Trends im Handel 2020
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Studie CONSUMER MARKETS Trends im Handel 2020 2 | Section or Brochure name © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 3 Inhalt 1 Ergebnisse im Überblick 4 2 Einführung 7 3 Rahmenbedingungen 3.1 Politische und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen 3.2 Demografische Entwicklung 3.3 Rohstoffmärkte 8 9 13 14 4 Trends im deutschen Einzelhandel 4.1 Handelsformate 4.2 E-Commerce und M-Commerce 4.3 Store Design 4.4 Nachhaltigkeit 4.5 IT-Systeme im Handel 4.6 Handelslogistik 4.7 Handelsmarketing und Social Media 16 17 20 25 28 31 33 36 5 Branchenprofile 5.1 Lebensmitteleinzelhandel 5.2 Textileinzelhandel 5.3 Drogeriemarkt 5.4 Baumarkt 5.5 Einzelhandel mit Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik 5.6 Möbeleinzelhandel 40 41 46 50 55 59 64 6 Fazit 68 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 4 | Trends im Handel 2020 1 Ergebnisse im Überblick Expertengespräche und eine für diese Untersuchung exklusiv durchgeführte Umfrage unter Verbrauchern zeigen: Der Onlinehandel wächst zwar weiter stark, doch der stationäre Einzelhandel bleibt auch in absehbarer Zukunft die wichtigste Anlaufstelle für Konsu- menten. Das gilt sowohl für die Informationsgewinnung als auch für den Kaufabschluss. Dennoch wird sich der Kaufprozess erheblich ändern. Denn die starke Verbreitung von Smartphones ermöglicht es dem Einzelhandel, im Ladenlokal mit seinen Kunden in Kontakt zu treten und ein mobiles Onlineangebot zur Stärkung seines stationären Geschäfts einzusetzen. Auf der anderen Seite erhalten Kunden eine nie da gewesene Transparenz über Produkte und Preise, auf die der Handel vorbereitet sein muss. Die Ergebnisse der Konsumentenbefragung im Einzelnen Die Verbraucher gehen davon aus, dass Kunden in Zukunft stärkeren Einfluss auf die Entwicklung und Gestaltung von Produkten nehmen werden. Erfahrungen und Meinungen anderer Verbraucher werden in Zukunft Kaufentscheidungen stärker beeinflussen. Das geschieht in erster Linie online. Drei Viertel aller Deutschen nutzen bereits regelmäßig soziale Netzwerke für ihre Kommunikation, 31 Prozent sogar täglich. Die Nutzung wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Weitere Ergebnisse aus der Marktbeobachtung Online-Informationsquellen werden für Kunden immer wichtiger. Das Umsehen im Geschäft bleibt aber bis auf Weiteres die zentrale Informationsquelle beim Einkauf. Eine Ausnahme ist jedoch bei Elektroartikeln zu beobachten – die unabhängige Meinung von Testberichten stellt hier die wichtigste Informationsbasis dar. Der Einsatz mobiler Endgeräte im Kaufprozess gewinnt deutlich an Bedeutung – allerdings weniger für den Onlinekauf selbst als in erster Linie für die Recherche. Vor allem vor dem Kauf hochwertiger Produkte kann die Nutzung verschiedener Applikationen und Internetseiten hilfreiche Informationen liefern. Als Zahlungsmittel werden Smartphones eher kritisch beurteilt. Textilien, Medien und Elektroartikel sind die bisher am meisten online gekauften Kategorien. Auch für die Zukunft schätzen Konsumenten Onlineshopping in diesen Kategorien als besonders attraktiv ein, wobei auch ein Onlinekauf von Möbeln, Drogerieund Baumarktartikeln auf deutliches Interesse trifft. Neuen Konzepten stehen Kunden häufig skeptisch gegenüber. Es muss für sie unmittelbar erkennbar sein, dass entsprechende Innovationen den Einkauf einfacher oder schneller machen. So finden zum Beispiel Abholstationen für Lebensmittel großen Anklang, während die Befragten es weniger attraktiv finden, einen Jahresmindestumsatz gegen einen bestimmten Rabatt zu vereinbaren. Gleiches trifft auf eine Ausweitung von „Mieten statt Kaufen“-Konzepten auf neue Warenbereiche zu, obwohl sie von Entscheidern in zahlreichen Branchen angedacht werden. Bedingt durch eine hohe Erwerbsquote wird auch in den kommenden Jahren ein Umsatzwachstum zu beobachten sein, allerdings werden Preissteigerungen erheblich dazu beitragen. Kleinere Haushalte, eine stärkere Urbanisierung und die Dynamik der Internetnutzung führen zur Entwicklung neuer Betriebsformen, die auf die speziellen Bedürfnisse innerstädtischer Zielgruppen zugeschnitten sind. Aufgrund des sich abzeichnenden Rückgangs der Bevölkerungszahl werden Unternehmen ihre Standorte noch sorgfältiger auswählen. Einkaufen über das Internet wird weiter zunehmen, in den meisten Branchen wird aber auf absehbare Zeit der stationäre Handel die Einkaufsquelle Nummer eins bleiben. Je nach Einzelhandelsbranche wird die Substitution von stationärem durch Onlinegeschäft auch weiterhin sehr unterschiedlich ausfallen. Besonders in der Unterhaltungselektronik ist mit einer anhaltenden Verlagerung des Geschäfts zu rechnen, andere Sortimente wie Bücher, Bild- und Tonträger werden zunehmend durch digitale Angebote ersetzt. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 5 Multi-Channel-Ansätze nehmen weiter zu. Der stationäre Einzelhandel wird auf der einen Seite verstärkt ins Onlinegeschäft einsteigen, auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass die Eröffnung eigener lokaler Geschäfte durch bisher reine Onlinehändler zunimmt. Das Marketing des Handels wird sich stark verändern. Während vor fünf Jahren noch 70 Prozent des Marketingetats in klassische Printwerbung ging, wird der Printanteil schon in wenigen Jahren weniger als die Hälfte des Etats betragen. Vor allem das Onlinemarketing ist stark im Aufwind. Renovierungszyklen im stationären Handel werden immer kürzer. Im Durchschnitt werden die Geschäfte heute alle sieben Jahre erneuert, 2003 lag der Zyklus noch bei neun Jahren. RFID ist nicht von der Bildfläche verschwunden. Die Technik wird sich vor allem im Textilhandel weiter rasch verbreiten, insbesondere als Kombination aus Warensicherung und Warenidentifizierung. Schon heute kann in bestimmten Regionen und Aufgabenbereichen ein handfester Mangel an qualifiziertem Personal beobachtet werden. Dies dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen. Eigene Qualifizierungsmaßnahmen des Handels werden zunehmen, eine Imageverbesserung der Branche ist erforderlich. Rohstoffsicherung wird in vielen Branchen zu einem bedeutenden Thema. Um zu gewährleisten, dass Rohstoffe in Qualität und Quantität zu relativ stabilen Preisen verfügbar bleiben, gehen viele Unternehmen vermehrt vertikale Kooperationen ein. Im Lebensmittelhandel ist ein „neuer Mittelstand“ zu beobachten: Selbstständige Kaufleute unter dem Dach großer Genossenschaften, die nur wenige Geschäfte betreiben und Jahresumsätze zwischen 50 und 200 Millionen Euro erzielen, sind die Erfolgsmodelle der nächsten Jahre. Die Zugangsbarrieren zum Einzelhandel bleiben gering. Neue Vertikalisten aus dem Ausland inszenieren erfolgreich ihren Markteintritt in Deutschland, der Direktvertrieb der Industrie nimmt weiter zu und die Umsatzanteile des Onlinehandels werden stetig ausgeweitet. Energiekosten werden weiter steigen. Dies führt zu erheblichen Investitionen in die Einrichtung von Geschäften, so vor allem in Beleuchtung, Kühl- und Klimatechnik, aber auch in die Logistik. Gesetze und Verordnungen sowie zunehmender Druck durch Stakeholder haben zur wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit beigetragen. Der Konsumgütersektor misst jedoch dem Aspekt, einen Reputationsgewinn durch eine Nachhaltigkeitsstrategie erzielen zu können, stärkere Bedeutung bei als andere Branchen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 6 | Trends im Handel 2020 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 7 2 Einführung Die deutschen Verbraucher haben ihre Zurückhaltung aufgegeben. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise war es ab dem Jahr 2009 vor allem der inländische Konsum, der zu einer positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beitrug. Doch für die kommenden Jahre sind die Herausforderungen immens – auch ohne die ungelösten Fragestellungen der Eurokrise. Im Fokus der Branche stehen dabei besonders der demografische Wandel, volatile und langfristig steigende Rohstoffpreise, ein verändertes Einkaufsverhalten durch neue Kundenbedürfnisse sowie vor allem der Einsatz mobiler Technologien durch die Verbraucher. Der Einzelhandel wird Sortimente, Warenpräsentationen und teilweise seine Handelsformate anpassen, um den Anforderungen seiner Kunden gerecht zu werden. Anpassungsvermögen ist zwar keine neue Herausforderung für den Handel, der sich ja schon sprichwörtlich immer wieder neu erfinden muss, doch stellen die oben aufgezählten Einflüsse eine solch nachhaltige Veränderung dar, dass ganz grundsätzliche Antworten gefunden werden müssen. KPMG und das EHI Retail Institute wenden sich mit der vorliegenden Studie an die Entscheider und Strategen der Konsumgüterindustrie und des Handels, um ihnen die verschiedenen Faktoren vorzustellen, die in den nächsten Jahren maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklungen im deutschen Einzelhandel haben werden. Gestützt werden die verschiedenen Annahmen durch Forschungsergebnisse, die durch eine Kooperation mit TNS Infratest gewonnen wurden. In einem Experten-Workshop wurden zunächst Trends sowie Treiber und Barrieren verschiedener Entwicklungsmöglichkeiten identifiziert. In einer qualitativen Gruppendiskussion mit Konsumenten wurden diese Trends in Konsumentensprache übersetzt und Erkenntnisse hinsichtlich der Relevanz aus Kundensicht überprüft. Anschließend erfolgte eine Befragung einer breiten Bevölkerungsstichprobe zur Quantifizierung der identifizierten Verhaltens- und Einstellungstrends. Hierbei wurden Einkaufsverhalten sowie Erwartungen und Wünsche der Kunden an den Handel gleichermaßen abgedeckt. Befragt wurden dazu deutschlandweit mehr als 1.000 Personen zwischen 16 und 60 Jahren, die mindestens einmal wöchentlich das Internet nutzen. (Abbildung 1) Ergänzt wird diese Studie durch eine Beschreibung der maßgeblichen Rahmenbedingungen, die Darstellung verschiedener Themengebiete sowie der Hauptbranchen im deutschen Einzelhandel. Die Inhalte stammen aus den Forschungsbereichen des EHI Retail Institute sowie aus Erkenntnissen von KPMG aus der Betreuung nationaler und internationaler Handels- und Konsumgüterunternehmen, vervollständigt durch aktuelle Ergebnisse aus KPMG-Studien. Darüber hinaus fand umfangreiches Datenmaterial verschiedener Institutionen aus dem Inund Ausland Eingang in diese Studie. Abbildung 1 Soziodemografische Merkmale der Stichprobe (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) Geschlecht Männlich 54 Weiblich Alter 46 16 bis 29 Jahre 25 30 bis 39 Jahre 25 40 bis 49 Jahre 23 50 bis 60 Jahre Monatseinkommen 28 unter 1.000 Euro 9 1.000 bis zu 2.000 Euro 29 2.000 bis zu 3.000 Euro 26 3.000 bis zu 4.000 Euro 10 4.000 Euro und mehr 7 keine Angabe 19 0 10 20 30 40 50 60 Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 8 | Trends im Handel 2020 Über welches Budget verfügen potenzielle Kunden in den nächsten Jahren und welcher Anteil landet davon letztendlich in den Kassen der Händler ? Welche Auswirkungen des demografischen Wandels auf einzelne Branchen sind wahrscheinlich ? Wie reagieren Einzelhändler auf volatile und langfristig steigende Rohstoffpreise ? Diese Fragen beschreiben einige Eckpunkte des Rahmens, in dem sich der Einzelhandel in den nächsten Jahren bewegen wird. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 9 3 Rahmenbedingungen bestimmen das Bild. Vor allem die Frage, ob die Eurozone in ihrer heutigen Ausprägung auch 2020 noch Bestand haben wird, lässt sich nicht verlässlich beantworten. Sämtliche Märkte, ob in der Finanz- oder Realwirtschaft, fürchten solche Unsicherheiten. Umso erstaunlicher ist es, dass 3.1 Politische und volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen Längerfristige politische Rahmenbedingungen sind zu Beginn des Jahres 2012 kaum vorherzusehen. Aktuelle Meldungen rund um die Eurokrise sich die deutsche Wirtschaft weiterhin robust zeigt. Im Jahr 2011 lag das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts bei 3 Prozent. Für 2012 wird allerdings eine deutliche Verlangsamung prognostiziert und ein Wachstum von deutlich unter einem Prozent erwartet. (Abbildung 2) Abbildung 2 Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in Deutschland (Angaben in Prozent, * Prognose) Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber Vorjahr 4 12 3,7 2 3,7 3,3 10 3,0 1,8 0 Arbeitslosenquote (Jahresdurchschnittswerte) 1,0 0,7 0,6 11,7 10,8 9,0 8 7,8 8,2 6 –2 7,7 7,1 7,0 6,8 4 –4 2 –5,1 –6 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012* 2013* 2005 2006 2007 10,7 10,8 11,0 2005 2006 2007 Entwicklung der Verbraucherpreise gegenüber Vorjahr Sparquote 3,0 12 2,5 10 2,6 2,3 2,0 1,5 1,5 2,3 11,7 2009 2010 2011 2012* 2013* 11,1 11,3 11,0 11,0 2009 2010 2011 2012* 2013* 11,0 8 1,8 1,6 2008 6 1,5 1,0 4 1,1 0,5 2 0,4 0 2005 2006 2007 2008 2009 0 2010 2011 2012* 2013* 2008 Quelle: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; * Prognose: Deutsche Bundesbank Dezember 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 10 | Trends im Handel 2020 Der Einzelhandel ist ganz unmittelbar von konjunkturellen Zyklen betroffen. Zwar haben sich in der Vergangenheit Boomphasen häufig kaum in den Kassen der Händler bemerkbar gemacht, bei der wirtschaftlichen Erholung der Jahre 2010 und 2011 hat der inländische Konsum jedoch eine deutlich wichtigere Rolle eingenommen, als es beim „Exportweltmeister“ Deutschland in der Vergangenheit der Fall war. Doch wie geht es weiter? Die Entwicklung verschiedener Faktoren kann darauf einen Hinweis geben. Im Zentrum steht die Frage, über welches Budget die potenziellen Einzelhandelskunden in den nächsten Jahren verfügen und welcher Anteil davon letztendlich in den Kassen der Händler landet. Dabei ist nicht nur die Sparneigung zu berücksichtigen, von Bedeutung ist zudem die Unterscheidung zwischen Konsum und Einzelhandelsumsatz. (Abbildung 3) Haushaltseinkommen Bei der Betrachtung der Haushaltseinkommen ist nach der Entwicklung der Gesamtzahl der Einkommensbezieher und der durchschnittlichen Einkommenshöhe zu unterscheiden. Dabei schließen sich Fragen über die Belastung durch Steuern und Sozialabgaben, die Verteilung der Einkommen und die Kaufkraftentwicklung an. Wie im Kapitel über die demografische Entwicklung noch ausführlicher dargestellt wird, ist von einer abnehmenden Gesamtbevölkerung auszugehen. Die Zahl der potenziellen Einkommensbezieher ist daher rückläufig. Da die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge in das Rentenalter eintreten und eine gezielte Zuwanderungspolitik bisher fehlt, ist eine Verbesserung der Lage zurzeit nicht absehbar. Mittel- bis langfristig liegen demnach enorme Herausforderungen darin, Stellen mit qualifizierten Bewerbern zu besetzen. Abbildung 3 Potenzial des Einzelhandels Gesamte Haushaltseinkommen Sparen Konsum Sonstige Konsumausgaben Einzelhandel • Über welches Einkommen verfügen die Deutschen insgesamt? • Welchen Anteil sparen sie davon und wird Sparvermögen zugunsten des Konsums aufgelöst? • Welche alternativen Konsumausgaben fließen nicht dem Einzelhandel zu? • Wie viel vom Aufschwung landet in den Kassen der Händler? Quelle: KPMG Für den Betrachtungszeitraum bis zum Jahr 2020 sind davon bereits erste Anzeichen spürbar. Sie werden jedoch aktuell durch die hohe Beschäftigungsquote überdeckt. Denn hier hat sich die Situation nach den Krisenjahren 2008 und 2009 deutlich entspannt. Vorbehaltlich der Auswirkungen einer weiteren Verschärfung der Eurokrise ist die Entwicklung der gesamten Haushaltseinkommen von daher kurzfristig positiv zu bewerten. Entlastungen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, wie die Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge um 0,3 Prozentpunkte zum 01.01.2012, unterstützen diese Entwicklung. Die Bundesbank rechnet vor, dass dadurch die progressionsbedingt höhere Belastung bei der Lohnsteuer 2012 annähernd und 2013 etwa zur Hälfte ausgeglichen wird. Zudem dürften laut Einschätzung der Bundesbank die Einkommen aus unternehmerischer Betätigung und Kapitalvermögen weiterhin ansteigen.1 Die Einkommen in Deutschland sind jedoch zusehends ungleich verteilt. Das zeigt ein aktueller Bericht der OECD. 2 Die einkommensstärksten 10 Prozent der Bevölkerung verdienten demnach im Jahr 2008 durchschnittlich 57.300 Euro und damit achtmal so viel wie das untere Zehntel. In den 1990er-Jahren lag der Multiplikator noch bei sechs. Ein höheres Gesamteinkommensniveau lässt weite Bevölkerungsschichten also unberührt. Für den Einzelhandel bedeutet das, dass abseits einer Preis- versus Qualitätsdiskussion, der günstige Einkauf für viele Bürger im wahrsten Sinne des Wortes notwendig ist. Gerade für die ärmeren Bevölkerungsschichten ist damit auch die Verbraucherpreisentwicklung, besonders bei Grundnahrungsmitteln und Energie, von großer Bedeutung. In den vergangenen Jahren haben die Verbraucherpreise insgesamt in Deutschland nur moderat angezogen. 1 2 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2011 OECD, Divided We Stand: Why Inequality Keeps Rising, Dezember 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 11 Im Jahr 2011 wurde zwar der Zielkorridor von 2 Prozent Preissteigerung sowohl in Deutschland als auch in der EU verfehlt, 2012 soll er jedoch wieder eingehalten werden. Mittelfristig ist abzuwarten, wie es bei einer wirtschaftlichen Erholung gelingt, die Liquidität wieder abzuziehen, mit der die Notenbanken die Märkte im Kampf gegen die Krise geflutet haben. Seit Anfang der 1990er-Jahre sind die Reallöhne nur leicht gestiegen, das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ermittelt. 3 In den Jahren 2004 bis 2008 waren sie sogar rückläufig, bevor 2010 und 2011 wieder leichte Reallohnzuwächse von 1,5 Prozent und 1 Prozent verzeichnet werden konnten. Zwei Drittel der nominalen Lohnsteigerungen wurden im vergangenen Jahr allerdings durch höhere Verbraucherpreise, besonders im Energiesektor, aufgezehrt. Und auch 2012 würde eine vergleichsweise niedrige Inflation von 1,8 Prozent, wie sie von der Bundesbank prognostiziert wird, ein nominales Wachstum der Kaufkraft nahezu ausgleichen. Auf der anderen Seite ist jedoch seit geraumer Zeit die Notwendigkeit gestiegen, privat für das Alter vorzusorgen. Bis 2020 ist daher weder von einem starken Absinken der Sparquote, noch von neuen historischen Höchstständen auszugehen. Denn mit gut 11 Prozent lag die Sparquote im Jahr 2010 deutlich unter den 15 Prozent, die zu Beginn der 1970er-Jahre, und den gut 13 Prozent, die Anfang der 1990er-Jahre erreicht wurden. Im Gegenteil, die Sparquote wird im Jahr 2011 leicht unter dem Vorjahreswert liegen und für die Jahre 2012 und 2013 prognostiziert die Bundesbank keine Veränderungen.4 Der Einzelhandel kann daher weder mit einem Entsparen rechnen, noch muss er einen stärkeren Konsumverzicht fürchten. Nach einer stagnativen Phase während der Finanzkrise sind die privaten Konsumausgaben zuletzt wieder angestiegen. Wohnen und Gesundheit sind dabei die Bereiche, deren Anteil sich an den gesamten Ausgaben am stärksten erhöht hat. (Abbildung 4) Besonders Ausgaben für Strom und Heizung sind aufgrund der Energiepreisentwicklung stark angestiegen. Im Gesundheitsbereich nahmen vor allem Ausgaben für Medikamente oder medizinische Hilfsmittel zu, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Abbildung 4 Konsumausgaben der privaten Haushalte in Deutschland nach Verwendungszwecken (Angaben in Prozent) 2010 2000 Fasst man die vorgenannten Punkte zusammen, dann ist zumindest kurzfristig davon auszugehen, dass sich das gesamte Einkommen, das für Sparen und Konsum zur Verfügung steht, positiv entwickelt. Die reale Kaufkraft wird jedoch eher stagnieren. 16 15 14 19 5 6 6 6 10 23 Sparen Das Vertrauen der deutschen Sparer in die Bankenlandschaft hat mit der Finanzkrise deutlich abgenommen. Zudem sehen sie sich einem anhaltend niedrigen Zinsniveau gegenüber. Eine leicht sinkende Sparneigung hat 2011 entsprechend auch zu dem beobachteten starken Konsumklima beigetragen. Sonstige Konsumausgaben 16 8 9 25 16 6 Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren Bekleidung und Schuhe Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe Einrichtungsgegenstände, Geräte für den Haushalt Verkehr, Nachrichtenübermittlung Freizeit, Unterhaltung und Kultur Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen Übrige Verwendungszwecke (unter anderem Gesundheitspflege, Bildungswesen, Versicherungen) Quelle: Statistisches Bundesamt 3 4 DIW, Sozio-oekonomisches Panel (SOEP), Daten der Jahre 1984 – 2010 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Dezember 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 12 | Trends im Handel 2020 Der Anteil des Gesamtbudgets, der für Nahrungsmittel, Bekleidung und Einrichtungsgegenstände ausgegeben wurde, hat hingegen abgenommen. Entsprechend ist der Anteil des Einzelhandels an den gesamten Konsumausgaben im vergangenen Jahrzehnt stetig gesunken. (Abbildung 5) Da sowohl für die Bereiche Wohnen und Gesundheit keine Änderung der Entwicklung absehbar ist und die Deutschen sich zudem weiterhin als reisefreudig erweisen und ihr Auto sehr schätzen, ist nicht absehbar, dass sich die Aufteilung in den kommenden Jahren zugunsten des Einzelhandels ändern wird. Abbildung 5 Private Konsumausgaben und Anteil des Einzelhandelsumsatzes (* Prognose) 1.500 33,3 1.200 1.195,0 1.233,4 1.240,6 1.264,5 1.283,6 31,7 30,7 30,9 1.307,0 1.339,5 1.356,7 30,0 29,8 1.387,7 1.387,4 1.423,0 28,6 28,4 2009 2010 1.474,0 32,6 900 30,6 29,5 600 28,1 300 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2011* Konsumausgaben in jeweiligen Preisen (in Milliarden Euro) Anteil des Einzelhandels (in Prozent) Einzelhandel Verglichen mit anderen Branchen ist der deutsche Einzelhandel gut durch die Krise gekommen. Und angesichts der vorangegangenen Beschreibung der Rahmenbedingungen stellen ein jährliches Wachstum von gut 2 Prozent beziehungsweise ein Mehrumsatz von 8 bis 9 Milliarden Euro seit 2009 ein deutliches Plus dar. Die weitere Entwicklung hängt neben den genannten Faktoren jedoch in hohem Maße von der Bewältigung der Krise im Euroraum ab. (Abbildung 6) Die reale Kaufkraft wächst nur leicht und an gestiegenen Konsumausgaben konnte der deutsche Einzelhandel nur unterproportional partizipieren. Eine grundlegende Änderung dieser Rahmenbedingungen ist nicht zu erwarten – die Gründe sind in den vorigen Abschnitten dargelegt. Entsprechend begrenzt sind die Möglichkeiten des Einzelhandels insgesamt, die sich im Betrachtungszeitraum bis in das Jahr 2020 ergeben. Quelle: Statistisches Bundesamt; Hauptverband des deutschen Einzelhandels; * Prognose: KPMG auf Basis des 3. Quartals 2011 Abbildung 6 Bruttoumsatz im deutschen Einzelhandel (in Milliarden Euro; ohne Kfz-Handel, Tankstellen, Brennstoffe und Apotheken; * Prognose) 430 420,6 420 414,4 410 400 409,1 398,2 401,8 396,3 393,4 390 400,0 402,2 404,7 404,6 396,4 387,9 380 370 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012* Quelle: Hauptverband des deutschen Einzelhandels Doch die Zugehörigkeit zu einer Branche ist bei Weitem nicht allein entscheidend, ob ein Unternehmen erfolgreich ist oder nicht. Innerhalb des vielschichtigen Einzelhandels gibt es Warengruppen, Vertriebstypen oder einzelne Unternehmen, die sich besser als andere entwickeln. Einzelhandelsbranchen und Handelsformate werden in dieser Studie entsprechend besonders hervorgehoben. Zwei Einflussfaktoren, die in den nächsten Jahren besonders im Fokus stehen werden, sind der bereits angesprochene demografische Wandel und die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten. Letztere hat nicht nur große Auswirkungen auf die angebotenen Qualitäten und Endverbraucherpreise, sondern auch auf die gesamte Lieferkette. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 13 Ansprache erst lernen, denn Best Ager wollen auf keinen Fall als Senioren angesprochen werden. 3.2 Demografische Entwicklung Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Einzelhandel werden seit geraumer Zeit diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei zum einen die Alterung der Gesellschaft und zum anderen der Bevölkerungsrückgang in Deutschland insgesamt. Die Produkte, mit denen sich die Branche an sie richtet, sind insbesondere dem Themengebiet Wellness zuzuordnen. Sie versprechen Lebensfreude, Erhalt körperlicher und geistiger Vitalität und jugendliches Aussehen. Hinsichtlich des steigenden Anteils älterer Menschen in Deutschland haben sich Handel und Konsumgüterindustrie bisher vor allem auf die sogenannten Best Ager konzentriert, jene Gruppe der jungen Alten, die wahlweise auch als Silver Generation oder Generation 50+ bezeichnet wird und die als aktiv und konsumfreudig gilt. Die Fokussierung hat einen guten Grund: Diese Gruppe nimmt aktuell noch stark zu, geprägt durch die geburtenstarken Jahrgänge der 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts. Gesundheit und Sicherheit sind wichtige Bedürfnisse für diese Zielgruppe. Die Konsumgüterbranche musste die richtige Doch mit Blick auf die Zukunft wird aus Handelssicht eine weitere Facette der alternden Gesellschaft wichtiger werden: die „alten Alten“. 2020 werden die meisten Babyboomer Rentner sein. Zudem wird die Zahl der über 80- und 90-Jährigen weiter zunehmen und ganz besondere Anforderungen an Produkte, Ladengestaltung und Personal stellen: Sind Ladenlokale barrierefrei erreichbar? Wie sind Regale bestückt? Sind Angaben auf Verpackungen und Displays gut lesbar? Kann geschultes Personal diese Klientel beraten und beim gesamten Kaufprozess unterstützen? Wieder wird es eine große Herausforderung für die Marketingabteilungen sein, die richtigen Botschaften über die richtigen Kanäle an diese Zielgruppe zu senden. Wie Alexander Ross treffend formuliert: „Wer Würde, Lebenserfahrung und Schönheit des Alters mit seinem Produkt kommunizieren kann, dem fliegen auch die reifen Herzen zu.