitter.com/wk_kolpatzik Die nächste Piaf Et voilà: Die Sängerin ZAZ ist in ihrem Heimatland Frankreich bereits ein Superstar – jetzt will sie Deutschland erobern VON JULIA DOMBROWSKY Wer an Frankreich denkt, denkt zugleich an Carla Bruni, Brigitte Bardot und Edith Piaf. ZAZ kommt in dieser Liste nicht vor. Superstar dort, kleines Licht hier. Unverdient. So lässt sich die Sängerin ZAZ am schnellsten beschreiben. Will man dem Phänomen des zierlichen Energiebündels aus Tours näher auf den Grund gehen, braucht es etwas länger. Ihr erstes Album „ZAZ“ war wochenlang auf Platz eins der französischen Charts und steht seit dem 1. Oktober endlich auch in Deutschland in den Läden. Ihre Single „Je veux“ löste Begeisterung aus, die Franzosen kennen sie aus der Talentshow „Bleu/ Réservoir Generation“, in der sie als Außenseiter startete und dank ihrer rauchigen Stimme und ihrer jazzigen Musik als Siegerin hervorging. Als eine französische Lena MeyerLandruth sieht sie sich trotzdem nicht. „Ich bin schon mit vier Jahren singend durch die Wohnung gesprungen und habe eine klassische Musikausbildung“, betont Isabelle Geffroy, so ihr bürgerlicher Name, dann. Eine Musikerin mit mehr Substanz also. Und ihr Weg zum Erfolg war lang. Die heute 30-Jährige hat alle Tiefen eines romantischen Künstler-Daseins bereits hinter sich. Nach ihrer Ausbildung kommt nicht sofort der große Erfolg, sondern Auftritte in einem Pariser Kabarett. „Anderthalb Jahre lang trat ich dort täglich von 23 Uhr bis 5 Uhr Nachts auf, sang ohne Mikro in das zweistöckige Gebäude hinein. Es war höllisch anstrengend. Ich fühlte mich irgendwann wie eine Beamte der Musik.“ – anstatt ihre Ambitionen hier lebendig zu begraben, zieht sie lieber auf die Straße. Und spielt mit einem Kontrabassisten und einem Gitarristen auf den Straßen von Montmartre für Almosen. Ein hoher Kulturfunktionär wird auf die damals 26-Jährige aufmerksam und bietet ihr an, eine Tournee mit Edith Piafs größten Hits durch Sibirien zu machen. „Natürlich sagte ich ja. Auf Staatskosten zu spielen war doch super. Es waren Minus 25 Grad, ich habe noch nie so etwas Kaltes erlebt. Ich spielte 13 Konzerte in 15 Tagen und es kam so gut an, dass ich im April noch mal wiederkam.“ Solche und ähnliche Geschichten hat ZAZ viel zu erzählen, die machen sich ja auch gut, wenn man als unkonventionelle Zigeunerprinzessin auftritt, wie die Sängerin es tut. Sie trägt bunte Klamotten, ein Piercing unter dem Auge, Tücher in den Haaren. Bei Interviews sitzt sie auf dem Fußboden, hibbelt herum, transportiert ihre Klamotten in einem Müllsack. Sie tritt auf wie ein Punk, nur ohne Hund, schreibt das Magazin „Les Inrockuptibles“ über sie „um zu zeigen, dass sie die Moral Chanson aus Passion ■ Die als Isabelle Geoffroy geborene französische Sängerin ZAZ zeichnet sich durch eine einzigartige Stimme aus. ■ Die Kritiker in Frankreich jubeln. Charismatisch, melodiös, charmant. ■ ZAZ ist bekannt in der französischen Musikwelt: Nach ihrer Studienzeit in Bordeaux sang sie in einer Bluesband. Anschließend in einem baskischen Tanzorchester. Und danach rockte sie auch noch in einer Latinband. Abgefahren. ■ Ihr Musikinteresse ist vielfältig: afrikanische, arabische, andalusische und brasilianische Musik beeinflussten ihre Entwicklung. ■ Erfahrung als Straßenmusikerin sammelte sie auch. In Paris, zusammen mit zwei Musikerkollegen. Zauberhaft http://bit.ly/dyeWo5 Sie ist jung, schön und erfolgreich – trotzdem gibt’s was auf die Ohren. Hier eine Hörprobe. der Klein-Bourgeoise beherrscht.“ Ganz falsch ist das nicht. Ihr verrückt-verruchtes Auftreten wirkt einstudiert, Texte wie: „Vergesst all eure Klischees, herzlich willkommen in meiner Realität!“ gezwungen unverkrampft und ihre Weltsicht zum Teil naiv-esoterisch. So wie der Name ZAZ, der für sie „den ewigen Zyklus repräsentiert“ – das Z und das A bilden schließlich Ende und Anfang des Alphabets. Es mag nur eine clevere Vermarktungsstrategie des Mädchens aus dem Mittelstand sein, das damit die Sehnsucht nach freiem Leben und guter Musik stillt. Doch musizieren, das kann sie tatsächlich. Ihre Lieder sind Ohrwürmer, mitreißend, angenehm. Die Ironie: sie erfüllen alle Frankreich-Klischees. Jazz-Rythmen mit Akkordeon-Begleitung und eine Soul-Sängerin mit einer an der Großen Piaf angelehnten Stimme. Der schönste Beweis ist der Song „Ni oui ni non“ – man tappt in ihre Falle, man kann gar nicht anders. Das Album wird daher – verdienterweise – auch in Deutschland seine Abnehmer finden und die Legenden, die sich um das Glückskind ZAZ ranken, nur noch mehr werden. „Tatsächlich bin ich zu dem Album gekommen, nachdem ich eine Annonce beantwortete, in der ein Mann eine rauchige Stimme suchte. Normalerweise hätte ich einen Perversen dahinter vermutet, aber wie immer trügte mich mein Instinkt nicht“, erzählt sie – und schon war sie das Ziehkind von dem bekannten Produzenten Kerredine Soltani. Er hatte die Annonce 2007 geschaltet, vermittelte die nötigen Kontakte und motivierte sie, selber Songs zu komponieren. Seitdem ging es für ZAZ nur noch bergauf. Man fragt sich, was noch kommen mag. Ob sie sich vorstellen kann, irgendwann einen französischen Präsidenten zu heiraten? „Nein“, sagt sie entsetzt und dann, „Außer wenn er den Glauben an die Menschen und die Liebe hat und seine Taten, Worte und Gefühle eins ergeben – dann vielleicht.“ Und schon ist sie wieder ganz ZAZ. Rauchige Stimme: Die Sängerin ZAZ will auch in Deutschland erfolgreich sein Von wegen kleine Schwester Von Charlottenburg bis Friedrichshain – Die „art berlin contemporary“ umwirbt zeitgleich VON ANDREA HILGENSTOCK Das Art Forum und seine Satelliten Berliner Liste Münze Berlin Molkenmarkt 2 vis-à-vis Rotes Rathaus CHARLOTTENBURGWILMERSDORF Art Forum Berlin 1 Messedamm 22 Eingang Masurenallee Charlottenburg 2 4 FRIEDRICHSH.MITTE KREUZBERG 3 art berlin contemporary (abc) TEMPELHOFMarshall-Haus SCHÖNEBERG Messegelände Berlin Eingang Halle 19 Charlottenburg art berlin contemporary (abc) HAU2 (Hebbel am Ufer) Hallesches Ufer 32 Kreuzberg PRENZLAUER BERG 3 5 7. Berliner Kunstsalon a. Station Alter Schlachthof Landsberger Allee 104 Prenzlauer Berg Preview Berlin Flughafen Berlin-Tempelhof Hangar 2 Columbiadamm 10 Tempelhof Berlin – Noch mehr Kunst gefällig? Bitte sehr! Zum Art Forum Berlin, das heute beginnt, rüsten auch die drei Satellitenmessen auf: Liste, Preview und Kunstsalon. Siebenmeilenstiefel braucht in jedem Fall, wer alles sehen möchte, was zwischen dem 6. und 10. Oktober von Charlottenburg bis Friedrichshain bis Tempelhof geboten wird. In unmittelbarer Nachbarschaft zur großen Schwester auf dem Messegelände am Funkturm öffnet die „abc art berlin contemporary“ ihre Pforten. Sie versteht sich nicht als Messe, sondern als freies Format zwischen Ausstellung und GalerienEvent. Im 1950 errichteten, denkmal- geschützten Marshall-Haus hat Kurator Marc Glöde unter dem Motto „light camera action“ Videokunst und Film-Installationen versammelt. Da herrscht ein Surren und Flimmern. Rund 60 Künstler von 60 Galerien, die nebenan ihre Verkaufsstände haben, zeigen ihre Streifen. Auch Lichtskulpturen sind dabei, Collagen, Fotografie, Performances. Martin Klosterfelde schickt als Novum einen Film von Hanne Darboven ins Rennen. Bei der jungen Galerie Reception offeriert Luigi Ghirri das Brusttoupet eines strahlenden Herrn und Daniel Buchholz tritt mit neuen Fotos von Wolfgang Tilmans an. Als Ergänzung zum Art Forum Berlin macht die von unzufriedenen M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T KULTUR 9 Auf dieser Beerdigung wurde viel 80 noch öffentlich seiner Kleider zu Gelacht: Familie und Freunde von entledigen?“, fragte SchwarzenegTony Curtis verabschiedeten sich ger nach CNN-Angaben gestern. in einer bewegenden Trauerfeier Curtis hatte der Zeitschrift „Vanity von dem Ende September gestorbe- Fair“ 2005, damals als 80- Jähriger, nen Schauspieler – mit Tränen, für Nacktfotos Modell gestanden. Im Laufe seiner langen Filmkaraber auch mit vielen humorvollen Anekdoten aus Curtis’ Leben. Der riere spielte Curtis in mehr als 140 Hollywoodstar war am vergange- Dramen und Komödien mit. Benen Mittwoch im Alter von 85 Jah- rühmt wurde er vor allem durch ren in Henderson im US-Bundes- „Manche mögen’s heiß“ (1959) an staat Nevada gestorben. „Wir alle der Seite von Marilyn Monroe und haben etwas von ihm. Ich beispiels- Jack Lemmon. weise mein ungestilltes Bedürfnis nach Beachtung“, sagte Tochter Jamie Lee Curtis nach der Trauerfeier laut CNN-Angaben und wies in die große Runde aus Geschwistern und deren Kindern. Kaliforniens Gouverneur und Ex-Schauspielerkollege von Curtis, Arnold Schwarzenegger, würdigte die Courage des Stars. „Wer sonst Freunde und Verwandte verabschiedeten sich hat denn den Mut, sich mit zärtlich von Tony Curtis DPA/DANIEL GLUSKOTER Abschied von Tony Curtis: „Wer zieht sich jetzt aus?“ Empörung über Teilnahme an Wagner-Festspielen zum Art Forum das Publikum Galeristen 2008 ins Leben gerufene „art berlin contemporary“ insofern Sinn, als hier nicht der Verkaufsaspekt vertieft wird, der häufig der Malerei den Vorzug gibt. Dafür tritt die Beschäftigung mit komplexen Inhalten in den Vordergrund. „Worum es uns geht, ist nicht, eine monomediale Ausstellung zu zeigen, sondern darzulegen, dass Film Bestandteil künstlerischen Denkens ist“, erläutert Glöde. Mal sehen, ob die Besucher das würdigen und auch noch ins Theater Hebbel am Ufer (HAU2) stiefeln, dem zweiten Spielort der abc. Oder ob sie die Schose als überflüssige Ausdehnung des Art Forums erkennen, das seine Sonderausstellung ja nicht ohne Grund einstellte. Was die „abc“ allerdings adelt, ist die Tatsache, dass hier einige internationale Händler beteiligt sind, die in den Messehallen fehlen, Barbara Gladstone, Rosemarie Schwarzwälder und Eva Presenhuber. ■ „Wir wollen Film als Bestandteil künstlerischen Denkens Kurator Marc Glöde zeigen“ Weniger etabliert geht es bei der Preview Berlin in der Haupthalle des Flughafens Tempelhof zu. 60 Aussteller aus 19 Ländern präsentieren, was sie für aufstrebend halten. Zum Beispiel Kunst aus Osteuropa. „Der Standort Berlin als Hauptstadt der Kreativen in Europa, kann all die Einflüsse, die durch die Künstler aus diesen Ländern deutlich in der Stadt zu spüren sind, nicht länger ignorieren“, findet Rüdiger Lange vom Kunstraum „loop“. Vom klassischen Standsystem hatte man sich hier im Hangar2 des Flughafens im vergangenen Jahr verabschiedet. Diesmal wird es eine Mischung geben aus Projektflächen ohne Wände und den klassischen Messekojen, berichtet Preview-Mitbegründer Kristian Jarmuschek. Mehr als 200 Künstler locken auf der Preview. Mit dabei: die Kunststiftung des Landes SachsenAnhalt aus Halle und die Warschauer Foundation für Promoting Contemporary Art. Die geplante erste Teilnahme eines im Oktober 2000 für Aufsehen geisraelischen Orchesters an den sorgt, als er den langjährigen BoyWagner-Festspielen in Bayreuth kott gegen Wagner in Israel brach. sorgt in Israel für Empörung. Der Er spielte damals mit dem Sinfoniedeutsche Komponist Richard Wag- orchester Rischon Lezion das „Siegner ist in Israel wegen fried-Idyll“. Das Konantisemitischer Posi- ■ „Katharina zert löste scharfe Protionen und seiner Poteste von Holocaustpularität während der Wagner will Überlebenden in Israel NS-Zeit umstritten. mit der aus. Seitdem werden Seine Werke werden in Wagners Werke weiterKonzerten so gut wie Einladung hin kaum gespielt. nie gespielt. Der israelische Joureine Brücke Die Sprecherin des nalist und HolocaustIsraelischen Kammer- schlagen, dies Überlebende Noach orchesters, Meirav MaKlieger schrieb gestern gen Lelie, bestätigte ist eine sehr in einem Kommentar, gestern die Teilnahme schöne Geste“ die Reise des Orchesan den Festspielen im ters nach Bayreuth Juli des kommenden Meirav Magen Lelie, bringe ihn in Rage. Jahres. Von der Bayreu- Sprecherin des Israelischen „Dies ist ein Schritt, ther Festspielleitung Kammerorchesters den alle „Freunde“ des war dazu gestern keine Judentums im AllgeStellungnahme zu erhalten. meinen und Israels im Besonderen Das israelische Orchester sei von als Kapitulation ansehen werden – der Leiterin der Festspiele, Kathari- und als Eingeständnis, dass der Boyna Wagner, eingeladen worden. „Es kott (Wagners in Israel) wertlos ist ihre persönliche Initiative“, sagte und nicht gerechtfertigt war.“ die Sprecherin. „Sie will damit eine Brücke schlagen, dies ist eine sehr schöne Geste.“ Um auf Sensibilitäten Rücksicht zu nehmen, sollten die Proben nicht in Israel stattfinden. Dort wird erwartet, dass Katharina Wagner kommende Woche nach Israel kommen dürfte und vermutlich am Mittwoch eine offizielle Einladung an das Orchester aussprechen könnte. Die israelische Zeitung „Jediot Achronot“ schrieb gestern, Wagner wolle sich während einer Pressekonferenz in Israel auch zu der „Nazi-Vergangenheit ihrer Familie“ äußern. Die Wagner-Festspiele hatten sich während der Nazi-Zeit durch die Freundschaft von Wagners Schwiegertochter Winifred zu Adolf Hitler diskreditiert. Der inzwischen verstorbene isra- Halten sich noch bedeckt: Katharina elische Dirigent Mendi Rodan hatte Wagner (li.) und Eva Wagner-Pasquier PA/DPA/DANIEL KARMANN SONY MUSIC/LAUREN CLEMENT Israelisches Orchester will im nächsten Jahr in Bayreuth spielen – trotz Boykotts W E LT K O M PA K T KULTUR REUTERS/MARKO DJURICA 10 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 Mehr Fans als Madonna? Turbo-Folk ist auch politisch, die Anhänger finden’s gut Der Soundtrack des Krieges Vor zehn Jahren stürzte Slobodan Miloševic – Auch die Faszination des Turbo-Folks verpufft PA /DPA/MILOS JELESIJEVIC Sicher nicht. Texte und Musik des Turbo-Folks sind alles andere als politisch. Wie der klassische Popsong kreisen sie um Liebe und Betrug. Politische Statements sucht man vergeblich. Die Verbindung war eher struktureller Art. Eine Schlüsselfunktion hatten dabei die Kriege der Neunziger, die 1992 von der Internationalen Gemeinschaft gegen Serbien verhängten Sanktionen – und die Inflation. Die gut ausgebildeten und international geprägten Serben verließen das Land, 700 000 sollen es gewesen sein. Entsprechend dramatisch verschoben sich die Machtverhältnisse. Der Musikjournalist Dragan Kremer beschreibt die angespannte Lage als „sozialen Schnellkochtopf“: „In diesem Vakuum, abgeschnitten von Informationen und Einflüssen von außen, verwandelte sich alles im Handumdrehen in Turbo-Folk.“ Kremer bezeichnet so weniger eine Musik, als eine soziale Ord- nung, die Deregulierung gewach- den eigenen avantgardistischen sener Strukturen und Werte, einen Stil bezogen hatte, der den provinRückfall hinter die Toleranzprinzi- ziellen Ethno-Kitsch auf die Schippien der jugoslawischen Gesell- pe nahm. schaft: Nationalismus, Patriarchat, Die glitzernde Welt der neuen DemokratiefeindlichStars, pompöse Galakeit, Homophobie. Shows und die mit Von der Weltstadt Statussymbolen aufBelgrad war nicht viel gemotzten Musikvigeblieben. „Nicht der deos suggerierten, Turbo-Folk zerstörte westliche Konsumgüdie Stadt, Belgrad ter seien nach wie vor existierte zu dieser verfügbar. Dabei war Zeit nicht mehr“, erdie gesamte Welt für innert sich der KulSerben so unerreichturmanager und bar wie nie zuvor. Fernsehmann Miloš Zweifelsohne profiJež. tierte die Politik am Die Nationalisiemeisten von der Paralrung machte auch vor Hossa! Megastar Svetlalelwelt des Turboder Kultur nicht halt. na Ceca Ražnatovic Folks. Hier fand sie Obgleich die „Neudas Auditorium, das komponierte Volksmusik“ sich sie durch die fatale Politik verloren dem internationalem Pop angenä- hatte. Jež, damals Kreativdirektor hert hatte, galt sie nunmehr als ser- von TV Palma, bezeichnet den bisch, eben als Turbo-Folk – eine Sender als „Hauptquartier der soBezeichnung, mit der sich der Mu- zialen Befriedung“. Als „serbisiker Rambo Amadeus ironisch auf sches MTV“ war er Marktführer in Sachen Turbo-Folk. Schon früh hatte die Opposition der Regierung unterstellt, das Genre zur Machtsicherung gefördert zu ha■ Die Zeit des Turbo-Folk war die ben. Frei nach dem Motto „Brot Zeit der Gegensätze. Insbesondere und Spiele“. So lange „Ceca naciodie Rockszene Jugoslawiens galt nale“ sang und tanzte, konnten Arals Gegenpol zum als nationalismut und Isolation Serbien nichts tisch und provinziell verschrienen anhaben. Turbo-Folk. Das musikalische Die Marktlage war für TurboBekenntnis war eines für oder Folk-Produktionen mehr als lukragegen die herrschende Politik – tiv, da Urheberrechte unbeachtet und teilt Belgrad heute noch. blieben. Ohnehin hatte der Staat andere Probleme. Neue Produktionstechniken lösten eine unüberschaubare Welle aus. Private ProBalkan-Beat duktionsfirmen und FernsehsenGelebter Turboder, die sich lokalen MusikprodukFolk: Jelena tionen widmeten, schossen wie Karleuša verPilze aus dem Boden. körpert das Ideal Die Gelder stammten aus dem des Turbo-Folks – Milieu derer, die von den sozialen hier gibt’ s den Clip dazu. http://bit.ly/9dykVU Umwälzungen profitiert hatten. Turbo-Folk – Die serbische Alternative ■ Turbo-Folk war neben den Hollywood-Blockbustern die billigste Form der Unterhaltung. ■ Er ist eine serbische Alternative zum angloamerikanischen Pop und kam dem nationalistischen Establishment unter Miloševic entgegen. ■ Neue, simple Boulevard-TVFormate sind untrennbar mit dem Aufstieg des Turbo-Folks verknüpft. ■ Jelena Karleuša, der aktuelle Star der Szene, verkörpert ein Extrem von Weiblichkeit: aufgespritzte Brüste und Lippen, gebräunte Haut, blondiertes Haar bis zur Hüfte. REUTERS/MARKO DJURICA wie man sie aus der türkischen Arabeske-Musik kennt, und mo„Ceca hat mehr Fans als Madon- derne Beats und Samples bekannna!“ So triumphierte letztes Jahr ter Songs – weicht heute kaum das serbische Boulevardblatt Svet, mehr vom internationalen Popnachdem zum Belgrader Konzert Durchschnitt ab. des amerikanischen Superstars Ganz anders Anfang der Neunbloß 30 000 Zuschauer kamen. Der ziger, als der Turbo-Folk Serbien Turbo-Folk-Star Svetlana „Ceca“ überflutete. 1993 veröffentlichte Ražnatovic hatte es zwei Jahre zu- der Sänger Ivan Gavrilovic das ersvor auf 150 000 Fans gebracht. te Turbo-Folk-Stück „200 na sat“ Das mag überraschen. Schließ- (200 km/h). Mit seinen Samples lich gilt Turbo-Folk hierzulande des Eurodance-Hits „No Limit“ als musikalisches Randphänomen. von 2 Unlimited und dem Ruf Zudem verbindet man das Genre „Techno Folk!