Wenn einsame Wölfe heulen

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Wenn einsame Wölfe heulen
Region
Sinnieren Sie mit
uns über den
Sinn des Lebens
Auch das noch
Wenn einsame
Wölfe heulen
Blogposting der Woche
von Amir Mustedanagić
mich an einen schönen Moment erinnere, sehe ich mich an einem Tisch
sitzen. Es waren Gespräche mit alten
Freunden, neuen Bekanntschaften
oder ganz Unbekannten – und sie
­waren nicht immer sehr tiefsinnig;
bereichert haben sie mich aber alle.
Wann immer ich mich nun frage,
was ich in meinem Leben am meisten geniesse und schätze, fällt mir
der alte Mann ein. Er war nicht nur
ein guter Verkäufer, er hat auch
­etwas auf den Punkt gebracht. Ich
weiss nicht, ob es der Sinn des
­L ebens ist, aber ich glaube gerne
­daran, dass wir hier sind, um
­gemeinsam an einem Tisch zu
sitzen­. Miteinander zu lachen, zu
schwatzen, zu blödeln, zu streiten,
zu trinken, zu essen – und über das
Leben zu sinnieren.
In der kommenden TagesWoche
äussern sich Autoren und Autorinnen von Ivan Ergic bis Elisabeth
Kopp zum Sinn des Lebens. Gerne
hätten wir aber auch die Gedanken
unserer Leser dazu. Sinnieren Sie
mit uns. tageswoche.ch/+bbzkv
Amir Mustedanagić
ist Redaktor der
­Tageswoche. Er denkt
im Redaktionsblog
«Mittendrin» über
das Leben und
seinen Sinn nach.
TagesWoche 51
Zu Tisch!
Kochbücher scheinen ein
unkompliziertes Geschenk zu sein.
Dieser Eindruck trügt.
Vor ein paar Jahren kaufte ich mir
­einen Beizentisch aus Nussbaum.
Ich gab dem alten Mann, der ihn mir
verkaufte, Geld – und er mir nicht
nur den Tisch. «Bewirte Freunde,
führe Gespräche, lache, setze dich
an den Tisch und denke nach. Vielleicht weinst du auch mal, aber
­irgendwann wirst du am gleichen
Tisch sitzen und dich an all das
­erinnern. Mehr kann dir das Leben
nicht geben.»
Der Tisch ist inzwischen verlebt,
voller Flecken und Kratzer. Der alte
Mann behielt recht: Wann immer ich
Die Gespräche
waren nicht immer
tiefsinnig, aber
immer bereichernd.
Malenas Welt
Von Malena Ruder
Hollstein weiss, wer die Männer zu gefährlichen Wölfen macht. Bild: Hans-Jörg Walter
Wie immer nach einem unerklärlichen Verbrechen suchen Journalisten und Experten nach Erklärungen. So auch im Fall des
jüngsten Amoklaufs in den USA, wo ein 20-Jähriger 27 Menschen und sich selbst getötet hat. Die am häufigsten gelesene:
die vielen Waffen, die für die amerikanische Bevölkerung so
selbstverständlich zum Haushalt gehören wie Klopapier.
Nur eine Zeitung, respektive ein Experte geht der wirklichen,
der «tieferen Ursache» auf den Grund: Walter Hollstein, pensio­
nierter Soziologie-Professor und Männerforscher aus Basel, erklärt in einem Gastbeitrag in der «bz», weshalb die bisherigen
Interpretationen «zu sehr an der Oberfläche» bleiben. Weil niemand den Zusammenhang sieht, dass die «in ihrer Schrecklichkeit eindrücklichsten Amokläufe der vergangenen zehn Jahre»
in Schulen stattgefunden haben und die Täter alle junge Männer
waren. Schule sei für viele Jungen zu einem «Horrortrip» geworden. Sie fühlten sich nicht ernst genommen, würden schlechter
benotet als Mädchen und überhaupt … Früher konnten sie sich –
gemäss Hollstein – noch an allgemeingültigen Bildern von Männlichkeit orientieren, heute jedoch müssten sie sich allein zurechtfinden. Und was tun sie? Sie erliegen dem männlichen Mythos des
«lonely wolf». (Das war früher wirklich viel besser, da war ein
echter Kerl noch ein «lonely cowboy»). Hollstein weiss deshalb,
was wirklich falsch gelaufen ist bei den jungen Männern, die sich
nicht mehr «einkriegen»: Ihnen wurden «nur negative Klischees
vom Mann gezeigt» – zuerst von ihren Müttern, die schlecht
über ihre Männer redeten, und später von den Feministinnen.
tageswoche.ch/+bcank
Alles klar? Von Monika Zech
Nahrungsmittel zu verschenken ist
immer gut, denn essen müssen alle.
Die unverderbliche Alternative dazu
sind Kochbücher, ein nützliches und
platzsparendes Präsent, sollte man
meinen. Aber natürlich ist es etwas
komplizierter. Zuerst muss man
­sicher sein, dass der Mensch, den
man beschenken möchte, überhaupt,
und wenn ja, dass er nach Rezept
kocht. Denn wie ein Bauchtrainer
schreit ein Kochbuch danach, benutzt zu werden. Tut man das nicht,
fühlt man sich schlecht, und ein Geschenk sollte doch etwas Nettes sein.
Die Auswahl ist auch nicht einfach: Wie bei Essenseinladungen
muss man wissen, was der Empfänger nicht isst respektive nicht verträgt, und diese Liste kann heutzutage lang sein (etwa Gluten, Zucker,
grünes Gemüse, weisses Gemüse,
Gemüse, Sachen mit Gesicht). Wer
verunsichert ist, greift meistens zu
Bestsellern, da sie eine relativ hohe
Trefferquote haben und wenn schon
nicht von Geschmack, dann doch
wenigstens von einem gewissen zeitgenössischen Interesse zeugen.
Bei den Kochbuchautoren fällt
Jamie Oliver unter diese Kategorie.
Der Brite nervt zwar mittlerweile
ein wenig, aber man kennt ihn, und
die Bücher sind gebunden, sehen
also teuer aus. Sein neuestes Machwerk trägt den Titel «15-MinutenKüche», scheint also das Richtige
für Vielbeschäftigte zu sein. Nun
folgt die letzte Hürde im Kochbuchschenken: der Praxistest. Leider ist
Jamie dabei ein ­bisschen durchgefallen. Um wirklich so zackig zu kochen, muss man erst viele Dinge
kaufen, zum Beispiel Blaubeermarmelade, Rogan Josh Paste, Muschelnudeln, Mikrowelle, Bambusdampfkörbe, Bräter und Reiben. Dafür
zieht Herrn Olivers Kochbuch viele
­Folge-Geschenk-Ideen nach sich.
tageswoche.ch/+bbzte
«Jamies 15-Minuten-Küche» (35.50 Fr.)
und viele andere Kochbücher sind bei
Thalia, Freie Strasse 32, Basel erhältlich.
www.thalia.ch
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