“5 Für innovative Branchensegmente ist zudem der geringer werdende Anteil der unter 20-Jährigen von besonderer Relevanz. In dieser Altersgruppe werden in vielen Bereichen Trends etabliert und vor allem technische Innovationen schneller angenommen als in anderen Altersklassen. Laut Prognose des Statistischen Bundesamts wird ihre Zahl im Jahr 2020 um etwa 6,5 Millionen niedriger sein als noch im Jahr 2000. Ob das Auswirkungen auf den Innovationsprozess einzelner Branchen hat, wird spannend zu beobachten sein. (Abbildung 7) Abbildung 7 Entwicklung der Gesamtbevölkerung Deutschlands und Aufteilung nach Altersgruppen (Bevölkerung in Millionen; Altersgruppen in Prozent) 100 90 80 82,3 70 81,7 79,9 69,4 60 50 2000 13 4 2010 21 5 16 2020 8 18 2050 15 17 15 16 18 19 20 43 41 24 32 35 20 unter 20 Jahre 20 bis 49 Jahre 50 bis 64 Jahre 65 bis 79 Jahre 80 Jahre und älter Quelle: Statistisches Bundesamt, mittlere Variante „Untergrenze“ 5 GDI Impuls, Nr. 4/2011, S. 31 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 14 | Trends im Handel 2020 Der zweite wichtige Aspekt der demografischen Entwicklung in Deutschland ist die Abnahme der Gesamtbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten. Sie trifft den Handel in zweifacher Hinsicht. Zum einen bedeuten weniger Menschen automatisch weniger potenzielle Kunden. Aus demografischer Sicht kann der Einzelhandel also nur wachsen, wenn er den Warenkorb jedes einzelnen Kunden vergrößert. Zum anderen bedeuten weniger Menschen auch weniger potenzielle Arbeitnehmer im Handel. Studien der Branche zeigen zwar, dass die im Handel Beschäftigten ihre Arbeitgeber und ihre Branche attraktiver sehen als sie meist dargestellt wird.6 Besonders unter Hochschulabsolventen zählen die Unternehmen des Einzelhandels aber häufig nicht zu den bevorzugten Arbeitgebern. Hier muss der Einzelhandel weiter an seinem Image arbeiten, um junge Arbeitnehmer für eine Karriere in dieser Branche zu begeistern. Im Gegensatz zur Bevölkerung nimmt die Anzahl der Privathaushalte weiter zu. (Abbildung 8) Der Trend zu kleinen Haushaltsgrößen ist ungebrochen. Dass diese Haushalte sämtlich mit Möbeln und Elektrogeräten ausgestattet werden müssen, ist ein positiver Effekt für den Einzelhandel. Schwieriger ist es, ihren genauen Bedürfnissen gerecht zu werden, zumal 1-Personen-Haushalte keine homogene Gruppe darstellen. Studenten in ihrer ersten eigenen Wohnung und alleinstehende Senioren haben sicher unterschiedliche Ansprüche. Für den täglichen Bedarf ist für beide jedoch die Versorgung in Wohnortnähe und das Vorhandensein kleinerer Verpackungsgrößen wichtig. Die grüne Wiese ist für 1-Personen-Haushalte nicht zweckmäßig, zumal es für sie den typischen Wochenendeinkauf meist nicht gibt. Vertriebskonzept und Sortiment müssen angepasst werden. Abbildung 8 Entwicklung der Privathaushalte in Deutschland nach Haushaltsgröße (Verteilung der Privathaushalte in Prozent) Personen je Haushalt 2,74 2,48 2,25 2,16 2,03 18 16 13 17 15 Verteilung der Privathaushalte 100 28 23 80 60 40 20 20 27 25 18 29 30 30 33 35 36 2020 2050 13 34 40 0 2000 2010 1-Personen-Haushalte 2-Personen-Haushalte 2050 3.3 Rohstoffmärkte Kurzfristige Preisschwankungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rohstoffe langfristig immer teurer werden: Natürliche Knappheit wird durch ein globales Bevölkerungswachstum, klimabedingte Ernteausfälle und Börsenspekulationen verstärkt. Auch politische Entscheidungen, wie beispielsweise ein zeitweiser Exportstopp für Baumwolle in Indien und instabile Lagen in Anbeziehungsweise Abbauländern verschärfen die Situation. Ethische Entscheidungen schließen sich an: Soll die begrenzte Ackerfläche Nahrung für den Menschen, Tierfutter, Biosprit oder Textilrohstoffe liefern? Welcher Wassereinsatz ist für die Bewirtschaftung notwendig, welcher Einsatz von Pestiziden und anderen Chemikalien? Wie sind die Arbeitsbedingungen? (Abbildung 9) Auch für den Handel ist die Situation auf den Rohstoffmärkten nicht nur eine Frage der Einkaufskonditionen. Denn er hat ein originäres Interesse, nicht nur die Preise, sondern auch Menge und Qualität seiner angebotenen Waren zu sichern und diese Aufgaben nicht nur der Industrie zu überlassen. Zudem rücken Forderungen nach einem nachhaltigen Wirtschaften in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Da Einzelhändler in vielen Branchen zugleich ihr Eigenmarkensortiment stetig ausbauen, müssen sie für dieses Angebot ganz unmittelbar die Rohstoffversorgung gewährleisten. Getreide, Orangensaftkonzentrat, Kakao oder Kaffee – weite Sortimentsteile sind auch im Lebensmittelsektor von volatilen und langfristig steigenden Weltmarktpreisen betroffen. Doch ist die Beschaffung von Rohstoffen längst nicht nur ein Kostenthema, sondern zunehmend eine Frage der Ressourcensicherung. 3-Personen-Haushalte 4-Personen-Haushalte und größer Quelle: Statistisches Bundesamt 6 Lebensmittel Zeitung, Arbeitgeberstudie Handel 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 15 Vertragsanbaus beziehungsweise mit einer Ausschaltung von Zwischenstufen, um künftig weltweit direkt einzukaufen. Auch bei Textilien wird die Zusammenarbeit mit Vorlieferanten sämtlicher Produktionsstufen wichtiger, um beispielsweise bei Baumwollprodukten keine bösen Überraschungen zu erleben. Abbildung 9 Rohstoffpreisentwicklung Ölpreis (Euro je Barrel (Brent)) Baumwollpreis (Euro je lb.) Weizenpreis (Euro je Tonne) Kaffeepreis (Euro je lb.) Quelle: finanzen.net Der Zugang zu Seltenen Erden, Metallen und nicht zuletzt Rohöl beschäftigt Länder- und Unternehmensvertreter gleichermaßen. Innovationen, die eine Reduktion oder eine günstige Substitution der kostbaren Rohstoffe ermöglichen, sind daher genauso gefragt wie Recyclingkonzepte. Besonders bei Agrarprodukten steuern die erzielbaren Preise das Verhalten der Produzenten. So berechnen Farmer immer wieder neu, welche Feldfrucht für sie im Anbau am lukrativsten ist. Hohe Baumwollpreise Anfang 2011 führten dazu, dass der Anbau von Baumwolle deutlich ausgeweitet wurde. Sinkende Preise könnten aber bereits in der kommenden Saison die Farmer zu einer Reduzierung der Anbauflächen verleiten. Bei weltweit begrenzten Anbauflächen bleiben entsprechend die Preise für die verschiedenen Agrarprodukte volatil – bei einer insgesamt wachsenden Nachfrage mit einer langfristig steigenden Tendenz. Die wichtigste Antwort der Handelsbranche liegt im Aufbau vertikaler Partnerschaften, um jedes Glied der Fertigungskette besser kontrollieren zu können. Wenn Qualitäten in den Mittelpunkt rücken, wie es zum Beispiel bei Fair Trade und Bioprodukten der Fall ist, erhöht sich die Dringlichkeit noch einmal, die Lieferkette zu sichern. Zumal hierfür weniger Anbauflächen vorhanden sind und Erntemengen teilweise geringer ausfallen. Dieser Herausforderung begegnen zahlreiche Unternehmen im Lebensmittelhandel mit einem Ausbau des Inwieweit steigende Rohstoffpreise zu höheren Verbraucherpreisen führen, wird in den verschiedenen Konsumgüterbranchen unterschiedlich diskutiert. Der Anteil des jeweiligen Rohstoffs am Endprodukt spielt dabei ebenso eine Rolle, wie die absatzseitige Situation. Im hochpreisigen Segment fällt die Umwälzung naturgemäß leichter, doch besonders im engen deutschen Lebensmittelmarkt wird die Diskussion aus Handelssicht dahingehend geführt, wer in welchem Maße höhere Rohstoffkosten tragen soll: Lieferanten, Händler oder doch die Kunden? Wenn jeweils im Herbst die Jahresgespräche im Lebensmittelhandel anstehen, kommen Artikel in der Fachpresse selten ohne martialische Begriffe aus, um diesen Prozess zu beschreiben. Der Kampf um Konditionen wird schnell als Krieg deklariert. Steigende Rohstoffpreise erschweren die Ausgangslage. Lieferanten können den Handel nur bedingt davon überzeugen, höhere Preise beim Konsumenten zu verlangen, womit die gewünschten höheren Einkaufspreise kompensiert werden könnten. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 16 | Trends im Handel 2020 Auf die sich ändernden Rahmenbedingungen reagiert der Einzelhandel in sämtlichen Bereichen. So werden beispielsweise vertikale Kooperationen aufgebaut, um die Rohstoffsicherung zu gewährleisten, Handelsformate werden soziodemografischen Entwicklungen angepasst, neue Technologien kommen entlang der gesamten Lieferkette zum Einsatz und Marketingabteilungen entdecken neue Kommunikationswege. Darüber hinaus wird das E-Commerce- und M-Commerce-Geschäft ausgebaut und nachhaltiges Wirtschaften steht immer stärker im Fokus. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 17 4 Trends im deutschen Einzelhandel 4.1 Handelsformate Ohne Zweifel werden der Trend zu kleineren Haushalten, die zunehmende Alterung der Bevölkerung, die stärkere Urbanisierung und die enorme Dynamik der Internetnutzung in den kommenden zehn Jahren die Entwicklung der Betriebsformen bestimmen. Der Trend zu neuen Geschäftskonzepten in Innenstadtlagen ist schon seit einigen Jahren zu beobachten und wird auch in den kommenden Jahren weiter anhalten. Während zum Beispiel bis zum Ende der 1990er-Jahre neue Shoppingcenter vor allem am Stadtrand oder auf der grünen Wiese eröffnet wurden, lag der Anteil der innerstädtischen Lagen an allen Neueröffnungen im Jahr 2011 bei 81 Prozent. (Abbildung 10) Auch andere Betriebsformen, die in der Vergangenheit vor allem abseits der Städte zu finden waren, suchen nun ihre Zukunft in den Städten selbst. Im Möbelhandel sind Möbel Lutz und Ikea prominente Beispiele für diese Entwicklung, bei den Baumärkten sind es Hagebau oder Knauber und auch die Media-Saturn-Gruppe hat längst die Innenstädte für sich entdeckt – mit kleineren Flächen und angepassten Sortimenten. Die Sortimente sind dabei ausgerichtet auf kleinere Haushalte, deren Mitglieder nicht zu Bevorratungskäufen neigen, sondern beinahe täglich einkaufen. Gleichzeitig werden Produkte mit hohem Bequemlichkeitsfaktor angeboten. Sofortiger Verzehr und leichte Zubereitung stehen bei Lebensmitteln im Fokus, Dekoration und Haushaltswaren statt Kreissägen und Schrankwände bei Baumärkten und Möbelgeschäften. Im Lebensmittelhandel sind ebenfalls erste Projekte zu beobachten. „Rewe to go“ setzt ganz klar auf stark frequentierte Lagen in der Innenstadt. Edeka versucht sich zunehmend an Bahnhöfen und selbst Aldi und Lidl kehren mit einigen Standorten zurück in die Städte. Waren noch bis vor wenigen Monaten die Standorte der Warenhäuser in Deutschlands Innenstädten für Investoren kaum attraktiv, so zeigte der Bieterprozess um Kaufhof im Herbst 2011, dass Innenstadtlagen wieder gefragt sind. Auch wenn der Verkauf nicht zustande kam, hatten sich gleich mehrere potente Kaufinteressenten gefunden, nachdem die Suche nach einem neuen Eigentümer für die Warenhaustochter in den letzten Jahren erfolglos geblieben war. Abbildung 10 Im Jahr 2011 neu eröffnete Shoppingcenter nach Standort (Angaben in Prozent) 13 6 37,5 62,5 81 Mittelstadt Innenstadt Großstadt Stadtteil Verwundern können diese Entwicklungen nicht, denn ein genauerer Blick auf die Bevölkerungslandkarten Deutschlands von 2010 und 2050 zeigt, dass die Bevölkerung zwar um etwa 10 Millionen Einwohner abnehmen wird, der massive Rückgang aber vor allem die ländlichen Regionen treffen wird. Was liegt also näher, als Betreibungskonzepte und Expansionspläne so zu gestalten, dass sie für die zukünftigen Wachstumsstandorte, also für die großen Städte geeignet sind? Grüne Wiese Quelle: EHI Retail Institute © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 18 | Trends im Handel 2020 Dies schließt nicht aus, dass Unternehmen, die bisher eher auf die Stadtteil- oder Stadtzentren gesetzt haben, nun auch mit größeren Flächen an den Stadtrand gehen, zumindest, wenn sich dafür geeignete Partner finden und die Region entsprechende Entwicklungspotenziale bietet. Bestes Beispiel dafür ist der dm-drogerie markt. Das Unternehmen setzt seit einigen Jahren auch verstärkt auf Standorte, die ohne Auto kaum zu erreichen sind. Gerade in der direkten Nachbarschaft von Aldi und einem Lebensmittel-Vollsortimenter sowie mit einem gemeinsamen Parkplatz sind diese Standorte für junge Familien so attraktiv, dass sie auch eine weitere Anreise in Kauf nehmen. Die Aussicht auf insgesamt abnehmende Bevölkerungszahlen wird in den kommenden Jahren dazu führen, dass Unternehmen ihre Expansionsstrategien immer kritischer überprüfen und Anforderungen an geeignete Standorte eher verschärfen. So ist zum Beispiel von Discountern zu hören, dass sie zukünftig nur noch Standorte erschließen wollen, die mindestens 20.000 Einwohner zählen, während in der Vergangenheit auch Gemeinden mit 5.000 oder 10.000 Einwohnern besetzt wurden. Die Luft wird damit dünner für massive Expansionspläne. Bei der Verkaufsfläche pro Einwohner liegt Deutschland europaweit in der Spitzengruppe.7 Grund genug, bei der Expansion in einem Markt behutsam vorzugehen, der insgesamt nicht mehr wachsen und vor allem durch Verdrängungswettbewerb geprägt sein wird. Hersteller mit eigenem Einzelhandel Zu den wesentlichen Trends der letzten Jahre zählte die Entwicklung eigener Einzelhandelsaktivitäten der Markenartikelhersteller. Was einst bei Nike in den USA zu Beginn der 1990erJahre noch belächelt wurde, hat sich für viele Hersteller als großes Erfolgskonzept herausgestellt. Ob Adidas, 7 Hugo Boss oder WMF – sie alle haben in den letzten Jahren massiv eigene Geschäfte eröffnet und durch diese Vorwärtsintegration eine Strategie entwickelt, ständige Konflikte mit dem Einzelhandel zu umgehen. Nachdem Unternehmen wie Hennes & Mauritz und Zara mit einer Vertikalisierungsstrategie so erfolgreich sind, ist die Integration eines eigenen Einzelhandels in den Fokus zahlreicher Hersteller gerückt – nicht nur im Textileinzelhandel. Überall dort, wo Hersteller aus den eigenen Produktionsstätten ein kompetentes Sortiment anbieten können und gleichzeitig eine starke Marke haben, gibt es hierfür zumindest eine gute Grundlage. Spezialisierung statt Discount Die erfolgreichen Einzelhandelskonzepte der Hersteller zeigen deutlich, dass Spezialisierung die einzig wirksame Strategie im Wettbewerb mit Discountkonzepten ist. Entweder müssen konzeptionell durch vertikale Integration, Sortimentsbeschränkung oder andere organisatorische Maßnahmen erhebliche Kostenvorteile erreicht werden, um die Preisführerschaft im Markt zu erreichen, oder die Spezialisierung in Verbindung mit einer ausgeprägten Dienstleistungskomponente wird zu einer einzigartigen Wettbewerbsposition ausgebaut. Im Lebensmittelhandel zeichnet sich ein Wiedererstarken der Vollsortimenter ab. Supermärkte bieten auf immer größeren Flächen immer tiefere Sortimente an. Die Bedienungstheken wurden in den letzten Jahren wieder ausgeweitet und neben internationalen Spezialitäten wurden vor allem die Angebote von Produkten aus der Region stark ausgebaut. Heute sind selbst die eigene Pastaherstellung, die eigene Brauerei oder die eigene Kaffeerösterei für den Lebensmittelhandel zu festen Bestandteilen moderner und leistungsfähiger Angebotskonzepte geworden. Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass in Deutschland ein Markt für weniger preisorientierte Konzepte vorhanden ist. Der Outdoor-Spezialist Globetrotter setzt hier sicherlich Maßstäbe. Mit einem außergewöhnlich tiefen Sortiment, einer 200 qm großen Wasserfläche im Markt zum Testen von Booten oder Taucherausrüstung, einer Kältekammer und einem Regenraum, um Schlafsäcke und Jacken auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, einer Impfstation und einer Reisebuchhandlung lässt er Kundenherzen höherschlagen. Zudem scheint die Integration von Dienstleistungen in Einzelhandelskonzepte in Zukunft weiter voranzuschreiten. Körperpflege und Kosmetik als Dienstleistung einer Parfümerie, Catering im Lebensmittelhandel, Verleih von Partyzelten, Tischen und Bänken im Getränkehandel oder das Angebot von Tierarztleistungen, Aufbewahrung oder Versicherungen durch Fachmärkte für Tiernahrung – all dies gibt es schon heute und wird auch in den kommenden Jahren in einer serviceorientierten Gesellschaft weitere Bedeutung erlangen. Zwar konnten sich die Verbraucher, die an unserer Umfrage teilgenommen haben, noch nicht so recht vorstellen, den Babysitter in Zukunft bei einem Drogeriemarkt zu bestellen oder die Ausrüstung zum Bergsteigen beim Outdoor-Spezialisten zu mieten statt sie zu kaufen, aber die Unternehmen werden auf der Suche nach neuen Umsatzpotenzialen solche Leistungen vermehrt anbieten und damit auch entsprechende Kundengruppen erreichen. Die Frage, was ein Haushalt eigentlich besitzen muss, beginnt gerade in der öffentlichen Diskussion ihren Platz zu finden und der Einzelhandel wird in den kommenden Jahren neue Angebote entwickeln, die „Mieten statt Kaufen“ in den Mittelpunkt rücken. Die entsprechenden Angebote werden die potenziellen Kunden allerdings erst noch überzeugen müssen. (Abbildung 11) GfK GeoMarketing, Flächenproduktivität in Europa 2010 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 19 Abbildung 11 Nutzung innovativer Einzelhandelskonzepte (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) Würden Sie folgende Konzepte nutzen ? 18 6 16 13 5 17 25 23 38 40 Der Handel baut das Mietangebot von Produkten stark aus (zum Beispiel Sportausrüstung, Elektrowerkzeuge, Möbel, Dekorationsobjekte). Über ein Abonnement kann man stets das neueste Produkt erhalten. Handelsunternehmen bieten zusätzliche Serviceleistungen an. Mögliche Beispiele: – Im Drogeriemarkt erhält man Angebote von Babysittern oder Spielgruppen. – Textileinzelhändler bieten Reinigungsservices an. – Beim Freizeit- und Sportausrüster sind Reisebuchungen und Beratung von Tropenmedizinern erhältlich. Diese Angebote würde ich … Die wirtschaftliche Basis für MultiChannel-Strategien wird dabei allerdings vor allem das stationäre Geschäft sein. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass der Anteil von traditionellem Katalogversand und Onlinehandel zusammen heute deutlich weniger als 10 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes ausmacht. Selbst bei weiterhin zweistelligen Wachstumsraten des Onlinegeschäfts, wird es auf dieser Basis Jahrzehnte dauern, bis der Onlinehandel das stationäre Geschäft überholt hat. den und Instituten aus rund 40 Ländern zeigte sich, dass die Mehrheit davon ausgeht, dass der Onlinehandel den stationären Handel nie in seiner Umsatzbedeutung überholen wird. 8 Und selbst diejenigen, die den Onlinehandel stärker einschätzen, sehen in den nächsten 30 Jahren den stationären Handel in seiner Umsatzbedeutung an erster Stelle. bestimmt nutzen wahrscheinlich nutzen vielleicht nutzen wahrscheinlich nicht nutzen bestimmt nicht nutzen Quelle: KPMG Multi-Channel-Konzepte Prägend dürfte in den kommenden Jahren für alle Branchen die Entwicklung von Multi-Channel-Konzepten sein, die die Vorteile des stationären Handels mit den Vorteilen der Onlinewelt verbinden: im Internet bestellen und im Geschäft abholen, nach Hause gelieferte Waren im Geschäft zurückgeben oder im Internet prüfen, ob bestimmte Produkte im Geschäft im Bestand sind. Diese und viele andere Verknüpfungen werden die Betreibungskonzepte im Einzelhandel in den kommenden Jahren nachhaltig prägen – im Übrigen nicht nur bei den heutigen stationären Händlern, sondern auch bei denen, die heute nur im Internet ihre Waren anbieten. Einige von ihnen werden Schritt für Schritt ihren Onlinehandel mit stationären Dependancen ergänzen. 8 Viele Experten gehen allerdings davon aus, dass selbst in 50 Jahren in vielen Branchen der stationäre Einzelhandel noch das Geschehen bestimmen wird. In einer Ende 2011 durchgeführten internationalen Befragung unter den führenden Einzelhandelsverbän- Dies spiegelt sich auch in den Antworten unserer Befragung wider. Zwar erwarten die Konsumenten, dass Onlineshopping in manchen Branchen, wie zum Beispiel Unterhaltungselektronik und Möbel, deutlich zunehmen wird, das stationäre Geschäft bleibt aber auch in den Augen der Verbraucher zukünftig nicht nur Informations-, sondern wohl auch Einkaufsquelle Nummer eins. Forum for International Retail Association Executives (FIRAE) 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 20 | Trends im Handel 2020 4.2 E-Commerce und M-Commerce Der E-Commerce-Markt in Deutschland wächst seit Jahren ungebremst und gehört damit nach wie vor zu den Wachstumsmärkten. Vor allem das hohe Innovationspotenzial des E-Commerce macht eine Analyse des Marktes notwendig, der in den letzten fünf Jahren um über 100 Prozent gewachsen ist und im Jahr 2009 erstmalig einen größeren Umsatz als der Katalogversandhandel aufweisen konnte. (Abbildungen 12 und 13) Eine vom EHI Retail Institute durchgeführte Marktstudie der 1.000 größten Onlineshops für physische und digitale Güter macht deutlich, dass der größte Umsatzanteil durch solche Shops erwirtschaftet wird, die in mehreren Produktsegmenten vertreten sind (sogenannte Generalisten). 9 Abbildung 12 Gesamtentwicklung im deutschen Versandhandel (in Milliarden Euro; * Prognose) 40 35 12,3 30 25 16,3 15,2 16,7 12,0 13,6 25,3 20 21,7 15 10 5 11,2 10,0 13,4 10,9 18,3 15,5 E-Commerce 0 Katalogversand 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012* Quelle: Bundesverband des Deutschen Versandhandels; TNS Infratest 6.140 2.760 Elektroartikel 2.570 Computer und Zubehör 2.060 Hobby, Sammel- und Freizeitartikel Möbel/ Dekorationsartikel 1.480 780 Auto und Zubehör 740 Do it yourself/ Garten/Blumen 740 Haushaltsgeräte 720 Spielwaren 600 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 Der Anteil der zehn führenden Anbieter am Gesamtumsatz nimmt weiter zu. Im Jahr 2010 erwirtschafteten sie bereits knapp ein Drittel des Gesamtmarkts. Der mit Abstand größte Onlinehändler ist Amazon. Obwohl die Reduzierung auf „Händler“ bei Amazon schon seit geraumer Zeit nicht mehr zutreffend ist: Amazon ist in erster Linie ein Marktplatz, auf dem Onlinehändler aus immer mehr Kategorien ihre Waren anbieten. Dahinter fällt besonders die starke Präsenz des klassischen, im Kataloggeschäft beheimateten Versandhandels auf. Hier spiegelt sich vor allem die oben dargestellte Stärke der Modebranche im E-Commerce wider. (Abbildung 14) Nach den subjektiven Einschätzungen der befragten Konsumenten in unserer Erhebung bieten die Kategorien Elektronik und Textilien auch künftig die attraktivsten Möglichkeiten für den Onlinekauf. Allerdings werden auch Möbel, Drogerie- und Baumarktartikel an Bedeutung gewinnen. (Abbildung 15) Abbildung 13 Größte Warengruppen im Onlinehandel 2011 (in Millionen Euro) Bekleidung/ Textilien/Schuhe Medien/ Bild- und Tonträger Ihr Umsatz im Jahr 2010 betrug 8,3 Milliarden Euro und somit rund 37 Prozent des in der Studie ermittelten Gesamtmarkts. Der größte Umsatz entfiel auf das Segment Bekleidung, Textilien und Schuhe. Das Angebot der Elektronikhändler folgte auf Platz zwei. Ihr Sortiment ist nach der Einteilung des Versandhandelsverbands auf verschiedene Kategorien aufgeteilt und findet sich bei Tonträgern, Unterhaltungselektronik, Computern und Haushaltsgeräten wieder. 6.000 7.000 Zum einen werden die Kunden beziehungsweise Nutzer immer vertrauter mit dem Medium und vor allem der Einkaufsstätte Internet, zum anderen werden die Qualität der Produktdarstellung und die Benutzerfreundlichkeit der Webseiten weiter zunehmen. Neue technische Möglichkeiten werden dafür sorgen, dass das Problem eines fehlenden haptischen Erlebnisses beim Onlinekauf weiter in den Hintergrund rückt. Quelle: Bundesverband des Deutschen Versandhandels; TNS Infratest 9 EHI Retail Institute, E-Commerce Markt Deutschland 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 21 amazon.de otto.de 1.480 neckermann.de 581 telekom.de 438 conrad.de 434 bonprix.de 388 weltbild.de 353 thomann.de 348 notebooksbilliger.de 328 baur.de Abbildung 14 Die umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland 2010 (Umsatz in Millionen Euro) 2.546 255 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 Quelle: EHI Retail Institute Abbildung 15 Zukünftige Attraktivität des Onlinekaufs nach Kategorie (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) In welcher Kategorie wäre für Sie ein Onlinekauf in Zukunft attraktiv? Welche Zugangsmöglichkeiten ins Internet würden Sie dazu jeweils am liebsten nutzen? 