Broker versus Makler

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Broker versus Makler
© Immobilienmanager Verlag IMV GmbH & Co. KG, 2008. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig.
TITELSTORY
In den USA ist das Vermittlungsgeschäft hart umkämpft, sodass selbst der Branchenführer lediglich einen Marktanteil von 4,1 Prozent hat.
Broker versus Makler
USA
Amerikanische Immobilienvermittler haben weitaus mehr
Konkurrenz als ihre deutschen Pendants. Durch markenstarke
Franchise-Lizenzen und den Zugriff auf umfangreiche Objektdatenbanken pushen sie ihr Vermittlungsgeschäft.
I
n den Vereinigten Staaten hat die Immobilienmaklerbranche eine hohe Bedeutung. 2,5 Millionen Berater haben eine
Maklerlizenz und damit das Recht, an Immobilientransaktionen beratend und vermittelnd beteiligt zu sein. In neun von
zehn Fällen werden Immobiliengeschäfte
in den USA mit Maklern abgewickelt. In
Deutschland hingegen ist der Beruf nicht
rechtlich geschützt. Trotzdem gehören die
heimischen Makler mit Provisionen von
vier bis sechs Prozent netto zu den europaweit teuersten Immobiliendienstleistern. Bei den Verkäuferprovisionen
rangieren sie im mittleren Preissegment,
bei den Käuferprovisionen im oberen und
unteren Segment, was in Griechenland
übrigens ähnlich ist. Aus dieser Verteilung
lassen sich Preisstrategien für europaweit
agierende Maklerfirmen definieren.
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immobilienmanager · 09 - 2008
Von Alexis Breckoff
Gemäß einer sehr positiven letzten offiziellen Schätzung aus dem Jahr 1996
wechseln hier zu Lande Gewerbeimmobilien in 80 Prozent aller Fälle mittels Makler den Besitzer, bei Wohnimmobilien
sollen es rund 44 Prozent sein.
Banken sind eine
starke Konkurrenz
In den USA ist die Ausgangslage für
Makler eine andere. Dort haben sie zwar
dank üppiger Provisionen in Höhe von 4,3
bis 5,4 Prozent ebenfalls ein gutes Auskommen. Sie müssen sich aber mit einer
massiven brancheninternen Konkurrenz
auseinandersetzen. Im Jahr 2005 hat die
National Association of Realtors (NAR),
die nach eigenen Angaben weltgrößte In-
teressenvereinigung der Real Estate
Agents mit über 1,2 Millionen Mitgliedern
und über 1.700 lokalen Vereinigungen, die
empirische Studie „Structure, Conduct,
and Performance of the Real Estate Brokerage Industry“ veröffentlicht. Darin
geht es unter anderem um das Verhältnis
der Marktanteile der stärksten Wettbewerber, das durch die statistische Messung
des „Herfindahl-Hirschmann-Indexes“
beschrieben wird. Der Index drückt die
relative Größe und Verteilung von Unternehmen in einem Markt aus. Er wird
durch Quadrieren des Marktanteils jedes
im Markt als Wettbewerber auftretenden
Unternehmens und Addieren der ermittelten Ergebnisse berechnet. Es stellte sich
heraus, dass der Konzentrationsgrad im
US-Immobilienmaklermarkt nur sehr
schwach ausgeprägt ist, weil der Markt im
höchsten Maße wettbewerbsintensiv ist,
was die Vielzahl der Marktakteure belegt:
In den Jahren 2000 bis 2005 ist die Anzahl
der makelnden Firmen von 65.098 auf
93.920 angestiegen. Die größte Maklerfirma war NRT, die trotzdem nur einen
Marktanteil von 4,1 Prozent verzeichnen
konnte. Es folgte die Firma Homeservices.
com mit 1,7 Prozent.
