Anduin 94

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Anduin 94
ANDUIN 94
Inhaltsverzeichnis
ANDUIN 94 Blick in die Seele
IMPRESSUM
INHALT
Anduin
Fanzine für phantastische Spiele
T. Heinig
Stuckstraße 6
82319 Starnberg
[email protected]
Rubriken
2 Inhalt und Impressum
3 Die dritte Seite
Abenteuer
Homepage www.anduin.de
Ausgabe Nr. 94, Februar 2008
Herausgeber Blue Tree Publishing
Chefredakteur T. Heinig
Lektorat T. Looschelders, U. Zucker,
D. Kufner, T. Heinig
Autoren J. Hagen, M. Barreto, A. Hengse,
D. Pagliassotti, F. Milkereit, A. Hartung,
A. Wiesler, D. Bayn, T. Schleer, I. Schulze,
T. Looschelders, C. Darfner, C. Lonsing,
R. Pfeifer, W. Zwiegert, M. Labossiere,
F. Schmutzler, P. Heinig, T. Heinig
Titelbild D. Kufner
Zeichner D. Kufner, K. Schreurs,
F. Bongert, J. Zimmermann, N. Erxleben,
J. Wiesler, D. Revoy, D. Schuhmacher, W.
Zwiegert, eboy, K. Schad, P. Kohtz,
D. Herold, A. Hartung, M. Buyken,
Dailor, T. Heinig
Hinweise Die Artikel in dieser Ausgabe stellen die Meinung der einzelnen
Autoren dar und müssen nicht mit der
Meinung der Redaktion übereinstimmen. Die Redaktion distanziert sich von
Internetseiten mit verfassungswidrigen, radikalen oder pornographischen
Inhalten. Die meisten in dieser Ausgabe
genannten Produkte sind Warenzeichen
ihrer jeweiligen Hersteller. Die Verwendung von geschützten Warenzeichen
stellt keine Copyrightverletzung seitens
der Redaktion dar, auch wenn diese
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Nachdruck oder Wiederveröffentlichung
(digital oder analog) – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung
der Redaktion. Ausdruck und Weitergabe
für private Zwecke ausrücklich erwünscht
und erlaubt. Die Redaktion behält sich
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kürzen oder zu ändern. Die Rechte der
eingesandten Artikel und Zeichnungen
verbleiben beim Urheber. Die Redaktion
der Anduin erhält die Erlaubnis, die Werke in kostenlosen Projekten zu veröffentlichen. Für unaufgefordert eingesandte
Artikel kann keine Haftung übernommen
werden.
© 2008 Anduin
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
4
12
40
64
79
87
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Pandaemonium
Ein KULT-Abenteuer
Der Durchbruch
Ein Abenteuer für Conspiracy X
Natterngezücht
Ein Abenteuer für Werewolf
Rückkehr nach Sleepy Hollow
Ein Indoor-Liverollenspiel für 12 Spieler
Töte den Eismann
Ein universelles Mystery Abenteuer
The Tube Mystery
Ein Abenteuer für Cthulhu
Die lange Nacht
Ein universelles Fantasy Abenteuer
Lesen & Spielen
23
29
31
35
37
76
86
93
Abenteuerleitfaden
Tipps für das Schreiben von Abenteuern für die Anduin
Der Abenteuerfokus
Sieben wichtige Fragen für Abenteuerautoren
Effektivität und Inflation
Was sich Rollenspielleiter wirklich wünschen (sollten)
Relationshipmaps
Hilfsmittel für Spielleiter
Spherechild
Vorstellung des sphärenübergreifenden Spielsystems
Tanelorn Challenge
Schreibwettbewerb unter Zeitdruck
Hakims Kochecke
Leckere Rezepte für die Rollenspielpause
Offen heraus
Das Spracheck in der Anduin
Kurzgeschichten & Comics
5 9
72
99
115
116
Solo
Was Dir der Penner erzählt
Das Erwachen
Ritter und Magier
Die letzte Seite
Rezensionen
103 Die Kutschfahrt zur Teufelsburg
103 Colosseum
104 Battlelore
105 Prince of the City
106 Descent – Journeys into the Dark
108 Starcraft
108 Junta
109 Codex Urbanis
110 Erdenstern: Into the Dark
111 Schnellschüsse
112 Arcana Cthulhiana
113 Zombies!!!
113 Mall of Horror
Seite 2
ANDUIN 94
Die dritte Seite
DIE DRITTE SEITE
VORWORT
Endlich geht es wieder los mit einer „richtigen“ Ausgabe der Anduin, nachdem die letzte Ausgabe ja eher eine Best of Sammlung
war.
Auf den folgenden gut über einhundert
Seiten widmen wir uns dem Thema „Mystik“.
Es geht also um meist moderne Szenarien,
in denen die (Un-)Tiefen des menschlichen
Geistes ausgelotet werden.
Einen großen Teil dieser Anduin machen
dabei Abenteuer aus – vorgefertigte Geschichten zum direkten Nachspielen. Aus Gesprächen mit unseren Lesern weiß ich, dass
einige diese Abenteuer 1:1 nachspielen, andere jedoch nur einzelne Ideen verwenden und
in ihre eigene Kampagne einbauen. Ich weiß
aber auch, dass es einen bestimmten Anteil
an Lesern gibt, den wir durch eine solche Fülle von Abenteuern eventuell bald als solche
verlieren. Darum würde mich Eure Meinung
sehr interessieren: wie groß soll der Anteil an
Abenteuern in der Anduin sein? Schreibt uns
eine Mail dazu oder hinterlasst eine Nachricht in unserem Forum.
Doch nun viel Spaß mit dieser Ausgabe unseres Fanzines Anduin! 
UMFRAGE
In unserem Forum hatten wir die Frage
nach dem derzeitigen Lieblingssystem der
Leser gestellt. Das Ergebnis ist zwar keinesfalls repräsentativ, aber dennoch durchaus
interessant. Mir waren zwei der zehn meistgenannten Systeme zum Beispiel bisher
unbekannt: Savage Worlds und Reign. Eine
Lücke, die ich umgehend geschlossen habe,
und dies in keinster Weise bereue.
Top 10
Was ist zur Zeit Euer Lieblingssystem?
1. D&D 23 Stimmen
2. Shadowrun 20 Stimmen
3. Welt der Dunkelheit 18 Stimmen
4. Cthulhu 12 Stimmen
5. Warhammer 11 Stimmen
6. GURPS 10 Stimmen
Savage Worlds 10 Stimmen
8. Die 7te See 8 Stimmen
9. Unknown Armies 7 Stimmen
10. Reign 6 Stimmen
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Leserbriefe
Gute Wünsche
Ausgabe 93 – Teil 1
Mit Freuden haben ich in der Trommel vernommen, dass es mit der Anduin weitergehen
wird. Und dass es doch tatsächlich eine neue
Anduin schon zum Downloaden gibt. Leider
war ich dann doch sehr enttäuscht, dass es sich
nur um eine Zusammenfassung der bisherigen
Ausgaben gehandelt hat – sogar mit reichlich
Rechtschreibfehlern gespickt. Warum, so frage ich mich, musste ich diese Ausgabe herunterladen, wo doch nichts Neues für mich enthalten war? Nicht jeder hat eine Flatrate und
kann beliebig große Dateien laden. Ich hoffe
sehr, dass die nächsten Ausgaben wieder besser werden. 
Sankrobal
Ausgabe 93 – Teil 2
Erstmal ein großes Dankeschön für das
schönste Geschenk, dass ihr einem zum Jahreswechsel machen konntet. Nachdem ich für
2008 schon schwarz sah, weil es kaum mehr
gute Fanzines gibt, kündigt ihr an, dass die Anduin weitergeht und noch dazu nehmt ihr den
Envoyer in euer Archiv mit auf.
Dann die geniale „Best of“-Ausgabe, mit der
ihr nochmal einige der schönsten Artikel bringt,
sogar im neuen Layout und von Rechtschreibfehlern befreit. Diese Ausgabe macht Lust auf
mehr und ist sicher super dafür geeignet, neue
Leser auf das Magazin einzustimmen.
So wünsche ich euch nur das Beste und ein
erfolgreiches (und gesundes!) Jahr 2008! 
Franz T.
Ausgabe 93 – Teil 3
Hi, finde ich super, dass ihr die Anduin weiterführt. Das war ein echt tolles Magazin und
ich hoffe, dass das so weitergeht. Werde demnächst vielleicht auch mal was für euch schreiben. Wie läuft das eigentlich mit Gastbeiträgen? Bye Martin. 
Martin Deppe
Nachdem die Anduin nur aus Gastbeiträgen besteht ist das relativ einfach: schick mir
was Du hast! Oder, etwas zivilisierter gesagt,
am besten Du schaust in unserem Forum
nach, was die Themen der nächsten Ausgaben sind, kündigst Deinen Beitrag dort an
und schickst ihn dann an tommy@anduin.
de, wenn er fertig ist.
Auf diesem Wege, vielen Dank dass Ihr das
Anduin Fanzine wiederbelebt habt und dann
auch noch den Envoyer gleich mit. Ihr hört es
wahrscheinlich viel zu selten, aber Ihr macht
einen ganz tollen Job!!! Und deshalb macht
bitte weiter und lasst euch nicht unterkriegen.
Ich wünsche Euch ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Ciao Olli (ein viel zu stiller aber eifriger Leser
eurer Seiten). 
Oliver E.
Viel Erfolg!
Muahahahahah! Es LEBT!!! Anduin LEBT!
*Blitze zucken am Himmel* *der Donner lässt
die Erde erbeben* *ein Dankesgebet an die
Götter* Danke oh danke! Oh danke… Nach
Jahren habe ich mich wieder einmal auf www.
anduin.de begeben und siehe da, der tot Geglaubte lebt wieder! Und wieder aufs Neue
packt mich die Leselust… Und in meinem
Wahn… siehe da, es ist leider nur von der 61
Ausgabe aufwärts verfügbar… ich suche nach
meinen alten CDs… ich bilde mir ein, es war
einmal Anduin ab der Ausgabe 40 oder so
Downloads verfügbar… oh nein, oh Schreck,
warum habe ich nur meine Wohnung gewechselt? All die alten Sachen sind weg. NEEEEIIIIINN!!! *ein herzzerreißendes Jaulen und Heulen
erschallt in der Ferne* Lässt sich diesbezüglich
noch etwas machen? *liebschau* (nicht dass
ich die neuen Anduins nicht schätze, doch auch
die alten hatten ihren Reiz und viele schöne Erinnerungen sind damit verbunden) Ein herzliches Hut Hut / Hip Hip Hurra / Hoch Soll Anduin
leben! mfg aus Österreich Albert 
Albert Pnjak
Leider muss ich Dich enttäuschen, es gibt
und gab keine Anduin 40 zum Download. Wir
haben erst mit Ausgabe 61 angefangen, uns
im Internet zu tummeln. Vorher gab es das
X-Zine Anduin und kopierte Heftchen. Aber
einige der guten Artikel aus den frühen (nicht
online) Ausgaben haben wir später in das eZine Anduin einfließen lassen.
Wenn Du generell gerne Fanzines liest,
dann hier noch ein Tipp: auf www.rpg-zines.
de bauen wir gerade eine Seite rund um das
Thema auf.
Seite 3
Pandaemonium
PANDAEMONIUM
EIN KULT-ABENTEUER
TEXT: JOACHIM A. HAGEN
SEITENHINTERGRUND: JOACHIM A. HAGEN
ILLUSTRATION: KARSTEN SCHREURS
Hintergrund
Adelaide Biggs litt seit ihrer späten Kindheit an Multiple Sklerose. Während andere Kinder draußen spielten, war sie an
den Rollstuhl gefesselt. Am Ende war sie
vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen
und bettlägerig, während das Leben an ihr
vorbeizog. So war es denn kein Wunder,
dass sie es vorzog, sich in eine Traumwelt
zu flüchten, in der sie nicht unter der Behinderung leiden musste. Unterbewusst
entwickelte sie die Fähigkeit “Träumen”
und konnte somit die Welt in ihren Träumen nach ihren Vorstellungen gestalten.
In der Zeit, die sie außerhalb des Traumes
verbringen musste, wurde sie zunehmend
verbittert, boshaft und zynisch, so als
wollte sie sich für ihre Behinderung an den
“Normalen” rächen. Durch ihr Verhalten
isolierte sie sich zunehmend von anderen
Menschen. Ihre Mentale Balance sank in
dem Maße, in dem sich ihre Seele mit Gift
füllte.
sie träumen kann. Sie ersehnt ihre Rettung
aus dem Inferno und ist unbewusst in der
Lage, andere Träumer oder Menschen im
Koma i­n ihr Fegefeuer zu ziehen.
Zusammenfassung
Die Charaktere sind mit dem Auto in
der Nähe von Penham unterwegs, als
der Fahrer, ohne es zu merken, in einen
Sekundenschlaf fällt. In diesem Moment
erscheint ihm Adelaide im Traum, was zu
einem Unfall führt, bei dem alle Charaktere so schwere Verletzungen erleiden, dass
sie ins Koma fallen. Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden, und an der Grenze
zwischen Leben und Tod werden sie unbemerkt in Adelaides Fegefeuer gezogen.
Ihre einzige Hoffnung ist es, von dort zu
entkommen; und vielleicht gelingt es ihnen auch, Adelaide zu retten.
Schauplatz
Die Handlung spielt in der US-amerikanischen Kleinstadt Penham. Die genaue
Lage ist für das Abenteuer ohne Bedeutung und kann vom Spielleiter nach Belieben festgesetzt werden. Auf Grund der
Witterung wären die Neuenglandstaaten
oder die Ostküste die wahrscheinlichste
Region. Selbstverständlich kann Penham
auch in jedes andere Land verlegt werden;
hierzu müsste der Spielleiter halt entsprechende Anpassungen vornehmen.
Die vorliegende Episode ereignet sich in
Frühjahr, Herbst oder Winter.
Nach dem Tode ihrer Eltern, die neben
Adelaide keine weiteren Kinder hatten,
übernahm der Sohn der Schwester von
Adelaides Mutter, Chris Wagner, auf Grund
einer testamentarischen Verpflichtung die
Pflege seiner Tante. Dafür erbte er das
Haus, in dem er seitdem mit seiner Familie, seiner Frau Mariah und seinem Sohn
Kenny, lebt. Durch Adelaides abweisendes
Verhalten wurde sie nie richtig in die Familie integriert, und nach ihrem Tod vor fünf
Monaten atmeten alle unterbewusst auf.
Adelaide starb träumend und versuchte
vergeblich, vor dem drohenden Inferno
in ihre Traumwelt zu fliehen. Seitdem ist
sie in ihrem Fegefeuer gefangen, das mit
Adelaides Traum teilweise überlappt. Das
Fegefeuer ist dem Ort Penham nachgebildet, in dem Adelaide lebte, und vom
echten Penham nur durch die Illusion
getrennt. Auch im Inferno ist sie nahezu
bewegungsunfähig. Ihre Peiniger, die Nephariten, haben die Gestalten von ihrer
Pflegefamilie angenommen und schikanieren Adelaide, indem sie sie zum Beispiel
tagelang in ihren eigenen Ausscheidungen
liegen lassen. Adelaides einzige Zuflucht
vor der Qual sind kurze Phasen, in denen
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Seite 4
Pandaemonium
Penham im Inferno
Die infernalische Nachbildung von Penham ist Teil eines Fegefeuers und vom
echten Penham nur durch den Schleier der
Illusion getrennt. Obwohl die Stadt fast
bis in jedes Detail reproduziert wurde, ist
der Einfluss des Infernos spür- und sichtbar: Penham scheint eine düstere Aura
auszustrahlen: Alle sichtbaren Farben
sind grundsätzlich dunkle Farbtöne; jeder
Ort strömt unterschwellig Einsamkeit,
Schmerz, Verfall oder Grausamkeit aus.
Penham im Traum
Der Traum, der Adelaides Gehirn entspringt, überlagert stellenweise das Penham des Fegefeuers.
Die vorherrschenden Themen sind
Krankheit und Siechtum: Farben wirken
kränklich, verblasst, blättern ab; Bäume
sind verkrüppelt oder verwachsen; Fäulnis
und Moder treten häufig in Erscheinung.
Einbindung der Charaktere
Die Hauptpersonen geraten durch einen schweren Autounfall, der sie in einen
Schwebezustand zwischen Leben und Tod
versetzt, in Adelaides Fegefeuer. Dabei
spielt es keine Rolle, ob die Charaktere alle
in einem Wagen sitzen, oder ob die Gruppe auf zwei Wägen verteil ist, die miteinander kollidieren.
Offen bleibt einzig und allein die Frage,
was die Charaktere in die Nähe von Penham bringt. Der einfachste Einstieg wäre,
dass die Charaktere eine Urlaubsreise
durch die Gegend machen und gewöhnlich in Motels oder Pensionen übernachten. Bei einer größeren Gruppe könnten
die Charaktere auch zu diesem Zweck ein
Wohnmobil angemietet haben.
Natürlich sind auch andere Einstiege
denkbar:
• Ein Journalist soll über eine Reihe
mysteriöser Todesfälle berichten, die
eventuell das Werk eines Serienmörders sind. Seine Anreise mit dem Pkw
führt ihn durch Penham.
• Ein Detektiv wird von einem verzweifelten Vater gebeten, seine Tochter
zu suchen, die mit einer Freundin in
der Gegend Urlaub machte. Beide
Mädchen –­­ in den USA kann der
Führerschein bereits mit 16 Jahren
erworben werden – waren zuletzt auf
einem Campingplatz in der Gegend
von Safe Haven – einer Stadt in der
Nähe von Penham – gesichtet worden; die polizeilichen Nachforschungen verliefen jedoch im Sand.
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• Die Charakter kehren gerade von
einem anderen Abenteuer zurück. Da
der Highway durch einen Unfall mit
einem umgestürzten Sattelschlepper
blockiert ist, müssen sie über Landstraßen ausweichen.
Es liegt im Ermessen des Spielleiters, für
seine Gruppe andere, maßgeschneiderte
Einstiege zu konstruieren.
Der Unfall
Es ist früher Abend. Das Licht des Tages
schwindet bereits dahin, leichter Dunst
steigt aus den Wiesen und Niederungen
empor, um sich wie ein zarter Schleier über
die Landschaft zu legen. Es ist erst einige Kilometer her, dass ihr eine Ortschaft durchquert habt, doch die Häuser sind schon
längst euren Blicken entschwunden und
vor euch liegt nur noch das dunkle Band
der Landstraße im Licht eurer Scheinwerfer.
Du – der Fahrer – bist es mittlerweile müde,
die scheinbar endlos lange Straße vor dir zu
sehen und sehnst das Ende der Fahrt herbei.
Der Motor summt lauter, als der Wagen eine
Anhöhe nimmt. Als ihr die Höhe genommen
habt und auf der anderen Seite hinab fahrt,
geratet ihr plötzlich in eine Nebelbank, die
ihr wegen der Anhöhe vorher nicht erkennen konntet. Weiße Schwaden hüllen binnen eines Augenblicks das Auto ein und
reflektieren das Licht der Scheinwerfer. (An
den Fahrer gewandt:) Jäh reißt der Nebel
auf und enthüllt… ein kleines Mädchen, das
wenige Meter vor euch mitten auf der Fahrbahn steht!
Sobald der fahrende Charakter heftig
auf die Bremse tritt oder das Steuer herum
reißt, gerät der Wagen ins Schleudern und
der Charakter muss einen erfolgreichen
Wurf auf Auto fahren mit einem Mindesteffekt von 5 ablegen, damit der Wagen
nicht von der Straße abkommt und gegen
einen Baum am Straßenrand prallt.
Gelingt das Manöver, so fängt sich zwar
der Wagen wieder, befindet sich aber auf
der falschen Straßenseite. Während der
Fahrer noch hektisch versucht, die Spur zu
wechseln, taucht auf der Gegenfahrbahn
aus dem Nebel ein anderes Auto auf. Die
Bremsen quietschen, aber zu spät:
Das fremde Gefährt prallt seitlich gegen
das Heck eures Wagens, der sich noch halb
auf der Gegenfahrbahn befindet. Ein furchtbarer Schlag erschüttert euren Wagen, und
er wird durch die Wucht der Kollision herum geschleudert, dreht sich um sich selbst,
und dann seht ihr die dunkle Silhouette
eines Baumes auf euch zu rasen. Ein grausiges Krachen, das Kreischen der gequälten
Q UELLE
Ein Autounfall schleudert die Spielercharaktere durch den Schleier der
Illusion, der über der wahren Realität
liegt. Als sie nach dem Unfall die Stadt
Penham erreichen, werden sie mit einer
fremdartigen Wirklichkeit konfrontiert.
In einer bizarren und erschreckenden
Welt müssen sie herausfinden, wohin
sie geraten sind und wie sie diesem Ort
entkommen können, bevor die monströsen Schatten, die Penham durchstreifen, sie erwischen…
Pandaemonium ist ein Abenteuer für
das Rollenspiel KULT, das sich sowohl
für Einsteiger als auch erfahrene Gruppen eignet und die Spielercharaktere
in die dämonischen Welten führt, die
hinter der bekannten Realität liegen.
Es erschien im September 2005 in
Ausgabe 29 des Rollenspielmagazins
Mephisto.
Die Illustrationen zu diesem Abenteuer stammen von Karsten Schreurs,
auf dessen Homepage www.grobigrafik.de man weitere seiner Werke
finden kann.
Karosserie, das Splittern von Glas, und dann
Dunkelheit… Stille.
Die Charaktere der Teil nehmenden Spieler sitzen, sofern sie nicht in einem Gefährt
versammelt sind, in beiden Unfallwagen.
Sie haben schwere Verletzungen erlitten
und fallen ins Koma. Ihre Seelen schweben zwischen Leben und Tod und werden in Adelaides Kreuzung aus Fegefeuer
und Traumwelt gezogen. Sollte einer von
ihnen in dieser Realität sterben, so stirbt
auch sein Körper, der sich noch in der Illusion befindet. Da die Seele aber untötbar
ist, fällt der Charakter nur bewusstlos zu
Boden, um sich wenige Augenblicke später erneut unverletzt zu erheben. Allerdings ist ihm damit der Rückweg in die Illusion versperrt, und er bleibt Gefangener
des Infernos, bis die Folter der Nephariten
jede Erinnerung getilgt hat und er wiedergeboren werden kann. Ihre scheinbare
Unverwundbarkeit mag die Charaktere
zu unüberlegten Taten veranlassen; umso
bitterer wird sie jedoch die grausige Erkenntnis am Ende des Abenteuers treffen.
Pandaemonium
Stöhnend erwachen die Charaktere aus
ihrer Bewusstlosigkeit. Der Wagen ist nur
noch Schrott, aber wie durch ein Wunder
ist ihnen nichts passiert. Nachdem sie sich
Seite 5
Pandaemonium
aus den Überresten ihres Autos gezwängt
haben, ergibt eine kurze Überprüfung,
dass ihr Gepäck, ihre Ausweise und auch
ihre Waffen – sofern die Charaktere welche hatten – verschwunden sind. (Die Erklärung dafür ist, dass die Charaktere nur
seelisch im Fegefeuer anwesend sind und
somit keinerlei persönliche Habe transportiert worden ist. Die “Kleidung” der Charaktere ist nur eine geistige Projektion, da
die Charaktere erwarten, so auszusehen.)
Diese Entdeckung mögen die Charaktere
erst später machen, aber sie wird sie beunruhigen. Die plausibelste Erklärung für
den Verlust ist immerhin, dass jemand vorbei kam und die Bewusstlosen ausgeraubt
hat. Immerhin findet sich im Auto noch
eine Taschenlampe.
abgenutzte Möbelstücke völlig
leer. Die Tapete rollt sich
von den Wänden, Spinnweben hängen in
den Ecken,
teilweise sind
Wasserflecken an
den Wänden
zu sehen.
Das Spül- becken in der
Küche ist verrostet, ebenso
der Kühlschrank.
Schließlich entsinnt sich einer der Charaktere, dass man ja erst vor Kurzem
durch eine Ortschaft gefahren ist und dass
es wohl besser wäre, dort Unterkunft zu
suchen, den Diebstahl anzuzeigen und
den Unfall zu melden. Nachdem die Unfallstelle abgesichert worden ist, machen sich
die Charaktere auf den Weg zurück. Es ist
mittlerweile völlig dunkel, und der Nebel
trägt nicht dazu bei, die Sicht zu verbessern. Gespenstische, verzerrte Schemen
scheinen zuweilen im Nebel vorbeiziehen,
aber keiner ist genau auszumachen.
Es ist, als
hätten die Bewohner die Häuser
verlassen und
ihren ganzen Besitz
mitgenommen. Immerhin sind die Charaktere
jetzt in der Lage, sich mit
einigen abgebrochenen
Stuhl- oder Tischbeinen
zu bewaffnen. Der Schaden ist mit dem eines
Totschlägers vergleichbar.
Nach etwa einer Stunde Fußmarsch erreichen die Charaktere den Ortsrand. Vor
ihnen schält sich ein Schild aus der Dunkelheit: Penham. 10.000 Einwohner. Die
Buchstaben “e” und “h” sind mit kindlicher Handschrift in roter Farbe übermalt
worden, und es wurde eine zusätzliche
Endung angefügt, so dass da jetzt als
Ortsname “Pandaemonium” steht. Mittels Bildung erkennt ein Charakter, dass
Pandaemonium griechisch ist und soviel
wie “Versammlungsort aller bösen Geister” bedeutet.
Stumm liegt die Stadt da. Auf den Straßen brennt keine Laterne, aus den Fenstern der Häuser dringt kein Licht. Kein
Mensch ist auf den Straßen zu sehen,
durch die wie ein lebendiges Wesen der
Nebel wallt. Die Sichtweite ist auf wenige
Meter beschränkt.
Ein Blick durch Fenster zeigt nur Dunkelheit, Klingeln oder Klopfen an der Haustür
bleibt unbeantwortet. Verschaffen sich
die Charaktere gewaltsam Zutritt, zum
Beispiel, indem sie die Türe mit vereinigten Stärkewürfen und einem Gesamteffekt von wenigstens zehn aufbrechen,
so betreten sie eine leere Wohnung. Alle
Zimmer sind bis auf einige verstaubte und
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Falls einer der Charaktere zum Telefon greift, hört
er das Freizeichen. Nach Eingabe der gewünschten Nummer
geht der Ruf hinaus. Abrupt ertönt ein
markerschütternder Schrei, gefolgt
von einem gehässigen Lachen. Danach ist
das Telefon tot.
Die erste
Begegnung
Auf ihrem Marsch durch den Nebel erkennen die Charaktere plötzlich vage eine
menschliche Gestalt in der Ferne. Sollten
sie sich durch Rufe bemerkbar machen,
kommt die Person langsam durch den
Nebel auf sie zu; andernfalls erspäht der
Razide – denn um einen solchen handelt
es sich – das Licht der Taschenlampe und
folgt dem Lichtkegel zu dessen Ursprung.
Als die Gestalt sich nähert, die auf Grund
des Nebels nur als dunkler Schattenriss
erkennbar ist, spüren die Charaktere mit
einem gelungenen Wahrnehmungswurf,
wie der Boden leicht unter ihren Füßen erzittert, als sich eine halbe Tonne Lebendgewicht fortbewegt. Zugleich ist schwach
ein kratzendes Geräusch zu
hören. Ein Wahrnehmungswurf
identifiziert es als Metall, das über Stein
schabt. Dann bricht der Razide (Werte S.