19 26 21 19 21 Lebensmittel 21 21 77 14 9 64 68 63 58 58 Textilien 63 69 42 47 Drogerieartikel 83 47 29 41 86 41 39 40 37 34 6 8 70 79 Elektrogeräte 69 47 49 6 9 9 12 10 9 20 40 Total Basis: n = 1.071 60 80 0 20 87 6 8 41 9 0 7 6 49 50 49 45 Keine dieser Branchen 87 79 75 73 74 Möbel 10 8 51 48 47 47 Baumarktartikel 88 6 6 40 Geschlecht Basis: n = 581/490 60 80 0 20 40 60 80 Alter Basis: n = 263/263/244/301 0 20 40 60 80 Künftig bevorzugte Plattform männlich 16 bis 29 Jahre Stationärer Internetzugang weiblich 30 bis 39 Jahre Mobiler Internetzugang 40 bis 49 Jahre Weiß nicht 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 22 | Trends im Handel 2020 Die Attraktivität des Onlineshoppings wird sich damit auch für andere Produktkategorien weiter erhöhen. Bei der Wahl des künftig bevorzugten Internetzugangs zeigt sich, dass die Befragten mobile Anwendungen für Produkte des täglichen Bedarfs, Lebensmittel und Drogeriewaren attraktiver bewerten als für andere Produktkategorien. Die Möglichkeit, die Zutaten für das Abendessen zwischendurch einzukaufen, würde für Nutzer einen echten Zeitgewinn darstellen. In anderen Bereichen steht das Einkaufserlebnis im Vordergrund oder es besteht aufgrund der Wertigkeit der Produkte ein anderer Informationsbedarf. Hier ist der Einkauf über das mobile Internet weniger interessant. Smartphones spielen dennoch eine wichtige Rolle im Einkaufsprozess, sie liegt jedoch nicht im einfachen Onlinezugang, sondern im Einsatz von Applikationen, Kamera und GPS, wie nachfolgend dargestellt wird. Betrachtet man die Begriffe E- und M-Commerce aus einem theoretischen Blickwinkel, sind sie meist so allgemein und weitläufig definiert, dass aus dieser Sicht kein oder kaum ein Unterschied zwischen den Begrifflichkeiten besteht. In der Realität steht E-Commerce heute überwiegend für digitale Transaktionen über stationäre Computer und die damit verbundenen Restriktionen. Mobile Commerce verfolgt zwar ähnliche Ziele und birgt demnach ähnliche Nutzenpotenziale, bietet jedoch aufgrund der technischen Ausstattung der Zugangsgeräte und des mobilen Einsatzes zusätzliche Möglichkeiten. Mobile Commerce ist somit vielmehr als eine Erweiterung der klassischen E-Commerce-Konzepte zu verstehen. In diesem Zusammenhang zeigt eine Studie des EHI Retail Institute zum Thema Nutzung von mobilen Anwendungen im Handel, dass der Umsetzungsstatus mobiler Applikationen (Apps) und mobiler Webseiten gegenüber Mobile Shops deutlich überwiegt.10 Dies liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen mit einer App oder einer mobilen Internetseite in dieses Geschäftsfeld starten und es vom Erfolg abhängig machen, ob zukünftig ein Shop implementiert wird. (Abbildung 16) Abbildung 16 Umsetzungsstatus mobiler Anwendungen 2011 (Angaben in Prozent) 100 26 46 28 56 37 80 46 60 41 53 40 40 33 20 31 28 14 0 Mobile Website Mobile Website inklusive Mobile Shop Umgesetzt Geplant Nicht geplant Mobile App 11 10 Mobile App inklusive Mobile Shop Tablet-optimierter Kanal (zum Beispiel iPad) Anywhere-Commerce Der durch Mobile Commerce generierte Umsatz wird bis 2020 sukzessive zunehmen. M-Commerce wird für Handel und Kunden unumgänglich werden. Die Anzahl der Smartphone User in Deutschland steigt stetig an, wobei ein entscheidender Grund für die verstärkte Nutzung im mobilen Internetzugang liegt sowie in der Möglichkeit, das Smartphone mit zusätzlichen Programmen und Funktionen aufzurüsten. Die Herausforderung für den Handel besteht mehr und mehr darin, in der Lage zu sein, den Kunden an den unterschiedlichsten Orten und in den unterschiedlichsten Situationen anzusprechen („Anywhere Commerce“). Viele Nutzer sind bereits heute 24 Stunden täglich online: zu Hause via PC, Notebook und Tablet, unterwegs via Smartphone und im Geschäft via Ordering Screen. Zukünftig werden noch TV oder Smart Fridge als Onlinekanäle hinzukommen. Diejenigen Konsumenten in unserer Befragung, die den Onlinekauf dem Angebot im Geschäft vorzogen, nannten als zentralen Grund den Wunsch nach einem günstigeren Angebot. Dies ist auch die stärkste Motivation für die zukünftige Nutzung des Mobiltelefons im Handel. Weitere Motive sind die größere Sortimentstiefe und -breite sowie die Möglichkeit, Gutscheine oder Rabatte im Internet einzulösen. (Abbildung 17) Allgemeinhin wird Onlineshopping nach Meinung der Befragten in den nächsten fünf Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen, und zwar über alle Bereiche hinweg. Die Nutzung des mobilen elektronischen Zugangs wird dabei weiter wachsen, der stationäre Zugang wird jedoch seine überwiegende Bedeutung behalten. Nach Selbsteinschätzung der Konsumenten wird die Mobilfunknutzung vor allem zur Informationsgewinnung wichtiger werden. Quelle: EHI Retail Institute 10 GS1 Germany, Mobile in Retail, 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 23 Abbildung 17 Nutzung des Mobiltelefons zum Kauf im Geschäft (Angaben in Prozent) Gründe für den Einsatz des Mobiltelefons im Geschäft (Basis: n = 67; Mehrfachnennungen möglich) 70 Ich wollte das Produkt im Internet billiger kaufen Ich wollte Zeit sparen, zum Beispiel nicht an der Kasse anstehen 28 Im Geschäft war die gewünschte Größe/der gewünschte Typ etc. nicht verfügbar 22 Ich wollte einen Gutschein/Rabatt nutzen, der online angeboten wurde 22 Um die Ware nicht selbst zu tragen, sondern bequem liefern zu lassen 15 3 Anderer Grund 0 20 40 60 80 Mögliche zukünftige Gründe (für bisherige Nichtnutzer) (Basis: n = 1.004; Mehrfachnennungen möglich) Um das Produkt im Internet billiger zu kaufen 65 Wenn im Geschäft die gewünschte Größe/ der gewünschte Typ etc. nicht verfügbar ist 44 Um einen Gutschein/Rabatt zu nutzen, der online angeboten wird 42 Um die Ware nicht selbst zu tragen, sondern bequem liefern zu lassen 25 Um Zeit zu sparen, zum Beispiel nicht an der Kasse anzustehen 18 9 Anderer Grund 0 20 40 60 80 Quelle: KPMG Location Based Services Eine Möglichkeit für den Handel, Kunden jederzeit zu erreichen, stellen sogenannte Location Based Services (LBS) dar. Da sich mobile Endgeräte mehr und mehr verbreiten, können Kunden zunehmend entsprechend ihres gegenwärtigen Aufenthaltsortes adressiert werden. So können Händler angezeigt werden, die sich in der Nähe befinden, inklusive ihrer Ladenöffnungszeiten, Kontaktinformationen, Sonderangebote etc. Lokale Händler können so schon heute auf die potenzielle Kundschaft in der Umgebung reagieren und zum Beispiel CouponCodes auf die Smartphones senden, die sich in unmittelbarer Nähe befinden. Auf der anderen Seite kann der Konsument nach passenden (alternativen) Produkten in der Umgebung suchen oder Preise vergleichen. Applikationen wie „Google Shopper“ unterstützen den Verbraucher dabei. So sieht er in der Applikation beispielsweise, ob der infrage kommende Fernseher beim stationären Händler in nächster Nähe noch verfügbar ist oder ob er in einem entsprechenden Onlineshop bestellbar ist. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 24 | Trends im Handel 2020 Künftig werden Informationen noch spezifischer auf den Kunden zugeschnitten. Er entscheidet, ob er bei Bedarf darauf zurückgreift oder ob er automatisierte Benachrichtigungen erhalten möchte. Eine Push-Benachrichtigung ist zum Beispiel ohne Weiteres möglich, sobald er sich in der Nähe einer Parfümerie aufhält, in der aktuell sein Lieblingsparfüm zum vergünstigten Preis angeboten wird. Durch die hinzugewonnenen Funktionalitäten und Möglichkeiten der Smartphone-Applikationen entsteht größere Transparenz – mit Auswirkungen auf den stationären und den Onlinehandel. Kunden werden sich verstärkt online informieren, häufig jedoch auch weiterhin im stationären Handel einkaufen (ROPO-Effekt = Research Online, Purchase Offline). Doch auch der umgekehrte Fall, dass Kunden sich im stationären Handel informieren, am Ende aber online einkaufen, wird zunehmen. Kunden können nur schwer an einen Vertriebskanal gebunden werden, umso wichtiger ist es, sämtliche Möglichkeiten einer Multi-ChannelStrategie zu nutzen, um sie im Unternehmen zu behalten. Zunehmende Bedeutung erlangt auch die „Gamification“ oder „Gamifizierung“ im Handel. Grundsätzlich ist Gamification die Übertragung von Spielmechaniken auf andere Anwendungen. Dabei sollen spielerische Elemente motivationssteigernd wirken und den Nutzer dazu bringen, sich stärker mit der jeweiligen Anwendung auseinanderzusetzen. Im Handel wird der Einsatz von Spieltechniken in erster Linie als Kundenbindungstool eingesetzt. So können Kunden zum Beispiel Auszeichnungen erhalten oder einen bestimmten Status erreichen, wenn sie bestimmte Leistungen erbringen, sich beispielsweise beim Betreten des Ladenlokals dort über eine Smartphone-Applikation anmelden. Durch den vermehrten Einsatz von Technologie auf Kundenseite ergeben sich künftig weitere kreative Möglichkeiten, den Einkaufsprozess spielerisch zu begleiten. Augmented Reality Eine Technologie, die sowohl im ECommerce als auch im M-Commerce an Bedeutung gewinnen wird, ist die sogenannte Augmented Reality (erweiterte Realität, abgekürzt AR). Durch den Einsatz von Webcams bietet sich die Möglichkeit, am Bildschirm virtuelle Welt und Realität miteinander zu kombinieren. Dadurch stehen reale und virtuelle Objekte dreidimensional zueinander in Bezug. Auf diese Weise ergeben sich neue Formen der Produktpräsentation, die den Absatz von Produktkategorien über das Internet verstärken könnten, die bisher als weniger geeignet galten. Dies sind vor allem sogenannte High Touch Products, also solche Produkte, die mit verschiedenen Sinnen beurteilt werden. Schon heute gibt es für den Handel diverse Möglichkeiten, AR zu nutzen. Ein Beispiel aus der Praxis ist ein Uhrenhersteller, der seinen Kunden die Möglichkeit gibt, Uhren am eigenen Handgelenk „anzuprobieren“. Der potenzielle Käufer kann so bereits am heimischen PC sehen, wie ihm einzelne Modelle stehen. Insbesondere im Modesegment wird AR in den nächsten Jahren für neue Möglichkeiten sorgen – sowohl für Konsumenten als auch für Händler. Kunden können beim Onlineshopping via Webcam Kleidungsstücke virtuell anprobieren und deren Farben und Stile ohne Probleme ändern. Eine größere Sicherheit bei der Produktauswahl senkt somit die Retourenquoten. Bessere Prozessoren werden dafür sorgen, dass Kleidung dreidimensional auf dem Körper im Display dargestellt wird und Bewegungen in Echtzeit realistisch und flüssig erscheinen. Die Haptik für Nutzer erlebbar zu machen bleibt dagegen schwierig. Zurzeit gibt es noch keine marktreife Technologie, um Oberflächen für Onlineshopper zu simulieren. Auch die Möbelbranche bietet sich für den Einsatz der erweiterten Realität an. Vor allem die Kombination von online ausgewählten Möbeln mit bereits vorhandenen Einrichtungsgegenständen auf dem Bildschirm dürfte für viele Kunden eine hilfreiche Entscheidungshilfe darstellen. Die Verbreitung von Smartphones, die mit Kamera sowie verbessertem und größerem Display ausgestattet sind, macht den Einsatz von AR auch für den stationären Einzelhandel interessant. So kann ein im Geschäft fotografierter Sessel virtuell in ein Bild des heimischen Wohnzimmers eingefügt werden. GPS-Anwendungen bieten darüber hinaus Möglichkeiten, die Umgebung mit „lebendigen“ Informationen zu kombinieren. In diesem Zusammenhang gewinnt auch das Thema Ambient Intelligence (zu Deutsch Umgebungsintelligenz) an Bedeutung. Ambient Intelligence funktioniert vor allem über Sensoren und Funknetze, die mit den elektronischen Geräten der Endnutzer in einem wechselseitigen Verhältnis stehen. Ihre wichtigste Eigenschaft ist, dass sie den Kontext erkennen, in dem sie verwendet werden. So können sie beispielsweise unterscheiden, ob sich der Nutzer in einem Business Meeting befindet oder gerade durch ein Einkaufszentrum geht. Rechtliche Aspekte Neben den beschriebenen technologischen Entwicklungen, gilt es auch rechtliche Aspekte zu beachten, die sich auf den E-Commerce-Markt auswirken. Die zentrale Herausforderung des deutschen Fernabsatzrechts stellte bislang das Widerrufsrecht dar. Die aktuellen Harmonisierungsbestrebungen der EU haben jedoch bereits im Jahr 2011 zu einer Vereinheitlichung der Gesetze geführt. Es ist davon auszugehen, dass bis 2020 die nationalen Rechtsrahmen im europäischen Wirtschaftsraum weiter angeglichen werden und damit auch den grenzüberschreitenden E-Commerce wesentlich vereinfachen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 25 Die rechtlichen Anforderungen an die Ansprache von Kunden im europäischen Ausland werden deutlich überschaubarer. Künftig können Onlineanbieter damit ihre Sortimente mit weniger Risiko in anderen Ländern anbieten. Im Vergleich mit anderen Expansionsstrategien bietet sich somit eine weniger aufwendige Variante, seine Produkte auch im Ausland anzubieten. Doch eine große Herausforderung des grenzüberschreitenden E-Commerce bleibt: Warum sollen Verbraucher im Ausland einkaufen, wenn der E-Commerce-Binnenmarkt die überwiegende Mehrheit der Bedürfnisse erfüllen kann? E-Commerce wird deshalb auch im Jahr 2020 ein primär nationaler Markt bleiben. Der Anteil der grenzüberschreitenden Umsätze wird sich im einstelligen Prozentbereich bewegen. Versteckte Kostenfallen für Onlinenutzer werden weiterhin die Verbraucherschützer beschäftigen. Auch mit Maßnahmen wie der sogenannten Button-Lösung wird es in Zukunft schwierig bleiben, Verbraucher gegen unseriöse Anbieter zu schützen. Dieser Ansatz sieht vor, dass ein Vertrag im Internet nur zustande kommt, wenn der Anbieter mittels eindeutig beschrifteten Bestellbuttons auf die Zahlungspflicht hinweist und die Konditionen klar und übersehbar anzeigt. Doch besteht das Problem der Kostenfalle nicht bei seriösen Onlinehändlern, die solche Anforderungen bereitwillig erfüllen, sondern in der kleinen Gruppe der betrügerischen Anbieter. Deren Geschäftsmodelle basieren ja gerade auf der Umgehung und Nichteinhaltung von Gesetzen. 4.3 Store Design Ein Handelsgeschäft unterliegt heute nicht nur dem direkten Vergleich mit anderen Händlern vor Ort, sondern steht durch das Internet zunehmend in einem globalen Wettbewerb. Waren und Produkte sind heute jederzeit und an jedem Ort verfügbar, bei einer großen Produkt- und Preistransparenz. Dank moderner Smartphones ist alles überall erhältlich. Dennoch besteht unverändert der Wunsch nach sinnesfrohen Shoppingerfahrungen und Emotionen direkt am Point of Sale. Der stationäre Handel wird für Spontaneität, Inspiration und das echte haptische Produkterleben geschätzt. Das Ladenlokal eines stationären Händlers ist sein wichtigstes Marketing Tool. Store Design und Ladeneinrichtung sind demzufolge die zentralen Instrumente innerhalb seines Marketingmix. Mit ihrer Hilfe gilt es, Begehrlichkeiten zu wecken und regelmäßig jene Kaufanreize zu setzen, die Kunden so im Internet oder bei Wettbewerbern nicht finden. Eine Folge sind sich stetig verkürzende Renovierungszyklen.11 (Abbildung 18) Die Basis hierfür bilden unverändert hochflexible und modulare Ladenbausysteme: Ladenbauteile, die vollständig kompatibel mit bereits vorhandenen Standardprodukten sind und so problemlos eingesetzt werden können. Ein hoher Standardisierungsgrad bei Layout und Ladeneinrichtung, Merchandising und Instore-Kommunikation gehören zudem aufgrund des hohen Wiedererkennungseffekts zu den wesentlichen Elementen einer durchgängigen Corporate Identity, um die (Händler-)Marke direkt am Point of Sale für den Kunden erlebbar zu machen. Abbildung 18 Durchschnittliche Renovierungszyklen im deutschen Einzelhandel (Durchschnitt in Jahren) 10 9,7 9,0 8 9,5 8,7 8,0 7,4 7,0 6 8,4 6,9 4 2 0 Gesamt Food Non-Food 2003 2007 2010 Quelle: EHI Retail Institute 11 EHI Retail Institute, Energiemanagement im Einzelhandel 2011 – Daten, Fakten, Hintergründe aus der empirischen Forschung © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 26 | Trends im Handel 2020 Store-Design zwischen Standards und individueller Note Zugleich aber ist ein Trend zu mehr Individualität in der Ladengestaltung zu erkennen, der auch Filialunternehmen erfasst. In der Tat versuchen immer mehr Filialisten den Spagat zwischen Standards und individueller Note, indem sie innerhalb ihres Portfolios Nischen schaffen, um Kundengruppen noch gezielter anzusprechen – sei es durch die Integration nationaler oder lokaler Besonderheiten in bestehende Store-Konzepte, durch Spezialformate für bestimmte Sortimentsbereiche oder durch ein herausragendes Visual Merchandising an ausgewählten Standorten. Vor allem dem Visual Merchandising kommt hier eine wachsende Bedeutung zu, denn es ermöglicht individuelle Akzente selbst bei vergleichsweise hoch standardisierten Store-Konzepten. In seiner klassischen Definition bezeichnet Visual Merchandising eine Optimierung der Warenpräsentation und ihrer Verkaufsumgebung (Layout, Wegesystem, Raumstrukturen, Farb-, Material-, Beleuchtungskonzept, Warenträger) als effiziente visuelle Verkaufsförderungsstrategie. Mittlerweile ergänzen digitale Medien wie Flachbildschirme, Videowände, Kiosksysteme oder im Lebensmittelhandel Dual-Screen-Waagen an Verkaufstheken das klassische Merchandising. Das Ziel bleibt unverändert: Visual Merchandising kommuniziert Informationen über Bilder, die das Angebot – Sortiment und Unternehmen – verkaufsfördernd für das Auge inszenieren. Originelle Accessoires und vielfältige individuelle Einrichtungsdetails brechen so schablonenhafte Filialkonzepte Schritt für Schritt auf. Insbesondere in den lifestyleorientierten Branchen rund um Mode und Sport, Schönheit, Dekoration und Einrichten lassen sich mit Hilfe des Visual Merchandising Geschichten erzählen und Themen inszenieren, die emotional berühren. Laden- und Warenbilder gelangen so schneller ins Gedächtnis der Kunden und erlauben zudem häufige Wechsel, die in kurzen Abständen für neue Eindrücke und Kaufimpulse sorgen, ohne dabei Läden grundlegend umstellen oder verändern zu müssen. Einrichtung und Visual Merchandising werden sich künftig noch stärker miteinander verzahnen, und dies schon bei der Planung eines neuen Store-Konzepts. Prozessoptimierung, eine hohe Standardisierung und Modularität der Einrichtung, die zentrale Beschaffung über Jahresgespräche sowie die Ergänzung des Lieferantenportfolios durch neue Partner aus dem Ausland (vor allem Osteuropa) haben für eine fortgesetzte Kostenoptimierung der Ladeneinrichtung gesorgt. Aktuell ist der Anteil der klassischen Ladeneinrichtung an den Einrichtungskosten eines Geschäfts tendenziell rückläufig zugunsten höherer Budgets für Energiesparprojekte, insbesondere bei der Beleuchtung. (Abbildung 20) Wachsende Komplexität von Planungsprozessen Dennoch ist ein fortgesetzter Trend zum Trading-up festzustellen, denn die Ansprüche der Kunden an Store Design, Ausstattung und Warenpräsentation sind unverändert hoch. Sortimentsübergreifend sind viele Kunden sogar bereit, für eine angenehme Einkaufsatmosphäre einen höheren Produktpreis zu bezahlen. (Abbildung 19) Ladenplanung im Handel ist daher inzwischen weit mehr als die Bereitstellung von Regalen. Der Ladenbauer wird mehr denn je zum Kulissenbauer. Ladenplaner suchen daher auch bewusst das Know-how von Bühnenbildnern, deren Beteiligung an Konzeption und Realisierung von Ladenbauprojekten kontinuierlich zunimmt. Dieses Denken und Arbeiten in Netzwerken schafft ganzheitliche, integrative Store-Konzepte – immer häufiger ist von 360-Grad-Ansätzen die Rede. Bisherige Strukturen und Prozesse der Planung müssen daher zunehmend infrage gestellt, bisheriges Abteilungsdenken überwunden werden. Die Planung von Neu- und Umbauten ist heute ein kontinuierlicher Abstimmungs- und Rückkopplungsprozess mit der Planungsabteilung als Schnittstelle insbesondere zu Vertrieb, Marketing, Merchandising oder Category Management. Vielfach übernimmt die Planungsabteilung die Koordination zu internen und externen Partnern. Sie ist in alle Überarbeitungen des bestehenden Marktauftritts involviert und in dieser Funktion allerdings auch für ein striktes Kostenmanagement verantwortlich. Abbildung 19 Relevanz einer angenehmen Atmosphäre und Gestaltung eines Geschäfts (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) 7 8 19 31 35 Die angenehme Atmosphäre und Gestaltung eines Geschäfts ist mir beim Einkauf wichtig, dafür zahle ich wenn nötig einen höheren Preis. Stimme voll und ganz zu Stimme zu Weder noch Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 27 Abbildung 20 Investitionsbereitschaft im deutschen Einzelhandel für Energiesparmaßnahmen (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 93 Beleuchtung 78 70 Kühlung im Lebensmitteleinzelhandel 80 54 Klimatisierung 50 37 Sonstige Gebäudetechnik / Bau 56 28 Informationstechnik inklusive Bildschirme 27 24 Heizung 48 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 2011 2010 Quelle: EHI Retail Institute Vor diesem Hintergrund und angesichts vergleichsweise fester Budgets gewinnen ein individuelles Merchandising und der Einsatz händlerspezifischer Einrichtungselemente zusätzlich an Bedeutung und unterstreichen den Trend nach wohnlichen und atmosphärischen Lösungen, bei denen sich Kunden wie zu Hause fühlen sollen. Einzelhandel ist und bleibt eine Verführung zum Kauf. Selbst in Branchen mit einer schon vergleichsweise hohen Onlinedurchdringung, wie Textilien und Elektrogeräte, besteht bei vielen Verbrauchern unverändert der Wunsch nach überraschenden Shop-Inszenierungen und dem haptischen Produkterleben. Trotz aller Vereinheitlichungstendenzen in einer globalen Welt werden sich Sortimente und Module in ihrer Zusammensetzung wieder stärker an den jeweiligen Standorten orientieren und die Veränderungen von Kunden- und Bedarfsstrukturen stärker begleiten müssen. Dies erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung Erwartete Einsparungen Amortisationszeiten Beleuchtung: 15,4 Prozent Beleuchtung: 3 bis 4 Jahre Heizung/Lüftung/Klimatisierung: 13,7 Prozent Heizung/Lüftung/Klimatisierung: 3 bis 4 Jahre Kühlung: 12,1 Prozent Kühlung: 3 bis 4 Jahre Gebäudetechnik/Bau, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik: 8,9 Prozent Gebäudetechnik/Bau, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik: 5 Jahre und länger Sonstige: 5,8 Prozent bestehender Formate beziehungsweise eine Etablierung neuer Betriebstypen. So besteht beispielsweise im Textilhandel eine wachsende Tendenz zu Spezialformaten mit noch feiner auf bestimmte Altersgruppen, Modegrade oder Sortimentsbereiche zugeschnittenen Angeboten. Moderne Ladenkonzepte müssen alle Sinne der Kunden ansprechen und ihnen zudem einen erlebbaren Mehrwert bieten. Denn moderne Verkaufsräume sind heute weit mehr als Orte der Ware: Sie bieten Unterhaltung und soziale Kontakte. Kunden sollen Unentdecktes aufspüren, Waren anschauen und testen können. Händler, die solche Shoppingkonzepte anbieten können, werden ihren Kunden ein Shoppingerlebnis bieten, das sie so im Internet niemals finden. Gleichwohl wird die Zunahme von Multi-Channel-Konzepten auch den Ladenbau beeinflussen. Denn die Verknüpfung von Prozessen zwischen stationärem Geschäft und Onlineverkauf wird auch an die Filiallogistik neue Anforderungen stellen. So zum Beispiel im Hinblick auf die Abholung oder Rücknahme online bestellter Waren. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 28 | Trends im Handel 2020 4.4 Nachhaltigkeit Zur Erzielung eines dauerhaften Unternehmenserfolgs und für die Positionierung im Wettbewerb gewinnt Nachhaltigkeit mehr und mehr an Bedeutung. Immer häufiger beurteilen Investoren, Mitarbeiter, Verbraucher und andere Stakeholder Unternehmen danach, ob sie ihrer ökonomischen, ökologischen und sozialen Verantwortung gerecht werden. Zahlreiche Faktoren haben zur steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeit auf der Unternehmensagenda beigetragen: eine wachsende Zahl an Gesetzen und Verordnungen, zunehmender Druck durch Stakeholder oder das Bestreben nach einer Verbesserung der Unternehmensreputation. Im Konsumgütermarkt wird dem Aspekt des Reputationsgewinns besondere Bedeutung beigemessen. In einer aktuellen Studie von KPMG International nannten 60 Prozent der befragten Unternehmensvertreter aus der Konsumgüterindustrie den Ruf als Hauptfaktor für eine nachhaltige Unternehmensführung.12 (Abbildung 21) Abbildung 21 Gründe für die Einführung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen in die Unternehmensführung (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 60 Stärkung der Marke 41 30 Kostenreduktion 27 30 Rechtliche Vorgaben 42 27 Kundenansprache 21 27 Risk Management 29 0 10 20 30 50 60 Gesamt Quelle: KPMG Abbildung 22 Größter Einfluss bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 54 Kunden Chancen und Herausforderungen des Nachhaltigkeitsmanagements Eine nachhaltige Unternehmensführung kann sich positiv auf die Unternehmensentwicklung auswirken. Voraussetzung dafür ist die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensvision, eine daraus abgeleitete Strategie sowie entsprechende Ziele des Unternehmens und die folglich vom Topmanagement überzeugend forcierte Operationalisierung des Themas. Neben einer Verbesserung der Reputation sind Risikoabsicherung, Erfüllung der Anforderungen von Eigentümern beziehungsweise Aktionären und anderen Stakeholdern, Optimierung der internen Geschäftsprozesse, Motivation der Mitarbeiter, Erschließung neuer Märkte/Kundenkreise sowie Kosteneinsparungen weitere Vorteile, die aus der systematischen Umsetzung von Nachhaltigkeit resultieren können. 