Firenze - Renaissance-Studien

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Firenze - Renaissance-Studien
Esperienze
2007/2008
Studi
ItaloTedeschi
DeutschItalienische
Studien
Firenze
1
2
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 3
Florenz 5
Stadtrundgänge 6
L’ anno universitario 9
Guida Universitaria - Kursberichte
12
Kulturprogramm des DAAD - Hinter den Kulissen der Museen und Institute 19
Auf der Suche nach einem Praktikum
20
23
Praktikum im Goethe-Zentrum Genua
Auf Wohnungssuche - La stanza è ancora disponibile?! 25
Via de’ Matti oder Le otto novelle moderne 28
Survival of the fittest - Überlebenstipps für den italienischen Verkehr 32
Mangiare la minestra o saltare dalla finestra - (Über-) Leben in Florenz 33
Die Italiener und ihr Essen - Ein persönlicher Erfahrungsbericht 36
Kaffeekult oder Kaffeekultur? 38
Le Cinque Terre e il mare 40
Il carnevale di Viareggio 42
Ein Tag in der Etruskerstadt 44
La polizia ti aiuta – ma quale? 45
Euer Wissen auf dem Prüfstand 46
Impressum 48
3
Vorwort
Liebe Leser,
alle Jahre wieder wird ein neuer DIS-Studiengang in die Stadt am Arno entsandt mit der
Mission: Interkulturalität hautnah zu erleben und zu überleben!
Dieses Jahr waren wir die Auserwählten, die sich dieser Aufgabe stellen durften. Welchen
Schwierigkeiten wir begegnet sind, welche Erfahrungen wir gesammelt und welche Erlebnisse unser Jahr geprägt haben, könnt ihr in dieser Ausgabe der Esperienze nachlesen.
Wir haben für euch Berichte zum Unileben, der florentinischen (Über-)Lebensart, der cucina
italiana, dem Unterwegssein und dem Leben als Tourist bzw. dem Kampf gegen dieses und
diese zusammengestellt.
Wir hoffen mit unseren Erfahrungsberichten besonders unseren Nachfolgern interessante
Anregungen und nützliche Hilfestellungen liefern zu können, damit auch sie ihr Jahr in Florenz erfolgreich meistern werden.
Zum Leben in Italien ist anzumerken, dass es stets nach dem Grundsatz zu gehen scheint:
Viele Wörter lösen große Probleme, bzw. je größer das Problem scheint, desto mehr Wörter
und Phantasie sind nötig, um dieses von allen möglichen und unmöglichen, notwendigen
und unnotwendigen Seiten zu beleuchten, anzugehen und eventuell sogar auch fast zu
lösen – falls man sich nach einer 20-minütigen Diskussion überhaupt noch an das Problem
erinnert. D.h. wenn ihr bei einer Prüfung lieber sofort als auf Platz 63 drankommen wollt,
dann lasst eurer Kreativität freien Lauf: Erzählt allen wartenden Mitstudenten und am besten auch vor eurem Prof, dass ihr noch arbeiten gehen müsst, nur den Vormittag freibekommen habt, wie euer Chef heißt, welche Kinderkrankheiten dessen Sohn gerade hat, wie
schwer es doch ist als ausländischer Student eine Arbeit hier zu finden, ihr diese auf keinen
Fall verlieren wollt und ihr jetzt unbedingt geprüft werden müsst, weil ihr ja schließlich die
ganze Nacht kein Auge zugetan habt und euch das wohl auch die nächste Nacht kaum
gelingen wird, da ihr ca. 3 Packungen Kaffee trinken musstet, um den ganzen Kursinhalt zu
lernen …
Vielleicht schafft ihr es dann die allgemeine Wartezeit zwar durch euer leeres Geschwätz zu
verlängern, eure persönliche dennoch um ungefähr 5 Stunden zu verkürzen.
Jetzt ist es an der Zeit, dass wir uns zurückziehen und „quelli di Bonn“ des nächsten Jahres
nach Florenz kommen lassen.
Genießt eure Zeit und seht alles nicht zu eng hier. Sicherlich lernt ihr geduldiger zu werden
(nehmt immer ein Buch mit, wenn ihr zur Sprechstunde, ins Sekretariat, o.ä. wollt, denn die
Wartezeiten können manchmal sehr lang werden) und einiges gelassener zu sehen.
Oft wird man hier mit Problemen konfrontiert, von denen man vorher noch gar nicht erahnen konnte, dass es sie geben könnte. Lasst euch hier nicht DIS-qualifizieren und lacht
soviel es geht über die oft absurden Situationen des Alltags!
Wir wünschen gute Unterhaltung mit unserer Esperienze und ein erlebnisreiches Jahr in
Florenz!
Eure DISler vom Jahr drüber
4
Die DIS-Qualifizierten des Jahres 2007/2008
5
Florenz
sondern den Abend in netter Gesellschaft
beginnen zu lassen. Diese ist meist
bunt gemischt und besteht neben vielen deutschen Studenten,
Sie ist die Wiege der Reauch aus Spaniern, Franzosen, Südnaissance, die Stadt
amerikanern und Italienern aus
der Medici und der
anderen Regionen des Landes.
Kunst und nicht zuDen Florentiner an sich kennen zu
letzt aus diesen Grünlernen ist eher schwierig, da er, wie
den oder vielmehr
unsere Florentiner Mitbewohnerin
gerade deswegen pilgern
selbst zugab, gegenüber Fremden sehr
das ganze Jahr über Tourverschlossen ist. Dies ist aber kein Grund
isten aus aller Welt in die toszur Sorge, denn Dank des „Erasmusnetzkanische Hauptstadt am Arno.
werkes“, welches in Florenz viele Mitglieder
hat und zu dem alle ausländischen StudierDen Bus an der Haltestelle Piazza San Marenden, also auch wir DISler, leicht Zugang
co verlassend, muss man sich seinen Weg
finden, bleibt man nicht lange alleine!
zur Uni durch Gruppen von hauptsächlich
Amerikanern und Japanern bahnen, die bei
Beliebtes Fortbewegungsmittel der Stujedem Wetter die Schlange vor dem Eingang
denten aller Nationalitäten ist das Fahrrad,
der „Galleria delle Belle Arti“ bilden. Auch
das in Florenz für wenig Geld EHRLICH erein Gespräch mit einem Landsmann ist alle
worben werden kann. Hübsch anzusehen
paar Meter möglich, da auch die Deutschen
sind die wenigsten. Dies ist jedoch bei
einen nicht unerheblichen Anteil der Besuden zwar historischen, aber deshalb leider
chermasse ausmachen! Begleitet wird der
schlechten Straßen auch nicht von Nöten.
alltägliche Slalomlauf von übertrieben euZudem bietet ein hässliches Exemplar in
phorischen Ausrufen der Amerikanerinnen
Zusammenspiel mit einem dicken Schloss,
(„it´s sooo amaaaaaaazing“ oder auch „it´s
welches fast teurer ist als das Rad selbst,
so loooooovely!“), dem Klicken der japaniszumindest ein wenig mehr Schutz vor
chen Fotoapparate und dem Hupkonzert
dem regen Diebstahl. Weiteres Fortbeweder italienischen motorini.
gungsmittel in Florenz ist der Bus. Nicht
von jedem bevorzugt, da er tagsüber meist
Anfangs unterscheidet man sich kaum von
sehr überfüllt ist und am Abend nur bis ca.
den Touristenmassen - da durch Stadtplan
0.30 Uhr fährt. Für längere Strecken aber
und zeitweilige Orientierungslosigkeit gekist er unumgänglich, da es hier noch keine
ennzeichnet. Doch schon nach einigen
Straßenbahn (Tramvia) gibt, welche trotz
Wochen kennt man die kürzesten Wege
der immer noch anhaltenden Diskussionen
und manövriert sich mit sehr viel mehr
in Arbeit ist!
Leichtigkeit durch die Stadt. Neben den
Standorten der verschiedenen dipartimenUngeachtet aller Baustellen, den Touristen
ti, des besten Copyshops und des billigsten
und dem täglichen Chaos, dem man mit
Supermarkts, kennt man nun auch preisviel pazienza entgegentreten sollte, ist Flogünstige, aber doch gute Pizzerien, Bars
renz eine wunderschöne Stadt und man
und Diskotheken.
sollte die Möglichkeit hier einige Monate
Zu einem unverzichtbaren abendlichen
studieren und somit das Leben hautnah
Ritual wird der in Italien zur „Institution“
erleben zu können, in vollen Zügen gegewordene Aperitivo. Dabei geht es nicht
nießen.
einfach nur darum, ein üppiges Mahl mit
Elena De Santis und Jenny Sobotta
alkoholischen Getränken zu eröffnen,
6
Ankunft
Von Pisa:
• Terravision Shuttle-Bus, 8€, 70min
bis BF
• Bahn: 5,60€, meistens umsteigen in
Pisa Centrale, ca. 90min
Von Bologna:
• Shuttle-Bus zum BF Bologna
Centrale 5€, 20min, von da mit dem
IC, 8€, 1h10min (fährt nach Campo
di Marte, für Santa Maria Novella
umsteigen in Rifredi)
Florenz werden, während die goldfunkelnden Mosaiken im Inneren auch heute noch
den meisten Besuchern staunende „Ahs“
und „Ohs“ entlocken. Geöffnet montags bis
samstags 12:00 bis 19:00 Uhr, sonntags 8:30
Uhr bis 14:00 Uhr, und natürlich gebührenpflichtig. Die Porta del Paradiso kann man
allerdings vollkommen umsonst bestaunen,
was ganze Trauben von Touris auch ausgiebig tun.
Wer die in Duomo und Battistero gewonnenen Eindrücke vertiefen und seine
kunst- und kulturgeschichtlichen Studien
fortsetzen möchte, sei auf das Museo del
Duomo (Piazza del Duomo 9) verwiesen.
Stadtrundgänge
1)
Der Klassiker
Die klassische Runde, die ihr auf jeden Fall
mit euren Eltern und sonstigen Besuchern
drehen müsst, beginnt am Duomo. Den
Dom kann man kostenlos besichtigen,
allerdings solltet ihr darauf achten, Beine
und Schultern bedeckt zu halten, es sei
denn, ihr seid scharf auf einen der stylischen Zelluloseumhänge, die am Eingang
an allzu leicht bekleidete Touris verteilt
werden. Wenn ihr den Ausblick von der
Kuppel oder vom Campanile genießen
wollt, dann gibt es dafür jeweils eigene
Eingänge, an denen natürlich auch kassiert wird. Die Kuppel ist sonntags bis freitags von 8:30 Uhr bis 19:00 Uhr, samstags
von 8:30 Uhr bis 17:40 Uhr geöffnet und
der Spaß kostet 6 € (ist er aber auch wert!).
Byzantinisch-venezianische Pracht erwartet euch in einem der ältesten Bauwerke von Florenz, dem Battistero, erbaut
wahrscheinlich zwischen 1059 und 1150.
Der mit weißen und grünen Marmorplatten verkleidete Außenbau sollte stilbildend für zahlreiche Kirchen in und um
Zur nächsten Station gelangt man fast von
alleine, wenn man sich dem Strom der Touristen überlässt, der einen mehr oder weniger bequem die Via dei Calzaiuoli entlang
spült. Haltet euch auf der rechten Straßenseite, dann könnte es euch gelingen, einen
kurzen Abstecher zur Piazza della Repubblica zu machen. Dort befindet sich auch
das älteste (und teuerste…) Café von Florenz, das Gilli von 1733.
Auf dem Rückweg zur Via dei Calzaiuoli
stolpert man geradezu zwangsläufig über
Orsanmichele, einen ehemaligen Kornspeicher, der inzwischen eine Kirche ist. Das
Eis, das ihr beim Festival del Gelato gekauft
habt (die haben um die 100 Sorten), solltet
ihr aber nicht mit reinnehmen.
Weiter geht’s zur Piazza della Signoria. Viel
Spaß beim Besichtigen des Palazzo Vecchio,
der Uffizien und der Loggia dei Lanzi. Und
gute Nacht.
7
2)
Der Sportliche
Wenn euch nach Bewegung ist, dann versucht euch doch mal an folgendem Rundgang: Wir starten am Ponte Vecchio (vom
Dom kommend) und überqueren den
Arno. Sehnsüchtige Blicke in die Auslagen
der Juweliere lassen sich dabei wohl kaum
vermeiden. Hinter dem Ponte Vecchio ein
klitzekleines Stückchen geradeaus und
dann links ab in die Costa di San Giorgio,
an Galileos Wohnhaus vorbei geht es immer weiter das erstaunlich stille Sträßchen
hinauf zum Forte del Belvedere. Die Festungsanlage dient heute als Ausstellungsort, die Öffnungszeiten richten sich nach
den wechselnden Ausstellungen. Die Via
del Belvedere entlang, die schnurgerade
längs an der ehemaligen Befestigungsmauer verläuft, geht es abwärts, nur damit
ihr euch gleich danach umso mehr über
den Aufstieg zum Piazzale Michelangelo
freuen könnt. Wer das Glück hat, zwischen
Reisebussen und Touristenschwärmen einen Platz am Geländer zu ergattern, genießt
die Aussicht auf die Kehrseiten von Santa
Croce, Dom und Palazzo Vecchio, ansonsten – die Kehrseite der Davidreplik ist auch
nicht zu verachten. Von derart weltlichen
Genüssen gesättigt, begibt man sich noch
Wer ein kleines bisschen abergläubisch ist:
hier vor der Diskussion der Tesi oder anderen wichtigen Ereignissen eine Kerze anzuzünden, kann nicht schaden. Überhaupt
hat der Innenraum dieser Kirche etwas
herrlich Beruhigendes, nicht zuletzt, weil
die Benediktinermönche auf künstliche
Beleuchtung verzichten. Bevor ihr diesen
erhabenen Ort verlasst, solltet ihr noch
einen Blick in die Klosterapotheke werfen,
die für alle größeren und kleineren Wehwehchen des Körpers und des Geistes ein Mittelchen bereithält. Je nachdem, welchen
Rückweg ihr wählt, kommt ihr entweder,
wie schon beim Aufstieg, am Rosengarten
vorbei, der leider nur im Sommer geöffnet
hat, und könnt mit etwas Glück einen Blick
auf die Samtpfoten aus dem gegenüberliegenden Katzenasyl erhaschen oder ihr
wählt den Weg durch die von Giuseppe
Poggi geschaffene Parkanlage hinunter zur
Torre San Niccolò.
Wer mag, kann noch weiter am Arno entlang zum Ponte della Trinità, der angeblich schönsten Brücke von Florenz,
spazieren. Überquert man diese, findet man
sich in der Via dei Tornabuoni wieder. Hier
sind sämtliche Größen der italienischen
Haute Couture versammelt. Angesichts der
Schaufensterauslagen fühlt sich so mancher schmerzlich an die Grenzen seines
Monatsetats erinnert …
ein kleines Stück weiter hinauf an der Franziskanerkirche San Salvatore al Monte vor- Für die Aktualität der Öffnungszeiten und Eintrittspreise übernehmen wir keine Gewähr …
bei zu San Miniato al Monte. Dort ruhen
die Gebeine des Heiligen Minias, des angeJulia Kühne, Sabine Geiselmann
blich einzigen echten florentiner Märtyrers.
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Grünanlagen
• Giardino di Boboli – riesige Parkanlage angeschlossen an den Palazzo
Pitti mit vielen Skulpturen, Eintritt
leider teuer
• Giardino Bardini – Eintritt über Forte
Belvedere oder Giardino di Boboli
• Forte Belvedere – Super Ausblick
auf die Stadt, gut zum Picknicken,
oft Ausstellungen, dann evtl. kein
Zugang (Eintritt), also informieren.
• Parco delle Cascine – größter, öffentlicher Park, fast 4km am Arno entlang, ideal zum Joggen, Spazieren,
Radfahren, abends/nachts unbedingt meiden!!
• Giardino delle rose – fast ein Geheimtipp, nur im Sommer (Mai,
Juni) geöffnet und schön ruhig, kostenlos, Eingang Nähe Piazzale Michelangelo an der Treppe oder der
Serpentinenstraße hoch,
www.ilgiardinodellerose.it
Giardino delle rose
• Fiesole – kleiner Ort in der Nähe,
Buslinie 7 bis Endstation,
Aussichtsplattform mit Blick über ganz Florenz.
Ausblick von der Forte Belvedere
9
L’ anno
universitario
Obwohl das vor lauter Begeisterung für
die Stadt und den vielen neuen Eindrücken
leicht passieren könnte,
solltet ihr eines nicht vergessen: Studieren. Das
italienische
Universitäts-system ist - sagen
wir mal - gewöhnungsbedürftig. Aber man
gewöhnt sich schließlich
an alles.
Nach (oder unter Umständen
auch vor) der erfolgreichen Einschreibung stellt sich zunächst das Problem der Kurswahl. Durch die Aufteilung
der Kurse in moduli finden viele der Vorlesungen dreimal in der Woche statt, was
die Wahlfreiheit bei der Organisation des
Stundenplans extrem einschränkt. Der
Wunschstundenplan bleibt oft leider eine
Illusion. Dafür stehen zu Beginn des Wintersemesters bereits die Kurse für das komplette anno accademico fest, praktischerweise kann man so schon für das ganze
Jahr vorplanen. Das Vorlesungsverzeichnis, sowie Listen mit Zeit- und Raumangaben werden kurz vor Semesterbeginn
in den dipartimenti ausgehängt, man
kann sich das VV aber auch in den Copy
Shops rund um die Uni holen. Alle Angaben finden sich auch immer Internet, wo
sie häufiger aktualisiert werden. (Die Links
zu den wichtigsten Internetseiten findet
ihr im nachfolgenden Kasten). Die Wahl
der Kurse sollte auf jeden Fall mit Herrn
Meli abgesprochen werden, da nicht alle
Kurse für den persönlichen piano di studio
angerechnet werden können, wie man es
manchmal vermutet.