196 im Regelbuch) aus dem verhüllenden
Nebel in den Lichtkegel der Lampe und offenbart seine ganze Hässlichkeit: Das Licht
schimmert auf den Metall- und Glasteilen,
die in seinen grotesk muskulösen Körper eingewachsen sind, beleuchtet auch
die dem Fleisch entspringenden Röhren,
durch die eine dunkelrote Flüssigkeit pulsiert. Die Krönung aber ist der scheinbar
nur aus schwarzem Metall bestehende
Kopf, dessen rote Augen aus einer Höhe
von fast vier Metern mitleidlos die Charaktere anstarren, die jetzt einen Terrorwurf
mit -5 bestehen müssen. Der Razide hebt
ein gewaltiges Buschmesser, das Schaden
wie ein Breitschwert verursacht, und geht
unbarmherzig zum Angriff über. Falls er
eine schwere Wunde erhalten sollte, zieht
er sich zurück.
Seite 6
Pandaemonium
Die Charaktere werden schnell lernen,
dass gegen einen solchen Gegner nur die
Flucht hilft. Der Razide jagt gezielt den
langsamsten Charakter – den mit der
geringsten Bewegungsreichweite – und
schlägt aus dem Laufen auf ihn ein. Der
Betroffene kann versuchen, Haken zu
schlagen und den Raziden im dichten Nebel abzuschütteln.
Hierzu würfeln beide auf ihre Geschicklichkeit. Erzielt der Spieler den höheren
Effekt, entfernt sein Charakter sich von
dem Raziden. Der wiederum muss jetzt einen Wahrnehmungswurf mit -5 bestehen,
um seine Beute trotz Infrarotsicht nicht im
Nebel zu verlieren. Hat der Charakter bei
drei aufeinander folgenden Würfen insgesamt einen höheren Effekt erzielt als der
Razide, so ist es ihm gelungen, seinen Gegner abzuschütteln.
Die Gruppe kann dem Zusammenstoß
mit dem Raziden nur entgehen, indem
sie mit abgeschalteter Taschenlampe
durch die Straßen zieht. In dem Fall hören
sie etwas Schweres in ihrer Nähe vorbeistapfen, begleitet von einem mysteriösen
Schleifgeräusch.
Während des weiteren Spielverlaufes
kann der Spielleiter die Gegenwart des
Raziden einsetzen, um den Druck auf die
Gruppe aufrecht zu erhalten: Immer wieder hören die Charaktere in der Entfernung seine Schritte und das Kratzen seiner Krallen, sehen vielleicht seine massige
Gestalt, als der Nebel plötzlich aufreißt
usw. Es reicht völlig aus, dass die Charaktere sich im Klaren sind, dass der Razide da
draußen ist und dass sie ihm unvorbereitet
in die Arme laufen könnten.
Alternativ würfelt der Spielleiter, wenn
die Charaktere durch die Straßen ziehen,
mit einem W20. Ist das Ergebnis “20”, so
trifft die Gruppe auf den Raziden, sofern
sie sich nicht erfolgreich verstecken kann.
Bei ihrem Streifzug durch die Stadt können die Charaktere auf folgenden interessante Gebäude treffen. Ein Wurf mit einem
W6 entscheidet, auf welches:
W6 Gebäude
1
Die Autowerkstatt
2
Die Kirche
3
Die Grundschule
4
Das knarzende Haus
5
Die Polizeistation
6
Das seltsame Haus
Sollten die Spielercharaktere sich entscheiden, durch einen Kanaldeckel in die
Kanalisation zu steigen, so geht es im Kapitel Im Untergrund weiter.
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Die Autowerkstatt
Die Werkstatt besteht aus einer Halle
für Reparaturen mit einem angrenzenden
Laden für Autoteile und Eisenwaren.
Das Rolltor zur Halle ist geöffnet, und in
der Halle steht ein Jeep Cherokee (Werte S. 70 im Regelwerk). Dies ist das erste
Auto, welches die Charaktere in dieser
Stadt zu Gesicht bekommen. Alle Versuche, ihn zu starten, schlagen jedoch fehl.
Ein Blick unter die Motorhaube zeigt auch,
warum: Die Batterie fehlt. In der Werkstatt
ist keine aufzutreiben, aber der im angrenzenden Laden könnte eine sein. Leider ist
der Zugang von der Werkstatt zum Laden
verschlossen. Tür und Fenster des Ladens
sind mit Scherengittern gegen Einbruch geschützt. Das Gitter an der Ladentür ist mit
einem vierreihigen Kombinationsschloss
versehen, über dem “F.E.M.O.-Schlösser”
eingraviert ist. Im Schaufenster liegt ein
Werkzeugsatz unter einem Schild “Hochwertige Werkzeuge aus rostfreiem Molybdän-Stahl: verlässlich und dauerhaft”.
Chemisch gesehen ist Stahl Eisen und
hat das Kürzel Fe. Molybdän wird Mo abgekürzt. Im Periodensystem der chemischen
Elemente hat Eisen die Ordnungszahl 26
und Molybdän 42. Die korrekte Kombination für das Schloss ist folglich “2642”. (Eine
Tafel des Periodensystems befindet sich in
der Schule). Statt Raten kann der Spielleiter auch Bildungswürfe gestatten, um die
Lösung zu finden.
Natürlich stehen den Charakteren auch
andere Möglichkeiten offen, sich Zugang
zu verschaffen: Mit einem Schraubenschlüssel aus der Werkstatt können sie
die Zugangstür aufbrechen (Schaden wie
Stahlrohr; bei einer tödlichen Wunde wurde die Tür aufgebrochen) oder auf das
Flachdach steigen, um die Decke zu zerstören.
Sind sie erst einmal in den Laden gelangt, finden sie dort neben einer Autobatterie auch noch einige Metallgegenstände
wie Brecheisen (Schaden wie Stahlrohr),
Motoröl, Ketten (Schaden siehe Waffenliste) und Ähnliches. Nein, Kettensägen
oder Schusswaffen befinden sich nicht im
Sortiment.
Mit einem EGO-Wurf gelingt es den Charakteren auch, die Batterie korrekt einzusetzen.
Flucht mit Hindernissen
Als die Charaktere mit ihrem Wagen
durch die Straße fahren, taucht unmittelbar vor ihnen plötzlich der Razide aus dem
Nebel auf.
Ausweichen!
Der Charakter versucht, seinen Wagen
am Raziden vorbei zu steuern. Hierzu muss
er erfolgreich Auto fahren. Als das Auto an
dem Monster vorbei rauscht, schwingt der
Razide seine riesige Machete gegen den
Wagen und zerschlitzt dabei einen Reifen.
Danach fräst sich die Klinge durch die Karosserie, richtet aber nur Blechschaden an
und zerstört den zweiten Reifen auf dieser
Seite. Der Fahrer muss jetzt mit einem Malus von -10 Auto fahren, sonst verliert er
die Kontrolle über das Fahrzeug, welches
daraufhin von der Straße abkommt und
gegen eine Hauswand, einen Hydranten
oder eine Straßenlaterne prallt und fahrunfähig liegen bleibt. Die angeschnallten
Insassen erleiden zwei Kratzer, alle anderen vier Kratzer durch den Aufprall.
Misslingt hingegen das Fahrzeugmanöver, dem Raziden auszuweichen, so gerät
der Wagen ins Schleudern. Der Fahrer verliert die Kontrolle über das Fahrzeug, welches daraufhin von der Straße abkommt
und gegen eine Hauswand, einen Hydranten oder eine Straßenlaterne prallt und
fahrunfähig liegen bleibt. Die angeschnallten Insassen erleiden zwei Kratzer, alle anderen vier Kratzer durch den Aufprall.
Falls beide Würfe glücken, und die
Gruppe den Raziden erfolgreich umfahren kann, schleudert dieser wutentbrannt
seine Machete hinter dem Wagen her und
zerstört einen Reifen. Der Fahrer muss
jetzt mit einem Malus von -10 Auto fahren,
sonst verliert er die Kontrolle über das
Fahrzeug, welches daraufhin von der Straße abkommt und gegen eine Hauswand,
einen Hydranten oder eine Straßenlaterne
prallt und fahrunfähig liegen bleibt. Die
angeschnallten Insassen erleiden zwei
Kratzer, alle anderen vier Kratzer durch
den Aufprall.
Alternativ kann der Spielleiter auch auf
diese letzte Attacke verzichten. In dem
Fall fahren die Charaktere so lange mit
dem Jeep durch die Nebel verhangenen
Straßen, bis ihnen der Sprit ausgeht oder
sie einsehen, dass sie einfach nicht in der
Lage sind, eine Straße zu finden, die aus
dem Ort heraus führt. Sie sind nach wie
vor in Penham gefangen.
Volle Kanne druff!
Der Fahrer will den Raziden rammen und
steuert voll auf ihn zu. Diesem muss jetzt
ein Geschicklichkeitswurf gelingen, damit
er in letzter Sekunde auf die Motorhaube
hechten kann. Dabei verliert er jedoch die
Machete, sofern er keinen perfekten Erfolg erzielt.
Seite 7
Pandaemonium
Der Wurf gelingt: Der Razide landet auf
allen Vieren auf der Motorhaube, die unter seinem ungeheuren Gewicht wie Papier zerknüllt wird. Er gräbt seine Krallen
in das Metall und zieht sich in Richtung
Windschutzscheibe, wozu er zwei Phasen
benötigt (und zwei Aktionen).
Während dieser Zeit kann der Fahrer,
der das riesige Ungetüm auf sich zu kommen sieht, entweder eine Vollbremsung
hinlegen, die den Raziden vom Wagen
schleudert und dem Fahrer einen Wurf auf
Auto fahren abnötigt, damit der Wagen
nicht ausbricht und gegen einen Hydranten oder eine Hausmauer knallt, oder er
kann pro Phase versuchen, den Raziden
durch gezieltes Schleudern des Wagens
abstürzen zu lassen. Diese Aktion verlangt
ebenfalls einen geglückten Wurf auf Auto
fahren, andernfalls bleibt der Razide, wo
er ist. Bei einem erfolgreichen Wurf des
Fahrers muss der Razide mit einem Geschicklichkeitswurf gegenhalten und einen höheren Effekt erzielen als der Fahrer,
sonst stürzt er vom Wagen. Der Wurf kostet den Raziden jedes Mal eine Aktion.
Hat der Razide die Windschutzscheibe
erreicht, so beginnt er, mit seinen Klauen auf die Scheibe einzudreschen; diese
nimmt Schaden wie eine Person mit KON
8 und ist bei einer tödlichen Wunde zerstört; danach attackiert der Razide den
Fahrer. Mit dem Raziden vor der Nase
kann der fahrende Charakter natürlich
schlechter lenken, weil er keine Sicht hat.
Verstirbt der Fahrer, fällt er bis zu seiner
“Regeneration” kurz aus, wodurch der
Wagen von der Straße abkommt und – wie
im oben beschrieben – einen Unfall baut.
Der Razide wird durch den Aufprall gegen
eine Hauswand geschleudert, die unter
seinem Gewicht nachgibt und über ihm
zusammenbricht. Dies setzt ihn zumindestens zeitweise außer Gefecht.
Bei einem Sturz von dem fahrenden
Wagen erleidet der Razide eine schwere
Wunde.
Auch wenn es den Charakteren gelingt,
den Raziden durch ihre Fahrkünste loszuwerden, so ist der Motor durch das Gewicht des Monsters so beschädigt, dass
der Wagen kurz darauf stehen bleibt.
Der Wurf misslingt: Bei einem fehlgeschlagenen Wurf kommt der Razide unter
die Räder und erleidet eine tödliche Verletzung. Dennoch gelingt es ihm, die Lenkung so zu beschädigen, dass der Wagen
fahruntauglich ist.
Schlägt der Wurf kritisch fehl, so wird
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der Razide frontal von dem Jeep gerammt.
Dies zerstört einerseits den Motor, verletzt den Raziden aber tödlich und setzt
ihn für 1W10 Runden außer Gefecht.
In jedem der obigen Fälle sollten sich
die Charaktere dessen bewusst sein, dass
der Razide sie jederzeit überfallen kann,
sofern sie im Fahrzeugwrack verbleiben.
Allein sein drohendes Knurren, dass näher
kommt, aber jedes Mal von einer anderen
Seite erklingt, dürfte sie darüber informieren, dass die Bestie sie umkreist. Eine
Flucht ist der einzige Weg, eine offene
Konfrontation zu vermeiden.
Die Kirche
Die Gruppe erreicht eine kleine Kirche,
deren Rasen einen sehr ungepflegten Eindruck macht. Der Putz des Gebäudes hat
sich grau verfärbt, und das runde Fenster
über dem Eingang ist zerborsten. Die Luft
im Inneren des Gebäudes riecht abgestanden.
Mit einem gelungenen Wahrnehmungswurf nehmen die Charaktere zudem einen
leichten Brandgeruch wahr. Eine dicke
Staubschicht hat sich wie ein Leichentuch über Boden und Bankreihen gelegt.
Die Kirchenfenster aus farbigem Glas zeigen das Martyrium von Heiligen: die Steinigung des Stephanus, den von Pfeilen
durchbohrten Leichnam des Sebastian, die
Kreuzigung des Petrus, Paulus’ Enthauptung und ähnliche drastische Szenen. Eine
Madonnenstatue säugt ein kleines Monster an ihrer Brust, und am Kreuz über dem
Altar hängt eine verkohlte Gestalt, deren
Mund zu einem stummen Schrei geöffnet
ist. In der Sakristei finden die Charaktere
eine Bibel, aus deren leeren Seiten Blut
fließt, sobald sie geöffnet wird. Lediglich
die erste Seite zeigt die Inschrift “Lasst
alle Hoffnung fahren!” Danach zerfällt das
Buch zu Staub, der sich auf dem Boden zu
den Umrissen eines schreienden Gesichts
anordnet.
Der Friedhof hinter der Kirche wurde
geschändet: Grabsteine sind umgeworfen
und mit Fäkalien bedeckt, Gräber wurden
vereinzelt geöffnet und sondern einen Geruch nach Verwesung ab.
Die Grundschule
Von außen wirkt dieses deprimierend
düstere Gebäude mit dem dreckig gelben
Anstrich eher wie ein Gefängnis. Nur die
Worte “Penham Grundschule” verraten
seine wahre Funktion. Ale Spielgeräte im
Pausenhof sind verrostet oder von Vogelund Hundekot bedeckt.
Alle Zimmer im Inneren des Gebäudes
sind menschenleer. Obszöne Zeichnungen
­– offenbar mit Blut geschrieben – bedecken Tische und Wände. In einem Klassenzimmer hängt eine vergilbte Darstellung
des chemischen Periodensystem, an Hand
derer die Charaktere die Ordnungszahlen
der Elemente Eisen und Molybdän bestimmen können (s.a. Die Autowerkstatt). Auf
der Tafel steht in krakeliger Kreideschrift:
“Ich zeige dir die Angst in einer Handvoll
Staub.”
Das knarzende Haus
Hierbei handelt es sich um ein Wohngebäude aus dunklem Holz, das hinsichtlich Farbgebung und Baustil irgendwie
nicht zu den übrigen Häusern zu passen
scheint. Seine Tür ist nicht verschlossen,
das Inneren liegt im Halbdunkel, und das
Licht funktioniert nicht (-5 auf alle Wahrnehmungswürfe, die mit dem Sehen zusammenhängen). Der erste Raum hat eine
hohe, von Spinnweben bedeckte Decke.
Aus einer Tür gegenüber dringt ein leises
Murmeln.
Versuchen die Charaktere den Raum zu
durchqueren, so ächzen die Bretter unter
ihren Schritten, als würden sie gleich brechen. Vermutlich werden die Charaktere
daher ihren Blick auf den Boden richten
und somit eine heimtückische Todesfalle
übersehen: Unter den Spinnweben an der
Decke verbirgt sich ein rostiges Gitter mit
scharfen Spiken.
Nur ein Charakter, der ausdrücklich seinen Blick zur Decke richtet, hat bei einem
erfolgreichen Wahrnehmungswurf (-0 bei
Ableuchten der Decke, sonst -5) die Chance, den dunklen Umriss zu erkennen. Andernfalls löst sich das Gitter an einer Seite,
sobald ein Charakter unter ihm steht, und
schwingt herab. Kann der Betroffene nicht
ausweichen, so bohren sich die rostigen
Spitzen in seinen Kopf (1-2 KR, 3-6 LW, 7-13
SW, 13+ TW). Das unbestimmbare Gemurmel steigert sich daraufhin zu einem irren
Gelächter. Erreichen die Charaktere die
Tür auf der anderen Seite, so ist der Raum
dahinter leer und fällt senkrecht in eine 2,5
Meter tiefe Grube ab, die mit brackigem,
blutigem Wasser gefüllt ist.
Die Polizeistation
Die Amtsstube ist bis auf das Mobiliar
und vergilbte Steckbriefe völlig leer. In
den Zellen des Zellentraktes liegen die
verdorrten Leichen offenbar verhungerter
Gefangener.
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Pandaemonium
Das seltsame Haus
Aus der geöffneten Tür dringen ein warmer Lichtschein und Musik nach draussen. Es ist eine verkratzte Aufnahme von
Johann Strauss’ Walzer Die blaue Donau,
worüber ein Bildungswurf informiert. Eine
Kinderstimme, kaum über die Musik hinweg zu vernehmen, wispert “Helft mir!”
Das Innere des Gebäudes nimmt ein
ehemals behagliches Wohnzimmer ein, in
dem ein Plattenspieler läuft. An den Wänden hängen Reproduktionen von Pieter
Brueghels Triumph des Todes, auf dem
eine Armee von Skeletten die Lebenden
abschlachtet, und Hieronymus Boschs
Heuwagen, auf dessen rechter Seite die
Verdammten von den Dämonen der Hölle
gequält werden. Den Mittelteil nimmt das
Bildnis eines Heuwagens ein, und die linke
Seite ist bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt.
Bei einem gelungenen Bildungswurf
kommt den Charakteren zu Bewusstsein,
dass die linke Seite des Bildes eigentlich
das himmlische Paradies zeigen müsste.
In den Regalen finden die Charaktere
nur Buchattrappen aus Pappe, deren Rücken Titel tragen wie “Das verlorene Paradies”, “Jenseits von Eden”, “Mit dem Tod
einen Bund” oder “Schuld und Sühne”.
Eine Durchsuchung des Schreibsekretärs
fördert einen Zettel zu Tage, auf dem in
kindlicher Handschrift “1-10 MIRP” steht.
Eine Treppe führt hinauf ins Obergeschoss, wo sich ein verschmutztes Bad und
ein verstaubtes Schlafzimmer befinden.
Auf dem Boden des Schlafzimmers ist ein
eingetrockneter Fleck zu erkennen und an
der Decke darüber ein weiterer. Eine schmale Stiege führt hinauf zum Dachboden.
Dort hängt an einem Strick ein beinahe
völlig verfaulter Leichnam, dessen Körperflüssigkeiten im Zuge der Verwesung
ausgelaufen und auf den Boden sowie ins
darunter liegende Schlafzimmer getropft
sind. Kaum haben die Charaktere dies verarbeitet, als der Leichnam am Hals abreißt
und zu Boden stürzt.
Der abgetrennte Kopf rollt auf die Charaktere zu, und aus seinen Augenhöhlen
wimmeln Hunderte weißlicher Maden.
Ein Summen ist zu hören, als ein Fliegenschwarm sich von dem Körper löst und
die Gruppe einhüllt. Ein misslungener Terrorwurf führt dazu, dass der betroffene
Charakter in Panik gerät. Stürzt die Gruppe zum Ausgang, so muss jeder Charakter
einen Geschicklichkeitswurf bestehen, um
nicht die schmale Treppe hinab zu fallen.
Der Schaden ist: 1-9 KR, 10-15 LW, 16-18 SW,
19+ TW. Der betroffene Körperteil wird an
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Hand der Nahkampftabelle ermittelt.
Wieder im Erdgeschoss angekommen,
stellen die Charaktere fest, dass die Tür
verschwunden ist und die Fenster zugemauert sind. Durchsuchen sie den Raum,
so finden sie unter dem Teppich eine Falltür, die offenbar in den Keller führt. Ein
fauliger Gestank dringt aus der dunklen
Öffnung. Im Keller selbst befindet sich
eine massive schwarze Stahltür, die über
ein elektronisches Codeschloss zu öffnen
ist. Die Tastatur zeigt die Zahlen von 0 bis
9. Durch Herumprobieren bekommen die
Charaktere heraus, dass die Kombination
aus fünf Zahlen besteht. Die Tür lässt sich
nur mit der richtigen Kombination oder
einem erfolgreichen Wurf auf Elektronik
zu öffnen. Natürlich kann man auch die
Schalttafel von der Wand reißen und die
Kabelenden aneinander halten, um die Tür
durch einen Kurzschluss zu öffnen. Der
ausführenden Charakter erleidet dabei einen Stromstoß von 220 Volt (1-11 KR, 12-18
LW, 19-20 SW).
Die Kombination steht auf dem Zettel
mit “1-10 MIRP”. Rückwärts gelesen ergibt
sich daraus “PRIM 10-1”, also die Primzahlen von eins bis zehn rückwärts: 7, 5, 3, 2, 1.
Der Spielleiter kann einen Egowurf gestatten, falls die Gruppe dies nicht von allein
herausfindet. Haben die Spieler das Rätsel
nach 10 Minuten Spielzeit nicht von alleine
gelöst, so bricht im Haus ein Feuer aus. Im
Keller sind die Charaktere zwar von den
Flammen sicher, leiden aber zunehmend
unter Rauchvergiftung (siehe Regelwerk
S. 137). Jede Runde dürfen die Spieler
ihre Egowürfe machen, um das Rätsel der
Kombination zu lösen.
Die geöffnete Stahltür führt in die Kanalisation. Weiter im Kapitel Im Untergrund.
Im Untergrund
Die Kanalisation symbolisiert auch Adelaides Unterbewusstsein. Die Charaktere
gelangen dadurch in die Traumwelt Adelaides, in die sie sich vor den Folterungen
durch die Nephariten flüchtet. Allerdings
ist der Traum durch den Einfluss des Infernos und Adriennes eigener Bitterkeit korrumpiert. Deswegen ist die Kloake mit ihrer Fäulnis und den Abwässer Sinnbild für
einen verdorbenen Traum. Ihr Weg entlang der stinkenden Abwasserkanäle führt
die Gruppe irgendwann über einer rostige
Brücke aus einem Eisengitter. Als sie diese
halb überquert haben, steigen Blasen aus
dem Wasser empor. Dies sind zwar nur
Faulgase, aber die Charaktere mögen es
sehr wohl für den Atem eines Ungeheuers
halten. Bei dieser Gelegenheit kann der
Spielleiter die Spieler an die Geschichte
von den in die Toilette gespülten Alligatorbabys erzählen, die im ausgewachsenen
Zustand die Kanalisation mancher Städte
unsicher machen sollen…
Der Weg durch die Kanalisation ist
ein Umherirren durch ein Labyrinth aus
Haupt- und Seitenkanälen, in dem man
rasch die Orientierung verliert. Gelegentlich müssen die Charaktere in höher- oder
tiefergelegene Ebenen steigen, wobei ein
misslungener Geschicklichkeitswurf zu einem Sturz in die stinkenden Wasser führt.
Immer wieder treffen die Charaktere auf
Ratten, die zu Tausenden in der Kanalisation hausen. Diese verhalten sich allerdings
friedlich.
Es liegt am Spielleiter, wie lange er diese
Episode ausdehnen will. Früher oder später stoßen die Charaktere aber auf metallene Stiegen, die sie zurück an die Oberfläche führen. Ein Stärkewurf ist von Nöten,
um den Kanaldeckel beiseite zu schieben.
Penham im Traum
Die Charaktere haben mit der Rückkehr
aus den Eingeweiden der Stadt das Penham in Adelaides Traum betreten. Der Nebel wallt immer noch durch die Straßen,
allerdings sind diese jetzt bevölkert. Dabei
handelt es sich allerdings nur um kränklich aussehende Phantome, die Adelaides
Meinung von der oberflächlichen und bigotten Stadtbevölkerung widerspiegeln.
Diese “Personen” nehmen von den Charakteren nicht die geringste Notiz, sondern tratschen über die oberflächlichsten
Themen ­– den Sittenverfall der Jugend,
den jüngsten Klatsch über die Nachbarn,
das anstehende Bingo-Turnier im Gemeindehaus usw. Es mag allerdings auffallen,
das selbst die älteren Mitbewohner auf ihr
Lieblingsthema Krankheiten verzichten.
Auch die Ortschaft selbst hat sich verändert: Die Proportionen aller Gebäude
wirken irgendwie verzerrt, stellenweise
verwachsen, und die Tünche hat bei allen
Farbtönen ein ungesundes Aussehen.
Die Charaktere können das Penham des
Traumes ausnutzen, um sich mit Waffen
einzudecken, zum Beispiel Küchenmesser.
Folgende Orte haben sich gegenüber dem
Penham des Infernos deutlich verändert:
Die Polizeistation
Hinter dem Schreibtisch mampft ein
grotesk fetter Sheriff seine Doughnuts,
die er in den Kaffeebecher eintunkt. Die
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Pandaemonium
braune Brühe tropft über sein schwabbeliges Kinn auf sein Hemd, das bereits
von Schweißflecken verunziert wird. Der
Schlüssel zum Waffenschrank liegt in
seinem Schreibtisch. So können sich die
Charaktere mit drei Schrotflinten Kaliber
12 und drei Revolvern des Typs S&W Bodyguard sowie 50 Schuss Munition.38 und
30 Schrotpatronen eindecken.
Die Freude über den Waffenfund wird
allerdings durch die Tatsache gedämpft,
dass an den Wänden die Steckbriefe der
Charaktere hängen. Ihr Verbrechen: unterlassene Hilfeleistung.
Schrotflinte Kaliber 12
1-3 KR, 4-8 LW, 9-13 SW, 14+ TW; 6 Schuss,
Reichweite 20 Meter, Ladezeit 4 Runden.
Es handelt sich dabei um Vorderschaftsrepetierer, so genannte Pump Guns, bei
denen die nächste Patronen manuell in die
Kammer befördert werden muss. Dazu
wird eine Aktion benötigt, die Waffe kann
somit nur jede zweite Aktion abgefeuert
werden.
Im Flur führt eine Treppe ins Obergeschoss, in dem sich das Bad sowie das Elternschlafzimmer und das Kinderzimmer
befinden.
Ein Tap-Tap-Tap dringt an die Ohren der
Charaktere, als ein roter Ball die weiter
nach oben führende Treppe hinunter rollt.
Am oberen Treppenabsatz steht das kleine Mädchen und blickt die Charakter traurig an. Sie wispert “Helft mir!” und verschwindet in einer Dachkammer. In dieser
befindet sich nur ein Bett mit Klingelzug.