Die deutsche Marktstruktur bietet ein
anderes Bild. Marktkenner gehen davon
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TITELSTORY
aus, dass 70 Prozent der Maklerbüros als
Einzelkämpfer arbeiten. Banken kamen
als kapitalstarke Wettbewerber seit Mitte
der 1970er Jahre hinzu und konnten in
einem starken Verdrängungswettbewerb
ihren Marktanteil kontinuierlich auf 30
Prozent ausbauen. Der Eintritt der Banken konnte auch von den Maklerverbänden RDM und VDM, welche sich inzwischen zum Gesamtverband IVD zusammengeschlossen haben, nicht verhindert
werden.
In den USA besteht durch den massiven Einsatz des NAR ein Eintrittsverbot
von Banken in den Immobilienmaklermarkt: „Die Beschaffenheit des Bankwesens ist fiskalischer Natur. Immobilienhandel ist kommerziell. Durchgehend hat
der US Congress seine Politik verteidigt,
dass diese beiden Bereiche nicht vermischt
werden sollen.“
Franchising erhöht
den Umsatz
Die wirksame Öffentlichkeitsarbeit der
NAR wird unterstützt durch den Code of
Ethics. Dieser regelt moralische Rechte
und Pflichten für alle Interessengruppen
der NAR. Er gilt also für den Umgang mit
der Öffentlichkeit, Kunden und Klienten
sowie Wettbewerbern und wird als Hand-
lungsmaxime von den Mitgliedern verpflichtend anerkannt. Somit trägt der
Code of Ethics maßgeblich dazu bei, die
Qualität des Berufes zu sichern und ein
positives Image des Maklerberufes zu
schaffen. Auch hier gibt es Differenzen zu
Deutschland, wo immer noch negative
Assoziationen mit dem Beruf des Maklers
verbunden werden.
Das positive Image als Einflussfaktor
bei Kaufentscheidungen hat eine besondere Bedeutung für die Vermittlung von
Immobilien, was durch die persönliche
Käufer- und Verkäuferbeziehung bedingt
wird. Bei einer Befragung im Kontext der
NAR-Studie gaben 35 Prozent der Befragten an, dass der Ruf des Maklers der
entscheidende Faktor für dessen Wahl gewesen sei. 21 Prozent gaben Ehrlichkeit
und Vertrauenswürdigkeit an. Weiteren
fünf Prozent war ein fürsorglicher Charakter und guter Zuhörer wichtig. Eine
andere Studie der NAR stellt die „past
performance“ eines Immobilienmaklers
als entscheidenden Einflussfaktor auf das
Image heraus. Damit ist die in der Vergangenheit erbrachte Leistung gemeint. Auch
das „Word of mouth“ (Mund-zu-MundPropaganda) spielt eine bedeutende Rolle,
denn 44 Prozent aller Käufer verlassen
sich auf die mündliche Empfehlung einer
nahe stehenden Person. Weitere 30 Prozent lassen sich von der Erfahrung leiten,
die sie in der Vergangenheit mit dem Vermittler gemacht haben.
Gutes Image
bringt Aufträge
Eine ebenfalls von NAR erhobene Studie besagt, dass in den USA FranchiseSysteme 25 Prozent aller auf dem Markt
agierenden Immobilienmakler vereinen.