Und dann geht’s los ...
10
Je nach Kurs sind die
ersten Vorlesungen
oft
hoffnungslos
überfüllt. Hier zahlt sich Durchhaltevermögen aus, weil
viele (wir bzw. ihr sicher
auch) erst einmal in verschiedene Kurse reinschnuppern und erst
dann die endgültige
Entscheidung
treffen,
welchen sie belegen.
Andere wiederum tragen
sich als non-frequentante
ein (der Vorlesungsbesuch fällt
weg, es wird lediglich die Prüfung
abgehalten) und wenn man Glück hat, hat
man nach wenigen lezioni den Sitzplatz
sicher. Die Kurse bestehen übrigens ausschließlich aus Vorlesungen, Mitarbeit ist
so gut wie nie gefragt, stattdessen eher
eine schnelle Schreibhand.
Irgendwann im Laufe des Jahres trifft es
jeden: man muss zur Sprechstunde. Das
System ist einfach und wie fast überall, an
der Tür hängt eine Liste, man trägt sich ein,
geht zum angegebenen Termin hin und wartet. Das Büro von Herrn Meli entwickelte sich vor allem gegen Ende des Florenzjahres zum wöchentlichen DIS-Treffpunkt.
Selbst wenn man sich auf den Florentiner
Straßen monatelang nicht gesehen hat,
auf dem Flur vor Via S.Reparata, 95, Stanza
10b trifft man im Laufe des Jahres garantiert jeden DISler irgendwann.
Die Prüfungen laufen in etwa ab wie die
Sprechstunden (warten…), nur mit einem
entschieden höheren Adrenalinspiegel.
Die Anmeldungen für die esami laufen mittlerweile komplett über das Internet ab,
da gab es meines Wissens bisher noch nie
Komplikationen. Je nach Kurs empfiehlt es
sich, nachts (Freischaltungen immer um
0:00 Uhr) schon einmal einen Blick ins Internet zu werfen, um sich einen der ersten
Plätze auf der Liste zu sichern. Am Morgen
des Prüftermins müssen nämlich alle Prüflinge zum appello erscheinen und dann
wird der Reihe nach durchgeprüft, was bei
einem der großen Literaturkurse leicht drei
Tage dauern kann. Außer groben Angaben
des Dozenten kann man nur schlecht abschätzen, wer wann dran ist, also heißt es
wieder: warten. Und sich dabei bloß nicht
nervös machen lassen! Die Prüfzeit variiert
je nach Dozent von 20 Minuten bis hin zu
einer Stunde. Was vermutlich am gewöhnungsbedürftigsten ist: Die (übrigens fast
ausschließlich mündlichen) Prüfungen
sind öffentlich, d.h. jeder kann sich theoretisch im Raum aufhalten und zusehen.
Diese Gelegenheit nutzen viele vor allem
bei den ersten Prüflingen, um sich ein Bild
von den Fragen zu machen. Auf Wunsch
hält der Professor die Prüfung natürlich
unter vier Augen ab.
Aber keine Sorge, man gewöhnt sich
schneller daran, als man denkt und im
Endeffekt nimmt man die Anwesenden
während der Prüfung kaum wahr. (Es sei
denn, sie stehen schräg hinter der Professorin, schauen einen mit großen Augen an
und notieren sich jedes Wort, das man sagt.
Da wird man schonmal leicht aggressiv.)
Außer der nervlich belastenden Warterei
funktioniert das System ganz gut, denn
auch die Professoren bemühen sich meist,
alles schnell über die Bühne gehen zu lassen. Ausnahmen gibt es natürlich auch
hier. (Dozentin kommt eine halbe Stunde
zu spät – verschanzt sich eine weitere
halbe Stunde im Büro – verlässt es mit den
Worten „So, wer will denn jetzt anfangen?“
(???) und entlässt den Prüfling nach einer
nervenaufreibenden, knappen Stunde mit
den Worten „Ach, ich würde so gerne noch
länger prüfen, am liebsten zwei Stunden
für jeden, aber das geht ja leider nicht…“)
vor, zwischen und nach den Vorlesungen,
Sprechstunden, Prüfungen und Stunden
um Stunden in der Bibliothek – die verbringt man mit caffè, Eis, quatschen im
Hof, stimmt sich mit Vergnügen in das altbekannte lamentarsi über die Uni, Italien
und Gott und die Welt ein und genießt dabei einfach nur das Leben.
Insomma: Selbstorganisation ist auch
hier alles. Wenn man sich einmal darauf
eingestellt hat, dass nicht alles so durchstrukturiert ist, wie an deutschen Unis, und
sich ein wenig auf die italienische Art zu
studieren einlassen kann, kann man das
florentiner Studentenleben bestens genießen. Und mit dem guten Gefühl, dass
man ja als „disziplinierter Deutscher“ organisierter leben KÖNNTE, wenn man nur
WOLLTE (und das gelegentlich auch mal
tut), kann eigentlich nichts mehr schief gehen. :-)
Corinna Domnick
Und dann gibt es natürlich noch die Zeit
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Checkliste Uni
Einschreibung:
Ihr braucht:
•
2 Passbilder
•
das Studienbuch und ggf. alle Scheine
•
Kopie der Stipendienzusage
•
Beglaubigte Kopie des Abizeugnisses
•
Nachweis über die gezahlten Gebühren von 14,62€, die man vorher
bei der Post einzahlen muss
•
Nachweis über die Einzahlung der
tassa regionale von 98€, falls ihr
eure Laurea innerhalb des Florenzjahres machen wollt (was ja anzunehmen ist), ebenfalls bei der Post
einzahlbar
•
Codice Fiscale
Bibliotheken
•
Biblioteca Nazionale: großer, heller
Lesesaal mit ruhiger Atmosphäre
(wirklich ruhig!), leider sehr tiefe
Stühle, schlechte Arbeitshaltung;
haben einfach alles, aber sehr
streng und bürokratisch (immer
nur 3 Bücher in Lektüre, Ausleihe
nur mit Domicilio in Florenz…)
•
Biblioteca delle Oblate, Via
dell’Oriuolo: Städtische Bibliothek
mit Belletristik, Fachliteratur, CDs
und DVDs, kostenloser Internetanschluss (zeitl. begrenzt), komplett
neu renoviert, sehr schön, Lesesaal,
Sofas in den Bib-Räumen, Innenhof,
große Terrasse
•
Marucelliana, Via Cavour: Schöner,
alter Lesesaal, gute Arbeitsatmosphäre
•
Unibibliothek, Gebäude Via Alfani:
Lesesaal im Erdgeschoss eher klein,
unruhig, aber gut klimatisiert, in
den oberen Stockwerken weitere
Räume
Unileben
Ansprechpartner:
Dott. Marco Meli & Prof.essa Rita Svandrlik, Via S.Reparata 93-95, 3.Stock bzw.
1.Stock
Wichtige Internetadressen:
•
www.lettere.unifi.it
Internetseite der Fakultät, hier findet ihr
alles Wissenswerte zu Fakultät und Studium
•
http://fenzi.dssg.unifi.it/ dip
Kursübersicht (Inhalte, Zeiten etc.)
Übersicht über Dozenten
•
http://stud.unifi.it:8080/ prenot
Online-Anmeldung für Prüfungen
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Guida Universitaria
Kursberichte
Letteratura italiana
• Inferni. Un percorso letterario da
Dante alla contemporaneità
(G. A. Venturi)
• La scrittura della storia da Verga a Pirandello
Der Titel sagt eigentlich alles. Ein Durch(Jole Soldateschi)
marsch durch die Hölle. Jedenfalls die literVier Werke von Verga, Pirandello und De arische, denn der Kurs ist dank des Themas
Roberto, deren Inhalte und zusätzliche In- und des Humors des Dozenten sehr unterformationen zu den Autoren, deren Leben haltsam. Das einzige was hier höllisch ist,
und Gesamtwerk, sowie historischen Fak- ist der Arbeitsaufwand: Auf dem Programm
ten über Sizilien stellten den Kursinhalt dar. stehen außer Dante, Boccaccio, Tasso und
Auch an “lustigen” Witzen von Seiten der Primo Levi auch noch Baudelaire, Rimbaud
und Jonathan Littell. Die esami sind für den
Professorin mangelte es nie!
Der Arbeitsaufwand ist sehr groß und Professor ein besonderes Ereignis: Das einnimmt wirklich sehr viel Zeit in Anspruch. zige Mal im Semester, wo zwei Intellekte
Gelesen werden mussten mehrere umfan- direkt aufeinanderprallen. Dementsprechgreiche Werke (ungefähr 400-500 Seiten), end bemüht er sich um individuelle, wenn
sowie ebenso umfangreiche Sekundärlit- möglich sogar maßgeschneiderte, Fragen
eratur (ungefähr 300 Seiten). Die Verwend- für jeden einzelnen Prüfling. Er merkt soung der im Unterricht gemachten Notizen fort, ob und wieviel man gelernt hat, folist ebenso wichtig wie nützlich. Ein reduzi- glich sind die Prüfungen recht kurz und
meistens auch schmerzlos; die Benotung
ertes Programm für DISler gibt es nicht!
Im Laufe des Prüfungsgesprächs (etwa 30- ist fair.
40 Minuten) lässt die anfängliche Nervo- Wenn schon letteratura italiana, dann diessität nach. Die Benotung ist sehr fair, hängt er Kurs! Unterhaltsam und informativ.
aber wohl auch von der Tagesform der Professorin ab (grundsätzlich scheint sie fleißigen, deutschen Studenten gegenüber sehr
gut gesinnt!)
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil
er anhand bedeutender Literatur Sizilien
in Hinblick auf die historischen Ereignisse,
sowie deren Auswirkungen und Problematiken bis heute beleuchtet hat. Trotz des
großen Arbeitsaufwandes hat man am
Ende das Gefühl, eine Menge dazu gelernt
zu haben.
• "Scrittori di parole" e "Scrittori di
cose". Il romanzo italiano al tramonto
dell'Ottocento: D'Annunzio, Svevo e
Pirandello
(Enrico Ghidetti)
Sehr viele Studenten: man musste wegen
der begrenzten Platzanzahl sehr viel früher da sein. Selbst wenn man in der vierten
Reihe saß war es bereits schwer dem Unterricht zu folgen, weil der Geräuschpegel
sehr hoch und die Stimme des Professors
trotz Mikrofon sehr leise war. Der Unterricht
war nicht sehr interessant gestaltet, da der
Professor stets in der gleichen Tonlage aus
seinen Notizen und Büchern vorlas.
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Für die Prüfung mussten die drei besprochenen Romane und zwei Bücher des
Professors (die nur teilweise zum Kursinhalt
passten) gelesen werden.
Wer von der Assistentin geprüft wurde,
hatte Glück und gute Noten, der Professor
hatte sehr viel höhere Ansprüche.
Letteratura tedesca
• J. W. Goethe: Faust I
(Sara Menghetti-Barni)
Der Kurs war mit etwa 15 Leuten angenehm
klein und bestand zudem hauptsächlich
aus Deutschen (DIS-Studenten). Inhalt des
Kurses war sowohl die Lektüre und Interpretation von Goethes Faust, als auch die
Dadurch, dass nur aus den Büchern, die Entstehungsgeschichte und die Verarbeiauch zu lernen waren, vorgelesen wurde, tung des historischen Faust-Stoffes in der
hätte man als non frequentante nicht weni- Literatur.
ger gelernt.
Im Anschluss an die Vorlesung wurde von
Seiten der Professorin gerne eine länger
andauernde Diskussion mit den Studenten
• Percorsi romanzeschi del Novecento über unterschiedlichste Themenbereiche
(Elisabetta Bacchereti)
geführt! Neben der Lektüre des Haupttextes, waren diverse, relativ kurze Aufsätze
Ein typischer Kurs über italienische Litera- Bestandteil der Bibliographie, welche zur
tur: 5 Romane, 3 Sekundärwerke und ein persönlichen Wissenserweiterung dienen
Haufen Aufsätze, der noch um Informa- sollten, aber nicht direkt prüfungsrelevant
tionen zu jedem genannten Autor erwei- waren.
tert hätte werden sollen. Frau Bacchereti Die Prüfungsgespräche dauerten im Ververlor sich zwar gelegentlich in Einzelheit- gleich zu anderen sehr lange (ca. 45-60
en, stellte ihren Stoff aber verständlich und Minuten), abgefragt wurden fast aussunterhaltsam vor. Auf Grund der guten chließlich die Notizen aus der Vorlesung.
Strukturierung und einem angenehmen Die Anwesenheit und Mitschrift im UnterVortragstempo, hatten wir zum Schluss richt ist deshalb sehr zu empfehlen!
umfangreiche Mitschriften.
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil
Der Lernaufwand war sehr hoch, dafür wur- die Besprechung des Werkes viele verden in einem 40-minütigen Gespräch auch schiedene Aspekte intensiv beleuchtet hat.
nur grundsätzliche Aspekte abgefragt. Frau Allerdings waren eigene Interpretationen
Bacchereti war sehr freundlich in der Prü- und Ansätze weder im Unterricht noch in
fung und es gilt ihr Motto: „basta che sa- der Prüfung gefragt.
pete tutto quello che ho detto io.“
• Helena nel Faust
(Vivetta Vivarelli)
Der Titel der Veranstaltung vermittelte eine
nicht ganz zutreffende Vorstellung des
Kursinhaltes: Faust war nur eines der vielen
behandelten Werke. Eigentlich wurde das
Griechenlandbild verschiedener deutscher
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Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts
beleuchtet. Aufgrund der schlechten Akkustik und der sprunghaften Vortragsweise wurde erst bei der selbstständigen
Beschäftigung mit den Texten und Autoren deutlich, wie spannend das Thema ist.
Die Prüfungsthemen wurden erst in der
letzten Stunde bekannt gegeben und die
Prüfungsbedingungen waren eine echte
Härteprobe: verspätetes Erscheinen der
Professorin, gleichzeitig stattfindende
Sprechstunde, stundenlanges Warten im
überhitzten Gang ohne Stühle, Telefonanrufe während der Prüfung … Neben einigen
sehr allgemein gehaltenen Fragen, kamen
überraschend auch einige sehr spezifische,
deren Wichtigkeit aus dem Unterricht nicht
hervorging. Trotzdem wurden die Noten
großzügig vergeben. Frau Vivarelli bezieht
gerne philosophische Themen mit in den
Unterricht ein und ist eine sehr bemühte
Dozentin.
Linguistica
• Dialettologia italiana
(Neri Binazzi)
Prof. Binazzi hat das Thema sehr ausführlich, strukturiert und langsam erarbeitet.
Die längeren Wiederholungen zu Beginn
der Stunde waren nur nach vorheriger
Abwesenheit hilfreich. Es war ein interessanter Einblick in die italienische Sprachgeschichte und die Entwicklung der verschiedenen Dialekte.
Abgesehen von den linguistischen Einzelheiten der einzelnen Dialekte ließ sich der
Stoff leicht lernen und als DISler hatten wir
ein „programma ridotto“. Die Prüfung war
sehr fair und es wurden Aspekte aus allen
Bereichen abgefragt.
Wir würden den Kurs wieder belegen, weil
man dem Thema täglich im Alltag begegnet und man auf die vorher erworbenen
sprachwissenschaftlichen Grundlagen gut
aufbauen konnte.
• Semantica e Lessicologia
(Massimo Moneglia)
Der Kurs beschäftigte sich mit der Sprechakttheorie von Austin und Searle. Die Teilnehmerzahl war im Gegenstaz zu den
überlaufenen Literaturkursen sehr klein.
Das führte zu einem sehr angenehmen Arbeitsklima und man konnte schnell Kontakt
zu anderen Studenten knüpfen. Der Arbeitsaufwand war verglichen mit anderen Kursen recht gering. Für die Prüfung waren Aufsätze von Austin und Searle zu lesen. Herr
Moneglia legt sehr großen Wert auf exakte
Formulierungen, um nicht zu sagen: Eine
wortwörtliche Wiedergabe seiner eigenen
Ausführungen.
Trotz des geringen Arbeitsaufwandes
würde ich den Kurs nicht weiterempfehlen.
Prof. Moneglia neigt sehr stark zu ausführlichen Erklärungen und noch viel stärker
zu Wiederholungen. Dadurch wurde das
Ganze recht zäh!
Weitere Meinung: Ich würde den Kurs wieder belegen, weil die Atmosphäre aufgrund
der geringen Teilnehmerzahl sehr angenehm war. Es bestand jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
• Psicolinguistica
(Beatrice Salvadori)
Der Kurs wurde von drei Professoren
geleitet und teilte sich in drei Blöcke auf.
Dabei war jeder Professor für ein anderes
Themengebiet zuständig. Inhaltlich ging
es vor allem um den Sprecherwerb und die
Sprachentwicklung bei Kindern im Alter
zwischen 0-3 Jahren.