Die Wänden sind mit Fotos des kleinen
Mädchens bedeckt, die sie beim Spielen
oder mit ihren Eltern zeigen. Keine der
abgebildeten Personen gleicht der Familie im Wohnzimmer. An der Wand gegenüber dem Eingang befindet
sich eine Kommode
mit einem hohen
Spiegel, in dem
kurz die
Reflexion
des
tig und nicht seitenverkehrt zeigt, wie es
eigentlich sein müsste. Das Zerschlagen
des Glases gibt einen Durchgang in ein
weiteres Zimmer frei, das fast genauso
aussieht, wie das, aus dem die Charaktere gerade kommen ­– nur dass jetzt eine
alte, verbrauchte Frau auf dem Bett liegt,
die kaum noch 35 Kilo wiegt. Dies ist Adelaide in dem Zustand, in dem sie starb. Die
Charaktere haben jetzt den Traum verlassen und Adelaides Fegefeuer betreten.
Mühsam öffnet sie die Augen und flüstert:
“Werdet ihr mir helfen?” Mehr ist nicht
von ihr zu erfahren.
Sollten die Charaktere verneinen oder
den Raum einfach verlassen – hinter
Die Kirche
Die Kirche sieht – bis auf ihre kränkliche
Erscheinung – fast normal aus. Allerdings
hat das Gras eine ungesunde Farbe, und
auch die verkrüppelten Trauerweiden
tragen nicht dazu bei, die Stimmung zu
heben. Jeder, der die Kirche betritt, empfindet ein Gefühl der Verlassenheit.
Das Finale
Es ist den Charakteren immer noch
nicht möglich, Penham zu verlassen. Sie
laufen im Nebel im Kreis, ohne den Ortsausgang zu finden. Gelegentlich erkennen
sie die Gestalt eines kleinen Mädchens,
das sie traurig anstarrt. Es ist das gleiche
Kind, das sie vor ihrem Unfall gesehen haben. Dies ist Adelaides Traum-Ich, welches
die Charakter zum Mittelpunkt ihres Fegefeuers lotst.
Die Charaktere erreichen schließlich ein
kleines Einfamilienhaus mit zwei Stockwerken. Personen mit Zaubertalent erkennen um das Gebäude eine graue Aura,
was auf Krankheit und Angst hindeutet.
Charakteren mit Sechstem Sinn läuft ein
Schauer über den Rücken.
Das Untergeschoss umfasst Flur, WC,
Küche und ein Wohnzimmer, in dem die
Familie gerade ihr Mittagessen einnimmt.
Vater, Mutter und ein halbwüchsiger Sohn
verzehren verfaultes Essen, zwischen dem
sich die Kakerlaken tummeln. Auch sie
nehmen die Gruppe nicht wahr.
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Mädchens
zu sehen
ist.
Hinter den Charakteren schlägt die Tür
zu. Wird sie aufgebrochen, so ist dahinter eine weitere Tür. Ein Sprung aus dem
Fenster, der einem Sturz aus sechs Meter
Höhe gleichkommt, führt lediglich dazu,
dass sich die Charaktere in dem Zimmer
wiederfinden, dass sie gerade verlassen
haben.
Adelaide hinter den Spiegeln
Eine genaue Überprüfung des Spiegels
ergibt, dass dieser das Zimmer seitenrich-
dem zerbrochenen Spiegel befindet sich
übrigens nur noch die Wand – so betätigt ihre abgemagerte Hand wie wild den
Klingelzug, und Adelaide schreit aus vollen
Lungen: “Hierher! Sie sind hier! Nehmt sie
und lasst mich gehen!” Nachdem sie keine
Hoffnung mehr sieht, aus ihrem Fegefeuer
erlöst zu werden, will Adelaide die Charaktere gegen ihre Freilassung eintauschen
oder sie zumindestens gemeinsam mit ihr
leiden sehen. Ihr Geklingel und Geschrei
ruft die drei Nephariten auf den Plan,
Seite 10
Pandaemonium
P E R I C U L A S U B IR E
Neben der Anduin veröffentlichen
wir in unregelmäßigen Abständen das
Abenteuermagazin Pericula Subire.
Jede Ausgabe enthält ein längeres
Abenteuer, das den Rahmen der
Anduin gesprengt hätte. Die Ausgaben
dieses Magazins könnt ihr auf unserer
Homepage www.anduin.de herunterladen. Weitere Ausgaben sind bereits
geplant.
Pericula Subire 01
Wirbel in Wasserau
In dieser Sammlung
von Rollenspielmärchen schlüpfen die
Spieler in die quirligen
Rollen einer Hand voll
kleiner Abenteurer,
Rotzlöffel, Angsthasen und Helden –
echte Kinder eben. In drei Episoden
besuchen sie das Dörfchen Wasserau
und seine Umgebung und erleben
kleine große Abenteuer.
Regeln für Das Schwarze Auge sind enthalten, die Märchen können aber auch
systemunabhängig gespielt werden.
Pericula Subire 02
Plug & Play
Im Jahre 2100 hatte
sich dank Luzifers
Geschenk die Menschheit von seinem
Schlag erholt und
blühte erneut auf. Das
goldene Zeitalter der Menschheit hatte
begonnen… Doch dann gelangten die
ersten Berichte über Rogues an die
Öffentlichkeit – mordende Roboter.
Plug & Play ist ein One-Shot, das an
einem Spielabend durchzuspielen ist
und das 3 bis 6 Spielern die Möglichkeit
bietet, in ganz neue und fremde Körper
zu schlüpfen.
Pericula Subire 03
Familienangelegenheit
Horatius Bernstein
wurde am 10. April
1895 tot in seinem
Haus im abgelegenen
schwarzwälder Örtchen Pechstein von
seiner Frau gefunden. Zurück lässt er
eine zerstrittene Familie, auseinander
gerissen durch seine Wutausbrüche,
heftige Anschuldigungen und ständigen
Verdächtigungen.
Willkommen bei einem Live Action
Rollenspiel mit einer Dauer von etwa
drei bis vier Stunden.
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welche die Gestalt der in diesem Haus lebenden Familie angenommen haben. Die
Werte entsprechen denen auf Seite 199
im Regelwerk; sie sind mit einer Peitsche,
einer Kette und einem brutal gezähnten
Säbel bewaffnet. Schlagen die Charaktere
Adelaide bewusstlos, wozu eine leichte
Wunde reicht, oder bezwingen sie die Nephariten, so sind die Grenzen des Fegefeuers hinreichend geschwächt, als dass die
Gruppe fliehen kann.
Entscheiden sich die Charaktere, Adelaide zu retten, so muss einer von ihnen
die Frau tragen. Schleichen die Charaktere
erfolgreich die Treppe hinunter, ohne dass
die Nephariten im Wohnzimmer etwas
davon merken, so gelingt es ihnen, das
Haus ungesehen zu verlassen. Andernfalls
werden sie von den Nephariten erbarmungslos attackiert. Allerdings sind diese
bei ihrem Vorgehen nicht selbstzerstörerisch: Sobald einer von ihnen eine tödliche
Wunde erhalten hat, zieht er sich aus dem
Kampf zurück.
Die Flucht
Nach dem Verlassen des Hauses merken
die Charaktere sofort, dass sich der Nebel
fast völlig aufgelöst hat. Beim Rennen
durch die Straßen können sie irgendwann
auch einen Ortsausgang erkennen. Ist der
Spielleiter der Ansicht, dass die Gruppe es
bislang zu leicht hatte, so kann er ihnen
jetzt noch den Raziden entgegenstellen.
Als die Charaktere den Ort verlassen, entziffern sie noch das Schild: “Sie verlassen
jetzt Penham. Bitte kommen Sie wieder.”
Das Erwachen
Die Charaktere erwachen im Krankenhaus in Penham. Jeder von ihnen hängt
am Tropf und trägt alle Verletzungen, die
er erlitten hat, zumindestens aber eine
schwere Wunde. Es sind nur die Charaktere zugegen, die nicht während des
Abenteuers gestorben sind. Adelaide ist
nirgendwo zu sehen. Der diensthabende
Arzt informiert die Charaktere darüber,
dass sie einen schweren Autounfall hatten
und kurze Zeit zwischen Leben und Tod
schwebten. Danach lagen sie über eine
Woche im Koma. Charaktere, die während
des Abenteuers starben, haben die Autounfall nicht überlebt und sind jetzt im
Inferno bis zu ihrer Wiedergeburt gefangen.
Wahrscheinlich läuft den Charakteren
ein Schauer über den Rücken, sobald sie
erfahren, dass sie sich in Penham befinden.
Dieses Penham in der Illusion ist jedoch
eine friedliche, leicht spießige Kleinstadt.
Ein Streifzug führt die Charaktere an alle
Orte, die sie während ihres Abenteuers
besucht haben: die Autowerkstatt, die
Kirche, die Schule usw. Aber alles wirkt
freundlich, beruhigend normal und keineswegs bedrohlich. Charaktere mit Zweitem
Gesicht oder Schizophrenie können jedoch
unter Umständen durch die Illusion in das
Fegefeuer blicken.
Die Charaktere finden sogar das Haus
wieder, in dem sie Adelaide getroffen haben. Falls sie den Hausherren Chris Wagner
oder seine Frau Mariah mit ihrem Charisma
betören oder sonst eine überzeugende
Geschichte auftischen, erfahren sie etwas
über Adelaide. Für Entsetzen sorgt jedoch,
dass Chris und Mariah genau so aussehen
wie Adelaides Peiniger im Inferno. Sollten
sich die Charaktere zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen lassen und beide bedrohen, angreifen oder gar töten, so erhalten
sie den Nachteil Gesucht (Bedrohung: 5,
Körperverletzung: 10, Mord: 15).
Andernfalls erzählt man ihnen, dass die
Familie als einzige Angehörige am Ort lange Jahre ihre Großtante Adelaide gepflegt
hat, die an Multipler Sklerose litt und
schließlich ihr Bett nicht mehr verlassen
konnte. Sehr verbittert und herrisch sei
sie gewesen, das habe wohl die Krankheit
verursacht, an der sie seit ihrer Kindheit
litt. Vor einigen Monaten habe sie dann
der Tod erlöst.
Vielleicht zeigt man den Charakteren
auch das kleine Zimmer unter dem Dach,
das genauso aussieht, wie die Charaktere
es kennen.
Was wurde aus Adelaide?
Falls die Charaktere Adelaide aus ihrem
Fegefeuer befreien konnten, so existiert
sie jetzt im Grenzland zwischen Leben und
Tod. Sensible Personen und Menschen
an der Schwelle zwischen Leben und Tod
können sie manchmal wahrnehmen. Sie
versucht Sterbende zu überreden, ihr zu
folgen, damit sie nicht so allein ist. Diese
bleiben dann mit ihr im Grenzland gefangen, bis das Vergessen ihre Persönlichkeit
löscht und sie wiedergeboren werden.
Erfahrung
Aktive Teilnahme am Abenteuer 2 EP
Adelaide wurde gerettet
1 EP
Je gelöstes Rätsel (ohne Würfeln) 2 EP 
Seite 11
ANDUIN 94
Der Durchbruch
DER DURCHBRUCH
EIN ABENTEUER FÜR CONSPIRACY X
TEXT: MARCO BARRETO
ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER
Vorwort zum
Abenteuer
Das Abenteuer ist für das Setting Conspirancy X geschrieben und als klassischer
Thriller konzipiert. Es ist von der Struktur
sehr offen gehalten, den Spielern steht sowohl der Lösungsansatz, als auch der Weg
dorthin frei. Das macht das Spiel spannend
und überraschend, stellt den Spielleiter
aber vor die Herausforderung, den „roten
Faden“ der Geschichte nicht aus den Augen
zu verlieren.
Auf den folgenden Seiten werden daher
die handelnden Personen, deren Motive, einige Schauplätze und der Ablauf der Ereignisse dargestellt. Mit diesem Material sollte
es leicht fallen die spontanen Einfälle der
Spieler zu improvisieren. Darüber hinaus
lassen sich die NPC oder die Schauplätze
auch für eigene Abenteuer „entwenden“.
Bei dieser Gelegenheit sei daher auf das
Handout-Extra verwiesen, das es auf der
Homepage der Anduin zum Download gibt.
Das Abenteuer spielt in den USA, an der
Universität von Notre Dame, kann aber
an jede Uni verlegt werden die das entsprechende Flair bietet. Ich stelle mir die
Stimmung von „Purpurne Flüsse“ vor. Elitär Zirkel, Geheimbünde und mysteriöse
Forschungen. Natürlich wurden die Namen
und Schauplätze den Bedürfnisse eines
Rollenspielabenteuers angepasst, sie sind
allerdings realistisch genug um im Internet
zusätzliche Informationen zu finden. An
dieser Stelle sei betont, dass ich persönlich
nie an der Uni war. Ähnlichkeiten sind zufällig und sollen unter keinen Umständen
auf real existierende Personen und deren
Leben hinweisen.
Spielleitern, die das Abenteuer für ihre
Gruppe nutzen möchten, empfehle ich
allerdings die Homepage der Uni (www.
nd.edu). Es ist unmöglich in einem Abenteuer die Uni komplett zu beschreiben und es
ist auch gar nicht nötig. Jeder Spielleiter findet auf den Seiten der Uni genug Material
und über Google Maps sogar entsprechende Luftaufnahmen.
Zusammenfassung
I think the wonderful thing about Notre
Dame, and part of its mystique, is an
appreciation of the mystery of God, in our
lives and in the world, and the presence
of the holy places on campus, the Basilica,
the Grotto, where ultimately we look to
the mystery of God. I think there’s a deep
sense of that, and a kind of providential
sense that somehow this University and
each individual life is guided by that mystery and God’s providence.
— Rev. Thomas G. Affleck-Graves
Das Spiel beginnt am Abend vor einem
großen Saisonfinale: Notre Dame Fighting
Irish gegen Michigan State (College-Football). Aus der Ferne schallen die Fangesänge
heran und vereinzelt torkeln angetrunkene
Studenten und Ehemalige durch die Gassen. Zu dieser Zeit ist es nicht ungewöhnlich
wenn sich Fremde auf dem Campusgelände
aufhalten.
Unsere Spieler sind Ehemalige, Sportreporter, Studenten, Sicherheitskräfte, Angestellte der Uni oder wissenschaftliche Mitarbeiter auf dem Weg in ihren Bungalow. Sie
haben sich für das Spiel hier eingemietet.
Kurz vor der eigenen Haustür tritt jemand
in eine dunkle klebrige Lache… Blut!
Die Spieler sind mitten in der Story. Sie
stolpern in einen Mordfall. Schnell wird klar,
dass es um Forschungsergebnisse geht (>
Die Akten), allerdings handelt es sich nicht
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Seite 12
ANDUIN 94
Der Durchbruch
um normale Technologie. Die Charaktere
entdecken schnell, dass die Blaupausen und
Messergebnisse, die sie zufällig finden, so
unglaublich sind, dass offensichtlich für sie
gemordet wird. Es gibt Hinweise auf eine
Verschwörung an der Uni. Die Hinweise
können unabhängig voneinander verfolgt
werden und sie können in jeder beliebigen
Reihenfolge abgearbeitet werden. An jedem Ort finden sich wieder neue Hinweise
auf andere Orte oder Personen. Die Polizei,
das FBI, die Leitung der Uni, alle scheinen
in irgendeiner Weise verwickelt zu sein und
bald wissen die Spieler nicht mehr wem sie
eigentlich noch trauen können. Sowohl die
Black Hand, als auch die AEGIS haben ihre
Hände im Spiel.
Das Abenteuer lebt von Druck und Bedrohung auf der einen Seite und Neugier
der Spieler auf der anderen Seite. Je näher
sie der Lösung kommen, desto gefährlicher
wird es. Hochrangige Mitarbeiter der Uni
versuchen sie zu bestechen, mysteriöse Gestallten in dunklen Anzügen versuchen sie
gar zu töten.
Zum Schluss stoßen die Spieler auf verschwundene Studenten und geheime Forschungen unter den Gebäuden der Uni. Was
sie daraus machen bleibt ihnen überlassen.
viel Druck auf Corvey ausüben, kann die
Geschichte auch für Affleck-Graves schnell
tödlich enden.
Provost
Raymond M. Jenkins, Ph. D.
“Auserwählt ist jeder, der von einem
hohen Grad von Vollkommenheit und
Selbstgenügsamkeit nach weiterer Vervollkommnung und schärferen Ansprüchen an sich selbst strebt.“
— José Ortega y Gasset
Prof. Jenkins lebt diesen Ausspruch,
wenn er auch sonst nichts mit Ortega gemeinsam hat. Er ist starrköpfig, fest in Traditionen verankert, stolz auf seine Familie,
sein Land und „seine“ Universität. Vollkommenheit ist sein Ziel. Die Vollkommenheit
der Jugend, der Lehre und der Erkenntnis.
Er möchte mit dieser Universität die Elite
Amerikas schaffen und damit die Elite der
Welt.
Raymond M. Jenkins ist eine Marionette
der Black Hand und ein alter Freund von
Corvey. In seiner grenzenlosen Arroganz
ist er sogar stolz darauf. Die Spieler werden
wahrscheinlich schnell mit ihm aneinander
geraten, Widerspruch und bohrende Fragen ist er nicht gewöhnt.
Motive
Jenkins wird versuchen die Spieler zur
Kooperation zu bewegen. Er wird an ihren
Patriotismus appellieren, ihnen Geld bieten und ihnen schließlich drohen. Erst mit
zunehmender Gewalt knickt er ein. Spätestens wenn weitere Studenten sterben und
der Ruf der Universität auf dem Spiel steht,
kommen ihm ernste Zweifel. Dann allerdings ist er der Black Hand ein Hindernis (>
Büro der Direktors) und wird aus dem Weg
geräumt.
Jenkins war vor vielen Jahren in der Airforce, wo er Corvey sen. kennen lernte. Ihre
gemeinsamen Ideale und ihr grenzenloser
Patriotismus haben sie schnell zu Verbündeten gemacht, allerdings teilte Jenkins
nie die Vorliebe für „handfeste“ Lösungen.
Gewalt lehnt er grundsätzlich als primitiv
ab. Im Einzelfall ist er bereit, Opfer für das
große Ganze zu bringen, allerdings plagt
ihn sein Gewissen und er wird früher oder
später einknicken. Corvey weiß das und
wird entsprechend schnell reagieren.
Francis D. Corvey II
Corvey ist Alumni der Universität und Secretary of the Army, also das administrative
Oberhaupt der Streitkräfte der Vereinigten
Staaten. Er hat gute Verbindungen zur Uni-
Personen
Hier werden die relevanten Informationen für die Story zu den Personen beschrieben. Werte und detailierte Zeichnungen
finden sich im Handout-Extra auf der Homepage der Anduin.
President
Rev. Thomas Affleck-Graves
Thomas ist, wie alle Präsidenten der Universität, ein Geistlicher. Er hat mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun, ist nicht
Mitglied der Verschwörung und würde sich
auch nie an einem Mord beteiligen. Allerdings hat er sowohl Corvey, dem Strippenzieher hinter den Kulissen, als auch Jenkins
einiges zu verdanken. Er wird Außenstehenden nur glauben, oder erst zuhören, wenn
diese etwas Handfestes liefern können.
Dann unterstützt er die Untersuchungen
allerdings nach Kräften. Die Spieler können
mit ihm also einen wichtigen Verbündeten
finden. Der Reverend hat praktisch unbegrenzten Zugang zu allen Ressourcen der
Universität und interessante Kontakte über
die Uni hinaus. Der Spielleiter sollte diesen
Trumpf allerdings nicht zu leichtfertig ausspielen, die Spieler verlieren sonst zu leicht
die Kontrolle über die Story.
Sollten die Spieler und der Reverend zu
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Der Durchbruch
ANDUIN 94
versitätsleitung und in der Vergangenheit
hat er sich Affleck-Graves mit großzügigen
Spenden gefügig gemacht. Raymond Jenkins, sein enger Verbündeter und Freund
aus „alten Zeiten“, ist in den Mord sogar
direkt verwickelt. Corvey ist Offizier der
Black Hand, im Rang des Deputy Direktor,
er leitet die Forschungseinrichtung auf dem
Campus und wählt neue Rekruten persönlich aus. Darüber hinaus ist er ein bekannter
Förderer der „Flying Irish“ Staffel, den Fallschirmspringern der Airforce, die auf dem
Campus-Gelände trainieren.
Motive
Der alte Corvey ist besessen von der Vorstellung mithilfe außerirdischer Technologie einen großen Sprung für die Menschheit zu schaffen. In seiner Vorstellung wird
die Geschichte immer von den Siegern geschrieben. Gelingt es ihm die Menschheit
zu „verbessern“ und auf die außerirdische
Bedrohung vorzubereiten, so wird ihm die
Geschichte im Nachhinein Recht geben.
Entsprechend kompromisslos sind seine
Methoden.
Konsequenterweise hat er seine Familie
als erstes auf das neue Zeitalter vorbereitet. Sein Sohn, Francis Lewis Corvey, wurde
bereits als Fötus genetisch verändert und
„optimiert“.
Corveys Büro befindet sich unterhalb des
Hauptgebäudes im geheimen Teil des Forschungszentrums. Er ist sich seiner Sache
sehr sicher. Charaktere, die hier eindringen,
finden zahlreiche Unterlagen zur Organisation der Black Hand – Standorte der Black
Hand, geheime Forschungsprojekte, Listen
von genetisch Veränderten etc.
Francis L. Corvey
Der junge Corvey ist in jeder Hinsicht talentiert. Als persönliches „Projekt“ seines
Vaters wurden an ihm Techniken erprobt,
die erst in vielen Jahrzehnten Marktreife
erhalten werden. Bereits als Fötus wurde er
genetisch optimiert. Seine Trainer bedienten sich fortschrittlichster Lernmethoden
und finanziell stehen ihm praktisch unbegrenzte Mittel zur Verfügung. Kein Wunder
also, dass Francis auf andere schnell wie
ein Übermensch wirkt. Er ist sportlich und
attraktiv. Er leitet den Ruderclub, studiert
Physik, Medizin und (unter falschem Namen) auch Philosophie. Natürlich absolviert
er das Auswahlprogramm der Black Hand.
Leider hat dieses ideale Leben einen kleinen Haken: Er hasst seinen Vater und die
Black Hand.
Motive
Francis ist etwas Besonderes und das
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Der Durchbruch
sen. Er hat sich voll der Lehre verschrieben
und war bei den Studenten und den Kollegen sehr beliebt, wenn auch manchmal
nicht ganz ernst genommen.
Larcey war sich seiner Stärken und
Schwächen durchaus bewusst und empfahl
Studenten mit Ambitionen in der Forschung
regelmäßig an Prof. Jenkins, so auch Tom
Reuters. Unwissentlich hat er damit viele
Studenten in die Arme der Black Hand empfohlen.
Am Abend seines Todes beschäftigte sich
Larcey mit einigen Korrekturen und ging
noch einmal in sein Labor im Forschungszentrum. Zu seiner Überraschung trifft er
hier auf Tom. Dieser scheint im verwirrt
und ängstlich und er stellt ihn zur Rede. Die
Forschungsergebnisse mit denen sich Tom
beschäftigt sind offenkundig Top Secret
und Larcey besteht darauf, das Rev. AffleckGraves zu melden. Tom gerät in Panik, zieht
eine Waffe und schießt auf Prof. Larcey.
Je mehr die Charaktere über Larcey in
Erfahrung bringen, desto deutlicher wird
ihnen, dass er zur falschen Zeit am falschen
Ort war. Er hatte weder ein Motiv noch Vorteile von einer Verschwörung.
Tom Reuters
weiß er. Nach seiner Überzeugung gibt Wissen und Macht der Black Hand allerdings
nicht das Recht, den Rest der Welt als ihr
persönliches Testgelände zu missbrauchen
und Menschenleben zu opfern wie es ihnen
passt. Francis verabscheut die Methoden
seines Vaters und sabotiert seine Pläne wo
er kann. Außerdem ist es nicht so interessant etwas Besonderes zu sein, wenn der
eigene Vater bereits an der nächsten Generation „Übermensch“ bastelt.
Seit einigen Monaten ist er ein Doppelagent der AEGIS. Natürlich muss er sehr vorsichtig sein. Er wird nicht selbst aktiv, Spieler mit guten Aussichten auf Erfolg wird er
allerdings nach Möglichkeit unterstützen.
Unterstützung von Außen
Die Charaktere haben sich festgefahren
oder befinden sich in einer aussichtslosen
Situation? Francis ist das Mittel des Spielleiters ihnen eine kleine Hilfestellung zu geben (> AEGIS).
Mr. Jonathan Brouch
Jonathan ist ehemaliger Fallschirmspringer, Mitglied der Flying Irish und Handlanger von Corvey (sen.). Für das weitere
Programm der Black Hand hat er nie die
geistigen Fähigkeiten mitgebracht, aber für
„das Grobe“ war er schon immer zu haben.
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Offiziell ist er der Hausmeister auf dem Gelände der Airforce. Er kümmert sich um die
Ordnung in den Unterkünften und ist dort
für seinen Mangel an Humor, seine „handfeste“ Art und seine ausgesprochene Rivalität zu Corvey (jun.) bekannt.
Motive
Mr. Brouch ist treu wie ein Hund und etwa
ebenso intelligent. Er führt Befehle aus und
das macht er gut. In Francis Corvey (sen.)
sieht er so etwas wie einen Ersatzvater. Er
hat sich nie für die Hintergründe interessiert. Er hat nur das gute Gefühl an „etwas
Großem“ beteiligt und wichtig zu sein. Die
Rekruten, vor allem Corveys Sohn, betrachtet er mit Misstrauen.
Die Mordwaffe bewahrt er in seinem privaten Arsenal hinter dem Heizungskeller
der Airforce Unterkünfte auf. Er hat hier
eine kleine Werkstatt, einen privaten Fitnessraum und, hinter einer verschlossenen
Feuertür, eine kleine Waffenkammer.
Atomtechnologie
Prof. William S. Larcey
William Larcey, das Opfer (> Der Tatort),
ist ein Professor wie man es sich als Student
nur wünschen kann. Seit Jahren betreibt er
nur noch halbherzig Forschung, gerade so
viel um nicht ganz den Anschluss zu verpas-
Tom war einer der Studenten von Prof.
Larcey und ein sehr talentierter noch dazu.
Er ist geförderter Offizieranwärter des AFROTC Programms und darüber hinaus ist
er noch ein talentierter Athlet und Mitglied
im akademischen Ruderclub. All das hat Ihn
auf die Agenda der Black Hand gebracht.
Francis jun. hat ihn vorgeschlagen und mit
kleinen Tests auf die Organisation vorbereitet.
Leider ist die Sache in den letzten Tagen
etwas außer Kontrolle geraten. Tom hat
durch einen dummen Zufall Unterlagen in
die Hände bekommen, die nicht für seine
Augen bestimmt waren. Natürlich hat ihn
die Neugier gepackt und er versuchte diese DVD zu entschlüsseln, im Labor seines
Professors Larcey. Hier kommt es zur tragischen Konfrontation zwischen ihm und
seinem Professor, in seiner Panik schießt
er ihm in die Schulter (> Das Labor). Anschließend ist er verzweifelt und versucht
zu fliehen. Doch seine Tätigkeiten auf dem
Rechner der Uni blieb nicht unerkannt. Damit ist dann sowohl sein Schicksal, als auch
das des Professors besiegelt. Francis sen.
schickt ihm Mr. Brouch auf den Hals, welcher erst Tom „verschwinden“ lässt und
sich anschließend um den Professor kümmert.