“, der in ein schrilles, mit serbischem Nationalismus traditionell anmutendes Akkordeund organisiertem Verbrechen. onspiel überging, gilt er heute als Turbo-Folk ist alles prototypisch. andere als wohlgelitHier zeigt sich deutten, als „Soundtrack lich, woher der Turbodes Krieges“ blieb er Folk stammt. Die jugovom globalen Musikslawischen Kommumarkt ausgeschlosnisten versuchten sen. früh, die unterschiedTatsächlich lässt lichen sozialen, reliseine Entstehungsgegiösen und nationalen schichte den TurboHintergründe des Folk als politisches Staates zu moderiePhänomen erscheiren. Ab den Sechzinen. Gerade Ceca, der gern förderte man daMegastar der Szene, rum „Neukomponiertrug zu dieser Wahr- Pop heiratet Politik: te Volksmusik“, um nehmung bei. Ihre Željko und „Ceca“ jenseits regional aus1995 mit dem serbidifferenzierter schen Kriegsverbrecher Željko Musikidiome Gemeinsamkeiten „Arkan“ Ražnatovic zu schaffen. Vor neuer Technik geschlossene Ehe stand für die scheute man dabei nicht zurück. symbolische Vermählung von Na- Zum Turbo-Folk, dessen von Syntionalismus und Popkultur. Später thesizern produzierte Sounds nur ermittelte man wegen des Mordes noch erahnen lassen, was an ihm am serbischen Premierminister Folk ist, war es nur ein kleiner Zoran Djindjic gegen sie. Schritt. Heute, zehn Jahre nach dem Man kann es als Ironie betrachSturz von Slobodan Miloševic, hat ten, dass dem Turbo-Folk ein Konder Turbo-Folk seinen Zenit längst zept zur Integration Jugoslawiens überschritten. Der ursprünglich zugrunde liegt. auffällige Mix aus elektronisch Sollte aber die „Causa Ceca“ aufgemotzter Volksmusik – im ausreichen, um einer MusikrichVordergrund zumeist ein vom tung, die zweifelsohne die GesellKeyboard kopiertes Akkordeon, schaft prägte, Nationalismus nach„orientalische“ Gesangsstimmen, zuweisen? VON SONJA VOGEL M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T KULTUR 11 VON MATTHIAS KAMANN Dafür oder dagegen? Ausstellung „Kraftwerk Religion“ im Dresdner Hygiene-Museum polarisiert DPA/ARNO BURGI In eine Ausstellung über Religion gehören Reliquien. Drum wird das Original-Kopftuch gezeigt, das die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin in einer deutschen Schule trug, ehe ihr dies verboten wurde. Hinter Glas präsentiert wird auch eines der Kruzifixe, die aus einigen bayerischen Klassenzimmern entfernt wurden. Ebenfalls zu sehen ist das lila Schultertuch mit Protestsprüchen gegen Atomraketen, das sich Margot Käßmann 1983 auf dem Kirchentag in Hannover umlegte. Kommt her und seht auf diese Dinge: Sie erhitzen die Gemüter. Da wird eine starke These anschaulich: dass die religiöse Erregung, die sich einst in der verzückten Anbetung oder bilderstürmenden Vernichtung von Heiligenknochen ausdrückte, sich heute im erbitterten Streit über muslimische Symbole oder die Polit-Chiffren des Linksprotestantismus manifestiert. Am Grundprinzip der Fixierung auf Ikonisiertes hätte sich dabei wenig geändert. Ebenso wenig daran, dass zum Wesen der Religion ihr harter Bekenntnischarakter gehört: dafür oder dagegen? Auf den Video-Schirmen der Ausstellung „Kraftwerk Religion“ im Dresdner Hygiene-Museum nehmen Muslime oder Christen sofort Stellung zum Kopftuch oder zum Islam-Unterricht an Schulen. Es ist vor allem dieser Streit, das machen die Ausstellungskuratoren um Petra Lutz vom HygieneMuseum deutlich, der die Religion heute in der Öffentlichkeit präsent hält. Auf dem Rückzug ist der In Dresden wird genau hingeschaut und das religiöse Streitpotenzial scharfsinnig in Szene gesetzt Glaube in der Moderne keineswegs, bekräftigt diese kleine, hoch konzentrierte und fast überfüllte Ausstellung. Das Streitpotenzial des Glaubens demonstrieren in Dresden auch Textprojektionen, wo Voltaires Religionskritik gegen Ernst Wolfgang Böckenfördes Verteidigung des Glaubens im modernen Staat antritt. Religion ist in dieser Ausstellung das, was uns zum Pro und Kontra drängt. Dass dies der religiösen Durchschnittserfahrung entspricht, lässt sich bezweifeln. Hat die statt mit hitzigen Diskussionen vielmehr mit Gewöhnung ans nur halb Hinterfragte zu tun, mit biografischen Anekdoten und freundlichen Predigten, mit Ergriffenheit in schönen Kirchen oder mit der Freundlichkeit einer Caritas-Schwester? Von all dem ist wenig zu sehen in den drei düsteren Räumen, die mit dunklem Filz ausgelegt sind. Man könnte sagen, dass in Dresden konfessionslose Ostdeutsche mit einem fremd-brisanten Phänomen namens Religion konfrontiert werden. Doch diese Ausstellung macht Ernst mit dem Ernst des Glaubens. In diesem Ernst riskieren die Gläubigen Verfolgung, was in Dresden Filmausschnitte aus der Stasi-Überwachung von Kirchen in der DDR verdeutlichen. In diesem Ernst ritualisieren die Gläubigen auch die Aufnahme in die Gemeinschaften – Thomas Manns Taufkleid ist zu sehen – und verehren Brot und Wein, besonders aber Wasser. Aus dem Jordan kommt es, aus dem Ganges, aus Mekka, aus Lourdes – eine Batterie von Fläschchen erinnert daran, wie ähnlich sich die Religionen in vielem sind. Anzeige LEVERAGE DIE NEUE CRIME-SERIE HEUTE | 22:15 | W E LT K O M PA K T SPORT Ehrung für Löws Krisen-Kicker Ein „Busenwischer“ und Babbels Tritt ins Fettnäpfchen Bundespräsident zeichnet DFB-Team aus – Zahlreiche Spieler im Formtief Berlin – Das Leben ist manchmal ungerecht. Kein Mensch wird sich bei der Partie zwischen Hertha BSC und Aachen (0:0) an die gute Spielleitung von Bibiana Steinhaus erinnern. Ebenso wenig an die dürftige Leistung von Peter Niemeyer. Doch dank der Medienwelt wird eine Zwölf-Sekunden-Sequenz in Erinnerung bleiben. Ob in England, Holland, Spanien, Brasilien, Russland oder Deutschland – der Videoschnipsel von dem unbeabsichtigten Treffen zwischen der Schiedsrichterin und Niemeyer hat es in Windeseile auf Server rund um den Globus geschafft. Im SKY SPORT VON LARS GARTENSCHLÄGER Der Fehlgriff: Peter Niemeyer und Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus Rückwärtsgehen wollte der Mittelfeldspieler der Polizistin aus Hannover auf die Schulter klopfen, verfehlte sein Ziel und wischte ihr unbeabsichtigt über den Busen. Steinhaus stutzte, schaute und löste die Situation mit einem charmanten Lächeln, weil Niemeyer sich sofort entschuldigt hatte. „Wir sind aneinander vorbeigelaufen und haben uns berührt. Ich denke, da kann man es mit einem Augenzwinkern belassen“, sagte die einzige Schiedsrichterin im deutschen Profifußball. Niemeyer scherzte: „Man muss die Zuschauer ein wenig unterhalten.“ Die Beteiligten hatten die Szene unverkrampft aufgelöst. Das gelang Hertha-Trainer Markus Babbel am Tag danach nicht. Er lobte zwar die Leistung von Steinhaus („voll in Ordnung“), tapste dann aber im Scherz ins Fettnäpfchen: „Das hätte ich auch gern gemacht. Aber bei uns damals gab’s ja keine Schiedsrichterinnen.“ Berlin – Sie trugen schwarze Anzüge und graue Krawatten. Waren in edler Kleidung bereit für den großen Empfang, den Bundespräsident Christian Wulff gestern Mittag für Bundestrainer Joachim Löw und die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gab. Mit Shakiras WM-Song „Waka Waka“, gespielt in einer Klassikversion, empfing das Staatsoberhaupt die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Schloss Bellevue. Wulff hatte im Vorfeld des EMQualifikationsspiels gegen die Türkei am Freitag (20.45 Uhr, ARD live) geladen, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Spieler und Trainer für ihr erfolgreiches Abschneiden bei der WM in Südafrika mit dem abschließenden dritten Platz zu ehren. Während die Spieler das Silberne Lorbeerblatt erhielten, bekam Joachim Löw das Bundesverdienstkreuz. Dies hatten u.a. schon Löws Vorgänger Franz Beckenbauer (2006) und Jürgen Klinsmann (2007) erhalten. Christian Wulff würdigte die herausragenden Auftritte des Teams in Südafrika. „Die Mannschaft hat mit Eleganz, Leichtigkeit, Teamgeist und Spielwitz überzeugt und kann für andere ein Vorbild sein“, betonte Wulff. „Diese Mannschaft ist ein Spiegel der tatsächlichen Gesellschaft unseres Landes.“ In seiner Rede ging Wulff auch auf das Thema Integration ein. „Diese Mannschaft mit jungen Männern so unterschiedlicher Herkunft spiegelt Deutschland als das Einwanderungsland, das es längst schon geworden ist“, sagte Wulff. Davor hätten, fuhr er fort, viele lange Zeit ängstlich oder abwehrend die Augen verschlossen. „Und nun“, so Wulff, „mit einem Mal, konnte man sehen, was für ein schönes, begeisterndes und effizientes Teamwork entstehen kann, wenn Menschen, wie verschieden ihre Herkunft auch ist, das beste, REUTERS/TOBIAS SCHWARZ 12 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 Löw erhielt das Bundesverdienstkreuz, die Spieler das silberne Loorbeerblatt was sie haben und können, in ein Projekt einbringen.“ Es waren unbeschwerte Wochen in Südafrika. Ganz anders als jetzt, wo der raue Alltag ihnen Probleme bereitet. Allein 14 von 19 für die TürkeiPartie nominierten Spielern erleben dieser Tage die Kehrseite des Daseins als Profi. Sie sind außer Form, darben mit ihren Vereinen im Tabellenkeller der Bundesliga und stehen im Fokus der Kritik. In Christian Träsch und Cacau sind gar zwei Mann vom Tabellenletzten VfB Stuttgart dabei. Holger Badstuber, Philipp Lahm, Toni Kroos, Thomas Müller, Miroslav Klose und Mario Gomez blamieren sich mit dem FC Bayern derzeit auf Platz zwölf. Torhüter Manuel Neuer, die deutsche Nummer eins, ist mit Schalke Tabellenvorletzter und hat in sieben Spielen schon 14 Tore kassiert. Dazu sind auch der Kölner Podolski, die Bre- mer Wiese, Mertesacker und Marin sowie der Hamburger Westermann mit ihren Vereinen weit von den Zielstellungen entfernt. Trotzdem schenkt der Bundestrainer seinen Männern das Vertrauen. Er sei nicht besorgt, sagte er gestern, „weil ich es irgendwie erwartet habe. Die Spieler haben bei der WM Unglaubliches geleistet. Da sind viele Kräfte verloren gegangen“. Löw hofft auf die therapierende Wirkung der Nationalmannschaft und darauf, dass unter seiner Führung zumindest Klose und Podolski wieder zu ihrer Form finden. Mario Gomez ist beim FC Bayern nur noch Reservist, auch wenn er am Sonntag in Dortmund (0:2) erstmals seit einem halben Jahr zur Startelf gehörte. „Ich habe mein Bestes gegeben, es hat nicht gereicht“, sagte Gomez. Auf dessen Torflaute hat nun gar ein Wettanbieter reagiert. 210 Euro zahlt Partybets bei einem Einsatz von zehn Euro, sollte Gomez in der Bundesliga-Hinrunde leer ausgehen. Klose ist dort noch nicht gelistet, sagte: „Wer mit einer Niederlage in die Länderspielwoche geht, hat immer ein schlechtes Gefühl.“ Die Sorgen des Angreifers sind nachzuvollziehen. Doch Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass es oft gut gegangen ist, wenn Bundestrainer auf schwächelnde Nationalspieler gesetzt haben. In der Saison 1974/1975 etwa befanden sich die Bayern in einer Krise. Dennoch nominierte Helmut Schön in der EM-Qualifikation regelmäßig einen München-Block, und Deutschland schaffte trotz die Qualifikation. 1997 setzte Berti Vogts regelmäßig auf Spieler vom kriselnden Klub Borussia Dortmund, trotzdem erwarb die Nationalmannschaft die WM-Spielberechtigung. Angst vor einem Fußballbuch welt.de/dfbelf Wie die Türkei um deutsche Talente wirbt Erdal Keser koordiniert 25 Scouts, die schon Nuri Sahin oder die Altintop-Brüder gewinnen konnten wir an, und wir haben drei bis vier Spieler aus Deutschland pro Jahrgang in unseren Teams“, sagt Keser stolz. Von seinem Büro in Köln aus koordiniert er 25 Talentspäher. Sie bewerten bei Partien die Fähigkeiten der Spieler. Richtig schwierig wird es aber erst, nachdem ein Spieler für gut genug befunden wurde. Dann gilt es, die Talente zu überzeugen, sich für die Türkei zu entscheiden – und eben nicht für Deutschland. Weil die meisten in der Bundesrepublik geboren sind, können sie wählen, für welches Land sie spielen wollen – selbst, wenn sie schon für Juniorenauswahlteams gespielt haben. Derzeit ist der Verband an Taner Yalcin (20, 1. FC Köln), Ömer Toprak (21, SC Freiburg), Ilkay Gündogan (19) und Mehmet Ekici (20, beide 1. FC Nürnberg) interessiert. „Wir be- drängen keinen Spieler. Er muss die Entscheidung aus freien Stücken treffen. Wenn er sagt, dass es ihn stolz macht, für die Türkei zu spielen, öffnen wir ihm die Türen“, sagt Keser. Es klappt nicht immer, Mesut Özil (Real Madrid) und Serdar Tasci (VfB Stuttgart) entschieden sich für Deutschland, der türkische Verband hat das Scouting seither intensiviert. Probleme mit dem DFB gebe es dennoch nicht, BONGARTS/GETTY IMAGES/BORIS STREUBEL den Vertrauten des Nationaltrainers Guus Hiddink. Sieben in Berlin – Gut ist für ihn nicht gut Deutschland ausgebildete Profis genug. Bei Erdal Keser muss es gehören zum Aufgebot der Türkei sehr gut sein. Als der Türke in den für das Duell mit der Auswahl des 80er-Jahren für BorusDeutsche Fußballsia Dortmund stürmte, Bundes (DFB): Hamit gab es nach Siegen nur ■ „Wir Altintop (FC Bayern die Frage: Was können bedrängen München), sein Bruwir noch besser mader Halil (Eintracht chen? Und diesen Per- keinen Spieler. Frankfurt), Nuri Safektionismus hat er Er muss die hin (Borussia Dortsich auch als Leiter des mund), Ömer ErdoEuropa-Büros des tür- Entscheidung gan (Bursaspor, frükischen Fußballverbanher FC St. Pauli), treffen“ des bewahrt. Es sagt daCeyhun Gülselam her viel über den Erfolg (Trabzonspor, früher seiner Arbeit aus, wenn er vor dem SpVgg Unterhaching), Hakan BalSpiel gegen Deutschland betont: ta (Galatasaray Istanbul, früher „Ich bin sehr zufrieden.“ Hertha BSC) und Özer Hurmaci Der Auftrag der Verbandsfüh- (Fenerbahce Istanbul, früher KSV rung an den 49-Jährigen: Finde in Baunatal). „Uns geht es aber auch Deutschland türkische National- schon um die Junioren-Nationalspieler! Er erfüllt ihn – und zählt zu mannschaften. Bei der U 15 fangen VON JULIEN WOLFF stattdessen großen Respekt vor der guten Ausbildung der jungen Spieler in Deutschland, so Keser. Geld benutzt der Verband nach eigenen Angaben nicht als Lockmittel. Kesers Team spricht mit den Familien, appelliert an den Stolz der Eltern. „Das Spiel am Freitag ist für viele Jugendliche ein Ansporn, es selbst in die Nationalelf zu schaffen“, sagt Erdal Keser. Und meint natürlich die der Türkei. Sie hat Keser von einer Länderspielkarriere in der Türkei überzeugt: Halil Altintop (links) und Nuri Sahin, hier beim Training M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 W E LT K O M PA K T SPORT 13 Königreich schämt sich für Problemkind Trainer van Marwijk verzichtet auf de Jong – „Er ist eine Schande für den niederländischen Fußball“ Wieder mal steht der Planet still, weil die Uefa es so will. Zwei Wochen keine Bundesliga, dafür Länderspiele. Die Ehre des Vaterlandes steht hier und da auf dem Spiel, da darf nichts die Konzentration auf das Wesentliche stören. Wer im Juni 2012 im Sonderzug nach Polen und/oder in die Ukraine fahren will, muss sich schließlich jetzt schon um die Reservierungen kümmern. Niemand hat etwas zu verschenken in der Qualifikation zur Europameisterschaft, die Favoriten schon gar nicht. Dennoch kommt es vor, dass nicht alle Nationaltrainer ihre Besten nominieren. So wie die niederländische Mannschaft. Der Spieler Nigel de Jong, hierzulande bekannt aus seiner Zeit beim Hamburger SV (2005 bis 2008), ist schlicht zu hart fürs Vaterland. Sie benötigen zwar ganze Kerle in der Stunde der Bewährung, aber was zu viel ist, ist zu viel. Trainer Bert von Marwijk hatte schlicht „keine andere Wahl“. Was ist geschehen? De Jong ist kein Kind von Traurigkeit und geht schon mal zur Sache im Mittelfeld, aber in den Statistiken des Raubeins findet sich bis dato kein einziger Platzverweis. Was zwar für ihn, aber all- PA/DPA/BERND WEISSBROD VON UDO MURAS Mit diesem Tritt im WM-Finale schockierte Nigel de Jong die Fußball-Welt. Es war nicht die letzte Brutalo-Aktion mählich nicht mehr unbedingt für die Schiedsrichterzunft spricht. Im März hatte der bei Manchester City tretende, pardon arbeitende, Kicker, der sich selbst als Wasserträger bezeichnet, einem Kontrahenten aus Bolton das linke Bein gebrochen. Und am Tag nach dem WM-Finale in Johannesburg hatte es sein Kung-Fu-Tritt in die Brust von Spaniens Xabi Alonso auf die Titelseiten vieler Zeitungen geschafft. Das schöne Spiel der Niederländer bei der WM war nach dem Treterfinale jedenfalls kein Thema mehr – und de Jong hatte daran einen durchaus unrühmlichen Anteil. Nun hat er ein weiteres Kapitel in der Chronik der Schandtaten auf dem Fußballplatz geschrieben. Bereits nach sieben Minuten beendete er am Samstag den Einsatz von Newcastle Uniteds Hatem Ben Arfa – Schien- und Wadenbeinbruch. Dass es dafür in England nicht mal eine Gelbe Karte gibt, darf uns nicht weiter verwundern. Der englische Verband hat angeblich versucht, alle Videos zu sperren, die dieses Foul zeigen – es sei dann doch zu brutal. Doch das geht nicht in unserer Medienwelt, und so kann es alle Welt sehen. Die Heimat schämt sich nun aufrichtig für ihr Problemkind. „Nigel de Jong ist ein rückfälliger Krimineller! Das hat etwas mit Intelligenz zu tun. Er ist eine Schande für den niederländischen Fußball“, wird der niederländische Kulturkritiker Hugo Bons zitiert und Jan Everse, Sparta Rotterdams Trainer, empfiehlt den Gang zum Psychiater. Nationaltrainer van Marwijk ist zumindest ein Pädagoge und kündigte bereits an, mit ihm „über seine Spielweise zu sprechen“. Die Mannschaftskollegen der „Elftal“ wissen jedenfalls Bescheid, warum de Jong diesmal nicht das orangefarbene Trikot wird tragen dürfen. Der Treter http://bit.ly/bfatYA Das brutale Foul im WM-Finale gegen Spanien. Hier das Video zu de Jongs Kung-FuTritt gegen Xabi Alonso Anzeige FUSSBALL KOMPAKT Bochum versinkt im Chaos Mit einer Kurzschlussreaktion hat Vereinsboss Werner Altegoer seinen geliebten VfL Bochum ins Chaos gestürzt. Der 75 Jahre alte und fast allmächtige Aufsichtsratsvorsitzende trat im Anschluss an eine turbulente Mitgliederversammlung zurück – der sportlich kriselnde VfL ist nun auch noch führungslos. Die Versammlung endete mit dem Sturz eines Denkmals. „Meine persönliche Arbeit für den VfL ist beendet“, sagte Altegoer mit steinerner Miene, nachdem die Mitglieder dem Aufsichtsrat zweimal die Entlastung verweigert hatten. Magath wütend auf Neuer Trainer Felix Magath von Schalke 04 hat gereizt auf die öffentlichen Abwanderungsgedanken des Nationaltorhüters Manuel Neuer reagiert. „Wer soll denn jetzt zufrieden sein? Meinen Sie, ich bin zufrieden? Es kann doch keiner jetzt mit der Situation zufrieden sein! Das hat aber doch damit nichts zu tun, dass ich gleich alles in Frage stellen muss“, sagte Magath dem Fernsehsender Servus TV. Neuer hatte erklärt, er fühle sich bei den Königsblauen derzeit „nicht wohl“. Forlán will weg Uruguays WM-Star Diego Forlán will Atlético Madrid so schnell wie möglich verlassen. „Wenn ich die Chance habe, werde ich geFolgen Sie Florian Wichert auf Twitter twitter.com/wk_wichert hen“, sagte der als bester Spieler der Weltmeisterschaft ausgezeichnete Stürmer gestern dem englischen Pay-TV-Sender „Sky Sports“. Wenig später relativierte Forlán seine Äußerungen jedoch. Er sei falsch verstanden worden, sagte er dem Madrider Sportblatt „Marca“ (Internetausgabe). „Wenn ich ein gutes Angebot erhielte, würde ich es wie immer studieren. Danach sähen wir dann weiter.“ TOLLHAUS! Überraschungsteams im Prämienwahn – Hauen und Stechen beim Meister Geschäftsstelle eingeweiht Im Beisein der Witwe des ehemaligen Nationaltorhüters Robert Enke ist gestern die neue Geschäftsstelle der gleichnamigen Stiftung eingeweiht worden. Der Sitz der Geschäftsstelle befindet sich im Verwaltungsgebäude des Niedersächsischen Fußballverbandes in Barsinghausen. „Ich bin sehr froh, dass unsere Stiftung nun ein dauerhaftes Zuhause erhalten hat“, sagte Terese Enke. Ihr Ehemann hatte am 10. November 2009 Selbstmord begangen. DFB kritisiert Gericht Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat vor dem Prozessbeginn im Wettskandal die fehlende Kooperationsbereitschaft der Gerichte scharf kritisiert. „Wir beobachten den Prozess mit der großen Hoffnung, dass da absolute Klarheit geschaffen wird“, sagte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach gestern der Nachrichtenagentur dpa. „Denn wir als Sportverband haben darunter zu leiden, dass man uns nicht mal komplette Akteneinsicht gewährt. Da muss sich grundsätzlich etwas ändern. Die Gerichte sollten mit uns zusammenarbeiten.“ GRATIS IM HEFT: Fußball-Gameboard von Panini + 6 Spieler-Karten! Gibt’s auch im Abo: www.sportbild.de W E LT K O M PA K T 14 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 SPORT Warum Amerikas Eishockey-Saison in Europa beginnt VON MARCEL STEIN PA/SVEN SIMON PA/DPA Berlin – Angesetzt war es als Freundschaftsspiel. Dabei stand vom ersten Tag an fest, dass es viel mehr sein würde. Ein Vergleich der Systeme, ein Kampf um die Weltherrschaft im Klubeishockey. Zumindest für die einen. Das stellte Alexander Medwedew, der Präsident der pan-russischen Eishockeyliga KHL, klar. Er ließ extra das Training von SKA St. Petersburg, wo er ebenfalls präsidiert, unterbrechen und schwor die Spieler NHL-Commispersönlich auf die sioner Bettman Partie in der heimischen Arena gegen die Carolina Hurricanes aus der nordamerikanischen NHL ein. SKA gewann, mit 5:3 schlugen sie die Amerikaner. Die Russen können nun behaupten, dass sie mit der besten Liga der Welt auf einer Stufe stehen. Was bei den Spitzengehältern, die jeweils gezahlt werden, auch nicht ganz verkehrt ist. Sportlich aber hat die Partie eher wenig Aussagekraft, denn während die KHL seit Wochen im Spielbetrieb ist, beginnt die NHL-Saison erst morgen. Die Hurricanes haben die Partie in St. Petersburg lediglich als Vorbereitung auf die Begegnung mit Minnesota Wild in Helsinki genutzt. Zum vierten Mal in Folge eröffnet die NHL ihre Saison nun in Europa. Gleich sechs Mannschaften sind angereist und absolvieren sechs Punktspiele. „Mit diesen sechs Teams hat fast die Hälfte aller NHL-Klubs in Europa gespielt“, sagt NHL-Commissioner Gary Bettman. Dahinter steckten einst konkrete Expansionspläne, von einer eigenen NHL-Division in Europa war die Rede. Mittlerweile wird vorsichtiger formuliert. „Es zeigt unser anhaltendes Interesse, das Eishockey außerhalb von Nordamerika zu entwickeln“, sagt Mike Ouellet, der Chef der Wirtschaftsabteilung der Spielergewerkschaft NHLPA. Christoph Sandmann, Deutschlands bester Vierspännerfahrer, an den Lenkseilen. Hinter ihm sitzen seine Beifahrer, die sogenannten Grooms Hoch auf dem schnellen Wagen Warum Christoph Sandmann auf eine Medaille bei den Weltreiterspielen hoffen darf ren. „Bei Weltreiterspielen haben wir immer genug Zuschauerresonanz“, sagt der Routinier. Sandmann ist der deutsche Fahrer mit den größten Chancen in Kentucky – ein Hobbysportler unter vielen Profis und Halbprofis. Mit 18 Jahren fuhr der Niedersachse seine ersten Vierspännerturniere; 1992 holte er eine erste Medaille bei Weltmeisterschaften, die immer zwei Jahre nach Weltreiterspielen ausgetragen werden. Sandmanns Ziel ist ein Platz unter den besten Fünf. „Es gibt drei VON MELANIE HAACK Berlin – Geschickt und waghalsig schlängelt sich der Fahrer mit seinem Wagen und den vier Pferden durch enge Wendungen. Er sucht den besten Weg zum nächsten Tor, fährt rasant über Brücken, Erdhügel und durch Wasser. Spektakulär ist sie, die Geländefahrt der Vierspänner. Im Mittelpunkt des Pferdesports stehen in Deutschland die Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitsreiter, die Fahrer hingegen nur selten. Dabei haben sie bei den alle vier Jahre ausgetragenen Weltreiterspielen seit 1994 immer eine Medaille in der Mannschaft und eine in der Einzelwertung geholt. Bei den Spielen in Lexington im US-Bundesstaat Kentucky beginnen die Vierspännerfahrer morgen mit der ersten von drei Teilprüfungen, der Dressur. Über zu wenig Interesse an seinem Sport will sich Christoph Sandmann (43), der fünfmalige Deutsche Meister, nicht beschwe- absolute Favoriten.