Für die Prüfung musste man sowohl den
Inhalt der Vorlesungen als auch die Texte
im Skript gut kennen. Jedes Themengebiet wurde von dem zuständigen Professor
15
geprüft.
Ich würde den Kurs weiterempfehlen, da
er die Sprache aus einer neuen, realitätsbezogenen Perspektive betrachtet und
analysiert. Vor allem die Vorlesungen bei
Prof.ssa Brandi sind positiv hervorzuheben.
Mit einer PowerPoint-Präsentation, in der
zahlreiche Video- und Sprachaufnahmen
integriert waren, wurde der Inhalt sehr anschaulich dargeboten.
• Sociolinguistica
(Patrizia Bellucci)
Anhand von Beispielen und Schemata
werden die synchronen Varietäten der italienischen Sprache besprochen. Dabei stehen
die unterschiedlichen Erscheinungsformen,
wie z.B. italiano popolare oder auch italiani
regionali im Vordergrund. Im Kurs waren
sehr viele Teilnehmer, er wurde geleitet von
einer sympathischen Professorin, die uns
stets 5 Minuten vor Ende der Veranstaltung mit den Worten „Vi vedo stanchi“ entließ. Abwechslungsreiche Lehrmethoden,
auch durch Einbezug von Sprachproben
der Studenten unterschiedlicher Herkunft
bereicherten die Stunden.
Der Lernauffwand ist normalerweise recht
groß, für ausländische Studierende gibt
es aber ein programma ridotto (Lehrbuch,
Skript und Mitschrift); im Voraus teilte Prof.
essa Bellucci Ablauf der Prüfung und prüfungsrelevante Themen mit. Die Prüfung
war mündlich, ca. 15-20 Minuten, man
muss Definitionen möglichst auswendig
vortragen und Schemata erläutern können,
außerdem Charakteristika der einzelnen
Varietäten beherrschen.
16
Filosofia
• Filosofia della logica e del linguaggio
(Sergio Bernini)
Wir erhielten eine Einführung in die philosophische Betrachtungsweise der Sprache,
wobei vor allem die Theorien von Gottlob
Frege, Bertrand Russell, Ludwig Wittgenstein und Saul Aaron Kripke behandelt
wurden. Anhand dieser Theorien wurden
uns die Logik der Sprache und ihre logische Schreibweise näher gebracht. Es handelte sich um einen relativ kleinen Kurs
(ca. 30 Studenten), mit lebhaftem Vortrag
des Professors, bei dem Fragen und Einwände seitens der Studenten zu interessanten Diskussionen führten. Inhaltlich ist
der Kurs anspruchsvoll, vor allem wegen
der Abstraktheit der logischen Theorien
und deren Anwendung auf den Sprachgebrauch, die Literatur ist allerdings überschaubar (1 Buch, 1 Aufsatz und Mitschrift
der Vorlesung). Die mündliche Prüfung
dauerte ca. 20-30 Minuten und es wurden
angemessene Fragen gestellt, auf Wunsch
gestattet Professor Ausweichtermin für die
Prüfung.
• Estetica
(Gianluca Garelli)
In schnellem Vortragstempo wurde uns
ein Überblick über Positionen zur Ästhetik
von Winckelmann bis heute eröffnet. Das
Mitschreiben war anfangs schwer, aber
der prüfungsrelevante Stoff befindet sich
in der Literatur. Diese war übersichtlich,
sollte aber detailliert gelernt werden. Zum
Teil konnten die Texte „im Original“, also auf
Deutsch gelesen werden.
In der Prüfung, sowie bei der Benotung war
Prof. Garelli sehr fair, freundlich und hilfsbereit.
Wir würden den Kurs wieder belegen, weil
Prof. Garelli seinen Stoff begeistert und
strukturiert vermittelt, für Fragen offen ist
und die Prüfung trotz vorheriger Panik sehr
positiv verlaufen ist.
Storia contemporanea
• Leonardo Da Vinci
(Paulo Galuzzi)
• Cinema e storia: rappresentazioni
dell’Italia repubblicana
(Monica Galfré)
Eine tolle Einführung in das Leben und
Werk Leonardos und mit Abstand der interessanteste Kurs, den ich in Florenz besucht habe. Der Unterricht war spannend
und anschaulich gestaltet, was durch gut
gemachte
Power-Point-Präsentationen
und authentisches Material (der Kurs fand
im Museo della Storia della Scienza statt
– Herr Galluzzi ist dessen Leiter) noch verstärkt wurde. Der Arbeitsaufwand war angemessen und die Prüfung sehr fair.
Ich würde den Kurs auf jeden Fall wieder
belegen, weil er thematisch sehr interessant und gut strukturiert war.
Geografia
• Geografia culturale
(Prof. Cassi)
Einige Vorträge von Gastprofessoren, oder
anderen Gästen, die Professorin hat die
wenigen Texte, die zu lesen waren, ausgeteilt, so musste man nichts selbst kopieren, die Ausländer sollten eigentlich
eine mündliche Prüfung absolvieren, aber
mussten dann doch die schriftliche Prüfung machen, welche innerhalb weniger
Stunden korrigiert war und sehr gut benotet wurde.
Wenn man noch einen Kurs in Geografia
belegen muss, würde ich diesen Kurs empfehlen, weil man durch die vielen Vorträge
Abwechslung im Kursalltag hat, außerdem
ist der Lernaufwand im Vergleich zu vielen
anderen Kursen recht gering und die Benotung gut.
Der Kurs fand nur zwei Mal in der Woche
statt. In einer Stunde wurden Filme gezeigt,
in der folgenden wurden sie im Kurs besprochen.
Da viele Filme alt waren und die Tonqualität nicht sehr gut war, ist es sehr schwer
gewesen sie verstehen zu können, vor allem, wenn man nicht Geschichte studiert.
Der Seminarstil in diesem Kurs hat das
Lernen zusätzlich erschwert.
Für die Prüfung musste ein vorgegebenes
Buch und eins nach Wahl gelernt werden.
Dank netter Kommilitonen und kleinen
Lerngruppen war es möglich die Prüfung
ganz gut zu bestehen. Die Professorin war
sehr nett und zuvorkommend!
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil
ich in diesem Kurs viel über Italien gelernt
habe. Das Kurskonzept war durch die Einbindung von Filmen sehr interessant und
ansprechend. Allerdings würde ich eher
empfehlen kein terzo modulo in einem studienfremden Fach zu belegen, wie es in
diesem Kurs war, weil sehr viel vorausgesetzt wurde.
Storia dell’Arte
• Filosofia della musica
(Eleonora Negri)
Der Kurs beschäftigte sich mit der Beziehung zwischen Musik, Alchimie und Philosophie beginnend beim Neoplatonismus. Ausgehend von dieser Theorie wurde
die Zauberflöte von Mozart analysiert. Die
Vorlesung wurde in zwei Hälften geteilt abgehalten: In der ersten Hälfte ging es um
die Geschichte der Alchimie und philoso17
phische Reflexionen über die Musik. In der
zweiten Hälfte wurde das Libretto der Zauberflöte nach alchemistischen und philosophischen Gesichtspunkten kommentiert
und analysiert.
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil er
eine angenehme Abwechslung zu anderen
Kursen darstellt. Neben dem fachfremden
Inhalt, bekommt man zusätzlich sowohl
Musik vom Band als auch dal vivo al pianoforte von der Professorin vorgetragen. Prof.
ssa Negri blüht in ihrer Materie vollkommen auf und sie ist jederzeit bereit Fragen
zu beantworten.
• Storia dell’archeologia
(Maria Marzi)
Ohne archäologische Vorkenntnisse war es
zum Teil etwas schwierig dem Kurs zu folgen, auch weil ein roter Faden nicht immer
ersichtlich war. Dies wurde jedoch nach
dem Lesen der angemessenen Pflichtlektüre deutlich besser und spätestens bei der
sehr wohlwollenden Prüfung („Toll, endlich
hören wir mal, wie man die Werke Winckelmanns richtig ausspricht!“) waren auch die
manchmal endlos scheinenden Vorträge
im Museo dell’Archeologia vollends vergessen. Wie bei vielen Kunstgeschichtskursen
musste eine CD mit Bildern von Vasen,
• Storia della fotografia
Skulpturen, Tempeln, Ausgrabungsstätten
(Tiziana Serena)
etc. auswendig gelernt werden.
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil
Die an sich gut strukturierte Vorlesung Frau Marzi (deutschen) Studenten gewurde mit Powerpoint- Präsentation ge- genüber sehr freundlich gesinnt scheint
halten. Leider umfasste sie nur die Hälfte (schließlich geht die Disziplin auf einen
des zu lernenden Stoffes und bezog einige Deutschen zurück) .
Fotografen ein, die nicht prüfungsrelevant
waren. Die monotone und leise Vortragsweise, sowie der abgedunkelte Raum er- • Storia della critica d‘arte schwerten das Mitschreiben.
(Dott. Piergiacomo Petrioli)
Wie in jedem Storia dell’Arte Kurs war das
Lernpensum sehr umfangreich: ca. 200 Fo- Da der Dozent recht jung ist, ist er auch
tos, zu denen Titel, Fotograf, Jahr, Strömung sehr motiviert und zieht sein gut strukturiund Analyse gelernt werden mussten, so- ertes Programm straff durch. Die Vorlesung
wie die Geschichte der Fotografie.
verschafft einem einen Überblick über die
Prof.essa Serena ist in der Prüfung sehr Kunstkritik, das heißt also, dass nicht die
streng und exakt, bei der willkürlichen Fo- Kunstwerke an sich besprochen werden,
to-Auswahl konnte man durchaus auch bei sondern ihre Darstellung in (literarischen)
der ersten Frage durchfallen, die Quote war Texten.
dementsprechend hoch!
Für die mündliche Prüfung wird auf AnIch würde den Kurs nur bedingt weiter- frage und ein bisschen Bitten auch das Proempfehlen, da das Thema zwar interessant gramm reduziert. Es handelt sich dann um
war, die Motivation aber durch die Vorle- ein Grundlagenwerk („Die Geschichte der
sung verringert wurde. Der Stoff musste Kunstkritik“) und ein Werk zu einer Epoche
zu detailgenau gelernt werden und der nach Wahl, die einen besonders interessiPrüfungsverlauf ist zum Teil von Glück ab- ert. Die Prüfung dauert 20-30 min.
Ich würde den Kurs auf jeden Fall weiterhängig.
empfehlen, da er einen guten Überblick
schafft und das gelernte Wissen vor allem
18
hier in Florenz gleich genutzt werden kann.
Für die Prüfung rate ich, sich früh anzumelden, damit man schnell drankommt, da
die Fragen gegen Ende (des Prüfungstages)
schwieriger werden. Beim Vertiefungsthema sollte man sich auch auf Detailfragen
einstellen.
war. Die Präsentation erleichterte die
Mitschrift und ließ erkennen welche Inhalte
für die Prüfung von Bedeutung waren.
Für die Prüfung, die entgegen der üblichen
Prüfungsform SCHRIFTLICH war, waren
zwei recht umfangreiche Bücher zu lesen.
Ich würde diesen Kurs wieder belegen, weil
er einen guten Einblick in die italienische
Gesellschaft ermöglicht.
• Storia della Musica Moderna e con• Storia e critica del cinema
temporanea
(Prof. Bernardi)
(Mila De Santis)
Inhalt des Kurses war die Entwicklung der
Musik, speziell der Gattung Lied im 19. und
20.Jahrhundert. Es waren sowohl deutsche
als auch französische und italienische
Komponisten vertreten. Angefangen bei
Beethoven über Schubert und Schumann,
Debussy und Ravel bis hin zu Respighi und
Casella. Eine sehr entspannende Veranstaltung, bei der man sehr viel für’s Ohr geboten bekommt. Doch vor dem Vergnügen
kommt bekanntlich die Arbeit! Aus einer
langen Literaturliste sind drei Werke für
die Prüfung auszuwählen, die sehr umfangreich sein können! In der Prüfung nimmt
die Professorin Rücksicht darauf, dass man
keine musikalische Vorbildung besitzt und
verzichtet freundlicherweise auf musiktheoretische Fragen.
Ich würde den Kurs wieder belegen, weil er
einen guten Überblick über die musikalischen Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert gibt. Für alle Musikfreunde sehr zu
empfehlen.
Der Kurs bietet einen Überblick über die
Kinoepochen oder –strömungen von den
Anfängen bei Lumière und Co bis heute
(Theorie mit mehr oder weniger gut
strukturierten Präsentationen und Filmbeispiele); zu lernen sind außer den appunti ein manuale und ein libro a scelta,
außerdem soll man zu jedem Sitzungsthema einen Film von der Liste, die zu Anfang
ausgeteilt wird, in voller Länge gesehen haben (muss man meiner Meinung nach aber
nicht…); Prüfung ist schriftlich: man muss
eins der Sitzungsthemen in Form eines Aufsatzes darstellen und eine kurze Frage zum
libro a scelta beantworten, dafür hat man 2
Zeitstunden zur Verfügung.
Würde den Kurs wieder belegen, weil er erstens interessant, zweitens einigermaßen
übersichtlich und drittens nicht zu mechanisch ist, sich der Professor viertens merklich für seine Themen begeistern kann und
nicht einfach nur Fakten runterleiert und
sich schließlich fünftens der Arbeitsaufwand in Grenzen hält.
• Storia della Radio e Televisone (Paola Valentini)
Inhalt dieser Veranstaltung war die Geschichte des Radios und Fernsehens in Italien. Der Vortrag der Professorin wurde von
einer PowerPoint-Präsentation unterstützt,
die mit vielen unterhaltsamen und interessanten Video- und Hörbeispielen bestückt
19
Kulturprogramm des DAAD
Ein Blick hinter die Kulissen der
Museen und Institute
chen Touristenrouten befinden. Unser Weg
führte uns in das vom Stadtkern abgelegene Museo Stibbert.
Im November besichtigten wir die florentiner Biblioteca Nazionale und erhielten
Einsicht in wertvolle, normalerweise nicht
zugängliche Manuskripte. Trotz sehr langer
Vorträge war es dennoch interessant zu sehen, wie die Buchbestände der Bibliothek
Accademia della Crusca organisiert sind und vor allem inwieweit
die Bibliothek durch die Überschwemmung
Als Stipendiaten des DAAD wurde uns ein von 1966 in Mitleidenschaft gezogen wurKulturprogramm angeboten, das diverse de. In Verbindung mit dieser Besichtigung
Museumsbesuche und Führungen durch stand dann der Besuch eines Restaurationskulturelle Einrichtungen vorsah. Dabei Ateliers.
stand uns stets Herr Paul Rentrop, als Organisator und Unterhalter zur Seite. Anfang Nach einer Winterpause trafen wir uns im
Oktober fand das erste Begrüßungstreffen März wieder um die Galleria Palatina des
und Kennenlernen der vierzehn Stipendiat- Palazzo Pitti zu besichtigen. Nach einer
en statt, darunter fünf Studenten, die nicht sehr interessanten Führung durch den Palder Bonner Exzellenz angehören. In der Bar ast hatten einige wenige von uns noch die
Ambrogio trafen wir uns zum Aperitivo, der Möglichkeit, die für Touristen normaleruns vom DAAD spendiert wurde, und ver- weise nicht zugänglichen Baderäume zu
besichtigen. Dieses Privileg hatten wir
brachten einen gemütlichen Abend.
Herrn Rentrops Überredungskünsten zu
In der darauf folgenden Woche stand die verdanken.
Besichtigung der Accademia della Crusca
auf dem Plan, der ältesten Sprachgesells- Das vorerst letzte Treffen führte uns in die
chaft, deren Aufgabe das Studium sowie Restaurierungswerkstätten des Opificio
das Bewahren der italienischen Sprache delle Pietre dure in der Fortezza da Basso.
ist. Besonders interessant war die Einsicht Beeindruckend waren die äußerst aufwenin alte Wörterbücher und die zahlreichen digen Restaurierungsarbeiten an einem
Wappen in Form von Scheffeln, die man in Altarkreuz von Giotto, die bereits mehrere
den Konferenzräumen bewundern konnte. Jahre in Anspruch nehmen.
Als nächstes bot Herr Rentrop uns einen Zu unser aller Bedauern hat Herr Rentrop
historischen Spaziergang durch die Gärten sein Versprechen über eine gemeinsame
von Florenz an, die sich abseits der übli- Weinprobe nicht eingehalten. Doch dies
ist natürlich verzeihlich, da er uns in dem
20
mittelte und später regelmäßig unsere certificati di frequenza dorthin weiterleitete,
sodass wir die folgenden Raten doch noch
regelmäßig erhalten haben. Nichts hat uns
in diesen Tagen voller Erwartung auf eine
Finanzspritze mehr erfreut als eine Email
von Herrn Rentrop!
Museo Stibbert
nervenaufreibenden Chaos um die Einschreibung stets hilfreich zur Seite stand
und zwischen uns und der zuständigen
Abteilung im Außenministerium in Rom
bezüglich der ersten Stipendienrate ver-
Alles in Allem waren dies sehr interessante
Besichtungen und Führungen, die auf
diese Weise im Alleingang sicherlich nicht
möglich gewesen wären. Von daher war es
durchaus empfehlenswert auch mal einen
Kurs ausfallen zu lassen, um am Kulturprogramm teilnehmen zu können.