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Der Durchbruch
Schauplätze
und Hinweise
Der Bungalow
Im Nordosten des Campus befinden sich
die „Fischer Residences“, gleich neben dem
riesigen Besucherparkplatz an der Indiana Toll Road. Dort können sich Ehemalige,
Eltern und Besucher Unterkünfte mieten.
Etwa 500 Meter weiter liegt der „Warren
Golf Course Notre Dame“, nur durch einige
Bäume von den Besucherbungalows getrennt. Wie bereits gesagt, stoßen die Spieler schon vor der Tür auf einen großen Fleck
Blut. In dem Moment, in dem sie das Licht
anschalten oder sich lauter unterhalten, hören Sie ein Krachen, dann schlägt die Hintertür auf und ein großer, kräftiger Mann flieht
in die Dunkelheit (> Mr. Brouch). Einige Minuten später werden die Charaktere dann
von einem Schuss nochmals aufgeschreckt.
Im Eingangsbereich, gleich hinter dem
Briefschlitz, liegt ein Aktenordner mit Forschungsergebnissen und einer DVD (> Die
Akten).
Hinweise
•Es wurde eingebrochen. Jemand ist
von der abgelegenen Seite durch die
Hintertür ins Haus gekommen und war,
den Fußabdrücken zu urteilen, auf dem
Weg zur Vordertür. Entwendet wurde
nichts. Es macht den Eindruck, als
hätten die Spieler den Einbrecher überrascht, bevor er gefunden hat, wonach
er suchte.
•Im Bungalow der Spieler finden sich die
gleichen Fußabdrücke wie am Tatort.
Analysiert man diese näher, so stellt
man fest, dass es sich um eine bestimmte Sorte Militärstiefeln handelt,
die gewöhnlich von Fallschirmspringern getragen wird (> Mr. Brouch und
Airforce).
•Das Blut findet sich nicht nur vor der
Tür. Sucht man genauer, so entdeckt
man eine Spur die vom Bungalow der
Spieler nördlich in Richtung Golfplatz
führt und südlich entlang des Wilson
Drive, über den Besucherparkplatz, die
Leahy Drive runter und schließlich vor
den Laboratorien des Jordan Science
Learning Center endet (> „Das Labor“).
Der Tatort
Zum Tatort gelangen die Spieler, indem
sie der Blutspur nach Norden folgen, die an
ihrem Bungalow vorbeiführt oder indem sie
dem Schuss folgen, den sie gehört haben.
Natürlich können sie auch als Schaulustige
eintreffen, wenn die Polizei schon vor Ort
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ist.
Der Tatort liegt etwa 200 Meter vom Bungalow entfernt zwischen einigen Bäumen.
Das Licht der Straßenlaternen verliert sich
zwischen den Schatten der Büsche. Die Leiche von Prof. Larcey liegt mit dem Gesicht
nach oben, halb in einen Busch gesenkt, in
seinem Oberkörper und seinem Gesicht jeweils ein Einschussloch. Er trägt noch einen
Laborkittel.
Hinweise
•Auf dem Laborkittel findet sich der
Name des Opfers eingestickt. Informationen über den Professor sind
im Internet und den Unterlagen der
Universität vorhanden (> Prof. William
S. Larcey).
•Das Opfer hatte noch alle Wertsachen
bei sich (Handy, Geld und Autoschlüssen z.B.), es handelt sich also um
keinen einfachen Raubmord.
•In unmittelbarer Nähe der Leiche finden sich Abdrücke von Militärstiefeln,
die Gleichen, die auch im Bungalow der
Spieler gefunden werden können (>
Airforce und Mr. Brouch).
•Bei einer Obduktion der Leiche oder
sachkundiger Untersuchung durch die
Charaktere, stellt sich heraus, dass die
Schusswunde am Kopf von einer anderen Waffe stammt als die Wunde in der
Schulter. Letztere war nicht tödlich,
hat allerdings zu großem Blutverlust
geführt. Der Schuss in den Kopf wurde
aus nächster Nähe abgegeben, der
Mörder muss sein Opfer gestellt und
dann hingerichtet haben.
Das Labor
Folgen die Charaktere der Blutspur in südlicher Richtung, so gelangen sie bis zum Labor. Natürlich können sie auch durch Nachforschungen zur Leiche hierher geraten.
Wichtig ist der Zeitpunkt (> Die Uhr tickt!).
Prof. Larcey hatte sein Labor im Jordan
Science Learning Center, einem modernen
Gebäude mit Büros, Laboratorien und Hörsälen. Hier ereignete sich am Freitagabend
ein tragischer Kampf zwischen Larcey und
seinem Studenten Tom Reuters:
Hierhin zog sich Tom zurück als er die
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Der Durchbruch
Unterlagen im Forschungszentrum der Airforce fand. Er nutzt die Rechenpower des
Zentralcomputers um mit der Entschlüsselung der DVD zu beginnen, ohne zu wissen,
dass der ebenfalls von der Black Hand kontrolliert wird. Unerwartet betritt Prof. Larcey das Labor und stellt ihn zur Rede. Tom
ist nun endgültig verzweifelt, er weiß nicht
mehr wem er vertrauen kann und wem
nicht. In seiner Panik zieht er seine Waffe
und schießt auf Larcey.
Hinweise
Es gibt unzählige Hinweise im Labor. Unglücklicherweise weiß Mr. Brouch natürlich
auch davon und die Black Hand wird schnell
versuchen die Spuren zu verwischen. Wenn
die Spieler also nicht schnell reagieren und
entweder der Blutspur oder den Hinweisen
über Prof. Larcey folgen, werden sie an dieser Stelle nur noch einen leeren Raum vorfinden.
•Am kommenden Morgen (einem
Samstag!) können die Spieler hier
schon einen Möbeltransporter beobachten. In braunen Arbeitsanzügen
tragen Arbeiter Kisten aus dem Labor
und vernichten Unterlagen in einem
großen Schredder. Seltsamerweise
tragen diese „Arbeiter“ Armeestiefel
und gehören zur Einheit der Flying
Irish (> Airforce). Der Transporter ist
ein Mietwagen. Verfolgt man die Spur,
so stellt man fest, dass Prof. Jenkins
den Transporter mit seiner Kreditkarte
gemietet hat (> Büro des Direktors).
•In einer Abstellkammer, nahe dem
Büro liegt einige Stunden die Leiche
von Tom Reuter. Mr. Brouch hat sie
dort kurzfristig untergebracht. Mit Tom
finden die Charaktere auch die Waffe,
aus der die Kugel in Jenkins Schulter
stammt (>Der Tatort).
•Aus der Einrichtung des Labors und
den Protokollen der Rechner können
kundige Charaktere schließen, dass
sich Tom kurz vor seinem Tod mit den
Akten beschäftigt hat (> Die Akten).
•Tom trägt noch eine Zugangskarte zum
Gelände der Airforce bei sich. Diese
wird allerdings spätestens am Abend
des kommenden Tages gesperrt.
Büro des Direktor
Das Büro von Prof. Jenkins liegt im Hauptgebäude, direkt nehmen der Basilika (300
Main Building; Notre Dame, IN 46556). Die
Telefonnummer und Mail-Adresse findet
jeder im Internet. Tagsüber ist das Haus
gut besucht und Jenkins ist meist in Besprechungen und außer Haus. Die besten
Chancen, ihn in seinem Büro zu treffen,
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haben die Spieler so ab 18:00 Uhr. Ganz
im Stil eines englischen Gentlemans mutet
das Büro etwas altmodisch an, überladen
mit Büchern, dunklen Hölzern und zwei
klassischen Gemälden seiner Vorgänger im
Amt. Direkt neben dem Fenster hat Jenkins
eine Ledercouch und einen Sessel um einen
niedrigen Tisch arrangiert. Sind die Spieler
angemeldet, so empfängt er sie hier.
Hinweise
•Je nach dem, wann die Charaktere hier
eintreffen, liegt Prof. Jenkins eventuell
tot auf seinen Schreibtisch gelehnt.
Er wurde aus der Nähe mit einem
Schalldämpfer erschossen. Die Waffe
ist nicht registriert.
•Aus dem Büro wurden in den vergangenen Tagen mehrfach Telefonate
geführt, die für die Geschichte wichtig
sind. Mehrfach hat Prof. Jenkins den
Fehler begangen, Corvey im Stützpunkt anzurufen. Auch die Mobilnummer von Mr. Brouch wurde mehrfach
gewählt. Drücken die Spieler einfach
die Wahlwiederholung, so erreichen
sie den Anrufbeantworter der Familie
Corvey (privat).
•An der Wand finden die Spieler einige
Fotos von Prof. Jenkins mit bekannten
oder für ihn wichtigen Persönlichkeiten, darunter ein Gruppenfoto des
„Detachment 225 AFROTC“, der Einheit
der Luftwaffe, mit Mr. Corvey und
Mr. Brouch darauf. Jenkins war einige
Jahre beim Militär, bevor er den akademischen Weg eingeschlagen hat. Mr.
Corvey und Prof. Jenkins haben sich
hier an der Uni kennen gelernt. All das
kann den Spielern auch seine Sekretärin erzählen, welche gegen 17:30 Uhr
das Büro verlässt.
Das Büro ist ein perfekter Ort die Geschichte eskalieren zu lassen. Mittlerweile
sollten die Spieler einige Hinweise auf die
Airforce haben und/oder eine Verbindung
zwischen dem Toten und Mr. Jenkins geknüpft haben. Bei Gruppen, die einen
Schusswechsel aushalten, wäre hier ein
spannender Moment. Vielleicht haben die
Spieler den Prof. gerade weich geklopft,
als ein Schuss durch das Fenster ihn tötet.
Oder die Spieler überraschen den Täter und
verfolgen ihn (> Mr. Brouch).
Forschungszentrum
der Airforce
Je nach Mut und Ausrichtung der Gruppe
kommt es hier zum Showdown. Unter den
offiziellen Aufenthalts- und Lehrräumen des
Detachment 225 AFROTC befindet sich die
geheime Forschungs- und Rekrutierungs-
einrichtung der Black Hand. Gelingt es den
Spielern hier einzudringen, gibt es nur noch
drei Möglichkeiten: Sie sterben, sie schließen sich der Black Hand an oder sie decken
einen Skandal nationalen Ausmaßes auf.
Zwei dieser Möglichkeiten sind natürlich
ein schöner Einstieg in eine größere Kampagne.
Aber soweit sind wir noch nicht. Die Basis
ist natürlich militärisch gesichert. Auf das
Gelände kommt man noch relativ einfach.
Zumindest wenn man eine gute Tarnung
besitzt, Kontakte an der Uni hat oder über
eine gewisse kriminelle Energie mitbringt.
Ausführliche Pläne und eine genaue Beschreibung der Airbase, einschließlich des
„inoffiziellen“ Teils, gibt es im Anhang. Hier
beschränken wir uns auf die Elemente, die
wichtig für die Story sind.
Hinweise
•Im Heizungskeller der Unterkünfte
befinden sich die Werkstatt und die
geheime Kammer von Mr. Brouch (>
EG Nummer 7). Hier finden die Spieler
mit etwas Ausdauer die Mordwaffe. Praktisch jeder Rekrut der Black
Hand weiß, dass Brouch im Keller sein
eigenes Reich hat. Zur Not entdecken
die Charaktere den Raum indem sie
Brouch einfach folgen.
•Mit etwas Geduld beobachten die
Charaktere immer wieder dunkle
Gestalten, die in der Airbase ein und
ausgehen. Die MIB besuchen Corvey in
seinem Büro. Sie tauchen sonst eigentlich nur auf, wenn sie die Charaktere
töten wollen.
•Das Büro von Mr. Corvey (sen.) ist sehr
gut gesichert und befindet sich unter
dem Hauptgebäude direkt neben dem
geheimen Labor (> UG Nummer 6).
Sollten die Spieler es dennoch schaffen
hier einzudringen, werden sie mit
einem wahren Schatz an Informationen belohnt. Geldwäsche, Untreue,
Menschenhandel, Folter… Die Liste ist
lang und vielfältig. In jedem Fall genügend Material ihn zu erpressen oder in
ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.
• Alien Tech: Unter dem Flughangar
befindet sich der Prototyp eines modernen Kampfjets (> UG Nummer 7),
konstruiert um Angriffen aus dem All
zu begegnen.
Je nach Zusammensetzung der der Gruppe kann die Erkundung der Airbase einen
großen Teil der Geschichte einnehmen.
Der Spielleiter sollte also etwas Zeit darauf
verwenden, sich mit der Anlage vertraut zu
machen (> Airbase).
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Der Durchbruch
Fallschirmen, Sportgeräten etc. Der Bereich ist nur leicht gesichert. Einige Vorhängeschlösser und Sicherheitsschlösser
am Eingang. Dieser Bereich wird nicht von
Kameras überwacht. Im Raum neben den
Hörsälen finden sich eher Unterrichtsmaterialien.
Nummer 5: Hörsäle
Die Räume sind hervorragend ausgestattet und dienen sowohl dem Briefing der
Rekruten, als auch der Ausbildung von Studenten.
Nummer 6: Büros
In diesen Büros wird die Administrative
Arbeit des AFROTC Programms abgewickelt. Studentensekretariat, An- und Abmeldung etc. Die Büros sind von 8:00 Uhr
bis 17:00 Uhr besetzt. Die Türen sind nicht
gesichert.
Nummer 7: Kellereingang
Durch eine feuerfeste Tür gelangt man
hier in den Heizungskeller, dem Reich von
Mr. Brouch. Die Tür ist verschlossen, ansonsten aber nicht weiter gesichert. Der
Gang wird von einer Kamera überwacht.
Direkt über dem Eingang zum Keller befindet sich der Treppenaufgang zum Obergeschoss.
Nummer 8: Sicherheitsschleuse
Hier beginnt der geheime Bereich der
Anlage. Neben einer Sicherheitsschleuse
mit Metalldetektoren, Durchleuchter und
Abnahme des Fingerabdrucks, sitzt hier Tag
und Nacht eine Wache. Die Spieler brauchen
schon einen guten Plan, um hier rein zu
kommen. Zur Lösung ist das auch gar nicht
nötig. Genügend Beweise finden sich auch
im weniger gesicherten Heizungskeller.
Geheimlabor
Airbase
Die Studenten des AFROTC Programms
werden hier mit den Grundlagen der Forschung, militärischen Drill und im Fliegen
ausgebildet. Fallschirmspringen steht ebenso auf dem Programm wie Astronomie. Das
Gelände liegt etwas nördlich des Campus
am See. Es besteht aus einer Start- und
Landebahn, mehreren Hangars, dem Tower und einem Lehr- und Forschungszentrum. Um das gesamte Gelände zieht sich
ein Sicherheitszaun, allerdings besteht die
einzige Sicherheitsmaßnahme hier aus ein
wenig Stacheldraht. Nichts, was besonders
misstrauisch machen würde.
Hauptgebäude
Im Hauptgebäude findet die Ausbildung
der Rekruten statt, hier befindet sich die
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geheime Kammer von Mr. Brouch (> UG
Nummer 9) und der Eingang zum geheimen Labor der Black Hand (> EG Nummer
8). Wer hier eindringt begibt sich in höchste
Gefahr, ist der Lösung allerdings schon sehr
nahe. Um das Gebäude herum sind einige
Kameras angebracht, die von dem Sicherheitsmann im Hauptgebäude kontrolliert
werden (> EG Nummer 8).
Erdgeschoß
Nummer 1: Umkleide
Hier bereiten sich die Fallschirmspringer
auf ihren Flug vor und Rekruten auf den
Drill.
Nummer 2: Duschen
Nummer 3: Toiletten
Nummer 4: Materiallager
Hier finden sich Spinde mit Uniformen,
Nummer 1: Treppenaufgang
Nummer 2: Laboratorien
Im ersten Teil des Labors arbeiten Studenten, die als vertrauenswürdig eingestuft
wurden. Hier hat z.B. Tom Reuters gearbeitet (> Tom Reuter).
Nummer 3: Sicherheitstüren
Jede ist mit einem Kartenlesegerät ausgestattet. Zugang bekommen nur Mitglieder der Black Hand. Es ist praktisch ausgeschlossen, dass Charaktere hier ohne
Einladung eindringen. Erfahrene Agenten
der AEGIS haben durchaus eine Chance,
allerdings sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass alle Mitglieder der Black Hand
über subdermale Implantate verfügen. Wer
ein solches nicht besitzt, löst spätestens
hier den Alarm aus.
Nummer 4: Laboratorien
Hier wird an dem Fighter gearbeitet, geSeite 18
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Der Durchbruch
abdeckt. Keiner der einfachen Arbeiter oder
Rekruten kann genau sagen was sich unter
dem Panzerdach befindet. Einige haben
mal gehört, dass es dort einen Kampfjet für
den Verteidigungsfall gibt. Andere behaupten es würde sich um einen Luftschutzkeller handeln, der die Studenten der Uni im
Ernstfall aufnehmen könnte.
Beides ist natürlich falsch. Es handelt
sich um die Startvorrichtung für den Black
Mantha II. Der Zugang befindet sich in den
Quartieren nebenan. Hier können die Spieler normalerweise nichts ausrichten. Sie
erhalten lediglich einen Hinweis, wo sie suchen müssen.
Observatorium
Im Gegensatz zum Hangar ist das Observatorium praktisch die ganze Nacht besetzt.
Auch zivile Studenten oder Mitarbeiter der
Uni bekommen hier Gelegenheit den Nachthimmel zu Forschungszwecken zu observieren. Zeit an dieser Einrichtung ist wertvoll, es ist also unwahrscheinlich, dass die
Spieler hier nachts ohne Gesellschaft sind.
Einige interessante Entdeckungen gibt es
hier zu machen, so werden Beobachtungen
natürlich auch aufgezeichnet. Spieler mit
entsprechender Kompetenz können dem
Server Aufnahmen interessanter Flugobjekte entlocken. So wurden hier Aufnahmen
der Gna-Tall (Alienrasse) gemacht. Interessant werden diese Informationen allerdings
nur im Rahmen einer weiteren Kampagne.
Der Tower
Direkt an der Landebahn überblickt der
Tower das Gelände. Tagsüber ist er praktisch durchgängig von 6:00 Uhr bis 20:00
Uhr besetzt. Nachts nur in Ausnahmefällen,
wenn Unterricht in Flugsicherung gegeben
wird und/oder Nachtflüge anstehen.
netische Experimente durchgeführt und
Materialforschung betrieben. Zutritt haben
nur Mitglieder der Division 2 (R&D), Forschung und Entwicklung. Dummerweise
stammt aus einem solchen Labor die Akte,
welche sich nun im Besitzt der Charaktere
befindet. Mr. Corvey forscht noch immer,
wer so unfähig war die Akte Tom Reuter zukommen zu lassen.
Nummer 5: Rekrutierungskammern
In diesen Kammern werden neue Rekruten auf ihren Dienst vorbereitet. Es werden
die Implantate eingesetzt, „Schulungen“
und „Korrekturen“ vorgenommen. Die
Räume erinnern stark an Folterkammern
und die Prozeduren sind teilweise ebenso
schmerzhaft.
Nummer 6: Büro von Mr. Corvey
(> Francis D. Corvey II)
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Nummer 7: Entwicklungshalle
Hier steht er, der Black Mantha II. Die Entwicklung der letzten Jahre. Abgeleitet aus
Technologie der Gna-Tall und weiterentwickelt durch die Division 2, die Forschungsabteilung der Black Hand. Selbst die Führung
der Black Hand ist nicht vollständig informiert wie der Stand der Forschung ist. Ein
erster Testflug wurde bereits durchgeführt.
Corvey ist überzeugt, das Schiff im kommenden Jahr in Dienst stellen zu können.
Flughangar
Gleich neben den Quartieren liegt ein
großer Flughangar. Hier sind zwei Propellermaschinen untergebracht, die für Ausbildungszwecke genutzt werden. Das einzig
Auffällige ist eine mächtige Stahltür, die
offenkundig einen Raum unter dem Hangar
Ab 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr ist Jim Ernest
im Tower, ein pensionierter Soldat der mit
der Nachtwache seine Rente aufbessert.
Jim ist keine besondere Gefahr, allerdings
sehr gewissenhaft, wenn die Spieler sich zu
auffällig verhalten und nachts auf dem Gelände herumlaufen löst er den Alarm aus.
Jim sitzt oben in der Flugsicherung und
hört dem Flugfunk zu. Er hätte einige seltsame Geschichten zu erzählen, sollte ihn jemand fragen. Er selbst denkt sich nichts dabei. Die Airforce hat ihre Geheimnisse, was
weiß er da schon. Allerdings hat er tatsächlich mal einen unglaublichen Start miterlebt.
Eine ihm völlig unbekannte Maschine ist aus
dem Hangar gestartet. Wie er vermutet, ein
neuer Tarnkappenjet der Airforce. Natürlich
erzählt er nicht leichtfertig davon, das ist
doch schließlich Top Secret!
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Der Durchbruch
Die Akten
„Die Akten“ finden die Spieler in ihrem
Bungalow, gleich hinter dem Türschlitz. In
einer Projektmappe aus Pappe befindet
sich die Dokumentation eines Versuchsaufbaus, Messergebnisse in Form diverser
Grafiken, die Modellskizzen eines ultramodernen Flugobjekts und eine DVD. Die ganze Mappe ist mit Blut beschmiert und nicht
beschriftet.
Die Daten auf dem Datenträger sind das
Herz der Geschichte. Papier ist geduldig,
aber für die Messreihen, die Baupläne und
die Materialstudien, die sich auf dieser seltsamen DVD befinden, wird die Black Hand
Morde begehen. Die Ergebnisse auf dieser
DVD sind das Ergebnis vieler Jahre Forschung und Arbeit an Alien-Technologie.
Entsprechend gut sind die Daten natürlich gesichert. Die Daten sind verschlüsselt
und nur mit enormen Aufwand zu lesen.
Darüber hinaus wurden die Daten mit einem neuen Verfahren komprimiert, so dass
sich die Daten nicht einfach kopieren oder
ins Netz stellen lassen.
Wer wissen will, was in den geheimen
Labors der Airforce vor sich geht, der muss
die Daten auf diesem Ding lesbar machen.
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Dabei können gleich einige Personen auf
dem Campus helfen. Je nach Hintergrund
der Spieler haben sie die Chance auf die
Ressourcen der Uni zuzugreifen, oder sich
gar in den Stützpunkt der Airforce einzuschleichen. In jedem anderen Fall benötigt
die Entschlüsselung mehrere Tage, viel Zeit
für ausreichend Druck von außen.
Rechner der Uni
Eine besondere Gefahr besteht darin,
dass die Black Hand Zugriff auf das Rechenzentrum der Uni hat. Charaktere, die so
unvorsichtig sind, die DVD an einem vernetzten Rechner zu bearbeiten, geraten
unmittelbar in die Schusslinie. Das ist es
auch, was Tom Reuter in Schwierigkeiten
gebracht hat.
Das gleiche Problem haben die Charaktere
natürlich auch, wenn sie die Daten einfach
ins Internet stellen möchten. Entweder, sie
verlassen das Gelände der Universität, oder
sie haben umgehend Mr. Brouch auf den
Fersen.
Die Uhr tickt!
Greifen die Spieler nicht in die Handlung
ein, so entwickelt sich der Geschichte unabhängig von den Charakteren weiter. Je wei-
ter die Zeit voranschreitet, desto schwerer
wird es für die Charaktere noch zu einer Lösung zu kommen, allerdings wird der Druck
von Außen (siehe unten) auch immer größer, irgendwann haben die Spieler einfach
keine andere Wahl mehr als sich ihrer Haut
zu wehren.
Freitagabend
21:00 Uhr
Das Labor
Prof. Larcey korrigiert einige Arbeiten in
seinem Büro im Hauptgebäude, dabei fällt
ihm auf, dass er Unterlagen aus dem Labor
benötigt. Einige Minuten später überrascht
er dort einen seiner Studenten, Tom Reuters (> Das Labor und Tom Reuters). In die
Enge getrieben gibt Tom einen Schuss auf
den Professor ab.
22:00 Uhr
Leahy Drive
Angeschossen und unter Schock irrt Prof.
Larcey den Leahy Drive Richtung Norden. Er
wird zwar von einigen Passanten gesehen,
die halten ihn allerdings für betrunken und
denken sich nichts dabei. Er stoppt immer
wieder und hinterlässt eine kleine Blutspur.
Hinter dem Besucherparkplatz spürt er, dass
ihn die Kräfte verlassen und er beschließt,
die Akten loszuwerden. Er steuert auf das
erstbeste Haus zu, klingelt und, nachdem
keiner öffnet, wirft er die Unterlagen durch
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Der Durchbruch
den Briefschlitz (> Der Bungalow).
22:20 Uhr
Fischer Residences
Tom ist mittlerweile aufgeflogen. Die
Black Hand hat seinen Zugriff auf den Rechner der Universität erkannt. Prof. Jenkins
wurde verständigt, welcher wiederum Mr.
Brouch aktiviert. Mr. Brouch nimmt die Verfolgung auf und tötet Tom Reuters. Seine
weiteren Prioritäten sind klar: Die Unterlagen müssen um jeden Preis zurück in die
Hände der Black Hand. So beschließt er in
den Bungalow der Spieler einzubrechen bevor er sich um den Professor kümmert.
und komplett zu säubern. Anschließend
wird neu gestrichen. Gegen 15:00 Uhr sind
alle Arbeiten abgeschlossen und die Spieler
finden nur noch einen weißen Raum in dem
es nach frischer Farbe riecht.
7:00 Uhr
Presse
Erste Nachrichten über den Mord verbreiten sich über die Medien. Je nach dem
Verlauf der Nacht werden die Spieler als
Zeugen oder Verdächtige genannt. Gerry
Sanders, ein Student der für den Observer
arbeitet, hängt sich an den Fall und berichtet für die Studentenzeitung.
Die Spieler betreten die Bühne
Gerry kann im Laufe der Geschichte vom
Spielleiter verwendet werden, um die Charaktere zu nerven, ihnen Informationen zu
liefern oder als zusätzliche Leiche (weil er
seine Nase zu tief in Dinge steckte, die ihn
nicht angehen) zu dienen.
10:30 Uhr
Büro des Professor
bzw. Bungalow der Spieler
Prof. Jenkins wird auf die Charaktere
aufmerksam und beginnt mit den Nachforschungen über sie. Gegen 13:00 Uhr unternimmt den ersten Versuch Kontakt mit den
Charakteren aufzunehmen. Er wurden von
Mr. Brouch informiert wo die Akten hin
sind, so vermutet er sie in deren Besitz.
22:25 Uhr
Der Bungalow
Die Charaktere entdecken die von Professor Larcey hinterlassene Blutspur und überraschen Mr. Brouch bei dessen Einbruch. Er
hat sich gerade Zugang durch die Hintertür
verschafft und die Küche nach Werkzeug
durchsucht. Als er zur Vordertür will, wird
er von den Spielern entdeckt und flieht.
22:40 Uhr
Der Tatort
Mr. Brouch stellt den verwundeten Professor am Waldrand beim Golfplatz und
erschießt ihn mit einem gezielten Schuss in
den Kopf.
23:15 Uhr
Büro des Professor
Mr. Brouch trifft Prof. Jenkins in dessen
Büro. Er berichtet ihm von den Ereignissen
und Jenkins organisiert die Beseitigung der
Spuren. Er mietet mit seiner Kreditkarte einen Transporter und ruft bei Corvey an um
für den kommenden Morgen mehrere Männer zu aktivieren.