40 Konsumgütermärkte 42 51 Management 50 35 Gesetzgeber 43 24 Wettbewerb 17 24 Mitarbeiter 28 22 Investoren 20 0 10 20 30 40 50 60 Konsumgütermärkte Gesamt Quelle: KPMG 12 KPMG International, Corporate Sustainability, A progress report, April 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 29 Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen üben Verbraucher im Konsumgütermarkt den stärksten Einfluss auf Unternehmen aus. (Abbildung 22) Daraus ergeben sich für Handelsunternehmen verschiedene Chancen und Herausforderungen in Bezug auf ökonomische, ökologische und soziale Themen, beispielsweise im Hinblick auf das Sortimentsangebot. Die Mehrheit (62 Prozent) der Konsumenten ist der Meinung, dass der Umsatz mit fair gehandelten und nachhaltig erzeugten Produkten in den nächsten Jahren wachsen wird, auch wenn diese Güter etwas mehr kosten. Persönlich sind sogar 40 Prozent der Verbraucher bereit, deutlich mehr für diese Produkte zu bezahlen. Am häufigsten machten Personen mit hoher Bildung diese Aussage. Im Hinblick auf die Altersklassen sind die Unterschiede eher gering, wobei vor allem die Gruppe der 30- bis 39-Jährigen und die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen den Preisaufschlag in Kauf nehmen. Hinsichtlich des Geschlechts besteht kein Unterschied. Nachhaltig erzeugte und fair gehandelte Produkte besitzen damit ein enormes Verkaufspotenzial für Handelsunternehmen. (Abbildungen 23 und 24) Handelsunternehmen beeinflussen als Mittler Konsumenten und Produzenten und haben damit eine Schlüsselposition in der Verbreitung nachhaltiger Produktions- und Konsummuster inne. Mit ihren Entscheidungen zu Sortimentsgestaltung, Qualitätsanforderungen sowie der angebotenen Beratung und Kundenbetreuung können sie Einfluss auf die Herstellungsbedingungen und das Kaufverhalten ihrer Kunden nehmen. Besonders innerhalb ihrer Lieferkette können sie Standards durchsetzen und damit zahlreiche weitere Unternehmen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit bewegen. Doch hinter vielen Handelsunternehmen steht Abbildung 23 Künftiger Umsatz mit nachhaltigen Produkten (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) 8 2 Abbildung 24 Entscheidung für verantwortungsvoll handelnde Handelsunternehmen (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) 11 9 3 12 28 36 39 51 Der Umsatz mit nachhaltigen Produkten wird in den nächsten Jahren wachsen, auch wenn diese mehr kosten. Ich entscheide mich beim Einkauf bewusst für diejenigen Handelsunternehmen, die unternehmerisch verantwortungsvoll und sozial handeln. Stimme voll und ganz zu Stimme voll und ganz zu Stimme zu Stimme zu Weder noch Weder noch Stimme nicht zu Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Quelle: KPMG Quelle: KPMG eine komplexe Lieferkette, die eine Nachvollziehbarkeit und Messung von Nachhaltigkeitsleistungen erschwert und eine enge Zusammenarbeit des Händlers mit seinen Zulieferern erfordert. Handeln gegenüber Mitarbeitern stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, der sich Handelsunternehmen stellen müssen, um langfristig erfolgreich zu bleiben: 51 Prozent der Befragten entscheiden sich beim Einkauf bewusst für solche Handelsunternehmen, die unternehmerisch verantwortungsvoll und sozial handeln, indem sie beispielsweise gute Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter schaffen. Bei der Betrachtung des Bildungsaspekts ist auffallend, dass besonders die Befragten mit niedrigem Bildungsstand auf unternehmerisch verantwortungsvolles und soziales Handeln achten, ebenso die Altersgruppe der 50- bis 60-Jährigen. Aber nicht nur nachhaltige Produkte an sich beeinflussen die Entscheidung für ein bestimmtes Handelsunternehmen. Verantwortungsvolles Handeln des Unternehmens beispielsweise gegenüber der Umwelt kann ebenfalls zur Kaufentscheidung beitragen. Energieeffizienzmaßnahmen in Geschäftsräumen und Lagern helfen die Umwelt zu schonen. Hieraus können auch direkte kurzfristige monetäre Einspareffekte erzielt werden. Verantwortungsvolles © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 30 | Trends im Handel 2020 Um Maßnahmen der nachhaltigen Unternehmensführung transparent und glaubwürdig darzustellen, gewinnt die Nachhaltigkeitsberichterstattung bei Handelsunternehmen immer mehr an Bedeutung. Die Anzahl der Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Deutlich über 30 Prozent der in der zuvor genannten KPMG-Studie befragten Unternehmen publizieren einen solchen Bericht und vor allem für die Konsumgüterunternehmen wird das Sustainability Performance Reporting in den nächsten Jahren eine besonders hohe Priorität haben. (Abbildung 25) Die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen erfolgt bislang national wie international in weiten Teilen freiwillig. In Deutschland sind aktuell große Kapitalgesellschaften nur dann verpflichtet, nicht finanzielle Leistungsindikatoren wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange in den Lagebericht aufzunehmen, wenn sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage des Unternehmens von Bedeutung sind. Als weltweiter De-facto-Standard für freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung hat sich der Leitfaden der Global Reporting Initiative (GRI) etabliert. Der mittlerweile in der aktualisierten dritten Fassung vorliegende Leitfaden (GRI G3.1) wurde unter Mitwirkung unterschiedlicher Interessengruppen entwickelt. Er enthält neben Informationen zu Planung, Inhalten und Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung einen Katalog mit geforderten Angaben zum Managementansatz und zu Indikatoren, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung kommuniziert werden sollen. Damit Nachhaltigkeitsinformationen die gängigen Anforderungen für Finanzdaten erfüllen, müssen die Angaben nachvollziehbar und extern überprüfbar sein. Abbildung 25 Kommunikation von Nachhaltigkeitsergebnissen (Angaben in Prozent) Welche Priorität räumen Sie der Kommunikation von Nachhaltigkeitsergebnissen gegenüber Investoren und Stakeholdern ein? 46 Hohe Priorität 38 38 Mittlere Priorität 38 16 Niedrige Priorität 17 0 Keine Angabe 7 0 10 20 30 40 50 60 Konsumgütermärkte Gesamt Quelle: KPMG Das Erfordernis der Durchsicht und Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer ist umso dringender, je stärker die Nachhaltigkeits- und die Finanzberichterstattung integriert sind. Zurzeit lässt sich insbesondere bei Großunternehmen der Trend zu einer stärkeren inhaltlichen und zeitlichen Verzahnung der Nachhaltigkeits- mit der Finanzberichterstattung erkennen. Außerdem ist zu beobachten, dass im Wettbewerb um transparente und sichere Informationen Umfang und Tiefe (Assurance Scope und Level) der Prüfung zunehmen. Abschließend lässt sich also feststellen, dass Nachhaltigkeit ein bedeutendes Thema für den Handel geworden ist. Neuentwicklungen in der Branche stehen ganz im Zeichen von sozialer Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Ressourcenschonung in der gesamten Wertschöpfungskette und nachhaltigen Produkten. Mit der Einstellung der Konsumenten zu Premiumpreisen für nachhaltige Produkte und der Bevorzugung von unternehmerisch verantwortungsvollen Handelsunternehmen ergeben sich große Chancen. Wichtig hierbei ist, dass die Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten transparent kommunizieren. Auch wenn die Nachhaltigkeitsberichterstattung aktuell weitgehend freiwillig erfolgt, so müssen sich auch Handelsunternehmen in Zukunft vermehrt damit auseinandersetzen, wie Nachhaltigkeitsaspekte, beispielsweise Treibhausgasemissionen in der Lieferkette, transparent, nachvollziehbar und konsistent dargelegt werden können. Wer durch die wirtschaftliche Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen in der Gestaltung von Produkten und Prozessen das Vertrauen der Kunden gewinnt, hat gute Chancen langfristig erfolgreich zu sein. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 31 4.5 IT-Systeme im Handel Der Einzelhandel bleibt geprägt durch einen intensiven Wettbewerb. Informationstechnologie ist dabei ein wichtiges Mittel, um entscheidende Vorteile im Konkurrenzkampf zu erzielen. Einerseits lassen sich durch die Auswahl der richtigen Systeme und Technologien Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne erzielen, andererseits wird IT ein immer bedeutenderer Hebel, um den Kundenservice zu steigern und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Abbildung 26 Relevanz strategischer IT-Projekte (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) Welche strategischen IT-Projekte stehen mittelfristig in Ihrem Unternehmen zentralseitig im Vordergrund? Die Ergebnisse der Studie IT-Trends im Handel 2011 des EHI Retail Institute zeigen deutlich auf, dass sich der Handel auf die technologischen Herausforderungen der Zukunft einstellt. Der Großteil der IT-Investitionen ist dabei auch in den nächsten Jahren für „klassische“ Projekte vorgesehen. 18 29 Neues zentrales Warenwirtschaftssystem 29 27 Optimierung Merchandiseplanung 16 24 Internationale Vereinheitlichung IT-Systeme Die IT-Investitionen der Handelsunternehmen in Deutschland betrugen 2010 etwa 4 Milliarden Euro. Im Durchschnitt gaben damit die Unternehmen 1,12 Prozent ihres Nettoumsatzes für Informationstechnologie aus. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen geht jeder dritte Entscheider für die nächsten Jahre von einem, gemessen am Umsatzanteil, steigenden Budget aus.13 Die rasant fortschreitende Technologisierung der Privathaushalte, die Ausbreitung von Smartphones und die wachsende Bedeutung sozialer Netzwerke wirken sich unmittelbar auf die IT-Systeme und Investitionsentscheidungen im Handel aus. Handelsunternehmen müssen sich darauf einstellen, dass Kunden im Jahr 2020 eventuell nicht mehr größtenteils bar oder mit Karte bezahlen, sondern per Smartphone. Sie müssen unterschiedliche Verkaufskanäle bedienen, miteinander verknüpfen und die Kunden in jedem Kanal mit allen relevanten Informationen versorgen. 29 Aufbau/Ausweitung E-Commerce 12 22 Prozessoptimierung 0 22 Konsolidierung zentraler Systeme 31 18 Optimierung/Ausbau Kundenintegration 0 18 Ausbau Business Intelligence 27 16 Optimierung Lieferantenanbindung 24 16 Optimierung/Integration bestehendes Warenwirtschaftssystem 35 0 10 20 30 40 2011 2009 Quelle: EHI Retail Institute Das Herz der Handels-IT ist auch künftig das Warenwirtschaftssystem. Entsprechend geben 29 Prozent der befragten Unternehmen an, sich vornehmlich mit der Erneuerung ihrer Warenwirtschaftssysteme beschäftigen zu wollen. Die Entscheidung fällt dabei meist zugunsten eines Standardsystems. Bei den Händlern aus dem Bereich der Fast Moving Consumer Goods (FMCG) setzen 78 Prozent schon heute auf Standardsysteme, während 17 Prozent Eigenentwicklungen nutzen. Bei den übrigen Unternehmen, die dem Segment Slow Moving Consumer Goods (SMCG) zuzurechnen sind, planen immerhin 70 Prozent aller befragten Unternehmen – vor allem aus dem Textilsektor – künftig auf Standardsysteme zu setzen. Der Auf- und Ausbau von E-Commerce-Aktivitäten ist im Einzelhandel generell von höchster strategischer Bedeutung. Jedem stationären Unternehmen ist bewusst, dass Kunden über unterschiedliche Verkaufskanäle bedient werden möchten. So gehen knapp 30 Prozent der IT-Entscheider davon aus, dass entsprechende 13 EHI Retail Institute, IT-Trends im Handel 2011 – Ergebnisse auf Basis persönlicher Interviews mit Entscheidern aus 81 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 32 | Trends im Handel 2020 Projekte für sie in den nächsten Jahren eine herausragende Rolle spielen werden. Die nahtlose Verflechtung von stationärem Geschäft mit eigenem Onlineshop ist dabei Grundvoraussetzung und soll, genau wie die kanalübergreifende Auswertung von Kundendaten, künftig weiter perfektioniert werden. Die Einbindung des mobilen Kanals wird vielfach parallel vorangetrieben und hat sich durch den durchschlagenden Erfolg von Smartphones und Tablets in kurzer Zeit stark beschleunigt. (Abbildung 26) Obwohl in den letzten Jahren viel in den Ausbau von Business-Intelligence-Systemen investiert wurde, nutzt lediglich ein Drittel der Handelsunternehmen die entsprechenden Analyseergebnisse für das Marketing. Meist steht die Sortimentssteuerung bei der Datenauswertung im Vordergrund. Die Möglichkeiten der gezielten Kundenansprache, die sich gerade durch die Nutzung verschiedener Verkaufskanäle ergeben, sind demnach noch lange nicht ausgeschöpft. Die RFID-Technologie beschäftigt den Handel nunmehr bereits seit fast einem Jahrzehnt und ist ein gutes Beispiel dafür, dass Zukunftsvisionen, die massiv durch die Medien verbreitet werden, nicht zwangsläufig in den prognostizierten Zeiträumen zur Realität werden. Nach wie vor zahlen Kunden an der Kasse und schieben ihre Einkaufswagen nicht einfach aus dem Markt, während der Einkauf automatisch erfasst und die Rechnung direkt dem Konto belastet wird. Auch Ladendiebe brauchen noch nicht zu befürchten, durch RFID-Chips auf der Ware beim Verlassen des Geschäfts entdeckt zu werden. RFID hat sich auf der Logistikseite etabliert, in die Handelsfilialen hat die Technologie ihren Weg bisher nur selten gefunden. Seit einiger Zeit ist jedoch eine neue Dynamik zu erkennen, die sich vor allem in der Textilbranche in entsprechenden Projekten bemerkbar macht. Bei vertikal integrierten Unternehmen werden RFID-Tags bereits während der Produktion auf die einzelnen Waren aufgebracht und lassen sich dadurch Abbildung 27 Contactless Payment und Mobile Payment (Angaben in Prozent) Wann schätzen Sie, wird Contactless Payment mit Karte in Ihren Filialen zum Einsatz kommen? Contacless Payment (Karte) 50 40 43 30 30 30 20 24 20 20 10 20 12 0 Einsatz möglich in 1 bis 3 Jahren Einsatz möglich in 3 bis 5 Jahren Einsatz möglich in mehr als 5 Jahren In absehbarer Zeit keine Relevanz Wann schätzen Sie, wird Mobile Payment per Mobiltelefon/NFC in Ihren Filialen zum Einsatz kommen? Mobile Payment 50 40 43 30 32 42 33 20 18 10 14 8 0 Einsatz möglich in 1 bis 3 Jahren Einsatz möglich in 3 bis 5 Jahren Einsatz möglich in mehr als 5 Jahren 10 In absehbarer Zeit keine Relevanz 2009 2011 Quelle: EHI Retail Institute auch in der Filiale nutzen, beispielsweise um Inventuren durchzuführen, Produkte zu lokalisieren und in letzter Konsequenz auch, um die Waren zu sichern. Gerry Weber, Seidensticker und s.Oliver sind nur einige Beispiele, deren Erfolge auch andere Unternehmen motivieren werden, sich (wieder) mit RFID auseinanderzusetzen. Niedrige Tag-Preise sind dafür eine Grundvoraussetzung und die Hoffnung, dass sie weiter fallen, besteht. Mit Blick auf das Jahr 2020 ist es daher vorstellbar, dass einige, bereits seit Langem angekündigte Visionen doch noch Realität werden. Filialsysteme Richtet man den Blick gezielt auf Investitionen in Filialtechnologien, so steht der Kassenbereich im Vordergrund. Die Beschleunigung und Vereinfachung des Kassiervorgangs, die Ausweitung des Kundenservice, zum Beispiel durch Zusatzbildschirme, oder die Anpassung des Kassensystems an neue Anforderungen bei Zahlungssystemen sind nur einige Ansatzpunkte, bei denen der Handel beständigen Optimierungsbedarf hat. Hinzu kommt, dass die internationale Expansion, die gestiegenen Anforderungen an Funk- © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 33 tionalitäten sowie die weitreichende Zentralisierung vieler Prozesse ältere Softwarelösungen oft an ihre technologischen und organisatorischen Grenzen stoßen lässt. Dementsprechend planen 29 Prozent der Studienteilnehmer, ihre Kassensoftware in naher Zukunft zu erneuern. Als ein probates Mittel zur Steigerung der Kundenzufriedenheit stehen SelfCheck-out- und Self-Scanning-Systeme seit vielen Jahren immer wieder zur Debatte und haben sich in zahlreichen Ländern, vor allem im Lebensmittelhandel, weitgehend etabliert. Verbraucher sind durch Bankautomaten, Self-Check-in am Flughafen oder Kassenautomaten an Tankstellen mittlerweile daran gewöhnt, zunehmend Tätigkeiten zu übernehmen, die früher in Bedienung angeboten wurden. Entscheidend für die zukünftige Bedeutung solcher Lösungen wird nicht zuletzt die Weiterentwicklung der Smartphone-Technologien sein. Es ist durchaus denkbar, dass Kunden im Jahre 2020 Waren mit ihren Smartphones selbst einscannen und bezahlen können. Ob der Einkauf für den Konsumenten dadurch wirklich komfortabler wird, sei dahingestellt, der Handel jedenfalls bereitet sich technologisch bereits heute auf das Zeitalter des „Mobile Scanning and Payment“ vor. (Abbildung 27) 4.6 Handelslogistik Das EHI Retail Institute untersucht in seinem Forschungsbereich Logistik die zukünftigen Trends in den Warenströmen des Einzelhandels. Grundlage dafür bildet eine gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML im Jahresrhythmus durchgeführte Handelsbefragung in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Jahr 2011 beteiligten sich daran 47 Handelsunternehmen. Auch wenn die Erwartungen an Mobile Payment hoch sind, bleibt es gegenwärtig meist bei Absichtsbekundungen und vereinzelten Pilotprojekten. Generell erhofft sich der Handel von innovativen Zahlungsmethoden vor allem eine Beschleunigung der Abwicklung beziehungsweise eine einfachere Handhabung der Zahlung. Favoriten sind vor allem das kontaktlose Bezahlen mit Karte und Mobile Payment per Smartphone/Nahfeldkommunikation (NFC). Jeweils über 40 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen sind der Meinung, dass eine dieser Zahlungsmöglichkeiten in den nächsten ein bis drei Jahren in ihren Filialen zu sehen sein wird. Zwar konzentrieren sich die Fragen der Studie vor allem auf einen Dreijahreszeitraum, jedoch ist davon auszugehen, dass die Kriterien und Rahmenbedingungen, denen der Handel aktuell einen überdurchschnittlich hohen Bedeutungsgrad für seine Logistik zumisst, auch darüber hinaus Relevanz besitzen werden. (Abbildung 28) Abbildung 28 Die wichtigsten Rahmenbedingungen für die Handelslogistik im Jahr 2011 (Angaben in Prozent) 64 Steigende Transportkosten 32 42 Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie 45 34 Demografischer Wandel Zunehmende Artikelvielfalt 32 Mangel an qualifiziertem Personal 32 16 Zunehmende Dynamik in den Marktstrukturen 15 0 19 60 8 49 25 51 21 Steigendes Verkehrsaufkommen 17 49 23 Zunehmende Urbanisierung Gesetzliche Bestimmungen zur Reduzierung von Emissionen 13 49 26 Konjunkturelle Lage 26 58 19 65 15 62 10 22 20 30 40 21 50 60 70 80 2 4 2 90 100 Sehr wichtig Wichtig Weniger wichtig Unwichtig Quelle: EHI Retail Institute; Frauenhofer IML © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 34 | Trends im Handel 2020 Prinzipiell haben sich drei Einflussfaktoren zu „Dauerbrennern“ entwickelt, die teilweise miteinander in Zusammenhang stehen: steigende Transportkosten, umweltschonende Logistik und ein sich wandelndes Konsumentenverhalten. Bisher werden die Transportkosten, die im Handel bis zu 50 Prozent der Logistikkosten ausmachen können, weniger stark von der Entwicklung des Dieselpreises beeinflusst, als man das aufgrund der zahlreichen Medienveröffentlichungen über dieses Thema erwarten dürfte. Vielleicht zu wenig Beachtung finden hingegen die sonstigen Aufwendungen für Personal, Wartung, Spekulationsaufschläge für Wartung oder Mautgebühren, die bisher den überwiegenden Anteil der Transportkosten ausmachen. Entwicklung der Treibstoffpreise Dies dürfte sich allerdings in den kommenden Jahren gravierend ändern. Der Dieselpreis wird weiterhin merklich ansteigen. Die natürlichen Erdölvorkommen sind begrenzt. Vor diesem Hintergrund wirken sich instabile politische Verhältnisse in einigen erdölfördernden Staaten und die Spekulation mit Öl an den internationalen Börsen verstärkt auf die Preise aus. Der Masseneinsatz von alternativen Antriebstechnologien im Transportsektor ist noch Zukunftsmusik und auch die Bahn wird wohl weiterhin nicht über ein ausreichendes Schienennetz verfügen beziehungsweise gegenüber Lastkraftwagen zu langsam und unflexibel bleiben, um als Alternative wirklich eine Rolle zu spielen. Der Handel wird sich daher weiterhin auf die Optimierung des Fuhrparkmanagements konzentrieren. Der Umstieg auf Beschaffungslogistik, da wo er wirtschaftlich angebracht ist, oder der Einsatz von Tourenoptimierungssystemen wird schon seit Längerem angestrebt beziehungsweise verwirklicht. Abbildung 29 Logistikmaßnahmen im Transport (Angaben in Prozent) 100 80 60 62 66 60 59 40 30 20 21 17 11 0 Optimierung der Rampenkontakte 25 Optimierung der Zeitfenstersteuerung im Wareneingang 15 Nutzung von Fuhrparkmanagementund Tourenoptimierungsprogrammen 15 19 Nutzung von Beschaffungsbeziehungsweise Abhollogistik Ja, wird durchgeführt Planungs-/Pilotphase Nicht vorgesehen Quelle: EHI Retail Institute; Frauenhofer IML Erheblichen Verbesserungsbedarf gibt es jedoch bei der Transportvolumenauslastung der Fahrzeuge, wie verschiedene Untersuchungen übereinstimmend ergeben haben. Neu hinzugekommen sind in jüngerer Zeit Optimierungsansätze hinsichtlich der Zeitfenstersteuerung und der Rampenkontakte im Wareneingang, während auf Cross Docking-Verfahren als Alternative zur klassischen Zentrallagerbelieferung bereits seit Anfang der 1990er-Jahre zurückgegriffen wird. (Abbildung 29) Kooperationen im Logistikbereich können für den Handel nicht nur zu einer Verbesserung der Transportkostensituation, sondern auch zu einem ökologisch nachhaltigen Verhalten führen. Sie werden sich in den nächsten Jahren jedoch vor allem auf gemeinsame Projekte mit Lieferanten beschränken. Die Zahl der Handelsunternehmen mit einer Distributionsstruktur, die sich für Kooperationen mit Mitbewerbern eignet, wird allein schon durch den anhaltenden Konzentrationsprozess dieser Branche weiter abnehmen, zugleich wird das Kartellamt derartigen Bestrebungen erhöhte Aufmerksamkeit widmen. Handelslogistik wird „grüner“ Viele der zuvor beschriebenen Maßnahmen dienen dem Handel gleichzeitig dazu, seine Logistik umweltfreundlicher zu gestalten. Als Beispiel seien die Fuhrpark- beziehungsweise Tourenoptimierung oder die Verbesserung der Transportauslastung erwähnt. Entsprechend antworten viele Logistikleiter auf die Frage, welche Aktivitäten zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit getroffen werden, dass die meisten Maßnahmen zur Transportkostenreduzierung die Umwelt schon seit Jahren immer weiter entlasten. Nachhaltigkeitskompetenz wird im Handel andererseits zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsfaktor werden, sodass es sinnvoll ist, entsprechende Aktivitäten imagewirksam herauszustellen. Hierfür werden sich in erster Linie Maßnahmen im Lagerbereich eignen, die bis vor Kurzem noch nicht im Mittelpunkt des Interesses standen, wie zum Beispiel CO2-neutrale Stromerzeugung durch Solar- oder Windkraft oder LED-Technik für die Beleuchtung. Der kürzlich realisierte Lagerneubau des Handelsunternehmens Alnatura in Lorsch bei Heidel- © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 35 berg mag als aktuelles Beispiel für ein Nachhaltigkeitsmaßnahmenpaket in Verbindung mit einer erfolgreichen Imagekampagne gelten. Schließlich erlebt das Konsum- und Freizeitverhalten der Menschen massive Veränderungen durch individualisierte Lebensstile und damit verbunden eine steigende Nachfrage nach differenzierten Warenangeboten. Dies wird die Lagerhaltung im Handel künftig beeinflussen. Ein Mengenwachstum kann meist über einen erhöhten Lagerumschlag abgewickelt werden, eine steigende Artikelzahl stellt manchen Logistiker jedoch vor Platzprobleme in der Lagerung oder der Bereitstellzone für die Kommissionierung. Zudem werden höhere Kommissionierquoten für einen vermehrten Flächenbedarf in Handelslagern sorgen. Zunehmende Urbanisierung und steigendes Verkehrsaufkommen führen dazu, dass sich der Handelslogistiker mit neuen Anlieferungskonzepten, wie zum Beispiel den Nachtstunden, auseinandersetzen wird. Zurzeit sind die Möglichkeiten dafür besonders in typischen Wohn- oder Mischgebieten noch sehr limitiert, da die Anlieferun- gen mit zu großer Lärmbelastung für die Anwohner verbunden sind. An neuen Konzepten zur Vermeidung dieser Nebenwirkungen wird derzeit in verschiedenen Projekten gearbeitet. Steigende Anforderungen an die Informationstransparenz über die Herkunft einzelner Produkte, nicht zuletzt hervorgerufen durch diverse Lebensmittelskandale, betreffen zwar vornehmlich das IT-Ressort, die Handelslogistik wird jedoch aufgrund ihrer Zuständigkeit für die Steuerung von Materialund Informationsflüssen in die Mitverantwortung genommen werden. Der demografische Wandel wird sich auch in der Handelslogistik verstärkt auf die Ressource Personal auswirken. Das Angebot an qualifizierten Mitarbeitern wird sich weiter verknappen. Deutschland steht hierbei zudem als Arbeitgeberstandort im Wettbewerb mit anderen Ländern. Die Schaffung zusätzlicher, nicht nur lohnbezogener Anreize, etwa zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wird unumgänglich werden, um Menschen für einen Job im Logistikbereich zu begeistern. (Abbildung 30) Das durchschnittliche Alter der Belegschaft wird sich erhöhen – mit steigenden Anforderungen an die Qualität der Arbeitsplätze. Nach Berechnungen der Versicherungsbranche weisen gewerblich Beschäftigte mittleren Alters mit hoher körperlicher Belastung eine fast doppelt so hohe Fehlzeit auf wie der Durchschnitt aller Arbeitnehmer. Viele Tätigkeiten in der Logistik sind mit Stehen, Bücken und schwerem Tragen verbunden und weisen eine körperliche Gleichförmigkeit auf, Anlass genug, die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze langfristig zu verbessern. Einhergehen sollte das Ganze mit der Etablierung von Gesundheitsprogrammen in den betroffenen Unternehmen. Die Ressource Personal wird langfristig also ein knappes Gut bleiben und sparsam eingesetzt werden müssen, beispielsweise durch flexiblere Gestaltung der Arbeitszeiten, angepasst an saisonale, wetterbedingte oder auch vom Tagesablauf abhängige Spitzen. Ein denkbarer Lösungsansatz wäre ein unternehmensübergreifender Personaleinsatz über Personalagenturen, die sich auf Handelslogistik spezialisiert haben. Abbildung 30 Logistikmaßnahmen im Personalbereich (Angaben in Prozent) 100 80 83 60 55 40 42 41 20 0 13 17 4 Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern Schaffung zusätzlicher Lohnanreize 34 54 29 11 Durchführung zusätzlicher Recruiting-Aktionen im Logistikbereich 17 Schaffung von Anreizen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf Ja, wird durchgeführt Planungs-/Pilotphase Nicht vorgesehen Quelle: EHI Retail Institute; Frauenhofer IML © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 36 | Trends im Handel 2020 4.7 Handelsmarketing und Social Media Die Medienwelt wird immer komplexer und die Dynamik ihrer Entwicklung nimmt zu: immer breiter, immer tiefer, immer vielfältiger, immer unübersichtlicher. War lange Zeit nur eine Einbahnstraßenkommunikation vom Unternehmen zum Kunden möglich, verlaufen heute die Kommunikationsströme wechselseitig zwischen Unternehmen und Verbraucher. Ganzheitliche, integrierte Kommunikationsstrategien werden künftig immer wichtiger. Die einseitigen, monologischen Kanäle stellen dabei häufig den Einstieg in die Kommunikation dar. Sie sorgen in erster Linie für Reichweite und Bekanntheit. Onlinekanäle ermöglichen den vertiefenden Dialog. Besonders durch die Einbindung von Social Media entwickelt sich Kommunikation von einer Einbahnstraße zur mehrspurigen Autobahn, die in beide Richtungen befahren werden kann. Soll eine Kundenansprache erfolgreich verlaufen, muss der Kontakt über alle relevanten Wege aufgenommen werden. Die Handelsbranche muss also umdenken. Traditionell sorgen Werbeabteilungen des Handels in erster Linie dafür, über regelmäßige Werbeanstöße Absatz, Umsatz und Frequenz im Markt zu erzeugen. Die klassische Handelswerbung bedient sich dazu in erster Linie der Distribution von Flyern, Katalogen und Magazinen und schaltet Anzeigen: die beschriebenen Einbahnstraßen der Kommunikation. Im Laufe der Zeit sind die Marketingziele vielfältiger geworden. Markenbekanntheit, Aufbau und Stärkung des Images sowie Kundenbindung führten zum Einsatz weiterer moderner Werbeformen und Medien. Doch auch die Ansprache über Fernseh- und Rundfunkwerbung oder Direktmarketing verläuft nur in eine Richtung. Mit neuen Kommunikationsformen, die den direkten Austausch von Meinungen, Informationen und Erfahrungen ermöglichen, ergeben sich neue Chancen und Risiken im Gespräch mit Kunden, aber auch mit kritischen Interessenverbänden. Die Nutzung neuer Marketingkanäle führt nicht automatisch zur Abschaltung der etablierten Kommunikationsformen. Auch die klassische Handelswerbung bleibt wichtig. Sie darf aber nicht bei einer Anzeigenschaltung in Printmedien, TV und Radio enden, sondern muss den Dialog über Social Media einbeziehen. Die starke Zunahme an internetfähigen Smartphones bietet zudem weitere interessante Möglichkeiten der Kundenansprache, die dem stationären Handel bisher verwehrt geblieben sind. Online kommt, Zeitung bleibt, Handzettel geht Verbraucher nutzen schon heute völlig selbstverständlich sämtliche Informationskanäle und werfen im Handel mancherlei Fragen auf: Wie viele Werbekanäle kann und soll der Handel nutzen? Wie kann die relevante Zielgruppe effizient erreicht werden? Ist die Werbung in Printmedien noch zeitgemäß? Seit 2007 beobachtet das EHI die Verschiebung der Kommunikationsströme des Handels und befragt jährlich die Marketingverantwortlichen nach dem aktuellen und insbesondere künftig geplanten Mediamix im Handel.14 Diese Untersuchungen zeigen, dass die Umschichtung der Budgets an Fahrt gewinnt. Die Anteile, die für klassische Handelswerbung (Flyer, Magazine, Kataloge und Anzeigen) einerseits und moderne Handelswerbung (TV, Onlinemarketing usw.) andererseits ausgegeben werden, werden künftig nahezu gleich groß sein. Für die Branchenzeitschrift Werben & Verkaufen (W&V) eine kleine Sensation.15 (Abbildung 31) In Zeiten verstärkter Fokussierung auf Marketingeffizienz müssen Marketingmaßnahmen treffsicher und wirksam sein. Aufgrund der auflagenbedingten Reichweitenverluste im Zeitungsgeschäft und der hohen Streuverluste verliert die Werbung über Flyer, Kataloge und Magazine weiter Anteile am gesamten Werbeetat des Handels. Bis zum Jahr 2014 prognostizieren die Händler einen erneuten Rückgang in der Größenordnung von 11 Prozent. Doch mit einem Anteil von gut 40 Prozent bleibt die Werbung über Flyer, Kataloge und Magazine ein unverzichtbares Leitmedium, um Verkaufsimpulse zu erzeugen. 