Sonja Smolka
Auf der Suche nach einem Praktikum
Nachdem sich das anfängliche Ankunftsund Organisationschaos gelegt und man
einen ungefähren Durchblick im universitären System und Überblick über den
Stundenplan hatte, habe ich entschieden
vier Prüfungen im ersten und eine im
zweiten Semester zu machen, in dem ich
evtl. auch noch mit meiner Bachelorarbeit
anfangen wollte. Da ja ein Kurs in Florenz
meist nach fünf Wochen zu Ende ist, habe
ich entschieden mich nach einem Job oder
Praktikum für die Frühlingsmonate umzuschauen.
Da ich mich für den Bereich Tourismus interessiere, wollte ich die hohe Anzahl der
Touristen in Florenz zu meinem Vorteil nutzen. Um einige Ideen über Jobs und Praktika
zu bekommen, machte ich mich auf in die
Via Cavour, genauer ins centro d’impiego.
Nachdem ich eine Mitarbeiterin gefunden
hatte, brachte ich mein Anliegen vor. Sie
meinte nur, dass sie keine Praktika vermitteln würden und damit war für sie das Gespräch eigentlich auch schon beendet. Als
ich ihr aber klar machte, dass ich zunächst
nur auf der Suche nach Informationen und
Adressen sei, gab sie mir eine Liste mit Internetlinks, unter denen man in verschieden
Bereichen Jobangebote finden könnte. Das
war ja mal ein Anfang. Wieder auf der Via
Cavour stehend sah ich das braune Schild
der Touristeninformation. Wenn man dort
nicht mit Touristen aus aller Welt zu tun bekommt, wo dann? Schon stand ich in dem
kleinen Hinterzimmer der agenzia turistica,
dem Büro des Leiters, Herr Ossi. Schnell
wurde klar, dass noch einige Praktikumsstellen zu vergeben waren, doch die ganze
Sache hatte einen Haken: Ich musste von
der Uni eine Bestätigung vorlegen, dass es
sich um ein Pflichtpraktikum handelte mit
dem Grund, dass ich dann nicht bezahlt
werden müsste. Das ist man ja von Praktika
sowieso gewöhnt. Also beschloss ich erstmal Herrn Meli zu fragen, da ich bereits das
für das Bonner System erforderliche Praktikum gemacht hatte. Herr Meli, wie immer
fröhlich pfeifend, versprach mir, dass wir
dieses Problem lösen könnten, indem ein
Teil meines in zwei Etappen absolvierten
Praktikums gestrichen wurde. So hatte ich
21
also noch vier Wochen abzuleisten. Er wies
mich noch darauf hin, dass einer noch ins
Praktikantenbüro müsse, da alle Anträge
auf ein Praktikum dort bearbeitet werden.
Er gab mir die Adresse sowie die Öffnungszeiten. Total motiviert machte ich mich also
wieder auf in die Touristeninformation, um
den genauen Verlauf des Praktikums abzusprechen. Damit ich im zweiten Semester
ausreichend Zeit für die noch ausstehende
Prüfung und auch für die Bachelorarbeit
haben würde, vereinbarten wir zwei Wochen im April und zwei im Juni.
Der nächste Gang führte mich also zum
Praktikantenbüro, das sich im Innenhof
des Uni-Gebäudes von Via Alfani 56 befindet. Obwohl ich Punkt drei Uhr vor der Tür
stand, schrieb ich mich auf die an der Tür
hängenden Liste bereits auf Platz 46. Ich
konnte kaum glauben, dass innerhalb von
nur eineinhalb Stunden so viele Studenten
abgefertigt werden sollten, aber ein Versuch war es wert. Die Zeit verstrich und 15
Minuten nach dem eigentlichen Ende der
Öffnungszeiten, kam ich endlich an die
Reihe. Die Dame war noch erstaunlich gut
gelaunt und gewillt die Angelegenheiten
schnell über die Bühne zu bringen. Leider
endete unser Gespräch schon nach wenigen Sekunden, nachdem sie mich nach
meiner Matrikelnummer fragte. Tja, die
hatte ich aber noch nicht, da es ja mit der
Einschreibung in diesem Jahr besonders
lange gedauert hat. Also hatte ich mal
22
wieder einen gesamten Nachmittag wartend vor irgendeiner Tür verbracht, ohne
etwas erreicht zu haben.
Drei Wochen später, glücklich mein Libretto in den Händen haltend, machte ich mich
wieder ins Praktikantenbüro auf. Dieses
Mal wollte ich cleverer vorgehen und war
schon eine halbe Stunde vor der eigentlichen Öffnungszeit zur Stelle: mit Erfolg
– Platz 12. Alles ging auch recht flott und
als ich nun wieder der Dame gegenüber
saß, konnten wir ohne Probleme den Antrag ausfüllen. Sie war nur sehr überrascht,
wie früh ich dran war. Das Praktikum sollte schließlich erst im April
sein und wir hatten gerade
mal November. Nach fünf
Minuten verließ ich glücklich das Uni-Gebäude. Nun
fehlten nur noch ein paar
Unterschriften: vom Presidente del corso di Laurea,
von Herrn Ossi aus der
Touristeninformation und
meinem Tutore universitario.
Also schrieb ich mich sofort wieder auf die Sprechstundenliste von Herrn Meli,
der jedoch feststellte, dass die Dame im
Praktikantenbüro nicht ihn als Tutore vermerkt hatte, sondern Frau Farina. Was jedoch nicht weiter tragisch war, da sie auch die
Presidente del corso di Laurea war und ich
da ja sowieso noch hin musste. Also ging
ich sofort zu ihrem Sprechstundenzimmer,
das sich im Untergeschoss des Gebäudes
in Via Santa Reparata befindet. Fix auf die
Liste geschrieben und ab zu Herrn Ossi. Der
unterschrieb auch gleich, wollte jedoch,
dass ich ihm in den nächsten Tagen die Kopie mit allen Unterschriften vorbeibringe.
Das sollte ja nun hoffentlich kein Problem
mehr sein. Ich ging also zur Sprechstunde
von Frau Farina, die zwar viel zu spät,
schließlich aber doch noch kam. Auch hier
wieder ein ewige Warterei, dafür, dass sie
ihre Unterschrift auf das Blatt setzte und
mir viel Spaß wünschte. Dann musste ich
also nur noch die Kopie in der Touristeninfo und das Original im Praktikantenbüro
abgeben.
Eine Woche vor
Beginn ging ich
nochmals kurz in
der Touristeninfo
vorbei um meine
Arbeitszeiten
zu
klären. Dabei erklärte mir eine der
Praktikantinnen bereits einige Abläufe.
Am Dienstag um
8.20h stand ich dann völlig motiviert vor
der Tür und zwar vor der verschlossenen.
Ich klopfte an die Scheibe, um die beiden
Mitarbeiter, die schon da waren, auf mich
aufmerksam zu machen. Die anderen Mitarbeiter wie auch Praktikanten trudelten
erst nach und nach ein. In dem Info-Point
in Via Cavour 1 arbeiten der Leiter, sechs
feste Mitarbeiter, drei Mitarbeiter mit halben Stellen und zu meiner Zeit vier bis fünf
Praktikanten. Die Hauptaufgabe ist es den
Touristen Stadtpläne auszugeben und ihnen die Sehenswürdigkeiten darauf zu
markieren. Zusätzlich bekommt jeder, der
möchte, eine Liste mit den Öffnungszeiten
der wichtigsten Museen und Kirchen. In
dem Büro selbst werden keine Tickets für
den Bus oder für Museen verkauft. Weder
können Reservierungen für die Museen
gemacht noch die verschiedenen Stadttouren gebucht werden. So gibt man
also nur Prospekte und Flyer mit Informationen aus. Die Arbeit dort ist nicht sehr
schwierig, wenn man erstmal weiß, wo
welches Prospekt zu finden ist. Zusätzlich
zu Florenz werden Informationen über die
Provinz, das Chianti-Gebiet, Siena und Pisa
(die meistgefragtesten Ziele) ausgegeben.
Für diese Gebiete werden aber auch keine
Hotels oder Führungen gebucht.
Man arbeitet entweder von morgens 8:30
– 14:30h oder von 12:30 – 18:30h. Am Vor-
mittag ist meist noch mehr zu tun als am
Nachmittag, doch kommt es auch nicht
selten vor, dass man ein Schwätzchen
mit den Mitarbeitern führen kann, da sich
überhaupt
niemand ins Büro verirrt. Im Nachhinein
bin ich froh, über
meine Aufteilung
von zwei mal zwei
Wochen, sodass ich
unterschiedliche
Phasen der Saison
erleben konnte,
obwohl ich nur
vier Wochen dort
war. Die anderen Praktikanten kamen aus
Frankreich und Spanien, das war nochmal
eine Gelegenheit neue Leute kennen zu
lernen. Ihr Praktikum dauerte vier Monate,
was jedoch sehr lang ist, wenn man nicht
bezahlt wird und viel Zeit mit Nichtstun
überbrücken muss. Toll war es aber, im
Gespräch mit den Touristen meine Fremdsprachenkenntnisse aufzufrischen.
Als ich dann im Zusammenhang mit der
Anmeldung zur Abschlussprüfung nochmals mit Herrn Meli meine Notenauflistung und Praktikumsnachweise durchgegangen bin, stellte sich heraus, dass
der Anmeldetermin vor dem Ende des
Praktikums liegt. Daraufhin riet mir Herr
Meli das Risiko, dass das Praktikum unter
diesen Bedingungen evtl. nicht anerkannt
würde, nicht einzugehen. So wurde also
wieder mein gesamtes bereits in Deutschland absolviertes Praktikum angerechnet.
Herr Meli wollte mich trösten, indem er
meinte, dass ich es als Erfahrung ansehen
sollte.
Tja, eine Erfahrung war nicht nur das Praktikum an sich, sondern auch die Prozedur,
bis alles geregelt war.
Sabrina Anastasio
23
Formalia
Codice fiscale:
Entweder: beim italienischen Generalkonsulat in Deutschland, beantragen: z.B. in Köln unter http://
www.conscolonia.esteri.it/Consolato_Colonia/Menu/In_linea_con_
utente/Modulistica/, „Formular
für die Erteilung einer Steuernummer“ ausdrucken, zusammen mit
einer Kopie des Personalausweises
ans Konsulat schicken, nach ca. 8
Wochen wird der Codice per Post
zugeschickt (dauert eher länger,
also langfristig beantragen oder
gleich in Italien erledigen).
•
•
Oder: in Florenz im Ufficio imposte dirette, Via Santa Catarine
d’Alessandria, 23 (pünktlich sein,
sehr voll), Personalausweis und
Kopie mitbringen.
Versicherung:
• Gesetzlich Versicherte: mit der
europäischen Krankenversichertenkarte entfällt der ehemalige Auslandskrankenschein,
einfach die Karte beim Arztbesuch
vorlegen.
•
Gesetzliche Krankenkassen
übernehmen i.d.R. nur einen Teil
der Arztkosten, manchmal muss
man auch Vorkasse leisten, lasst
euch dann eine Quittung geben,
die ihr bei der Krankenkasse in
Deutschland einreichen könnt.
•
Privatversicherte: Auslandskrankenschein auf Italienisch besorgen (direkt bei der Kasse oder im
Konsulat in Köln übersetzen und
beglaubigen lassen)
•
Private Kassen übernehmen i.d.R.
die vollen Kosten
Praktikum im GoetheZentrum Genua
hin liefen. Außer Sekretariatsdienst
und
der Hospitation in den
Abendkursen waren die ersten beiden
Wochen nicht sehr ereignisreich.
Nach und nach änderte sich das gründlich:
Ich durfte eigene Unterrichtseinheiten
übernehmen, die mit den jeweiligen Lehrern vor- und nachbesprochen wurden. In
meiner Zeit am Goethe bekam ich auf diese
Weise Einblicke in die Arbeit mit verschieSchon vor Beginn des Praktikums wurde denen Niveaustufen von Deutschlernern:
mir mitgeteilt, dass ich die interessanteste, Grundstufe (A1, A2 des europäischen Refaber gleichzeitig auch anstrengendste Zeit erenzrahmens), Mittelstufe (B1) und Intendes Jahres erwischt hatte. Zunächst lief das sivkurse. Außerdem war ich einmal in der
Praktikum langsam an. Ich hatte nicht so Woche an einem staatlichen Gymnasium,
viel zu tun, was daran lag, dass die Kurse, wo ich eine eigene Gruppe von Schülern
die im Februar begonnen hatten, vor sich unterrichten durfte. Schließlich bekam
In der Zeit vom 15. April bis zum 31. Mai
habe ich ein Praktikum im Goethe-Zentrum
Genua absolviert. Das Zentrum war bis
1998 ein Bestandteil des Goethe-Instituts
Genua und wurde dann privatisiert.
24
ich auch vermehrt Anfragen, mit Goethe- rern freundlich aufgenommen wurde und
Schülern, die Unterrichtsstunden verpasst nach der Eingewöhnungsphase viel Verantwortung übernehmen durfte, was mir
hatten, Nachholstunden durchzuführen.
einen interessanten, aber anstrengenden
Für das Kulturprojekt „Erich-Kästner- Arbeitsalltag bescherte. In dieser Zeit traf
Woche“, das u.a. im Rahmen des wöchen- ich auch auf viele Menschen unterschiedlitlichen Deutsch-Italienischen Abends im chen Alters, von 13 Jahren (scuola media)
Café Madeleine stattfand, konnte ich das bis ins Rentenalter, die aus verschiedensten
Gründen auf unterschiedlichen Niveaus
Programmheft gestalten.
Deutsch lernten.
Anfang Mai begann die Prüfungsphase,
das heißt, die Materialien für sämtliche Zer- Abschließend kann ich festhalten, dass
tifikatsprüfungen (Fit 1, Fit 2, ZD(J), B2, C1, es sehr interessant war, einen Einblick in
ZOP), die wir zugeschickt bekommen hat- die Arbeit eines Sprachinstituts und somit
ten, waren zu sichten, zu sortieren und in in ein mögliches Berufsfeld Deutsch als
Ordnern vorzubereiten, sodass man alles Fremdsprache zu bekommen.
am Prüfungstag griffbereit hatte. Da es in
Susanne Kleine
dieser Phase sehr viel zu tun gab, sollten
wir eigentlich zwei Praktikantinnen sein,
die andere hat jedoch schon nach knapp
10 Tagen aufgehört.
Dadurch konnte ich mich dann über fehlende Arbeit nicht beklagen.
Am meisten Spaß machte es mir, Schülergruppen von verschiedenen Schulen auf
die mündliche Prüfung vorzubereiten. Das
bedeutete, dass ich die mündlichen Prüfungen für Fit 1, Fit 2, ZDJ und B2 sowie die
Sprachniveaus alle kennen musste, damit
ich Fehler im Aufbau, Inhalt und in der
sprachlichen Richtigkeit angemessen korrigieren konnte. Da ich bei den dann folgenden Prüfungen Aufsicht führte, musste ich
auch über die anderen Teile der Prüfungen
(Leseverstehen, ggf. Satzbausteine, Hörverstehen und Schriftlicher Ausdruck) sowie
deren Dauer und Reihenfolge Bescheid
wissen. An einem Tag sind wir nach Alassio
gefahren, um dort drei verschiedene Prüfungen in einer Schule durchzuführen, was
eine ganz besonders ausgeklügelte Organisation erforderte. Es lief alles reibungslos,
aber es war dennoch sehr anstrengend, da
es über den ganzen Tag ging.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass
ich im Goethe-Zentrum sowohl von der
Praktikumsleiterin als auch von allen Leh-
25
Auf Wohnungssuche
„La stanza è ancora disponibile?“
1. September 2007, Facoltà di lettere, Piazza en-Residenz in via San Gallo auf den Weg
zur Piazza Brunelleschi – Facoltà di Lettere
Brunelleschi, 9:30 Uhr
- um mit der Wohnungssuche anzufangen. Für den Weg von via S. Gallo bis zur
Claudia:
„Ok, ich schaffe das! Ich werde schon ein Piazza Brunelleschi brauche ich (mit dem
schönes Zimmer finden!“ Das sind meine Fahrrad!!) unglaubliche 20 Minuten. Das,
Gedanken als ich am ersten Morgen in Flo- was ich allerdings von Florenz in diesen
renz bei einer Freundin aufwache. Es ist 20 Minuten sehe, macht den Zeitverlust
wieder gut ... Aber trotz
noch früh. Eigentlich
allem brauche ich nach
zu früh um schon
diesem
uneffektiven
aufzustehen,
aber
Orientierungslauf erst
die warmen Sonnmal einen Kaffee. Im Inenstrahlen, die dunenhof der Uni treffe ich
rch die Fensterläden
sowohl den Kaffeeauscheinen, locken mich
tomaten als auch Clauaus dem Bett. Also
dia und ich weiß nicht,
stehe ich auf, mache
worüber ich mich mehr
mich fertig und frühfreuen soll...
stücke noch gemütlich. Dann packe ich
Kathrin: Moin Claudia!
meine Tasche. Jetzt
Claudia: Hey moin Kathbin ich startklar. Es
rin!
kann losgehen. Die
Stadt, ihre Menschen
Gemeinsam beschließen
und auch die Art
wir die Wohnungssuche
und Weise hier eine
auf nordische Art und
Wohnung zu suchen
Weise fortzuführen. Das
sind mir noch fremd.