“ Gemeint sind die Medaillengewinner der WM 2008. Damals holten die Deutschen im Team hinter den Niederländern Silber. Neben Sandmann war auch Ludwig Weinmayr (49) dabei, der in Kentucky ebenfalls startet. Der dritte deutsche Fahrer ist WM-Neuling Georg von Stein (38). „Eine Silbermedaille wie vor zwei Jahren ist, glaube ich, nicht realisierbar“, sagt Sandmann. Ob in Dressur, Geländeprüfung oder Hindernisfahren – das Motto „Das Pferd ist nicht gut genug fürs Die Prinzessin und der erbitterte Machtkampf ■ Der Reiter-Weltverband FEI erlebt bei den Weltmeisterschaften in Lexington/USA eine Zerreißprobe. Präsidentin Haya vernachlässigt für den Kampf um ihre Wiederwahl im November sogar das Tagesgeschäft: Das Vorstandstreffen für Sonntag habe sie abgesagt – „mit der Begründung, es gebe nichts mehr zu besprechen“, zürnte Hanfried Ha- Kaymer möchte auf Europas Thron ring, Ex-Generalsekretär des deutschen Verbandes FN. ■ Das Verhältnis zwischen FEI und Europa ist zerrüttet. Der Streit eskalierte 2009. Haya, Prinzessin von Jordanien, wollte eine Medikationsliste durchsetzen, die den Einsatz von Entzündungshemmern bei Pferden im Wettkampf erlaubt hätte. SPORT KOMPAKT VOLLEYBALL Golfer hat hohe Ambitionen nach dem Ryder-Cup-Erfolg Newport – Als sein Name während der Abschlusszeremonie aufgerufen wurde, stand Martin Kaymer stolz auf. Um den Hals eine schwarz-rot-goldene Fahne, winkte er den applaudierenden Fans zu und sollte wenig später zum ersten Mal die wichtigste Golftrophäe der Welt in Händen halten: Kaymer ist nach Bernhard Langer der zweite deutsche Ryder-Cup-Sieger. In einem denkwürdigen Wettkampf hatte Europa die USA mit dem knappsten aller Ergebnisse besiegt: 14,5:13,5. Trotzdem wirkte Kaymer alles andere als gelöst. „Jetzt muss ich extrem viel schlafen“, sagte er. Er werde ohnehin erst in ein oder zwei Wochen verarbeitet haben, was er erlebt habe. Zweieinhalb von vier möglichen Punkten hatte Kaymer zum Erfolg beigesteuert, er gehörte damit zu den besten Europäern. In den drei Doppeln agierte Kaymer solide, seine Partner waren aber stets dominierend. Und im abschließenden Einzel war Kaymer mitverantwortlich dafür, dass es noch einmal eng wurde. „Ich habe mich danach AP/MATT DUNHAM VON SVEN FLOHR Kaymer reckt stolz den Pokal in die Höhe, doch er hat weitere Ziele schrecklich gefühlt, du lässt die Kollegen schließlich nicht gern hängen“, sagte er. Der Mann, der nach Angaben seines Trainers niemals einen Fehler zweimal macht, wird hart daran arbeiten, auch im Ryder Cup dominieren zu können. Im Spiel Mann gegen Mann sei er einfach nicht gut, dass müsse sich dringend ändern, sagt Kaymer: „Ich analysiere mein Spiel genau und versuche immer, herauszufinden, was ich falsch gemacht habe. Dies wird mir in den nächsten 15 bis 20 Jahren noch sehr helfen.“ Auch die kurzfristigeren Pläne sind bereits gemacht. Diese Saison gibt es nur noch ein Ziel: „Ich habe extrem gute Chancen, am Jahresende Europas Nummer eins sein. Den Titel möchte ich mir holen.“ Reiten – dann wird es eben eingespannt“ gilt längst nicht mehr. Für den Fahrer ist das Arbeiten mit vier Pferden gleichzeitig eine besondere Herausforderung. „Ich bin nur durch meine Leinen mit ihnen verbunden. Meine Stimme muss auf die Pferde einwirken, und ich muss ein gutes Gespür dafür haben, wie ich sie anpacke, wie alles zusammen harmoniert“, beschreibt Sandmann, der ein ganzes Team hinter sich hat – darunter zwei Beifahrer, sogenannte Grooms. Seine liebste Teilprüfung ist der Marathon, offiziell Geländeprüfung genannt. Die Weltreiterspiele nutzt Sandmann zu einem kleinen Familientrip – seine Frau und die älteren zwei von drei Kindern sind mit ihm am 3. Oktober abgeflogen. „Wir sind noch nie mit unseren Pferden geflogen und in Übersee gewesen“, sagt Sandmann. Seine 15-jährige Tochter fährt bereits selbst. „Ich denke, dass sie irgendwann in meine Fußstapfen treten kann.“ Deutsche fast im Halbfinale Deutschlands Volleyballer dürfen weiter von der ersten WM-Medaille seit 40 Jahren träumen. Dank seiner bislang besten Turnierleistung feierte das junge Team beim 3:0 (25:23, 25:18, 25:13) gestern in Rom gegen Tschechien einen souveränen Sieg. Ein weiterer und sie stehen im Halbfinale. DOPING Indizien gegen Contador Der suspendierte Radprofi Alberto Contador gerät immer mehr in Erklärungsnot. Nach Angaben der „New York Times“ sind auch bei einer zweiten Probe des Spaniers während der diesjährigen Tour de France Kunststoffrückstände in seinem Urin gefunden worden, die Blutdoping nahelegten. Das berichtete die Zeitung gestern unter Berufung auf einen Informanten, der die Testergebnisse kenne. HANDBALL Füchse-Trainer verlängert Nach sechs Siegen in Serie und Tabellenplatz eins in der Bundesliga haben die Füchse Berlin den Vertrag mit Trainer Dagur Sigurdsson vorzeitig bis 2013 verlängert. „Ich bin noch nicht fertig mit meinem Anteil am Projekt“, sagte Sigurdsson gestern. TENNIS Petkovic ausgeschieden Andrea Petkovic aus Darmstadt ist bei dem mit 4,5 Millionen Dollar dotierten WTA-Turnier in Peking in der zweiten Runde ausgeschieden. Die 23-Jährige unterlag USOpen-Finalistin Wera Swonarewa aus Russland nach 83 Minuten mit 4:6, 1:6. Wir melden unsere Lieblinge bei Facebook an. Sind wir reif für eine neue Zeitung? sind-wir-reif.de W E LT K O M PA K T 16 Bunte Wiesn Jung, wild und fröhlich – so feierten die Gäste des Münchner Oktoberfest auch in diesem Jahr. Nach Angaben der Organisatoren kamen insgesamt 6,4 Millionen Besucher, etwa 700.000 mehr als vor einem Jahr. Am letzten Samstag meldete die Wiesn den vollsten Tag seit zehn Jahren. Eine weitere Erkenntnis: Die Gäste kommen immer zahlreicher auch aus dem Ausland, vorwiegend aus Italien, aus den USA, Japan und Australien. In den letzten Jahren setzte sich zudem der Trend zur Tracht durch, so dass immer mehr der Wiesnbesucher mit Lederhosen bzw. Dirndl dorthin gehen. Doch jetzt ist Schluss. Am Montag ging die Party zu Ende. Und endlich durfte auch das Personal ausgelassen feiern und trinken. Nächstes Jahr gehen die Feierlichkeiten feuchtfröhlich weiter. * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 W E LT K O M PA K T 17 DAPD/LUKAS BARTH M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 W E LT K O M PA K T 18 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 FORUM KOPFNOTEN Alles, was recht ist Von Sabine Menkens und Michael Miersch PA/DPA/M. OSSOWSKI/S. SIMON In einem Gastkommentar für die WELT hatte Walter Krämer eine Studie angezweifelt, die die Grünen in Auftrag gegeben hatten. Darin wurde behauptet, Atomkraftwerke verursachten Leukämie. „Falsch!“, widersprach der Statistikprofessor und Autor („Lexikon der populären Irrtümer“) und wies der Studie statistische Irrtümer nach. Um die Weiterverbreitung von Krämers Kommentar zu verhindern, erwirkte einer der Verfasser eine einstweilige Verfügung. Die wurde jetzt vom Gericht aufgehoben. Ein Jahr dauerte der Streit. Krämer hielt durch – und gewann. Note: 1 Das Ehepaar Kirchner richtet sein Land zugrunde / Von Hildegard Stausberg mehr Argentinier als den Dichter Borges. So auch die argentinische Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner. Sie verkörpert das lärmende, effekthaschende Argentinien der „Porteños“, der Bewohner des ehemals eher südeuropäischen, nun aber immer südamerikanischer werdenden Schmelztiegels am Rio de la Plata. Aber all das Talmihafte, die Operettenauftritte, die Schminkorgien würde man ihr verzeihen, wenn sie sich – im Verbund mit ihrem Mann Néstor Kirchner – nicht vorgenommen hätte, aus Argentinien ein anderes Land zu machen, ein rechtloses Gebilde. Ein Land, in dem die Justiz der Exekutive gnadenlos unterworfen wird, in dem unabhängige Richter bedroht werden, in dem mit Ausnahmedekreten regiert wird, in dem die Bereicherung des Präsidentenpaares und seiner Entourage alle Vorstellungen sprengt. Ein Land, in dem kritische Journalisten um ihr Leben fürchten müssen. Um das Bereicherungsregime zu decken, werden geschickt Nebelkerzen geworfen. Dazu gehört vor allem der so unermüdliche Einsatz der Kirchners für die Menschenrechte. Als es an der Zeit war, dafür einzustehen, unter dem Militärregime von 1976 bis 1983, duckte sich das Paar weg. Der junge Anwalt Néstor Kirchner bereicherte sich an den Opfern der verfehlten Währungspolitik jener Epoche. Später profitierte er als Gouverneur der Provinz Santa Cruz von der Privatisierung des Erdölmonopols YPF – die Zentralregierung zahlte 600 Millionen Dollar, das Geld ist seitdem verschwunden. Kenntnisreich weist der Journalist Luis Majul in seinem Buch „Der Besitzer“ nach, wie Kirchner sich mit einem dichten Netzwerk das Land zu unterwerfen sucht und jeden verfolgt, der ihn daran hindern will. Auch den beiden großen Zeitungen des Landes, „Clarín“ und „La Nación“, hat das Ehepaar den Krieg erklärt: Viele Details des Bereicherungskrimis wurden dort veröffentlicht. Der argentinische Qualitätsjournalismus hat längst eine für das Überleben der Demokratie entscheidende Funktion. Und so sollten alle Gesprächspartner Frau Kirchners in diesen Tagen in Frankfurt am Main sie auch fragen, warum sie die Freiheit der Presse beschneiden will, indem sie etwa ein staatliches Monopol über die Papierproduktion und -vergabe herzustellen sucht. Sie kommt mit einer Unternehmerdelegation, will für Investitionen sorgen. Wie aber steht es mit der Rechtssicherheit in einem Lande, in dem das Ehepaar Kirchner die privaten Rentenfonds verstaatlichte, um sich das Ersparte von Millionen Argentiniern unter den Nagel zu reißen? Seitdem schaffen die Argentinier noch mehr Geld ins Ausland – 50 Milliarden sollen es in den letzten fünf Jahren gewesen sein. Außer in Immobilien investiert kein Argentinier mehr in seiner Heimat: Das Land ist paralysiert. Dieser Stillstand provoziert eine seltene Einmütigkeit der sonst so zersplitterten Opposition. Sie fürchtet, dass die Kirchners mit ihrer auf Spaltung der Gesellschaft angelegten Politik das Land zugrunde richten. Argentinien braucht mehr Borges: „Niemand ist das Vaterland, wir sind es alle.“ PA/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND N iemand ist das Vaterland, wir sind es alle.“ Argentiniens größter Schriftsteller Jorge Luis Borges bekräftigte dies in einer „Ode, geschrieben 1966“, zwanzig Jahre vor seinem Tode. Und weiter: „Das Vaterland, Freunde, entsteht durch einen permanenten Schaffensakt.“ Wer möchte Borges da widersprechen! Sein Vaterland, das ferne Argentinien, rückt uns nun als Schwerpunktland der Frankfurter Buchmesse näher. Man wird sich wieder einmal beschäftigen mit diesem achtgrößten Land der Welt, in dem nur 40 Millionen Menschen leben, die meisten davon in der Hauptstadt Buenos Aires und einigen Städten der wichtigsten Provinzen. Das Land selbst ist zum großen Teil menschenleer. Der Reichtum Argentiniens ist unermesslich. Das hat an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Millionen meist südeuropäischer Migranten angezogen: Aus dem verschlafenen spanischen Vizekönigreich am Rio de la Plata wurde in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts die am kräftigsten pulsierende Wachstumsnation Lateinamerikas. Das ist Geschichte. Längst hat sich Brasilien durchgesetzt – und auch Chile und Kolumbien geht es heute besser als Argentinien. Nicht wenige Bücher argentinischer Autoren begeben sich auf die Spurensuche dieses Verfalls. Und manchmal scheint es fast, als ob die Argentinier diese Dekadenz ihres Gemeinwesens längst akzeptiert hätten, in ihr ein Markenzeichen sehen. Vielleicht könnte man dies als Lust am „Maradonismus“ definieren, den Fußballabgott Diego Maradona verehren sicherlich Note: 2 Hat man als Mutter das Recht auf eine eigene Meinung? Keineswegs, findet R-’n’-B-Star Usher. Er ist immer noch vergrätzt, dass seine Mutter nicht zu seiner Hochzeit mit der Stylistin Tameka Foster vor drei Jahren gekommen ist, sagte er dem US-Magazin „Vibe“. Von Eltern erwarte er einfach bedingungslose Liebe für ihre Kinder. Sie sollten deren Entscheidungen akzeptieren, auch wenn sie anderer Meinung seien, meint der Sänger. Da mag er recht haben. Weitsichtiger hingegen war die Frau Mama mit ihren Unkenrufen: Ushers Ehe ist bereits zerbrochen. PA/DPA/GLOBE-ZUMA Der Verfall Argentiniens Endlich wieder zu ihrem Recht kommen auch die Friseure in Oberammergau. Monatelang mussten sie darben, weil sich die Männer des Ortes und Teilnehmer der Passionsspiele die Haare und Bärte nicht schneiden lassen dur ften. Nur Römer und Chormitglieder dur ften zur Schur, aber die konnten das Geschäft auch nicht retten. Jetzt ist der ganz persönliche Leidensweg der Oberammergauer Friseure vorbei, die Scheren klappern wieder. Der nächste Haar- und Barterlass gilt erst wieder 2019 für die Passionsspiele 2020. Genug Zeit für die wirtschaftliche Erholung. Note: 4 WELT KOMPAKT erscheint auch im Abonnement: frei Haus monatlich Euro 15,90 inkl. 7% MwSt., Zustell- und Vertriebskosten. Abonnementgebühren im Voraus zahlbar. Abbestellung nur schriftlich mindestens 7 Tage zum Monatsende (lt. Eingangsstempel). Abonnenten-Service: 01805 – 63 63 64; www.welt-kompakt.de M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T WIRTSCHAFT 19 Zahlen muss man in Deutschland fürs Fernsehen zwar immer – GEZ sei Dank –, aber neben den bekannten öffentlich-rechtlichen Sendern und den Privaten, gibt es weitere Programmanbieter, deren Sendungen nur dann zu empfangen sind, wenn man eine Zugangsgebühr oder eine Servicepauschale bezahlt. In den USA ist das weit verbreitet, dort hatte schon vor mehr als 20 Jahren rund ein Drittel aller Haushalte Pay-TV. In Deutschland tun sich die Anbieter noch schwer, 1986 startete in der Region Hannover mit dem Teleclub erstmals Pay-TV hierzulande. Längst gibt es mehrere Sender, die dem Konzept folgen, Beiträge nur jenen zugänglich zu machen, die ein Abo kaufen oder „auf Abruf“ zahlen. Jetzt will der Musiksender MTV nur noch gegen Geld ausstrahlen. Mit wenigen Ausnahmen sind Pay-TVAngebote heute digital verbreitet. Zur Entschlüsselung muss der Digitaldekoder ein Zugangsberechtigungssystem unterstützen. Finanzmärkte Name Xetra Schluss Vortag Schluss +/% Adidas Allianz BASF Bayer Beiersdorf BMW Commerzbank Daimler Deutsche Bank Deutsche Börse Deutsche Post Deutsche Telekom E.ON Fresenius Vz. Fres.Med.Care Heidelbg.Cement Henkel Vz. Infineon K+S Linde Lufthansa MAN Merck Metro Münchener Rück RWE SAP Siemens ThyssenKrupp VW Vz. 45,52 83,11 47,24 52,60 45,40 49,95 6,08 44,69 40,55 48,44 12,96 10,06 21,21 59,08 44,95 36,18 40,34 5,14 44,09 97,41 13,75 79,48 61,01 46,90 102,00 49,14 36,73 76,14 24,49 83,97 44,59 82,03 46,46 51,22 45,67 48,22 6,01 43,78 39,58 47,17 12,94 9,98 21,38 59,04 45,33 35,20 39,44 5,00 43,35 96,00 13,42 79,04 61,01 46,13 100,75 49,24 36,17 75,56 24,13 83,36 2,10 1,32 1,69 2,69 -0,60 3,60 1,25 2,07 2,45 2,67 0,19 0,80 -0,80 0,07 -0,83 2,78 2,28 2,86 1,72 1,47 2,46 0,56 0,00 1,68 1,24 -0,20 1,55 0,77 1,51 0,73 DAX 6215,83 6250 6150 6050 08.09.10 05.10.10 MDAX 9000 Harharhar. Die Zeichentrick-Zyniker Beavis and Butthead waren ein Markenzeichen des Musiksenders MTV Erst zahlen, dann gucken Wer den Musikkanal MTV sehen will, muss ab Januar in die Tasche greifen Dax-Werte 6350 AP WIRTSCHAFTS-ABC 8811,39 Berlin – Der Musikkanal MTV wird ab Januar nur noch für zahlende Kunden zu sehen sein. Ab kommendem Jahr wird das Programm ausschließlich als Abosender auf digitalen Kabel-, Satellitenund Breitbandplattformen zu empfangen sein, sagte der Deutschlandchef von MTV Networks, Dan Ligtvoet, der „Financial Times Deutschland“. Der Schwestersender Viva soll im Gegenzug aufgewertet werden: Viva werde zum zentralen Musikund Entertainmentkanal umgebaut und solle künftig erfolgreiche Formate aller Sender von MTV Networks ausstrahlen. „Viva wird damit auch ein frei zugängliches Schaufenster zu unserer Programmwelt“, sagte Ligtvoet. MTV vollzieht damit einen Strategieschwenk, von dem einige Sender hierzulande träumen. Viele TV-Sender liebäugeln nämlich mit Bezahlangeboten, um sich weniger abhängig von den schwankenden Werbeeinnahmen zu machen. Zuletzt hatte die Wirtschaftskrise deutlich gezeigt, wie riskant das weitgehend auf Werbefinanzierung basierende Geschäftsmodell hiesiger TV-Unternehmen ist. 2009 waren die Werbeeinnahmen europaweit meist zweistellig eingebrochen und hatten weiten Teilen der Branche das Geschäft verhagelt. Ohnehin gilt der deutsche PayTV-Markt als besonders schwierig: Anders als etwa in Großbritannien haben sich die deutschen Fernsehzuschauer an frei zugängliche Angebote gewöhnt. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele frei verfügbare Fernsehkanäle, so dass die Bereitschaft für kostenpflichtige Angebote naturgemäß geringer ist. Vor allem der Sender Sky – der bis vor einiger Zeit noch Premiere hieß – beißt sich seit Jahren die Zähne am deutschen Markt aus und hat bislang keine nennenswerten Gewinne vorgewiesen. Branchenbeobachter werten den MTV-Sprung ins Bezahlfernsehen denn auch weniger als rein strategische Offensive, sondern vor allem als Reaktion auf rückläufige Werbeeinnahmen. Künstner zufolge ist dies gerade für eine etablierte Marke wie MTV sinnvoll. „Pay-TV ist zwar kein boomender, aber dennoch ein wachsender Markt“, sagt er. „Dass eine stark profilierte Marke wie MTV den Schritt aus dem rein werbefinan- zierten Fernsehen macht, ist ein Warnsignal für all die anderen kleineren Spartenkanäle, die derzeit noch Hoffnungen auf Werbung setzen.“ Bei den Werbeeinnahmen bleibe neben den Privatanbietern RTL und ProSieben sowie den öffentlich-rechtlichen Sendern nur ein kleiner Kuchen übrig, den sich alle anderen Spartensender teilen müssten, sagt Klaus Goldhammer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Goldmedia. Dagegen sei Bezahlfernsehen „ein relativ klar kalkulierbares Modell“. „Das ist ein wohlüberlegter strategischer Schritt“, den MTV hier vollziehe. Ich glotz’ Pay-TV ■ Einige TV-Unternehmen setzen in Deutschland bereits auf PayTV. ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling kündigte vor einem Jahr den Aufbau zusätzlicher digitaler AboSpartensender an – mit dem Ziel, mittelfristig 30 Prozent der Umsätze Most wanted aus nicht werbeabhängigen Quellen zu erwirtschaften. ■ Schon heute unterhält das Unternehmen den Pay-TV-Kanal Sat.1 Comedy. RTL betreibt bereits drei digitale Abosender. http://bit.ly/cW8nGU 1994 hatte der Musiksender noch Stil: In der Show „MTV most wanted“ machte Ray Cokes anarchisches Musik-TV. 8800 8600 08.09.10 05.10.10 Dow Jones 11050 10896,96 10800 10550 10300 08.09.10 1,38 05.10.10 Euro in Dollar 1,34 1,3780 1,30 1,26 08.09.10 86 05.10.10 Brent-Öl 83,97 83 80 77 08.09.10 1340 05.10.10 Goldpreis pro Unze 1305 1337,67 1270 1235 08.09.10 05.10.10 Zeitarbeitsunternehmen drängen auf Mindestlohn IWF: Finanzkrise kostete 2,2 Billionen Dollar Berlin – Die Unternehmen der Zeitarbeitsbranche drängen auf eine rasche Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns für Leiharbeiter. Spätestens im November werde die Branche die Aufnahme in das Entsendegesetz beantragen, sagte der Vize-Präsident des Bundesverbandes Zeitarbeit, Thomas Bäumer. „Im Mindestlohn-Boot fehlt nur noch die FDP“, sagte der Sprecher des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), Wolfram Linke. Nur die FDP sperre sich, den Mindestlohn für Leiharbeiter für allgemeinverbindlich zu erklären. Am 1. Mai 2011 fallen die Grenzen für den Zugang von Arbeitskräften Washington – Die weltweite Krise hat dem Finanzsystem nach Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2,2 Billionen Dollar (1,6 Billionen Euro) gekostet. Der Finanzsektor bleibe zugleich noch immer die „Achillesferse“ der wirtschaftlichen Erholung, erklärte der IWF gestern in seinem Halbjahresbericht zur weltweiten Finanzstabilität. „Das globale Finanzsystem ist immer noch in einer Phase deutlicher Unsicherheit“, hieß es in dem Bericht. Risiken bestünden insbesondere, weil die Konjunktur derzeit „sehr schnell von einer guten Entwicklung in den Krisenmodus umspringen kann“. In Deutschland aus den osteuropäischen Beitrittsstaaten. Ohne gesetzliche Regelung könnten Leiharbeiter etwa aus Polen oder Tschechien dann in Deutschland zu den Tarifbedingungen ihres Heimatlandes arbeiten. „Das würde hier einen mörderischen Konkurrenzkampf bedeuten“, so Linke. PA/DPA/MARTIN SCHUTT 8400 Zeitarbeitsmesse in Erfurt hat die Konjunktur 2010 spürbar angezogen. Die Staaten dürften ihre Milliardenhilfen für die Banken aus diesem Grund nur sehr vorsichtig herunterfahren und müssten sie derzeit noch aufrechterhalten, erklärte der IWF. Für besonders bedroht hält der Währungsfonds die reichen Staaten der entwickelten Welt, insbesondere die USA, Europa und Japan. Die Wirtschaften der aufstrebenden Schwellenländern hingegen seien „sehr belastbar“. Die Kostenschätzung von 2,2 Billionen Dollar liegt deutlich unter der Zahl von vor einem Jahr, als der IWF noch von Kosten von 2,8 Billionen Dollar ausging. W E LT K O M PA K T 20 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 WIRTSCHAFT K O M M E N TA R Die Beitragszahler zahlen die Zeche Götter in Gold Deutschlands Kassenärzte bekommen 2011 eine Milliarde Euro zusätzliches Honorar VON STEFAN VON BORSTEL Eine Milliarde Euro mehr für die Ärzte? Verwundert werden sich viele Versicherte die Augen reiben. War da nicht von einem Milliardendefizit der Kassen die Rede? Steigt nicht zuletzt deshalb auch der Beitragssatz für die 70 Millionen Versicherten zum 1. Januar 2011 auf 15,5 Prozent an? Irgendwie will das alles nicht zusammenpassen. Der „Sparbeitrag“ der niedergelassenen Ärzte sieht nun so aus, dass sie sich statt der geforderten zwei Milliarden Euro mit einer Milliarde begnügen müssen. Die Beitragszahler werden dagegen mit sechs Milliarden Euro zur Kasse gebeten. Offenbar sind beim Sparen doch nicht alle gleich. Und beim Geldausgeben auch nicht. Ärzte in reichen Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Bayern sollen nun mehr bekommen als die in ärmeren Ländern, weil sie bei der letzten Honorarsteigerung zu kurz gekommen seien. Heißt es. Es gibt aber auch handfeste politische Gründe für diese Ungleichbehandlung. In BadenWürttemberg wird bald gewählt. Und Bayerns CSU sitzt dem FDPGesundheitsminister im Nacken. Außerdem braucht Rösler für seine große Gesundheitsreform die Unterstützung der Ärzteschaft. Mit der Milliarde werden die Ärzte nun besänftigt. Zahlen dürfen dafür die Beitragszahler. Berlin – Ungeachtet des Sparzwangs im Gesundheitswesen erhalten die 150 000 niedergelassenen Ärzte 2011 deutlich mehr Honorar. Einschließlich weiterer Einnahmen etwa aus Vorsorgeuntersuchungen können die Ärzte insgesamt mit über einer Milliarde Euro zusätzlichem Honorar rechnen, erklärte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestern nach Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Der Erweiterte Bewertungsausschuss von Ärzten und Kassen beschloss den Angaben zufolge in Berlin konkret eine Anhebung der Ärztevergütung um 500 Millionen Euro, die im kommenden Jahr asymmetrisch, also unterschiedlich stark, auf die einzelnen Regionen verteilt werden sollen. Nach dem Willen der KBV sollen dadurch Ärzte in Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg, die von der jüngsten Honorarreform nur wenig profitiert hatten, einen Ausgleich erhalten. Ein weiteres Honorarplus von 175 Millionen Euro ergibt sich nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes durch einen entsprechenden Kabinettsbeschluss. Weitere Leistungen wie den Hörtest für Neugeborene oder die Vorsorgeuntersuchungen eingerechnet, ergibt sich nach Angaben der Kassen für die niedergelassenen Ärzte unter dem Was Ärzte verdienen Honorare 2009 (vor Praxiskosten, Steuern und Abgaben) in Euro Veränderung zum Vorjahr Anstieg der Honorare der niedergelassenen Ärzte für die Behandlung von gesetzlich Versicherten von '07 bis '09 +4% + 24,1 % + 23,6 + 20,6 + 19,0 Einkommen je Arzt in Euro + 18,3 (nach Abzug + 17,7 der Praxiskosten, vor Steuern + 14,9 und Abgaben) + 14,2 + 13,3 2010 + 12,0 164 000 2007 + 10,8 142 000 + 9,8 + 7,7 + 7,3 + 3,5 + 2,6 Hamburg Thüringen 213 528 +7 Niedersachsen 204 430 +3 Sachsen-Anhalt +2 192 591 Sachsen Berlin +6% 202 725 Euro Mecklenburg-Vorp. Brandenburg 450 723 + 7 433 653 + 3 Saarland 248 715 +5 Nordrhein-Westf. 235 085 -4 Hessen 233 142 +6 213 959 +6 Bremen 204 860 +5 Schleswig-Holstein 200 586 + 19 Rheinland-Pfalz 192 216 +3 174 983 0 Baden-Württemberg -1 173 362 Bayern Hausärzte* davon: Kinderärzte Internisten Allgemeinmediziner 200 164 Euro Fachärzte davon: Internisten Radiologen Augenärzte Orthopäden Chirurgen Urologen Gynäkologen Nervenärzte Hautärzte HNO-Ärzte Anästhesisten * ohne Selektivverträge mit den Kassen Grünen zur Gesundheit ■ Die Grünen setzen der Gesundheitsreform der schwarz-gelben Koalition ein eigenes Konzept ihrer Bürgerversicherung entgegen. Es sieht vor, dass Krankenkassenbeiträge nicht mehr nur auf das Arbeitseinkommen gezahlt werden, sondern auf alle Einkunftsarten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen wieder jeweils die Hälfte der Beiträge zahlen. Die private Krankenversicherung wollen die Grünen weitgehend abschaffen und nur noch auf Zusatzversicherungen beschränken. Strich ein Honorarplus von mehr als einer Milliarde Euro. Damit steige das Honorar von rund 32 Milliarden Euro in diesem Jahr auf gut 33 Milliarden Euro im nächsten Jahr. „Das ist keine Sparmaßnahme, sondern eine Ausgabensteigerung“, kritisierte GKVVize Johann-Magnus von Stackelberg. Bezahlen müssten dies die Beitragszahler über die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, die die Bundesregierung zum 1. Januar 2011 beschlossen hat. Wie es aus Verhandlungskreisen hieß, fiel der Beschluss im Erweiterten Bewertungsausschuss ge- Quelle: dpa, KBV, GKV-Spitzenverband gen die Stimmen der Krankenkassen. Ausschlaggebend war offenbar das Votum des unabhängigen Sachverständigen Jürgen Wasem. Die Kassen hatten eine Nullrunde für die Ärzte gefordert. Das Bundesgesundheitsministerium begrüßte, dass nun eine Entscheidung gefallen sei. Die Selbstverwaltung habe damit ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. KBV-Chef Andreas Köhler forderte von der Politik, die Ärztevergütung um mehr als die bislang zugesagte „lineare Anpassung“ um weitere 0,75 Prozent nochmals zu erhöhen. Anzeige WIRTSCHAFT KOMPAKT > „ Zu viel Pessimismus!“ Warum der erfahrenste Fondsmanager der Welt an steigende Kurse glaubt > Zu viel Geld! Warum Unternehmen reihenweise ihre eigenen Aktien zurückkaufen > Zu niedrig bewertet! Warum die Einzelteile von ThyssenKrupp mehr wert sind als der Börsenkurs MONEY Line: 0180 5 480 3000 *. Oder www.focus-money.de/abo * € 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz. Aus dem Mobilnetz max. € 0,42/Min. TOYOTA 2011 endet der Solarboom Reperaturen abgeschlossen Das Solarunternehmen Conergy rechnet im kommenden Jahr mit einem Ende des Solarbooms in Deutschland. Wegen der deutlichen Kürzung der Förderung werde die neu installierte Leistung auf vier Gigawatt sinken, sagte der scheidende Conergy-Chef Dieter Ammer in der Hauptversammlung. In diesem Jahr rechnet er noch mit einem Rekordzubau von sieben Gigawatt. Frühestens 2013 werde es in Deutschland, dem mit Abstand größten Photovoltaikmarkt der Welt, wieder aufwärts gehen. Trotzdem hält es der Manager für möglich, dass Conergy im kommenden Jahr Umsatz und operativen Gewinn steigern kann. Nach einer Serie von Rückrufaktionen hat der japanische Autohersteller Toyota die Hälfte der Reparaturen an den betroffenen Autos abgeschlossen. Mehr als fünf Millionen der seit Herbst ROHSTOFFHANDEL Gegen Spekulanten Deutschland und Frankreich wollen die weltweiten Spekulationsgeschäfte mit Rohstoffen eindämmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte sich wie zuvor bereits Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy für eine stärkere Regulierung in diesem Bereich stark. Die Rohstoffpreise seien sehr volatil, sagte Merkel. „Daher würde ich es voll unterstützen, dass wir dieses Thema angehen.“ Sarkozy hatte angekündigt, sich während der französischen G8- und G20-Präsidentschaft im nächsten Jahr für eine stärkere Kontrolle einzusetzen. Politiker haben Spekulanten für stark gestiegenen Lebensmittelpreise verantwortlich gemacht. PA/DPA/EVERETT KENNEDY BROWN WEITERE THEMEN: CONERGY 2009 zurückgerufenen Autos seien repariert, teilte Toyota mit. Jedes neue Fahrzeug werde darüber hinaus mit einem Gerät zur Datenaufzeichnung bei Unfällen und mit einem Notfall-Bremssystem ausgestattet sein. Die Fahrzeuge waren unter anderem wegen klemmender Gaspedale sowie Problemen mit der Elektronischen Stabilisierung zurückgerufen worden. G20-TREFFEN Brüderle vertritt Schäuble Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wird seinen erkrankten Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble (CDU) beim Treffen der G20-Finanzminister in Südkorea vertreten, hieß es in Regierungskreisen. Die Finanzminister der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen treffen sich Ende Oktober in Südkorea. M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T WIRTSCHAFT Notenbank-Chef Ben Bernanke fürchtet um die wirtschaftliche Zukunft des Landes Berlin/New York – Die US-Notenbank Federal Reserve soll die Stabilität des Dollars, der Wirtschaft und des Finanzsektors gewährleisten. Dementsprechend treten ihre Chefs für gewöhnlich auf: ruhig, zurückhaltend und vorsichtig in der Wortwahl. Das gilt auch für Ben Bernanke, den derzeitigen Notenbankchef – normalerweise. Am Montag allerdings schlug Bernanke Alarm: Bei einer Rede im Bundesstaat Rhode Island warnte er, dass die ausufernden Staatsschulden der USA die wirtschaftliche Zukunft gefährden. Der Zeitpunkt war sorgfältig gewählt: Bernanke sandte seinen Appell an die Politik, nachdem die US-Börsen bereits geschlossen hatten. Die wirtschaftliche Zukunft der USA stünde auf dem Spiel, wenn es der Regierung nicht gelinge, das Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren einzudämmen, warnte Bernanke in seiner ungewöhnlich dramatischen Rede. Für gesunde Staatsfinanzen seien strengere Regeln notwendig, sagte Bernanke. Er schlug vor, in den USA auf Bundesebene ebenfalls eine Schuldenbremse einzuführen. In europäischen Ländern seien solche strengen Ausgabenregeln bereits sehr erfolgreich genutzt worden, erklärte Bernanke. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr eine Schuldenbremse verabschiedet, die ab 2011 sukzessive in Kraft tritt. Auch US-Präsident Barack Obama forderte, das Haushaltsdefizit entschieden abzubauen. Der Notruf des Notenbankchefs kommt zur Unzeit für den Präsidenten, in den viele Wähler große Hoffnungen gesetzt hatten. Viele Amerikaner sind unzufrieden mit seiner Politik. Sie bedrückt vor allem die miserable wirtschaftliche Lage. Während sich die Wall Street erstaunlich schnell von der Krise erholt hat, leidet der Rest des Landes unter anhaltend hoher Arbeitslosigkeit. Selbst überzeugte Anhänger verspüren wenig von dem Wandel, den ihnen Obama im Wahlkampf versprochen hatte. AFP/MARK WILSON VON TOBIAS KAISER UND VIKTORIA UNTERREINER Notenbank-Chef Ben Bernanke fordert die Einführung einer Schuldenbremse Kampf gegen die Rezession ■ Der US-Chefökonom der Deutschen Bank in New York, Joseph LaVorgna, hält es zwar nicht für sinnvoll, die Steuererleichterungen für Vermögende fortzusetzen. Aber er würde es an Stelle von US-Präsident Obama dennoch tun, da die Konsequenz noch schlimmer wäre. „Der Rückfall in die Rezession wäre dann viel wahrscheinlicher”, sagt er. ■ Denn blickt man auf die Fakten, haben die USA das Schlimmste hinter sich. Am Immobilienmarkt sind die Preise für Wohneigentum seit Ausbruch der Krise um ein Drittel gesunken und dürften den Boden mittlerweile erreicht haben. In Großstädten wie New York steigen die Mieten bereits wieder um einige Prozent. Offiziell hat sich die US-Wirtschaft zwar im Juni vergangenen Jahres aus der Rezession befreit. Aber ein richtiger Aufschwung fühlt sich anders an. Seit Monaten verharrt die Arbeitslosenrate knapp unter zehn Prozent, und darin sind noch nicht einmal diejenigen berücksichtigt, die längst resigniert haben und sich gar nicht mehr beim Amt melden. Die bange Frage lautet daher, ob die größte Volkswirtschaft der Welt die Rezession dauerhaft abgeschüttelt hat oder ob ein Rückfall droht. „Das Risiko ist gering”, sagt Jeffrey Frankel von der Universität Harvard. Es liege unter 30 Prozent – bislang jedenfalls. Denn die größte Gefahr für die Wirtschaft geht derzeit von Washington selbst aus. Im November stehen wichtige Kongresswahlen an. Dass der amtierende Präsident bei diesen Wahlen Verluste hinnehmen muss, ist üblich. Doch die Enttäuschung über Obamas Politik ist so groß, dass sich für die Demokraten hier ein Desaster abzeichnet. Die Republikaner werden sehr wahrscheinlich ihre 2006 verloren gegangene Mehrheit im Repräsentantenhaus zurück erobern und auch im Senat einige Sitze dazu gewinnen. Innenpolitisch dürfte sich dann in Amerika gar nichts mehr bewegen. Am heftigsten streiten die beiden Parteien derzeit um Steuererleichterungen, die Obamas Vorgänger George W. Bush verabschiedet hatte und die Ende dieses Jahres auslaufen. Obama will diese Steuererleichterungen fortsetzen, aber nur für die Mittelschicht. Wer dagegen über 250 000 Dollar im Jahr verdient, soll wieder so hohe Sätze auf sein Einkommen zahlen, wie vor der Änderung. Die Republikaner lehnen dies strikt ab. Verliert Obama im November die Mehrheit im Kongress, ist er politisch so gut wie handlungsunfähig. Wenn sich dann aber keiner der politischen Gegner bewegt, wird einfach gar nichts passieren. Alle müssten dann im kommenden Jahr mehr Steuern zahlen. Der linksliberale Kolumnist und Nobelpreisträger Paul Krugman sieht sein Land jedenfalls auf dem Weg hin zur „Bananenrepublik”. Bund lässt Hochtief beim Abwehrkampf gegen ACS hängen Düsseldorf – Die Hoffnungen des größten deutschen Baukonzerns Hochtief auf politische Unterstützung im Kampf gegen eine Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS haben einen weiteren Dämpfer erhalten. Nach Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wies auch Union- DAPD/VOLKER HARTMANN So schlecht steht es um die USA 21 Hochtief-Mitarbeiter. Die Belegschaft sperrt sich gegen eine ACS-Übernahme Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) das Hilfeersuchen des Hochtief-Managements zurück. „Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich da einzumischen“, sagte Fuchs. Lediglich die nordrheinwestfälische Landesregierung signalisierte ihre Unterstützung für Hochtief. Eine Übernahme durch ACS sei nicht im Interesse des Landes hieß es. Regierung kneift vor Reform der Mehrwertsteuer Berlin – Aus Angst vor politischen Protesten sind Teile der schwarzgelben Bundesregierung offenbar gegen eine baldige Reform der Mehrwertsteuer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Umbau des Mehrwertsteuerrechts mit seinen vielen Ausnahmen dem Vernehmen nach am liebsten bis in die nächste Legislaturperiode schieben. Schäuble und andere Regierungsmitglieder fürchten die Auseinandersetzungen, die mit verschiedensten Lobbygruppen auf eine Reform folgen würden – erst recht, wenn Mehrbelastungen für Wirtschaft und Bevölkerung entstünden. Seit Antritt dieser Bundesregierung streitet die Koalition über eine Mehrwertsteuer-Reform. Anzeige Länder rebellieren gegen Riesen-Lkw Berlin – Die Länder fordern vom Bund den Verzicht auf deutschlandweite Testfahrten mit RiesenLastwagen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) solle „keinen weiteren Feldversuch mit Lang-Lkw“ zulassen, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Konferenz der Länderverkehrsminister, aus der die „Berliner Zeitung“ zitierte. Zum einen lägen bereits Ergebnisse aus anderen Tests vor. Zum anderen lehnten einige Länder neue Tests mit den sogenannten Gigalinern ab. Acht der 16 Bundesländern seien gegen den bundesweiten Versuch mit den Lang-Lkw, berichtete die Zeitung. Zu den Gegnern gehörten Berlin, Nordrhein-Westfalen, PA/DPA; FRISO GENTSCH Schon bald sollen die „Gigaliner“ über deutsche Straßen rollen Gigaliner vor einer Spedition. Die Länder wollen die Lang-Lkw verhindern Rheinland-Pfalz und Thüringen. Nur fünf Länder seien für die Versuche, drei noch unentschieden – Brandenburg, Hamburg und Hessen. Die Gegnerländer kritisieren, dass ihnen der Bund nicht das Recht einräumt, über die Tests zu entscheiden, sondern nur über de- ren Ausgestaltung. „Die Verkehrsministerkonferenz nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das Bundesverkehrsministerium den Ländern nur ein Gestaltungsrecht einräumt“, heißt es demnach in der Beschlussvorlage. Einige Bundesländer erwägten bereits eine Klage, sollte der Bund den Feldversuch im Alleingang durchsetzen. Anfang 2011 will die Bundesregierung bundesweite Testfahrten starten, mit denen überprüft werden soll, ob künftig auch in Deutschland im Güterverkehr Riesen-Lkw über die Straßen rollen können. Momentan ist die Länge von Lkw in Deutschland auf 18,75 Meter begrenzt. Gigaliner dagegen können 25 Meter lang sein. R E AL EXPO 10 20 Aareal Näher dran: An News und Trends aus der Welt der Immobilien. Besuchen Sie uns! Stand 0 B2.23 Die Aareal Bank Gruppe finden Sie auf Stand 230/Halle B2. Besuchen Sie uns und erfahren Sie alles Wesentliche aus der Immobilienwelt. Professionell, direkt und ganz persönlich. Wir freuen uns als einer der international führenden Immobilienspezialisten auf Sie ! Mehr zur Aareal Bank Gruppe und der EXPO REAL unter www.aareal-bank.com / exporeal2010 W E LT K O M PA K T WIRTSCHAFT PA/STEPHAN RUMPF 22 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 So malerisch wie in dieser Berufsfachschule für Buchbinder in München geht es in modernen Buchbindereien nicht mehr zu – dank High-Tech aus Deutschland Die Buchbinder der Welt Jedes dritte Werk entsteht auf Maschinen von Kolbus – Die Firma sucht eine Nische im digitalen Zeitalter Leipzig – Bücher riechen sauer. Ob Bestseller oder die Gelben Seiten – wenn aus einem Stapel bedruckter Papierbögen ein Buch entsteht, riecht es säuerlich und manchmal bitter, je nach Leimsorte. Den Geruch verströmen riesige Maschinen, beispielsweise in der Großdruckerei „Offizin Andersen Nexö“ bei Leipzig. Tausende Tonnen bedrucktes Papier stapeln sich dort, bis die „Kolbus“ sie innerhalb von Sekunden zu Büchern vernäht und verklebt. Die Buchbinderei-Maschinen in Leipzig stammen von einem Familienunternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Rahden – so wie in fast jeder Druckerei. Jedes dritte Buch auf der ganzen Welt wird von einer „Kolbus“ produziert, 80 Prozent aller Hardcovertitel laufen über eine Buchstraße des mittelständischen Unternehmens. Die Maschinen produzieren außerdem Taschenbücher, Kataloge, Telefonbücher und Werbebroschüren. Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ wurde ebenso von Kolbus-Maschinen gebunden wie die Potter-Bände. Wer bei Druckereien derart groß im Geschäft ist, hat eine sichere Position, könnte man meinen. Doch Kolbus-Geschäftsführer Kai Büntemeyer betrachtet den Markt der Spezial-Maschinenbauer zwiegespalten. „Die Weltmarktführerschaft ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt er. Das Unternehmen sei darauf angewiesen, um mit Gewinn arbeiten zu können. Dennoch würde Kolbus die Jahresproduktion gerne um 30 bis 40 Prozent steigern, sagt Büntemeyer. Die Frankfurter Buchmesse, die heute beginnt, lässt dieses Ziel allerdings illusorisch erscheinen. Denn ein Schwerpunkt der Messe ist die Digitalisierung: Vor allem das E-Book beschäftigt die Verlagshäuser und Buchhersteller. Die Berater von Pricewaterhouse Coopers (PWC) sehen die Zukunft der Verlage schon unabhängig vom Buch – als Anbieter von Inhalten. „Verlage müssen sich auf die digitale Wertschöpfungskette einstellen, die Veränderungen in der Produktion und in der Lagerung. Sie müssen auch ihre Mitarbeiter schulen, die sich als Anbieter von Inhalten, nicht länger als Buchhändler begreifen müssen“, sagt Christina Müller, Autorin der KOLBUS VON KAREN MERKEL PWC-Studie. Obwohl das E-Book in Deutschland bisher kein Bestseller ist, steht Müller zu ihrer These. Gerade einmal 20 Millionen Euro Umsatz haben die elektronischen Bücher in Deutschland im Jahr 2009 gemacht. PWC zufolge wird der Umsatz sich bis zum Jahr 2015 allerdings auf 350 Millionen Euro pro Jahr steigern. Selbst wenn sich dieses Potenzial gegenüber den 9,7 Milliarden Euro, die mit gedruckten Büchern im Jahr 2009 umgesetzt wurden, bescheiden ausnimmt, könnte der Trend den Markt grundlegend verän- Bücher im Sekundentakt: eine KolbusMaschine in Aktion Leim und Faden – Wie Buchbinder arbeiten ■ Falzbogen: Ob Buch oder Werbebroschüre, am Anfang steht der Falzbogen. Ein bis zu zwei Quadratmeter großer Papierbogen wird mit den einzelnen Buchseiten bedruckt. Zum Beispiel passen 16 DIN-A4Seiten auf einen Falzbogen. ■ Der Bogen wird mit der Falzmaschine mehrfach gefaltet, die Seiten liegen dann in chronologischer Reihenfolge hintereinander. Viele Falzbögen ergeben ein Buch. ■ Bindung: Ein Buch kann durch verschiedene Verfahren gebunden werden. Üblich sind die Klebebindung, bei der Leim die Buchseiten zusammenhält, und die Fadenheftung mit reißfestem Garn. ■ Buchblock: Der Buchblock – die Seiten ohne Umschlag – wird in die Buchdecke eingehängt, das heißt: mit Leim verklebt. ■ Dreischneider: Zum Abschluss der Buchproduktion wird das Buch an allen drei Seiten mit einer Art Guillotine an Ober-, Unter- und Vorderseite begradigt – und fertig ist das lesebereite Buch. dern. Für den Buchbinderei-Maschinen-Hersteller Kolbus ist es nicht die erste Revolution. Das Traditionsunternehmen wurde 1775 als Hufschmiede gegründet, stellt seit dem Jahr 1900 Buchbinderei-Maschinen her und hat sich Ende der 90er-Jahre auf die speziellen Fertigungsanlagen spezialisiert. 1300 Mitarbeiter beschäftigt Kolbus heute, davon 1150 in Rahden, einer Kleinstadt mit 16 000 Einwohnern. Die Digitalisierung trifft den Maschinenbauer hart. Während das Unternehmen im Jahr 2007 noch 195 Millionen Euro Umsatz und 10 Millionen Euro Gewinn verzeichnete, sinken seit dem Beginn der Finanzkrise die Umsatzzahlen. Im vergangenen Jahr meldete Büntemeyer fünf Millionen Euro Verlust und musste 150 Mitarbeiter betriebsbedingt entlassen. 2010 erwartet er lediglich 100 Millionen Euro Umsatz. „Wir werden in diesem Jahr sicherlich kein Geld verdienen“, sagt Büntemeyer. Die Kolbus-Kunden stehen unter enormem Kostendruck. Die Herstellung eines Hardcovers kostet zwei bis drei Euro, die eines Taschenbuches rund einen Euro – Produktionskosten, die sich kaum noch senken lassen. OAN in Leipzig versucht es dennoch; im Sekundentakt läuft hier Cornelia Funkes „Tintenherz“ als siamesischer Zwilling vom Band. Um Druckplatten zu sparen, stellt die Großdruckerei Taschenbücher spiegelverkehrt in doppelter Ausführung her und trennt die Bücher erst im letzten Arbeitsschritt mit einer Säge. Diese Art der Zwillingsproduktion gibt es bisher nur wenige Male in Deutschland. Es ist einer der Wege, Bücher kostengünstiger herzustellen. Bislang sind E-Books im Verkauf nur unwesentlich günstiger als ge- druckte Werke. Das werde sich künftig ändern, sagt Studien-Autorin Müller. Zwar werde das elektronische Buch das gedruckte Buch dann nicht verdrängen, aber in Teilen ersetzen, sagt sie. So werde es zum Beispiel künftig nicht mehr nötig sein, die gesamte Ausgabe eines teuren Fachbuches zu erstehen – stattdessen seien in der elektronischen Variante die Werke auch kapitelweise verfügbar. Durch das E-Book seien außerdem neue Unterhaltungsangebote bei Büchern denkbar, etwa 3D-Animationen bei Kinderbüchern. Büntemeyer sieht die Zukunft seiner Branche dennoch positiv. „Durch elektronische Bücher werden neue Wege entstehen, um Gewinn zu machen“, sagt er. Auch die Buchbinderei profitiere von den Entwicklungen auf dem digitalen Markt. „Das digitale Buch kommt“, wirbt Kolbus auf seiner Homepage, meint damit aber nicht das EBook. „Digitale Fotobücher stellen ein Marktpotenzial dar, das sich gleichberechtigt zu Printbuch und Werbebroschüren entwickeln könnte“, sagt Büntemeyer. Jeder Bundesbürger kaufe im Durchschnitt im Jahr ein Buch. Individuelle Bildbände von Digitalfotografien würden sich die Deutschen künftig mindestens ebenso häufig kaufen. Büntemeyer geht davon aus, dass dieser Trend anhält. Behält er Recht, dann verdienen selbst die Buchbinder an der Digitalisierung des Marktes mit. Unter Druck http://bit.ly/dby1WH Sortieren, vernähen, verkleben – alles in Sekundenschnelle. So funktionieren moderne Buchbindemaschinen. W E LT K O M PA K T 24 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 BÜCHER Zeit fürs Geschichtenerzählen Frankfurter Buchmesse eröffnet: Fünf Tage lang geht es um das Gastland Argentinien und die Verbreitung von E-Books Stände der 172 000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche. Bestseller-Autorin Cornelia Funke Positives konnte der Börsenverein (51) schwört auf das gute alte Buch. des Deutschen Buchhandels von der „Ich bin ein Buchfresser. Ich will wirtschaftlichen Entwicklung bemeine Fingerabdrücke und meine richten: Der Umsatz der BuchbranNotizen auf dem Papier sehen“, sag- che sei in den ersten neun Monaten te die „Tintenherz“-Autorin gestern 2010 um 0,8 Prozent gestiegen, bezur Eröffnung der 62. Frankfurter richtete der Vorsteher der VereiniBuchmesse. Sie erwäge aber, bei der gung, Gottfried Honnefelder, bei der Recherche für ihre Bücher auf E- Eröffnungspressekonferenz. „Damit Books umzusteigen. „Pro Buch, das kann man zufrieden sein.“ Er rechich schreibe, kaufe ich net damit, das Ergebmir jeweils 60 Bücher nis bis zum Jahresende ■ „Ich bin ein zum Recherchieren. zu halten. 2009 lag der In meinen Regalen ist Buchfresser. Ich Gesamtumsatz bei 9,7 kein Platz mehr.“ Milliarden Euro. Bange ist Funke vor will meine Wichtiges Thema den neuen Verbrei- Fingerabdrücke der 62. Frankfurter tungswegen nicht. Buchmesse sind digiFasziniert verfolge sie und meine tale Medien wie Eetwa, wie ihr 15-jähri- Notizen auf dem Books. Aktuell haben ger Sohn in dem sie haben laut BörsenPapier sehen“ Freundschaftsnetzverein zwar weniger werk Facebook regelals ein Prozent Marktrecht versinke. Dort Cornelia Funke anteil, doch wird begehe es schließlich reits ein Drittel aller auch um den Umgang mit Wörtern. Neuerscheinungen auch elektro„Wir leben in einer sehr interessan- nisch angeboten. „Mittelfristig wird ten Zeit fürs Geschichtenerzählen.“ der Anteil von E-Books am deutFunke stellt bei der weltgrößten Bü- schen Buchmarkt um die zehn Procherschau, die bis Sonntag läuft, ih- zent betragen“, sagte Honnefelder. ren neuen Roman „Reckless. Stei- Deutschland liege in diesem Bereich nernes Fleisch“ vor. aber noch deutlich hinter dem Aufgrund vieler Anmeldungen in Markt in den USA zurück. Umso letzter Minute übertrifft die Frank- wichtiger sei es, dass die Bundesrefurter Buchmesse die Ausstellerzahl gierung dem Beispiel Frankreichs vom Vorjahr. Insgesamt werden auf und Spaniens folge und auch für der weltgrößten Bücherschau 7533 elektronische Bücher den ermäßigAussteller aus 111 Ländern erwartet, ten Mehrwertsteuersatz von sieben gut 200 Anbieter mehr als 2009. Prozent erlaube. Noch im September hatten die VerBuchmesse-Direktor Juergen anstalter mit weniger Ständen und Boos sagte, er erhoffe sich von der deutlich weniger Titeln gerechnet. 62. Frankfurter Buchmesse AnreDie fünftägige Messe öffnet am heu- gungen für neue Produktions- und tigen Mittwoch zunächst nur für Vertriebsformen: „Wir müssen geFachbesucher. spannt sein und uns überraschen Wie viele Titel die Aussteller zei- lassen, welche neuen Formate entgen werden, konnte Buchmessen- stehen.“ Die zunehmende DigitaliDirektor Juergen Boos gestern noch sierung von Büchern sei nach Johannicht sagen. Bis vor vier Wochen nes Gutenbergs Erfindung des behatte es so ausgesehen, als würden weglichen Bleisatzes die zweite gronur 310 000 statt wie im Vorjahr ße Umwälzung in der Literatur. Die 400 000 Exponate gezeigt. Neben neue Technik erlaube, dass GeDeutschland, das mit 3315 Ausstel- schichten zum Beispiel in Teams gelern vertreten ist, bestücken Groß- schrieben würden. Andererseits sei britannien und die USA die meisten Technik ohne Inhalt aber nutzlos. VON MICHAEL PROBST Philipp Haibach Roman Nr. 1 Andreas Maier: „Das Zimmer“ (Suhrkamp, 17,90 Euro) Maier promovierte nicht nur über den großen Grantler Thomas Bernhard, sondern arbeitete sich auch literarisch gar vatermörderisch an ihm ab. Das ist nun vorbei. Maier hat sich mit diesem Buch von seinem einstigen Vorbild befreit: Ein bitterböser, meisterhafter Heimatroman aus der tiefen hessischen Provinz und ein Sittenbild der alten Bundesrepublik. Roman Nr. 2 Thomas Pynchon: „Natürliche Mängel“ (Rowohlt, 24,95 Euro) – Was ist denn da passiert? Jemand hat Raymond Chandler, T.C. Boyle, Jörg Fauser, Ross Thomas und Hunter S. Thompson zu einem großen KifferHippie-Krimi gerollt und sich angesteckt. Und das war ausgerechnet der bei literarischen Nerds so beliebte 73-jährige Pynchon. Ein „unendlicher Spaß“ – diesmal wirklich ernst gemeint! Roman Nr. 3 Philip K. Dick: „Stimmen der Straße“ (Liebeskind, 22 Euro) – Bevor sich US-ScienceFiction-Autor Philip. K. Dick in fernen Parallelwelten herumtrieb und etwa für spätere Verfilmungen seiner Bücher wie „Blade Runner“ oder „Minority Report“ sorgte, hielt er sich mit grandiosen Dramen über die Mittelschicht der 50ern auf. Wer mit Richard Yates („Zeiten des Aufruhrs“) durch ist, dem sei dieses Frühwerk empfohlen. Sachbuch Siegfried Unseld: „Chronik 1970“ (Suhrkamp, 39,90 Euro) – Nein, dieses Tagebuch des größten deutschen Verlegers des vergangenen Jahrhunderts darf nicht bloß Germanisten-Seminaren zum Opfer fallen. Das wäre zu schade, denn das hier ist erlebte Kulturgeschichte. Bewegend und lehrreich. Es geht um Autoren, Reisen, Saufgelage, Visionen und Alltag, beginnend mit der Buchmesse 1967. Weitere Bände sind in Arbeit. Welch Glück. Ohne Literatur wäre man nur ein halber Mensch: Wenn die letzten Aufbauarbeiten erledigt sind, kann sie endlich losgehen, die 62. Frankfurter Buchmesse „Die Buchmesse bleibt daher der Ort, wo Geschichten und Inhalte gehandelt werden“, betonte Boos. Zu Lesungen und Gesprächen werden Autoren wie Cornelia Funke, Katharina Hacker, Ingrid Noll, Günter Grass, Bret Easton Ellis und Antonio Skármeta erwartet. Aus Argentinien, dem diesjährigen Gastland, reisen 70 Schriftsteller an, unter ihnen Osvaldo Bayer, Laura Alcoba und Félix Bruzzone. Angesichts der Digitalisierung hat die Buchmesse sechs neue Plattfor- Fallende Blätter: Die WELT-KOMPAKT-Redaktion ist schon mal durch den Literaturschreibt er auch noch gelungene Bücher. Markus Berges findet in seinem Debutroman die gleiche Lässigkeit und Leichtigkeit wie in seiner Musik. Also: Ab auf das Sofa, die neue Erdmöbel-CD „Krokus“ hören – und dabei das wunderbare Buch lesen. Frank Schmiechen Roman Nr. 1 Markus Berges: „Ein langer Brief an September Nowak“ (Rowohlt, 18,95) – Er spielt in einer der besten deutschen Bands und ist für die tollen Songtexte verantwortlich. Jetzt Roman Nr. 2 Haruki Murakami: „1Q84“ (DuMont, 32 Euro) – Ich gebe es zu, ich bin süchtig nach den Büchern von Murakami. Die seltsame, rätselhafte Atmosphäre fesselt mich bis in die frühen Morgenstunden. Seine Hauptdarsteller sind freundliche Melancholiker auf der Suche nach Sinn und Glück. „1Q84“ ist noch versponnener als seine Vorgänger. Und die 1021 Seiten reichen für mehrere durchwachte Nächte. Roman Nr. 3 Tom Rachman: „Die Unperfekten“ (DTV, 14,90 Euro) – Irgendwie erinnert dieser Roman über den Niedergang einer internationalen Tageszeitung an US-Fernsehserien wie Mad Men oder Sopranos. Aus wechselnden Perspektiven der Beteiligten konstruiert Rachman ein virtuoses und unterhaltsames Romandebut. Fotoband Thorsten Klapsch: „Palast der Republik“ (Edition Panorama, 48 Euro) – Drei Jahre nach der endgültigen Schließung, im Januar 1993, fotografierte Thorsten Klapsch den ungenutzten aber komplett möblierten Palast der Republik. Er sollte in der DDR eigentlich ein Symbol für Wirtschaftskraft, Volksnähe und Modernität darstellen. Geblieben sind nur eine Baugrube und diese gespenstischen Fotos, die ganz viel über die Kälte und Brutalität des DDR-Systems verraten. M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 W E LT K O M PA K T BÜCHER 25 Lesungen, Gespräche, Partys ■ Die 62. Frankfurter Buchmesse widmet sich Argentinien. Am Sonntag erhält David Grossmann den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche. ■ Morgen: 20 Uhr, Thomas Hettche, Die Liebe der Väter; 20.15 Uhr, Martin Mosebach, Was davor geschah; 20.30 Uhr, Thomas Lehr, September. Fata Morgana; 20.45 Uhr, Alexander Osang, Königstorkinder; 21.45 Uhr, Peter Wawerzinek, Rabenliebe; 22 Uhr, Christoph Roger Willemsen Peters, Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung; 22.15 Uhr, Harald Martenstein, Gefühlte Nähe. Konferenz und ein Handelsplatz für crossmediale Rechte unter dem Titel „Frankfurt StoryDrive“ soll Vertreter der Branchen Print, Film, Musik, Spiele, Telekommunikation und Internet an einem Tisch zusammenbringen. Mit der Kultur und Politik des Ehrengasts Argentinien beschäftigen sich rund 300 Veranstaltungen. Auch der Fußball kommt nicht zu kurz: Am 9. Oktober werden die beiden Weltmeister-Trainer Franz Beckenbauer und César Luis Menotti miteinander diskutieren. Das Rahmenprogramm zur Buchmesse umfasst bis zum Abschluss am Sonntag insgesamt rund 2500 Veranstaltungen. Jan Küveler vergangenen Literaturherbstes – verhackstückte der 2003 verstorbene Chilene Bolaño Frauen und Literaturwissenschaftler. In seinem letzten Romänchen (nur knapp über 100 Seiten) massiert er traumatisierte Teenager und lässt blinde Bodybuilder sehr scharf sehen: eben ins düstere Herz der Menschen. Das ist ein Pendel zwischen Leiden und Hoffen. Roman Nr. 1 Roberto Bolaño, „Lumpenroman“ (Hanser, 14,90 Euro) – Das Herz der Finsternis ist weit: Immerhin reicht es vom mexikanischen Ciudad Juárez bis nach Rom. Im filigranen Schauermonstrum „2666“ – der Sensation des Roman Nr. 2 Vladimir Nabokov, Ada (Rowohlt, 38 Euro) – Die beste Selbstbefriedigungsszene der Weltliteratur hat doch bestimmt Truman Capote in „Erhörte Gebete“ geschrieben, denkt man. Falsch! Den Vogel hat – wenn man so sagen darf – ein greiser Russe abgeschossen. Dazu muss man gar nicht weit hinabsteigen in die furios verkleidete Privathölle der hochbegabten und in unmöglicher Liebe entflammten Halbgeschwister Ada und Van. Die hohle Hand des Bruders begrüßt uns nach wenigen Seiten. Insgesamt sind es 1152 in der neubearbeiteten Übersetzung von Dieter E. Zimmer und Uwe Friesel, dem elften Band der seinem Inhalt entsprechend fantastisch gestalteten Werkausgabe. men für den Austausch zwischen verschiedenen Branchen unter dem Namen „Frankfurt Hot Spots“ geschaffen. Dort erhalten Hersteller für elektronische Lesegeräte, das mobile Internet, Softwareanbieter, Internetportale, Bildungsverlage und weitere Dienstleister Raum für Präsentationen. Eine zweitägige PA/DPA/ARNO BURGI ■ „Open Books“, das Begleitprogramm zur Buchmesse mit 160 Veranstaltungen, gibt es in diesem Jahr zum zweiten Mal. Zentrum der „Open Books“ bleibt der Frankfurter Kunstverein. 2010 sind aber weitere Spielorte hinzugekommen: Rund um den Römerberg werden auch das Haus am Dom – mit dem Sachbuchprogramm – die Evangelische Stadtakademie (Römer 9) sowie die Heussenstamm-Galerie zur Lesebühne. Hinzu kommen das Literaturhaus Frankfurt, das Hessische Literaturforum und als einmaliger Gastspielort das MA* (ehemalige Frankfurter Diamantenbörse, Stephanstraße 1–3). Roger Willemsen, Andreas Maier, Jutta Ditfurth, Gerhard Stadelmaier, Nike Wagner und Sibyl Gräfin Schönfeldt, aber auch Petra Gerster und Tom Tom Buhrow Buhrow gehören zu den über 170 teilnehmenden Autoren. Das komplette Programm findet sich unter: http://www.openbooks-frankfurt.de. DPA / STEPHANIE PILICK ■ Heute und morgen lädt das städtische Kulturamt zu „Literatur im Römer“ in die traditionellen Römerhallen und bietet eine Orientierung über die literarischen Herbstprogramme. Vorgestellt werden anspruchsvolle, in manchen Fällen kontrovers diskutierte literarische Neuerscheinungen der deutschen Gegenwartsliteratur. An den beiden Abenden werden insgesamt 16 Autorinnen und Autoren zu Gast sein. Befragt werden sie heute von Gerwig Epkes (SWR2) und Sigrid Löffler, sowie morgen von Alf Mentzer und Kathrin Fischer (beide hr2-kultur). Der Frankfurter DJ Pedo Knopp legt Platten auf. Los Thomas Lehr geht es jeweils um 20 Uhr. Das komplette Programm gibt es unter http://bit.ly/bCtko3. Im folgenden einige Highlights: DAPD/THOMAS LOHNES DAPD/TORSTEN SILZ ■ Schon während der Fachbesuchertage müssen Literaturhungrige aber nicht darben: Eine Vielzahl von Veranstaltungen lässt es seltsam erscheinen, dass offiziell nirgends von einem Literaturfestival die Rede ist. Wohl um Köln und Leipzig nicht zu vergrätzen, wo die kommerzielle lit.cologne beziehungsAlina Bronsky weise in Leipzig die immer schon auf die Leser zugeschnittene Messe stattfindet. In Frankfurt ist alles kostenlos, dafür ist das Angebot umso größer. Im folgenden eine kleine Auswahl. PA/DPA/ROLF VENNENBERND ■ Für Privatbesucher ist die Buchmesse am 9.10. (9 bis 18.30 Uhr:) und am 10.10. (9 bis 17.30 Uhr:) geöffnet. Eine Tageskarte (inkl. Nahverkehrs-Ticket) kostet 14 Euro. ■ Am Samstag, 9. Oktober, ist im Literaturhaus Frankfurt die „Open Party“ unter dem Motto „Literatur legt auf“. Am DJ-Pult stehen Protagonisten des Literaturbetriebs. Der Eintritt zu sämtlichen Veranstaltungen der „Open Books“ – mit Ausnahme der Party – ist frei. In allen Häusern gibt es Büchertische mit den dort präsentierten Werken. ■ Heute: 20.15 Uhr: Joachim Zelter, Der Ministerpräsident; 20.30 Uhr: Hansjörg Schertenleib, Cowboysommer; 20.45 Uhr: Péter Esterházy, Ein Produktionsroman; 21.15 Uhr: Alina Bronsky, Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche. ■ Der Frankfurter Kunstverein zeigt im Rahmenprogramm von „Open Books“ außerdem die Ausstellung über das Gastland „Tales of Resistance and Change. Artists from Argentina“. Die Heussenstamm-Galerie zeigt die Ausstellung: „Kirsten Hammerström + Gabrielle Hattesen: THERE IS NOTHING LIKE PAPER“. gant Dezsö Kosztolányi vor lauter Leseglück nicht einschlafen. Wer „Ein Held seiner Zeit. Die Bekenntnisse des Kornél Esti“ noch nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen! Es ist jedenfalls traurig, dass die Wiederentdeckung von Kosztolányis Landsmann Szilárd Rubin im Frühling dieses Jahres mit seinem Tod zusammenfiel. Doch wer weiß. Der „geistreiche Melancholiker“ (Rowohlt) hätte die Pointe womöglich zu schätzen gewusst. Nach „Eine kurze Geschichte der ewigen Liebe“ kommt jetzt jedenfalls der Roman „Eine beinahe alltägliche Geschichte“. Der Titel ist, gelinde gesagt, eine schamlose Untertreibung! Sachbuch Moritz von Uslar, „Deutschboden“ (Kiepenheuer & Witsch, 19,95 Euro) – Der Schnelldenker Moritz von Uslar, der mit „100 Fragen“ das Interview auf eine neue Erkenntnisebene schoss, hat rübergemacht. Nach Brandenburg, Stätte totaler Stagnation. Nach „HardrockSchweinigel-Assi-AbschaumHartz-Höllen-Hausen“ bzw. Oberhavel. Drei Monate hängt der Reporter-Dandy am Tresen der Gaststätte Schröder. Wo er in Biergläser und Köpfe guckt. Die Rückkehr der literarischen Reportage? Solange es solche Bücher gibt, ist weder der Journalismus noch der Osten verloren. Herbst spaziert Roman Nr. 3 Szilárd Rubin, „Eine beinahe alltägliche Geschichte“ (Rowohlt Berlin, 16,95 Euro) – Rowohlt Berlin legt uns unermüdlich tote Ungarn aufs Kopfkissen. Die haben sich aber prächtig gehalten! Vor ein paar Jahren ließ uns der vortreffliche