14 EHI Retail Institute, Marketingmonitor 2010 – Marketing Investition, Marketing Mix & Social Media Marketing im Handel 15 Klaus Wieking, Handel im digitalen Wandel (W&V 45/2010, 11. November 2010): „Vor drei Jahren war die gute, langweilige Handelswelt noch in Ordnung: 70 Prozent ihrer Werbe-Euros stopften die Händler in die klassische Handelswerbung. 30 Prozent in TV, Radio, Plakat, Online, Direkt, Instore und Sponsoring. Nur drei Jahre später investiert der Einzelhandel nur noch 58 Prozent in die Klassik und schon 42 Prozent in die moderne Handelswerbung.“ © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 37 Anzeigen, Direktmarketing und Instore-Marketing spielen eine weitere wichtige Rolle. Die Anteile bewegen sich auf einem konstanten Niveau, denn die Anzeige genießt nach wie vor hohe Wertschätzung bei den Marketingverantwortlichen. Sie wirkt im Kontext redaktioneller Berichterstattung wie eine Nachricht und profitiert von der besonderen Aufmerksamkeit des Lesers. Beim Direktmarketing sind die Unsicherheiten hinsichtlich einer Novellierung des Datenschutzgesetzes ausgeräumt, die Budgetgröße hat sich erneut stabilisiert. (Abbildung 32) Onlinemarketing ist im Handel angekommen, das zeigt die Untersuchung ganz deutlich. Der Handel nimmt die Möglichkeit wahr, mit seiner Zielgruppe zu kommunizieren. Eine Entwicklung, von der beide Seiten profitieren. Der Handel kann Meinungen und Impulse einholen, während die Zielgruppe Einfluss auf Produkt und Service nehmen kann. Der Handel hat registriert, dass seine Kunden längst Multi-Channel unterwegs sind und begegnet ihnen auf allen Kanälen. Bis Abbildung 31 Entwicklung der Budgetanteile für Handelswerbung (Budgetanteile in Prozent) 80 70 70 68 65 60 58 62 55 50 40 42 30 20 30 32 2007 2008 35 45 38 10 0 2009 2010 2011 … 2014 Klassische Handelswerbung (Flyer, Magazine, Kataloge, Anzeigen) Moderne Handelswerbung (TV, Radio, Plakat, Onlinemarketing, Direktmarketing, Instore-Marketing, Sponsoring, Sonstige) Quelle: EHI Retail Institute, Marketing Monitor 2011 zum Jahr 2014 wird mehr als eine Verdopplung des Budgetanteils für Onlinemarketing erwartet – der mit Abstand größte Zuwachs. Abbildung 32 Budgetanteile nach Werbeformen Werbeform Bruttowerbeaufwendungen (Angaben in Prozent) Veränderung der Werbeaufwendungen (Angaben in Prozent) 2011 2014 Flyer, Kataloge, Magazine 48,2 42,8 – 11,2 Anzeigen 13,6 12,1 – 11,0 Instore-Marketing 10,8 9,5 – 12,0 Direktmarketing 6,3 6,6 Radio 5,7 7,3 TV 5,1 7,0 Onlinemarketing 4,5 9,6 Plakate 3,2 2,9 Andere 2,6 2,2 4,8 28,1 37,3 113,3 – 9,4 – 15,4 Quelle: EHI Retail Institute, Marketing Monitor 2011 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 38 | Trends im Handel 2020 Social Media-Marketing Social Media hat auch im Handel eine hohe Bedeutung erlangt. Dabei sind die zugrunde liegenden Aspekte für die Branche nicht wirklich neu. Denn Social Media, also die direkte Interaktion von Konsumenten, Kunden und Mitarbeitern hieß früher Empfehlungsmarketing oder Mund-zu-Mund-Propaganda. Neu ist allerdings, dass dies nun öffentlich im Netz passiert. Mit einer völlig neuen Geschwindigkeit und Reichweite. Die Veränderungen der Medienlandschaft und der Mediennutzung spiegeln sich in den oben dargestellten deutlich steigenden Budgets für Onlinemarketing. Budgetintensivstes Onlinemarketingmedium ist die eigene Internetseite, für die mehr als 50 Prozent der entsprechenden finanziellen Mittel aufgewendet werden. Andere Onlinemarketingaktivitäten wie Search Engine Marketing/Search Engine Optimisation (SEM/SEO), E-Mail-Marketing und Social Media-Marketing sind weniger budgetintensiv, aber deutlich personalintensiver, weshalb die Budgetverteilung die Relevanz der Medien an dieser Stelle nur unzureichend wiedergibt. Obwohl der Anteil von Social Media am gesamten Werbebudget unter einem Prozent liegt und die Kundenfrequenz auf den entsprechenden Kanälen im Vergleich mit den Kundenströmen im realen Geschäft noch verschwindend gering ist, bleibt Social Media auch im Marketing ein Topthema. Knapp ein Fünftel der befragten Experten messen dieser Kommunikationsform eine wesentliche Bedeutung zu, ein weiteres Viertel betrachtet sie sogar als Revolution. Alles nur vorübergehender Hype, Social Media wird mittelfristig nur ein Instrument unter vielen sein – diese Meinung vertreten allerdings ebenfalls 44 Prozent der Marketingverantwortlichen und immerhin 12 Prozent glauben, dass Social Media-Marketing keine Zukunft hat. Unabhängig von diesen persönlichen Einschätzungen haben 24 Prozent der befragten Unternehmen bereits eine Social Media-Marketingstrategie, weitere 61 Prozent arbeiten daran. Mehr als 75 Prozent der Befragten gehen von einer Budgetsteigerung für Social Media-Marketing innerhalb der nächsten zwei Jahre aus und mehr als die Hälfte prognostizieren eine steigende Mitarbeiterzahl in diesem Bereich. Social Media-Marketing ist offensichtlich im Handel angekommen: Auf kleinem Budgetniveau, aber mit einer Vielzahl an Maßnahmen. Mobile Marketing Digitale Medien verkörpern die zentrale Schnittstelle für den dialogischen Austausch. Aktuell stehen dabei besonders mobile Onlinemedien im Fokus. Keine andere Mediengattung hat in den letzten Jahren einen vergleichbaren Zuwachs verzeichnen können. Der Verkaufserfolg von internetfähigen Mobiltelefonen in Verbindung mit attraktiveren Mobilfunkverträgen führt zu einem deutlichen Anstieg der mobilen Internetnutzung. Die Zahl der Mobilfunkbesitzer, die 2010 mobil online war, stieg um 80 Prozent auf 10,6 Millionen Verbraucher. 1,4 Millionen von ihnen setzten das Mobiltelefon für den Einkauf im Netz ein. Allein Amazon setzt bereits heute eine Milliarde US-Dollar weltweit über seinen mobilen Verkaufskanal um. Der Handel stellt sich auf die stetig wachsende Gruppe der SmartphoneNutzer ein. Mobile Kunden erwarten mobile Angebote. Stationäre Händler nutzen die Chance, Konsumenten aus der digitalen Welt wieder direkt in die Geschäfte zu locken. Viele Händler entdecken aktuell die vielen neuen Möglichkeiten, die sich dem Handelsmarketing eröffnen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 39 Zum Beispiel entwickeln Unternehmen zu Werbezwecken und Verkaufsförderung eigene Apps, die sie kostenlos anbieten. Lebensmittelhändler bieten ihren Kunden auf diese Weise – neben den wöchentlichen Angeboten – einen Weinberater, Informationen über Lebensmittelzusätze, eine Gewürzfibel und vieles mehr. Der Vorteil für den Kunden liegt in der schnellen Information über Produkte und Angebote. Der Händler wiederum stärkt die Kundenbindung und fördert den Umsatz am Point of Sale. Immer mehr Händler setzen mobile Coupons zur Absatzförderung und Kundengewinnung ein. Der Nutzer von mobilen Coupons kann über eine App selbst bestimmen, wann das Angebot auf seinem Bildschirm erscheint, zum Beispiel beim Aktivieren der Lokalisierungsfunktion. Das schätzen die Kunden: Die Einlösequoten liegen bis zu 15 Prozent höher als bei Gutscheinen aus Papier. Die Verteilung der Gutscheine kann über unternehmenseigene Apps oder Plattformen wie Groupon oder Coupies erfolgen. Viele Handelsunternehmen und Online-Pure Player testen zurzeit verschiedene Möglichkeiten, das mobile Internet in den Einkaufsprozess einzubeziehen. Über Location Based Services wie Foursquare oder Gowalla können stationäre Shops mobil mit dem Social Web in Kontakt treten und dem Kunden so eine komfortable Brücke in die Offlinewelt bauen. Checkt ein Nutzer sich in einem Shop oder in dessen Nähe ein, so können spezielle Angebote oder Rabatte, zum Beispiel für häufigen Besuch oder das Einladen von Freunden, unterbreitet werden. Über die meist integrierte Kamera sind weitere Angebote möglich: Kunden können mit dem Smartphone über Anbieter wie Barcoo im Geschäft weitreichende Produktinformationen abrufen. Der Kunde scannt mit der Kamera des Smartphones den Barcode oder Quick Response(QR)-Code auf Verpackung oder Regal und erhält so Informationen über Nährwerte, Qualität, Testberichte, Preisvergleiche. Plattformanbieter wie Kaufda oder der mobile Dienst von Idealo ermöglichen Kunden, viele Angebote von unterschiedlichen Unternehmen zu nutzen. Der Handel senkt seine Investitionskosten bei gleichzeitig hoher Marktdurchdringung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Fragmentierung der Medienwelt zu einem fundamentalen Wandel im Mediamix des Handels führt. Social Media-Marketing ist im Handel angekommen, das zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie. Die Ergebnisse zeigen aber auch eine Unsicherheit in der Bewertung und eine gewisse Zurückhaltung im Einsatz. Der Abschied vom Kommunikationsmonopol der Marketingprofis führt zurzeit noch zu einem kreativen Trialand-Error-Ansatz im Umgang mit dem neuen Medium. Der Handel bedient sich aus dem kompletten Medienorchester und wählt die Maßnahmen individuell, je nach strategischer Ausrichtung. Marketing der Zukunft bewegt sich zwischen Social Media und Zeitungsannonce, zwischen Hightech und „guten alten Zeiten“. Spannend ist auch die Entwicklung im Bereich Augmented Reality bei der mobilen Nutzung. Dank Echtzeitinteraktion erlebt der Nutzer Präsentationen „zum Anfassen“, die Werbebotschaften lebendiger vermitteln. Gerade in Zeiten verstärkter Fokussierung auf Marketingeffizienz sollen Marketingmaßnahmen besonders treffsicher und wirksam sein. Ein vertieftes Verständnis für die Veränderung der Medienlandschaft und der „selbstbewusste“ Einsatz der Vielfalt der Medien sind heute daher mehr denn je die Voraussetzungen für Wachstum und Markterfolg im Handel. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 40 | Trends im Handel 2020 Rahmenbedingungen und Trends betreffen grundsätzlich alle Einzelhandelsbranchen. Doch stellen sich die Auswirkungen für verschiedene Sortimente teilweise ganz anders dar. Deutlich wird das beispielsweise beim Einkaufsprozess: Während bei Unterhaltungselektronik ein Großteil der Kunden schon online eingekauft hat, ist Onlineshopping bei Möbeln noch ganz am Anfang. Und bei Lebensmitteln sind weitere innovative Ideen gefragt, um diese Form des Einkaufs für Kunden attraktiv zu machen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 41 5 Branchenprofile 5.1 Lebensmitteleinzelhandel Marktentwicklung Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland ist durch einen intensiven Wettbewerb geprägt. Die Preise sind im Vergleich der EU-Staaten durchschnittlich, und das bei einer Kaufkraft, die etwa 15 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt. Die Renditen im Lebensmittelhandel liegen im niedrigen einstelligen Bereich und gleichzeitig zeigt sich eine hohe Innovationsdynamik bei Betriebstypen, Sortimenten, Organisationsformen und Technologien. Die Größe der führenden Lebensmittelhändler in Deutschland hat die Branche in den Fokus der Wettbewerbshüter gebracht, die die Entwicklung – besonders hinsichtlich weiterer Unternehmenszusammenschlüsse – äußerst kritisch begleiten. Die größten fünf Unternehmen können mit etwa 81 Milliarden Euro Umsatz gut die Hälfte des Gesamtmarkts im Lebensmittelhandel von etwa 157 Milliarden Euro auf sich vereinen. (Abbildung 33) Aus Vertriebssicht ist die Wettbewerbssituation jedoch weiter zu fassen, denn Kunden versorgen sich nicht nur über den LEH mit Lebensmitteln. Die gesamten Konsumausgaben für Nahrungs- und Genussmittel in Deutschland betrugen im Jahr 2010 mehr als 260 Milliarden Euro. Der Anteil der umsatzstärksten fünf Unternehmen an diesem Gesamtmarkt beträgt etwa ein Drittel. In diesen Konsumausgaben sind gut 150 Milliarden Euro für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, etwa 43 Milliarden Euro für alkoholische Getränke und Tabakwaren sowie rund 65 Milliarden Euro für Verpflegungsaufwendungen in Restaurants, Cafés oder Kantinen enthalten. (Abbildung 34) Abbildung 33 Bruttoumsätze der 20 größten Lebensmittelhändler in Deutschland 2010 (in Milliarden Euro; * Schätzwerte) 43,4 Edeka1 26,9 24,4 Rewe2 20,4 15,5 12,7 Lidl * 13,2 10,8 Aldi Süd * Kaufland * 12,6 10,0 Aldi Nord * 11,0 9,0 9,5 Metro 3 7,1 Schlecker 4,3 4,0 dm-drogerie markt 4,1 3,7 Rossmann 3,4 2,6 Bartels-Langness 3,0 2,3 Tengelmann 7,3 2,2 Norma 2,6 2,2 Globus 4,2 2,2 2,0 1,7 Bünting 1,5 1,4 Dohle Netto Nord 1,1 1,1 Coop 1,2 1,0 2,3 0,9 Müller 1,2 0,9 Tegut 0 Bruttogesamtumsatz Bruttoumsatz Food inklusive Drogerie 10 20 30 40 50 1 nur Vollsortiment national und Discount (Netto) 2 nur Vollsortiment national und Discount (Penny) 3 nur Real Quelle: EHI Retail Institute © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 42 | Trends im Handel 2020 Abbildung 34 Bruttogesamtumsatz der Lebensmittelgeschäfte in Deutschland und Anteil der Betriebsformen 2010 Lebensmitteleinzelhandel inklusive Drogeriemarktunternehmen (Angaben in Milliarden Euro; * Prognose) Betriebsformen (Angaben in Prozent) 200 4 150 136,6 140,2 144,2 152,0 152,1 154,1 15 156,8 9 100 45 50 28 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011* SB-Warenhäuser Große Supermärkte Supermärkte Discounter Übrige Lebensmittelgeschäfte Quelle: GfK Es entsteht ein neuer Mittelstand im Lebensmittelhandel, gemeint sind selbstständige Kaufleute unter dem Dach großer Genossenschaften mit wenigen Geschäften und Jahresumsätzen zwischen 50 und 200 Millionen Euro. Der Lebensmitteleinzelhandel ist der mit Abstand größte Teilbereich des Einzelhandels in Deutschland. Rund ein Drittel des gesamten Umsatzvolumens entfällt auf ihn. Die Branche ist allerdings kaum durch nennenswertes Wachstum gekennzeichnet. Das reale jährliche Umsatzwachstum lag in den letzten fünf Jahren durchschnittlich unter einem Prozent. Die Zahl der Geschäfte hat im gleichen Zeitraum um 10 Prozent abgenommen. Betroffen waren vor allem die kleinen Geschäfte mit Verkaufsflächen von weniger als 400 qm. Starkes Wachstum verzeichneten in erster Linie Discountunternehmen. Discounter waren das Erfolgsmodell der letzten vier Jahrzehnte und konnten ihren Marktanteil auf bis zu 45 Prozent ausbauen. Allerdings ist das Wachstum der Discounter in der jüngsten Vergangenheit ins Stocken geraten. Supermärkte sind wieder im Aufwind, insbeson- dere getragen von Erfolgen selbstständiger Lebensmittelkaufleute. Aktuell zeichnet den Lebensmittelhandel eine besondere Dynamik aus. Eröffnungen im Lebensmittelhandel mit Verkaufsflächen von 1.500 bis 2.000 qm sind an der Tagesordnung, und auch vor Flächen von 4.000 qm und mehr schrecken Händler nicht zurück. Nicht wenige Branchenkenner sprechen bereits von einer Renaissance der Supermärkte, vor allem, wenn sie vom Kaufmann vor Ort geführt werden. Im Jahr 2012 lagen laut Nielsen Märkte mit einer Verkaufsfläche bis 2.500 qm und einem nominalen Umsatzwachstum von 4,6 Prozent an der Spitze aller Betriebstypen des LEH, und dieser Trend dürfte sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen.16 16 Nielsen, Vertriebslinienvergleich, veröffentlicht in Lebensmittel Zeitung, Nr. 8, 24. Februar 2012, S. 6 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 43 Großflächen Mit einiger Sorge blickt die Branche auf die Großflächen auf der grünen Wiese. Immer kleinere Haushalte, der Trend zum stadtnahen Wohnen, aber auch der Wunsch nach täglich frischen, möglichst verzehrfertig zubereiteten Mahlzeiten sprechen gegen den wöchentlichen Großeinkauf im SB-Warenhaus am Stadtrand. Hinzu kommt der starke Wettbewerb durch Non-Food-Spezialisten in fast allen Warengruppen, der das Non-FoodGeschäft der SB-Warenhäuser spürbar unter Druck setzt. Die Zukunftsperspektiven der Großflächen sind wenig erfreulich und vor diesem Hintergrund ist auch zu erklären, dass der MetroKonzern mit seinen Bemühungen, sich vom Großflächenanbieter Real zu trennen, kein leichtes Spiel hat. Discounter Das Wachstum der Discounter wird in jüngster Vergangenheit in erster Linie durch die Eröffnung neuer Standorte genährt. Auf vergleichbarer Fläche legen sie trotz neuer und breiterer Sortimente kaum zu und wiederholt negative Pressemeldungen rund um einzelne Anbieter dürften dem Wachstum des Discounts insgesamt wenig zuträglich sein. In den ersten drei Quartalen 2011 war das nominale Wachstum der Discounter mit 3,4 Prozent fast doppelt so hoch wie das flächenbereinigte. Das Wachstum der Discounter hat sich deutlich verlangsamt und es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung in den kommenden Jahren ihre Fortsetzung findet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stehen vor allem die Discountprojekte der Genossenschaften vor großen Herausforderungen. Während Aldi Nord und Aldi Süd wie auch Lidl mit einer Spezialisierung auf den Discountsektor gut aufgestellt sind, ist man bei Rewe mit der Neuausrichtung des Discountformats Penny beschäftigt, und auch Edeka testet neue Marktkonzepte bei Netto, um nach der Übernahme von Plus einen nachhaltigen Erfolg zu sichern. Die Gründe für das Erreichen der Wachstumsgrenze sind unterschiedlich: Zum einen sind die Filialnetze der Discounter bereits heute sehr engmaschig, sodass mögliche Standorte mit Potenzial auf der Landkarte immer seltener werden. Zum anderen kristallisiert sich beim Kaufverhalten der Konsumenten ein Wertewandel heraus, der dem Discount insgesamt wenig förderlich ist. Mit einem Sortiment von 2.000 bis 3.000 Artikeln und wechselnden Angeboten können die vielfältigen Wünsche der Verbraucher im Hinblick auf Regionalität, Frische, Bequemlichkeit und zunehmend auch Nachhaltigkeit nur zum Teil erfüllt werden. Hinzu kommt die Stärke der Genossenschaften sowohl im Einkauf von Markenartikeln als auch beim Angebot von Handelsmarken, die die Vollsortimenter in die Lage versetzt, den Preisen der Discounter Paroli zu bieten. Nicht zuletzt beeinflusst ein im Vergleich zu früheren Jahren schwaches Non-FoodGeschäft der Discounter die Entwicklung. Supermärkte Seit 1990 sind fast 20.000 Supermärkte mit Verkaufsflächen von bis zu 400 qm vom Markt verschwunden. An ihre Stelle sind jedoch nicht nur Discounter getreten, sondern vielfach leistungsfähige Supermärkte mit Verkaufsflächen von über 1.500 qm und Sortimenten von bis zu 40.000 Artikeln – ohne dabei eine nennenswerte Zahl an Non-Food-Artikeln zu führen. Vor allem Bedienungstheken, vor wenigen Jahren noch totgesagt, haben zum Erfolg der Supermärkte beigetragen. Nicht nur Fleisch, Wurst und Käse, auch Fischtheken haben in Deutschlands Supermärkten wieder Chancen. Was lange als unfinanzierbarer Kostentreiber galt, ist zum wichtigen Profilierungsinstrument geworden. Service ist wieder gefragt, passende Portionen für jede Haushaltsgröße sind gewünscht und das Vertrauen der Kunden zum Personal hinter der Theke sorgt für spürbare Kaufimpulse. Handwerkliche Qualität steht bei den Verbrauchern hoch im Kurs, besonders bei Frischwaren und regionalen Spezialitäten. Schöner Nebeneffekt für die Volkswirtschaft: Handwerkliche Arbeit und Bedienung schaffen Arbeitsplätze, und auch das kommt bei Kunden gut an. Dort, wo der Discounter einen Mitarbeiter benötigt, beschäftigt der Supermarkt bei gleichem Umsatz etwa drei bis vier Vollzeitkräfte. Profilierungschancen bieten jedoch nicht nur Produkte regionaler Herkunft. Auch die in Eigenregie betriebene Veredelung von Erzeugnissen erschließt ganz neue Käuferschichten. Beispiele hierfür sind küchenfertige Obst- oder Salatmischungen, grillfertige Fleischgerichte, hausgemachte Frischkäsezubereitungen, kreative Dessertvariationen oder sogar die Pasta aus eigener Herstellung. Catering-Service, kulinarische Abende im Supermarkt oder der Ausflug mit den Kunden zum Winzer des Vertrauens – die Liste der Ideen und Veranstaltungen, die heute in Supermärkten angeboten werden, ist lang. Biomärkte und ConvenienceKonzepte Neben den klassischen Betriebsformen des Lebensmittelhandels haben sich mit Alnatura, Dennree und Basic einige mittelgroße Anbieter mit Biofachgeschäften im Markt etabliert. Allerdings liegt der Umsatzanteil der Biosortimente insgesamt nur bei rund 5 Prozent des Umsatzes im Lebensmittelhandel. Alle klassischen Betriebsformen bieten heute Biosortimente an, zum Teil, wie bei Tegut, sogar mit Umsatzanteilen von bis zu 35 Prozent. Das Wachstum des Biomarkts insgesamt stagniert. Mit einem nennenswerten Wachstum der Biospezialisten kann daher in den kommenden Jahren nicht gerechnet werden. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 44 | Trends im Handel 2020 Die Perspektiven für ConvenienceGeschäfte werden hingegen durchweg positiv gesehen. Insbesondere stark frequentierte Innenstadtlagen, aber auch Hochfrequenzstandorte wie Flughäfen und Bahnhöfe stehen im Lebensmittelhandel derzeit hoch im Kurs. Demografie und Konsumverhalten unterstützen die Entstehung kleiner Flächen mit einem hohen Anteil fertiger Speisen. Salate, belegte Brote, heiße Theke, Sushibar, frisch zubereitete Desserts zum sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen – alle dies ist heute gefragt, und die Unternehmen versuchen, für diesen Markt spezielle Formate zu entwickeln. Jüngstes Beispiel für diese Entwicklung ist das Convenience-Konzept „Rewe to go“, das in Köln Premiere feierte und nun auch nach Düsseldorf kommen soll. Zahlreiche andere deutsche Unternehmen arbeiten an neuen Kleinflächenkonzepten, die zum Teil bereits im Markt platziert sind. Auch die niederländische Ahold-Gruppe plant einen Markteintritt mit Convenience-Geschäften in Deutschland. Zwar stecken die Konzepte im internationalen Vergleich noch in den Kinderschuhen, im Zuge einer ständigen experimentellen Optimierung kann aber damit gerechnet werden, dass die Zahl der Geschäfte in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird. Onlinekauf von Lebensmitteln Die Verbraucherbefragung zeigt deutlich, dass der Onlineverkauf von Lebensmitteln heute für Verbraucher keine Bedeutung hat. Nur jeder Zehnte gibt an, überhaupt schon einmal Lebensmittel im Internet bestellt zu haben, und darin sind auch Bestellungen für Spezialitäten aus einzelnen Warengruppen wie Schokolade, Konfitüre oder Wein enthalten. In allen anderen untersuchten Sortimenten liegen die Werte deutlich höher, bei Elektrogeräten und Textilien jeweils sogar bei rund 70 Prozent. Abbildung 35 Onlinekauf von Lebensmitteln (Antwort „Ja“ in Prozent) Haben Sie schon einmal Lebensmittel online eingekauft? 11 12 14 14 13 13 15 0 10 20 30 40 50 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 40 50 Alter Basis: n = 263/263/244/301 Geschlecht Basis: n = 581/490 Unter der Annahme, dass Qualität und Lieferbedingungen Ihren Wünschen entsprechen: Wäre für Sie ein Onlinekauf von Lebensmitteln in Zukunft attraktiv? 19 21 26 21 21 19 21 0 10 Total Basis: n = 1.071 20 30 40 50 0 10 20 Geschlecht Basis: n = 581/490 30 40 50 0 10 20 30 Alter Basis: n = 263/263/244/301 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 45 Die befragten Verbraucher stimmen darin überein, dass der Onlinekauf von Lebensmitteln auch in den kommenden Jahren eine sehr geringe Bedeutung haben wird. Nur 21 Prozent der Befragten beurteilen ihn in Zukunft für sich persönlich als attraktiv, und das sogar unter der Bedingung, dass Qualität und Lieferbedingungen den Wünschen der Kunden gerecht werden. Das ist eindeutig der schlechteste Wert aller abgefragten Warengruppen. (Abbildung 35) Zurzeit experimentieren die Lebensmittelhändler in Deutschland intensiv mit Konzepten, die eine Onlinebestellung und die Abholung der vorkommissionierten Ware beim Händler kombinieren. Nachdem Real und Rewe mit ersten Pilotprojekten gestartet sind, testen inzwischen auch Globus und Edeka diese neuen Drive-in-Konzepte. Erste Erfolge scheinen sich einzustellen. Real berichtet von bis zu 150 Kunden pro Tag und bietet das Konzept nun auch an weiteren Standorten an, Globus plant einen zusätzlichen Standort und auch andere Unternehmen scheinen dieses Konzept nun genauer zu prüfen. Von Verbrauchern wird die Kombination aus Onlinebestellung, Filialkommissionierung und Selbstabholung hoch eingeschätzt. Fast jeder Zweite der Befragten möchte ein solches Konzept bestimmt oder zumindest wahrscheinlich nutzen. Im Vergleich dazu sagen nur 17 Prozent, dass sie eine Onlinebestellung mit anschließender Heimbelieferung bestimmt oder wahrscheinlich nutzen möchten. Offensichtlich ist die Frage des Lieferzeitfensters ein wesentliches Hemmnis beim Onlinekauf von Nahrungsmitteln. Die zeitliche Flexibilität einer Selbstabholung hat für Kunden, zumindest bei Lebensmitteln, einen sehr hohen Stellenwert, und auch der Entfall der Liefergebühren bei eigener Abholung verfehlt bei den Konsumenten seine Wirkung nicht. (Abbildung 36) Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht des Handels bringen Drive-InKonzepte Vorteile. Zwar muss der Händler auch die Kosten für die Kommissionierung der Ware in der Filiale tragen, aber die hohen Aufwendungen für den Transport zur Haustür des Kunden bleiben ihm erspart. Insgesamt ist zu erwarten, dass der Onlinehandel mit Lebensmitteln in den nächsten Jahren nur eine geringe Bedeutung haben wird. Der Anteil des Lebensmittelhandels in Deutschland am gesamten Onlinemarkt ist heute kaum messbar und auch unter den 1.000 größten Unternehmen des deutschen Onlinehandels sind Lebensmittelhändler nur in einigen Spezialsegmenten vertreten. Was bei Wein funktioniert, gilt bei Weitem nicht für den Einkauf eines gesamten Warenkorbs mit Nahrungsmitteln. Zwar gibt es international einige erfolgreiche Anbieter in diesem Segment, aber auch ihre Umsätze sind im Vergleich zum Gesamtmarkt eher bescheiden. Tesco gilt weltweit als das führende Unternehmen im Onlineverkauf von Lebensmitteln. Inklusive Non-Food erreicht der gesamte E-Commerce-Bereich einen Anteil am gesamten Unternehmensumsatz von unter 5 Prozent. LeShop in der Schweiz zählt ebenfalls zu den Vorzeigeunternehmen in diesem Bereich, ist mit einem Jahresumsatz von 150 Millionen Franken aber schon ein sehr kleiner Anbieter. Abbildung 36 Shoppingkonzepte – persönliches Nutzungsinteresse (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) 13 5 19 24 12 13 25 30 Ich bestelle meine gewünschten Lebensmittel online vor und hole sie auf dem Weg nach Hause bereits fertig verpackt im Geschäft ab, ohne dafür einen Aufpreis zu zahlen. 