Ich hatte gehört, dass man die meisten heißt: ein Plan muss her! Und genau den
Wohnungs-Anzeigen am schwarzen Brett bekommen wir in der Touristeninformation
der Uni finden würde. Da will ich also hin. in Via Cavour. Von den verschiedenen Stadt– Nach einem Fußmarsch von ca. einer plänen, die uns angeboten werden, entscStunde quer durch Florenz erreiche ich heiden wir uns für den schönen lila ATAF
mein Ziel. Etwas orientierungslos laufe ich – Plan, der uns mit eingezeichneten Busin den Innenhof. Ich habe Durst und mir ist linien und Bildchen der Monumente überwarm. Glücklicherweise entdecke ich dort zeugt. Wir ahnen schon, dass dieser Plan
einen Wasserautomaten. Und eine mir be- in den nächsten Tagen zu unserem besten
Freund wird. Zurück in der Uni suchen wir
kannte Person. Kathrin!
uns eine freie Bank in der Sonne. Bei einem
zweiten Kaffee versuchen wir die Anzeigen,
Kathrin:
Der erste Tag in Florenz. Mit dem Rad, das die wir in den Zeitschriften „la Pulce“ und
ich mir zu dem Zeitpunkt noch ausgeliehen „locandina“ angestrichen hatten, mit Hilfe
hatte, mache ich mich von meiner Zwisch- des Stadtplans genauer zu lokalisieren. Von
26
Wohnung aber ist groß, hell und schön. Sie
gefällt uns sofort. Und auch die italienischen Schwestern, die dort wohnen, wirken
sehr sympathisch. Claudia hat sich sofort in
die Wohnung verguckt. Kathrin überlässt
sie ihr gerne, da sie eine Wohnung außerhalb des Touristenrummels bevorzugt. Nach
kurzer Absprache mit den Schwestern ist
Claudia das Zimmer sicher. So läuft das hier
nämlich, entscheidungsunfreudige Menschen haben verloren: wer zuerst kommt
mahlt zuerst. Claudia ist erleichtert. Kathrin
umso besorgter. Aber zum Glück steht auch
ihr ein viel versprechender Besichtigungstermin bevor. In der milden Hitze radeln
wir Richtung Stadtteil Le Cure. In einem
typisch italienischen Palazzo werden wir
von einer netten Florentinerin und ihrem
Hund begrüßt. Wir müssen wohl so kaputt
ausgesehen haben, dass uns sofort ein Glas
Wasser angeboten wird. Die Wohnung und
das Zimmer selbst gefallen Kathrin sehr
gut. Und auch die Wohnlage entspricht
ihren Vorstellungen. Da sie eher eine der
Entscheidungsunfreudigen ist, schreibt sie
erst auf Claudias Drängen hin eine Sms und
2. September 2007, Facoltà di Lettere in Piaz- sagt zu.
Dass die Suche so schnell abgeschlossen
za Brunelleschi, 10:30 Uhr
sein würde, hätten wir gestern auch noch
Neuer Tag – neue Nummern ... Als wir uns nicht gedacht. Wir sind froh einige florenerneut im Innenhof der Uni treffen – heute tinische Quadratmeter unser Eigen nennen
etwas später – sind wir über die vielen zu können.
neuen Aushänge, die wir am schwarzen
Brett finden, erstaunt. Die Beschreibungen auf den Aushängen versprechen viel 3.September 2007, Zentrum/ Le Cure
und etwas zuversichtlicher starten wir die
Claudia:
zweite Runde.
An diesem Tag sehen wir einige Wohnung- Jetzt bin ich mit all meinem Gepäck in dem
en, die uns gefallen. Doch auch wenn wir Zimmer, das für das nächste Jahr mein Zuuns bereits an die italienische Standard- hause sein wird. Ich bin erschöpft, da ich
wohnung gewöhnt haben, fehlt uns leider meinen schweren Koffer in den dritten
immer irgendetwas: Internet, Waschm- Stock schleppen musste. Das Haus ist zu
alt, es gibt keinen Aufzug.
aschine, Licht...
Dann, am späten Nachmittag, betreten wir Die erste Nacht schlafe ich kaum, da in
direkt im Zentrum ein Treppenhaus, das regelmäßigen Abständen ein Krankenwamit seinen weiß-blauen Fliesen eher an gen mit lauter Sirene vor meinem Fenster
ein Schwimmbad oder an eine Metzgerei vorbei zum nahe gelegenen Krankenhaus
erinnert als an ein Mehrfamilienhaus. Die fährt. Außerdem schrecke ich immer wiedenjenigen, die wir im Vorfeld für gut bewertet hatten, bleiben jetzt nur noch 3 übrig.
Es ist Kathrin, die als Erstes den Griff zum
Telefon wagt: „338658...“ diktiert Claudia.
Es tutet. Und tutet. Und tutet ... dann plötzlich, als man das Tuten schon fast als seinen neu erworbenen Tinitus abgestempelt
hatte, meldet sich eine Stimme: „Pronto?“.
Noch etwas nervös klären wir die wichtigsten Fragen (Mietpreis warm/kalt, Internet,
Mitbewohner...etc) und vereinbaren den
ersten Besichtigungstermin. Da die zwei
anderen Zimmer bereits vermietet sind,
kämpfen wir uns durch den Zettel-Wirrwarr
am schwarzen Brett. Beide Hände voller
Nummern, beginnen wir erneut, nach gleichem Schema, Termine zu vereinbaren.
Nun sind auch wir pronte für einen Besichtigungsmarathon durch die Stadt.
Dunkle Kellerwohnungen, komische Vermieter und heruntergekommene Wohnungen überzeugen uns zu dem Zeitpunkt
noch nicht und leider geht dieser Tag ohne
Erfolg zu ende.
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der auf, da betrunkene Amerikaner grölend
vorbeiziehen. Aber daran gewöhne ich mich
schnell und kann bald (durch-) schlafen.
Ruhig ist es nie. Aber ich bin froh so zentral
zu wohnen. Die Uni, Restaurants & Bars, Geschäfte und Sehenswürdigkeiten befinden
sich in meiner Nachbarschaft ... und sogar
den Bahnhof erreicht man zu Fuß innerhalb
von 10 Minuten.
Manchmal stehe ich am Fenster und
lausche der lateinamerikanischen Musik,
die auf dem Platz unter meinem Fenster
gespielt wird oder ich beobachte die Touristengruppen aus aller Welt, die mit Kappe,
Turnschuhen, kurzen Hosen und der Kamera um den Hals durch die Hitze trotten um
bald wieder neue Bilder vor florentinischer
Kulisse zu machen.
Kathrin:
Umzug mit dem Taxi. Vorher hätte ich
nie gedacht, dass ich das jemals machen
würde. 055-4242 gewählt, Taxi bestellt und
ab zu Le Cure. Für den kompletten Umzug
brauche ich weniger als eine Stunde. Ich
mag mein neues zu Hause jetzt schon. Ein
wenig außerhalb vom Zentrum, dort wo
sich Touristen eher selten hinverirren, wo
das wirkliche italienische Leben vor sich
hinplätschert. Kleine Boutiquen, der Supermarkt unter meinem Haus (man kennt sich
und auch mich wird man dort bald kennen).
Die Menschen grüßen sich auf der Straße
und der kleine Markt in der Piazza delle
Cure ist Treffpunkt des gesamten Wohngebietes. Nein, hier herrscht keine Großstadtanonymität. Und wenn ich aus meinem
Zimmerfenster schaue, sehe ich Florenz in
den naheliegenden Hügeln verschwinden.
Ja, auch in Florenz findet man Natur – man
muss nur etwas „höher“ schauen.
Kathrin Langkamp & Claudia Hesse
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Tipps zur
Wohnungssuche
Wohnungssuche
Internet:
• www.easystanza.it
• www.firenze.bakeca.it
• www.affittistudenti.it
• www.studenti.it
Vor Ort:
• Zeitschriften: La Pulce; La Locandina
•
Aushänge: Via Alfani 56b/Piazza
Brunelleschi 4; Mensa Via S.Gallo
Handy
Lebensnotwendig! Auch für die Wohnungssuche, die meisten Vermieter fragen nach einer ital. Handynummer. Am
günstigsten und unkompliziertesten ist
eine einfache Prepaidkarte (Ihr braucht
den Codice Fiscale dafür)
Wind > billig, viele Angebote,
haben die meisten Erasmus-Studis
• Vodafone > normale Angebote
• TIM > eher teuer, aber TIM-Tribu
ähnelt BASE
•
Banken
• Deutsche Bank in der Via
de’Vecchietti und Via Por Santa
Maria, vor Ponte Vecchio.
•
UniCreditBanca (kostenloses Geld
abheben mit einer Karte der Hypovereinsbank) an der Piazza della
Reppublica, Vie de’ Vecchietti, Viale
delle mille, Piazza S.Ambrogio
Via de’ Matti oder
Le otto novelle moderne
Acht ausgewählte Novellen über das humorvoll erschütternde Leben einer Großwohngemeinschaft in einer florentiner Seitenstraße.
Edle junge Menschen! Die Normalität ist
eine gepflasterte Straße - man kann gut
darauf gehen - doch es wachsen keine Blumen auf ihr. So pflegte ein großer Meister
der spätimpressionistischen Kunst ohr- jedoch nicht sinnlos zu sprechen. Ich, der
selbst den Weg der Normalität, manches
Mal vielleicht auch den des Richtigen, für
zehn Monate verließ und den besonderen
wählte, sah prächtige Blumen am Wegesrand blühen. Weil ich tiefe Dankbarkeit
empfinde für das, was mir in den Monaten,
von welchen ich wegen der nötigen Kürze
nur das Unentbehrlichste zu berichten
gedenke, widerfahren ist, habe ich es zu
meinem dringendsten Anliegen erklärt,
Euch, der nachfolgenden Generation, einen aus jenen Blumen gebundenen Strauß
zu reichen, um Euch für alle Zeiten auf ein
ähnliches Schicksal vorzubereiten, damit
Ihr dieses ebenso dankbar annehmen
möget. Drum hört die Geschichten meiner
unerfahreneren Seele, welche in das erlauchte Florenz auszog, um das Leben in
seiner willkürlichsten Gestalt zu erfahren.
I. Der Irrende
Es war im vergangenen Juli, da ich die Unterkunft für das anstehende Studienjahr in
der uralten Stadt Florenz suchte. Glücklicherweise hatte dort die Tochter einer Bekannten eine Freundin, welche über einer
Wohngemeinschaft in der Via della Vigna
Nuova wohnte. Diese Wohngemeinschaft
wiederum verließen zwei Studenten für
ein Jahr. Ich konnte nun das leere Zimmer
übernehmen, sofern sowohl die beiden
Studenten, als auch die übrigen Mitbewohner zustimmten. Als dies nach einem
kurzen Treffen geschah, begab ich mich
daran, den Umzug mit Hilfe der Studenten
zu organisieren.
Und als nun zwei Monate später die Zeit
gekommen war, der Heimat für lange Zeit
den Rücken zu kehren und die Reise in den
Süden mit dem beladenen und frisch gesaugten Wagen anzutreten, erreichte mich
noch am Nachmittag vor dem Auszug die
Nachricht, das Zimmer sei nun trotz der
mündlichen Zusicherungen doch nicht zu
vermieten, es tue allen Beteiligten aber
sehr leid.
Da das Semester bald anfing, war es notwendig die ungewisse Reise anzutreten und
eine neue Unterkunft zu finden. Es scheint
allerdings, als hätten die männlichen florentiner Studenten einen zweifelhaften
Ruf, sodass die anfängliche Hoffnung in
den nächsten Tagen durch Einschränkungen in den Wohnungsanzeigen wie „Solo a
ragazza“, „Solo ragazze“, „Solo studentessa
referenziatissima“ schnell starb.
Und so irrte ich nicht nur hinsichtlich der
Gewichtung echt italienischer Ehrenworte,
ich irrte auch umher in einer Stadt, die sich
nun als so ganz unzugänglich erwies und
in den Massen der Kultur suchenden Menschenströme zu ertrinken drohte und mit
ihr ich selbst, der sich eigentlich ihr zugehörig fühlen wollte.
Als ich mir am Ende einen besseren Überblick über den Wohnungsmarkt verschafft
hatte, hielt ich wahrhaftig wie durch ein
göttliches Wunder zwei Optionen mit den
Namen Antonio 1 und Antonio 2 in der
Hand. Der erste Antonio jedoch vergaß,
dass er während des vereinbarten Termins
noch eine Prüfung ablegen musste und
auch, mir das rechtzeitig mitzuteilen. Der
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zweite Antonio stellte sich als ein wenig zu
aufrichtige Person heraus und fand schnell
Gefallen an meinem Äußeren, was er mir
auch sogleich mitteilte. Immerhin fand ich
Gefallen an der Größe des Zimmers und
an seiner Lage in einem noch sehr original
erhaltenen Künstlerviertel aus der Renaissancezeit.
Doch obwohl sieben weitere Studenten in
der Wohnung leben sollten, war nicht ein
einziger von ihnen anzutreffen. Darüber
hinaus gehörte zu dem Zimmer mit
den schweren dunklen Holzmöbeln aus
Deutschland offenbar kein Schlüssel.
Da jedoch der größte Teil der weiteren
Wohnmöglichkeiten von vornherein ausgeschlossen war und ich schnell handeln
musste, entschied ich mich für diesen zweiten, sonderbaren Antonio und sein Zimmer,
welches höher als breit war, und damit für
das Leben in einer Großwohngemeinschaft
– eine noch folgenreiche Entscheidung.
II. Modus vivendi
Eine Stadt mit viel Kultur ist auch oft Anziehungspunkt vieler Kulturen. Die neue
Gemeinschaft setzte sich zusammen aus
drei Italienern, einer Serbin, einem Türken,
einer Bosnierin und dem Vermieter Antonio höchstpersönlich. Nach Weihnachten
wurde der Türke durch einen brasilianischen Italiener, die Serbin durch einen Iraner,
eine Italienerin durch eine Schottin ersetzt
und das bosnische Zimmer durch ein weiteres bosnisches Mitglied erweitert. Für eine
kurze Zeit zog auch die Familie eines Mitbewohners in der Küche ein. Solche Zusammensetzungen garantieren zwar stets eine
interessante und bereichernde Unterhaltung, setzen aber auch ein großes Maß an
Aufmerksamkeit und Zurücknahme voraus
– etwas, worum sich die meisten der Mitbewohner nicht bemühten.
Da fast alle von ihnen künstlerische Studiengänge wie Innendesign studierten,
konnten sie sich erlauben, ihren Projekten
zu Hause nachzugehen. Ihre Vorliebe für
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laute elektronische Musik lebten sie gern
bis morgens um 8 Uhr in der Küche aus.
Große Geduld verlangte besonders eine
Mitbewohnerin, welche sich nach dem
lobenswerten Abschluss eines Medizinstudiums ein ganzes Jahr lang an ihrer Freizeit
erbauen wollte, um ihren ermüdeten Geist
auszuruhen. Die Schwierigkeit lag darin,
ihre sehr regen und geräuschvollen Nachtunternehmungen im gesamten Haus,
besonders das Stampfen auf den Treppenstufen und das Kreischen zu unterbinden.
Il buongiorno si vede al mattino, und meistens war es ein schlechter buongiorno: Der
Duschkopf war schon wieder abgebrochen,
das Bad voller Kerzenwachs, abgestandener Rauch und Schimmel in der Küche und
Geschirr in allen Winkeln des Hauses.
III. Die Pazzi-Verschwörung
Die Geschichte lehrt uns durch sich selbst,
dass sie neigt, sich zu wiederholen. Doch
eher weniger als mehr belehrt sie den
Menschen, sonst würde sie sich nicht wiederholen.
Es lebte einst in Florenz eine vornehme Familie, welche von unserer Wohngemeinschaft
auf den Namen „Pazzi“ getauft wurde, da es
ihr dunkles Vorhaben war, in der Union mit
einem Söldner, dem so genannten „Pazzo“,
unseren Hausherrn Antonio von seinem
Wohnsitz zu stürzen. Diese unehrenvolle
Union wohnte in demselben Palazzo, der
auch meine Gemeinschaft beherbergte.
Obwohl ein kleiner Kreis meiner Mitbewohner nicht selten die Nacht mit dem
Tag vertauschte und somit zumindest zum
Teil auch schuldig war, fiel die „pazzesche“
Rache unverhältnismäßig grausam aus. So
wurde der Fisch gezielt so an einem Fenster vorbereitet, dass sich der nach oben
steigende Geruch aller unserer Sachen
mitteilte. Sodann wurde derselbe Fisch vor
unserer Wohnungstür gefunden, wohl um
uns im wahrsten Sinne den Geschmack an
der Wohnung zu verderben.
Grundlos unerträglich laute Musik im offenen Treppenhaus um halb sechs am Morgen, manchmal ersetzt durch einen angeschalteten Staubsauger, ist nur eine der
zahllosen Episoden. Es geschah sogar, dass
um drei Uhr nachts die Polizei uns aus den
Betten holte, um um Ruhe zu bitten.