23:30 Uhr
Der Tatort
Der Sheriff trifft am Tatort ein, die Spurensicherung beginnt und Zeugen werden
vernommen. Clarance ist mit der Situation
total überfordert und wird nach ersten Bemühungen am kommenden Mittag das FBI
verständigen. Früher oder später werden
die Spieler ebenfalls vernommen, was maßgeblich damit zusammenhängt, wie sie sich
dem Tatort genähert haben.
Samstag
00:15 Uhr
Das Labor
Mr. Brouch begibt sich nochmals in das
Labor und beseitigt erst Spuren, so z.B.
das Blut von Prof. Larcey und die Leiche
von Tom Reuters. Bis zu diesem Zeitpunkt
liegt die Leiche in einer Besenkammer nahe
dem Labor. Mr. Brouch benötigt etwa 30
Minuten, die Reinigung ist allerdings eher
oberflächlich. Anschließend begibt er sich
wieder auf das Gelände der Airforce.
6:30 Uhr
Das Labor
Ein Möbeltransporter trifft ein und Corveys Männer beginnen das Labor zu räumen
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Wenn die Spieler die DVD an den Sheriff
übergeben haben, so tauscht Jenkins die
DVD unbemerkt gegen eine harmlose Variante aus und stiehlt das Original aus Büro
des Sheriffs. Sie befindet sich dann im Büro
des Dierktors
13:00 Uhr
Büro des Sheriff
Dieser bemerkt, dass ihm der Fall über
den Kopf wächst. Spätestens wenn er die
Unterlagen gesichtet hat. Er informiert das
FBI.
14:00 Uhr
Tatort
Das FBI Trifft mit einer Agentin der AEGIS
ein. Das Gebiet wird weiträumig abgesperrt
und eine genauere Spurensuche beginnt.
Zwangsläufig entdecken die Agenten die
Arbeiten im Büro des Toten. Beweise können hier allerdings nun keine mehr sichergestellt werden. Spätestens jetzt werden
die Spieler zu Verdächtigen. Corvey (jun.)
hat die AEGIS informiert und auf die Spieler
aufmerksam gemacht.
15:00 Uhr
Labor
Das FBI untersucht das Büro des Professors… leider zu spät. Wenn es den Spielern
bis hierher nicht gelungen ist einige Beweise zu sichern, ist diese Spur kalt.
17.00 Uhr
Stadion
Das Footballspiel beginnt. Ein idealer
Schauplatz für eine Konfrontation mit den
MIB
17:30 Uhr
Die Spieler werden spätestens jetzt durch
das FBI verhört und zu dem Fall befragt.
Eine gute Gelegenheit die AEGIS und die
Spieler zu verbinden.
20:00 Uhr
Bungalow
Spätestens hier erfolgt der erste Anschlag
auf die Spieler.
22:00 Uhr
Büro der Prof.
Ab jetzt finden die Spieler Prof. Jenkins
tot in seinem Büro.
Druck von AuSSen
Es gibt mindestens zwei Parteien in diesem „Spiel“. Beide versuchen Druck auf die
Charaktere auszuüben. Hier wird beschrieben wie und warum.
Airforce (Black Hand)
Offiziell fördert die Airforce die Ausbildung von Offizieren an der Universität. Als
Standort der „Air Force Reserve Officer
Training Corps“ (AFROTC) finden in Notre
Dame Kurse in sog. „Aerospace Studies“
statt. Inoffiziell handelt es sich bei der Einrichtung um ein Forschungs- und Rekrutierungszentrum der Black Hand.
Die Motive der Black Hand sind klar: Jegliche Forschungsergebnisse und Beweise für
die Existenz geheimer Forschungsprojekte
müssen vernichtet werden und dürfen unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit
gelangen. Zeugen sind zu beseitigen oder,
in Einzelfällen, zu rekrutieren. Kommen die
Spieler der Wahrheit zu nahe, scheut die
Black Hand auch nicht davor zurück, den
Standort aufzugeben – das eine oder andere Baueropfer einkalkuliert.
Ranghöchster Offizier der Black Hand in
Notre Dame ist Francis D. Carvey II
Einbruch
Am Abend des Mordes versucht Mr.
Brouch die Akten aus dem Bungalow der
Spieler zu holen. Er ist bewaffnet und
schreckt vor Gewalt nicht zurück. Da die
Spieler bisher nicht in Erscheinung getreten sind kommt es nur dann zu einer Konfrontation, wenn sie Mr. Brouch in die Enge
treiben. Es kann es sich zu diesem Zeitpunkt
nicht erlauben erkannt zu werden.
Erpressung
Es dauert nicht lange, bis Prof. Jenkins herausgefunden hat wer die Spieler sind und
dass sie die DVD besitzen. Er wird sie zunächst beobachten lassen (> „Raymond M.
Jenkins“). Versucht er zunächst die Spieler
zur Aushändigung der DVD zu überreden,
greift er später zu anonymen Anrufen bis
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Der Durchbruch
Mögliche
Lösungen
Die Geschichte ist sehr offen. Von daher
kann kaum ein Lösungsweg aufgezeigt
werden. Dennoch gibt es Lösungen die
wahrscheinlich sind.
Willkommen in der Agency
Die Geschichte ist ursprünglich als Einstieg in eine längere Kampagne konzipiert
worden. Wenn sich die Spieler gut schlagen, werden sie wahrscheinlich von einer
Seite rekrutiert. In diesem Fall eignet sich
ein offenes Ende gut. Für Wissenschaftler
ergeben sich völlig neue Möglichkeiten,
militärisch orientierte Charaktere werden
auf größere und interessantere Ziele angesetzt, Piloten dürfen mal einen Flug im All
machen. Es gibt durchaus Anreize, die den
Einstieg in eine internationale Verschwörung interessant machen.
Surprise, you are dead!
Warum dürfen die Charaktere nicht sterben? Wenn sie schon in die Forschungsstation der Black Hand eindringen, sollten sie
wissen was sie tun. Ein dramatisches Ende
für die Charaktere ist durchaus ein feines
Ende für die Story.
hin zu Morddrohungen.
Aus dem Zusammenhang erkennen die
Spieler schnell, dass Prof. Jenkins etwas mit
der Geschichte zu tun hat. Leider kommen
sie dann nicht mehr dazu ihn näher zu befragen (> Büro des Direktors)
Anschlag
Spätestens nachdem die Spieler das Büro
des Direktors untersucht haben und/oder
sich intensiver mit dem Stützpunkt der Airforce beschäftigen, sind sie in ernster Gefahr. Je nach Ausrichtung der Gruppe kann
der Spielleiter hier schon „handfeste Argumente“ bringen. In unserer Runde wurde
Prof. Jenkins erschossen als die Spieler im
Raum waren.
Die gesamte Klaviatur kommt in Frage:
Ein Auto mir getönten Scheiben versucht
die Spieler zu überfahren, ein Schuss durch
einen Scharfschützen, „Man in Black“ verfolgen die Spieler…
Dabei sollte der Spielleiter nicht aus den
Augen verlieren, dass am Wochenende viele Gäste in Notre Dame sind. Selbst in der
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Nacht sind die Straßen nie völlig leer und
auf öffentlichen Plätzen ist fast immer etwas los. Das kann den Spielern über das
Wochenende das Leben retten.
AEGIS
Francis kann die Charaktere mit talentierten Informatikern auf dem Campus bekannt
machen, ihnen eine Zugangskarte zum Gelände der Airforce besorgen, ihnen kleine
Geschichten erzählen oder einfach einen
Mordanschlag vereiteln. An dieser Stelle sei
allerdings jeder Spielleiter gewarnt: Spieler
scheitern oft lieber als von NPCs bevormundet oder geführt zu werden. Habe Vertrauen in Deine Spieler! Francis ist für den
Notfall gedacht, keine Entschuldigung für
Railroading!
Allerdings könnte er auch Druck auf die
Charaktere ausüben oder sie dazu benutzen, an weitere Informationen zu gelangen.
Er sollte vom Spielleiter als Joker eingesetzt
werden, mit dem die Geschichte entweder
etwas leichter oder noch etwas schwerer
für die Charaktere werden kann.
Wenn es alle haben,
hat es keiner!
Auf diese Idee sollte sich der Spielleiter
einstellen. Wenn der Inhalt der DVD öffentlich gemacht wird, könnte man denken,
dass die Black Hand ihr Interesse an den
Spielern verliert. Es reicht für diesen Fall
aus, sich die Alumnis von Notre Dame anzusehen. Die Medien sind leider nicht sicher.
Darüber hinaus sollten einige technische
Hürden überwunden werden: Komprimierung, unterschiedliche Dateiformate, Kontrolle der Uni-Server durch die Black Hand.
Wenn die Spieler genügend Energie aufbringen und es schaffen, führt das zu einem
großen Skandal, dem Rücktritt der Universitätsleitung, einigen Toten… Aber im
Endeffekt erfährt niemand wirklich worum
es geht. Einige Jahre später werden Chinesen, Amerikaner und Europäer gleichzeitig
einen neuen Tarnkappenbomber in Dienst
stellen, Verschwörungstheoretiker werden
sich das Maul zerreißen, aber die Öffentlichkeit schaut weiter weg. Ob die Charaktere
dann noch leben wage ich persönlich zu bezweifeln. 
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Abenteuerleitfaden
ABENTEUERLEITFADEN
WIE SCHREIBE ICH ABENTEUER FÜR DIE ANDUIN?
TEXT: TOMMY HEINIG
Einleitung
Wir werden immer wieder gefragt, was
man beim Schreiben eines Abenteuers für die
Anduin beachten sollte. Einige interessieren
sich dabei mehr für technische Details wie
Schriftgrößen oder Formatierungen, andere
eher für inhaltliche Dinge und schließlich gibt
es auch so manchen, der sich um die Länge
seines Werkes sorgt.
Schon nach kurzer Zeit beim Schreiben der
Gliederung und dem Lesen von Anregungen
und Ideen auf Tanelorn.net bekam ich kalte
Füße. Dieses Thema wurde schnell zum unüberwindbar erscheinendem Berg – ach was,
zur Bergkette. So viele Herangehensweisen
vom plotbasierten Abenteuer bis zum freien Spiel, von Regelfuchsern bis hin zum Geschichtenerzähler. Es gibt es viele Arten, ein
gutes bis ausgezeichnetes Rollenspielabenteuer zu schreiben, dass man unmöglich für
jeden Spieler- und Spielleitertyp den treffenden Artikel schreiben kann.
Ich muss daher meine Ansprüche zurückschrauben. Ich möchte versuchen mit diesem
Artikel einen Leitfaden für Abenteuerschreiber, die vorhaben ihren Text in der Anduin
zu veröffentlichen, zu verfassen. Mir – und
hoffentlich auch Euch – ist klar, dass das hier
keine Doktorarbeit werden und vor allem
beim Teil zu Inhalt und Gliederung nur eine
Anregung sein kann. So, genug der Vorrede,
dann wollen wir mal loslegen.
Grundsätzliches
Der Anfang
Ein gutes Abenteuer muss weder Dutzende Seiten lang noch in gekünstelter Sprache
geschrieben sein. Wichtig ist, dass jener Funke, der Euch dazu bewegt hat das Abenteuer
aufzuschreiben und die Arbeit zu investieren,
auf den Leser überspringt und ihn dazu anregt, möglichst rasch zum Telefon zu greifen,
Freunde einzuladen und das Abenteuer zu
erleben.
Wichtig ist, dass Ihr eine zündende Idee
habt, die als Abenteuerfokus fungiert. Lest
Euch dazu bitte den ebenfalls in dieser Anduin enthaltenen Artikel „Der Abenteuerfokus“
durch. Denkt daran, Euch von der (langweiligen?) Masse an Abenteuern durch eigene
Ideen oder liebenswerte Details abzuheben.
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Das können Zitate oder besonders ausgearbeitete NSC sein, aber auch kleine Gedichte
oder Lieder oder auch nur eine bühnenreife
Handlung.
Systemeigenheiten
Jedes System hat seine eigenen Anforderungen an seine Abenteuer. Ich möchte Euch
hier eine Sammlung von Ideen und Anregungen mitgeben ohne dabei aber auf die einzelnen Bedürfnisse jedes einzelnen Systems
eingehen zu können. Obwohl meiner Meinung nach die folgenden Aussagen auf die
Mehrheit der Abenteuer zutreffen dürften
und damit als allgemeingültig gelten können,
sind es manchmal gerade die Abenteuer,
welche vom Standard abweichen, die besonders gelungen sind und lange im Gedächtnis
bleiben.
Viele Systeme haben bereits einen erprobten und immer wieder verwendeten Aufbau
für ihre Abenteuer. Dies macht es dem Spielleiter einfach, die gewünschten Informationen ohne langes Suchen zu finden. Meiner
Meinung nach sollte man von einem solchen
Schema nur mit gutem Grund abweichen,
etwa dann wenn die eigene Abenteueridee
sich nicht in dieses Schema pressen lassen
möchte. Auch die Angabe von Werten sollte
nach Möglichkeit so erfolgen wie es in dem
System als Standard gilt. Eine Abweichung
davon erschwert nur das Erfassen der Informationen.
Der Aufhänger
Bevor Du Dich daran machst ein Abenteuer
aufzuschreiben solltest Du Dir über den Aufhänger des Abenteuers klar werden. Um was
geht es überhaupt? Was ist der Höhepunkt
des Abenteuers? Welche Gefahren stellen
sich den Abenteurern in den Weg? Wie kann
man die Abenteurer motivieren sich der Gefahr entgegen zu stellen?
Besonders auf letzten Punkt sollte der
Autor besonderen Wert legen. Was nutzen
die prächtigst ausgearbeiteten Gegenspieler und der genialste Plot wenn die Spieler
diese niemals kennen lernen werden, weil
sie das Abenteuer erst gar nicht annehmen?
Obwohl seit Jahren von vielen Seiten gepredigt, ist selbst in teuren Kaufabenteuern oft
die Motivation der Spieler unbeachtet oder
wird einfallslos in die Hände des Spielleiter
übergeben („Wir haben auch keine Ahnung,
warum jemand freiwillig in das gespenstische
Horrorhaus gehen sollte. Aber Dir wird schon
was einfallen.“).
Die Gliederung
Linear oder frei?
Dann sollte man sich überlegen, ob man
das Abenteuer eher linear oder frei aufbauen
möchte. Beim linearen Aufbau reicht es völlig
aus, die Orte und Ereignisse in ihrer Reihenfolge aufzulisten. Wer den künftigen Spielleitern seines Abenteuers einen guten Dienst
erweisen möchte, der denkt aber auch über
mögliche Probleme nach und gibt Anregungen, wie man diese ausgleichen könnte.
Tipps, wie man die Spieler wieder einfangen
könnte, wenn diese zu weit vom linearen
Schema abweichen können auch nicht schaden. Dabei müssen diese beiden Hilfen für
den Spielleiter gar nicht ausführlich sein, ein
paar Worte reichen oft völlig aus.
Der freie Aufbau hingegen erfordert mehr
Aufwand – für den Autoren ebenso wie für
den Spielleiter. Häufig verwendet wird die
Trennung in Personen, Orte und chronologischem Abriss – so dass der Spielleiter aus
diesem Baukasten die notwendigen Szenen
zusammensetzen kann.
Ich möchte versuchen für beide Herangehensweisen – linear und frei – eine Vorlage für
den Aufbau zu geben. Diese Vorlagen kann
man als Abenteuerautor jederzeit anpassen,
etwa einzelne Punkte weglassen oder andere hinzufügen oder die Reihenfolge umstellen. Betrachtet die nachfolgenden Absätze
einfach als Checkliste, die Euch helfen soll
und nicht als festgeschriebenes Gesetz.
Lineare Abenteuer
Lineare Abenteuer zeichnen sich durch einen meist chronologischen, eher klassischen
Aufbau aus. Meist ähnelt der Aufbau dem
Drehbuch eines Films, in dem nacheinander
die unterschiedlichen Schauplätze mit ihren
jeweiligen Ereignissen und Figuren beschrieben sind.
Die Einführung
Zunächst gilt es den Leser auf das AbenSeite 23
ANDUIN 94
Abenteuerleitfaden
teuer einzustimmen und ihm einen ersten
Überblick darüber zu verschaffen, was ihn
erwartet. Die Einführung kann aus den folgenden Teilen bestehen:
Präludium
Meist wird hier eine Kurzgeschichte gewählt, um die Stimmung klar zu machen und
einen ersten Einblick in die Geschichte zu
geben. Viele Leser empfinden den Einstieg
über eine spannende oder zumindest gut
geschriebene Geschichte als sehr angenehm,
weil sie sich sofort fesseln lassen können.
Dennoch ist dieser Teil absolut optional und
muss sogar weggelassen werden, wenn
die Geschichte langweilig oder schlecht geschrieben wäre.
Dabei muss das Präludium nicht unbedingt
einen Teil des Abenteuers erzählen oder gar
die Charaktere aus dem Abenteuer enthalten. Es könnte auch eine Geschichte sein, die
100 Jahre vor dem Abenteuer spielt oder eine
die nur mysteriöse Andeutungen macht.
Anrede
Ein kurzer Text, in dem der Leser darüber
aufgeklärt wird, was für eine Art von Abenteuer er da vor sich hat. Hier sollte das Regelsystem und eventuell das Setting genannt
werden. Bei stufenbasierten Systemen ist
hier der Platz an dem Du sagen solltest für
welchen Stufenbereich das Abenteuer gedacht ist.
Weitere Informationen, die man dem Leser
in diesem Abschnitt geben kann: Welche Regelbücher werden benötigt? Um welche Art
von Abenteuer handelt es sich (das vorherrschende Thema)? Wo spielt das Abenteuer?
Was für Charaktere eignen sich für das Abenteuer?
Medientipps
Dies ist noch ein optionaler Abschnitt für
die Einführung. Hier kann man angeben, welche Musik gut zu dem Abenteuer als Untermalung passen würde und welche Bücher,
Filme oder Serien dem Autoren als Anregung
dienten.
Übersicht über die Handlung
Ganz wichtig ist ein Abschnitt, in dem man
für den Leser die gesamte Handlung des
Abenteuer kurz zusammenfasst, eingeleitet
durch den Hinweis, dass dies nur für den
Spielleiter bestimmt ist. Während manche
Leser sich am liebsten langsam durch eine
Kurzgeschichte einstimmen lassen existieren
sehr viele, die eine schnelle Übersicht haben
wollen, was in dem Abenteuer passiert und
was der Handlungsablauf ist. Dabei muss
natürlich nicht jede Szene detailliert wiederwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
gegeben werden – die grobe Handlung sollte
aber schon erkennbar werden.
Das Abenteuer
Häufig wird bei linearen Abenteuern die
Handlung in Szenen unterteilt, die eventuell
von der Erzählung des Spielleiters verbunden werden oder direkt ineinander übergehen. Zudem lassen sich längere Abenteuer
noch in Akte mit einer bestimmten Anzahl an
Szenen gliedern. Ein Akt sollte nicht nur eine
Nummer, sondern auch einen beschreibenden Namen erhalten. In ihm werden so viele
Szenen gesammelt wie der Autor für richtig
hält. Dabei sollten alle Szenen eines Aktes
thematisch zusammengehören.
Auch eine Szene kann einen Titel bekommen, was es dem Leser leichter macht bestimmte Stellen später schnell wieder zu
finden. Eine Szene kann aus verschiedenen
Bausteinen zusammengesetzt werden, die
ich nun erläutern möchte:
Stimmungstext
Theoretisch optional, doch praktisch sehr
beliebt sind die einleitenden Stimmungstexte. Diese sind meist so geschrieben, dass sie
den Spielern direkt vorgelesen werden können. Sie leiten die jeweilige Szene ein und
starten im Idealfall die Handlung. Manchmal
sind sie auch nur Zierwerk um die Stimmung
zu verbessern.
Stimmungstexte können sehr unterschiedlich ausfallen. Wenn es zum Abenteuer passt
sind auch Filmzitate als sehr kurzer Stimmungstext eine gute Idee oder etwa eine
Strophe eines Gedichts.
Überblick
Nun sollte ein Überblick über die Handlung
gegeben werden, die der Spielleiter schnell
überfliegen kann um die wichtigsten Aspekte der Szene aufzufassen.
Beschreibungen
Der Hauptbestandteil einer Szene sind
die beschreibenden Texte. Hier werden die
Örtlichkeiten erläutern, aufgeführt welche
Personen und Wesen anzutreffen sind und
die geheimen Informationen für den Spielleiter gegeben. Der genaue Aufbau und Inhalt
hängt stark vom jeweiligen System und der
Art der Szene ab.
Spielt diese beispielsweise in einem alten
Herrenhaus könnte die Beschreibung klassisch Raum für Raum erklären. Für jeden
Raum wird zunächst ein Stimmungstext (zum
Vorlesen für die Spieler geeignet) gegeben,
gefolgt von allgemeinen Informationen (welche die Spieler schnell abfragen können) und
schließlich die Spielleiterinformationen (mit
LINEAR
Einführung
• Präludium (optional)
• Anrede
• Medientipps (optional)
• Handlungsübersicht
Einführung
Akt
Szene
• Stimmungstext (optional)
• Überblick
• Beschreibungstexte
• Rollenspielhinweise (optional)
• Das Ziel (optional)
• Technische Details (optional)
Dramatis Personae
• Beschreibung
• Hintergrund
• Motivation
• Rollenspielhinweise (optional)
• Zitate (optional)
• Spielwerte
• Besitztümer (optional)
Anhang
• Ausgang des Abenteuers
• Anknüpfpunkte (optional)
• Belohnungen (optional)
• Hintergrundinformationen (optional)
• Besondere Regeln (optional)
• Vordefinierte Charaktere (optional)
schwer zu entdeckenden Details, Hinweisen
und Werten zu NSC bzw. Gegnern oder Erläuterungen zur Gesamthandlung).
Meist wird hier also in räumlich getrennte Abschnitte unterteilt und für jeden Abschnitt die benötigten Informationen gegeben. Wenn die Szene es erfordert kann die
Unterteilung aber auch in chronologische
Abschnitte erfolgen – oder einen komplett
anderen Aufbau annehmen.
Rollenspielhinweise
In diesem optionalen Abschnitt können
Tipps für das Erzeugen der Stimmung gegeben werden, zum Beispiel Spielleitertipps, die
sich speziell auf die in dieser Szene zu schaffenden Atmosphäre beziehen, oder Tipps
zur passenden Musikuntermalung. Eventuell
ist es auch sinnvoll, noch einmal auf das Verhalten der wesentlichen NSC in dieser Szene
einzugehen und dem Spielleiter Hinweise darauf zu geben, was ihre Motivation und was
ihre Emotionen in dieser Szene sind.
Das Ziel
Und wieder ein optionaler Baustein. Am
Seite 24
ANDUIN 94
Abenteuerleitfaden
Ende einer Szene kann man dem Leser noch
einmal sagen, was der geplante Ausgang
der Szene ist. Dabei sollte man nicht zu eingegrenzt denken, denn die Spieler werden
häufig eigene Wege und Lösungsansätze
finden. Umso hilfreicher ist es für den Spielleiter, wenn er hier noch einmal kurz gesagt
bekommt, welche Puzzlesteine der Handlung wichtig für das Weiterkommen sind
und welche Infos die Spieler erhalten haben
sollten. So kann dieser besser improvisieren
und seinen eigenen Weg finden, diese Informationen an die Spieler weiterzugeben ohne
in eine Sackgasse zu laufen.
Wenn Du möchtest kannst Du hier auch
selbst alternative Wege und Lösungsmöglichkeiten angeben und dem Spielleiter kurze
Tipps geben, wie er darauf reagieren könnte oder welche Schwierigkeiten Du dabei
siehst.
Technische Details
Manche Regelsysteme wollen erst ganz
am Ende diesen Abschnitt, den ich einfach
mal „technische Details“ nenne. Andere
aber wollen ihn nach jeder Szene haben. Es
kommt also ganz auf das System an, ob Du
hier Informationen zu Erfahrungspunkten
(oder wie auch immer die Steigerungspunkte
in dem System heißen) und möglicher Beute
bzw. Belohnung geben solltest.
Dramatis Personae
Es hat sich bewährt für den Spielleiter am
Ende der eigentlichen Handlung noch einmal
eine Übersicht über die wichtigsten Personen
bzw. Monster zu geben. Dabei muss nicht jedes Wesen, das im Verlauf des Abenteuers
auftaucht, hier beschrieben werden. Die einfache Stadtwache zum Beispiel gehört nicht
hier hin, ihr charismatischer Anführer, den im
Abenteuer den Spielern das Leben schwer
macht, aber schon.
Beschreibung
Vom Namen über das Aussehen und die
Kleidung, das Sozialverhalten bis hin zum
Stand in der Gesellschaft sollte hier eine
Beschreibung gegeben werden, die es dem
Spielleiter ermöglicht die Person darzustellen.
Hintergrund
Wie passt die Person in das Abenteuer, was
ist ihre Rolle darin? Außerdem können Freunde und Feinde der Person oder ein kurzer Abriss des Lebenslaufes beschrieben werden.
Motivation
Damit der Spielleiter die die Person antreibende Kraft besser verstehen und vermitteln
kann sollten hier die persönlichen Ziele und
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Motivationen der Person beschrieben werden. Auch seine moralischen Vorstellungen
und Grenzen seines Handelns können interessant sein. Wenn Du in den Beschreibungen
innerhalb der Szenen bereits Hinweise gegeben hast, wie die Person an dieser Stelle
handeln könnte, dann können hier die Informationen global bleiben. Ansonsten solltest
Du auf Schlüsselszenen noch einmal extra
eingehen.
Rollenspielhinweise
Optional kannst Du dem Spielleiter Hinweise und Tipps geben, wie er die Person schauspielerisch bzw. rollenspielerisch am besten
darstellen kann. Beispielsweise kannst Du
auf Macken und Ticks der Person eingehen,
die einen Erinnerungswert haben. Dadurch
kann der Spielleiter die Person noch tiefer in
das Gedächtnis der Spieler brennen.
Zitate
Zitate sind zwar rein optional, helfen aber
manchmal einer Person mehr Farbe zu geben. Wenn Du magst, dann führe hier ein oder
zwei typische und möglichst aussagekräftige
Aussprüche der Person auf. Versuche dabei
den Charakter der Person zu treffen und Zitate zu wählen, die seine moralische Gesinnung
deutlich machen.
Spielwerte
Zur Form der Spielwerte gehe ich weiter
unten noch ein. Wichtig ist aber, dass alle
spielrelevanten Werte der Person aufgeführt
werden sollten, wenn dies zum Regelsystem
passt.
Besitztümer
Je nach Abenteuer und System kann es
sinnvoll sein, noch einmal auf die interessanten bzw. wertvollen Besitztümer der Person
einzugehen. Dies ist besondern bei Monstern
der Fall, damit die Spieler Schätze haben, die
sie plündern können. Manchmal ist es aber
auch hilfreich, wenn besonders handlungsrelevante Gegenstände noch einmal extra genannt werden, damit der Spielleiter sie nicht
übersieht (z.B. wichtige Botschaften, Schlüssel, Tagebücher, etc.).