Die Wachstumsrate dieses Systems liegt
gemessen über die letzten zwei Jahre bei
15 Prozent jährlich. Und das, obwohl
auch die Einstiegsgebühr kontinuierlich
um durchschnittlich neun Prozent im Jahr
gewachsen ist. Laut der Studie „Profile of
Real Estate Firms“, durchgeführt von der
NAR, geben 88 Prozent der befragten
Maklerfirmen an, dass ihre Franchisezugehörigkeit die Kundenwahrnehmung
verbessert habe. 72 Prozent gehen sogar
davon aus, dass ihre Zugehörigkeit in direktem Zusammenhang mit ansteigenden
Umsatzerlösen und höheren Profiten
steht. Darüber hinaus berichten 83 Prozent, dass eine Franchisezugehörigkeit
positiven Einfluss auf die Möglichkeit hat,
Aufträge über MLS – Multiple Listing System, eine von Privatanbietern bewirtschaftete Datenbank – zu generieren. Ein
führendes Unternehmen mit diesem Geschäftskonzept ist Coldwell Banker Real
Vergleich der Märkte Deutschland und USA
Dimension
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Kategorie
Vertriebsstrukturen
Vertriebsstrukturen
Merkmal
Bedeutung von Franchise- Systemen
Bedeutung des Internets als
Kommunikations-und Vertriebskanal
Anzahl der Betriebe
Anzahl der Makler
Beteiligung von Banken am Geschäft
Konzentrationsgrad des Marktes
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Konkurrenz- und Marktstrukturen
Konkurrenz- und Marktstrukturen
Konkurrenz- und Marktstrukturen
Konkurrenz- und Marktstrukturen
Wettbewerbsfaktoren
Konkurrenz- und Marktstrukturen
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Kundenmerkmale
Kundenmerkmale
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbsfaktoren
Wettbewerbs Faktoren
Wettbewerbsfaktoren
Betrieblich
Kundenmerkmale
Differenzierungsmerkmale
Differenzierungsmerkmale
Eintrittsbarrieren
Eintrittsbarrieren
Human Ressource
Relevanz des Markenwertes
Preis als Wettbewerbsinstrument
Leistung als Wettbewerbsinstrument
Regulierung des Marktes
Lizenzierung für Ausübungserlaubnis
Aus- und Weiterbildung
Betrieblich
Makroebene
Makroebene
Rentabilität
Organisatorische Strukturen
Organisatorische Strukturen
Durchschn. Höhe der Provision
Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen
Bedeutung von kooperativen Organisationen
Marktanteil von Maklerleistungen an der
Immobilienvermittlung
Imagewahrnehmung des Maklers
Persönliche Bedeutung einer Immobilie für den
Käufer
USA
hoch
hoch, MLS Systeme
mehr als 76.000
2,5 Millionen
verboten
gering
90 Prozent
hohe Anerkennung
hoch
hoch
ja
ja
gering
ja
diverse Möglichkeiten, hoher
Stellenwert
4 bis 6 Prozent
sehr hoch
sehr hoch
Deutschland
hoch und Tendenz steigend
hoch, Immobilienbörsen
ca. 12.000
ca. 45.200 im Jahr 2007
hohe Beteiligung, ca. 30 Prozent
Bedeutung des Internets als
Kommunikations-und
o u at o s u d Vertriebskanal
e t ebs a a
unter 50 Prozent, bei Gewerbeimmobilien jedoch bis zu 80
Prozent bei Privatimmobilien
gering, Tendenz aber steigend
hoch
auf Grund von zunehmenden Makler-Franchising steigend
nein
ja
keine den direkten Wettbewerb beeinflussende Regulierung
nein
ursprünglich keine, Tendenz aber steigend
4,6 bis 5,6 Prozent
gering, Tendenz aber zunehmend
gering, Tendenz abnehmend
Quelle: Alexis Breckoff
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immobilienmanager · 09 - 2008
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Estate LLC mit über 3.900 unabhängig
agierenden Franchise-Nehmern.
Objektdatenbanken sorgen
für Transparenz
Mit Hilfe spezieller Datenbanken können Immobilienvermittler in den USA Daten austauschen.
ein Alleinstellungsmerkmal herausbilden
zu können, müssen diese Assoziationen
stark, einzigartig und vorteilhaft sein.