Die Verschwörung gegen uns endete vorerst mit einer polizeilichen Geräuschkontrolle, die Antonio veranlasst hatte. Jedoch
ist es auch dieser Geschichte zueigen, dass
ihr Ende ungewiss bleibt.
seit längerem anhaltenden Juckreiz offenbarte: Wie die Schriften mir später erklärten
handelte es sich um Vogelmilben, welche
sich nach dem Verlust ihrer Hauptwirte,
der Tauben, den Menschen plagen und in
kürzester Zeit zu einer nicht vorstellbaren
Anzahl vermehren. Um diese Plage zu
bekämpfen, musste ich eine Woche lang
mein Zimmer verlassen, es mit Schwefel
ausräuchern und anschließend alle Bücher
ausputzen, alle Schränke auswaschen, die
gesamte Kleidung nach drei Tagen in Quarantäne waschen und alle drei Stunden mit
Insektenbekämpfungsmitteln die Nachhut
aufhalten. Nachdem dies alles ausgeführt
IV. Keine Friedenstauben
war, konnte ich in mein Zimmer zurückkehDas Bedauerlichste an Florenz ist ihre ren.
Nebengemeinschaft. Damit meine ich Hier wird man nicht anders urteilen könnicht die Touristen, auch wenn diese man- nen, als dass die kleinen Fehler doch oft die
chmal zu Recht dessen verdächtigt werden. größten sind.
Die Rede ist von einer scheinbar weitaus
zahlreicheren Gruppe Vögeln, die sich
besonders gern in Fenstern niederlassen, V. Die Haus- und Hofküche und das
um sich um den Nachwuchs zu sorgen. Ge- Bedarfsspülen
genstand dieser Erzählung ist die einfache
Stadttaube.
Das Leben mit acht Menschen, die mehrmals
Eben dieses Geschöpf entschloss sich im am Tag und auch nachts Mahlzeiten zu sich
Winter, die Behaglichkeit meines nicht nehmen, gerät besonders dann außer Konganz schließenden Zimmerfensters für trolle, wenn diese sonst so liebenswerten
ein Nest und zwei kleine Eier zu nutzen. Menschen ihren „Hausaufgaben“ nicht
Die Folge meiner Unvorsicht waren zwei nachgehen. So türmten sich bereits am
kleine Taubenküken, welche mit einer alles frühen Nachmittag die Geschirrberge in
durchdringenden Stimme üblicherweise der Küche mit der Folge, dass, wollte man
noch vor dem Hahn zu krähen begannen. selbst sein Essen zubereiten, man gezwunWährend es mich für kurze Zeit in die alte gen war, je nach Bedarf die benötigten GeHeimat zog, wiederholte sich auch diese genstände zuerst zu spülen. Sprach man
Geschichte, und erneut war es der Mensch, jemanden auf die Sache an, trug natürder sich nicht von ihr belehren ließ.
lich immer derjenige die Schuld, der sich
Als eines Tages der letzte Akkord dieses gerade durch seine ständige Abwesenheit
Konzertes verklungen war, galt es, das Nest nicht rechtfertigen konnte.
mit einiger Sorgfalt zu entfernen. Antonio
hatte allerdings ganz andere Sorgen: Die
Muttermaus „Candida“ war gestorben, und VI. Glück im Unglück
dieses Schicksal verlangte eine lange und
heftige Trauerzeit.
Die italienischen Wahlen sind selten überNach einem schönen, vergnüglichen raschend und erstaunen doch jedes Mal
Abend war es an der Zeit, schlafen zu ge- den Zuschauer.
hen, als sich mir plötzlich der Grund für den Dieses Mal gab es tatsächlich eine freud31
ige Überraschung. Berlusconis Wahlmotto
„Rialzati Italia!“ hat wohl niemanden im
Lande, den Urheber eingeschlossen, derart
motiviert wie Antonio, der erstmals seine
seit dreißig Jahren angesammelten Möbel
zu ordnen und die Wohnung um die Hälfte
ihres Gewichtes zu erleichtern versuchte.
Die Durchführung dieses Plans nahm zwei
ganze Wochen in Anspruch, welche unsere Ohren nicht vergessen werden. Ein
beachtlicher Teil der Möbel wurde jedoch
auf der Treppe neben meinem Zimmer verstaut und diente, wenn manchmal ein Stuhl
herunter fiel, als willkürlicher Wecker.
oder anderen wegen ihrer verneinenden Betrachtung irritiert und dazu bewegt haben,
die Möglichkeit eines Zusammenlebens mit
vielen Menschen gänzlich auszuschließen,
denen soll gesagt sein, dass in allem eine
Entwicklung zum Besseren zu erwarten ist.
Viele Menschen haben viele Antworten
auf dieselbe Frage und deshalb lohnt es
sich jeden Tag mit ihnen zu leben und das
oft gleiche Schicksal zu bestehen. Doch
gerade die unangenehmen Erfahrungen,
von denen andere Erzählungen zu berichten wissen, welche ich jedoch in Anbetracht ihrer diesen Rahmen sprengenden
Länge vorerst zurücknehmen musste, sind
diejenigen Erfahrungen, an denen wir die
Möglichkeit haben wirklich zu wachsen.
VII. Die Nachhut
Aus diesem Grund wünsche ich, bei aller
Im Gegensatz zu Wahlen in Italien, ist Flo- Zuneigung für Euch, dass diese Blumen
renz immer für Überraschungen gut. Eine nicht für immer blühen, damit neue wachdavon ist sicherlich, dass es überhaupt sen können und bald gefunden und betranoch steht. Kaum war ein Leben ohne Mil- chtet werden.
benangst begonnen, sah ich mich schon
David de Francesco
der nächsten Bedrohung konfrontiert. Seit
einer guten Weile wird Florenz von der
Samtmilbe heimgesucht, welche zwar sehr
groß, rot und daher an Wänden und Geländern sichtbar, jedoch erfahrungsgemäß
dem Menschen gegenüber freundlich
eingestellt ist.
VIII. Noahs Irrtum
Das Geschöpf, welches der Mensch nach
sich selbst am meisten verachtet, ist die
Mücke. Sie haben jeden Gast in Florenz,
und war er noch so freundlich, gequält und
verzweifeln lassen. Lasst Euch, die Ihr wohl
schon mehr geduldig als begierig meine
Blumen betrachtet, noch dieses sagen:
Nachdem ihr alle in dieser Stadt zusammen kommt, mit der Ihr schon jetzt durch
Eure sorgenvollen Gedanken in Euch und
denselben Himmel über Euch verbunden
seid, sollt Ihr als erstes für ein mückenfreies
Umfeld sorgen.
Mögen auch diese Erzählungen den einen
32
Survival of the fittest
Überlebenstipps
für den italienischen Verkehr
Erste Regel: Willst Du eine Straße überqueren und siehst eine Vespa in der Nähe. Bewege Dich keinen Millimeter, bleibe ganz
ruhig, atme tief durch, zähle bis drei. Der Roller wird keineswegs, unter keinen Umständen, niemals anhalten. Nicht für Fußgänger. Zweite Regel: Du möchtest
eine Straße überqueren und
siehst ein sich näherndes Auto,
pass gut auf! Es wird nicht anhalten, wenn
Du nicht zuvor die Hälfte der Straße überquert hast. Vielleicht nicht einmal dann.
Dritte Regel: Pass auf die Fahrräder in der
Fußgängerzone auf. Überlege Dir vor Betreten der Straße, wo die Geschäfte liegen in
die Du möchtest. Überlege Dir dann einen
Weg sie alle nacheinander zu besuchen, ohne
die Straße mehr als nötig zu überqueren.
Fahrräder haben in Florenz keine Bremsen!
Vierte Regel: Du bist mit dem Fahrrad
unterwegs? Aufgepasst auf Motorini,
Autos und Fußgänger: Die einen schneiden dir den Weg ab, die anderen werfen
sich einfach rücksichtslos vor dein Rad.
Hier heißt es: Augen und Ohren offen
halten! Lerne zu denken wie dein Feind,
damit du ihm zuvorkommen kannst.
Fünfte Regel: Vertraue Deinem Schutzengel. Und viel Glück!
Claudia Calabrese
33
Fortbewegung
Fahrrad
• Anzeigen in La Pulce
• Diverse Schwarzhändler
• Fahrradläden via S.Gallo, via Alfani,
via Pisana
• Oder die gute Rohrzange aus dem Ferramento und eine kleine nächtliche
Exkursion, am besten nach ein paar
Gläsern Wein zum Mut antrinken...
•
•
•
•
Bus
Busse fahren im Zentrum im
10/20min-Takt, i.d.R. pünktlich (Achtung auf Aushänge für Streiks an den
Haltestellen!), abends bis ca. 00:00 01:00Uhr.
Einzelkarte 1,20€, gültig für 70min;
10er-Karte 10€; Monatsabo für Studenten 23€
Ein Abo lohnt sich nur, wenn man
wirklich weit außerhalb wohnt und
nicht mit dem Fahrrad fahren will,
sonst ist zu Fuß bzw. mit dem Rad
alles leicht erreichbar…
Weitere Infos und alle Buspläne online unter www.ataf.net
Mangiare la minestra o saltare dalla
(Über-) Leben in Florenz
finestra
Auch wenn das Leben in Florenz teuer und Erfahrungsschatz weitergeben. Denn der
die Wartezeit bis zur Stipendienauszahlung Winter kann lang und sehr kalt werden.
scheinbar unendlich ist, sollte der Sprung Auch wenn Ihr schon in den bisherigen Esaus dem Fenster doch wohl keine ernsthaf- perienze-Ausgaben vom kalten Winter gete Option darstellen. Er würde euren Flo- lesen und es nicht Ernst genommen habt
renz-Aufenthalt drastisch verkürzen. Vieles (denn das haben auch wir nicht), möchten
scheint anfangs zwar
wir Euch wärmstens
schwierig, Hindernis- „Ich hab mir heute morgen im Bett an die
ans Herz legen, nicht
se unüberwindbar, Nase gefasst und ich dachte, ich bin tot.“
nur mit SommerklaAnonym,
bis
Januar
in
unbeheizter
Wohnung
(hat
doch schon bald finmotten anzureisen.
überlebt).
den sich für alle ProBald schon werdet
bleme irgendwelche
ihr selbst eure hässLösungen, die wie immer in Italien keiner lichsten Wollpullis, Fleecejacken, Mützen,
Regel folgen. Und im Nachhinein betrach- Schals, Handschuhe, WÄRMFLASCHEN,
tet war auch manch harte Woche für unsere Thermoskannen etc. von zu Hause vermisMoral und zu deutschen Angewohnheiten sen!
alles andere als schlimm. Die Uhren hier in
Italien ticken eben doch anders – und nach Informiert euch außerdem schon bei der
einer Weile auch man selbst.
Wohnungssuche wie es mit dem Heizen
aussieht. Es wird hier oft und gerne an allen
Wir möchten Euch an dieser Stelle Überle- Enden gespart, so dass es auch vorkombenstipps aus unserem hart erworbenen men kann, dass die Heizung eben erst nach
34
bekommt doch noch den Hauch einer Vorstellung, wie das florentinische Leben im
Mittelalter gewesen sein muss. Im Gegensatz zu den Touris bezahlt ihr für eure traditionell toskanische Bauernbrotsuppe Ribollita nicht zwischen 6-9€ pro Teller - sondern
pro Topf für 4 Personen und eine Woche.
Hier ein mögliches Rezept, Abwandlungen
sind natürlich immer möglich.
Mensa:
• Mensakarte im Ufficio Tesserini,
• Viale Morgagni, 51
• S.Gallo, 25 (Eingang in Via S.Reparata)
• Via Bolognese, 52
• Viale Morgagni, 51
Ricetta:
- 250 gr di pane toscano
- 800 gr. fagioli cannellini lessi
- bietola fresca q.b.
- 1 mazzetto di cavolo nero
- 1/2 cavolo verza
- 5 carote
- 4 patate
- 3 gambi di sedano
- 2 pomodori
- concentrato di pomodoro q.b.
- timo q.b.
- 1 cipolla
- 2 spicchi d’aglio
- sale e pepe q.b.
- acqua
Weihnachten angestellt wird und es im November draußen wärmer als drinnen ist. Es
gibt nicht nur staatliche Regelungen, die
das frühzeitige Heizen verhindern, sondern
auch geizige Vermieter und Mitbewohner, die einen zum Frieren zwingen. Hinzu
kommt die feuchte Kälte, die man ganz anJe länger die Suppe kocht bzw. je öfter sie wieder
ders empfindet, als den Winter in Deutsch- aufgewärmt wurde, desto besser. Vor dem Essen mit
land.
Olivenöl verfeinern.
Wenn dann, dank verzögerter Einschreibung oder anderen unvorhersehbaren
Schwierigkeiten, das Stipendium nach drei
Monaten immer noch nicht da ist, Eure Finanzrücklagen noch nicht einmal mehr als
mickrig bezeichnet werden können, dann
ist der Moment gekommen, in dem Ihr (im
Rückblick gesehen) Lebenserfahrungen
und Geschichten für Eure zukünftigen Enkelkinder sammeln werdet.
Für bessere Tage können wir Euch die Trattoria da Mario in der Via Rosina, gegenüber
der Markthalle, empfehlen. Dort bekommt
ihr günstige Primi, darunter auch meist Ribollita, in typischem Ambiente. Man sitzt
meist mit Wildfremden am Tisch und es
kann vorkommen, dass man diese nach einem geteilten Krug Wein mit „Forza Viola!“
verabschieden muss. Geöffnet ist nur mittags unter der Woche.
Um Eure Herzlein dennoch zu erwärmen,
könnt ihr euch entweder ein Beispiel an
den Erfahrungen Eurer Großeltern nehmen (Fleecepullis liegen ja bestimmt in
Deutschland…) und Eure Sommerjäckchen
mit Zeitungen oder anderem Isoliermaterial ausstopfen, oder (UND!) hoffen, dass Ihr
in Euren WGs Töpfe findet, die groß genug
sind, um Suppe für eine Woche zu kochen.
Somit könnt Ihr zwei Fliegen mit einer
Klappe schlagen: Der Bauch ist voll und Ihr
35
Doch kehren wir zur finanziellen Notla- Generell gilt beim Leben in Florenz, von der
ge zurück: Es bietet sich an, Lebensmittel Eisdiele übers Restaurant bis hin zur Wohfrisch und günstig beispielsweise auf dem nung: Meidet Touri-Zentren! Es sind fast
Mercato Centrale bei San Lorenzo zu kau- immer die kleinen Seitenstraßen, die Gefen. Außer sonntags bekommt man dort genden weiter außerhalb und Geschäfte
täglich von 8-14 Uhr Fleisch, frisches saiso- ohne Blink-blink-Neon-„Homemade“ /“You
nales Obst und Gemüse usw. an authenti- can eat tuscany here“, die noch italienisch
geblieben sind –
schen und weniwo man noch Einger authentischen „Oh my God, this is worse than Disneyland!“
Markständen. Obst Worte einer amerikanischen Touristin angesichts des Men- heimische trifft,
auf italienisch anund Gemüse sollte schenauflaufs in Arezzo.
gesprochen wird
man generell immer im Obergeschoss kaufen und je nach und das Mini-Eis in Supermarktqualität
Marktstand darauf achten, dass ordentlich nicht 2,50€ kostet.
abgerechnet wird. Man bekommt nicht
überall einen scontrino und wenn man als Sieht man die Ribollita als Metapher für
Ausländer auffällt, kann es durchaus vor- Florenz und das Jahr hier, kann man sagen,
kommen, dass man für 3 Bananen 2€ zah- dass sie überall anders gekocht wird und
len soll – und das bei einem Kilopreis von niemals gleich schmeckt. Der eine mag sie
1€. Wobei dies wirklich nur an einem Stand mehr, der andere weniger. Die Zutaten stevorkommt… Also aufpassen und gegebe- hen in unterschiedlichem Verhältnis zueinenfalls beschweren, schließlich könnt ihr nander, manche schmecken einem besser,
ja italienisch und meist passiert so was „aus manche weniger. Doch gehören sie alle
Versehen“. Es gibt dafür viele andere wirk- dazu und machen das Gericht zu dem, was
lich nette Verkäufer, die immer zu Scherzen es ist.
aufgelegt sind und einem auch mal ein Kilo In diesem Sinne können wir euch nur empOrangen mehr in die Tüte packen, sobald fehlen di mangiare la minestra!
sie einen kennen.
Gisela Gross und Helene Hamel
Einkaufen
Bezahlbare Supermärkte:
• Esselunga (Adressen unter www.
esselunga.it; Fidatycard besorgen!
