Test Iveco Daily 65 C 15 V

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Test Iveco Daily 65 C 15 V
TEST
TEST
Iveco Daily 65 C 15 V
Gleichmütig.
Der 2,8-Liter-Common-Rail-Motor
verhilft dem schweren Daily nicht besonders temperamentvoll, aber ruhig auf die Sprünge. An der Hecktür stört
die windig wirkende und sperrige Innenverriegelung. Die
seitliche Schiebetür läuft recht locker durch ihre Führung
Technische Daten
Motor/Getriebe
Vierzylinder-Turbodiesel-Motor
mit Common-Rail-Einspritzung;
Euro 3; 2800 cm 3 ; Z F - 6 - G a n g Getriebe; Verbrauch 13 l/100 km
Drehmoment: 320 Nm/1500/min
Leistung: 146 PS (107 kW) 3600/min
Gewichte
Ohne Gleichen?
Iveco hat das Leiterrahmenkonzept des Daily auf die Spitze getrieben
und präsentiert einen 6,5-Tonner, der im Revier der 7,5-Tonner wildert.
Wir fuhren den ersten Testwagen des kompakten Lasters.
U
m sich zur Ehrfurcht
zu erziehen, hatte der
Iveco-Testwagenbegleiter einen Aufkleber auf das Armaturenbrett
geheftet: 3,03 Meter Außenhöhe hatte er darauf vermerkt. Und damit wäre eine
Eigenschaft des schwersten
aller Daily beschrieben: E r
fühlt sich kleiner an als er ist.
Oder anderherum: Man sollte
ihn nicht unterschätzen.
Denn immerhin stößt der
„kleine“ Italiener nutzlastmäßig in das Revier ausgewachsener 7,5-Tonner vor. Bis
zu 4300 Kilogramm packt sein
Leiterrahmen, den die Techniker in dieser Version
nochmal verstärkt haben.
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Äußerlich sichtbarstes Zeichen des schweren Daily sind
16-Zoll-Zwillingsreifen und
die gestelzte Optik der gesamten Karosse, was nicht zuletzt eine höhere Ladekante
zur Folge hat. Außerdem
läuft die seitliche Schiebetür
in einer dicken Wulst an den
Schwellern vorbei. „Wie ein
nach dem Vorbild amerikanischer Dragster getunter Daily“, kommt einem angesichts
des kräfigen Hüftschwungs
spontan in den Sinn.
Als Kastenwagen darf der
Daily mit der kryptischen Bezeichnung 65 C 15 V konkurrenzlose 3500 Kilogramm
Nutzlast schleppen. Damit
stellt er den vom Konzept her
halbwegs vergleichbaren
Mercedes Benz Vario 614 D
um 800 Kilogramm in den
Schatten. Und noch ein Rechenexempel: Pro Kilogramm
Nutzlast zahlt der Daily-Käufer nur 19 Mark. Gesamtpreis
des schweren Kastenmobils:
66.302 Mark. Nicht schlecht,
für einen solchen Riesen.
Scheibenbremsen
vorne und hinten
Auch beim Ladevolumen
sucht der Daily mit 17,2 Kubikmetern seines Gleichen.
Und wird unter den Kastenwagen nicht fündig. Gut
möglich also, dass etwa die
angepeilte Zielgruppe der
Zeitungs- und Papiertransporteure den Daily bis unters
Dach mit Zeitungen vollknallen kann, ohne den Nutzlastrahmen zu sprengen. Natürlich geht diese Raumfülle neben der erwähnten Außenhöhe auch mit einer auf sieben Meter gestreckten
Außenlänge einher. Ein etwas tieferer Blick in die
Außenspiegel kann beim Abbiegen also nicht schaden.
An der breitesten Stelle der
dicken Plastikschweller am
hinteren Kotflügel misst der
Daily 2,18 Meter. Damit hält
er sich in absolut City-tauglichem Rahmen. Für die Stadt
gewappnet zeigt sich der
stramme Italo mit seinem
Wendekreis von 14,8 Meter.