Der Anhang
Im Anhang versammeln sich alle Informationen, die bisher in den anderen Abschnitten
nicht gegeben wurden. Ein paar Beispiele
dafür will ich nun aufführen, kann mir aber
gut vorstellen, dass Euch da noch mehr einfallen.
Ausgang des Abenteuers
Das Abenteuer an sich ist zu Ende, doch
meistens gibt es noch Dinge aufzuräumen.
In diesem Abschnitt kannst Du mögliche Enden des Abenteuers und ihre Auswirkungen
auf die Spieler beschreiben. So könnte es
etwa eine Beschreibung für ein Ende geben,
bei dem die Spieler vollkommen erfolgreich
waren, eine falls die Spieler nur teilweise
erfolgreich waren und eine falls die Spieler
zwar überlebt haben, aber nicht erfolgreich
waren.
Anknüpfpunkte
Häufig wird dieser Abschnitt mit dem
vorherigen „Ausgang des Abenteuers“ verknüpft – er kann aber auch alleine stehen. Es
wird beschrieben, welche Kontakte die Spieler zu Feinden oder Verbündeten gemacht
haben könnten, welche Konsequenzen sich
daraus ergeben und welche Ideen für künftige Abenteuer daraus entstehen können.
Belohnungen
Wie bereits gesagt sehen einige Systeme
diesen Abschnitt pro Szene vor, andere nur
ganz am Ende des Abenteuers. Meist werden hier Richtlinien für die Vergabe von Erfahrungspunkten und anderer Belohnungen
gegeben.
Hintergrundinformationen
Nicht alle Informationen können in den
Beschreibungen der Szenen oder Personen
gegeben werden. Wenn etwa eine Geheimorganisation im Abenteuer eingeführt wird,
dann kannst Du hier deren Geschichte, Motivation und Ausbau im Detail beschreiben.
Besondere Regeln
Falls in dem Abenteuer neue Regeln eingeführt werden wie neue Zauber, Kreaturen,
Artefakte oder ähnliches können diese hier
aufgeführt werden. Sollte es sich um ein
universelles Abenteuer handeln könnte hier
auch ein eigenes Mini-Regelsystem beschrieben werden.
Vorgefertige Charaktere
Falls in dem Abenteuer vorgefertige Charaktere verwendet werden sollen, so kannst
Du diese hier vorstellen. Als Vorlage kann Dir
der Aufbau unter „Dramatis Personae“ dienen.
Freie Abenteuer
Freie Abenteuer sind naturgemäß schwerer zu definieren als lineare Abenteuer. Oft
wird dem Spielleiter eher ein Baukastensystem in die Hand gegeben anstatt ein fester
Handlungsrahmen. Gänzlich freie Abenteuer
stellen beispielsweise nur die handlungsrelevanten Personen ähnlich wie im Abschnitt
„Dramatis Personae“ im linearen Abenteuer
beschrieben vor und beschreiben die wichSeite 25
ANDUIN 94
Abenteuerleitfaden
FREI
Einführung
• Präludium (optional)
• Anrede
• Medientipps (optional)
• Abenteuerübersicht
Dramatis Personae
• Beschreibung
• Hintergrund
• Motivation
• Rollenspielhinweise (optional)
• Zitate (optional)
• Spielwerte
• Besitztümer (optional)
Druck erzeugen
• Ereignisse
• Organisationen (optional)
• Das Ziel
Anhang
• Anknüpfpunkte (optional)
• Belohnungen (optional)
• Hintergrundinformationen (optional)
• Besondere Regeln (optional)
• Vordefinierte Charaktere (optional)
tigsten Handlungsorte. Zusätzlich werden
ein paar Ideen für Ereignisse gegeben, die im
Verlauf des Spiels stattfinden könnten.
Der Spielleiter nimmt sich nun eine Person
und spielt diese aus, schaut sich an wie die
Spieler darauf reagieren und geht auf ihre
Reaktionen ein. Sobald die Handlung langsamer wird wirft der Spielleiter ein Ereignis
oder eine zusätzliche Person ins Spiel. So
entwickelt sich eine nicht vorherdefinierte
Handlung.
Ich habe inzwischen ein paar sehr gute
freie Abenteuer gelesen und möchte versuchen daraus eine Anregung für den Aufbau
abzuleiten.
Die Einführung
Auch im freien Abenteuer ist eine Einführung in das Abenteuer sinnvoll, aus welcher
der Spielleiter herauslesen kann was ihn erwartet.
Präludium
Eine Kurzgeschichte ist ein sehr stimmungsvoller Weg, auf das kommende Abenteuer vorzubereiten. Dieser Teil ist optional.
Anrede
Schreibe einen kurzer Text, in dem der
Leser darüber aufgeklärt wird, was für eine
Art von Abenteuer er vor sich hat. Gehe insbesondere auf den freien Aspekt des Abenwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
teuers ein und gebe ein paar Hilfestellungen
damit sich der Leser in der eventuell ungewohnten Struktur zurecht finden kann.
Medientipps
Dies ist ein optionaler Abschnitt für die
Einführung. Hier kann man angeben, welche
Musik gut zu dem Abenteuer als Untermalung passen würde und welche Bücher, Filme
oder Serien dem Autoren als Anregung dienten.
Übersicht über das Abenteuer
Ganz wichtig ist ein Abschnitt, in dem man
für den Leser die Hintergrundgeschichte des
Abenteuers aufbereitet. Anders als bei linearen Abenteuern wird dabei nicht auf die
Handlung eingegangen (diese wird ja erst
beim Spielen erschaffen), sondern auf den
einleitenden Hintergrund und eventuell die
Pläne bestimmter Antagonisten.
Dramatis Personae
Zentraler Bestandteil eines freien Abenteuers sind die NSC. In diesem Abschnitt
sollten die Personen ausführlich beschrieben
werden.
Beschreibung
Vom Namen über das Aussehen und die
Kleidung, das Sozialverhalten bis hin zum
Stand in der Gesellschaft sollte hier eine
Beschreibung gegeben werden, die es dem
Spielleiter ermöglicht die Person darzustellen.
Hintergrund
Wie passt die Person in das Abenteuer, was
ist ihre Rolle darin? Außerdem können Freunde und Feinde der Person oder ein kurzer Abriss des Lebenslaufes beschrieben werden.
Motivation
Damit der Spielleiter die die Person antreibende Kraft besser verstehen und vermitteln
kann sollten hier die persönlichen Ziele und
Motivationen der Person beschrieben werden. Auch seine moralischen Vorstellungen
und Grenzen seines Handelns können interessant sein.
Rollenspielhinweise
Optional kannst Du dem Spielleiter Hinweise und Tipps geben, wie er die Person schauspielerisch bzw. rollenspielerisch am besten
darstellen kann. Beispielsweise kannst Du
auf Macken und Ticks der Person eingehen,
die einen Erinnerungswert haben. Dadurch
kann der Spielleiter die Person noch tiefer in
das Gedächtnis der Spieler brennen.
Zitate
Zitate sind zwar rein optional, helfen aber
manchmal einer Person mehr Farbe zu geben. Wenn Du magst, dann führe hier ein oder
zwei typische und möglichst aussagekräftige
Aussprüche der Person auf. Versuche dabei
den Charakter der Person zu treffen und Zitate zu wählen, die seine moralische Gesinnung
deutlich machen.
Spielwerte
Zur Form der Spielwerte gehe ich weiter
unten noch ein. Wichtig ist aber, dass alle
spielrelevanten Werte der Person aufgeführt
werden sollten, wenn dies zum Regelsystem
passt.
Besitztümer
Hier sollten besonders wichtige Gegenstände der Person genannt werden, damit
der Spielleiter sie nicht übersieht und sie so
besser ins Spiel einbauen kann.
Druck erzeugen
Statt Szene für Szene zu beschreiben sollte
nun ein Abschnitt folgen, in dem der Spielleiter Hilfsmittel erhält, um Druck auf die Spieler auszuüben. Also werden hier Ereignisse
oder Organisationen aufgeführt, die Einfluss
auf die Handlung haben können.
Ereignisse
Die Handlung in einem freien Abenteuer
wird durch die Aktionen und Reaktionen der
Spieler getragen, doch muss der Spielleiter
dennoch ein paar „Waffen“ in die Hand bekommen mit denen er Fahrt in das Spiel bringen kann. Dafür sind die Ereignisse gedacht.
Du solltest Dir Gedanken darüber machen,
welche Ereignisse interessant sein könnten,
welche Auswirkungen sie auf das Spiel haben
können und wie welche Personen darauf reagieren würden. Manchmal sind Ereignisse
auch von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die natürlich ebenfalls aufgeschrieben werden müssen.
Organisationen
Neben den Personen, die ja bereits unter
„Dramatis Personae“ beschrieben wurden,
existieren vielleicht weitere Machtgruppen,
die Auswirkungen auf das Spiel haben können. Dies ist der Ort um diese Gruppen und
ihre Ziele zu beschreiben. Einige davon können hilfreich für die Spieler sein, andere stehen ihnen gegenüber. Wichtig ist auf jeden
Fall die Ziele und Motivationen der Organisationen zu benennen.
Das Ziel
Ein freies Abenteuer wäre kaum frei zu
nennen, wenn es die Spieler in eine bestimmte Richtung drängen würde. Dennoch ist ja
grob abzusehen, ob die Spieler beispielsweiSeite 26
ANDUIN 94
Abenteuerleitfaden
se eher die Dunklen Götter durch das Portal
auf die Welt lassen würden oder lieber versuchen das Portal zu zerstören.
In diesem Abschnitt sollte der Autor des
Abenteuers ein Ziel definieren, das es für
die Helden (so sie sich ihrer Gesinnung entsprechend verhalten) zu erreichen gilt. Dazu
sollten die Folgen bei Erreichen dieses Zieles,
aber auch die Konsequenzen beim Scheitern,
grob umrissen werden.
Der Anhang
Im Anhang versammeln sich alle Informationen, die bisher in den anderen Abschnitten
nicht gegeben wurden.
Anknüpfpunkte
Hier ist ein guter Ort, um weitere Abenteuerideen und Informationen dazu zu geben.
Welche Möglichkeiten ergeben sich aus diesem Abenteuer um daraus eine Kampagne
zu machen oder zumindest ein Folgeabenteuer zu starten?
Belohnungen
Wenn das Regelsystem eine Belohnung in
Form von beispielsweise Erfahrungspunkten
vorsieht, dann kannst Du hier Richtlinien für
die Vergabe der Punkte und weiterer Belohnungen geben.
Hintergrundinformationen
Eventuell werden in der Geschichte weitere Informationen benötigt, die bisher noch
nicht genannt wurden. Hier kannst Du dies
nachholen.
Besondere Regeln
Falls in dem Abenteuer neue Regeln eingeführt werden wie neue Zauber, Kreaturen,
Artefakte oder ähnliches können diese hier
aufgeführt werden. Sollte es sich um ein
universelles Abenteuer handeln könnte hier
auch ein eigenes Mini-Regelsystem beschrieben werden.
Vorgefertige Charaktere
Falls in dem Abenteuer vorgefertige Charaktere verwendet werden sollen, so kannst
Du diese hier vorstellen. Als Vorlage kann Dir
der Aufbau unter „Dramatis Personae“ dienen.
Die Form
Formatierung
Die Anduin hat ein vorgegebenes Layout, in dem sämtliche Artikel erscheinen. Es
macht daher wenig Sinn, großen Aufwand
in ein eigenes Layout mit tollen Schriftarten,
Einrückungen oder ähnlichem zu investieren.
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Um ehrlich zu sein erschwert das nur unsere
Arbeit und sorgt vor reichlich Mehraufwand.
Am liebsten sind uns daher Texte im Wordformat (bzw. RTF oder Open Office). Die
Schriftart sollte eine Standardsystemschrift
sein, also am besten Arial oder Times New
Roman. Die Schiftgröße ist eigentlich egal,
12 Punkte haben sich aber als gute Basis erwiesen.
Bitte verwendet maximal vier Gliederungsstufen für Eure Überschriften, dazu noch
einfache Aufzählungen. Wenn Ihr etwas als
Anmerkung für uns (zum Beispiel welches
Bild wo eingefügt werden soll) hinterlassen
wollt, dann färbt den Text bitte grün ein. Soll
etwas im Fließtext fett gedruckt werden,
dann macht den Text bitte nicht nur fett,
sondern zudem in der Farbe rot (damit wir
das besser erkennen können). Analog funktioniert das mit kursiven Text, nur dass Ihr hier
bitte die Farbe blau verwendet.
Zur Formatierung von Handouts und Bildern schreibe ich weiter unten im Text noch
etwas.
Länge
Zur Länge eines Abenteuers ist zu sagen,
dass die Anduin relativ frei darin ist, wie viel
Platz sie einem Abenteuer zur Verfügung
stellt. Da wir kein Printmagazin sind, das auf
feste Seitenzahlen achten muss, sondern
dynamisch die Anzahl der Seiten im PDF-Dokument anpassen können, können wir vom
Kurzabenteuer bis hin zu längeren Abenteuern alles aufnehmen. Der normale Rahmen
für ein Kurzabenteuer liegt zwischen 5.000
und 20.000 Zeichen ohne Leerzeichen. Für ein
großes Abenteuer sollte die Zeichenanzahl
zwischen 20.000 und 100.000 liegen. Sollte ein Abenteuer mehr als 100.000 Zeichen
haben ist dennoch nichts verloren – entweder wir spendieren den Platz trotzdem, wir
teilen das Abenteuer auf zwei Ausgaben der
Anduin auf oder wir überlegen uns (wenn es
wirklich rockt!) ob wir es als eigenständige
Veröffentlichung herausbringen.
Eine Anduinseite hat übrigens ungefähr
für 5.000 Zeichen Platz, d.h. ein „normales“
Abenteuer belegt in der Anduin etwa 4 bis 20
Seiten ohne Zeichnungen.
Rechtschreibung
Jede aktuelle Textverarbeitung hat sowohl
eine Rechtschreib- als auch eine Grammatikkorrektur. Doch nur wer diese Funktionen
verwendet, der bekommt auch fehlerärmere
Texte. Wir erwarten daher, dass jeder Autor
selbst seine Texte einmal durch die Fehlerkorrektur gejagt hat. Hilfreich ist es zudem,
FO RM
Formatierung
•Einfaches Office Dokument
•Arial oder Times New Roman
•Schriftgröße: 12
•maximal vier Überschriftenstufen
•Fett: fett und rot
•Kursiv: kursiv und blau
•Notiz: grün
Länge
•Kurzabenteuer: bis 20.000 Zeichen
•Sonst 20.000 bis 100.000 Zeichen
Rechtschreibkontrolle nicht vergessen!
Abgabetermin einhalten!
dass man den Text einer vertrauenswürdigen
Person zum Durchlesen gibt – manche Fehler
sieht man selber auch beim hundertsten Mal
Durchlesen (immer noch) nicht.
Besondere Fehlerquelle sind die einfallsreichen Eigennamen für Städte, Personen
und Gegenstände. Wenn im Laufe des Abenteuers plötzlich aus „Alrik“ ein „Alric“ wird
und am Ende dann „Hallrick“ da steht, dann
wird es für die Lektoren und die Programme
schwer. Wer meint, das Beispiel sei aus der
Luft gegriffen, irrt übrigens leider.
Spielwerte
Wenn Du ein Abenteuer zu einem bestimmten System schreibst, dann liefere bitte auch
die Werte für die wichtigen NSC bzw. Monster mit. Das muss nicht immer ein kompletter
Charakterbogen sein – viele Systeme haben
ein bestimmtes abgespecktes Muster für
NSC-Werte. Auch bei den Spielwerten solltest Du bei der Formatierung nicht über das
Ziel hinausschießen. Am besten Du arbeitest
mit Tabulatoren und ohne Tabellen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich besonders bei den Spielwerten oft Fehler einschleichen – vom Zahlendreher bis hin zu
ungültigen Werten. Prüfe deshalb auch die
Spielwerte noch einmal bevor Du das Abenteuer abgibst.
Bei universellen Abenteuern, die keinen
Bezug zu einem bestimmten Regelsystem
haben, kannst Du entweder nur grobe Angaben machen (z.B. „mäßig stark, extrem geschickt, durchschnittlich intelligent…“) oder
aber für mehrere Systeme Werte angeben
(z.B. bei einem Fantasyabenteuer für DSA,
D&D und Arcane Codex).
Seite 27
ANDUIN 94
Abenteuerleitfaden
Handouts
Handouts gehören zu vielen Abenteuern
dazu, sind aber vor allem optisch nicht immer ganz einfach. Keine Sorge, solange Du
den Inhalt lieferst – also beispielsweise den
Text eines handgeschriebenen Briefes oder
eine grobe Skizze einer Schatzkarte – versuchen wir ein ansprechendes Handout daraus
zu bauen. Wichtig ist nur, dass Du uns sagst,
wie Du Dir das ganze vorstellst.
Illustrationen
Ähnlich wie bei den Handouts musst Du natürlich keine Illustrationen liefern. Wir freuen
uns aber wenn Du Dich bereits um einen Illustrator und vielleicht sogar die passenden Illustrationen gekümmert hast. Wenn Du also
jemanden in Deinem Bekanntenkreis kennst,
der gerne zeichnet, dann frag ihn doch ob er
die Zeichnungen für Dein Abenteuer machen
möchte.
Ist Dir das nicht möglich, dann brauchen
wir genaue Angaben welche Szenen Du gerne illustriert hättest. Nicht jeder Zeichner hat
Zeit und Lust sich erst Dein gesamtes Abenteuer durchzulesen. Beschreibe deshalb je
nach Länge des Abenteuers zwei bis vier Szenen und wie sie der Illustrator darstellen soll.
Hier reichen ein paar Sätze pro Szene, diese
sollten aber vor allem auf Dir wichtige Details
eingehen.
Wenn etwa der Serienmörder vor dem
laufenden Fernseher in seinem Sofa gezeigt
werden soll und er einen Irokesenschnitt
hat, am liebsten Tom & Jerry schaut und nur
Barfuß rumläuft (alles wichtige Details, über
welche die Helden in Deinem Abenteuer
dem Mörder auf die Schliche kommen) dann
schreib das auch auf.
Wir werden dann versuchen einen Zeich-
QUE L L E N
Auf meine Ankündigung, einen Artikel
über das Schreiben von Abenteuern für
die Anduin verfassen zu wollen, habe
ich sehr wertvolle Hinweise im Forum
Tanelorn erhalten. Viele davon sind direkt
oder indirekt in den Leitfaden eingeflossen.
Danke an alle, die mich beim Verfassen
unterstützt haben!
http://www.tanelorn.net
Eine andere sehr hilfreiche Quelle (Tipp
auch aus Tanelorn) ist folgendes Abenteuer mit anschließendem Essay, das Tipps
für freie Abenteuer gibt:
http://web.comhem.se/
~u31140632/WellofSouls.pdf
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ner aufzutreiben der Lust hat Dein Abenteuer nach Deinen Hinweisen zu illustrieren.
Karten
Im Prinzip könnte ich hier das zu Handouts
und Illustrationen Gesagte noch einmal wiederholen. Und auch hier ist, wenn Du nicht
selber Karten in guter Qualität liefern kannst,
wieder wichtig, dass Du die notwendigen Details aufschreibst oder in einer groben Skizze
festhälst.
Inhalt
Keine Angst, ich möchte Dir nicht in den Inhalt Deines Abenteuers reinreden. Aber vielleicht sind die folgenden Tipps ja trotzdem
nützlich. Immerhin kann der Aufbau Deines
Abenteuers noch so toll sein und die Handouts noch so schön – wenn die Handlung Mist
ist, will das Ding trotzdem keiner spielen.
Vorlagen
Wenn Dir ein Film oder ein Buch besonders
gut gefallen hat, dann ist die Versuchung oft
groß, daraus ein Rollenspielabenteuer zu machen. Das kann aber oft extrem schwer sein,
weil in Film oder Buch eine Person meist zur
genau richtigen Zeit den genau richtigen Gedanken hat. Oder noch viel schlimmer: Weil
eine Person genau im richtigen Moment saublöd ist und sich nur so bestimmte Verwicklungen ergeben. Du kannst nicht erwarten,
dass Deine Spieler sich an das Drehbuch in
Deinem Kopf halten. Also überlege gut, ob
die 1:1 Umsetzung der Vorlage wirklich Sinn
macht oder ob Du nicht lieber nur das Motiv oder einzelne Ideen der Vorlage in Dein
Abenteuer übernehmen möchtest.
Handlungsmöglichkeiten
Das Abenteuer sollte für die Spieler geschrieben sein, nicht für Dein eigenes Ego.
Wenn Du hochkomplexe Hintergrundinformationen aufbaust, welche die Spieler niemals herausfinden können, dann ist das zwar
vielleicht für Dich befriedigend, nicht aber
für die Spieler. Im schlimmsten Fall haben sie
das Gefühl im Dunklen zu tappen und erfolglos zu sein. Auch wenn Du ihnen den unbesiegbaren Supergegner gegenüberstellt, der
regeltechnisch super optimiert ist, dann gewinnst Du zwar den Kampf gegen die Spieler
haushoch, hast im schlimmsten Fall anschließend aber keine Spieler mehr.
Die Spieler sollten gefordert werden, aber
eine faire Chance haben das Abenteuer zu
lösen. Vor allen Dinge sollten Sie aber Erfolge verbuchen können und das Gefühl haben
sich diese selbst erarbeitet zu haben.
Denke auch daran, dass in den meisten Rol-
lenspielrunden durchaus unterschiedliche
Charaktertypen gibt. Versuche deshalb eine
ausgewogene Mischung aus Kampf, Diplomatie, Rätselraten und Stimmungsszenen zu
bauen, die zum Thema des Abenteuers und
zum System passt.
Qualitätskontrolle
Nachdem Du Dein Abenteuer im Rohentwurf fertig hast gehe es noch einmal Szene
für Szene durch und überlege, ob Dir oder
Deinen Freunden das Spielen dieser Szene
Spaß machen würde. Genauso wichtig ist
die Frage: Ist diese Szene relevant für das
Abenteuer? Was nicht durch diese Kontrolle
kommt muss entweder rausgeworfen oder
noch einmal überarbeitet werden.
Railroading vs. Detailwahn
Wenn man ein Abenteuer schreibt und
überlegt, welche Wege die Spieler nehmen
könnten, kann man schnell in eine von zwei
Sackgassen geraten: Railroading oder Detailwahn.
Beim Railroading zwingt man die Spieler
auf eine vorgegebene Bahn, von der sie auf
keinen Fall abweichen können. Das kann
zwar mal für eine Szene seinen Reiz haben,
für ein ganzes Abenteuer aber vermittelt es
den Spielern ein Gefühl der Vorherbestimmung. Sie können nicht frei entscheiden und
werden so zu Schachfiguren in einem Spiel
das sie nicht beeinflussen können. Und das
macht den wenigsten Spielern Spaß.
Der Detailwahn hingegen ist vor allem
für den Autoren des Abenteuers Spaß verderbend. Wer versucht jede Eventualität
vorherzusehen und darauf eine Antwort im
Abenteuer zu haben verliert sich schnell in
Hundertausend möglichen Handlungsmöglichkeiten. Das Abenteuer wird dadurch
aufgebläht und kaum mehr überblickbar.
Eventuell verliert man sogar die Lust am
Schreiben, weil man das Gefühl hast, die Aufgabe nicht bewältigen zu können. Konzentriere Dich also beim Abenteuerschreiben auf
das Wesentliche und gebe dem Spielleiter für
ausgefallene Handlungsabweichungen wenn
überhaupt nur einen kurzen Hinweis. Das Einfangen „ausbrechender“ Spieler musst Du
ihm überlassen, sonst wirst Dein Abenteuer
nie fertig.
Schlusswort
So, ich hoffe, die ganzen Anregungen und
Anforderungen haben nicht dazu geführt,
dass Du keine Lust mehr auf das Schreiben
eines Abenteuers hast. Die Anduin braucht
nämlich Leute, die sie mit gelungenen Abenteuern versorgen. In diesem Sinne! 
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ANDUIN 94
Der Abenteuerfokus
DER ABENTEUERFOKUS
SIEBEN FRAGEN, AUF DIE EIN ABENTEUERAUTOR ANTWORTEN HABEN SOLLTE
TEXT: DRU PAGLIASSOTTI, ÜBERSETZUNG: ANDREAS HENGSE
ILLUSTRATION: FALK BONGERT
Ein gutes Abenteuer zu schreiben ist nicht
einfach. Es existiert schließlich nur eine
beschränkte Anzahl von Handlungen, die
bereits seit der frühesten Legende bis zur
neuesten Fernsehserie recycelt worden sind.
Das Kunststück ist aber, eine dieser abgedroschenen Handlungen zu nehmen und sie
frisch und originell zu gestalten. Als erstes
brauchst Du aber… eine Handlung.
Deshalb schreibe zuerst einen Abenteuerfokus, der dir im Weiteren als komprimierter
Handlungsfaden dient.
Ein guter Abenteuerfokus sollte auf jeden
Fall kurz sein, 100 bis 150 Wörter genügen,
und er sollte folgende grundlegenden Fragen beantworten: Wer? Was? Wo? Wenn?
Warum? Wie? und Na und?
Im Weiteren sind die Fragen in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit aufgeführt.
Was?
Was ist das Hauptereignis, um das sich das
Abenteuer dreht?
Ist es ein altes Artefakt, das jeden um sich
herum verrückt macht? Die Tochter einer zu
Besuch weilenden Diplomatin ist entführt
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worden? Ein Spielercharakter heiratet und
ein alter Feind ist im Begriff die Hochzeit zu
verhindern? Das Definieren des „Was?“ ist
der wichtigste Teil des Abenteuers, weil so
die Art des Abenteuers bestimmt wird. Ohne
von Anfang an eine klare Idee des „Was?“ zu
haben kann kein vernünftiges Abenteuer geschrieben werden. Das bedeutet aber nicht,
dass diese kurze Version des „Was?“ bereits
alle Nebenhandlungen abdecken muss, die
der Spielleiter noch ins Abenteuer einarbeiten will.
Achte beim Schreiben des „Was?“ darauf,
dass sich jede Handlung um einen Konflikt
dreht. Das heißt aber nicht, dass sich die
Handlung nur um einen Kampf dreht. Konflikte können physischer Natur sein (ein Faustkampf, ein Pistolen-Duell…), geistiger Natur
(Treffen einer schweren Entscheidung, ein
Rededuell, Überlisten eines Opponenten…)
oder emotionaler Natur (die Entscheidung
einen geliebten Menschen oder eine Nation
zu retten, Feigheit zu überwinden, um einen
Freund zu verteidigen, eine Familie davon zu
überzeugen einen Verlobten zu akzeptieren).
Konflikte können Feinde, Freunde, natürliche oder menschengemachte Katastrophen
betreffen. Ein Konflikt kann mit etwas so
ernstem wie einer Vielzahl von Todesopfern
enden oder so unbeschwert sein wie die Entscheidung, welches Raumschiff-Modell ich
mir heute kaufe. Aber: ohne Konflikt erlebt
man auch kein Abenteuer.
Warum?
Warum geschieht dieses Ereignis? Was ist
das Motiv des Schurken?
Das alte Artefakt enthält die Seele eine
fremden Gottes, der versucht Menschen zu
beherrschen damit diese ihn befreien? Die
Entführer wollen die Diplomatin zwingen, einen Frieden zwischen ihrer Nation und ihrem
eigenen Land auszuhandeln? Der alte Feind
ist seit langem heimlich in einen weiblichenSpielercharakter verliebt und möchte die
Hochzeit verhindern, um ihr seine Liebe zu
erklären?