Kostenlose Rabattkarte, die besten
sconti gibt es oft nur mit Karte)
• Coop (www.coop.it)
Wenn Zeit mal vor Geld geht:
• Standa
• Conad (auch direkt in Uninähe, Via
dei Servi)
• Il Centro
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Discounter:
• Penny Markt
• Lidl (falls mal kulinarisches Heimweh aufkommt)
Märkte:
• Mercato Centrale (San Lorenzo)
• Piazza Ghiberti (kleinere Ausführung vom Mercato Centrale, drinnen und draußen)
• Piazza Isolotto
• Mercato alle Cascine (in erster Linie
Kleidung, Schuhe, Taschen, Kram,
aber auch Nahrungsmittel)
Die Italiener und ihr Essen
Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Ein angenehm warmer Sonntagabend im
April. Mit meinem Mitbewohner bin ich bei
der Geburtstags-Cena eines gemeinsamen
Freundes. Wir stehen in netter Runde,
stoßen auf das Wohl des Gastgebers an und
plaudern heiter vor uns hin. Die Stimmung
ist super und ich genieße es, als einziger
Nicht-Italiener diese typisch italienische
Geburtstagsfeier mitzuerleben. Auf dem
großen Wohnzimmertisch breitet sich ein
Buffet aus, das jede noch so famose Aperitivo-Bar erblassen ließe. Mit dem obligatorischen Wein im Plastikbecher warten wir
nur noch auf ein, zwei verspätete Gäste, um
uns dann endlich über all die feinen Sachen
herzumachen, die unser Freund den ganzen
Tag lang zubereitet hat. Er hat seinen Job
als Gastgeber bravourös gemacht – das Essen ist hervorragend – und ich möchte nun
auch ein guter Gast sein und lobe in höchsten Tönen seine Kreationen und die Wahl
von Pecorino und Co. Während ich vor allem
die salsiccia lobe, die er eigens aus Apulien mitgebracht hatte, picke ich die letzten zwei Stücke vom Teller und lasse auch
diese im Mund verschwinden. Ohne Böses
zu ahnen, richte ich meinen Blick wieder in
die Runde und stelle schlagartig fest, dass
etwas nicht stimmt: eine Freundin schaut
mich fassungslos an, als hätte ich gerade
eine unglaubliche Dreistigkeit begangen.
Panisch rekonstruiere ich gedanklich die
letzten Sekunden und durchforste diese
nach dem Auslöser ihrer Entrüstung. Habe
ich ein falsches Wort benutzt? Ist mir eine
unfreiwillige Doppeldeutigkeit beim Lob
der salsiccia rausgerutscht? Was zum Teufel
habe ich getan? Auf ihrem Gesicht macht
sich jetzt zwar ein Lächeln breit, doch
dieses drückt immer noch vollste Verwunderung aus und dementsprechend ihre
Frage: „Du hast nicht wirklich gerade ein
Stück pecorino zusammen mit einem Stück
Kartoffel gegessen?“. Bevor ich zur Antwort
ansetzen kann, ergreift eine andere Freundin das Wort und urteilt gnadenlos: „Tja, die
Deutschen haben halt keine Ahnung vom
Essen.“ Bums. Das saß. So kurz, so knapp, so
schmerzhaft.
Jeder, der schon mal eine längere Zeit mit
Italienern verbracht hat, wird Situationen
wie diese kennen – sie passieren andauernd. Denn was das Essen angeht, legt der
größte Teil der Italiener einen Konservatismus und einen Stolz zu Tage, der seinesgleichen sucht. Sie halten ihre Küche für die
unanfechtbare Krönung der Schöpfung
und scheuen keineswegs davor zurück, dies
vor uns „kulinarischen Barbaren“ lautstark
kundzutun. Fremden Gerichten stehen sie
dementsprechend, gelinde gesagt, kritisch
gegenüber. Während die Deutschen sich
mit Freude von hier und da leckere Sachen
zusammensammeln, man denke nur an Sushi oder Curry-Hähnchen, sucht man in Italien solche Exoten vergebens – und allein der
Gedanke an ein solches geschmackliches
Ungeheuer wie die Mischung süß-sauer erweckt in den meisten Italienern das schiere
Grauen. Als uneingeweihter Ausländer
läuft man da beim gemeinsamen Kochen
ständig Gefahr, den einen oder anderen
Fauxpas zu begehen. So führt bei Italienern
der Vorschlag ein Fischgericht zu kochen,
ohne dass prezzemolo im Haus wäre, zu
Verständnislosigkeit, das bloße Erwähnen
der „Pizza Hawaii“ zu Weltuntergangsstimmung und der Versuch etwas Oregano in
eine Bolognese-Sauce zu geben zu einer
Tsunami-Welle der Empörung. Das kann
einem irgendwann gehörig auf die Nerven
gehen. Doch dürfen wir uns darüber aufregen? Oder können die Italiener gar nichts
dafür, sind Opfer ihrer Sozialisation? Denn
eins steht fest: nach einem Jahr italienis37
cher WG und italienischem Alltag erlebt
man, dass sie mit recht strengen Regeln für
Kochen und Essen aufwachsen und diese
so verinnerlichen, dass jede Abweichung
sofort auffällt. Während wir Deutschen
scheinbar so vor uns hin essen, wie uns
der Schnabel gewachsen ist, ist bei den
Italienern nicht viel Innovation und Variation zu beobachten. Woher kommt diese
Strenge? Ich glaube in meiner florentiner
Zeit die zwei großen Hüter der italienischen
Esskultur ausgemacht zu haben: die Familie
und das Fernsehen. Zwei italienische Institutionen, die in friedlicher Symbiose leben
– und zwar meistens in der Küche.
In den Familien wird viel stärker als bei uns
die klassische Küche gepflegt. „Regelhüterin“ ist die jeweilige Generation der
nonne, die ihr Wissen dem Nachwuchs
gewissenhaft weitergibt. Das klingt nach
stupider Stereotypen-Rumreiterei, doch
an dem Bild der nonna, die liebevoll am
Herde steht, geht tatsächlich kein Weg
vorbei – und kaum ein Italiener der nicht
sagen würde „bei nonna schmeckt’s immer noch am Besten.“ Und so verwundert
es auch nicht, dass die Rollenverteilung in
der bekanntesten Kochshow des Landes
diesem traditionellen Bilde entspricht: bei
„La prova del cuoco“ ist es „Nonna Pina“,
die der tochterähnlichen Moderatorin und
den Zuschauern ihre Rezepte beibringt –
während sich in Deutschland junge, hippe
Starköche durch die erfolgreichsten Sendungen kochen. Mit dieser und ähnlichen
Sendungen trägt so auch das Fernsehen
einen guten Teil zur Aufrechterhaltung der
italienischen Esskultur bei. Es spiegelt das
liebevolle Verhältnis der Italiener zu ihren
eigenen Produkten beispielhaft wieder
und macht für diese fleißig Werbung. Die
Sendung „Occhio alla spesa!“ läuft täglich
auf RAI uno und beschäftigt sich eine
Stunde lang mit jeweils nur einem einzigen
Nahrungsmittel. Der Moderator Di Pietro, „il
dottore“, eröffnet die Sendung mit einem
geradezu rührenden Interview mit dem
Produkt selber („Buongiorno, cara signora
38
pesca! Come sta?“), es folgt der Auftritt eines
Fachmanns, dann die Liveschaltung an die
Märkte der großen italienischen Städte und
schließlich der obligatorische Hinweis, das
wichtigste beim Einkauf sei, stets auf die
(italienische) provenienza zu achten. Marokkanische Pfirsiche als Bedrohung der
italienischen Familie! Und tatsächlich: Auf
ihrer Internetseite preist die RAI den Moderator als „il re delle casalinghe, (…) un vero
e proprio difensore civico della famiglia
italiana”. Zwischen den Sendungen laufen
dann Spots für herkunftsgeschützte Lebensmittel (Parm. Reggiano, Äpfel aus dem
Aosta-Tal, usw.). Und wenn dann auch noch
ein Telegiornale verkündet, dass selbst
Hollywood-Stars nicht genug von ihrem
Bio-Italiener bekommen, dann wundert
man sich gar nicht mehr über italienische
Nahrungsmittel-Arroganz. Doch diese richtet sich tröstlicherweise nicht nur gegen
Ausländer, sondern ist auch unterhalb der
Italiener zu beobachten: kaum ein Italiener,
der nicht seine Stadt und Region ganz
vorne an der kulinarischen Spitze sieht. Allen voran die Süditaliener, die ein Studium
im Norden nur dann aushalten, wenn ihnen
regelmäßig Verpflegungspakete mit Regionalitäten zugeschickt werden. Neulich
schwor eine Freundin aus Basilicata, dass
selbst der Caffè „unten“ besser sei als in Florenz. Was man dort anders mache, konnte
sie nicht sagen – aber er sei halt einfach viel
besser. Welch unschlagbares Argument!
Am Anfang unseres Jahres habe ich
mich öfters über diesen
ausgewachsenen Essensstolz
gewundert und geärgert
– zugegeben ein bisschen
mehr kulinarische
We l t o f fe n h e i t
und Bescheidenheit könnte ihnen wohl wirklich
nicht schaden –
doch dann fragte
ich mich, warum
denn eigentlich nicht stolz sein auf die
landestypische Küche? Warum sollten wir
bei uns nicht einfach Gleiches tun? Das
gängige Argument, wir hätten nicht so
viele typische Gerichte, hält genauerer Prüfung nicht stand. Auch unsere Küche ist
reich an Besonderheiten und regionalen
Spezialitäten – doch im Unterschied zu
den Italienern zelebrieren wir diese nicht
so sehr. Schade eigentlich! Wenn ich zurück
Kaffeekult
oder
Kaffeekultur?
Dass man in Deutschland
schon seit ein, zwei Jahren von einem Kaffeekult
spricht, ist bekannt und
dass merkwürdige Wendungen, wie „ein mittleren
latte macchiato mit doppeltem Espresso und Sojamilch zum Mitnehmen“ in den Sprachgebrauch übergenommen wurden, scheint
uns ganz normal! Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit gehen wir davon aus,
dass der ganze Kult - wie das Produkt selbst - aus Italien kommt.
Doch angekommen im vermeintlichen
Paradies erfolgt die Ernüchterung: Keine
Herz- oder Baummotive im Milchschaum
auf dem latte macchiato, tendenziell eher
wenig Milchschaum und nach einer zögerlichen Nachfrage, bekomme ich auch eine
eher befremdliche Antwort: „Aaaah, tipo
capuccino?“ Tatsächlich befindet sich – für
uns unverständlich - mehr Milchschaum
auf dem cappuccino, als auf dem latte macchiato. Doch das ist nur der Anfang!
Schnell sollte man sich von der Idee unterschiedlicher Größen verabschieden, einige
Extrawünsche stoßen hier auf Verwun-
zu Hause sein werde mache ich mir erstmal
einen ordentlichen Düsseldorf-er Senfrostbraten und trinke voll innigster Überzeugung ein schönes Altbier. Doch bis dahin
halte ich hier beim Kochen brav meine
Klappe und schnappe von der italienischen
Küche so viel auf wie nur möglich – denn
die schimpft sich völlig zu Recht, als eine
der besten der Welt.
Benedikt Mohr
derung und auch wenn in den italienischen
Bars lange Listen hängen, so sind es doch
gängige Varianten, die bei uns keinen Zuspruch finden.
In den italienischen Großstädten sollte man
außerdem darauf gefasst sein, dass die
Preise auch innerhalb einer
Bar variieren können: An der
Theke ist der Kaffee grundsätzlich am günstigsten, setzt
man sich in die Bar, könnte
es schon teurer werden (Service hat eben seinen Preis)
und erst recht, wenn man sich
dann nach Draußen begibt,
gegebenenfalls den Blick auf eine der vielen Sehenswürdigkeiten genießt.
Doch lasst euch von diesen Einschränkungen nicht entmutigen, die Preise sind hier
tatsächlich paradiesisch. Espresso ab 80
Cent und cappuccino oder latte macchiato
ab 1€, da trinkt man doch anstatt einem
großen cappuccino, lieber zwei in italienischer Größe und es ist meistens dennoch
günstiger. Da verzichtet man gerne auf
den Schnickschnack des deutschen KaffeeHypes und erhält dafür „echte“ Qualität.
Nebenbei sollte erwähnt werden, dass der
„Italiener an sich“ cappuccino und latte
macchiato eigentlich nur morgens zum
Frühstück trinkt und ab der Mittagszeit
ausschließlich Espresso, oder einen caffè
macchiato. Gerne schmunzeln sie über
„questi turisti che bevono un cappuccino
Linda Kalcher
dopo aver mangiato.” 39
Tipps für la Dolce Vita
Restaurants
• Funiculì, Via al Prato – Pizza Napoletana DOC, evtl. die beste in Florenz,
geräumig, günstig
• Semolina, Piazza Ghiberti – klein, gemütlich, lecker, italienisch, nicht teuer
• Nerone, Via Faenza – Pizzeria/Trattoria,
günstig, sehr geräumig, nette Einrichtung
• I Ghibellini, Piazza Pier San Maggiore
• Il Vegetariano, Via delle Ruote – der
Name sagt alles, günstig, lecker
• Da Mario, Via della Rosina – nur mittags, immer proppenvoll, klein und
gut
• Il Gatto e la Volpe, Via Ghibellina – günstig und lecker, früh da sein
• Rifrullo, bei Porta San Niccolò – nett,
großer Außenbereich
• Edi House, Piazza Savonarola – Superpizza und Desserts, günstig
• Il Pizzaiuolo, Via Dei Macci, 113/R – unbestritten einer der besten.
• Bistro Lupin, Via Circondaria, 36/r
• Pizzeria a Casamia, via Pisana 165/r
• Pizzeria-Spaghetteria Calypso, via S.
Angelo 5
40
Eisdielen:
• dei Neri, Via de’ Neri – Riesenauswahl, tolle Sorten, leckerleckerlecker, günstig
• de’ Medici, Via dello Statuto – große
Auswahl, günstig, superlecker, fast
nur Italiener
• Papilla, Via Masaccio – große Portionen, günstig und lecker, selbstgemachte Waffeln in verschiedenen
Sorten
• Conti, Viale delle Mille
• Ponte Carraia, an der Ponte Carraia –
sehr günstig und lecker
• Grom, Via del Campanile
Aperitivo
• Kitsch, Viale Gramsci/Piazza Beccaria – Riesenbuffet, ungeschlagen,
immer voll, am besten um 19/19:30
da sein, superlecker, auch leckere
Cocktails,7,50€
• Negroni, Via de’ Renai 17r – klein
und stylisch, verschiedene warme
Gerichte, gemütlich, 8€
• Chiaroscuro, Corso – zentral, super auch als Café, Aperitivo mexikanisch, afrikanisch…
• Café de Paris, Piazza Dalmazia – lecker und günstig
• Pop Café, Piazza S. Spirito – rein vegetarischer Aperitivo! lecker
• Nabucco, Via S.Reparata
Bars
• Mayday, Via Dante Alighieri 16/r supernette Kellner, viele Cocktails, die
coolste Klomusik in ganz Florenz
• Teatro Scribe, Via delle Seggiole Tessera nötig, dafür billige Cocktails
• Rex café, Via Fiesolana 25/r
• BeBop, Via dei Servi - Kelleratmoshphäre mit Livemusik
• Joshua tree Pub, Via della Scala
• La Cité, Borgo S.Frediano – Literaturcafé, ruhig und gemütlich
• Australiano, Borgo Santa Croce-
Moyo, Via dei Benci – stylish, ziemlich teuer, aber immer was los, auch
guter Aperitivo, kostenlos Internet
• Oibò, Via dei Benci
• Kitsch Pub, Via San Gallo – ähnlich
wie Kitsch, aber kleinerer Aperitivo,
dafür auch andere Gerichte
Discos
• Twice, Via Verdi 57/r – R’n’B, Eintritt
frei, haufenweise betrunkene Touris,
penetrantes Baggern, aber tägl. Bis
4 Uhr auf und mit genug Leuten hat
man so seinen Spaß
• Doris, Via dei Pandolfini – Do-Sa,
guter Elektro, Eintritt frei, aber Getränke teuer,
• Space Electronic, Via Palazzuolo 37
– Großraumdisco, wie im Twice viele
Touris und baggernde Italiener,
Musik gemischt House/R’n’B
• Yab; Via Sassetti 5/r – stylish, die
neureiche florentiner Jugend, meist
house, Mo R’n’B, Mi Eintritt frei für
“ausländische Studenten”
• Meccanò, Parco delle Cascine – groß,
mit Außenbereich, auch ab und zu
“Erasmus-Abende” mit freiem Eintritt
• Central, Via Fosso Macinante 1 (Parco delle Cascine) – Open-Air-Disco
mitten im Park, Superatmosphäre,
stylish, teuer, aber man muss mal da
gewesen sein
• Blob, Via Vinegia 21/r;
• Maracanà, Via Faenza 4 – brasilianische Disco
• Eskimo Club, Via de’ Canacci 12/r –
häufig Livemusik
Le Cinque Terre
e il mare
Wenn man von Florenz aus Italien entdecken und dabei noch Strand und Meer
genießen möchte, dann empfiehlt es sich
einen Ausflug in die Cinque Terre zu machen.
Die Cinque Terre befinden sich in Ligurien
und sind am einfachsten und günstigen
mit dem Zug zu erreichen. In knapp drei
Stunden und für ca. 10 Euro erreicht man
Riomaggiore, das erste der fünf Dörfer.
Über einen gut ausgebauten (kostenpflichtigen) Wanderweg, die via dell’amore, erreicht man in ca. einer halben Stunde das
zweite Dorf Manarola.
Das nächste der Dörfer ist Corniglia.
Corniglia ist das einzige der fünf Dörfer, das
nicht direkt am Meer, sondern ca. hundert
Meter darüber gelegen ist. Man kann es
durch eine Ziegelsteintreppe, die Lardarina
mit 370 Stufen, oder durch einen normalen
Weg vom Bahnhof bis zum Zentrum des
Dorfes erreichen. Wer sich gerne bewegt
und gerne wandert gelangt zu Fuß zum vierten Dorf, Vernazza. Im Gegensatz zu der
via dell’amore ist dieser Weg allerdings kein
Spazierweg mehr und deshalb sollte man
hierfür auch feste Schuhe tragen. Das Panorama, das sich einem bei der Ankunft bietet, entschädigt aber für jede Mühe.