Ele- W E LT K O M PA K T INTERNET Folgen Sie Jürgen Stüber auf Twitter twitter.com/wk_stueber FACEBOOK-POSTINGS UND LESERBRIEFE Facebook Michael Bartels Supermacht Facebook? Das ist eher eine Bewegungstherapie für gelangweilte Büroangestellte, die ständig Farmville spielen. Leserbriefe Zu: Stuttgart 21 Als ich am 30. September die Fernsehberichte über Stuttgart 21 gesehen habe, trieb es mir Tränen in die Augen. Tränen der Fassungslosigkeit, Tränen über die Brutalität, mit der von der Polizei gegen Kinder, Jugendliche und Rentner vorgegangen wurde, Tränen der Ohnmacht gegenüber den arroganten, machtgeilen und überheblichen Politikern. In keinem Bericht war zu sehen, dass Demonstranten gewalttätig waren. Clemens Jaeckel Die Eskalation bei den Demonstrationen gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 kommt nicht von ungefähr. Die Wut ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Längst sind die Auseinandersetzungen keine Sache von autonomen Linken mehr. Thomas Henschke Zu: Euro-Scheine werden im Ausland gedruckt 500- und 200-Euro-Scheine werden fast nirgendwo mehr angenommen, trotzdem aber fleißig weitergedruckt. Nun sollen die Euro-Scheine ab 2012 im Ausland gedruckt werden können. Damit stehen 400 Arbeitsplätze in Deutschland auf der Kippe, und die Bundeshoheit und die absolute Kontrolle über das Drucken unseres Geldes entfallen. Ich schlage vor, die Euro-Scheine künftig in Schurkenstaaten drucken zu lassen. Dann wird der Euro eines Tages die Welt überschwemmen und zu einer Crash-Währung verkommen, weil mit den überlassenen Druckplatten und dem Papier statt Blüten einwandfreie Euro in Umlauf kommen können. Roland Klose SO FUNKTIONIEREN DIE CODES ■ Sie brauchen ein internetfähiges Handy, eine Datenflatrate und einen QR-Code-Reader. Das ist eine Software, die Sie von der Seite mobil.welt.de/reader herunterladen können. Es gibt auch kostenfreie Apps für iPhone und Android-Handys – etwa von Lynkee. ■ Starten Sie den installierten Reader und fotografieren Sie mit ihm den QR-Code. Ein Klick genügt. Und schon öffnet sich die im QR-Code hinterlegte Website automatisch auf dem Handy-Display. Kanzleramt e Nico ist am Morgen von Hamburg nach Frankfurt geflogen. Hendrik verbringt seine Mittagspause in einer Bar im Hamburger Schanzenviertel. Frank, Oliver und André sitzen in ihren Berliner Büros. Klas ist in seiner Agentur. Ein schneller Blick auf das Handy zeigt, wo die Freunde sind und wie sie sich die Zeit vertreiben. Sie alle haben bei Facebook „eingecheckt“, wie die Mitteilung des eigenen Standortes im Plattform-Jargon heißt. Seit gestern können Facebook-Nutzer ihren Freunden nicht nur mitteilen, was sie gerade machen oder was ihnen im Augenblick gefällt. Sie haben jetzt auch in Deutschland die Gelegenheit, ihre Community mit einem Klick darüber zu informieren, wo sie sich gerade aufhalten und was sie dort tun. Bislang war „Places“ nur in den USA, Japan, Australien, Frankreich und Großbritannien verfügbar. Um auf „Facebook Orte“, wie der Dienst in Deutschland heißt, zugreifen zu können, genügt ein internetfähiges Mobiltelefon, das die Website touch.facebook.com abbilden kann. Wer ein iPhone verwendet, benötigt die aktuellste Version der Facebook-App. Mit ihr können Anwender an Orten „einchecken“ und damit Freunden in Echtzeit mitteilen, wo sie sind. Nutzer haben auch die Möglichkeit zu erfahren, welche ihrer Freunde gerade in der Nähe sind. Zudem besteht die Möglichkeit, auch neue Orte kennenzulernen, die Freunde entdeckt haben. Die Möglichkeit, Freunden, Bekannten und Kollegen mitzuteilen, wo man sich aufhält, hat dem Mobiltelefon schon vor Jahrzehnten mit zum Durchbruch verholfen. Doch bislang war das entweder teuer oder umständlich. Denn es bedurfte eines Anrufs, einer fingerakrobatischen SMS-Kurznachricht oder einer Mail. Ortsbasierte Internetdienste haben das vereinfacht. Sie verwenden Informationen aus drei Quellen. Zum Ersten erkennen sie über Satelliten-Daten (GPS-Dienste), WLAN-Netze oder Koordinaten von Mobilfunkstationen den exakten Standort des Nutzers. Aus einer Datenbank beziehen sie dann Informationen über Lokalitäten in der Nähe, die angeklickt werden können. Und zum Dritten erfahren sie aus dem eigenen Netzwerk, welche anderen Nutzer sich ebenfalls dort aufhalten. Diese drei Quellen werden verknüpft, und fertig ist der Geolocation-Dienst. Am erfolgreichsten ist mit einem solchen ortsbasierten Dienst bislang die Plattform Foursquare, auf der nach eigenen Angaben etwas mehr als drei Millionen Internetnutzer einchecken. Foursquare nutzt einen spielerischen Ansatz: Nutzer erwerben Orden („Badges“) für ihre Aktivitäten. Und wer am häufigsten an einem Ort eingecheckt hat, erhält den Titel des „Mayor“ (Bürgermeister). Ähnlich, aber weniger spielerisch funktioniert der Dienst „Latitude“ des aß Während es mit Twitter steil bergauf geht, strich ein artverwandtes Start-up die Segel: der Kurznachrichten-Videodienst „12seconds“ wird im Laufe des Monats eingestellt. Es sei nicht gelungen, eine kritische Masse zu entwickeln, heißt es beim Technik-Blog Mashable. Jürgen Stüber VON JÜRGEN STÜBER Str „Als Evan die Führung übernahm, hatten wir eine Million Tweets pro Tag. Jetzt sind wir bei 90 Millionen Tweets pro Tag und haben damit eine Ertragsmaschine“, sagte Costolo dem Technologieblog Techcrunch. Ein erster Schritt dazu könnten die „Promoted Accounts“ sein, deren Start gestern bekannt gegeben wurde. Das Konzept dieser personalisierter Werbeform ist, interessierten Nutzern das Folgen von Markenaccounts zu empfehlen. Facebook startet den Dienst „Orte“ nun auch in Deutschland – Die Angst vor Überwachung ist groß, aber unbegründet in- In seinem Blogbeitrag hob Williams die besonderen Anstrengungen Costolos bei der Entwicklung und Verbesserung der Einnahmestrategie hervor. In der Vergangenheit war der Kurznachrichtendienst, der seit seiner Gründung im März 2006 auf inzwischen 165 Millionen Nutzer weltweit gewachsen ist und täglich um 370 000 weiter wächst, oft wegen seines nicht erkennbaren Geschäftsmodells kritisiert worden. Investoren steckten seit der Grün- dung rund 160 Millionen USDollar (115 Millionen Euro) in das Unternehmen und hoffen darauf, ihr Geld irgendwann auch zurück zu bekommen. Inzwischen hat Twitter 300 Beschäftigte. ab ■ Der überraschende Führungswechsel beim Kurznachrichtendienst Twitter beschäftigte gestern die Blogosphäre. Der TwitterMitgründer und bisherige CEO Evan Williams hatte die Leitung des rasant wachsenden Unternehmens an den bisherigen Geschäftsführer (COO) Dick Costolo abgegeben. Costolo war vor einem Jahr vom Internetkonzern Google zu Twitter gekommen. Zuvor hatte er die Plattform FeedBurner erfunden, die 2007 von dem Suchmaschinenkonzern für 100 Millionen Dollar gekauft worden war. Williams will sich künftig verstärkt um Produktstrategie kümmern, wie er in einem Blogbeitrag schrieb. Im zahlreichen Foren wurde spekuliert, wie Costolo das Unternehmen ausrichten wird. k-R Führungswechsel bei Twitter Und wo bist Du gerade? ha UPLOAD – DIE SOCIAL MEDIA KOLUMNE ni Straße des 17. Ju Yitz 26 * M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 St Tie Internetkonzerns Google. Dort erfährt der Nutzer nicht nur, welche Freunde sich gerade in der Nähe aufhalten und was sie dazu mitteilen. Er kann auch sein eigenes Bewegungsprofil freigeben und für die Community sichtbar ins Netz stellen. Die Geolocation-Plattform „Gowalla“ hat einen anderen Ansatz gewählt und bedient die Leidenschaft Reisender, Stempel fremder Grenzbehörden in ihrem Reisepass zu sammeln. Nutzer dieses Dienstes können durch Check-ins solche Stempel erwerben und dadurch Ansehen in der Community gewinnen. Nutzer erhalten aber auch den Anreiz, Entdeckungen ihrer Freunde selbst zu erkunden. Gowalla bietet zusätzlich Exkursionen an, die beispielsweise von Organisationen wie National Geographic oder dem Nachrichtensender CNN angeboten werden. Wie bei Foursquare werden auch bei Gowalla soziale Netzwerke wie Facebook oder Nachrichtendienste wie Twitter zum Verbreiten der eigenen Status-Updates genutzt. Warum machen Internetnutzer das? Neben der Freude am Social Networking und dem Drang, beiläufig die eigene Weltläufigkeit zu unterstreichen (@ Hyatt Regency Crown Center oder @ Frankfurt International Airport (FRA) w/ 12 others) dürfte es wohl vor allem die Lust am Spiel sein, die Internetnutzer dazu zu bringen, immerzu mitzuteilen, wo sie gerade sind. Geolocation-Dienste sind aber auch Plattformen für Schnäppchenjäger, die Vergünstigungen ergattern wollen: Freigetränke oder Gratistickets in Locations, in denen sie Mayor-Titel erworben haben. Vor allem in den USA ist das ein verbreitetes Geschäftsmodell. Dieses Konzept hat sich der deutsche Foursquare-Klon „Friendticker“ zu Eigen gemacht. Diese Plattform setzt gezielt auf materielle Güter als Belohnung für häufige Check-ins. Nutzer können dort beispielsweise Gratis-Übernachtungen in Hotels, kostenfreie Cocktails, Wellness-Behandlungen oder Gutscheine erwerben. Für die Anbieter der Plattformen ist Der Nutzer erfährt mit einem Blick aufs Handy, wo die Freunde sind M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T INTERNET 27 INTERNET KOMPAKT DATENSCHUTZ Panne bei Unicef Sensible Daten von Unicef-Spendern wie Kontonummern von 147 Unternehmen sind für einen kurzen Zeitraum unverschlüsselt im Internet zugänglich gewesen. Das Problem sei bereits behoben, sagte Rudi Tarneden, Sprecher von Unicef Deutschland. Während eines Serverumzugs der UnicefInternetseite habe ein Dienstleister die Schutzeinstellungen fehlerhaft vorgenommen. PATENTRECHT Apple droht eine Strafe Apple wehrt sich gegen eine drohende gigantische Patent-Strafzahlung bis zu 625,5 Millionen Dollar. Der Mac- und iPhoneAnbieter will einen entsprechenden Gerichtsbeschluss mit einem Eilantrag stoppen. Die kleine Firma Mirror Worlds wirft dem Technologiekonzern vor, drei Patente zu verletzen. Der Vorwurf richtet sich gegen drei AppleFunktionen. Es geht um die Ansicht „Cover Flow“, sowie um die Mac-Suche „Spotlight“ und das ebenfalls im Mac-Betriebssystem integrierte Backup-Werkzeug „Time Machine“. NETZNEUTRALITÄT Regulierung ist nicht nötig Innenminister Thomas de Maizière lehnt Forderungen nach einer weitreichenden Regulierung des Internets ab. Selbst für die umstrittene Internet-Plattform Wikileaks, gebe es ausreichend gesetzliche Regelungen, sagte der CDU-Politiker gestern auf dem „Handelsblatt“-Sicherheitsforum in Berlin. Denn Geheimnisverrat sei „offline wie online“ strafbar. Platz der Republik Spree Reichstag e Dorotheenstraß Ein Smartphone, ein Mikroskop, 50 winzige Puppen: Die Filmemacher von Aardman erzählen, wie der Trickfilm mit der kleinsten Figur der Welt entstanden ist. http://bit.ly/9WNf8H aß rtstr Ebe Scheidemannstraße AP PHOTO/FACEBOOK DER MOBILE VIDEO-TIPP e Unter den Linden traße des 17. Juni e aß str lm lhe Wi Ebertstraße ergarten „Wo bist Du?“ Und „Was machst Du“ fragt der neue FacebookDienst die Spielleidenschaft ihrer Kunden ein lukratives Geschäft. Die Nutzer liefern mit ihren Empfehlungen, Tipps und Entdeckungen den GeolocationDiensten in Eigenleistung kostenfrei gigantische und veritable Datenbanken mit Lokalitäten, die anders nie hät- ten recherchiert werden können. Das ist Crowdsourcing wie aus dem SocialMedia-Lehrbuch: andere die Arbeit machen lassen, die man eigentlich selbst erledigen müsste. Die Nutzer bieten mit ihren Checkins der Werbewirtschaft aber auch ei- Auf Nummer sicher gehen ■ Standorte sind nicht für alle Facebook-Nutzer sichtbar: Beim Einchecken erscheint der eigene Standort standardmäßig nur in den Neuigkeiten der eigenen Freunde. Bedenken, dass man über Facebook Orte der ganzen Welt mitteilt, wenn man nicht zu Hause ist, sind deshalb unbegründet. ■ Minderjährige können ihre StandortDaten nicht ganz öffentlich machen. Sie sind grundsätzlich nur für deren Freunde sichtbar. Das Gleiche gilt für Beiträge, in denen ein Minderjähriger markiert wurde – zum Beispiel wenn Vater und Sohn ins Kino gehen und der Vater veröffentlicht dies mit FacebookOrte und markiert seinen Sohn. ■ Das Markieren von Personen (Tagging) ist auch bei „Orte“ möglich. Freunde können einen Nutzer aber nur dann markieren und einchecken, wenn dieser der Nutzung von „Orte“ zuvor zugestimmt hat. Die Markier-Funktion lässt sich auch ganz abstellen. ■ Eine weitere Hürde gegen Markierungen – etwa an kompromittierenden Orten – ist, dass sich der Freund dort selbst erst einchecken muss, bevor er einen anderen einchecken könnte. ne Breitseite, um sie künftig nicht nur mit personalisierter, sondern auch mit ortsbasierter Werbung anzusprechen. Was dem Nutzer „gefällt“, wissen Facebook und Google schon lange. Neu ist der geradezu unbezahlbare Gute-Laune-Faktor – die Echtzeit-Information, was dem Nutzer wann und wo gefällt. Geolocation-Dienste wie Facebook „Places“ schlagen aber auch ein neues Kapitel der Internet-Datenschutzdebatte auf. Bereits zum Start des Dienstes in den USA titelte das Technologieblog Techcruch: „Sind wir ein Stück näher an 1984?“ Facebook hat aber anscheinend aus früheren Lektionen und dem Datenschutzfiasko des Internetkonzerns Google nach der Bekanntgabe des „Street View“-Starts in Deutschland gelernt und bemüht sich vorab, ein BigBrother-Image gar nicht erst aufkommen zu lassen. „Facebook-Orte ist in der Grundeinstellung deaktiviert. Wer den Dienst nutzen möchte, muss aktiv zustimmen“, schreibt das Unternehmen. Liegt diese Freigabe vor, so erscheinen die Check-ins in den eigenen Neuigkeiten und abhängig von den Privatsphäre-Einstellungen auch in den Neuigkeiten der Freunde. Nur, wenn man es ausdrücklich so eingestellt hat, sind sie sichtbar für alle Webnutzer. Außerdem werden auf der Facebook-Seite des jeweiligen Ortes in dem Feld „Personen, die jetzt hier sind“ die Namen der Nutzer aufgelistet, die dort sind. Diese Standortangaben werden überschrieben, sobald man an einem neuen Ort eincheckt. „Facebook erstellt keine Bewegungsprofile“, betont das Unternehmen. Google TV am Start – CNN unter Partnern Google hat für seinen geplanten Dienst Google TV erste Partner als Inhalte-Lieferanten bekannt gegeben. Von den führenden drei USFernsehsendern ABC, NBC und CBS ist allerdings keiner dabei. In dieser Woche will Logitech eine erste Settopbox für Googles Internet-Fernsehdienst in den USA auf den Markt bringen. Und ebenfalls für den Herbst hatte zuletzt auch Sony einen ersten Fernseher „Sony Internet-TV powered by Google“ zunächst für den US-Markt ange- kündigt. Unter anderem werden CNN, TNT, TBS und Cartoon Network ihre Angebote für den neuen Fernsehdienst des Internet-Unternehmens anpassen, teilte Google mit. Mit Google TV will der Suchmaschinenspezialist Fernsehen und Internet verschmelzen. Der Zuschauer soll via Googles Browser Chrome direkt am Fernseher sowohl auf das Internet als auch auf Hunderte von Fernsehkanälen zugreifen und sie durchsuchen können. Skype-App auch für Android-Smartphones Auch Nutzer von Android-Handys können seit gestern kostenlos über das Internet telefonieren. Der Internettelefonie-Anbieter Skype hat dafür eine App veröffentlicht, die auf Googles Handy-Betriebssystem läuft. Skype-Apps waren bislang für Apples iPhones und Handys mit Nokias Symbian verfügbar. Damit könne Skype nun auf den drei am meisten verbreiteten Smartphone-Betriebssystemen genutzt werden, betonte ProduktManager Mark Douglas. Die neue Skype-App läuft auf Android ab der Version 2.1 und lässt sich kostenlos unter der Adresse www.skype.com/m herunterladen. Nach der Installation können Anwender sowohl über ein Datennetz (Wifi) als auch über das Mobilfunknetz (GPRS, EDGE und 3G) mit anderen Skype-Nutzern weltweit kostenlos telefonieren. Für Telefonate zu anderen Teilnehmern berechnet Skype eine geringe Gebühr. Die Software gleicht automatisch die Kontakte mit dem eigenen Adressbuch ab. Die App zeigt zudem an, wer von den Kontakten gerade online und per Anruf oder Chat erreichbar ist. Den Mobilfunkbetreibern ist Skype mit seinem kostenlosen Angebot ein Dorn im Auge. In Deutschland hatte die Telekom die Skype-Software auf iPhones in ihren Mobilfunknetzen teilweise blockiert. Es gebe inzwischen aber einige Tarife, die kostenlose Internet-Gespräche über UMTS erlauben, sagte Douglas. W E LT K O M PA K T 28 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 WISSENSCHAFT WISSEN KOMPAKT GESUNDHEIT Ängstliche schlafen schlecht Computeranimation eines Graphen-Moleküls: Es besteht ausschließlich aus Kohlenstoffatomen, die regelmäßige Sechsecke bilden Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) appelliert an Gartenbesitzer und Stadtgärtnereien, auf Laubbläser und Laubsauger zu verzichten. Laub solle auf Büschen und Beeten liegen bleiben, da es einen wichtigen Lebensraum für Tiere darstelle und gleichzeitig dünge, hieß es. Lediglich auf Gehwegen und Straßen sollte es entfernt werden – möglichst mit Besen und Rechen. Laubbläser und Laubsauger entziehen Spinnen, Käfern und Amphibien ihre Lebensgrundlage, zerstückeln oder verletzen sie und stoßen gesundheitsschädliche Abgase aus. Auch Igel würden durch sie gefährdet. UMWELT Arktis bald eisfrei Das Eis in der Arktis wird nach Schätzung von US-Forschern in 20 bis 30 Jahren während der Sommermonate komplett wegschmelzen. Das lasse sich auch aus aktuellen Beobachtungen in diesem Sommer rund um den geografischen Nordpol wieder schließen. Demnach ist das dickste Eis, das älter als fünf Jahre ist, fast vollständig verschwunden. Nobelpreis für einen Hauch von Nichts Zwei Physiker werden für die Entdeckung des Materials Graphen ausgezeichnet VON NORBERT LOSSAU Der Werkstoff, den die beiden Physiker Andre Geim und Konstantin Novoselov in ihrem Labor der Universität Manchester entwickelt haben, klingt eher nach ScienceFiction denn Wirklichkeit. Dieses fantastische Material ist rund 100 Mal belastbarer als der stärkste Stahl und dabei doch fast nur ein Hauch von Nichts – schlicht Kohlenstoffatome, vernetzt in nur einer Ebene zu einem perfekten Bienenwabenmuster. Ein Quadratmeter dieses flächigen Moleküls wiegt weniger als ein Milligramm. Und es ist dabei eine Million Mal dünner als ein Blatt Papier. Für die Herstellung und Analyse des Graphen genannten Wunderstoffs werden die Forscher mit dem Physiknobelpreis 2010 geehrt. Am 10. Dezember nehmen sie ihn aus der Hand des schwedischen Königs in Stockholm entgegen. Das Preisgeld von rund einer Million Euro geht je zur Hälfte an die beiden Wissenschaftler. Für den heutigen Niederländer Geim fällt dabei die monetäre Anerkennung geringer aus als bei der Verleihung des Körber-Preises im vergangenen Jahr in Hamburg. Dort erhielt er für die Arbeiten zum Graphen 750 000 Euro Preisgeld – und zwar allein. Andre Geim wurde 1958 im russischen Sotschi geboren, studierte Physik in Moskau und promovierte 1987 am Insti- Die Möglichkeiten ■ Graphen leitet elektrischen Strom fast so gut wie Kupfer. Wärme kann es gar zehn Mal besser leiten als dieses Metall. Graphen ist nahezu völlig transparent. ■ Das Wundermaterial ist härter als Diamant, extrem reißfest und dabei als hauchdünnes „Atom-Gaze“ mechanisch überaus flexibel. ■ Graphen eignet sich als Kandidat für unzählige technische Anwendungen – von der Computer- und Handytechnik über Solarzellen bis hin zu Frischhaltefolien. mensionalen Graphen. tut für Festkörperphysik Beim Schreiben mit Grain Tschernogolowka. phit auf Papier entstehen Nach Stationen in EngSchichten aus mehreren land und Dänemark ging Lagen Graphen. Bisweier an die Universität Nijlen lösen sich dabei einmegen. Dort begann die zelne Graphen-Moleküle Zusammenarbeit mit ab, die dann – für das Audem 15 Jahre jüngeren Konstantin ge unsichtbar – irgendwo Konstantin Novoselov. Novoselov (36) auf dem Blatt Papier lieDieser folgte Geim 2001 gen bleiben. Geim und nach Manchester. Dort Novoselov hatten eine, im glückte 2004 der nobelNachhinein betrachtet, preiswürdige Durchsimple Idee. bruch. Der in „Science“ Sie drückten ein Klebeveröffentlichte Bericht band gegen einen Graüberraschte die Fachwelt. phit-Kristall und transfeTheoretisch wurden rierten die daran hängen zweidimensionale Mole- Der Physiker Graphenküle ja bereits seit 1947 Andre Geim (51) gebliebenen Moleküle auf eine Oberdiskutiert und sogar deren hypothetische Eigenschaften fläche aus Siliziumoxid. Dort beberechnet. Doch dass die Herstel- gannen die Forscher mit der Analung jemals gelingen