33 27 Ich bestelle meine gewünschten Lebensmittel online auf der Webseite des Lebensmittelhändlers. Die Ware wird gegen einen Aufpreis zum Wunschtermin nach Hause geliefert. Diese Möglichkeit werde ich in Zukunft … bestimmt nutzen wahrscheinlich nutzen vielleicht nutzen wahrscheinlich nicht nutzen bestimmt nicht nutzen Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 46 | Trends im Handel 2020 In Deutschland arbeiten viele Unternehmen dennoch an der Einführung von kompletten Onlineangeboten. Kaiser’s Tengelmann bietet in Berlin und München schon seit vielen Jahren einen Onlinebestell- und Onlinelieferservice an, Rewe ist in Frankfurt und Hamburg mit gleichem Service aktiv, froodies ist ebenfalls in fünf Städten mit Kooperationspartnern aktiv und Amazon bietet flächendeckend eine Lösung mit zahlreichen Kooperationspartnern an. Offensichtlich will hier keiner der Anbieter untätig bleiben, auch wenn die Chancen zumindest in der nahen Zukunft eher gering sind. Mobiles Internet als Informationsplattform An Bedeutung könnte hingegen das mobile Internet im Rahmen des Einkaufs von Lebensmitteln gewinnen. Die steigende Nachfrage nach Informationen zur Herkunft, Produktion oder zu den Inhalts- und Zusatzstoffen von Lebensmitteln lässt dies zumindest erwarten. Jeder zehnte Verbraucher hat das Mobiltelefon schon einmal beim Einkauf von Lebensmitteln zur Informationsbeschaffung genutzt, nur 7 Prozent geben jedoch an, das Mobiltelefon künftig nutzen zu wollen. Die tatsächliche Entwicklung wird also im Wesentlichen von der Qualität der angebotenen Dienste abhängig sein. Hinzu kommt sicherlich auch, dass das vorhandene Angebot vielen potenziellen Nutzern noch unbekannt ist, sodass auch durch einen Lerneffekt auf Kundenseite die tatsächliche künftige Nutzung höher ausfallen könnte. Auch in Zukunft stehen bei Lebensmitteln vor allem die Bequemlichkeit und die Schnelligkeit des Einkaufs im Vordergrund. Dies umfasst die gesamte Prozesskette, vom Weg zur Einkaufsstätte über die Auswahl der Produkte bis hin zum Bezahlen und den Transport nach Hause. Es spricht vieles dafür, dass der Kunde in den kommenden Jahren bei Lebensmitteln auch weiterhin den Einkauf im Geschäft in der Summe als angenehmer betrachtet als den Einkauf über das Internet. Der stationäre Handel hat also ausgezeichnete Perspektiven und muss die Konkurrenz im Internet kaum fürchten, solange er es schafft, sein Format, sein Angebot an Waren und Dienstleistungen sowie seine Kommunikation den Kundenbedürfnissen anzupassen. Marktentwicklung bei der Beschaffung, hervorgerufen durch steigende Baumwollpreise und höhere Lohnniveaus in den Fertigungsländern. Zudem sinken im wichtigsten Fertigungsland China die Kapazitäten, die für ausländische Unternehmen zur Verfügung stehen, da sie verstärkt für die heimische Wirtschaft benötigt werden. Andere Länder in Fernost oder auch näher am Heimatmarkt gelegene Regionen rücken für die Beschaffung in den Fokus. Neben der Frage, inwieweit die gestiegenen Kosten der Beschaffung an die Kunden weitergegeben werden können, ist die Qualitätssicherung von großer Bedeutung. Zum einen, weil die benötigten Qualitäten eventuell nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, zum anderen weil es schwieriger wird, Qualitätsstandards zu halten, wenn bei gestiegenen Beschaffungskosten Verkaufspreise weitgehend konstant gehalten werden (müssen). Nach über einem Jahrzehnt stetig rückläufiger Umsätze gelang es dem deutschen Textileinzelhandel diese Entwicklung 2006 zu durchbrechen. Der leichte Aufwärtstrend konnte jedoch mit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht fortgesetzt werden. Die deutschen Konsumenten kehrten zu ihrem sparsamen Verhalten bei Bekleidungsausgaben zurück. Doch mit dem gesamtwirtschaftlichen Aufschwung im Jahr 2010 gelang der Textilbranche ein deutliches Umsatzwachstum von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Fragestellungen der Nachhaltigkeit – Vertrauen in Biobaumwolle, Einsatz von Chemikalien entlang der gesamten Fertigungs- und Lieferkette, Arbeitsbedingungen in den Fertigungsländern etc. – finden zunehmend Eingang in die öffentliche Wahrnehmung. Eine besondere Herausforderung bei Textilien, da fast sämtliche sozialen und ökologischen Einzelaspekte der Nachhaltigkeit die Branche betreffen. Zudem erschweren wechselnde Vorlieferanten in entfernten Ländern die Kontrolle, ob Standards auch eingehalten werden. Auch ohne die Auswirkungen der globalen Krisen sind die Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht, enorm. Ein Hauptgrund liegt hierbei in der Kostensteigerung Speziell aus Händlersicht kommen weitere Herausforderungen hinzu. Die Konkurrenz durch ausländische Mitbewerber ist größer geworden. Die Auftritte von Primark, Bershka oder Abercrombie & Fitch haben in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass Kunden stetig auf der Suche nach neuen Sortimentsideen sind. Die neuen Vertikalen setzen die gesamte Branche und auch Vorreiter wie H&M unter Druck. 5.2 Textileinzelhandel In kaum einer Branche sind Fragen der Nachhaltigkeit so komplex wie in der Textilindustrie. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 47 Abbildung 37 Bruttoumsatzentwicklung des gesamten Einzelhandels mit Textilien in Deutschland (in Milliarden Euro; * Prognose) 60 50 54,7 55,7 56,2 55,4 30,0 30,7 31,7 31,4 2005 2006 2007 2008 55,3 56,6 33,1 34,2 57,8 40 30 20 10 0 2009 2010 2011* Facheinzelhandel Gesamt Quelle: Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels Umsatzanteile werden stetig neu verteilt, denn der Direktvertrieb der Industrie nimmt ebenfalls weiter zu – auch über das Internet. Bekleidung ist das wichtigste Teilsegment im Onlinehandel geworden. Es wird zwar durch den traditionellen Versandhandel dominiert, doch auch Pure Player wie Zalando gewinnen Marktanteile. (Abbildung 37) Der Preis ist in der Kommunikation zwar etwas in den Hintergrund gerückt, doch dominieren Unternehmen aus dem Niedrigpreissegment die Größtenliste des deutschen Textileinzelhandels. Nicht nur reine Textildiscounter (KiK – Mitglied der Tengelmann-Gruppe) und die großen Vertikalen (H&M), sondern auch Lebensmitteldiscounter (Lidl und Aldi) sind hier zu finden. (Abbildung 38) Abbildung 38 Umsätze der 20 größten Textileinzelhändler in Deutschland 2010 (in Millionen Euro; * Schätzwerte) Otto Group* 4.158 Hennes & Mauritz 3.211 C&A 3.011 Metro Group* 2.418 Karstadt* 1.973 Peek & Cloppenburg, Düsseldorf 1.334 Tengelmann-Gruppe* 1.195 Lidl* 1.049 Aldi-Gruppe* 1.034 Tchibo* 945 Esprit* 915 Ernsting‘s Family 845 Takko 738 Primondo Specialty Group 730 New Yorker* 689 546 Klingel* NKD* 483 Inditex* 467 Breuninger 437 Peek & Cloppenburg, Hamburg* 435 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 Quelle: TextilWirtschaft © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 48 | Trends im Handel 2020 Onlinekauf von Textilien Beim Kaufverhalten zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen den Generationen ab. Auf den ersten Blick sieht man zwar, dass das eigene Umsehen im Geschäft bei allen die wichtigste Information vor dem Kauf darstellt, doch bereits hier gehen die Antworthäufigkeiten auseinander. Gerade der jüngsten Zielgruppe ist die Meinung anderer wichtig: sei es durch Beratung im Geschäft oder durch die Empfehlung von Freunden. Auch Herstellerwebseiten nutzen sie stärker als Online haben die meisten der Befragten bereits Mode eingekauft. Wobei der typische Internetkäufer jung und weiblich ist. Dass die Angaben für die zukünftige Attraktivität des Onlinekaufs von Textilien bei dieser Kategorie als einziger unter dem Wert für die Kauferfahrung liegen, ist schwierig zu interpretieren. Schlechte Erfahrung ist die naheliegende Erklärung. Qualität und Lieferbedingungen sind jedoch explizit aus der Betrachtung herausgenommen. Vielleicht möchten sich vor allem weibliche Käufer das Shoppingerlebnis im Geschäft nicht nehmen lassen. (Abbildung 40) die Befragten anderer Altersklassen. Nicht aufgeführt sind in Abbildung 39 Zeitschriften als Informationsquelle, da sie insgesamt nur 17 Prozent der Befragten nutzen. Bei den über 50-Jährigen sind sie jedoch nach wie vor ein wichtiges Medium. 27 Prozent nutzen Zeitschriften, um sich vor dem Modekauf zu informieren. Damit sind sie für diese Altersklasse eine bedeutendere Quelle als sämtliche Internetportale und sogar wichtiger als die Beratung im Geschäft! (Abbildung 39) Abbildung 39 Informationsquellen vor dem Kauf von Textilien (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 57 64 66 66 61 Umsehen im Geschäft 61 61 52 38 Mündliche Empfehlung (offline) 42 38 39 39 39 39 29 34 26 33 Beratung im Geschäft 33 33 35 26 Herstellerwebseite 23 24 26 27 29 20 26 21 24 Preisvergleichswebseite 24 24 0 20 40 Total Basis: n = 389 60 80 0 13 20 40 Geschlecht Basis: n = 191/198 60 80 0 20 40 60 80 Alter Basis: n = 100/94/85/110 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 49 Abbildung 40 Onlinekauf von Textilien (Antwort „Ja“ in Prozent) Haben Sie schon einmal Textilien online eingekauft? 70 72 67 59 68 78 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 60 70 62 80 Geschlecht Basis: n = 581/490 0 10 20 30 40 50 60 70 80 70 80 Alter Basis: n = 263/263/244/301 Unter der Annahme, dass Qualität und Lieferbedingungen Ihren Wünschen entsprechen: Wäre für Sie ein Onlinekauf von Textilien in Zukunft attraktiv? 64 68 63 58 63 69 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 60 58 70 80 Geschlecht Basis: n = 581/490 0 10 20 30 40 50 60 Alter Basis: n = 263/263/244/301 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: EHI Retail Institute Doch fokussieren sich gerade im Onlinetextilbereich zahlreiche Geschäftsmodelle auf die Ansprache junger Frauen. Shoppingclubs und andere Modelle, die zunehmend Social Media-Komponenten einsetzen, richten sich vornehmlich an diese Zielgruppe. Männer werden häufig über das Thema Outdoor und Sport angesprochen. Auch die kundenindividuelle Massenproduktion hat verstärkten Einfluss auf das Angebot von Textilien. Schuhe können nach persönlichem Geschmack konfiguriert werden und maßgeschneiderte Hemden und Anzüge werden einer breiteren Käuferschicht über das Internet zugänglich gemacht. Eine große Herausforderung stellt beim E-Commerce mit Textilien die nach wie vor hohe Retourenquote dar. So ist es logistisch keine einfache Aufgabe, beispielsweise eine online gekaufte Hose, die in einem stationären Geschäft zurückgegeben wird, wieder in den Warenkreislauf einzugliedern und buchungstechnisch korrekt zu erfassen, wenn das Geschäft dieses Modell nicht im Sortiment führt. Vor allem ist der ganze Prozess aber sehr kostenintensiv und kann vorhandene Margen schnell aufzehren. Große Hoffnung legt die Branche daher auf Augmented Reality-Anwendungen. Wenn Kleider virtuell angezogen werden und Farben und Schnitt besser beurteilt werden können, sinkt auch die Anzahl der Bestellungen, die wegen Nichtgefallen oder fehlender Passform zurückgeschickt werden – so zumindest die Hoffnung der Branche. Das Mobiltelefon wird zur Unterstützung des Kaufprozesses beim Bekleidungskauf etwas häufiger eingesetzt als beim Kauf von Artikeln des täglichen Bedarfs. Gerade im Modebereich, wo „Hipness“ eine große Rolle spielt, werden Unternehmen, eher als in anderen Branchen, mit den Möglichkeiten der neuen Technologie spielen. Vor allem Kundenkarten können durch LBS-Anwendungen ersetzt werden. Der Kampf um die wenigen Kartenfächer im Portemonnaie könnte somit beendet werden, wenn Applikationen auf den Smartphones der Kunden den Einkauf oder auch nur den Besuch des Geschäfts registrieren und mit Rabattpunkten belohnen. Spielerische Aspekte könnten dabei vor allem eine junge Käuferschicht ansprechen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 50 | Trends im Handel 2020 5.3 Drogeriemarkt Marktentwicklung Vier deutschlandweit agierende Unternehmen und ein lokaler Platzhirsch teilten sich den Markt. Die Zukunft des bisherigen Branchenführers ist ungewiss, aber Nummer zwei und drei des Umsatzrankings halten das Expansionstempo hoch. So lässt sich in wenigen Worten die Situation im deutschen Drogeriemarkt beschreiben. Genauer, für die Vertriebsform Drogeriemarkt, denn das Drogeriemarktsortiment mit den Hauptkategorien Wasch-, Putzund Reinigungsmittel sowie Gesichtsund Körperpflege wird auch über zahlreiche andere Kanäle vertrieben, allen voran über den Lebensmitteleinzelhandel. Daneben sind Spezialsortimente über Parfümerien, Kosmetikketten, Apotheken und Friseure erhältlich. Beim Internetvertrieb ist die Branche eher ein Nachzügler, aber auch hier verstärken sich die Aktivitäten. Schlecker betreibt Anfang 2012 mit Abstand die meisten Drogeriemärkte in Deutschland, doch musste das Unternehmen im Januar dieses Jahres Insolvenz anmelden. Auf Basis der Gesamtumsätze des Jahres 2010 führte Schlecker auch noch das Umsatzranking an, was sich jedoch bereits 2011 geändert haben dürfte, denn deutschlandweit wachsen vor allem dm-drogerie markt und Ross- mann stark. Auch das abweichende Konzept der Müller-Drogerie kann sich behaupten, das an vielen Standorten lediglich einen Schwerpunkt von Drogerieartikeln vorsieht. Daneben wird unter anderem ein größeres Sortiment an Depot-Parfüm, Multimedia, Haushaltswaren, Büchern, Wäsche und Spielwaren angeboten. Erfolgreich ist auch der lokale Anbieter Budnikowsky, der im Hamburger Raum dominiert. (Abbildung 41) Abbildung 41 Drogeriemarktunternehmen in Deutschland Drogeriemärkte in Deutschland nach Bruttoumsatz 2010 (in Milliarden Euro) 2,43 Schlecker 1,58 dm-drogerie markt Rossmann Müller 4,07 4,08 1,18 3,42 0,71 Budnikowsky 2,29 Ausland 0,39 0 Inland 1 2 3 4 5 6 7 8 Bruttoinlandsumsatz (in Milliarden Euro) 6 5 4 5,50 5,37 5,32 5,12 4,75 4,19 3 2 2,70 2,42 1 3,42 3,13 2,90 2,43 2,22 1,97 3,36 3,02 4,07 4,08 3,75 1,40 0,77 0 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Schlecker dm-drogerie markt Rossmann Quelle: EHI Retail Institute; TradeDimensions; Planet Retail © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 51 Weitere Wettbewerber sind in den letzten Jahren sukzessive von den führenden Markteilnehmern übernommen worden: kd-Märkte wurden bei Rossmann integriert (2004). Das Unternehmen aus Burgwedel hat zudem den norddeutschen Anbieter Kloppenburg erworben (2008), Idea-Filialen wurden von dm-drogerie markt und Schlecker übernommen (2005) und auch Ihr Platz existiert als Marke nun unter dem Dach von Schlecker (2007). Schlecker war zwar das mit Abstand filialstärkste Unternehmen, doch hinsichtlich Flächenproduktivität und Personalkosten konnte Schlecker nicht mit den Ergebnissen von dm-drogerie markt und Rossmann mithalten.17 Folgerichtig hatte das Unternehmen 2010 einen starken Umbruch eingeleitet, der eine geänderte Führungsstruktur ebenso mit einschloss wie eine umfassende Standortbereinigung und eine neue Imagekampagne. Doch die Umstrukturierung führte nicht zu einem schnellen Erfolg, sodass Schlecker im Januar 2012 eine Planinsolvenz beim Amtsgericht Ulm beantragte. Der Fortbestand des Unternehmens scheint nur mit sehr umfassenden Maßnahmen und tiefen Einschnitten gesichert werden zu können. Von der Standortbereinigung möchte auch der Lebensmittelhandel profitieren, indem er als Nahversorger den Wegfall der Kleinstflächen bei Schlecker kompensiert und die Umsätze nun in den eigenen Filialen generiert. Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es regelmäßig Initiativen, Anteile am Drogeriemarkt hinzuzugewinnen, da weite Teile des Sortiments höhere Margen versprechen, als mit großen Bereichen des Lebensmittelsortiments zu erzielen sind. Bisher gelingt es ihm jedoch kaum. Besonders SB-Warenhäuser und große Supermärkte, die ein vollständiges Drogeriesortiment führen, würden im Sinne eines One-StopShoppings einen zusätzlichen Besuch im Fachmarkt eigentlich überflüssig machen. Doch sämtliche Versuche, beispielsweise durch ein besonderes Store Design für den Drogerieauftritt, haben nicht dazu geführt, dass Kundenströme nachhaltig umgelenkt wurden. Die momentane Stärke der Fachmarktbetreiber, die sich in der Umsatzentwicklung ebenso widerspiegelt wie in Kundenzufriedenheitsstudien, lässt sich auch auf positive Bewertungen der Eigenmarkensortimente zurückführen. Sie nehmen bei allen großen Händlern einen bedeutenden Anteil der Regalflächen ein. Eigenmarken werden durchweg als Qualitätsmarken beworben. Zusatzsortimente, wie beispielsweise Haushaltswaren, werden von einigen Unternehmen nur noch mit Eigenmarken bedient. Auch Trends, wie etwa eine stärkere Fokussierung auf Naturkosmetik, werden teilweise erst über Eigenmarken getrieben, bevor sie von großen Markenherstellern aufgegriffen werden. Anzahl der Filialen 12.000 10.800 10.800 8.000 10.650 10.598 10.000 9.800 8.984 8.195 6.000 4.000 2.000 0 799 516 613 2000 2005 1.160 869 2006 1.250 936 1.272 2007 1.012 2008 1.490 1.105 2009 1.520 1.185 1.580 2010 Schlecker dm-drogerie markt Rossmann 17 Lebensmittel Zeitung, Nr. 9, 4. März 2011, S. 4 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 52 | Trends im Handel 2020 Over the Counter Dass sich die Betriebsform Drogeriemarkt in ihrer deutschen Ausprägung kaum im Ausland finden lässt, liegt nicht zuletzt an den gesetzlichen Bestimmungen, die vor allem den Vertrieb von Medikamenten streng regulieren. Ein Großteil der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente unterliegt hierzulande einer Apothekenpflicht. So sind beispielsweise Kopfschmerztabletten, anders als in den Niederlanden oder Großbritannien, nicht im Drogeriemarkt erhältlich. Auch der Vertrieb der frei verkäuflichen Arzneimittel gestaltet sich aktuell schwierig. In Deutschland war der Umsatz mit Over the Counter-Produkten (OTC) sowohl in der Apotheke als auch im Massenmarkt im Jahr 2010 rückläufig.18 Der Preis rückt auch bei OTC-Produkten immer weiter in den Fokus. Ein Grund liegt sicher in der Health-Claims-Verordnung, die die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel stark reglementiert.19 Viele Werbebotschaften sind nicht mehr zulässig, da die Wirksamkeit von selbst entwickelten Stoffen häufig nur schwer belegt werden kann. Zusätzliche Bewegung hätte es in der Branche sicherlich durch eine Liberalisierung des Apothekenmarkts gegeben. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken. Sie dürfen so auch weiterhin nur von einem approbierten Apotheker betrieben werden, der maximal drei weitere Filialapotheken führen darf. Eine Möglichkeit, dass auch juristische Personen Apotheken betreiben dürfen, besteht also nicht. Die Entscheidung des EuGH war so nicht erwartet worden und so hatten viele Handelsunternehmen versucht, sich für den Fall einer Liberalisierung zu wappnen. Auch die Kooperationen mit Onlineversandapotheken sind zum Teil vor diesem Hintergrund zu sehen. Denn dadurch konnten Drogeriehändler zum einen Expertise in einem neuen Sortiment erlangen und sich zum anderen frühzeitig als Pharmaziehändler im Kundenbewusstsein etablieren. Dieses frühzeitige Engagement spiegelt sich auch in der Entwicklung der Vertriebswege wider: Sowohl bei OTC als auch bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nimmt der Versandanteil stetig zu. Kunden kaufen eher ihr Müsli bei einem Anbieter mit Health & BeautyKompetenz, als dass sie ihr Deodorant im Lebensmitteleinzelhandel erwerben. Mögliche Differenzierungsmerkmale fallen somit weg. Hinzu kommt, dass der Kampf um die Regalfläche der Drogeriemärkte zunimmt, da Produkte, die ehemals apothekenexklusiv angeboten wurden, nun vermehrt über den Massenmarkt vertrieben werden. Doch sind OTC-Produkte nicht das einzige Sortiment, das Drogeriemärkte neben Gesichts- und Körperpflegeprodukten und dem Wasch-, Putzund Reinigungssegment führen. Vor allem ein erweitertes Nahrungsmittelangebot lässt sie immer stärker zum Nahversorger werden. Dabei können besonders Bioprodukte vom positiven Image der Drogeriemärkte profitieren. Onlinekauf von Drogerieartikeln Generell sind Fast Moving Consumer Goods ein Spätstarter, was den Onlinevertrieb angeht. Das liegt aus Händlersicht vor allem an der Vielzahl niedrigpreisiger Artikel, die sowohl bei Lebensmitteln als auch bei Waschmitteln und Körperpflegeprodukten zu finden sind. Versandkosten müssen sich vernünftig darstellen lassen – aus Händler- wie aus Kundensicht. Denn die Bereitschaft, für Produkte des täglichen Bedarfs Versandgebühren zu bezahlen, ist erfahrungsgemäß gering. Als erster großer stationärer Händler wurde Rossmann im E-Commerce aktiv. Bereits 1999 eröffnete das Unternehmen eine „Internetdrogerie“. Das Sortiment ist aktuell gegenüber dem stationären Handel deutlich ausgeweitet. Ein ähnliches Bild stellt sich bei Schlecker dar. So sind auf schlecker.com beispielsweise die Rubriken „Münzen“ und „Baumarkt“ zu finden – nur mit Duschgel und Spülmittel ist es offensichtlich schwer, online Geld zu verdienen. Im Jahr 2011 hat dm-drogerie markt eine Kooperation mit Amazon ins Leben gerufen und bietet sein Eigenmarkensortiment nun über diesen Marktplatz an. Amazon fungiert dabei schlichtweg wie eine dm-Filiale, die wie andere Filialen beliefert wird und zu gleichen Preisen anbietet. Da dm-drogerie markt sich streng auf das Stammsortiment konzentriert und auch für das Onlinegeschäft nicht in neue Sortimente einsteigen will, scheint dieser vorsichtige Ansatz zunächst gut geeignet, um entsprechende Erfahrungen zu sammeln. 18 IMS Health, IMS Marktbericht Entwicklung des Pharmamarkts im Dezember und im Jahr 2010 19 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 53 Abbildung 42 Onlinekauf von Drogerieartikeln (Antwort „Ja“ in Prozent) Haben Sie schon einmal Drogerieartikel online eingekauft? 27 29 34 32 33 38 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 38 40 50 Geschlecht Basis: n = 581/490 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 Alter Basis: n = 263/263/244/301 Unter der Annahme, dass Qualität und Lieferbedingungen Ihren Wünschen entsprechen: Wäre für Sie ein Onlinekauf von Drogerieartikeln in Zukunft attraktiv? 42 47 51 47 48 47 47 0 10 20 30 40 50 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 Geschlecht Basis: n = 581/490 0 10 20 30 40 50 Alter Basis: n = 263/263/244/301 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG Etwa ein Drittel der Befragten hat bereits Drogerieartikel online eingekauft. Dabei sind die Frauen in der Überzahl. Auffällig ist, dass die Gruppe der über 50-Jährigen die größte altersmäßige Gruppe darstellt. Eine mögliche Erklärung ist, dass dem Wunsch nach Diskretion, beispielsweise beim Kauf von Produkten aus dem medizinisch-hygienischen Bereich, beim Internetkauf eher Rechnung getragen wird. (Abbildung 42) Von einem Anstieg des Onlineanteils der Drogerieumsätze geht jedoch auch ein Großteil der Befragten aus. Die meisten Drogerieartikel sind weitgehend temperaturunempfindlich und haben langfristige Verfallsdaten. Sie sind daher deutlich besser für den Versand geeignet als andere schnelldrehende Konsumgüter. Darüber hinaus lässt sich ihr Bedarf aus Kundensicht gut planen. Mit dem allgemeinen Onlinewachstum wird auch in dieser Branche der E-Commerce-Anteil steigen – auch wenn bei sämtlichen Gütern des täglichen Bedarfs der stationäre Einkauf weiterhin den weitaus größten Anteil haben wird. Doch nicht nur der Kauf, auch die Möglichkeiten, sich online zu informieren, werden wenig genutzt – die Internetseite des Händlers steht dabei noch an erster Stelle. Am ehesten recherchieren hier die Mitglieder der Altersklasse der 50- bis 60-Jährigen (28 Prozent), die andere Onlinequellen aber weitgehend ungenutzt lassen. Geschlechtsspezifische Unterschiede lassen sich für Drogerieartikel vor allem bei der Nutzung von Preisvergleichsseiten feststellen. Männer (19 Prozent) informieren sich hier deutlich häufiger als Frauen (11 Prozent). Eine künftige Änderung der Prioritätenliste der Informationsquellen ist nach den Äußerungen der Probanden eher unwahrscheinlich. Die eigene Recherche vor Ort ist und bleibt nach Einschätzung der Befragten die wichtigste Informationsquelle für Drogerieartikel. (Abbildung 43) © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 54 | Trends im Handel 2020 Abbildung 43 Informationsquellen vor dem Kauf von Drogerieprodukten (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 57 61 Umsehen im Geschäft 65 58 61 61 60 46 35 Mündliche Empfehlung (offline) 35 34 33 37 39 29 26 30 Testberichte 32 37 35 33 26 21 24 29 23 Beratung im Geschäft 25 26 22 22 19 28 23 Händlerwebseite 23 23 0 20 40 60 80 Total Basis: n = 487 0 20 40 60 80 Geschlecht Basis: n = 248/239 0 20 40 60 80 Alter Basis: n = 117/127/103/140 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG Ob online oder stationär, wichtig ist, den Kunden im Unternehmen zu behalten. Das bedeutet, dass Kundenbindungsprogramme kanalübergreifend erfolgen müssen. Eine Möglichkeit, die den Befragten vorgestellt wurde, ist die Vereinbarung eines monatlichen Mindestumsatzes (online und offline) mit einem Handelsunternehmen der Wahl, um im Gegenzug in den Genuss von Rabatten zu gelangen. Mit der bereits angesprochenen Planbarkeit des Bedarfs von Toilettenpapier, Duschgel und Deodorant wäre der Drogeriemarkt prädestiniert für ein solches Konzept – doch die Teilnehmer der Umfrage sind unentschieden, ob sie ein solches Konzept nutzen würden. (Abbildung 44) Abbildung 44 Shoppingkonzept „Mindestumsatz gegen Rabatt“ (Angaben in Prozent; Basis: n = 1.071) 5 24 15 Mit meinem bevorzugten Drogeriemarkt vereinbare ich einen Mindestumsatz. Im Gegenzug erhalte ich einen Rabatt auf die Jahressumme. Dieses Konzept werde ich … bestimmt nutzen wahrscheinlich nutzen vielleicht nutzen wahrscheinlich nicht nutzen bestimmt nicht nutzen 27 30 Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 55 5.4 Baumarkt Abbildung 45 Entwicklung der Umsätze der Bau- und Heimwerkermärkte in Deutschland (in Milliarden Euro) Marktentwicklung Die absatzseitigen Trends der Baumarktbranche sind oft schwer greifbar: Cocooning hieß das Schlagwort Anfang des Jahrtausends – das Zurückziehen in das eigene Heim, verbunden mit einer Umgestaltung des wohnlichen Umfelds. Daraus entwickelte sich der „Homing“-Trend, bei dem die aktive Freizeitgestaltung und gesellschaftliche Aktivitäten in den Mittelpunkt rücken: Gemeinsame Dinner- oder Spielabende und das Heimkinoerlebnis werden als Beispiele genannt. „Das Zuhause wird zum repräsentativen Statussymbol und dient als Ausdruck des persönlichen Lebensgefühls“, hieß es im Programm zum Baumarkt-Kongress 2007 des Bundesverbands Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenmärkte (BHB). Homing wurde also zu einer Zeit als Trend erkannt, als die Auswirkungen der beginnenden Finanzkrise auf die Realwirtschaft noch nicht abzusehen waren. Erfahrungen zeigen, dass in Krisenzeiten das eigene Heim besonders im Fokus steht. 