Wenn’s um den Fahrkomfort geht, zeigt sich der Daily
allerdings weniger stramm als
zugel. GG: 6500 kg; Nutzlast:3500
kg; Anhängelast: 3500 kg;
Preis
Grundpreis 65 C15V: 66.302 Mark
Verwinkelt.
Durch einen Knick im Armaturenbrett sorgt Iveco für Pkw-Gefühle.
Allerdings geht das auf Kosten des Raumgefühls. Die Rundinstrumente lassen sich
schlecht ablesen, der Schalthebel ist zu weit hinten platziert. Die Sitze bieten zu wenig
Seitenhalt. Eine Trittstufe hilft beim Beladen. Charakteristisch: die breiten Schweller
die martialische Optik vermuten lässt. In beladenem Zustand dämpfen die verstärkten Parabel-Blattfedern hinten und die Drehstabfedern
vorne die gröbsten Unebenheiten problemlos weg. Wie
bei den kleineren Brüdern besitzt der 65 C 15 V vorne eine
Einzelradaufhängung an
Doppelquerlenkern. Auch
akustisch dringen die Stöße
kaum ans Fahrerohr.
Gut zu dem in Anbetracht
der hohen Gewichte komfortablen Eindruck passt der
laufruhige Motor. Iveco hat
einmal mehr ins eigene Regal
gegriffen und den 125-PSCommon-Rail-Diesel mit 2,8
Litern Hubraum auf 146 PS
aufgepeppt. 320 Newtonme-
ter Drehmoment ab niedrigen 1500 Touren, die dann
fast vollständig bis 3300 Touren erhalten bleiben, reichen
in der 6,5-Tonnen-Fuhre für
passable Fahrleistungen.
Weniger Leistung
dürfte nicht sein
Wie die Motorkurve andeutet, entfaltet der Turbo-Diesel seine Leistung völlig unspektakulär und gleichmäßig.
Von einer grimmigen Leistungsspitze, wie sie etwa der
156-PS-Motor im Mercedes
Sprinter besitzt, spürt man
hier nichts. Und auch in Messwerten kann der 6,5-Tonner
mit den 146 PS als allenfalls
ausreichend motorisiert gel-
ten. Gerade beim Herausbeschleunigen auf die Autobahn wünscht man sich mehr
Durchzugsvermögen. Hat der
Daily die mit Lkw-Zulassung
möglichen 85 km/h einmal erreicht, gleitet der Fahrer ruhig dahin. Was nicht zuletzt
dem Verbrauch zuträglich ist.
Der hält sich mit exakt 13 Litern auf 100 Kilometern über
die Testrunde in erfreulich
günstigem Rahmen.
Dass auf der Autobahn solche Ruhe herrscht, ist nicht
zuletzt dem kurz und gut abgestuften ZF-Sechsganggetriebe zu verdanken. Störend
ist allerdings die Position des
Schalthebels und die hakelige
Gangführung. Ansonsten ist
im schweren Daily alles wie
Testurteil
nachlässige Verarbeitung
im Innenraum, unpräzise
Lenkung, hakelige Schaltung,
mäßige Beschleunigung
–
+
hohe Nutzlast, kompakte
Maße, gute Federung, ABS
Serie, ruhiger Motor, günstiger
Preis, angemessener Verbrauch
gehabt: Etwas nachlässige
Verarbeitung der billig wirkenden Plastikpanele, unübersichtliche Armaturen, Sitze mit zu wenig Seitenhalt,
unpräzise Lenkung. Im Positiven sollen noch die gut dosierbaren Scheibenbremsen
nicht unerwähnt bleiben.
Die mangelnde Agilität, die
man dem kleinen 3,2-Tonner
ins Lastenheft schreiben
muss, sei dem 65 V verziehen.
Schließlich ist er alles andere
als ein normaler Transporter.
Auch wenn ihm die Tarnung
gut gelungen ist.
JR
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