Der Kunde bezahlt den
Markennamen mit
In internationalen empirischen Studien ist die Relevanz der Marke für Immobilienmakler bis heute noch nicht untersucht worden. Glaubt man jedoch Expertenaussagen der NAR, so spielt die Marke
auch im Immobiliengeschäft eine große
und immer bedeutendere Rolle. Dies wird
durch eine Studie von Bradin und Cronin
unterstrichen, welche die Gesamtqualität
einer Dienstleistung in direkten Zusammenhang mit der Wahrnehmung einer
Marke stellte. Demnach ist das Bilden einer starken und bekannten Marke für
viele Immobilienmaklerfirmen eine wich-
tige Zukunftsaufgabe. Die Mühe lohnt
sich: Makler, die unter einem bewährten
Markennamen ihre Geschäfte tätigen, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, ein
Geschäft für sich zu gewinnen. Ein lukratives Geschäftsmodell ist das „multiple
brand ownership”, eine Mehrmarkenstrategie, bei der eine Firma den Markt unter
mehreren Namen bearbeitet. „Es kann
vorkommen, dass eine Firma vier Immobilien in einer Straße besitzt und jede unter einem anderen anderen Firmennamen
anbietet“, fasst ein Broker den Effekt zusammen. Multiple brand ownership bietet
die Möglichkeit der Diversifizierung und
Differenzierung. So können zum Beispiel
verschiedene Preismodelle und verschiedene Leistungstiefen für verschiedene
Kundensegmente definiert werden.
Alexis Breckoff ist bei der psm Center Management AG in Zürich tätig.
Persönlichkeit des Immobilienmaklers als
verkaufsbeeinflussender Indikator
in Prozent
15
Makler ist ein Freund oder Familienangehöriger
Lokale Marktkenntnis des Maklers
21
11
2
35
Verbindung des Maklers zu einer bestimmten Firma
6
Makler ist eine fürsorgliche Persönlichkeit/ ist ein
guter Zuhörer
5
Berufsbezeichnung(en) des Maklers
andere
5
Makler ist ehrlich und vertrauenswürdig
Ruf des Immobilienmaklers
immobilienmanager · 09 - 2008
Quelle: The National Association of Realtors
MLS ermöglicht Immobilienvermittlern eine umfangreiche Möglichkeit des
Datenaustausches. Dazu werden die Daten aller verfügbaren Häuser und Grundstücke miteinander verknüpft. In Nordamerika werden MLS von Privatpersonen,
Maklerfirmen, Vereinigungen von Realtors oder von Handelsorganisationen verwaltet. Die meisten MLS setzen strenge
Restriktionen für den Zugang und ihre
Nutzung voraus. Oft wird zugleich die
Mitgliedschaft in einer lokalen Vereinigung der NAR vorausgesetzt. Die meisten
Systeme schließen so auch Privatverkäufer aus, die als For Sale By Owner (FSBO)
agieren wollen. Neben Objektdaten wie
etwa geografische Lage, Preisspannen,
Preis pro Quadratmeter und Größe des
Objekts finden zunehmend auch sozioökonomische Daten Eingang in das System. Hier zeigt sich, wie insbesondere
kleinere, lokal abhängige Makler von diesem System profitieren können.
Das größte MLS ist MRIS und hatte
nach eigenen Angaben im Jahr 2005 rund
60 Milliarden US-Dollar Umsatz generiert. Es war an der Vermittlung von
150.000 Transaktionen beteiligt. 309.341
Listings gab es im Jahr 2006.
In einer empirischen Studie von Zumpano und Elder konnte außerdem nachgewiesen werden, dass der Vorteil von Franchising für Maklerfirmen unter anderem
in der Variabilisierung von Fixkosten liegt
und dass Unternehmen, die sich einem
etablierten Franchise-System anschließen, den Nettogewinn um durchschnittlich neun Prozent erhöhen. Viele Franchise-Geber wählen für ihre Preispolitik
eine Discountstrategie oder „fixed fee“.
Dies bedeutet, dass Franchise-Nehmer eine fixe, meist monatliche Gebühr unabhängig von erzielten Umsatzerlösen an
ihre Franchise-Geber zahlen müssen.
Ein hoher Markenwert löst eine erhöhte Zahlungsbereitschaft bei Kunden
aus, die sich mit der Marke identifizieren
können. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers macht die Marke 65 Prozent des Unternehmenswertes aus. Um
einen Markenwert zu generieren, muss sie
mit positiven Assoziationen in den „Köpfen der Kunden“ verankert werden. Um
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