20 16,76 17,43 17,67 17,88 17,64 17,55 17,90 18,71 16,85 17,27 18,43 16,92 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 15 10 5 0 Quelle: BHB/GfK-Report Bei den umsatzstärksten deutschen Baumarktbetreibern hat Bauhaus mittlerweile Praktiker (inklusive Max Bahr und extra) vom zweiten Rang verdrängt. (Abbildung 46) Diese beiden Unternehmen erzielen, ebenso wie Obi, einen signifikanten Teil des Umsatzes im Ausland. Die von Trendforschern identifizierte Entwicklung erhielt somit eine zusätzliche Dynamik. Und in der Tat ist der Bau- und Heimwerkermarkt besser durch die Wirtschaftskrise gekommen als andere Handelsbereiche und im Krisenjahr 2009 konnte die Branche ein Umsatzwachstum vermelden. (Abbildung 45) Abbildung 46 Bruttoumsatz und Filialanzahl der größten deutschen Baumarktbetreiber 2011 (Bruttoumsatz in Milliarden Euro) 6,70 Obi 578 4,75 Bauhaus Praktiker/extra/Max Bahr 218 3,81 Hornbach 448 3,50 Zeus 132 2,63 Rewe (toom/B1) 723 2,41 Globus/Hela 359 1,38 Eurobaustoff 96 0,92 336 EMV-Profi 0,80 310 BayWa 0,76 267 0 1 2 3 4 5 6 7 Quelle: Dähne Verlag 2012 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 56 | Trends im Handel 2020 Betrachtet man nur die Bau- und Heimwerkermärkte in Deutschland, verschiebt sich das Bild ein wenig. Im Inland spielen vor allem auch Rewe (toom/B1) und Zeus eine bedeutendere Rolle. Letztgenannter, ein Gemeinschaftsunternehmen von E/D/E, EK/servicegroup und hagebau, betreibt zudem die meisten Standorte in Deutschland: je nach Definition zwischen 406 und 723 zum Jahresende 2011. 20 Die Anzahl der Märkte in Deutschland insgesamt ist seit 2007 leicht rückläufig. Das liegt allerdings nicht nur an Schließungen, sondern auch daran, dass einige kleinere Formate nach einer Sortimentsstraffung aus der Definition des BHB herausgefallen sind. Andere Standorte wurden verlagert oder ausgebaut, sodass im gleichen Zeitraum trotz Filialrückgang die gesamte Verkaufsfläche weiter zugenommen hat. Der durchschnittliche Baumarkt hat aktuell eine Verkaufsfläche (innen) von etwa 5.360 qm und ist damit über 600 qm größer als noch im Jahr 2005. (Abbildung 47) Verkaufsflächen von über 10.000 qm weisen zwar nur etwa 10 Prozent aller Märkte auf, doch sind mittlerweile große Flaggschiffe mit einer Fläche von über 20.000 qm und Drive-in-Möglichkeit an zahlreichen Ausfahrtstraßen in Deutschland zu finden. Bei der Kundenansprache ist bei vielen Baumarktbetreibern eine Änderung in der Kommunikation bemerkbar. Rabattschlachten und das Preisthema insgesamt sind dabei etwas in den Hintergrund gerückt. Nachdem vor Kurzem noch „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“ einer der bekanntesten Werbesprüche war und neben „Geiz ist geil!“ häufig im Zusammenhang mit der besonderen Preisfokussierung im deutschen Einzelhandel Abbildung 47 Verkaufsfläche und Filialanzahl der Baumärkte in Deutschland 6.000 5.000 4.000 4.070 3.000 10,6 2.000 5.220 5.040 5.120 4.820 4.940 4.720 4.480 4.580 4.230 4.350 11,0 11,3 11,5 11,7 11,8 12,0 12,2 12,3 12,4 12,6 5.320 5.360 12,7 12,8 2.605 2.609 2.590 2.570 2.552 2.505 2.495 2.460 2.438 2.428 2.421 2.390 2.381 1.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Durchschnittliche Verkaufsfläche in qm Gesamte Verkaufsfläche in Millionen qm Anzahl Märkte Quelle: gemaba Abbildung 48 Strategische IT-Projekte von Händlern mit Slow Moving Consumer Goods 2011 (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) Optimierung Merchandise-Planung 35 Aufbau/Ausweitung E-Commerce 35 Optimierung/Ausbau Kundenintegration 23 Ausbau Business Intelligence 15 Konsolidierung zentraler Systeme 15 0 5 10 15 20 25 30 35 Quelle: EHI Retail Institute zitiert wurde, stehen nun Sortimente und Kundenbedürfnisse – zumindest in der Kommunikation – mehr im Mittelpunkt. Um die Realisierung der dafür notwendigen Maßnahmen entsprechend zu gewährleisten, müssen zum einen Daten erhoben und analysiert und zum anderen Prozesse verbessert werden. Entsprechend investiert die Branche in die Optimierung ihrer Systeme. (Abbildung 48) 20 Der Branchenverband BHB nimmt in seiner Zählung lediglich Märkte auf, die mindestens 1.000 qm Verkaufsfläche aufweisen und deren Sortiment zu über 50 Prozent Baumarktwarengruppen zugeschlüsselt ist. Der Dähne Verlag erfasst hingegen sämtliche Märkte eines Unternehmens. Das führt auch zu deutlichen Unterschieden bei Umsatzangaben für den deutschen Bau- und Heimwerkermarkt. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 57 Onlinekauf von Baumarktartikeln Einen hohen Stellenwert nehmen die Etablierung und der Ausbau von E-Commerce-Aktivitäten auf der Agenda der Do-it-yourself-Händler (DIY-Händler) ein. Seit Ende 2010 lassen sich bei mehreren Unternehmen entsprechende Aktivitäten beobachten. Für einige Baumarktbetreiber, wie beispielsweise Obi, bedeutet dies einen Wiedereinstieg in den Onlinehandel mit DIY-Produkten. Denn Obi trat bereits im Jahr 2001 mit der Kooperation obi@otto an den Markt. 2007 wurde die Zusammenarbeit jedoch beendet. Den Platz an der Seite des Versandhändlers Otto nimmt seitdem hagebau ein. Gemeinsam betreiben beide Unternehmen die Plattform baumarkt-direkt. organisierte Unternehmen müssen in besonderer Weise die Verantwortlichen vor Ort von der Einführung eines neuen Vertriebskanals überzeugen. Eine Herausforderung, wie sie beispielsweise das Franchisesystem Obi meistern muss. Zum anderen sind es die Produkte selbst, die sich sehr unterschiedlich für einen Verkauf über das Internet eignen. Bei laufenden Bau- und Renovierungsmaßnahmen ist beispielsweise die unmittelbare Produktverfügbarkeit entscheidend. Die Kaufentscheidung fällt meist im Markt. Unsere Umfrage zeigt, dass das eigene Umsehen und die Beratung im Geschäft deutlich häufiger als Informationsquelle genannt werden als der Besuch der Internetseiten eines Händlers, eines Herstellers oder einer Informationsplattform. (Abbildung 49) Die zeitlich eng beisammenliegenden Onlineaktivitäten der Unternehmen, wie die Eröffnung eines Onlineshops durch Hornbach und der Wiedereinstieg von Obi und Praktiker, könnten ein Zeichen für die Befürchtung in den Führungsetagen sein, einen wichtigen Trend zu verschlafen. Sie zeigen durch ihr Engagement allerdings auch, dass die Branche das Onlinefeld nun für DIY-Produkte bereitet sieht. Mit dem Auftritt von Hellweg ist allerdings das Feld der Onliner schon komplett (Stand Dezember 2011). Andere Baumarktbetreiber zögern noch mit einem Onlinevertrieb. Die lange Zurückhaltung der Unternehmen hat verschiedene Gründe. Sie liegen zum einen in den unternehmenseigenen Strukturen. Dezentral Abbildung 49 Informationsquellen vor dem Kauf von Baumarktprodukten (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 56 67 71 67 72 68 Umsehen im Geschäft 69 52 50 41 46 Beratung im Geschäft 38 54 45 42 44 32 39 Mündliche Empfehlung (offline) 35 36 51 30 33 36 Testberichte 35 41 33 34 22 16 27 26 Preisvergleichswebseite 25 24 0 20 Total Basis: n = 262 40 60 80 0 34 20 40 Geschlecht Basis: n = 163/99 60 80 0 20 40 60 80 Alter Basis: n = 50/70/66/76 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 58 | Trends im Handel 2020 Das fehlende haptische Erlebnis der Ware galt auch lange in anderen Segmenten als größter Hinderungsgrund für einen erfolgreichen Onlinevertrieb. Doch das Beispiel Textilien zeigt, dass Verbraucher mittlerweile auch bereit sind, solche Produkte über das Internet zu erwerben, deren genaue Merkmale sich online nur unzureichend darstellen lassen. Standardisierte Produkte und Artikel, deren Eigenschaften sich verbal gut beschreiben lassen, sind ohnehin für das Onlinegeschäft prädestiniert: Akkuschrauber und Gartenschere lassen sich somit hervorragend online vertreiben. Mit dem generell gestiegenen Wunsch der Kunden, Produkte online zu bestellen, werden auch schnell signifikante Steigerungsraten beim E-Commerce mit weiten Teilen des DIY-Sortiments erzielt werden. Noch ist die Anzahl derer, die Baumarktartikel bereits online gekauft haben, allerdings gering. (Abbildung 50) Entsprechend sieht auch das Nutzungsverhalten im M-Commerce aus. Das Smartphone wird kaum in den Einkaufsprozess einbezogen. Wie in anderen Warengruppen auch, sind nur wenige Verbraucher überzeugt, dass sich die mobile Informationsbeschaffung während des Einkaufs als nützlich erweisen wird. Es wird sich zeigen, inwieweit der Ausbau des Onlinegeschäfts auch Einfluss auf die Formatentwicklung haben wird. Grundsätzlich benötigen Kunden Parkmöglichkeiten, denn ein Großteil des Sortiments kann nur mit dem Auto nach Hause transportiert werden. Innerstädtische Lagen für kleinere Formate, wie sie für andere Einzelhandelsbranchen diskutiert werden, sind daher für Baumarktkonzepte schwierig. Was heute jedoch schon teilweise praktiziert wird, ist die Ergänzung des Sortiments vor Ort um weitere Produkte, die im Geschäft online bestellt werden können. Kleinere Filialen können damit das gleiche Portfolio anbieten wie die großen Flaggschiffe. Gerade in der Sortimentstiefe könnte die Verlagerung in die Onlinefiliale einen generellen Ansatz darstellen. Besonders für sperrige Produkte kann die Fläche reduziert werden und Kunden erhalten die Ware bequem nach Hause geliefert. Verkaufsgespräche lassen sich zudem bei einer reduzierten Sortimentstiefe einfacher führen. Vor allem wenn Ausstattung und Preis verschiedener Modelle eng beieinander liegen, lassen sich schwer überzeugende Argumente für oder gegen ein einzelnes Modell finden. Sollte das vorliegende Sortiment dennoch nicht überzeugen können, ist das erweiterte Angebot im Onlineshop, dem Kunden per Tablet direkt am Regal präsentiert, so etwas wie das Ass im Ärmel des Verkäufers. Abbildung 50 Onlinekauf von Baumarktartikeln (Antwort „Ja“ in Prozent) Haben Sie schon einmal Baumarktartikel online eingekauft? 8 19 18 16 17 13 0 10 20 30 40 50 Total Basis: n = 1.071 0 10 24 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 40 50 Alter Basis: n = 263/263/244/301 Geschlecht Basis: n = 581/490 Unter der Annahme, dass Qualität und Lieferbedingungen Ihren Wünschen entsprechen: Wäre für Sie ein Onlinekauf von Baumarktartikeln in Zukunft attraktiv? 29 41 41 39 40 37 34 0 10 Total Basis: n = 1.071 20 30 40 50 0 10 20 Geschlecht Basis: n = 581/490 30 40 50 0 10 20 30 Alter Basis: n = 263/263/244/301 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 59 Hinsichtlich der weiteren Flächenbewirtschaftung sind zudem vermehrt Shop-in-Shop-Konzepte mit namhaften Herstellern (zum Beispiel Bosch bei Bohrmaschinen) und für ergänzende Sortimente (zum Beispiel von Depot) zu beobachten. Auch beim wichtigen Differenzierungsmerkmal Service hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Die Baumarktbranche ist bemüht, auf schlechte Beratungsbewertungen vergangener Jahre21 entsprechend zu reagieren. Kunden können vom Baumarkt ausgerichtete Schulungen besuchen, um beispielsweise zu lernen, wie ein Waschtisch mit Armaturen richtig angebracht wird, sie können Werkzeuge mieten und Einrichtungsberater kontaktieren. 5.5 Einzelhandel mit Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik Marktentwicklung Der Markt für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, kürzer unter dem englischen Begriff Consumer Electronics (CE) zusammengefasst, hat mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 deutliche Wachstumsraten beim Umsatz über die vergangenen Jahre vorzuweisen. (Abbildung 51) Auch im Jahr 2011 konnte die Branche eine Umsatzsteigerung von gut 5 Prozent verzeichnen. Abbildung 51 Umsatz mit Consumer Electronics in Deutschland (in Milliarden Euro) Aktuell wächst vor allem der Telekommunikationssektor und kann sogar einen leichten Rückgang im Segment Unterhaltungselektronik überkompensieren. Technische Geräte sind aufgrund kurzer Innovationszyklen häufig von einem starken Preisverfall betroffen. Ein Mengenwachstum kann niedrigere Preise nicht immer auffangen, das ist zurzeit bei LCD-Fernsehern zu beobachten. 2010 erzielten die größten sieben Technik-Fachhändler einen Umsatz von rund 24 Milliarden Euro – eine Steigerung von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Uneingeschränkter Marktführer ist weiterhin die MetroTochter Media Markt/Saturn, die allerdings Marktanteile an die folgenden Verbundgruppen Euronics, ElectronicPartner und expert verloren hat. (Abbildung 52) 30 25 20 22,4 23,2 2006 2007 24,4 24,3 2008 2009 27,2 25,8 15 10 5 0 2011 2010 Quelle: gfu Abbildung 52 Umsatz der größten Elektrofachhändler in Deutschland 2010 (in Milliarden Euro; * Schätzwerte) 10,81 Metro 4,00 Euronics Electronic Partner* 3,44 expert* 2,96 telering* 1,56 Conrad Electronic* 0,73 Rewe 0,73 0 2 4 6 8 10 12 Quelle: EHI Retail Institute 21 Vergleiche Stiftung Warentest, Heft 6/2004 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 60 | Trends im Handel 2020 Im Vergleich zu branchenfremden Anbietern hat sich der Fachhandel zuletzt besser behauptet. Discounter, SB-Warenhäuser, Kaufhäuser und Anbieter wie Tchibo können etwa ein Viertel des Umsatzes auf sich vereinen. Der Anteil der Fachmarktbetreiber macht gut die Hälfte des Gesamtmarkts aus, ein weiteres Viertel resultiert aus dem Außenumsatz der Verbundgruppen. Die Mitgliedschaft in einer solchen Verbundgruppe ist für kleinere und mittlere Fachhändler unverzichtbar geworden. Sie bietet neben günstigeren Einkaufsbedingungen den Vorteil eines einheitlichen Markenauftritts und der Teilnahme an überregionalen Marketingaktivitäten. Dabei geht zwar ein Teil an Individualität verloren, doch kann das, gerade bei kleineren Geschäften, durch das Personal aufgefangen werden. Chancen bestehen für den traditionellen Facheinzelhändler dann in Zusatzleistungen und in herausragendem Service vor Ort, um sich so dem direkten Preisvergleich zu entziehen. Vielfach informieren sich Kunden jedoch bereits im Vorfeld ausführlich über ein gesuchtes Produkt, sodass sie sich anschließend lediglich den günstigsten Anbieter auswählen. Für die Gruppe der älteren Konsumenten sind guter Service und fachgerechte Beratung allerdings weiterhin wichtige Aspekte bei der Auswahl des Geschäfts. Besonders erklärungsbedürftige Produkte wie Smartphones oder Tablets eröffnen zusätzliche Möglichkeiten, um Umsätze auszuschöpfen. Wie bereits bei weißer Ware, ist das Energielabel auch für TV-Geräte ab Dezember 2011 verpflichtend. Die Beratung zum Thema Stromverbrauch könnte damit ein Feld für den Fachhandel werden, um mit Kunden ins Gespräch zu kommen. Konsumentenverhalten und Mediennutzung Die CE-Branche ist wie keine andere von erfolgreichen Innovationen der Hersteller abhängig. Erschwerend kommt für den Handel hinzu, dass der Bedarf für die meisten dieser Produktneuheiten beim Kunden erst geweckt werden muss. Oftmals gelingt das nicht und Kundenbedürfnisse werden falsch eingeschätzt. Neuerungen wie die HD-DVD oder das Bildtelefon wurden so zu Misserfolgen, während Tablets und Smartphones vielfach nur geringe Marktchancen eingeräumt wurden. Abbildung 53 Pro-Kopf-Ausgaben für Elektroartikel 2010 Gesamtausgaben: 540 Euro (Angaben in Euro) 35 31 140 49 61 90 134 Informationstechnologie Kürzer werdende Innovations- und Produktlebenszyklen im Zuge der Digitalisierung wirken sich auch auf das Nutzungsverhalten der Konsumenten aus. Daraus resultieren für den Handel immer härtere Preiskämpfe und ein schnellerer Preisverfall der Produkte. Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die demografische Entwicklung auf die Innovationsprozesse der Branche hat, da der Anteil der unter 20-Jährigen weiter abnimmt, die technische Innnovationen meist schneller aufnehmen und somit Trends etablieren. Quelle: GfK Retail and Technology; EHI Retail Institute Hauptthema in den kommenden Jahren und damit Wachstumstreiber wird die mobile Nutzung des Internets sein. Mit der Versteigerung der LTEFrequenzen im Mai 2010 wurden die Voraussetzungen für ein gegenüber UMTS noch leistungsfähigeres mobiles Datennetz geschaffen. Die Entwicklung von Cloud Computing und die Vernetzung von Komponenten macht die mobile Mediennutzung unabhängig von lokalen Speicher- und Rechenressourcen und der Konsument erhält Zugang zu einer nahezu unbegrenzten Zahl an verschiedenen Medien. Industrie und Handel sind aufgerufen, entsprechende Endgeräte anzubieten und weiterzuentwickeln. (Abbildung 53) Ausgaben von etwa 540 Euro pro Person entfielen 2010 auf Elektroartikel. In den Consumer Electronics-Kategorien waren vor allem LCD-TV-Geräte, Notebooks und Smartphones gefragt – letztere werden neben Tablets auch weiterhin zu den Wachstumstreibern gehören. Mit dieser neuen Mobiltelefongeneration stehen nun die entsprechenden Technologien und Bedienkonzepte zur Verfügung, die es erlauben, Stand-Alone-Geräte wie MP3-Player, Kompaktkameras oder auch GPSNavigationssysteme adäquat zu ersetzen. Auf Seiten der Software verläuft die Entwicklung weg von speziell auf ein Modell zugeschnittenen Bedienkonzepten hin zu universellen und um Unterhaltungselektronik Elektrogroßgeräte Office Telekommunikation Elektrokleingeräte Foto © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 61 Zusatzprogramme erweiterbaren Plattformen. Insgesamt wird es zukünftig weniger Geräte geben, die aber deutlich mehr können. Auf der anderen Seite besteht der Wunsch nach einfacher Bedienung. Gerade für ältere Kunden ist das Angebot an entsprechenden Produkten, die häufig auf wesentliche Produkteigenschaften reduziert sind, von Bedeutung. Ein weiteres Thema ist die Vernetzung von Komponenten in Haushalten und in Geräten, die vielerlei Funktionen wahrnehmen können. Fast alle neuen TV-Geräte sind heute schon internetfähig. Kunden haben den Wunsch, nicht nur Zuschauer zu sein, sondern aktiv am Geschehen teilzuhaben. Die hybride TV-Technik schafft dafür die Voraussetzungen. Das klassische Programm-TV wird weniger, stattdessen entscheidet der Kunde, was und zu welchem Zeitpunkt er schauen will. Onlinekauf von Consumer Electronics Mit knapp 20 Prozent des Umsatzes wird ein bedeutender Teil der Consumer Electronics-Umsätze bereits heute online erzielt. Damit gehört die Technikbranche zu den stärksten im E-Commerce-Segment. So kommt Amazon in Deutschland auf geschätzte 1,5 Milliarden Euro, die allein mit Consumer Electronics erwirtschaftet werden. Aber auch Anbieter wie notebooksbilliger.de haben sich etabliert und der Erfolg von iPhone und iPad führt zu entsprechenden Umsätzen auf store.apple.com. (Abbildung 54) Pioniere im Onlinehandel mit Consumer Electronics waren reine Internethändler. Ihre Zahl wächst auch weiterhin und macht mit einem preisaggressiven Angebot den etablierten Unternehmen Marktanteile streitig. In der Zwischenzeit haben jedoch auch Multi-Channel-Angebote von Fachmarktbetreibern an Bedeutung gewonnen. Die Bedienung des Kunden über mehrere Vertriebskanäle ist für den Verkauf von Elektrogroßgeräten besonders Erfolg versprechend, da Kunden auch bei einer Onlinebestellung eine Anlaufstelle für Reparaturen oder Reklamationen in Wohnortnähe geboten werden kann. Fachmarktbetreiber wie Media Markt/ Saturn und Promarkt haben das Internet lange Zeit nicht als gewinnbringenden Absatzkanal gesehen oder aus unternehmenspolitischen Gründen nicht genutzt. Um den Kundenwünschen nach Einkaufsmöglichkeiten über alle Kanäle gerecht zu werden, hat die Metro-Gruppe im März 2011 zunächst den Onlinehändler redcoon in ihr Portfolio aufgenommen. Im Oktober 2011 folgte der Onlineshop von Saturn und seit Januar 2012 verkauft auch Media Markt über das Internet. Bekannte Markennamen und die Möglichkeit einer konsequenten Vernetzung von Onlineshop und stationärem Geschäft sprechen dafür, dass der Einstieg des Branchenführers ins Onlinegeschäft zwar spät, jedoch nicht zu spät erfolgt ist. Vermehrt nutzen auch Hersteller das Internet, um ihre Produkte direkt zu vertreiben. Manche Anbieter wie die Firma Dell sind sogar Pure Player, die ihre Produkte ausschließlich über das Internet verkaufen. Hier kann sich der Kunde PC und Zubehör modular nach seinen Wünschen zusammenstellen. Abbildung 54 Onlineumsätze der größten E-Commerce-Händler mit Consumer Electronics 2010 (in Millionen Euro) 1.500 amazon.de telekom.de 438 conrad.de 433 notebooksbilliger.de 328 store.apple.com 250 cyberport.de 190 0 300 600 900 1.200 1.500 Quelle: EHI Retail Institute © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 62 | Trends im Handel 2020 Abbildung 55 Onlinekauf von Elektroartikeln (Antwort „Ja“ in Prozent) Haben Sie schon einmal Elektroartikel online eingekauft? 68 79 72 0 10 20 30 40 50 60 76 77 63 70 80 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 67 60 70 80 Geschlecht Basis: n = 581/490 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Alter Basis: n = 263/263/244/301 Unter der Annahme, dass Qualität und Lieferbedingungen Ihren Wünschen entsprechen: Wäre für Sie ein Onlinekauf von Elektroartikeln in Zukunft attraktiv? 70 79 79 75 73 74 69 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Total Basis: n = 1.071 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Geschlecht Basis: n = 581/490 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Alter Basis: n = 263/263/244/301 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG Auch die Verbraucherbefragung zeigt, dass Onlineshopping bei Elektrogeräten im Vergleich zu anderen Non-FoodSegmenten heute schon eine wichtige Rolle spielt. Ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren nochmals zunehmen. Dies betonen 74 Prozent der Befragten. (Abbildung 55) Doch bereits vor dem Kauf wird das Internet zur Informationsbeschaffung eingesetzt. Je höher der Preis eines Artikels, umso intensiver ist die Recherche vorab. Als Informationsquellen wurden von den Befragten Testberichte (zum Beispiel Stiftung Warentest) an erster Stelle genannt, Unterhaltungselektronik ist das einzige Sortiment, bei dem für Kunden das Umsehen im Geschäft nicht die wichtigste Form der Informationsbeschaffung ist. gefolgt vom Umsehen beziehungsweise der eigenen Recherche im Geschäft. Darüber messen vor allem Männer Preisportalen und Herstellerwebseiten eine große Bedeutung zu. Ebenso sind Preisvergleiche über das Internet für Kunden bei Consumer Electronics weit wichtiger als in allen anderen untersuchten Branchen, wobei die Internetseiten der Händler selbst eher von geringer Bedeutung sind. Anstelle der Informationsbeschaffung online kommt bei Frauen der Beratung durch den Fachverkäufer im Geschäft eine größere Rolle zu. Die zukünftige Bedeutung der verschiedenen Informationsquellen wird sich nach Meinung der Befragten nicht wesentlich verändern. (Abbildung 56) © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 63 Abbildung 56 Informationsquellen vor dem Kauf von Elektroartikeln (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 64 59 60 70 64 64 Testberichte 64 56 55 60 57 61 Umsehen im Geschäft 57 50 55 51 52 50 54 Preisvergleichswebseite 52 48 54 51 53 Herstellerwebseite 49 37 42 52 49 48 22 Beratung durch Fachverkäufer 44 38 41 24 0 20 Total Basis: n = 308 40 60 80 0 20 40 Geschlecht Basis: n = 197/111 60 80 0 20 40 60 80 Alter Basis: n = 78/83/63/84 männlich 16 bis 29 Jahre weiblich 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 60 Jahre Quelle: KPMG Aufgrund des starken Wettbewerbs durch Onlineanbieter ist zu erwarten, dass der stationäre Handel weiter an Marktanteilen verlieren wird. Für jüngere Käufer – sogenannte Digital Natives – ist es selbstverständlich, über das Internet Einkäufe zu tätigen. Zu den typischen Schnäppchenkäufern gesellen sich immer mehr Kunden, die Vorzüge wie Bequemlichkeit, ein breites Sortiment und ausführliche Produktinformationen im Internet schätzen. Im Jahr 2020 ist auf Handelsseite eine Dreiteilung denkbar, in der sich Media Markt/Saturn sowie die großen Verbundgruppen gegenüberstehen, deren besondere Chance bei den innovativen, qualitativ hochwertigen und oft auch beratungsintensiven Produkten liegt. Hinzu kommen Händler, die über das Onlinegeschäft in den Markt eingestiegen sind. Da deren Anzahl noch relativ groß ist, sind hier Verschiebungen und Konzentrationsbewegungen wahrscheinlich. Reine stationäre und reine Onlinehändler müssen ihre Stärken als Spezialisten ausspielen. Pure Player auf Anbieterseite, die auch gleichzeitig die gesamten Logistikprozesse abdecken, bilden weiterhin eine Ausnahme. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 64 | Trends im Handel 2020 5.6 Möbeleinzelhandel Marktentwicklung Der Möbeleinzelhandel sieht sich in einem Spannungsfeld zwischen Konzentrationsprozess auf der einen Seite und Flächenwachstum auf der anderen. Mit Ausnahme des Jahres 2009 bewegte sich der Umsatz des Möbeleinzelhandels in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren mit knapp 30 Milliarden Euro auf relativ konstantem Niveau. (Abbildung 57) Überdurchschnittlich erfolgreich sind die zehn größten Unternehmen, die inzwischen knapp ein Drittel des Gesamtumsatzes erwirtschaften. Große Sprünge im Ranking sind in den nächsten Jahren tendenziell nicht zu erwarten. Drei Viertel des Möbelumsatzes werden über den Möbelfachhandel generiert, zu einem Viertel tragen branchenfremde Anbieter wie Bau- und Heimwerkermärkte zum Umsatz bei. Der weitaus größte Teil des Umsatzes wird im stationären Handel getätigt. Der Anteil des Versandhandels (inklusive Onlinehandel) liegt zurzeit bei gut 5 Prozent, aber mit stark steigender Tendenz. Durchschnittlich gibt in Deutschland jeder Bürger rund 340 Euro pro Jahr für Möbel aus. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich deutlich an der Spitze, gefolgt von Italien und Frankreich. Viele Möbelstücke werden erst nach zehn bis 15 Jahren ersetzt. Gelingt es, diese Zyklen in Zukunft beispielsweise durch neue Kollektionen zu verkürzen, kann damit zusätzlicher Umsatz generiert werden. Geeignete Instrumente können die Verstärkung des Erlebniskaufs oder der Exklusivkauf sein. Sehr erfolgreich praktizieren dies bereits Unternehmen aus der Textilbranche. Auch der Austausch von Altgeräten bei Haushaltselektronik gegen energieeffiziente Produkte bietet Potenzial. Durch besondere Aktivitäten wie die Entsorgung alter Geräte oder attraktive Finanzierungsmodelle kann das Verkaufsgespräch positiv beeinflusst werden. Abbildung 57 Umsatzentwicklung im deutschen Möbeleinzelhandel (in Milliarden Euro) 35 30 30,4 29,8 29,7 29,4 29,9 2006 2007 2008 2009 2010 25 20 15 10 5 0 Quelle: möbel kultur, Juli 2011 Laut diversen Untersuchungen sind Kunden beim Kauf in den letzten Jahren emotionaler, aber auch pragmatischer geworden. Damit einher geht der Trend, nicht generell in einem bestimmten Preissegment, sondern sowohl preiswert als auch qualitätsbewusst einzukaufen. Trotz Rückgang der Wohnbevölkerung steigt die Zahl der (Klein-)Haushalte leicht an und lässt Raum für moderate Umsatzsteigerungen im Möbelhandel. Der Altersdurchschnitt nimmt zu. Zielgruppengerechte Ansprache und neue Trends eröffnen dem Möbelhandel die Chance für innovative Produkte. Gerade mittelständische Unternehmen sind dazu aufgerufen, sich deutlicher zu positionieren, um neben den Preisführern bestehen zu können. Neben der Sortimentszusammenstellung ist hier in einer beratungsintensiven Branche vor allem der Service angesprochen. Zum Einrichten gehört es, nicht nur Möbel in den Raum zu stellen, sondern die Möbelstücke in ein Gesamtbild aus Decke, Boden und Wänden einzubeziehen. Hier ist der Berater vor Ort gefragt. Das umsatzstärkste Unternehmen in Deutschland ist weiterhin der Weltmarktführer Ikea mit aktuell rund 3,5 Milliarden Euro Umsatz. Dahinter liegt die Höffner-Gruppe mit den Häusern Höffner, Möbel Kraft und Möbel Walther, gefolgt von der XXXLutzGruppe. Besonders expansiv ist letztgenanntes Unternehmen, das seit dem letzten Jahr über sechs weitere Standorte verfügt. Die meisten davon wurden unter dem Namen Mömax eröffnet. Im Feld der Verfolger sind die beiden Onlinehändler Otto Group und Neckermann überdurchschnittlich gewachsen. (Abbildung 58) Es ist absehbar, dass in naher Zukunft vor allem die Multi-Channel-Anbieter zu den Gewinnern zählen werden. Neben einigen Möbelgroßfilialisten ist vor allem der mittelständische Möbelfachhandel in Kooperationen eingebunden. So liegt der Möbelumsatz, der über Einkaufsverbände generiert wird, bei rund 60 Prozent. Aktuell gibt es 23 Einkaufskooperationen. Den höchsten Umsatz erzielt die Begros, die unter anderem die XXXLutz-Gruppe und porta Möbel zu ihren Partnern zählt. Eher mittelständisch geprägte © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 65 Verbundgruppen sind die EK/servicegroup, der EMV Europa Möbel-Verbund sowie die Garant-Möbel-Gruppe. Gerade kleinere Händler können kaum auf die Vorteile der Verbände verzichten. Über verbesserte Einkaufskonditionen hinaus können die Mitglieder auch auf Vorzüge wie eine gemeinsame Warenwirtschaftsplattform, Absatzfinanzierung oder Marketingaktivitäten (Kataloge, Prospekte) zurückgreifen. Die meisten Einkaufsverbände bieten eine eigene Handelsmarke an. Abbildung 58 Anzahl der Möbelhäuser mit mehr als 25.000 qm (Angaben in Tausend qm) 3 4 über 60 43 40 bis unter 60 28 63 30 bis unter 40 53 46 25 bis unter 30 43 0 10 20 30 40 50 60 70 2010 Flächenwachstum, Konzentration und Urbanität 2004 Wie in anderen Branchen zu beobachten, setzt sich auch im Möbeleinzelhandel das Flächenwachstum fort. Die durchschnittliche Verkaufsfläche der 30 größten Möbelhäuser ist im Zehnjahresvergleich um 5,8 Prozent auf 48.600 qm pro Haus gestiegen. Besonders Häuser mit Flächen in der Größenordnung von 40.000 bis 45.000 qm waren gefragt, während „Paläste“ mit mehr als 60.000 qm Verkaufsfläche die Ausnahme blieben und nicht zulegen konnten. Mit der Ausweitung der Verkaufsflächen ist eine Erweiterung des Sortimentsumfangs verbunden. Aus den großen Möbelhäusern sind längst Einrichtungshäuser geworden, die auch Geschirr, Leuchten/Lampen, Gardinen, Bilder sowie weitere Wohnaccessoires anbieten. Daneben sollen Kunden durch zusätzliche Annehmlichkeiten wie Restaurationsbetriebe, Backshops, Kinderspielecken oder Events zum längeren Verweilen eingeladen werden. (Abbildung 58) Quelle: möbel kultur, Februar 2011 Auf der einen Seite steigt die Verkaufsfläche im Möbeleinzelhandel weiter an, doch nimmt auf der anderen Seite die Gesamtzahl der Unternehmen ab. Laut Statistischem Bundesamt ist die Anzahl der Einzelhändler mit Wohnmöbeln in den letzten zehn Jahren um rund 25 Prozent gesunken. Bei den Einkaufskooperationen zeichnet sich eine stabile Lage ab. Obwohl die traditionellen Möbelhäuser den Markt in großem Maße bestimmen, behaupten sich auch andere Angebotsformate. Das sind nicht nur sogenannte Mitnahmemärkte/Discountmärkte (zum Beispiel SB-Möbel Boss, Poco), sondern auch Studios und Spezialisten beispielsweise für Küchen oder Polstermöbel. (Abbildung 59) Gute Chancen haben darüber hinaus Möbelmärkte mit Lifestyle-Ambiente. Abbildung 59 Umsatz der größten Möbelhändler in Deutschland 2010 (in Millionen Euro; * Schätzwerte) 3.480 Ikea 1.950 Höffner-Gruppe* XXXLutz* 1.600 Porta 1.200 Tessner-Gruppe 1.160 Segmüller* 1.050 Poco-Domäne 945 Dänisches Bettenlager 858 Otto* 700 Schaffrath 340 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 Quelle: möbel kultur, Juli 2011 Namhafte Beispiele hierfür sind die Sizz-Märkte, die neben der besonderen Innenarchitektur auf den Einsatz unterschiedlicher Lichteffekte setzen. Bereits etabliert, aber dennoch außergewöhnlich ist das Lifestyle-Konzept in den K.N.A.S.T.-Märkten (SchaffrathGruppe), in denen Wohnwelten für eine junge Kundschaft „stylish“ in Szene gesetzt werden. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 66 | Trends im Handel 2020 So hat im Juni 2011 die XXXLutzGruppe eine 7.000-qm-Mömax-Filiale in der Innenstadt von Mannheim eröffnet. Auch Ikea plant ein 8.000-qmObjekt im Zentrum von Hamburg. Beide Handelsunternehmen beabsichtigen, Kunden in Innenstadtlage ein Vollsortiment wie an einem Standort auf der grünen Wiese anzubieten. Auch andere Unternehmen der Branche arbeiten zurzeit mit Hochdruck an solchen neuen Kleinflächenkonzepten als Ergänzung zu den Standorten auf der grünen Wiese. Ob es sich hierbei um eine Erfolgsstory handelt, wird sicherlich auch von intelligenten Logistiklösungen abhängig sein. Branchenfremde Anbieter (besonders aus dem Textilbereich) wie Zara Home, H&M, Butlers oder Depot sind bereits in stark frequentierten Innenstädten vertreten und fokussieren sich auf umschlagstarke Artikel aus dem Möbelsortiment, meist Wohnaccessoires. Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs wird es für den einzelnen Anbieter darauf ankommen, seine Marke herauszustellen. Das kann durch die Abrundung des Angebots, beispielsweise durch eine eigene Schreinerei geschehen. Darüber hinaus wird der Möbeleinzelhandel bei der Gestaltung der Fläche in den nächsten Jahren auch andere Ansätze finden oder vertiefen. Eine Möglichkeit stellt dabei eine enge Zusammenarbeit mit Spezialisten ergänzender Sortimente dar. Was bei Küchen funktioniert, sollte auch im Segment Audio/Video möglich sein. Darüber hinaus sind Flächenpartnerschaften, wie sie hauptsächlich aus dem Textilbereich bekannt sind, in angepasster Form im Möbelhandel denkbar. Große Möbelhäuser folgen dem Trend der Urbanisierung. Onlinekauf von Möbeln Laut Konsumentenbefragung spielt Onlineshopping beim Möbelkauf eine geringere Rolle als beispielsweise in den Segmenten Textilien oder Elektrogeräte. Dennoch wird die Bedeutung in den nächsten Jahren deutlich wachsen. Dies betonen 46 Prozent der Befragten. Reine Internetanbieter werden Teilsegmente abdecken, wie beispielsweise Bürostühle oder Gartenmöbel. Sofern Möbelfachmärkte, Möbeldiscounter, aber auch qualitätsorientierte Studios als Multi-ChannelAnbieter agieren, haben sie gute Chancen, sich am Markt zu behaupten. Je höher der Preis eines Produkts, desto intensiver ist die Recherche vorab. Als Informationsquelle ist der Besuch des Möbelgeschäfts konkurrenzlos. Denn in erster Linie tragen das Umsehen im Geschäft und das Beratungsgespräch zur Entscheidungsfindung bei. Auffallend ist die Bedeutung von Preisportalen, die in diesem Segment verstärkt zum Einsatz kommen – vor allem bei Männern. Internetauftritte von Herstellern werden deutlich häufiger genannt als Händlerwebseiten (19 Prozent). Die zukünftige Bedeutung der verschiedenen Informationsquellen wird sich nach Meinung der Befragten nicht verändern. (Abbildung 60) Den größten Erfolg versprechen MultiChannel-Ansätze, die Lösungen online generieren, aber auch Beratung vor Ort anbieten. Anders als in den Segmenten Textil oder Medien, bei denen nur einzelne, voneinander unabhängige Artikel ausgewählt werden, handelt es sich bei Möbelstücken häufig um Komponenten, die miteinander harmonieren sollen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 67 Abbildung 60 Informationsquellen vor dem Kauf von Möbeln (Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich) 65 Umsehen im Geschäft 66 68 39 Beratung im Geschäft 43 46 41 Preisportale 33 24 31 Herstellerwebseite 33 34 24 Mündliche Empfehlung (offline) 25 26 0 20 40 Total Basis: n = 101 60 80 0 20 40 60 80 Geschlecht Basis: n = 51/50 männlich weiblich Quelle: KPMG Für den stationären Handel bedeutet dies, dass der Warenpräsentation weiter eine herausragende Bedeutung zukommt. Der Trend zu realitätsnahen Wohnbeispielen wird demnach noch stärker zu beobachten sein. Solche Beispiele ermöglichen es, bisher als unübersichtlich empfundene Verkaufsflächen nach Zielgruppen und Stilrichtungen zu gliedern. Da bei der Gestaltung des Wohnraums Kreativität und Vorstellungsvermögen gefragt sind, sind die Händler gerne bereit, Kunden Hilfestellung bei der Realisierung zu leisten. Der Platz von Dekotischdecken, Buchrückenattrappen und Wachsobst kann dabei effektiver für Cross-Selling-Ansätze genutzt werden, indem Wohnaccessoires der eige- nen Sortimente ausgestellt werden. Der Bedarf nach einer Leselampe ist leichter zu wecken, wenn sie direkt auf einem Nachttisch präsentiert wird und nicht nur in einer separaten Abteilung. Neben der Schaffung einer realen Wohnwelt vor Ort wird die rechnergestützte Simulation einen immer größeren Einfluss auf den Kaufprozess erhalten. Verbesserte Computertechnik wird es Kunden ermöglichen, Möbelstücke beispielsweise in speziellen 3D-Studios virtuell zusammenzustellen. Im Geschäft könnten dann neben Mustern nur umschlagstarke Möbelstücke ausgestellt werden. Die Einbindung moderner Technologien würde dadurch die Reduktion von Verkaufsflächen ermöglichen. Augmented Reality-Anwendungen bieten sich darüber hinaus für dieses Segment an. So könnten am PC oder auf dem Tablet im Geschäft Ausstellungsstücke oder Fotos einzelner Möbel mit der eigenen Ausstattung zu Hause kombiniert werden und damit eine hilfreiche Unterstützung im Kaufprozess bieten. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 68 | Trends im Handel 2020 6 Fazit Zukunftsszenarien sind häufig von einer technischen Vision geprägt. Auch beim Ausblick für den deutschen Einzelhandel haben neue Technologien eine herausragende Bedeutung. Ihr künftiger Einfluss ist allerdings keine Science-Fiction, sondern heute schon deutlich absehbar. Gemeint ist die Mobilisierung des Internets durch den Einsatz von Smartphones und Tablets in immer breiteren Bevölkerungsschichten, eine Entwicklung, die zweifelsfrei die Einkaufsprozesse und die Kundenansprache verändern wird. Die vorliegende Studie zeigt für die größten Einzelhandelsbranchen auf, welche unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten die neuen Medien vor allem beim Informationsprozess und bei der Kommunikation bieten. Trotz enormer Wachstumsraten im E-Commerce wird der weitaus überwiegende Teil des Einzelhandels auch 2020 noch in stationären Geschäften stattfinden. Die jährlich zweistelligen Zuwächse beim Umsatz verschleiern ein wenig den Blick auf die Tatsache, dass der Onlinehandel gerade einmal einen Anteil von 6 Prozent an den gesamten Einzelhandelsumsätzen ausmacht. Deshalb sucht die Handelsbranche bei Weitem nicht nur nach Onlinekonzepten, sondern entwickelt verstärkt neue Formate für den lokalen Handel, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Verbraucher gerecht zu werden. Wichtige Treiber sind in diesem Zusammenhang die demografischen Veränderungen und die zunehmende Urbanisierung. Das mobile Internet trägt dazu bei, dass sich immer mehr Unternehmen als Multi-Channel-Anbieter aufstellen und On- und Offlinekanäle stärker vernetzen. Der Vertrieb über das Internet wird weiter an Bedeutung gewinnen. Branchen wie Möbel und Do it yourself beginnen gerade erst ihre Bemühungen zu verstärken. Und auch hier werden technische Weiterentwicklungen das Einkaufen am Bildschirm komfortabler machen: Beispielsweise können Augmented Reality-Anwendungen beim Onlinekauf von Möbeln oder Bekleidung unterstützen. Besonders die Textilbranche hofft dadurch auf eine deutliche Verringerung der Retourenquote. Die Deutschen werden weniger und im Durchschnitt älter. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Standortwahl und das Angebot, das Händler bereitstellen müssen. Denn weniger Menschen bedeuten nicht nur weniger potenzielle Kunden, sondern auch weniger potenzielle Mitarbeiter. Eine größere Attraktivität des Handels als Arbeitgeber ist erforderlich. Nicht zuletzt trüben negative Pressemeldungen über einzelne Vorfälle das Gesamtbild der Branche. Die Öffentlichkeit schaut genauer hin und über moderne Informationskanäle verbreiten sich Meldungen rasend schnell. Besonders Nachhaltigkeitsthemen rücken dabei weiter in den Fokus. Ent- lang der gesamten Lieferkette müssen soziale und ökologische Standards eingehalten werden. Eine besondere Herausforderung für den Handel, der mit vielen Vorlieferanten arbeitet und sich knapper werdenden Ressourcen gegenübersieht. Herausfordernde Rahmenbedingungen, enormer Wettbewerb auf Beschaffungs- und Absatzmärkten, eine weiter fortschreitende Technologisierung, die in alle Bereiche des Handels einfließt – all diese Faktoren werden die Handelstrends der nächsten Jahre maßgeblich bestimmen. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 69 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 70 | Trends im Handel 2020 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Soziodemografische Merkmale der Stichprobe 7 Abbildung 2: Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in Deutschland 9 Abbildung 3: Potenzial des Einzelhandels 10 Abbildung 4: Konsumausgaben der privaten Haushalte in Deutschland nach Verwendungszwecken 11 Abbildung 5: Private Konsumausgaben und Anteil des Einzelhandelsumsatzes 12 Abbildung 6: Bruttoumsatz im deutschen Einzelhandel 12 Abbildung 7: Entwicklung der Gesamtbevölkerung Deutschlands und Aufteilung nach Altersgruppen 13 Abbildung 8: Entwicklung der Privathaushalte in Deutschland nach Haushaltsgröße 14 Abbildung 9: Rohstoffpreisentwicklung 15 Abbildung 10: Im Jahr 2011 neu eröffnete Shoppingcenter nach Standort 17 Abbildung 11: Nutzung innovativer Einzelhandelskonzepte 19 Abbildung 12: Gesamtentwicklung im deutschen Versandhandel 20 Abbildung 13: Größte Warengruppen im Onlinehandel 2011 20 Abbildung 14: Die umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland 2010 21 Abbildung 15: Zukünftige Attraktivität des Onlinekaufs nach Kategorie 21 Abbildung 16: Umsetzungsstatus mobiler Anwendungen 2011 22 Abbildung 17: Nutzung des Mobiltelefons zum Kauf im Geschäft 23 Abbildung 18: Durchschnittliche Renovierungszyklen im deutschen Einzelhandel 25 Abbildung 19: Relevanz einer angenehmen Atmosphäre und Gestaltung eines Geschäfts 26 Abbildung 20: Investitionsbereitschaft im deutschen Einzelhandel für Energiesparmaßnahmen 27 Abbildung 21: Gründe für die Einführung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen in die Unternehmensführung 28 Abbildung 22: Größter Einfluss bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen 28 Abbildung 23: Umsatz mit nachhaltigen Produkten 29 Abbildung 24: Entscheidung für verantwortungsvoll handelnde Handelsunternehmen 29 Abbildung 25: Kommunikation von Nachhaltigkeitsergebnissen 30 Abbildung 26: Relevanz strategischer IT-Projekte 31 Abbildung 27: Contactless Payment und Mobile Payment 32 Abbildung 28: Die wichtigsten Rahmenbedingungen für die Handelslogistik im Jahr 2011 33 Abbildung 29: Logistikmaßnahmen im Transport 34 Abbildung 30: Logistikmaßnahmen im Personalbereich 35 Abbildung 31: Entwicklung der Budgetanteile für Handelswerbung 37 Abbildung 32: Budgetanteile nach Werbeformen 37 Abbildung 33: Bruttoumsätze der 20 größten Lebensmittelhändler in Deutschland 2010 41 Abbildung 34: Bruttogesamtumsatz der Lebensmittelgeschäfte in Deutschland und Anteil der Betriebsformen 2010 42 Abbildung 35: Onlinekauf von Lebensmitteln 44 Abbildung 36: Shoppingkonzepte – persönliches Nutzungsinteresse 45 Abbildung 37: Bruttoumsatzentwicklung des gesamten Einzelhandels mit Textilien in Deutschland 47 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 71 Abbildung 38: Umsätze der 20 größten Textileinzelhändler in Deutschland 2010 47 Abbildung 39: Informationsquellen vor dem Kauf von Textilien 48 Abbildung 40: Onlinekauf von Textilien 49 Abbildung 41: Drogeriemarktunternehmen in Deutschland Abbildung 42: Onlinekauf von Drogerieartikeln 53 Abbildung 43: Informationsquellen vor dem Kauf von Drogerieprodukten 54 Abbildung 44: Shoppingkonzept „Mindestumsatz gegen Rabatt“ 54 Abbildung 45: Entwicklung der Umsätze der Bau- und Heimwerkermärkte in Deutschland 55 Abbildung 46: Bruttoumsatz und Filialanzahl der größten deutschen Baumarktbetreiber 2010 55 Abbildung 47: Verkaufsfläche und Filialanzahl der Baumärkte in Deutschland 56 Abbildung 48: Strategische IT-Projekte von Händlern mit Slow Moving Consumer Goods 2011 56 Abbildung 49: Informationsquellen vor dem Kauf von Baumarktprodukten 57 Abbildung 50: Onlinekauf von Baumarktartikeln 58 Abbildung 51: Umsatz mit Consumer Electronics in Deutschland 59 Abbildung 52: Umsatz der größten Elektrofachhändler in Deutschland 2010 59 Abbildung 53: Pro-Kopf-Ausgaben für Elektroartikel 2010 60 Abbildung 54: Onlineumsätze der größten E-Commerce-Händler mit Consumer Electronics 2010 61 Abbildung 55: Onlinekauf von Elektroartikeln 62 Abbildung 56: Informationsquellen vor dem Kauf von Elektroartikeln 63 Abbildung 57: Umsatzentwicklung im deutschen Möbeleinzelhandel 64 Abbildung 58: Anzahl der Möbelhäuser mit mehr als 25.000 qm 65 Abbildung 59: Umsatz der größten Möbelhändler in Deutschland 2010 65 Abbildung 60: Informationsquellen vor dem Kauf von Möbeln 67 50/51 © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 72 | Trends im Handel 2020 Abkürzungsverzeichnis App Applikation (Anwendung für Mobiltelefone) AR Augmented Reality (erweiterte Realität) BHB Bundesverband Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenmärkte BVH Bundesverband des Deutschen Versandhandels CE Consumer Electronics DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIY Do it yourself (Heimwerkerprodukte) E-Commerce Electronic Commerce (Handel über das Internet) EuGH Europäischer Gerichtshof FMCG Fast Moving Consumer Goods (schnelldrehende Konsumgüter) Fraunhofer IML Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik GDI Gottlieb Duttweiler Institute gemaba Gesellschaft für Markt- und Betriebsanalyse GfK Gesellschaft für Konsumforschung gfu Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik GPS Global Positioning System (globales Navigationssatellitensystem zur Positionsbestimmung und Zeitmessung) GRI Global Reporting Initiative (Initiative, die in einem partizipativen Verfahren Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten entwickelt) HD-DVD High Density Digital Versatile Disc (ein Nachfolgeformat für die DVD, konnte sich nicht gegen Blu-ray durchsetzen, sodass die Entwicklung 2008 eingestellt wurde) LBS Location Based Services (positions-/ortsgebundene Dienstleistungen) LCD Liquid Crystal Display (Flüssigkristallbildschirm) LED Light Emitting Diode (lichtemittierende Diode) LEH Lebensmitteleinzelhandel LTE-Frequenzen Long Term Evolution (Mobilfunkstandard der vierten Generation (4G) und zukünftiger UMTS-Nachfolger mit einer Datenübertragung bis zu 300 Megabit pro Sekunde) M-Commerce Mobile-Commerce (Internethandel über mobile Endgeräte) NFC Near Field Communication (Nahfeldkommunikation) OTC-Produkte Over the Counter (nicht rezeptpflichtige Medikamente) RFID Radio Frequency Identification (Funkerkennung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen, technisches System zur Datenerkennung und -speicherung) ROPO Research Online/Purchase Offline (Onlinesuche/Offlinekauf) SEM/SEO Search Engine Marketing/Optimisation (Suchmaschinenmarketing/-optimierung) SMCG Slow Moving Consumer Goods (langsamdrehende Konsumgüter) UMTS Universal Mobile Telecommunications System (Mobilfunkstandard der dritten Generation (3G) mit Datenübertragungsraten bis zu 21 Megabit pro Sekunde) W&V Werben & Verkaufen © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Trends im Handel 2020 | 73 Autorenverzeichnis Rahmenbedingungen: Tim Kreimer, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Handelsformate: Michael Gerling, EHI Retail Institute E-Commerce und M-Commerce: Tobias Verbeet, EHI Retail Institute Store Design: Claudia Horbert, EHI Retail Institute Nachhaltigkeit: Prof. Dr. Jochen Pampel, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft IT-Systeme im Handel: Ulrich Spaan, EHI Retail Institute Handelslogistik: Thomas Kempcke, EHI Retail Institute Handelsmarketing und Social Media: Marlene Lohmann, EHI Retail Institute Lebensmittelhandel: Michael Gerling, EHI Retail Institute Textileinzelhandel: Tim Kreimer, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Drogeriemarkt: Tim Kreimer, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baumarkt: Tim Kreimer, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Einzelhandel mit Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik: Gerd Dellbrügge, EHI Retail Institute Möbeleinzelhandel: Gerd Dellbrügge, EHI Retail Institute © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 74 | Trends im Handel 2020 Über KPMG KPMG ist ein weltweites Netzwerk rechtlich selbstständiger Firmen mit 145.000 Mitarbeitern in 152 Ländern. Auch in Deutschland gehört KPMG zu den führenden Wirtschaftsprüfungsund Beratungsunternehmen und ist mit über 8.000 Mitarbeitern an mehr als 20 Standorten präsent. Unsere Leistungen sind in die Geschäftsbereiche Audit, Tax und Advisory gegliedert. Im Mittelpunkt von Audit steht die Prüfung von Konzern- und Jahresabschlüssen. Tax steht für die steuerberatende Tätigkeit von KPMG. Der Bereich Advisory bündelt unser hohes fachliches Know-how zu betriebswirtschaftlichen, regulatorischen und transaktionsorientierten Themen. Für wesentliche Sektoren unserer Wirtschaft haben wir eine geschäftsbereichsübergreifende Branchenspezialisierung vorgenommen. Hier laufen die Erfahrungen unserer Spezialisten weltweit zusammen und tragen zusätzlich zur Beratungsqualität bei. Allein im Sektor Consumer Markets sind weltweit etwa 2.000 Partner und Manager sowie rund 5.000 fachliche Mitarbeiter für KPMG-Gesellschaften tätig. In Deutschland betreut KPMG zurzeit aktiv mehr als 1.000 Mandate in diesem Bereich. Über EHI Retail Institute Durch eine Jahrzehnte währende Prüfungs-und Beratungspraxis verfügt KPMG über eine umfassende nationale und internationale Branchenexpertise im Handel und in der Konsumgüterindustrie. Unsere Lösungsansätze sind eindeutig, ganzheitlich und praxisnah und tragen unterschiedlichsten Geschäftsmodellen und Unternehmensgrößen Rechnung. Durch unsere interdisziplinäre Arbeitsweise verbinden wir unseren tief greifenden Erfahrungsschatz mit dem weitverzweigten SpezialistenKnow-how aus anderen KPMG-Mitgliedsfirmen und -Sektoren. Neben diesen Services führt der Sektor Consumer Markets regelmäßig Analysen einzelner Marktsegmente durch und erstellt im Rahmen eines permanenten Dialogs mit Wissenschaft und Praxis sowie Verbänden und Branchenorganen Studien zu aktuellen Themen. Das EHI Retail Institute ist ein Forschungs-, Bildungs- und Beratungsinstitut für den Handel und seine Partner. Zu den Mitgliedern zählen mehr als 550 internationale Unternehmen aus Handel, Konsum- und Investitionsgüterindustrie. Der EHI Retail Institute e. V. führt Forschungsarbeiten zu wichtigen Zukunftsthemen des Einzelhandels durch. Schwerpunkte bilden dabei die Bereiche Informationstechnik, Zahlungssysteme, Logistik, Verpackung, Sicherheitstechnik, E-Commerce, Betriebstypen, Ladeneinrichtung und Marketing. Alle Studien werden in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Mitgliedsunternehmen erstellt. Die Ergebnisse unserer Forschungsarbeit kommunizieren wir an die Handelsbranche und leiten konkrete Empfehlungen daraus ab. Die EHI Retail Institute GmbH ergänzt das Leistungsspektrum des Vereins durch individuelle Auftragsforschung und Beratung für einzelne Unternehmen, Konferenzen und Fachpublikationen. Nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit mit der Messe Düsseldorf bei den Fachmessen EuroShop und EuroCIS stehen hierbei im Mittelpunkt. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Weitere Publikationen von KPMG Der Geschäftsbereich Consumer Markets von KPMG veröffentlicht regelmäßig Studien zum deutschen Einzelhandel und der Konsumgüterindustrie. Dabei stützen wir uns neben unserem Best Practice-Know-how auch auf die Mitarbeit externer Spezialisten. Falls Sie an weiteren Studien interessiert sind, besuchen Sie uns bitte im Internet unter www.kpmg.de/consumermarkets oder senden Sie eine E-Mail an: [email protected] IFRS in der Praxis. 40 Bilanzierungsund Bewertungsfragen für den Handel Preisportale, Couponing, soziale Netzwerke – der Einfluss aktueller Online-Trends auf das Kaufverhalten Sortimente und Warengruppen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel – eine Bewertung aus Verbrauchersicht Patente, Marken, Verträge, Kundenbeziehungen – Werttreiber des 21. J ahrhunderts Konsumgüterhersteller quo vadis ? Wachstum durch echte Innovationen Mobile Payment – Anforderungen, Barrieren, Chancen © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Kontakt KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mark Sievers Head of Consumer Markets Ludwig-Erhard-Straße 11 – 17 20459 Hamburg T +49 40 32015-5840 [email protected] EHI Retail Institute Michael Gerling Geschäftsführer Spichernstraße 55 50672 Köln T +49 221 57993-50 [email protected] www.kpmg.de Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, zuverlässige und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so zutreffend sind wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft so zutreffend sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der betreffenden Situation. © 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMGNetzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.