könnte, daran lyse der physikalischen Eigenschaften der Graphenflöckchen. hatte niemand so recht geglaubt. Dabei hat schon jeder von uns Die optischen Eigenschaften von Graphen hergestellt, freilich ohne Graphen machen es zu einem ausdies zu ahnen. sichtsreichen Material für den Bau Der in Bleistiften enthaltene von Solarzellen und TouchGraphit ist gleichsam der dreidi- screens. Kratzfest, durchsichtig mensionale Bruder des zweidi- und elektrisch leitend. AP Warnung vor Laubsaugern DPA/KÖRBER-STIFTUNG UMWELT Im Gespräch kopieren wir den Sprachstil Vor allem Frauen und gute Studenten passen sich an Stammzellen im Visier der Krebsforscher nem Gast ins Gespräch, der sich die Forscher das Phänomen, auf chologen verschiedene Formen besonders gewählt ausdrückt. Deutsch könnte es mit „Überein- der Kommunikation. So stellten Innerhalb weniger Minuten stimmung der Sprachstile“ über- sie Studenten eine schriftliche passt man sich an, sucht ebenfalls setzt werden. Um das Verhalten zu Aufgabe. Je förmlicher die Frage nach eloquenten Ausdrüformuliert war, desto trockecken. Vielleicht bewusst, ner fiel ihre Antwort aus. aber auf jeden Fall unbeWar die Aufgabe umgangswusst. Das zumindest fansprachlich geschrieben, fiel den Psychologen der Uniauch die Antwort locker aus. versity of Texas heraus, die Vor allem Frauen und Studas Kommunikationsverhaldenten mit guten Noten passten untersuchten. Wenn wir ten sich dem Stil der Aufgamit anderen Menschen sprebenstellung an. Am Ende alchen, dann nähern sich inler Untersuchungen stellten nerhalb kürzester Zeit unsedie Forscher fest: Je harmonire Sprachstile an. scher die Dialoge verlaufen, Der eine flucht viel, der Nach wenigen Minuten reden wir im gleichen Stil desto glücklicher sind die andere tut es ihm gleich. wie unser Gegenüber Menschen, die sie führen. men Forscher verstärkt die Stammzellen unter die Lupe. Es mehrten sich die Hinweise, dass die meisten Krebserkrankungen aus Stammzellen entstünden, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Prof. Otmar Wiestler, zum Abschluss eines Internationalen Symposiums. Er wies darauf hin, dass Stammzellen und Krebszellen Gemeinsamkeiten haben. Beide seien wandelbar und könnten sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Zudem seien Gene, die Stammzellen regulieren, häufig auch an der Entstehung von Tumoren beteiligt. GÜR TLERS GESAMMELTE GRÜTZE Auf einer Party kommt man mit ei- „Language style matching“ nennen verstehen, untersuchten die Psy- Im Kampf gegen den Krebs neh■ Die erste Papstwahl durch ein Konklave fand im Jahr 1241 statt. Nach 64 Tagen Beratung wählten die Kardinäle den neuen Papst Coelestin IV. Durch die Teilnahme am anstrengenden Konklave geschwächt, starb Coelestin allerdings schon 17 Tage später. MEHR GRÜTZE: WWW.WELT.DE/GRUETZE Folgen Sie Luise Schlächter auf Twitter twitter.com/wk_schlaechter PA/JAVIER PIERINI PA/GMS JANNIK MEYER/SCIENCE Wer ängstlich oder nervös ist, entwickelt nach einer Studie der Berliner Charité eher als zielstrebige und ausdauernde Menschen eine Schlafstörung. Zudem seien insbesondere Frauen betroffen, sagte Schlafforscherin Anita Peter im Vorfeld eines dreitägigen Fachkongresses mit 1800 Experten, der morgen in Bremen beginnt. Das Schlaflabor im Zentrum für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie der Charité hatte etwa 400 Menschen zwischen 18 und 81 Jahren aus zehn Dörfern zu Schlafqualität und persönlichen Eigenschaften befragt. Peter: „Ängstliche Menschen geben eine schlechtere Schlafqualität an.“ Das zeige, dass Schlafstörungen eng mit Angststörungen und mit depressiven Erkrankungen verbunden seien. M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 W E LT K O M PA K T RÄTSEL HOROSKOP Machen Sie heute etwas aus Ihrer guten Laune. Lassen Sie andere daran teilhaben und inspirieren Sie sie mit Ihrer Energie. Sie haben es in der Hand, wie gut Sie sich fühlen. Es steht auf der Kippe. Sie sollten nicht über die Stränge schlagen! Sie blühen richtig auf. In nächster Zeit könnte eine neue leidenschaftliche Beziehung Sie auf Hochtouren bringen. Ihre Energie steigert sich. Die Stimmung ist prächtig und die körperliche Verfassung ausgezeichnet. Sport nach Feierabend? Ein unverhofftes Glück richtig zu genießen, ist eine hohe Kunst. Üben Sie sich in der Kunst. Sie bekommen die Gelegenheiten. Fit und dynamisch, die alten Belastungsgrenzen liegen weit hinter dem Horizont. Tolle Ergebnisse wecken Lust auf Sport. Venus heißt Ihre Verbündete. In dieser Atmosphäre der neu erwachten Leidenschaft lässt sich so manches leichter regeln. Worauf warten Sie? Sie sind in keiner Weise angeschlagen. Am heutigen Tage können Sie alles erreichen, wenn Sie nur wollen. Die Scheuklappen versperren Ihnen nicht nur die Sicht auf die netten Personen, sie verhindern die wichtigen Augenblicke. Kümmern Sie sich bewusst um Fitness und Gesundheit. Ihr Körper fordert vermehrt zusätzliche Pflege und Aufmerksamkeit. Sie sprühen nur so vor positiver Energie. Hindernisse räumen Sie heute auch ohne viel Vorbereitung aus dem Weg! Weiter so! Singles haben jetzt gute Chancen, dass sich ein vielversprechender Flirt vertieft. Es eröffnen sich neue Perspektiven. Mit tatkräftiger Marsunterstützung haben Sie das Gefühl, als könnten Sie Bäume ausreißen. Aber übertreiben Sie nicht. Venus hat für Sie ein offenes Herz parat. Wenn Sie nun zu lange warten, verschenkt sie es an jemand anderen. Zugreifen! Entspannung und Erholung sollten keine Fremdwörter für Sie sein. Schaffen Sie sich Freiräume – erfüllen Sie sich Wünsche! Sie haben den Willen zu einer tief greifenden Veränderung – aber auch die nötige Einsicht? Mut zur Ehrlichkeit zu sich selbst! Sie belasten Ihren Körper bis aufs Äußerste. Gut, dass Sie so schnell regenerieren. Trotzdem: Ruhephasen einlegen. Vor lauter Begeisterung nach einer besonderen Begebenheit neigen Sie zur Unbesonnenheit. Vermeiden Sie Fehlinterpretationen. An diesem Tage stehen Ihnen alle Wege offen, wenn Sie sich mutig und entschlossen für Ihre Ziele und Träume einsetzen. Venus ist die beste Krankenschwester! Das Liebesglück vertreibt alle Zipperlein und lässt Ihre Form deutlich ansteigen. Eine Portion Sternenpower verleiht Ihnen Flügel. Da können Sie anpacken, was Sie wollen – und vielleicht noch mehr. Fantasie beschert Ihnen heute frischen Aufschwung in eine eingefahrene Situation. Freuen Sie sich über den positiven Ausgang! Einflüsse von vielerlei Planeten schaffen in Ihnen das Gefühl, gegen Widerstände arbeiten zu müssen. Das macht sehr müde. Sie sind ziemlich überheblich und neigen dazu, Ihre Gefühle nur spärlich zu verteilen. Ihre Umwelt übernimmt diesen Sparkurs. S U D O KU VON STEFAN HEINE 29 W E LT K O M PA K T 30 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 TV-PROGRAMM ARD ZDF RTL SAT.1 PRO 7 VOX 5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00 heute 9.05 Rote Rosen. Telenovela 9.55 Wetterschau 10.00 heute 10.03 ¥ Brisant 10.25 ¥ Weissensee (Wh.) 11.15 ¥ In aller Freundschaft (Wh.) 12.00 heute 12.15 g ARD-Buffet. Zuschauerfragen zum Thema: Schnarchen; Vincent Klink bereitet heute ein Gericht aus den Deutschen Koch-Charts zu (Platz 18) 13.00 ZDF-Mittagsmagazin 14.00 Tagesschau 14.10 Rote Rosen 15.00 Tagesschau 15.10 Sturm der Liebe 16.00 ¥ Tagesschau 16.10 Papageien, Palmen & Co. 17.00 ¥ Tagesschau 17.15 ¥ Brisant 18.00 Verbotene Liebe 18.25 Marienhof 18.50 Das Duell im Ersten 19.20 Das Duell im Ersten 19.45 ¥ Wissen vor 8 Wie entsteht Popcorn? 19.50 Wetter 19.55 Börse im Ersten 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 H ¥ g Im Dschungel TV-Drama, D 2010 Mit Ronald Zehrfeld, Heino Ferch, Ina Weisse Regie: Elmar Fischer 21.45 ¥ Hart aber fair Talk Thema: Bürger gegen Politiker – Wie viel Aufstand verträgt die Demokratie Moderator: Frank Plasberg 23.00 Tagesthemen Moderation: Susanne Holst 23.28 Wetter 23.30 ¥ Schmutzige Schokolade 0.15 Nachtmagazin 0.35 H õ ¥ Long Hello and Short Goodbye Thriller, D 1999 Mit Nicolette Krebitz, Marc Hosemann, Dietrich Hollinderbäumer Regie: Rainer Kaufmann 2.05 ¥ Tagesschau 2.10 ¥ g Pferdesport: Weltreiterspiele Springreiten, Nationenpreis 4.00 Deutschlandbilder 4.10 ¥ Tagesschau 5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00 heute 9.05 Volle Kanne – Service täglich. Top-Thema: Mieterpflichten – Vermieterpflichten; Einfach lecker: Tafelspitz mit Speckwirsing und legiertem Meerrettich 10.30 ¥ g Lena – Liebe meines Lebens. Telenovela 11.15 Reich und schön 11.35 Reich und schön 12.00 heute 12.15 drehscheibe Deutschland 13.00 ZDF-Mittagsmagazin 14.00 heute – in Deutschland 14.15 Die Küchenschlacht 15.00 heute 15.05 Topfgeldjäger 16.00 heute – in Europa 16.15 ¥ g Lena 17.00 ¥ heute – Wetter 17.15 hallo deutschland 17.45 ¥ Leute heute 18.00 g SOKO Wismar Drunter und drüber 18.50 Lotto am Mittwoch 19.00 ¥ heute 19.20 ¥ Wetter 19.25 Küstenwache Entscheidung aus Verzweiflung 20.15 ¥ Aktenzeichen XY... ungelöst Dresden: Sex-Täter auf der Lauer – Kripo fahndet nach brutalem Serienvergewaltiger; Frankfurt am Main: Auf offener Straße niedergeschossen – Terror gegen Top-Anwalt; Gelsenkirchen: Rambo-Messer am Hals – Angriff auf Geschäftsmann; Frankfurt am Main: Überfall auf Swinger-Club-Chef; Große Preisverleihung – XY präsentiert drei ausgezeichnete Kandidaten 21.45 ¥ heute-journal 22.15 Abenteuer Forschung Spurlos: Gibt es das perfekte Verbrechen? 22.45 auslandsjournal XXL Thema: Küche, Kommerz, Kartelle – wie globalisiert ist unser Essen? 23.30 Markus Lanz Talk 0.35 heute nacht 0.50 Da wird mir übel 1.35 ¥ Aktenzeichen XY... ungelöst (Wh.) 6.00 Punkt 6. Magazin. Moderation: Miriam Lange, Bernd Fuchs 7.30 Alles was zählt. Soap 8.00 Unter uns. Soap 8.30 Gute Zeiten, schlechte Zeiten 9.00 Punkt 9. Magazin 9.30 Mitten im Leben! Dokusoap 10.30 Mitten im Leben! Dokusoap 11.30 Unsere erste gemeinsame Wohnung. Dokusoap 12.00 Punkt 12 – Das RTL-Mittagsjournal. Moderation: Roberta Bieling 14.00 Mitten im Leben! Dokusoap 15.00 Verdachtsfälle Dokusoap 16.00 Familien im Brennpunkt Dokureihe 17.00 Die Schulermittler 17.30 Unter uns 18.00 Explosiv – Das Magazin 18.30 Exclusiv – Das Star-Magazin 18.45 RTL Aktuell 19.03 RTL Aktuell – Das Wetter 19.05 Alles was zählt Soap 19.40 Gute Zeiten, schlechte Zeiten Serie 20.15 Die Super Nanny Recap Familien W. und C. aus Darmstadt 21.15 Raus aus den Schulden Hans-Joachim K. aus Aichstetten 22.15 stern TV Magazin Stuttgart 21: Wenn Bürger auf die Barrikaden gehen; Joey Kellys Tortur: Das große Finale?; Robert Enke: Ein allzu kurzes Leben; Die Tricks der Autodiebe: Wie leicht lassen sich moderne Autos knacken? 0.00 RTL Nachtjournal 0.32 Das Wetter 0.35 Extra – Das RTL Magazin U.a.: Neues von den Reimanns: Wie Konny sich als Comic-Held macht und warum die Texas-Auswanderer Zuwachs kriegen 1.40 Raus aus den Schulden Dokusoap (Wh.) 2.30 CSI: Miami Krimiserie 3.20 RTL Nachtjournal (Wh.) 3.47 Das Wetter (Wh.) 3.50 Das Strafgericht 5.30 Sat.1-Frühstücksfernsehen. Magazin. Moderation: Jan Hahn, Karen Heinrichs, Matthias Killing 10.00 Zwei bei Kallwass. Lebensberatung 11.00 Richterin Barbara Salesch. Gerichtsshow 12.00 Richter Alexander Hold. Gerichtsshow 13.00 Britt Britt deckt auf: Schamlose Lügengeschichten Moderation: Britt Hagedorn 14.00 Zwei bei Kallwass Lebensberatung 15.00 Richterin Barbara Salesch Gerichtsshow 16.00 Richter Alexander Hold Gerichtsshow 17.00 Niedrig und Kuhnt Reihe. Zauberhaft 17.30 Das Sat.1-Magazin 18.00 Hand aufs Herz 18.30 Anna und die Liebe 19.00 Schicksale – und plötzlich ist alles anders Show 19.30 K 11 – Kommissare im Einsatz Reihe. Mordslügen 20.00 Sat.1 Nachrichten 20.15 Deutschland gegen Türkei – Das Duell Länder-Spielshow Gäste: Til Schweiger, Matthias Steiner, Jürgen Vogel, Andrea Sawatzki, Ulla Kock am Brink, Mike Krüger, Kaya Yanar, Gülcan Kamps, Bülent Ceylan, Sila Sahin, Eko Fresh, Erdogan Atalay, Tim Seyfi, Ilknur Boyraz 23.30 Mensch Markus Comedy von 2002 0.00 Mensch Markus 0.30 Hausmeister Krause – Ordnung muss sein Schell bei Michelle 1.05 Hausmeister Krause – Ordnung muss sein Die Sexmaschine 1.30 Joe Cocker: Das SAT.1 Music Special 1.55 Quiz Night 3.25 Zwei bei Kallwass (Wh.) 4.15 Richterin Barbara Salesch Gerichtsshow (Wh.) 5.05 Niedrig und Kuhnt (Wh.) 6.05 How I Met Your Mother 6.50 Kyle XY 7.45 Alle hassen Chris 8.35 How I Met Your Mother 9.35 Malcolm mittendrin 10.30 Scrubs 11.25 H Die Highschool-Trickser. Komödie, USA 2001. Mit Trevor Fehrman, Elden Henson, Matthew Lawrence 13.05 Malcolm mittendrin 13.35 Malcolm mittendrin. Schweigen ist ungesund 14.05 Scrubs – Die Anfänger Mein Spitzname 14.30 Scrubs – Die Anfänger Mein Weihnachtswunder 15.00 We are Family! So lebt Deutschland Die Campingplatz-Familie (3) 17.00 taff Magazin U. a.: Endlich stotterfrei 18.00 Newstime 18.10 Die Simpsons Und der Mörder ist… 18.40 Die Simpsons Lehrerin des Jahres 19.10 Galileo U. a.: Mission Wissen Weltweit – Jobs an ungewöhnlichen Orten 20.15 Grey’s Anatomy – Die jungen Ärzte Arztserie. Der Tod und seine Freunde. Mit Ellen Pompeo, Katherine Heigl 22.15 Good Wife Dramaserie. Fluchtversuche Mit Julianna Margulies, Matt Czuchry, Archie Panjabi 23.15 TV total Comedy-Show. Gäste: Sarah Connor, Konny Reimann, Kai Magnus Sting Moderation: Stefan Raab 0.10 Galileo: Das Fake-Check Spezial 1.15 ProSieben Reportage Die Edel-Anstalt – Prüfungsstress im Eliteinternat 2.00 ProSieben Night-Loft 3.00 Spätnachrichten 3.05 Grey’s Anatomy – Die jungen Ärzte Arztserie (Wh.) 4.25 TV total (Wh.) 5.10 ProSieben Reportage Die Edel-Anstalt – Prüfungsstress im Eliteinternat 5.50 CineTipp 6.25 McLeods Töchter 8.15 Die Nanny 8.45 Die Nanny 9.15 Gilmore Girls 10.15 ’Til Death. Des Bruders Hüter / Mr. T und die Männer 10.45 ’Til Death. Durchgebrannt 11.10 vox nachrichten 11.15 Die Nanny. Yettas Briefe 11.45 Die Nanny. Woman in love 12.15 The Guardian – Retter mit Herz. Eine rettende Spende 13.15 McLeods Töchter. Serie. Die Rückkehr 14.10 McLeods Töchter Serie. Wo das Herz schlägt 15.05 Law & Order Krimiserie. Bei aller Liebe 16.00 Law & Order Schall und Rauch 16.55 Menschen, Tiere & Doktoren Dokusoap über Tierärzte 18.00 mieten, kaufen, wohnen Dokusoap über Traumimmobilien 19.00 Das perfekte Dinner Tag 3: Sabine aus München 19.50 Prominent! Magazin Moderation: Constanze Rick 20.15 Criminal Intent Krimiserie. Pokerface 21.15 Lie to Me Krimiserie. Pokerface 22.15 Leverage Krimiserie Ein Team für alle Fälle 23.10 Crossing Jordan – Pathologin mit Profil Krimiserie. Rattengift 0.05 Criminal Intent – Verbrechen im Visier Krimiserie. Pokerface (Wh.) 1.00 vox nachrichten 1.20 Lie to Me Krimiserie. Pokerface (Wh.) 2.05 Leverage Krimiserie. Ein Team für alle Fälle (Wh.) 2.45 Crossing Jordan (Wh.) 3.30 The District – Einsatz in Washington Krimiserie. Totgeglaubt 4.10 Law & Order Krimiserie. Bei aller Liebe 4.50 Law & Order Schall und Rauch (Wh.) 5.35 mieten, kaufen, wohnen Dokusoap KABEL 1 TIPPS DES TAGES RTL 2 14.35 Eine schrecklich nette Familie 15.05 King of Queens 15.30 King of Queens 16.00 kabel eins news 16.10 What’s up, Dad? 16.35 What’s up, Dad? 17.00 Two and a Half Men 17.30 Two and a Half Men 18.00 Abenteuer Leben – täglich Wissen 19.00 Achtung Kontrolle! 20.15 H Daredevil. Fantasyaction, USA 2002 22.15 H Dogma. Satire, USA 1998. Mit Ben Affleck, Matt Damon, Linda Fiorentino 0.35 H Daredevil. Fantasyaction, USA 2002 (Wh.) 2.20 Der kabel eins Kinotipp 2.35 Challenge 3.05 Star Trek – Das nächste Jahrhundert. SF-Serie. Ronin 3.50 Ein Käfig voller Helden Im Dschungel Frank Sperber (Ronald Zehrfeld) kämpft als Betriebsratsmitglied um den Erhalt der Arbeitsplätze. Als er sich in die Managerin Marie Sandberg (Ina Weisse) verliebt, gerät er zwischen die Fronten. ARD 20.15 Schmutzige Schokolade Schokolade essen ist nicht so harmlos wie wir glauben – Hilfsorganisationen verdächtigen die Schokoladen-Industrie, von Kinderhandel und Kinderarbeit in ARD 23.30 Afrika zu profitieren. Abenteuer Forschung Der Wettlauf zwischen Jägern und Gejagten, zwischen Ermittlern und Straftätern, vollzieht sich in immer höherem Tempo. Harald Lesch stellt die Frage, ob es das perfekte VerZDF 22.15 brechen gibt. Daredevil Der blinde Anwalt Matt Murdock (Ben Affleck) vertritt tagsüber die Unterdrückten, nachts jedoch wird er zu Daredevil, einem maskierten Rächer der mit seinen Fähigkeiten für GeKabel1 20.15 rechtigkeit kämpft. 14.50 Yu-Gi-Oh! 5D’s 15.20 Naruto Shippuden 15.45 Naruto Shippuden 16.05 Immer wieder Jim 16.35 Immer wieder Jim 17.05 Hinterm Sofa an der Front. Ich bin nicht schwul! 17.30 Hinterm Sofa an der Front. Große Dinger 18.00 Die Schnäppchenhäuser 19.00 X-Diaries – love, sun & fun. Soap 20.00 News 20.15 H Sunshine. Science-Fiction, GB/USA 2007 22.25 Paradox. Bestimmung 23.30 Heroes. Tabula Rasa 0.30 Stargate. Metamorphosis 1.20 Battlestar Galactica. Heimat 2.10 H Das Verfluchte Grab. TV-Action, USA 2007 3.55 Paradox (Wh.) 4.45 Heroes (Wh.) TELE 5 DAS VIERTE 3 SAT ARTE KI.KA PHOENIX 5.55 Smallville 6.50 Allein gegen die Zukunft 7.55 Homeshopping 8.55 Missionswerk Karlsruhe 9.00 Joyce Meyer 9.30 Homeshopping 12.40 Babylon 5 13.35 Stargate 14.40 Yu-Gi-Oh! 15.05 Yu-Gi-Oh! 15.25 One Piece 15.45 One Piece 16.10 Smallville 17.10 Allein gegen die Zukunft 18.10 Babylon 5 19.10 Stargate 20.15 H Der Duft von Lavendel. Melodram, GB 2004. Mit Judi Dench, Maggie Smithl 22.25 H Narc. Thriller, USA/CDN 2002 0.30 H Spitfire. Action, USA 1994 2.30 H Street Fighter – Die entscheidende Schlacht. Action, USA 1994 (Wh.) 4.30 Countdown X 6.00 CNBC – Capital Connection 7.00 CNBC – Squawk Box Europe 10.00 Teleshopping 10.30 Living Gospel 11.00 Das Vierte Lebensberatung 13.00 Teleshopping 17.30 Neues aus der Medizin. Mundhöhlenkrebs 18.00 Teleshopping 18.30 Cybill. Rufmord 18.55 Cybill. Geld regiert die Welt 19.20 Ein Haus voller Töchter. Lehrer unter sich 19.45 Teleshopping 20.15 H Der gezähmte Widerspenstige. Komödie, I 1980 22.35 Teleshopping 23.20 ® Twilight Zone – Unwahrscheinliche Geschichten. Die Farbe des Todes 23.55 Heiße Girls 0.55 Das Vierte Girls 2.00 Girls 14.15 Pfeffersäcke, Diebe und Abenteurer 15.00 Der Weg der Diamanten 15.45 Der Weg der Diamanten 16.30 Der Weg der Diamanten 17.15 Die Löwen vom Krokodil-Fluss 18.00 Bilder aus Deutschland 18.30 nano 19.00 ¥ heute 19.20 Kulturzeit 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Willkommen in der Nanowelt. Von Mikro zu Nano 21.15 Wilder deutscher Wald 21.30 Bauerfeind 22.00 ZIB 2 22.25 Tonspur – der Soundtrack meines Lebens. Eine musikalische Spurensuche 22.55 ¥ Die Anwälte. Serie. Leben und Tod 23.40 ¥ Die Anwälte. Serie. Glauben 0.25 10 vor 10 14.45 H Die Elsässer: 1927 – 1940 (3/4). Familienchronik, F 1996 16.10 Palettes 16.50 g Bauen und Leben mit Lehm 17.35 X:enius 18.05 g 360° – Geo Reportage 19.00 Journal 19.30 Im Farbrausch der Tiefe. Aus der Sicht der Fische 20.15 g Schlaflos im Krieg. Die pharmazeutische Waffe 21.05 Die Unbeugsamen. Reportage. Flucht aus Hitlers Elitengefängnis 22.00 g Erectionman 22.55 H g Suely im Himmel. Drama, F/D 2006 0.15 Im Hause Chanel 0.40 g Mit offenen Karten. Magazin 0.55 H Zimt und Koriander. Tragikomödie, GR/TR 2003 2.45 Vorschau 11.40 Das Zauberkarussell 11.55 Classic Cartoon 12.05 õ In einem Land vor unserer Zeit 12.30 Coco, der neugierige Affe 12.55 Pearlie 13.20 õ Rocket & Ich 13.40 Hier ist Ian 14.05 Mini Ah! 14.08 logo! 14.10 Schloss Einstein 15.00 Endlich Samstag! 15.50 Die Hauptstadtpraktikanten 16.18 logo! 16.20 Bernard 16.25 Enyo 17.15 Caspers Gruselschule 17.40 õ Jibber Jabber 18.00 Roary 18.20 Das Zauberkarussell 18.40 Elefantastisch! 18.50 Sandmännchen 19.00 õ In einem Land vor unserer Zeit 19.25 pur+ 19.50 logo! 20.00 KI. KA Live 20.15 õ Dance Academy 13.00 Sitzung des Deutschen Bundestages 13.30 Krokodile im Wohnzimmer 14.00 Profit statt Heilung? 