Allzu oft erscheinen in dürftig geschriebenen Abenteuern die Ereignisse unbegründet
und ohne jede Logik dahinter stattzufinden.
Obwohl die Spielercharaktere nicht das „Warum?“ hinter dem Abenteuer kennen, entdecken sie es manchmal doch und sobald sie es
verstehen, kann sich das Abenteuer plötzlich
in eine ganz
neue Richtung
bewegen („Warum verlässt der Drache sein altes Jagdgelände,
um von den Einwohnern
wöchentliche Opfern zu fordern? Sie
ist doch intelligent. Merkt
sie nicht,
dass ir-
Seite 29
ANDUIN 94
Der Abenteuerfokus
QUE L L E
Dieser Text stammt von der englischsprachigen Seite The Harrow. Auf dieser
Homepage kannst Du weitere sehr gelungene Texte mit Spielhilfen für Rollenspieler finden. Dass die Texte bereits einige
Jahre alt sind stört dabei kaum – sie haben
an ihrer Gültigkeit nicht verloren.
http://www.theharrow.com/rpg
Eine weitere gute Quelle für Abenteuerautoren ist das Forum Tanelorn, in dem man
über diverse Themen diskutieren kann.
http://www.tanelorn.net
gendwann die Ritter gerufen werden? Oh, sie
leidet an Arthritis, aber hat plötzlich das verwaiste Kind ihrer Tochter zu versorgen? Warte – das klingt vernünftig. Sie braucht eine regelmäßige Versorgung mit mehr Nahrung als
sie selber erjagen kann. Aber ich wette, dass
wir eine bessere Vereinbarung zwischen ihr
und den Bürgern aushandeln können…“).
Das Wissen um das „Warum?“ erlaubt
dem Spielleiter, in der klassischen Szene zu
schwelgen, wo der überhebliche Verbrecher
den gefangenen Spielercharakteren seinen
Plan erklärt, so dass diese später entkommen können um den Plan zu vereiteln.
Wie?
Wie wird die Handlung weitergetragen, was
ist der Modus Operandi?
Der fremde Gott hat psionische Kräfte, die
nicht mit dem menschlichen Geist verbunden
werden können und sein Versuch die Person
zu besitzen macht das Opfer verrückt? Die
Entführer infiltrierten die Botschaft als Elektroinstallateure? Der alte Feind verwendet
Zauberei, um sich als Bräutigam zu maskieren? Das „Wie?“ ist die Frage, die das Abenteuer formt, und hat zwei Teile:
1) wie findet das Schlüsselereignis statt
2) wie wird es abgeschlossen, wenn
der Verlauf wird nicht weiter gestört
wird?
Der Spielleiter sollte deshalb niemals in die
Lage kommen, von den Spielern gefragt zu
werden „Also, warum hat das Zerstreuungssiegel an der Haustür den Spruch nicht vereitelt?“ oder „hätten die Strahlungsdetektoren
der Sicherheit nicht die Kofferatombombe
bemerken müssen?“ Außerdem muss der
Spielleiter für den Fall, dass die Abenteurer
sich nicht einmischen oder zufällig mit ihrem
Auftrag scheitern, wissen was mit dem fremden Artefakt passiert… mit der Tochter der
Diplomatin… und mit der Hochzeit.
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Na und?
Warum interessieren sich die Spielercharaktere dafür? Warum ist ihnen das Abenteuer
wichtig?
Das Artefakt machte die Tante eines Spielercharakters verrückt und der Neffe des
Charakters schickte einen Boten nach Hilfe?
Ein Spielercharakter kommt aus demselben
Land wie die Diplomatin, deren Tochter entführt wurde und sie bittet den Charakter um
Hilfe? Der Verlobte des Spielercharakters ist
in Gefahr vom alten Feind getötet zu werden?
Oder vielleicht ist die Heldin im Geheimen in
ihren alten Feind verliebt gewesen und dies
ist ihre Chance, die Dinge aufzuarbeiten?
Ohne die „Na und?-Frage zu beantworten geht der Spielleiter das Risiko ein, dass
die Abenteurer nur mit der Schulter zucken
und sagen: „Das ist nicht unser Problem“. Im
günstigsten Fall nehmen sie auf den Auftrag
widerwillig an „weil es das Abenteuer ist“
und nicht weil sie ein persönliches Interesse
daran haben (wenn das Abenteuer ein OneShot ist und nicht Teil einer Kampagne, überlege Dir kurz ein paar Ideen, wie die Charaktere für das Abenteuer zusammenfinden).
Wer?
Wer wird beteiligt sein? Wer beginnt das
Abenteuer, wer liefert die Anhaltspunkte, wer
sind die Alliierten, wer die Feinde?
Beschreibe den Neffen des ArchäologenCharakters, der vorhat, die Gruppe heranzuziehen; den korrupten Regierungsbeamten,
der das fremde Artefakt als Waffe mißbrauchen will; den klugen Einheimischen, der
weiß was das Artefakt wirklich ist usw. Beschreibe die ängstliche Diplomatin, ihre gefährdete Tochter, den idealistischen Führer
der Kidnapper und andere wichtige Quellen
oder Schläger die die Gruppe wahrscheinlich
treffen wird. Beschreibe den langweiligen
Verlobten der Heldin, ihren liebestrunkenen
Feind und andere wichtige Mitglieder der
Hochzeitsgesellschaft (sofern diese nicht andere Spielercharaktere sind.)
Die Antwort auf die „Wer?“-Frage liefert
die Reihe der beteiligten NSC mit denen die
Spielercharaktere interagieren. Gib jedem
Haupt-NSC einen Namen und eine unverwechselbare Eigenschaft – einen Dialekt,
eine Marotte, eine Vorliebe oder Abneigung,
Art der Kleidung, des Geruchs oder ein anderes charakteristisches Zeichen, das die
Spielercharaktere an den NSC erinnern wird.
Es müssen allerdings nur NSC die in Konflikt
mit den Spielercharaktere kommen im Detail
(Werte, Kräfte, Ausrüstung usw.) beschrieben werden – diese können auch den Arbeit-
geber, Besitzer wichtigerer Informationen
(besonders wenn sie zwecks Informationsbeschaffung zusammengeschlagen werden
müssen), Schläger oder Agenten und auf
jeden Fall den Oberschurken einschließen
(wenn es diese Art von Abenteuer ist).
Wo?
Wo wird dieses Ereignis stattfinden?
In einer unerforschten Wüste? In einem fernen Königreich, wo sich Archäologen durch
verbotene Ruinen graben? In einer Botschaft
in London? In der ökomenischen Kapelle der
Weltraumstation, auf der die Spielercharaktere leben?
Das „Wo?“ wird durch die Art des Spiels,
den Ort an dem sich die Charaktere gegenwärtig befinden und den Orten, an die der
Spielleiter die Charaktere mitnehmen möchte, bestimmt. Die Antwort auf die „Wo?“Frage sagt dem Spielleiter welche Landkarten er braucht oder welche Schauplätze im
Verlauf des Abenteuers beschrieben werden
müssen.
Wann?
Wann findet dies alles statt?
Begann das fremde Artefakt gestern oder
letzten Monat die Leute verrückt zu machen?
Wurde die Tochter der Diplomatin erst vor
eine Stunde oder vor eine Woche entführt
und jetzt dauert es nur noch 24 Stunden bevor das Mädchen getötet wird? Die Infiltration der Hochzeit des Feindes muss natürlich
geschehen während der Spielleiter die Hochzeit schildert.
Das „Wann?“ sollte beschreiben wann die
Hintergrundereignisse stattfanden und eine
passende Chronologie von Ereignissen einschließen, für den Fall, dass die Abenteurer
sich nicht einmischen – eine Chronologie, die
im Verlauf des Abenteuers natürlich von den
SCs beeinflusst wird.
Es gibt immer die Möglichkeit, dass die
Abenteurer nicht auf dieses Abenteuer eingehen, (weil der Spielleiter es versäumte
das „Na und?“ zu beantworten) oder weil es
einfach fehlschlägt. Sollte eines von beiden
geschehen, muss der Spielleiter wissen welches größere Ereignis wann stattfinden wird,
besonders wenn ein weiteres Abenteuer um
die Nachwirkungen herum gebaut werden
soll (die Freilassung des fremden Gottes; einen Krieg zwischen den beiden Ländern; der
Tod des Bräutigams).
Das „Wann?“ muss außerdem Reisezeiten
und mögliche Deadlines bzw. wichtige Zeitpunkte in Betracht ziehen. 
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ANDUIN 94
Effektivität und Inflation
EFFEKTIVITÄT
UND INFLATION
WAS SICH SPIELLEITER WIRKLICH WÜNSCHEN (SOLLTEN)
TEXT: FRANK MILKEREIT
ILLUSTRATION: JÖRN ZIMMERMANN
Einleitung
Die Sonne ging schon unter, als die Gefährten den Hort des gerade getöteten Drachen
verließen. Ramox, der Zwerg, zählte eifrig
und beglückt die vielen Goldstücke und Juwelen, die er aus dem Schatz des Drachen
erbeuten konnte. Er trug soviel bei sich, wie
er nur eben schleppen konnte, vielleicht sogar ein wenig mehr. Ramox hatte an seinen
Gott gebetet, dass sich sein Pony vielleicht
losgerissen und verlaufen hatte, aber eine innere Stimme sagte ihm: „NEIN, Ihr habt die
Reittiere im Dorf gelassen, da sind sie auch
jetzt noch.“ Aber das trübte seine Stimmung
nicht. Jetzt endlich würde er sich die neue
Rüstung leisten können die er im Vertrauen
auf das Wohlwollen seines Gottes vor einem
Monat in Auftrag gegeben hatte.
Hasgar, der Barbar, schnitzte freudig die
neue Kerbe in den Stiel der zweiblättrigen
Streitaxt. Chrom war ihm gnädig, zunächst war die Reise
vielleicht ein wenig langweilig und er war auch schon
ziemlich schläfrig gewesen.
Doch als er sich durch die Reihen der Gnome mähen konnte,
die den Hort des Drachen bewachten, war er bald wieder
munter. Als sie auf den
Drachen stiegen
hatte seine Axt zu
glühen begonnen,
so schnell hatte
er auf ihn eingeschlagen.
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Andariel putzte sich seit einer halben Stunde die Nase. Vergeblich, denn der Schwefelgeruch, der dem Hort innewohnte, war nicht
loszuwerden. Doch innerlich hatte er seinen
Frieden. Das Untier, das den Wald verpestete, war geschlagen. Und was noch besser
und wichtiger war: er hatte wieder einmal
beweisen können, wie brillant seine Taktik,
aus der Entfernung mit dem Bogen zu schießen, war. Er war schnell, zu Fuß konnte ihn
so gut wie niemand einholen, und wenn,
dann waren meistens seine Gefährten da,
um den Gegner bremsen. Laufen, umdrehen,
schießen. Und wenn das nicht half, konnte er
sich immer noch im Wald verbergen. Er begann, die Wurfmesser und die Würgeschlinge wieder in die Reisetaschen stecken.
Valerian war mit der Mission zufrieden.
Sie war taktisch nach seinen Vorstellungen
verlaufen.
Eindringen, die Wachen lautlos beseitigen
und vereint das primäre Ziel vernichten. Das
Böse war besiegt, und was noch schöner
war, durch die Erfahrung, die er im Kampf
mit dem Drachen gewonnen hatte, würde
er seine Fähigkeiten noch perfektionieren
können. Bald würde er kaum noch mit dem
Zweihänder zu schlagen sein.
Rugen Schwartzmantel kicherte vor sich
hin. Gut verborgen polierte er den magischen Kristall, den er sich unbemerkt hatte
aneignen können. Diese Narren! Bald würde
er in der Lage sein, das Ritual des Schwarzen
Lords auszuführen, das Shikal beschwören
würde. Dann würde seine Macht ins Unermessliche anwachsen.
Eine tiefe, donnernde Stimme tönte aus
den Schluchten, die den Weg von der Drachenhöhle umgaben. Alles erstarrte! War
der Drache doch nicht besiegt? „Hey! Habt
ihr nicht etwas vergessen?“
Die Helden blickten sich gegenseitig an.
Rugen versuchte, Magie zu entdecken. Andariel spähte die Umgebung nach einem
Feind aus. Und Valerian postierte alle in eine
taktisch günstige Position. Die Stimme erklang wieder. „Die Prinzessin! Seid Ihr nicht
losgezogen um die Prinzessin zu befreien?“
Was diese Geschichte aussagen soll? In
allen Rollenspielgruppen, in denen ich
die letzten Jahre (seit 1985) als Spieler
oder als Spielleiter teilnehmen konnte, stellte ich eine parallele Entwicklung fest, die mit der Zeit
bei den meisten Spielern
einsetzte. Es machte sich
ein Wunsch breit – der
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ANDUIN 94
Effektivität und Inflation
Wunsch seinen Charakter möglichst effektiv
zu spielen. Nein, besser gesagt: „den Charakter möglichst effektiv fahren zu können.“
Der Wunsch selbst ist auf den ersten Blick
leicht verständlich. Eine Steigerung der Effektivität eines Charakters bringt eine größere Chance, den Gegner besiegen zu können. Um den Charakter möglichst effektiv zu
gestalten, werden alle möglichen Tricks und
Kniffe angewandt, die ich im Folgenden benennen möchte.
Schummeln
Am simpelsten und – meiner Meinung
nach am dümmsten – ist es zu schummeln.
Die Spielwerte werden manipuliert, nach
oben bzw. unten gesetzt. Geld wird nicht
abgestrichen oder zusätzliches Gold hinzuaddiert (Griff in eine virtuelle Spesenkasse).
Würfelwürfe werden ignoriert („Gelungen!“
und schnell den Würfelbecher über den W20
gestülpt…).
Die beiden vielversprechendsten mir bekannten Methoden, sich den Auswirkungen
eines unerwünschten Würfelwurfes zu entziehen, sind folgende:
1. Man nimmt zwei gleichartige, unterschiedlich farbige Würfel („Der Blaue ist zur
Parade, der Rote für die Attacke“) und sucht
sich stets das günstigere Ergebnis aus („Hab
ich blau gesagt? Rot natürlich!“). Die Chance
eine Probe zu versieben sinkt quadratisch
(statt 1:4 nur noch 1:16). Am Besten ist es,
wenn die Würfel schlecht zu unterscheiden
sind („Der Blaue mit den gelben Masern,
nicht der mit den grünen Punkten!“).
2. Man sucht sich einen Würfel aus dessen
Zahlen möglichst schlecht zu lesen sind
(Spitzenreiter ist hier wahrscheinlich ein
gelber, transparenter Würfel mit weißen Ziffern) und benutzt einen Würfelbecher. Bevor
jemand die Zahlen entziffern kann, die oben
liegen, hat man schleunigst den Becher wieder über die Würfel gestellt. Am günstigsten
erweist sich hier der alte, sehr flexible Lederbecher, der in der Lage ist, sich so zu verformen, dass man den Würfel direkt mit dem
Becher anheben kann. Ein erneutes Anhehen
ermöglicht dann wenigstens keinen zweiten
Blick des Nachbarn.
RegelFuchserei
Eine weitere, beliebte Methode, den Charakter effektiv zu gestalten, ist die maximale
Ausnutzung der Spielregeln – im Allgemeinen als Regelfuchserei bekannt.
Der Spieler (Typ: Regelfuchs, besondere
Fähigkeit: von jedem Regelwerk ein Exempwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
lar zu besitzen – und sei es nur als illegaler
Download) sucht sich alle Fähigkeiten, Talente und Fertigkeiten, die einen möglichst großen Vorteil im Spiel bieten. Besonders eignen
sich für ihn Regelwerke mit generischem Erschaffungssystem, in denen man die Vor- und
Nachteile zusammenkaufen kann.
Um sich (und anderen) die Effizienz zu
beweisen, wird dann nach der Charaktererschaffung mit anderen Mitspielern ein „Probekampf“ vorgeschlagen. Gewinnt man, ist
man zufrieden – verliert man, so feilt man
noch ein wenig am Charakter herum und optimiert.
Besondere Exemplare dieser Gattung
schaffen es, dies dann noch in einen chronologisch Lebenslauf einzubauen: „Sohn
britischen Adels (Titel + Wohlstand), von Mitgliedern eines Wanderzirkus entführt, aufgewachsen in einer Akrobatenfamilie (akrobatische Fähigkeiten), in Frankreich in jungen
Jahren in die Fremdenlegion (Feuerwaffen)
gegangen, bis dann ein Einsatz in Fernost ihn
in ein Kloster verschlug, wo er seinen Frieden
fand (Kampfsport). Nach Mitarbeit im Geheimdienst (Verbindungen) folgte die Heirat
der Tochter eines amerikanischen Konzernmanagers (am besten B. Gates). Oh, hab ich
die Kontakte zur japanischen Yakuza und zu
den Triaden (noch mehr Verbindungen) erwähnt?“
Im Spiel wird dann die Verbesserung des
Charakters durch Erfahrungs- (oder Legenden- oder auch Abenteuer-) Punkte verwendet, um die Effektivität noch zu perfektionieren.
„Psionische Fähigkeiten und Magie lassen
sich nicht mischen? Warum das denn, das ist
doch unlogisch? Und wieso steht meine Cyberware da im Weg?“
Typisches Verhalten ist auch, sich auf Regelpassagen zu beziehen, die man auswendig
zitieren kann („Auf Seite XY steht aber…“),
die Regelkenntnis des Spielleiters in Frage zu
stellen („Wo bitte steht das?“) oder sich auf
Zusatzregeln zu beziehen, die der normale
Spieler nicht kennt, und der Spieleiter wahrscheinlich auch nicht berücksichtigen wollte.
„Zu einem guten Regelwerk gehört (mindestens) ein Kompendium, um zusätzliche
Regeln auf den Markt zu werfen.“
Eine Eigenschaft, die Regelfuchser häufig
haben, ist die Angewohnheit, mit der Anzahl an vergebenen Erfahrungspunkten unzufrieden zu sein. Verständlich, dass Unmut
aufkommt wenn die Steigerung der Effektivitat nicht so schnell von statten geht wie
gewünscht.
ENV O YER CLASSI CS
Diesen Artikel präsentieren wir Euch in
Zusammenarbeit mit der Redaktion des
Envoyer. Er erschien in der Ausgabe
03/2000 des Magazins.
Ausrüstung
Die Möglichkeit sich zu verbessern, die
Spieler während des Spiels haben, ist der
Erwerb und Einsatz von Ausrüstung. Besitz
erleichtert das Leben, Ausrüstung erleichtert
das Bewältigen von schwierigen Situationen.
Ausrüstung lässt sich in vier Gruppen aufteilen:
• Besitztum (Immobilien, Fortbewegungsmittel)
• Gegenstände zum Bewältigen
bestimmter Situationen (Werkzeug,
Leitern, Seile)
• Waffen und Rüstungen
• außergewöhnliche Ausrüstung (magische Dinge, Cyberware, etc.)
Dabei lassen sich zwei Tendenzen ausmachen:
1. Man möchte möglichst alles besitzen,
um auf alles vorbereitet zu sein.
2. Die Ausrüstung, die man besitzt, hat
möglichst gut zu sein.
Das Extrem von Tendenz 1 ist, dass Spielergruppen mit Planwagen durch die Lande
fahren, weil sie soviel Zeugs mit sich herumschleppen. In Shadowrun ist der Van oder
SUV sehr beliebt oder das Anmieten von
leerstehenden Lagerhäusern als „RunnerHauptquartier“.
Tendenz 2 hat eine schiere Sucht nach
außergewöhnlicher Ausrüstung zur Folge.
Jeder stürmt sofort los, um zu schauen ob
irgend ein Beutegut magisch ist, der gruppeneigene Magier beherrscht „Erkennen
von Magie“ perfekt und zuerst wird sich um
einen seltsam leuchtenden Ring gestritten,
bevor man die blutenden Verbündeten zusammenflickt. Nach einem Überfall am Lagerfeuer wird auch zunächst die Beute der
Angreifer geteilt und dann wird weiter geschlafen – neben den Leichen versteht sich.
Am Tage will man noch mal schauen, ob nicht
was übersehen wurde.
Effektive
Spielweise
Effektives Spiel bedeutet…
•Unterscheiden der Umwelt in genau drei
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Effektivität und Inflation
Gruppen: Gegner, Opfer, Verbündete.
Opfer werden noch einmal in „natürlich“ und „überflüssig“ unterteilt. Natürliche Opfer werden solange „freundlich
bis neutral“ behandelt, bis sie sich in
überflüssige Opfer verwandeln. Da überflüssige Opfer zu potentiellen Gegnern
werden, ist Kontakt zu vermeiden.
Bei Verbündeten wird stets überprüft,
ob die Gründe für ein Bündnis noch
existieren. Ist dies nicht mehr der Fall
werden die Verbündeten – unabhängig
von emotionalen Aspekten wie Verbundenheit oder Freundschaft – zu potentiellen Gegnern.
• Potentielle Gegner ausschalten, bevor
sie zu einer Bedrohung werden.
•Überwundene Gegner endgültig ausschalten, damit sie nicht nachträglich
zu einer Bedrohung werden. Einen
überwältigten Gegner tötet man besser,
bevor er später wieder zu einem potentiellen Gegner wird. Wenn man zu human ist den Gegner zu töten, schneidet
man ihm die Achillessehnen durch (sehr
effektiv auch, wenn man Gefangene, die
man noch verhören möchte, fluchtunfähig machen möchte).
•Emotionsloses Erledigen der Aufgabe hat höchste Priorität. Emotionen komplizieren die Situation.
Emotionen stehen häufig dem Ziel im
Weg. Umwege werden nur dann in Kauf
genommen, wenn sie der Sache dienlich
sind.
Beispielhafte Archetypen für eine effektive
Spielweise sind beide Terminatormodelle,
Seven-Of-Nine oder Darth Vader.
Rollenspiel nennt. Es ist zweifelsfrei auch
reizvoll, ungeachtet heroischer Herausforderungen, seine Rolle auszuspielen. Aber für
das abenteuerliche Element im Rollenspiel
sind die Herausforderungen das wesentliche
Element, ohne das ein Rollenspiel bald langweilig werden würde. Wenn die Charaktere
also immer effektiver und mächtiger werden,
hat das die Konsequenz, dass die Herausforderung schwieriger wird.
Die Opposition wird mächtiger, Situationen
werden komplizierter, neue Monster noch
tödlicher. Dadurch wird natürlich der Wunsch
der Spieler verstärkt, noch effektiver zu werden. Neue Waffen müssen her, um der neuen
Bedrohung Herr zu werden. Größere Monster und größere Herausforderungen bringen
natürlich auch mehr Erfahrungspunkte, die
natürlich die Effizienz des Charakters noch
mehr ansteigen lassen. Also müssen noch
größere Monster her – immerhin will man
ja als Spielleiter der Situation Herr bleiben.
Größere Monster bringen größere Waffen
bringen größere Monster bringen größere
Waffen bringen…
forderung zu bieten. Das Rollenspiel – insbesondere die Vorbereitung des Spielleiters
– konzentriert sich mehr und mehr auf die
Konfliktlösung (den Kampf). Alltägliche Rollenspielsituationen (Feilschen, Flirten, Beutel
schneiden) bleiben auf der Strecke, weil sich
die Abenteu(r)er auf das scheinbar Wesentliche konzentrieren.
2. Die Charaktere werden so mächtig, dass
sie sich von der normalen Umwelt (Bevölkerung) so drastisch abheben, dass sie eigentlich schon den Halbgottstatus verdienen.
Ein vernünftiges Rollenspiel wird somit sehr
schwer. Der normale NSC (Nicht-Spieler-Charakter) ist von den Helden derart weit entfernt, dass schon alleine ein normaler Dialog
zu einem Problem wird.
Wirft sich der Kutscher erst in den Staub
oder bietet er den Heiden Opfergaben an oder
lässt er sie einfach einsteigen
und fährt los? Was macht
ein Wirt, wenn die Halbgötter in die Schenke kommen
und die besten Zimmer sind
belegt?
Das hat zwei Konsequenzen:
1. Der Spielleiter hat es immer
schwerer, den Charakteren eine Heraus-
Auswirkungen
These: Je besser man ist, desto leichter
wird es, den Gegner überwinden.
Das klingt einleuchtend, stimmt aber nicht.
Denn schon auf den zweiten Blick erweist sich
das Ganze als „Milchmädchenrechnung“. Betrachtet man die Auswirkungen die das Streben nach einem möglichst effektiven Spiel
hat, so stellt man fest, dass dies dem Rollenspiel äußerst abträglich sind. Dabei stehen
zwei Auswirkungen im Vordergrund:
1. Inflation
Damit ein Rollenspielabenteuer interessant sein kann, muss es eine Herausforderung für die Gruppe darstellen. Schwierige Situationen mit
ungewissem Ausgang, Kämpfe
mit Gegnern, die einen durchaus besiegen können, machen
das Salz in der Suppe aus, die man
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Effektivität und Inflation
Insbesondere, was passiert, wenn die Zimmer von anderen Halbgöttern belegt sind?
Endet die Stadt dann in einer nuklearen (magischen) Katastrophe, nur weil sich zwei Heldengruppen um die besten Zimmer im besten Hotel streiten?
2. Rollenspielerschwernis
Neben den Konsequenzen auf das Rollenspiel, die aus den Folgen der Effizienzsteigerung im Rollenspiel selbst resultieren, wirkt
sich das Verhalten der Spieler, die versuchen
ihren Charakter so effektiv wie möglich zu
gestalten, natürlich ebenfalls auf das Rollenspiel aus.
Auf Rollenspieler, die im Spiel schummeln,
möchte ich nicht näher eingehen. Ich denke,
dass die Fairness im Spiel es von sich aus gebietet nicht zu schummeln.
Regelfuchser beeinflussen mit ihrem Verhalten das Rollenspiel sehr intensiv. Sie verleiten andere Spieler dazu, ebenso zu versuchen, ihren Charakter effektiver zu gestalten.
Durch Ihre Kritik an der Regelauslegung und
dem Anzweifeln der Regelkenntnis des Spielleiters untergraben sie das Vertrauen, das
die Spieler in den Spielleiter haben sollten.
Außerdem unterbrechen die vielen Diskussionen das Rollenspiel und zerstören somit die
Stimmung in der jeweiligen Situation.
Effektives Spiel führt dazu, dass sich Charaktere wie die seelenlosen Mitglieder einer
fanatischen Eliteeinheit aufführen. Effektives Spiel führt auch dazu, dass das eigentliche Rollenspiel – das Ausspielen einer Rolle
– ad absurdum geführt wird. Das Verhalten
gegenüber der Umwelt ist bestenfalls als gefühllos, meist als feindselig zu bezeichnen.
Diese Verhaltenszüge anderen gegenüber
lassen sich mit wenigen Eigenschaftswörter
beschreiben: grausam, gefühllos, unmenschlich (andere Völker mögen mir verzeihen,
wenn ich das Adjektiv „menschlich“ hier exemplarisch verwende). Ein Rollenspiel mit
stimmungsvollen Dialogen wird kaum aufkommen. Die Kommunikation dient alleinig
der Sache, aber nicht dem Vergnügen.