Monterosso ist nicht nur das letzte, sondern
auch das Dorf mit den meisten Einwohnern
41
der Cinque Terre.
Wenn man sich die anstrengenden Wanderungen ersparen und einfach nur die
Landschaft genießen möchte, kann man
auch von Manarola aus eine Bootsfahrt
nach Monterosso machen. Die Aussicht,
die man vom Meer aus auf die Dörfer hat,
ist fantastisch.
Monterosso ist das einzige Dorf, in welchem
man die Möglichkeit hat, sich an einen
schönen Sandstrand zu legen, deshalb
empfiehlt es sich auch, es zuletzt zu besuchen.
Wenn man nicht nur einen Tag Zeit hat,
lohnt es sich auch sehr einen Tag zum Entdecken der Cinque Terre nutzen, abends
lecker ligurische Spezialitäten zu essen (die
typische Pastasorte sind hier trofie und
natürlich ganz wichtig ligurisches Pesto)
und die Nacht in einem der vielen kleinen
B&B zu verbringen. Auch wenn man das
Zimmer am Vormittag räumen muss, ist es
in der Regel kein Problem sein Gepäck den
restlichen Tag über dort zu lassen. So hat
man den ganzen nächsten Tag Zeit sich an
den Strand zu legen, im Meer zu planschen,
die Sonne und die schöne Landschaft zu
genießen.
Wenn man nur ans Meer möchte, ist Viareggio sicherlich der am nächstgelegenste
Strand, aber nicht wirklich der schönste. Ein
Stück spiaggia libera sucht man fast vergebens.
Schöne Strände findet man vor allem in der
Provincia di Livorno, zum einen gibt es
die sogenannten spiagge bianche von Vada
mit weißem Sand und türkis-blaufarbenem
Meer.
Einfacher mit dem Zug zu erreichen und
trotzdem mit sehr schönem Strand und
malerischem Dorf ist Castiglioncello. Vom
Bahnhof zum Strand braucht man zu Fuß
ca. 15 Minuten.
Für die Sommermonate in dem bei höheren
Temperaturen doch sehr stickigen und
heißen Florenz sind solche Ausflüge eine erholsame und wirklich schöne Abwechslung
und haben den schönen Nebeneffekt, dass
man am Ende des Florenzjahres braungebrannt wieder nach Deutschland zurückkehren kann - schließlich studieren wir ja in
Italien ...
Katrin Matzerath
42
Il carnevale di
Viareggio
Neben Venedig findet in Viareggio jedes
Jahr das größte Karnevalsspektakel Italiens
statt, und das seit 135 Jahren. Auch wenn
wir sonst keine großen Karnevalsfans sind,
wollten wir uns dieses Ereignis nicht entgehen lassen...
Schon im Zug auf dem Weg dorthin steigen
mit der Zeit immer mehr verkleidete Leute
ein, Musik ertönt durch den Zug, die Klos
sind dauerbesetzt, da sich einige Fahrgäste
noch zurecht machen und schminken müssen. Der Weg zur Promenade wird ebenfalls
von Musik, die durch die in der gesamten
Straße angebrachten Lautsprecher ertönt,
und viel Konfetti begleitet. Wer will, kann
auch noch schnell einen Hut oder andere
Karnevalsutensilien sowie eine Art Dekospray erstehen. Davon machen leider allzu viele Leute Gebrauch und haben Spaß
daran, andere Leute mal eben im Vorbeigehen von oben bis unten mit dieser klebrigen Masse einzusprühen. Aber darüber
muss man hinwegsehen, es ist ja Karneval
und keine Zeit Trübsal zu blasen!
Toiletten und Krankenstationen eingezeichnet sind. Das Gelände ist riesig und wunderschön direkt am Strand gelegen. Wem
der Trubel also zu groß wird, kann mal eben
ein bisschen am Strand verschnaufen. Viele
Leute sind verkleidet. Auffällig ist, dass es
üblich ist, sich als Familie im Einheitslook
anzuziehen. So gibt es zum Beispiel ganze
Tiger-, Löwen- und Bärenfamilien. Und auch
die Hunde müssen sich dem Gesamtbild
anpassen und sind häufig mit Schleifchen
und Kleidern versehen. Es gibt sogar einen
Hund in kompletter Clownsverkleidung.
An den fünf Tagen der Karnevalsumzüge
wird ein Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Wagen veranstaltet, bei dem
die Besucher per SMS oder Anruf für ihren
Lieblingswagen abstimmen können. Alle
Figuren sind aus Pappmaché gearbeitet.
Dabei gibt es vier Kategorien: Wagen mit ca.
40 Tonnen Gewicht, solche mit 30 Tonnen,
Masken in Gruppen und einzelne Masken.
Die größten sind dabei bis zu 20 Metern
Die Organisation der Veranstaltung ist für hoch und 14 Meter lang und machen durch
Italien außerordentlich gut, alles ist abges- ihre Farben, Spezialeffekte und Musik auf
perrt, es gibt schnell und gut funktionier- sich aufmerksam. Schon allein der Anblick
ende Kassenhäuschen und man bekommt der stehenden Wagen ist faszinierend, aber
beim Eingang Pläne in die Hand, in denen setzen sich die Wagen erst in Bewegung,
43
bis zu Berlusconi und Prodi, alle kriegen
sie ihr Fett weg. Und auch wenn man nicht
jede Anspielung versteht, macht es Spaß
einmal einen italienischen Karnevalsumzug zu erleben.
Im Unterschied zum deutschen Karneval
werden nur vereinzelte Bonbons geschmissen und nur mit großem Glück erwischt
man mal eins. Auch wird viel weniger Alkohol getrunken, nirgendwo sieht man
betrunkene Leute, dafür sind viel mehr
Familien mit Kind und Kegel unterwegs.
Gegen Abend wird es immer voller und das
Gedränge nimmt zu. Leider ist es gerade in
diesen Tagen Anfang Februar sehr kalt und
windig, sodass es uns nach 4 Stunden stehen und frieren reicht und wir beschließen,
uns einen Weg durch die Massen zu bahnen und den Heimweg anzutreten. Die
Idee hatten wohl noch mehr Leute und so
ist der Zug zunächst brechend voll, bis er
spielt die Musik und gehen, wenn es dunkel sich nach und nach leert. Müde und etwas
wird, die Lichter an, entsteht eine wirklich geschafft erreichen wir Florenz. Aber die
beeindruckende Kulisse. Das Hauptthema Zeit und das Geld (15 Euro Eintritt) waren
der Wagen ist 2008 die Politik, die auf die es wert, einmal „il carnevale di Viareggio“
Schippe genommen wird. Die Bandbreite zu erleben!
reicht von Beppe Grillos politischem Blog Anica Betz
Florenz am Abend
Theater
• Teatro della Pergola, Via della Pergola
- wunderschöner, alter, Theatersaal,
häufig gute Stücke, eher Klassiker
(Goldoni, Goethe…), mit Studentenrabatt nicht teuer
• Teatro Verdi, Via Ghibellina 99
• Cantiere di Florida, Via Pisana eher
moderne Stücke, nicht teuer
Kinos
• Odeon Cinehall, Via dei Sassetti - Kino
im ehemaligen Theatersaal, tolle Atmosphäre, mehrmals in der Woche
Filme im O-Ton (auch ganz aktuelle)
44
• Fulgor, Via Finiguerra - ziemlich
groß, mehrere Säle
• Astra2, Piazza Beccaria
• Open-Air - im Sommer Open-AirVorstellungen im Forte Belvedere,
eher ältere Filme und italienische
Klassiker
Sehenswürdigkeiten
• Es wäre wohl müßig, hier alles aufzuzählen, was man in Florenz entdecken kann. Aber ein Tipp: Die
Comune di Firenze veranstaltet oft
Kulturwochen/-wochenenden, zu
denen man in alle städtischen Museen (www.museifirenze.it) freien
Eintritt erhält! Also Augen offenhalten!
Ein Tag in der Etruskerstadt
in Perugia das einzige erhaltene etruskische Stadttor – ist man in Volterra ganz
besonders stolz auf den Palazzo dei Priori.
Dieser scheint eine Ausgabe des Palazzo
Vecchio im Kleinformat zu sein, aber anders
als zu erwarten, ist nicht der Volterraner
Kommunalpalast von dem in Florenz abgeguckt, sondern umgekehrt. Es bleibt bei
einem Tagesausflug also noch genug Zeit
in einem der diversen Alabasterläden zu
stöbern, denn da Volterra ein Zentrum der
Alabasterverarbeitung ist, gibt es Alabaster
hier in jeder erdenklichen Form. Und bevor
man wieder in den Bus nach Florenz steigt,
kann man mit einem Eis von Chic&Choc,
der besten gelateria der Stadt, noch durch
den archäologischen Park schlendern und
dem Vogelgezwitscher lauschen.
Florenz ist an beeindruckenden Monumenten und Kunstschätzen kaum zu übertreffen. Wer sich für Kirchen, Paläste, Gemälde
und Skulpturen interessiert, wird hier voll
auf seine Kosten kommen. Zwei Dinge aber
sind in der Arno-Stadt nur selten zu finden:
Natur und Ruhe.
Kaum steigt man nach etwa zweistündiger Anreise:
Fahrt in Volterra aus dem Bus, wird deut- Sita-Busse (über Colle Val D’Elsa)
lich: Daran mangelt es dieser kleinen Stadt Dauer: ca. 2 Stunden
hoch oben auf dem Hügel nicht! Schon die
Etrusker erkannten die strategisch günstige
Julia Peleikis
Lage und wählten diesen Ort, von dem aus
man an klaren Wintertagen die schneebedeckten Gipfel des Apennin auf der einen
und das glitzernde Meer mit samt einiger kleiner Inseln (welche es genau sind,
darüber streiten sich selbst die Volterraner)
auf der anderen Seite erblicken kann. Die
Landschaft um Volterra unterscheidet sich
sehr von der ansonsten so lieblichen Toskana. Olivenhaine und Weinberge wie man
sie noch im nahen San Gimignano findet,
sucht man hier vergeblich. Scheint Volterra im Sommer inmitten einer goldgelben Wüste aus abgemähten Getreide- und
blühenden Sonnenblumenfeldern zu liegen, ist bei einem Besuch im Frühling alles
wunderbar grün.
Das Stadtzentrum ist zu Fuß schnell erkundet. Neben dem Teatro Romano, der heute
als Staatsgefängnis genutzten Medici-Festung und der Porta all’Arco – neben dem
45
La polizia ti aiuta
– ma quale?
Die Polizei, dein Freund und Helfer - in jeder Lebenslage. Aber wie wir wissen, ist das
Leben sehr komplex. Aus diesem Grund
braucht es in Italien mehr als eine „Polizei“,
damit auch jeder Lebenslage angemessen
gegenübertreten werden kann.
L’Italiano medio tritt dem gemeinen
Deutschen mit einem gewissen Unverständnis gegenüber, wenn dieser berichtet,
dass es in Deutschland nur eine Polizei für
„alles“ gibt. Die Vorzüge der italienischen
Kompetenzentrennung durften wir nun
am eigenen Leib erfahren.
Es war eines schönen, lauen Septemberabends, wir saßen auf dem Ponte Vecchio
und lauschten den Straßenmusikern, als
die sommerliche Stimmung plötzlich durch zwei oberkörperfreie, betrunkene, pöbelnde, kurzum recht unangenehm auftretende, englischsprachige Zeitgenossen
gestört wurde. Da man aus Florenz ja einiges gewohnt war, dachten wir uns nichts
weiter dabei und warteten, auf dass die
lärmenden Briten weiterzögen. Als sie dies
aber nicht taten, sondern anhielten und
plötzlich sogar eine Passantin anspuckten
(!) wurde uns doch etwas mulmig zumute
… aber wer nahte da schon? Die Polizia,
dein Freund und Helfer. Und wie sie nahte!
Innerhalb von ca. viereinhalb Minuten war
die altehrwürdige (und enge) Brücke von
einem Polizia-Van, einem Polizia-Motorrad,
zwei Autos der Polizia Municipale und der
Guardia di Finanzia und ca. sieben bis neun
Uniformierten bevölkert. Einige bemühten
sich, die nächtlichen Ruhestörer in Schach
zu halten, der Rest der Offiziellen begann
derweil zu diskutieren, da sie sich offenbar
nicht einigen konnten, wer denn nun was
mit den Festgehaltenen anstellen sollte. (Ab
ins Auto oder doch lieber auf dem Motorrad
mitnehmen …?) Schließlich entschied man
46
sich (nach geschlagenen 20 Minuten …) für
die dann doch recht einleuchtende Lösung,
sie im Van abzutransportieren. Die Brücke
wurde von den Polizisten und ihren Fahrzeugen wieder freigegeben und die allgemeine
Aufregung legte sich bald wieder.
Sicher, vielleicht wäre es ein wenig schneller
vonstatten gegangen, wenn ein einzelnes
Polizeiauto an den Ort des Geschehens
gekommen wäre, die Polizisten die Randalierer eingesammelt, ins Auto gesteckt
und mitgenommen hätten, aber ganz ehrlich … wo bleibt da der Spaß??
…Vielleicht sollte noch angemerkt werden,
dass wir auf dem Heimweg kurz darauf bei
San Lorenzo die nicht weniger betrunkenen, immer noch oberkörperfreien Briten
erneut antrafen (Gott sei Dank aber rechtzeitig einen Bogen um sie machen
konnten) und gleichzeitig in der Ferne
einen hellblauen Van der Polizia verschwinden sahen … Corinna Domnick
Für den Notfall
24h-Apotheken
• Farmacia Comunale 13, im Hauptbahnhof, Tel.: 055-289 435
• Farmacia Molteni, Via Calzaiuoli 7/r
Tel.: 055-289 490
• Farmacia all’Insegna del Moro, Piazza
San Giovanni 20/r
Notfallnummern
• Carabinieri 112
• Polizia 113
• Vigili del fuoco 115
• Emergenza Sanitaria 118
• Ärztlicher Bereitschaftsdienst 055 –
475 411
Krankenhäuser:
• Santa Maria Nuova, Piazza Maria
Nuova 1
• Ospedale Careggi, Viale Morgagni
85
• Ospedale San Giovanni di Dio, Via
Torregalli 3
• Augenklinik, Viale Michelangelo 41
Euer Wissen auf dem Prüfstand
Ihr denkt Ihr seid mit dem nötigen Wissen ausgestattet, um
das Florenzjahr erfolgreich zu meistern? Nichts kann Euch
mehr überraschen, niemand kann Euch täuschen …
Dann stellt jetzt Euer Wissen unter Beweis!
Viel Spaß beim Rätseln!
Was antwortet der italienische Casanova
nicht, wenn man ihm mit der Aussage: „Ich
habe einen Freund“ einen Korb verpassen möchte?
a.
b.
c.
„Non ti preoccupare, non sono geloso.“
“Non fa niente, anch’io sono fidanzato.”
“Peccato, altrimenti ti avrei sposato.”
Was ist Trippa?
a.
b.
c.
Eine ansteckende Geschlechtskrankheit.
Eine toskanische Spezialität.
Ein Kurzurlaub.
Welche florentinischen Sehenswürdigkeiten verbergen sich hinter den Bildausschnitten?
a.
b.
c.
Die Venus von Botticelli
Der David von Michelangelo
Dante Alighieri
47
a.
b.
c.
Il Porcellino
Il Giglio fiorentino
Arno-Ratte
a.
b.
c.
Campanile
Palazzo Vecchio
Santa Maria Novella
Die Italiener sind erwiesenermaßen Vorreiter in Sachen Mode. Aber welches sind
die Accessoires ohne die ein Italiener keinesfalls das Haus verlässt?
a.
b.
c.
Sonnenbrille, Handy, Louis-Vuitton-Tasche (gefälscht?!).
Sonnenhut, Fotoapparat, kubanische Zigarre.
Rose, Kamm, Zahnstocher.
Was ist eine „Tesi“?
a.
b.
c.
eine gestresste Professorin.
eine medizinische Diagnose.
eine Abschlussarbeit der Universität.
Was ist Todsünde in Italien?
a.
b.
c.
Einen Milchkaffee am Nachmittag zu trinken.
Mit Carabinieri zu flirten.
Nachts, ohne Licht, betrunken und gegen die Einbahnstraße Fahrrad zu fahren.
Die Lösungen findet ihr in der nächsten Esperienze, wenn es unser Folgejahrgang selbst
herausgefunden haben wird.
Claudia und Helene
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Impressum
Redaktion:
Claudia Calabrese
Corinna Domnick
Linda Kalcher
Autoren:
Sabrina Anastasio
Anica Betz
Claudia Calabrese
Corinna Domnick
David De Francesco
Sabine Geiselmann
Gisela Gross
Helene Hamel
Claudia Hesse
Linda Kalcher
Susanne Kleine
Julia Kühne
Kathrin Langkamp
Katrin Matzerath
Benedikt Mohr
Julia Peleikis
Elena De Santis
Sonja Smolka
Jennifer Sobotta
Layout:
Claudia Calabrese
Gisela Gross
Coverfotos:
Claudia Calabrese
Druck:
Rotarprint Druckerei
Universität Bonn
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