14.45 Vor Ort 15.35 Sitzung des Deutschen Bundestages, Aktuelle Stunde 18.00 Krokodile im Wohnzimmer 18.30 Hitlers geheime Waffe. Die tödliche Fracht der Hydro 19.15 Hitlers letzte Waffe. Die Raketen von Peenemünde 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Ins heiße Herz Afrikas. Wassermusik 21.00 Ins heiße Herz Afrikas. Jenseits von Timbuktu 21.45 heute-journal 22.15 Phoenix-Runde. Diskussion 23.00 Der Tag 0.00 Phoenix-Runde 0.45 Im Bann der Pferde. Dokureihe WDR NDR RBB BR SWR HR 14.15 ¥ markt 15.00 Planet Wissen 16.00 ¥ WDR aktuell 16.15 daheim & unterwegs 18.00 Lokalzeit 18.05 ¥ Hier und heute 18.20 ¥ Servicezeit: Familie 18.50 ¥ Aktuelle Stunde 19.30 Lokalzeit aus Köln 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ Das NRW Duell. Thema: Schlager 21.00 ¥ Land und lecker 21.45 ¥ WDR aktuell 21.55 ¥ Bericht aus Brüssel 22.10 ¥ Um Himmels Willen. Serie. Urlaub mit Folgen 23.00 H ¥ Tatort: Gebrochene Blüten. TVKrimi, D 1988. Mit Götz George, Eberhard Feik 0.30 Jagd auf Schmuggler. Großeinsatz im Hamburger Hafen 1.00 Domian. Talk 14.15 ¥ Bilderbuch Deutschland 15.00 ¥ aktuell 15.15 Leben im Verborgenen: Fuchs, Kauz und Specht 16.00 ¥ aktuell 16.10 Mein Nachmittag 17.10 Eisbär, Affe & Co. 17.35 Das Quiz mit Jörg Pilawa 18.00 Ländermagazine 18.15 Die Inselsheriffs von Sylt 18.45 DAS! 19.30 Ländermagazine 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Expeditionen ins Tierreich. Im Reich des Seeadlers 21.00 Menschen und Schlagzeilen 21.45 Großstadtrevier. Krimiserie. Kaltes Kind 22.35 Panorama – die Reporter 23.05 Zapp 23.35 ¥ Zimmer frei! – Prominente suchen ein Zuhause 0.35 ¥ Weltbilder (Wh.) 14.15 Planet Wissen 15.15 Der Wettlauf der bockigen Viecher 16.00 rbb aktuell 16.05 Heute im Parlament 17.00 rbb aktuell 17.05 Elefant, Tiger & Co. 17.55 Unser Sandmännchen 18.00 rbb um sechs – Das Ländermagazin 18.25 rbb wetter 18.30 zibb 19.25 rbb wetter 19.30 Abendschau 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ quivive 21.00 Die 30 legendärsten Fernsehshows 21.45 rbb aktuell 22.15 Die rbb Reporter. Figaros Umzug – Die Staatsoper zu Gast im Schillertheater 22.40 H Der Richter und der Mörder. Psychokrimi, F 1975 0.40 Thadeusz (Wh.) 1.10 Abendschau 13.30 H ¥ Der Sonnenhof. TV-Komödie, D 2007 15.00 ¥ Dahoam is Dahoam 15.30 Wir in Bayern 16.45 Rundschau 17.00 Münchner Hinterhofgeschichten 17.30 Schwaben & Altbayern aktuell 18.00 Abendschau 18.45 ¥ Rundschau 19.00 ¥ Stationen.Dokumentation 19.45 ¥ Dahoam is Dahoam 20.15 Jetzt red i 21.00 Rundschau-Magazin 21.15 ¥ Kontrovers – Das Politikmagazin 21.45 H ¥ Pizza und Marmelade. Tragikomödie, D 2008 23.15 Kino Kino 23.30 Rundschau-Nacht 23.39 H ¥ Meine Mutter, mein Bruder und ich. Familiendrama, D 2008 1.15 on3-südwild. Jugendmagazin 13.30 H ¥ Hengstparade. TV-Krimikomödie, D 2005 15.00 Planet Wissen 16.00 Aktuell 16.05 Kaffee oder Tee? 17.00 Aktuell 17.05 Kaffee oder Tee? 18.00 Aktuell 18.09 Börse 18.15 ¥ Koch-Kunst mit Vincent Klink 18.45 Landesschau 19.45 Aktuell 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 betrifft: Das Geheimnis der Heilung 21.00 Reisewege: Leben wie Gott in Frankreich 21.45 Aktuell 22.00 Der Hundeversteher 22.30 Neues vom König aus Burladingen 23.00 An vordersten Fronten – Kriegsalltag in Afghanistan 23.45 H ¥ Tödliche Entscheidung. Thriller, USA 2007 1.35 Leben live 14.45 Invasion aus dem Meer 15.30 Bergauf-Bergab 16.00 Die Franche-Comté 16.45 hessenschau kompakt 17.00 Das Quiz mit Jörg Pilawa 17.50 hessenschau kompakt 18.00 maintower 18.20 ¥ Brisant 18.50 service: trends 19.15 wetter 19.30 hessenschau 19.58 wetter 20.00 Tagesschau 20.15 mex. das marktmagazin 21.00 Alles Wissen. Schwerpunkta: Medizin 21.45 ¥ Um Himmels Willen 22.30 hessenschau kompakt 22.45 Faszination Berge 23.40 Die Herren der Lüfte 0.10 H ¥ Die Schreckensfahrt der Orion Star. TV-Actiondrama, USA/D 1998 1.40 Alles Wissen. Magazin H Spielfilm õ Dolby-Surroundsound ™ Stereoton † Zweikanalton ¥ Videotext-Untertitel auf Tafel 150 ® Schwarzweiß M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 * W E LT K O M PA K T MENSCHEN & MEDIEN 31 L E U T E V O N W E LT DPA /PA/ JOERG KOCH ■ Katy Perry (25), Popsängerin, und Russell Brand (35), britischer Schauspieler („Männertrip“), wollen keine Hochzeitsgeschenke. Laut einem Bericht des „Daily Mirror“ hat das Paar in ihren Einladungen die Gäste gebeten, auf Präsente zu verzichten und stattdessen Geld für wohltätige Zwecke zu spenden. Die Trauung soll Ende des Monats in Indien stattfinden. DPA/PA/ HUBERT BOESL ■ Regisseur Roman Polanski (76) hat sich zum zweiten Mal seit seiner Entlassung aus dem Hausarrest in der Öffentlichkeit gezeigt. Er besuchte am Montagabend die Eröffnung einer Ausstellung über Frauenhaare in Paris. „Ich bin glücklich, in Paris zu sein und meine Freunde wieder zu treffen“, sagte Polanski. Die Schweiz hatte Mitte Juli den Hausarrest für Polanski aufgehoben. Die US-Justiz wirft dem Filmemacher vor, 1977 eine 13Jährige sexuell missbraucht zu haben. Folgen Sie Kristina Ellwanger auf Twitter twitter.com/wk_ellwanger Das Büro in der New Yorker Madison Avenue von Werbe-Profi Donald Draper (Jon Hamm, Mitte) ist das Zentrum der Serie „Mad Men“ Die Mad Men aus Mainz Heute startet die derzeit beste Serie im ZDF – nicht im Hauptkanal, sondern auf ZDFneo VON RICHARD KÄMMERLINGS UND PETER PRASCHL Berlin – Eine Gruppe junger, ehrgeiziger, brillanter Kreativer sitzt in der Chefetage zusammen, schon vor dem Meeting genehmigt man sich einen Hochprozentigen, es wird geraucht, gedacht, gelacht. Jeder will den Nebenmann mit seinen Geistesblitzen ausstechen, die Bedenken der Marktforschung werden schon vorher lässig in den Papierkorb geworfen, denn das Budget spielt hier, bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, sowieso keine Rolle. Plötzlich hat einer die Idee, die alle umhaut, sogar den Programmdirektor: „Leute, wir machen eine Fernsehserie über eine Werbeagentur in der Adenauer-Ära, total stylish, bis ins letzte Ausstattungsdetail historisch authentisch, setzen die witzigsten Dialogschreiber dran, casten die besten Schauspieler und erzählen nebenbei die Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik, so tiefgründig wie in einem Frühwerk von Martin Walser. Geld spielt keine Rolle, wir sind ja nicht bei den Privaten, und dann bringen wir das sonntags zur Prime Time als Konkurrenz zum Tatort!“ So will man sich gern eine Programmkonferenz auf dem Mainzer Lerchenberg vorstellen. Die klügsten Fernsehköpfe der Republik, mutige Chefs, Geld satt, Quoten egal und am Ende entsteht eine Serie, die es in der Qualität und Zeitgemäßheit mit den besten amerikanischen Formaten aufnehmen kann. Die Serie über die frühen Sechziger gibt es bekanntlich schon. Sie heißt „Mad Men“, läuft seit Sommer 2007 auf dem amerikanischen Kabelsender AMG und hat in den letzten drei Jahren Emmys und Golden Globes abgeräumt. Neben HBO-Serien wie „Sopranos“ oder „The Wire“ gilt „Mad Men“ als Paradebeispiel einer neuen Fernsehspitzenqualität. Wenn das ZDF jetzt mit dem Slogan „Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der ihr auf den Arsch glotzt” für „Mad Men“ plakatiert, dann ist das nicht mehr als ein schlechter Witz: Mit riesiger Verspätung läuft nun die erste Staffel an – im Spartenkanal ZDFneo. Der wurde 2009 von den Mainzern gegründet, um Sendungen auslagern zu können, die auf ein Publikum unterhalb des Kukident-Alters und oberhalb eines provinziellen Geschmacks abzielen. Bei neo laufen viele Programme, auf die das ZDF stolz sein dürfte – im Hauptsender währenddessen verschnarchte Klassiker wie „Wetten, dass“, die den Altersschnitt des ZDF-Publikums verlässlich bei 61 Jahren halten. Bislang ist die Strategie nicht aufgegangen: Ein Jahr nach seiner Gründung hat der Spartenkanal einen Marktanteil von 0,3 Prozent. Was möglicherweise auch daran liegt, dass ZDFneo oft nicht in die Kabelnetze eingespeist wird und im digitalen terrestrischen Fernsehen empfangen werden muss, wo es sich einen Kanal mit dem Kindersender kika teilt. Wahrscheinlich haben die meisten Menschen in Deutschland noch immer nicht die geringste Ahnung, dass es ZDFneo gibt. Deswegen ist die Entscheidung, einer so epochalen Serie wie „Mad Men“ einen Nischenplatz statt den ganz großen Auftritt zu geben, Programmplatz gewordene Geringschätzung. Schließlich wissen die VerantwortliKlassisch: Donald’s Ehefrau Betty (January Jones), chen: Wenn man will, dass hat gekocht, die Männer genießen das Essen etwas nicht gesehen wird, ZDF/LIONS GATE TV INC Die katholische Kirche hat die Verleihung des Nobelpreises für Medizin an Robert Edwards, den Erfinder der künstlichen Befruchtung, kritisiert. Seit 1978 sind über vier Millionen Kinder nach der Methode von Edwards gezeugt worden. Das gefällt der Kirche nicht, obwohl damit die Kinderherstellung endlich ohne den höchst störungsanfälligen Beischlaf bewerkstelligt werden kann. Trotz Edwards’ Erfindung sind Kinder immer noch die häufigste Nebenwirkung von Sex, verbunden mit Juwelierbesuch, Kreditaufnahme, Häuserkauf, Eheschließung und Scheidung. Kinder, die im Reagenzglas entstanden sind, können aber genau die gleichen Nebenwirkungen hervorrufen. Sie sind mit bloßem Auge nicht von herkömmlich erzeugten Kindern zu unterscheiden, sie wünschen sich nicht überdurchschnittlich oft einen Chemiebaukasten zu Weihnachten und bevorzugen auch keineswegs Berufe mit Laboraufenthalten oder Nahrungsmittel mit künstlichen Aromastoffen. Jetzt sucht die Wissenschaft noch nach einem Verhütungsmittel gegen künstliche Befruchtung. Die Kirche ist trotzdem gegen künstliche Befruchtung, denn auf ein ähnliches Verfahren hält sie seit 2010 Jahren das Patent. ZDF/LIONS GATE TV INC ZIPPERT ZAPPT Die Serie ■ Die vielfach ausgezeichnete Serie „Mad Men“, unter anderem mit den US-Fernsehpreisen „Golden Globe“ und „Emmy“ dekoriert, ist eine Studie einer heilen Männer-Welt, ein paar Jahre bevor die Revoluzzer der 68er-Generation das Establishment infrage stellten. Im Mittelpunkt steht Don Draper, der aufstrebende Star einer Werbeagentur an der New Yorker Madison Avenue. Er ist die Verkörperung des amerikanischen Traums, lebt mir Ehefrau Betty und seinen Kindern in der Vorstadt. In der City hält er sich Geliebte. Ihn plagt eine dunkle Vergangenheit, die er um jeden Preis verbergen will. In den Büros wird geraucht und getrunken, die Kerle sind sexistisch, rassistisch und antisemitisch. Frauen werden in zwei Kategorien eingeteilt: Die Vorzeigegattin, als Heimchen am Herd und die Sekretärin im Büro, die für Affären gerade gut genug ist. ■ Ab heute immer mittwochs um 22.30 Uhr auf ZDFneo schiebt man es in ZDFneo ab. Oder umgekehrt: Das ZDF missbraucht den Nimbus, den die Serie hat, als Promo-Hebel für eine Totgeburt – anstatt sie der Allgemeinheit auf direktem Wege zugänglich zu machen, wie es eigentlich seine Pflicht wäre. Das ist einerseits kreuzdämlich. Andererseits könnte man es auch für skandalös halten. Das ZDF ein Sender mit staatsvertraglich festgeschriebenem Bildungs- und Qualitätsauftrag und dem Privileg, sein Programm aus Gebührenmitteln bestreiten zu können. Es könnte sich also durchaus den Ehrgeiz leisten, ohne Quotendruck intelligentes und innovatives Fernsehen zu machen. Stattdessen versucht es, so erfolgreich wie die Privaten zu sein, ohne deren Geschäftsrisiken einzugehen. Und vertreibt das Publikum mit Traumschiffen, Markus-Lanz-Gesülze, Hitlers Helfern und Hitlers Hunden. Doch wann immer jemand daran zweifelt, ob die Mainzer ihren Job richtig machen, verweisen sie auf ihre ambitionierten Spartenkanäle. Als würde sich ein Arztroman-Tycoon damit rechtfertigen, dass er in einer Sonderreihe auch experimentelle Poesie verlegt. Die Folgen fürs deutsche Fernsehen sind fatal. Denn natürlich kosten die verschnarchten Programme das Geld, das man bräuchte, um brillante Drehbuchautoren aufzubauen und riskante Formate zu entwickeln. Und natürlich würde ein Publikum, das von den Öffentlich-Rechtlichen nur Talk-Marathons und Schnabeltassen-Gönnerhaftigkeit gewohnt ist, von einer Serie etwa über eine Werbeagentur aus der Adenauer-Ära erst einmal so überfordert werden wie von „Mad Men“.Vielleicht sollte man das ZDF einfach abschaffen. Und das gute Fernsehen nur noch im DVD-Fachhandel suchen. Verleger: Axel Springer (1985 †) Herausgeber: Thomas Schmid Chefredakteur: Jan-Eric Peters Stellv. Chefredakteure: Ulf Poschardt; Oliver Michalsky, Frank Schmiechen, Andrea Seibel, Cornelius Tittel Leitender Redakteur: Matthias Leonhard (v.i.S.d.P.) Verantwortliche Redakteurin: Barbara Brandstetter Redaktion: Politik: Torsten Krauel, Marcus Heithecker Internet & Wissen: Jürgen Stüber Wirtschaft: Olaf Gersemann, Thomas Exner Kultur, Magazin: Philipp Haibach Sport: Stefan Frommann Menschen & Medien, Aus aller Welt: Sandra Garbers Regionalredaktionen: Berlin: Matthias Leonhard Düsseldorf: Nicole Lange, Anne Heidrich Frankfurt: Jan Küveler, Jan-Otto Weber Hamburg: Jörn Lauterbach Köln: Tobias Dupke, Stefan Kaufmann München: Uli Scherr, Ruth Wenger Foto: Stefan A. Runne; Layout und Produktion: Ronny Wahliß, Gesa Vollborn, Holger Bade; Berater der Chefredaktion: Brian O’Connor. WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. Leitung: Marc Thomas Spahl (www.axel-springer-akademie.de) ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Christoph Rüth, Frank Mahlberg ; Anzeigenleitung: Clemens Braun (Rubriken/Regional), Peter M. Müller (Nationaler Handel), Philipp Zwez (Display national) Anzeigenpreisliste Nr. 88, gültig ab 01.01.2010 für DIE WELT Gesamtausgabe; Alle Rechte vorbehalten. Die Rechte für die Nutzung von Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel.: 030/284930 oder www.presse-monitor.de Verlag und Druck: Axel Springer AG. 10888 Berlin, Axel-Springer-Straße 65. Tel.: 030/25910, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1 ● Tel.: 040/34700 ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Rechtshinweis: Alle Inhalte (Text- und Bildmaterial) werden Internetnutzern ausschließlich zum privaten, eigenen Gebrauch zur Verfügung gestellt, jede darüberhinausgehende Nutzung ist unzulässig. Für die Inhalte fremder, verlinkter Internetangebote wird keine Verantwortung übernommen. W E LT K O M PA K T 32 M I T T W O C H , 6 . O K T O B E R 2 010 AUS ALLER WELT Lesbische Frau erwartet Fünflinge von Samenspende WELT KOMPAKT DEUTSCHLAND Amokläufer schoss wahllos GROSSBRITANNIEN Feuer zerstört Brücke Ein Feuer hat den 138 Jahre alten historischen Pier im britischen Badeort Hastings im Südosten Englands zerstört. Die seit dem Jahr 2006 für Besucher gesperrte Seebrücke aus Holz und Eisen in der Grafschaft East Sussex sei bei dem Brand zu 95 Prozent vernichtet worden. „Wir versuchen vorrangig, so viel wie möglich von der Substanz zu erhalten, um dann zu schauen, was in der Zukunft noch möglich ist“, sagte ein Feuerwehr-Sprecher. PHILIPPINEN Strafe für falsche Hymne Wer die Nationalhymne nicht richtig singt, muss auf den Philippinen künftig mit Strafen rechnen. Das Repräsentantenhaus hat ein Gesetz verabschiedet, nach dem „Lupang Hinirang“ (auserkorenes Land) im Tempo eines Marsches zu singen ist. Wer schief singt oder nicht genügend engagiert, dem drohen Strafen von 100 000 Pesos (1700 Euro) oder zwei Jahre Gefängnis. Sydney – Eine lesbische Frau in Australien erwartet Fünflinge – ohne vorherige Behandlung wegen Unfruchtbarkeit. Das berichtete die 27-jährige Melissa Keevers der Zeitschrift „Woman’s Day“. Der Vater sei ein Samenspender aus den USA, sagte sie. Eine solche Fünflingsschwangerschaft gebe es nur einmal unter 60 Millionen Fällen, rechnete die Zeitschrift gestern vor. „Es hat lange gedauert, bis ich das glauben konnte, aber jetzt, da ich mich an den Gedanken gewöhnt habe, bin ich aufgeregt“, meinte Keevers. Ihre Freundin Rosemary Nolan sagte: „Es ist ein Wunder und wir könnten nicht glücklicher sein.“ Keevers und Nolan haben bereits eine einjährige Tochter die mit Sperma des selben Spenders gezeugt wurde. REUTERS/BERNADETT SZABO Der Amokläufer von Winnenden hat einem Gutachten zufolge nicht gezielt auf Mädchen geschossen. „Er hat nicht selektiv geschossen“, sagte Rechtsmediziner HeinzDieter Wehner gestern vor dem Landgericht Stuttgart. Der 17Jährige habe mehreren seiner Opfer beim Amoklauf am 11. März 2009 in der Albertville Realschule gezielt in den Oberkörper geschossen, dabei aber nicht zwischen Mädchen und Jungen unterschieden. Wehner bestätigte die Ergebnisse der Polizei, dass der Amokläufer mit einem Stirnschuss Selbstmord beging. Sein Vater steht wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz vor Gericht. Menschen fliehen in dem Dorf Devescer aus ihren Häusern. Der rote, giftige Schlamm bedeckt die Straßen Giftkatastrophe in Ungarn Familiendrama: Leiche im See und ICE-Unglück Unfall in Aluminiumfabrik – Vier Tote, viele Verletzte VON THOMAS ROSER Budapest – Die Luftaufnahmen des ungarischen Fernsehens zeigten gestern das ganze Ausmaß der offensichtlich von Ungarns Behörden zunächst völlig unterschätzten Katastrophe. Über 40 Quadratkilometer sind im Nordwesten Ungarns schon von den hochgiftigen Schlamm-Massen bedeckt. Sie hatten sich nach einem Deichbruch im seegroßen Rückhaltebecken des Aluminiumwerks von Ajka zunächst über die Dörfer Kolonotar und Devecser ergossen. Verzweifelt versuchte das Militär, mit dem Abwurf von Zementsäcken aus Hubschraubern die weitere Ausbreitung der Schlammwelle zu stoppen. Wenn der Schlamm in den Fluss Raba und damit auch in die Donau gelangen sollte, „sollte jeder auf die Knie sinken – und beginnen zu beten“, sagte der erschütterte Staatssekretär Illes Zol- tan nach einem Ortstermin. Er sprach von einer „ökologischen Katastrophe“. Tagelanger Regen hatte den schwachen Erddeich des Schlammbeckens offenbar aufgeweicht. Die gerade beim Mittagessen sitzenden Einwohner der angrenzenden Ortschaften rund 30 Kilometer nördlich des BalatonSees wurden völlig unvorbereitet von der über einen Meter hohen 50 km Vier Tote nach Chemieunfall Budapest Devecser Ajka Kolontar Balaton UNGARN Donau UNGARN SERBIEN Quelle: dpa Schlammwelle überrascht, die über 400 Häuser überflutete und zum Teil zerstörte. Den Helfern bot sich ein Bild der Verwüstung der rote natronlaugehaltige Bauxitschlamm stand vielerorts meterhoch. Bislang sprechen die ungarischen Rettungskräfte von mindestens vier Todesopfern, darunter ein drei Monate altes Baby. Vier Einwohner werden noch vermisst, Dutzende Menschen mussten mit schweren Verletzungen, meist Verätzungen, in Kliniken eingeliefert werden. Die genaue Zusammensetzung der rötlichen Giftbrühe ist noch unbekannt. Das staatliche Umweltamt spricht von „schwach radioaktiven und krebserregenden Stoffen“. Der Betreiber des Aluminium-Werks, die Magyar Aluminium Termel Rt (MA), hatte sich gestern nicht öffentlich geäußert, um über die in dem ausgelaufenen Giftsee eingelagerten Abfallstoffe zu informieren. München – Grausamer Zusammenhang zwischen dem Selbstmord auf einer Bahnstrecke und dem Fund von Leichenteilen in einem Badesee nahe Würzburg: Bei dem durch einen ICE getöteten 30-jährigen Mann und der zerstückelten 29-jährigen Frau handelte es sich um ein Ehepaar, wie das Polizeipräsidium Unterfranken gestern mitteilte. Die Ermittler prüfen nun, ob der Ehemann Ende vergangener Woche seine Frau ermordete, dann zerstückelte und in den See warf, bevor er sich am Montag nahe des Sees das Leben nahm, indem er sich von einem ICE überrollen ließ. Keine Angaben wollte die Polizei zu Medienberichten machen, wonach es sich bei dem Ehemann um einen Bundeswehrsoldaten gehandelt haben und die Frau seit Jahren im Rotlichtmilieu gearbeitet haben soll. Den Berichten zufolge soll die Frau ihrem Mann dies verschwiegen haben. Anzeige + + Hin- und Hi Hin d Rückflug Rü Rückfl kflug + büh n t Gebühre Extra-G i E Keine K + + + Kostenloser Check-in Getränke an Bord = Meilen sammeln 20 Kilo Freigepäck *Für Direktflüge zu über 100 Zielen in Europa bei Buchung unter lufthansa.com oder in Ihrem Reisebüro. Begrenztes Sitzplatzangebot. DEUTSCHLAND HEUTE 11 13 5 Kiel 5 Rostock 19 13 19 11 Hamburg Bremen Emden 18 20 13 13 19 Berlin 10 Hannover 21 12 19 11 Münster 21 13 Hof Frankfurt Saarbrücken 21 9 2 Dresden 20 11 19 10 20 12 18 10 17 7 21 11 Nürnberg München 2 19 8 Friedrichshafen 20 11 13 Helsinki Oslo Stockholm Kopenhagen Südlich der Mittelgebirge startet der Tag neblig, auch im Nordosten ist es wolkig. Später heitert es verbreitet auf, nur in Bayern können sich Nebelfelder länger halten. Gleichzeitig nähert sich von Westen her ein Tiefausläufer, der an der Nordsee etwas Regen bringen kann. Maximal 17 bis 22 Grad. Dublin Teils sonnig, teils zähe Wolkenfelder, an den Flüssen im Süden anfangs neblig. Temperaturanstieg auf 16 bis 21 Grad, nordöstlich der Elbe nur noch 12 bis 16 Grad. SAMSTAG -9 bis -5 -4 bis 0 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 15 16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30 31 bis 35 über 35 19 Nach örtlichem Frühnebel bei lebhaftem Ostwind vielfach sonnig, im Norden und Osten teils zähe Hochnebelfelder. Höchsttemperaturen 12 bis 17, im Rheinland bis 19 Grad. 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