Fazit
Je effektiver die Charaktere werden, desto
schwieriger ist es meiner Meinung nach, gutes Rollenspiel zustande kommen zu lassen.
Der abenteuerliche Aspekt im Rollenspiel
wird erschwert, weil sich der Spielleiter immer neue und immer größere Herausforderungen und Gegner ausdenken muss. Der rollenspielerische Aspekt wird immer schwerer,
weil sich die Charaktere durch das Anwachsen ihrer „Macht“ immer weiter von der
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normalen Umwelt entfremden. Außerdem
tendieren die Verhaltenszüge von Charakteren, die möglichst effizient gespielt werden,
schnell ins Unmenschliche.
Stellt sich die Frage: Warum
dann überhaupt das Ganze?
Antwort: Weil es Spaß macht wenn man
sieht dass der eigene Charakter besser wird,
an Macht und Möglichkeiten gewinnt. Das
Problem daran ist nur der Umstand, dass das
Ganze sich sehr schnell verselbstständigt.
Die wenigsten können im Voraus die Auswirkungen abschätzen, die ihr Wunsch nach gesteigerter Effizienz hat. Und auch der Spielleiter weiß selten, worauf er sich einlässt,
wenn er dem Drängen seiner Spieler nachgibt. Meistens sieht man das erst, wenn die
Rollenspielkampagne den Bach runter geht,
und meistens findet man erst nach einigen
„gescheiterten“ Kampagnen heraus woran
es liegt. Dann heißt es meistens „Back to the
Roots!“.
Und häufig haben dann einige schon das
Handtuch geworfen und sich einem anderen
Hobby zugewandt. Und nicht selten sind das
dann gerade die weiblichen Wesen, die an
der Inflation von Macht kein Interesse gefunden haben. Der beklagenswerte Mangel an
Rollenspielerinnen ist also vielleicht zum Teil
selbst herbeigeführt.
Dabei ist der Wunsch nach steigernder Effektivität scheinbar seit einiger Zeit zu einer
Art „Mode“ geworden. Viele Rollenspielsysteme konzentrieren sich darauf, möglichst
viele „Regelerweiterungen“ in Form von
Kompendien und Zusatzausrüstungen an
den Spieler bzw. Spielleiter zu bringen. Die
Tatsache, dass ein solches Angebot besteht,
verstärkt natürlich die Leichtigkeit dem
Drang nach Effektivität nachzugeben.
Dabei stellt sich mir unwillkürlich die Frage:
Von wem ist das Ganze eigentlich gewünscht?
Von den Spielern? Vom Spielleiter? Oder von
den Rollenspielproduzenten, die mit ein paar
Tabellen und Zeichnungen von neuen Waffen
ihren Umsatz steigern können? Und da wir
gerade bei aufkommenden Fragen sind: Wie
kann man das ändern?
In allen Artikeln, die sich mit diesem (oder
einem artverwandten) Thema beschäftigen,
habe ich meistens nur Ratschläge gefunden,
wie der Spielleiter die Spieler mit „rollenspielerischen Maßnahmen“ maßregeln kann.
Auch wenn ich mich in einem Rollenspielershop aufhalte und Diskussionen zu diesem
Thema führe, ist die Zahl der Ratschläge groß
(„Lass sie doch mal…“ oder „…und wenn
sie dann…“). Die meisten Maßnahmen haben mir aber nicht gefallen und bei eigentlich
allen zweifle ich die Wirksamkeit der Mittel
an. Als Möglichkeit erscheint mir Folgende
die am meisten Erfolg versprechend:
Redet mit den Spielern, macht ihnen die
Ursachen und die Konsequenzen klar! Fragt,
ob sie das wirklich wollen. Wenn sie dann
natürlich „Ja!“ rufen, dann habt ihr ein Problem… Aber wenigstens wisst Ihr dann woran ihr seid. Und könnt überlegen, ob ihr das
wirklich auch wollt.
Was sich Spielleiter wünschen
Die meisten jedoch werden nach etwas
Überlegen zu dem Standpunkt kommen,
dass es sich nicht lohnt. Auf die Frage „Was
sich Spielleiter wirklich wünschen“ gebe ich
folgende Antworten:
• Spieler die einem guten Abenteuer
interessiert sind. Und dem Vorrang
gegenüber der Möglichkeit geben,
ihren Charakter bis ins unendliche
hochzupowern.
• Spieler, die Lust haben Rollen zu
spielen und nicht Killer.
• Rollenspielverlage, die Quellenbücher veröffentlichen, die diesen
Namen wirklich verdienen und nicht
ständig neue Ausrüstungstabellen in
Buchform herausbringen.
• Quellenbücher, die Informationen
über Städte und Länder enthalten
und nicht nur kurze Infos über die
Umgebung mit Tabellarien über die
Monster, die man dort antreffen
kann.
• Quellenbücher, die beim Lesen dazu
anregen, sich die Gegebenheiten
vor Ort bildlich vorzustellen und die
auch beim Lesen schon eine Menge
Abenteuerideen in den Köpfen der
Spielleiter hervorrufen.
• Kaufabenteuer, die stimmungsvoll
sind und nicht ein „noch größeres“
Monster in ein per Zufall generiertes
Dungeon platzieren.
• Charakterbeschreibungen von NSC,
welche die Persönlichkeit der Person
beschreiben und nicht nur deren
Werte im Kampf.
Kommentar
Ich bin mir bewusst, dass einige Rollenspieler und Spielleiter durchaus an dem, was ich
hier „Streben nach steigender Effektivität“
genannt habe, viel Vergnügen haben. Aber
ich glaube, dass die Mehrheit das nicht so
sieht. Und für diese ist mein Artikel geschrieben worden. 
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Relationship Maps
RELATIONSHIPMAPS
TECHNIKEN ZUM SCHREIBEN OFFENER,
CHARAKTERKONZENTRIERTER ABENTEUER
TEXT: TOBIAS LOOSCHELDERS
ILLUSTRATION: TOBIAS LOOSCHELDERS, TOMMY HEINIG
Relationshipmaps
Schreibt die Namen einiger Nichtspielerund Spielercharaktere auf ein Blatt, zeichnet
Kästchen um jeden und verbindet sie mit Linien. Schreibt nun noch neben die Linien, was
die Charaktere verbindet. Und schon habt
Ihr eine Karte der Beziehungen unter den
Personen (Relationshipmap – kurz R-map)
erschaffen!
von“, „liebt“ oder „Brüder“. Durch farbige
Linien können z.B. freundschaftliche, feindliche und geschäftliche Beziehungen schnell
unterscheidbar gemacht werden. Man kann
natürlich auch gestrichelte oder durchgezogene Linien oder Ähnliches benutzen.
In ein Beziehungsgeflecht werden nur Charaktere aufgenommen, die für das Spielgeschehen wichtig sind. Der Antagonist wird
also aufgezeichnet, seine rechte Hand vermutlich auch noch, sein aber Gärtner nicht.
Außer zum Beispiel, er will den Spielercharakteren Informationen verkaufen. Die
Freunde der Charaktere können auch in das
Geflecht aufgenommen werden,
aber nur wenn sie zum aktuellen
Zeitpunkt für das Geschehen wichtig sind. So bleibt die Übersichtlichkeit gewahrt.
Warum R-maps?
Eine R-map ist ein Beziehungsgeflecht, das
die Beziehungen zwischen einzelnen Personen (SC und NSC) visualisiert. Es werden
Begriffe und ihre Beziehungen zueinander
zweidimensional, wie Ort und Wege auf einer Landkarte, dargestellt. Auf diese Weise
kann grafisch veranschauclicht werden, in
welchen Beziehungen die Begriffe untereinander stehen. Durch R-maps werden im
Rollenspiel meist emotionale und geschäftliche Beziehungen einzelner Charaktere dargestellt. Sie sind das Herzstück eines offen
gestalteten Abenteuers. Eine R-map eignet
sich hervorragend dazu dramatische, charakterzentrierte Abenteuer zu schreiben. Aber
auch bei einem linearen Plot kann eine R-map
als Übersichtskarte sehr hilfreich sein.
Pfeile am Ende der Linien können bestimmte Beziehungen zueinander anzeigen (einseitige oder beidseitige). Es hat sich als sinnvoll
erwiesen, neben die Linien einen kurzen Vermerk zu schreiben, wie „will Artefakt stehlen
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Die Abenteuerplanung mithilfe von R-maps gewährt
den Spielern größtmögliche Freiheit und geht
schnell von der Hand.
Der Plot ist nicht festgeschrieben, er ergibt sich
aus den Handlungen der
Spieler und den Reaktionen der NSC darauf.
Der Spielleiter kann anhand der R-map sehen, welcher Charakter wie stark eingebunden ist. Je mehr Linien die Spielercharaktere
treffen, desto besser sind sie in die Situation
eingebunden. Aus der stärkeren Vernetzung
einzelner Charaktere lässt sich dann auch gut
ein Fokus ernennen.
Die R-map ist sehr dynamisch und sollte nach jeder Spielsession auf die neusten
Entwicklungen angepasst werden. Nur so
entfaltet sie ihre volle Wirkung. Am praktischsten ist das natürlich bei einem digitalen Diagramm (siehe Kasten), also einer mit
Softwareunterstützung erstellten und abspeicherbaren R-map. Bei der Arbeit daran,
kann man auch gleich NSCs, die nicht gut
angekommen sind, austauschen oder einen
neuen NSC einfügen.
Hier noch ein paar Stichworte, die man be-
SO FTWARE
Es gibt diverse Software für das Erstellen von Diagrammen und Mindmaps – einige auch kostenlos.
Eine schöne Software für die im Artikel
genannten Diagramme ist das Java-Tool
yEd, das man unter folgender Adresse herunterladen kann:
http://www.yworks.com/ger/products_yed_about.htm
Eine Alternative dazu stellt der Diagram
Designer von Meesoft dar:
http://meesoft.logicnet.dk/
DiagramDesigner/
Eine sehr dynamische, einfach programmierbare Lösung ist dot aus dem Paket
graphviz:
http://www.graphviz.org/
Onlinebasiert eignet sich beispielsweise
das Tool Mind Meister, das zwar eher für
M-maps gedacht ist, aber auch für andere
Arten verwendet werden kann:
http://www.mindmeister.com/
Und wer immer noch nicht fündig geworden ist, der kann einmal auf Mindmappedia vorbei schauen, wo unzählige Tools
vorgestellt werden:
http://mindmappedia.com/
nutzen kann, um einem Beziehungsgeflecht
noch mehr Würze zu verleihen: Hassliebe,
Neid, väterlicher Freund, Stiefschwester,
Korruption, Eifersucht, Erpressung, Angst,
Mitleid.
Conflict webs
Zeichnet drei Vierecke, lasst oben ein Drittel Platz und malt in die unteren beiden zwei
Ellipsen hinein. Jetzt zeichnet ein paar Linien:
ein paar zwischen Ellipsen und auch ein paar
zwischen den Rechtecken. Weist jeder Linie
eins der Symbole Dreieck, Kreis und Viereck
zu. Schreibt Namen in die Ellipsen und Fraktionsnamen in das erste Drittel der Rechtecke
und fertig ist das Conflict Web.
Conflict Webs (kurz: C-web) setzen stärker
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Relationship Maps
Weitere
Möglichkeiten
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, zusätzlich Ziele und Handlungsgrenzen („wie weit
würde ich gehen, um mein Ziel zu erfüllen?“)
in die Geflechte einzutragen. Denn dann hat
der Spielleiter nicht nur die kurzfristigen,
sondern auch die langfristigen Ziele im Blick.
Will man nur eine Situation darstellen, kann
man die Spielercharaktere auch aus dem Cweb oder der R-map weglassen. Damit riskiert man aber, dass die Charaktere sich nur
schwer darin integrieren können oder dass
die Situation gar nicht ihr Interesse weckt.
auf Fraktionen als eine R-map. Hierbei wird
jede Fraktion als ein Kasten und die wichtigen Mitglieder der Fraktion als Ellipsen im
Kasten dargestellt. Zusätzlich verwenden die
Konfliktnetze durch ein paar einfache Symbole an beiden Enden einer Linie ergänzt. Die
folgenden Symbole sollen für noch mehr Anschaulichkeit sorgen:
= feindschaftlicher Konflikt
= freundschaftliches Interesse
= Verpflichtung/Abhängigkeit
(z.B. Angestellter-Chef,
Menthor-Schüler, Vater-Kind,…)
Mind Maps
Eine dritte und recht einfache Art, Gedanken für ein Abenteuer festzuhalten, sind die
Mind Maps. Hier steht ein zentraler Begriff
in der Mitte des Diagramms, von dem aus
verschiedene Äste mit weiteren Begriffen
stehen. Die Verbindungen haben keine feste
Bedeutung und auch keine Richtungspfeile.
Mindmaps fordern beide Gehirnhälften und
sind daher besonders gut für Brainstorming
geeignet, um Ideen festzuhalten und in eine
gewisse Ordnung zu bringen. Weniger gut
geeignet sind sie Beziehungen aufzuzeigen.
Bei längeren Kampagnen kann es sogar
zweckmäßig sein, gleich mit mehreren Rmaps oder C-webs zu arbeiten. Zum Beispiel
ein großes Geflecht für den Gesamtüberblick
(oder den Metaplot) und ein Geflecht zum
aktuellen Geschehen, bzw. zum aktuellen Kapitel der Kampagne. Bei einer großen Übersichtskarte bietet sich eine eher Mindmapähnliche Form an. Zumindest ist es aber hier
auch sinnvoll Orte, storyrelevante Gegenstände und spezielle Ereignisse aufzunehmen. Auch sollten die wichtigen Freunde und
Beziehungen aller Spieler vermerkt werden.
Manchmal ist eine Vermischung der unterschiedlichen Maps sinnvoll, allerdings sollte
man darauf achten, dass die Übersichtlichkeit erhalten bleibt.
Geschickt eingesetzt können die hier vorgestellten Techniken dem Spielleiter das
Planen seiner Abenteuer wesentlich erleichtern. 
Die Kernidee eines C-webs ist, dass sich
mehrere Fraktionen mit entgegengesetzten
Zielen gegenüberstehen. Das schafft tatsächlich noch mehr Konflikte als eine R-map.
Noch greifbarer wird das Web, wenn den
Symbolen oder Fraktionen unterschiedliche
Farben zugeordnet werden.
Will man noch interessantere Konflikte
herstellen, kann man die Symbole am Linienende unterschiedlich gestalten (siehe
Beispiel oben). Eine Hassliebe wird z.B. mit
einem Kreis am einen und einem Dreieck am
anderen Ende gekennzeichnet.
Als optimal gelten hier drei Fraktionen;
mehr können das Spiel (und die Map) zu
schnell unübersichtlich werden lassen. Zwei
Fraktionen genügen aber auch oft und bieten
sich gerade für Kurzabenteuer an. Genauso
verhält es sich mit den NSC. Normalerweise
sollten schon zwei bis drei pro Fraktion genügen.
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Systemvorstellung Spherechild
SPHERECHILD
EIN REGELSYSTEM MIT SPHÄRENÜBERGREIFENDEM KONZEPT
TEXT: ALEXANDER HARTUNG
ILLUSTRATION: NICOLE ERXLEBEN
Willkommen, Sphärenkind, zu deiner Bestimmung. Mein Name ist Garmon. Ich bin
dein Mentor und ich will dir den Grund für
deine Existenz nennen.
Du bist ein Kind der Sphäre, jener Welt auf
der du lebst, deren Luft du atmest und deren
Wasser du trinkst. Du magst dich noch an
deine Eltern erinnern, doch war es die Sphäre, die dir das Leben schenkte. Mit deinem
ersten Atemzug wurde dir eine große Aufgabe aufgebürdet: du bist der Verteidiger
deiner Heimatwelt, denn du gehörst zu den
wenigen Ausgewählten, welche die Kraft
haben, die Sphäre vor ihrem Untergang zu
bewahren.
Ich sehe das Misstrauen in deinen Augen und ich verstehe deine Gefühle. Als
mich vor vielen Jahren mein Mentor über
meine wahre Existenz aufklärte, hielt ich
ihn auch für einen verrückten alten Mann,
doch schon bald wusste ich, dass seine Wor-
te wahr waren. Es gibt etwas, das Erkennen
in unseren Augen aufblitzen lässt, wenn wir
einem anderen Sphärenkind begegnen und
das gleiche Gefühl durchfuhr auch dich, als
du mich sahst. Es gibt Momente in deinem
Leben, in denen du dich mit allem eins fühlst,
junges Sphärenkind. In diesem Augenblick
spürst du die Verbundenheit mit deiner
Welt. Das ist die Energie der Sphäre, die dich
durchfließt, jene Energie, die dich erschaffen
hat. Bisher hattest du ein einfaches Leben,
aber jetzt werde ich dich über deine wahre
Bestimmung aufklären.
Deine Welt gehörte einst zu einer großen
Einheit unzähliger Welten, Sphären genannt, die unter einem gemeinsamen Mantel vereint waren. Sie lebten in Harmonie
und Frieden, aber eine Rasse absoluter Bösartigkeit, die Sembaren, vernichtete diese
Einheit. Die Sphären wurden durch die ganze Unendlichkeit verteilt, alleine und von ihren Geschwistern getrennt. Um sich vor dem
neuen Feind zu schützen, schufen sie ihr eigenes abgeschlossenes Universum und ihre
eigenen Welten, ähnlich dieser, auf der du
momentan dein Leben fristest. Nur ein schmales Band der Verbundenheit besteht bis
heute noch zwischen ihnen.
Doch die Schaffung ihres Universums
schützte sie nicht nur vor ihren Feinden, es
war wie ein lebender Organismus, der ihnen
von Tag zu Tag etwas von ihrer verlorenen
Kraft zurückgab. Es würde nur eine Frage
der Zeit sein, bis die Sphären wieder unter
einem gemeinsamen Mantel ruhen würden.
Es würde noch viele Jahrzehnte, vielleicht
auch Jahrhunderte dauern, aber mit jedem Tag wird die Kraft der Sphären
eine Winzigkeit größer, bis die Einheit wieder hergestellt ist. Die Sembaren sahen diese Entwicklung mit
Sorge. Sie fürchteten sich vor der
Macht der Sphären und so suchten
sie einen Weg, diese zu bekämpfen.
Jede Sphäre hat ihre eigene Ordnung geschaffen – ein abgeschlossenes
Universum mit alles beherrschenden
Gesetzmäßigkeiten, in das nichts von
Außen eindringen kann und in der alles dieser Ordnung unterliegt. Lange
konnten die Sembaren diesen Kokon der Macht nicht durchdrin-
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gen, doch schließlich gelang es ihnen diese
Barriere zu überwinden. Auch wenn sie der
Ordnung, und somit dem technischen Stand
der Sphäre untergeordnet waren, hatten
sie genug von ihrer Macht erhalten können,
um die Sphäre zu bekämpfen. Über die Art
dieses Kampfs werde ich an anderer Stelle
noch Worte verlieren, aber glaube mir, junges Sphärenkind, du wirst all deine Stärke
benötigen, um dich den Sembaren entgegenzustellen.
Es wird der Tag kommen, an dem dich die
Sphäre ruft und um Hilfe bittet. Du wirst
diese Stimme kennen, denn sie hat dich dein
ganzes Leben begleitet und wird immer Teil
von dir sein. Dieser Ruf ist der Moment des
Kampfes, wenn die Sembaren auf unsere
Welt eingedrungen sind und ihr grausiges
Werk verrichten wollen. Dann liegt es an
uns, diesem Treiben Einhalt zu gebieten und
die Sembaren zu vernichten.
Lebe dein Leben weiter, als hätte sich
nichts verändert, aber wenn dich die Sphäre
ruft, dann sei bereit und willens den Kampf
gegen den Feind aufzunehmen.
Du bist nicht allein, mein Freund, denn außer uns gibt es noch weitere Sphärenkinder
auf der Welt. Sie werden dir im Kampf gegen
die Sembaren zur Seite stehen und jedes Leid
mit dir tragen. Nun werde ich dich mit deinen Gedanken alleine lassen, junges Sphärenkind, aber bald werde ich zurückkommen
und dich weiter in die Welt der Sphären und
den Kampf gegen die Sembaren, einführen.
Spherechild ist ein universelles Rollenspiel
mit einer neuen Spielidee: Gleichzeitiges Spielen auf mehreren Welten, mit unterschiedlichen Charakteren auf ein gemeinsames Ziel
hin. Dabei gehen die Charaktere gegen eine
weltenübergreifende Bedrohung vor, ohne
ihre Welt verlassen zu müssen.
Die Sphären
Unvorstellbar mächtige Weltenbauer, die
Sphären, erschufen die Charaktere, um sich
gegen ihre Urfeinde, die Sembaren, zu wehren. Als Kinder der Sphäre haben die Charaktere besondere Fertigkeiten, die sie über
die normale Bevölkerung erheben. Sie sind
die Verteidiger ihrer Welten und die einzige
Macht, die zwischen den Sembaren und der
völligen Vernichtung ihrer Heimat steht.
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Systemvorstellung Spherechild
BE Z U G S Q U E L LEN
Das Regelwerk kann unter der ISBN 9783-00-022-003-6 in jeder Buchhandlung
bestellt werden. Außerdem solltet Ihr es
auf Amazon und bei verschiedenen Rollenspielhändlern finden.
RUBRIK
In der Rubrik „Systemvorstellung“ geben
wir in jeder Ausgabe den Machern eines
eher unbekannten Rollenspielsystems die
Möglichkeit, ihr Werk vorzustellen. Dies
stellt keine Bewertung des Systems da,
denn die Texte werden direkt von den
Machern verfasst.
Die Sembaren greifen meist mehrere Sphären auf einmal an, so dass in vielen Fällen ein
koordiniertes Vorgehen der Gruppen auf den
Welten notwendig ist, um diese Angriffe abzuwehren. Diese „Ping-Pong“-Szenarien machen wesentlich den Reiz von Spherechild
aus. Obwohl die Sembaren zwar ein technisch sehr weit entwickelte Rasse sind, müssen sie sich der Entwicklungsstufe der Sphäre anpassen. Sie können also nicht mit dem
Todesstern auf der Fantasy-Sphäre Valcreon
landen, welche noch nicht einmal Schießpulver kennt. Der Kampf erfolgt also immer mit
den in der jeweiligen Sphäre verfügbaren
Mitteln.
Das Weltenkonzept ist offen gestaltet. Die
im Regelwerk enthaltenen Welten können
beliebig erweitert oder ausgetauscht werden. Die Erschaffung eigener Welten ist einfach und im Regelwerk beschrieben. Nach
eigenen Ideen gestalteten Welten lasen sich
problemlos in das Spiel integrieren.
Die Regeln
Spherechild verfügt über ein übersichtliches und stufenloses Universal-Regelwerk,
das Wert auf Spielbarkeit und Individualität
legt. Der Spieler wird in der Erschaffung seines Wunschcharakters unterstützt, nicht eingeschränkt.
Das Kampfsystem ist schnell und durch
waffenindividuelle Manöver sehr waffenspezifisch und abwechslungsreich. Bei dem
„freien“ Magiesystem erhält der Charakter
keine einzelnen Zaubersprüche, sondern
wählt Zauberbereiche, innerhalb derer er
selbst bestimmen kann, von welcher Art und
Intensität sein Zauber sein soll.
Charaktererschaffung
Der Spieler wählt eine Rasse und eine Profession (Söldner, Magier, Unterwelt, Agent,
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Wissenschaftler, Straßenkämpfer,…). Die
Profession steht für den bisherigen Lebensweg, führt aber zu keinen Einschränkungen
aufgrund der Wahl von Fertigkeiten oder
dem Nutzen von Waffen (warum soll ein
körperlich starker Magier keine Kriegsaxt
schwingen und warum soll ein Dieb keine
Zauberfertigkeiten lernen, wenn er ein Talent dafür hat?).
Dann würfelt der Spieler seine sieben Eigenschaften aus bzw. legt eine bestimmte
Anzahl an Punkten auf diese. Die Eigenschaften werden von leicht von der Rasse und der
Profession bestimmt.
Es folgt die Wahl weiterer Fertigkeiten. Jeder Charakter kann alles lernen. Wenn bspw.
der Barbar Jonglieren lernen will, so kann er
dies tun. Wie gut er dieses Talent beherrscht,
hängt von seiner Erfahrung in Jonglieren
(sprich die Höhe des Fertigkeitswerts) und
seiner Geschicklichkeit ab. Die Höhe des Eigenschaftswertes bestimmt was der Charakter kann, nicht die Wahl der Profession. Dies
gilt auch für das Lernen von Magie.
O FFTO PIC
Vlad Studio Wallpapers
Viele Menschen schmücken ihr Zuhause
mit Blumen, Staubfängern oder mehr bzw.
weniger schönen Stoffen. Und manche
wollen auch ihren Computer schmücken.
Eine Art dies zu tun ist über so genannte
Wallpaper – speicherfressende aber teils
hübsche Hintergrundbilder für den Desktop. Eine ganze Reihe davon mit sehr eigenem Stil bietet die Seite Vlad Studio
(http://www.vladstudio.com).
Dutzende kostenlose Wallpaper in verschiedenen Auflösungen sind dort zu finden. Nur wer verbesserte Grafikqualität
oder besondere Formate haben möchte,
der wird zur Kasse gebeten.
Kampf
Der Charakter kann jede Waffe wählen. In
Bezug zu der Eigenschaft, von der diese Waffe abhängig ist, erhält er aber Modifikationen
auf seinen Angriff bzw. seine Parade und auf
den Schaden. Bspw. ist der leichte Dolch von
Geschicklichkeit abhängig, die Axt von Stärke und der Kriegshammer von Konstitution.
Zusätzlich kann der Charakter noch Waffenmanöver erlernen. Diese sind von der Art der
Waffe abhängig und stellen somit die individuelle Stärke einer Waffe heraus (man kann
mit einem Kampfstab öfter angreifen, als
mit einer Kriegsaxt. Dafür haut die Kriegsaxt
bei einem Treffer mehr rein. Man kann einen
Bogen schneller nachladen als eine schwere
Armbrust. Man kann einen Dolch auch werfen, ein Rapier eher nicht…). Die Waffen unterscheiden sich somit nicht nur durch den
Schaden.
Magie
Der Charakter beherrscht ein „Gebiet“, keine einzelnen Zauber. Zu diesen „Gebieten“
gehören bspw. Feuer, Beschwörung oder
Natur. Jeder Zauber auf diesem Gebiet (z.B.
Dämon der ersten Hierarchie beschwören)
hat eine gewisse Grundschwierigkeit. Hier
kommen noch variable Werte hinzu. Dies
können die Wirkungsdauer, die Reichweite
oder auch die Schadenswirkung sein. Diese
Werte addiert geben dann den Probenwert
des Zaubers.
Diese Art von Magie ermöglicht auch die
Kombination von Zaubergebieten. Kombinierte Zauber lassen durch die Verknüpfung
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Systemvorstellung Spherechild
von Festwerten einen neuen Zauber entstehen, dessen Effekt durch einzelnes Zaubern
so nicht möglich wäre.
Beispiel: Ein Magier kombiniert die Zauber
„Fertigkeitserhöhung“ (Lebensmagie) und
„Teleportation durch feste Materie“ (Reise).
Mit diesem will er die Sicht-Wahrnehmung
eines Charakters insoweit verbessern, dass
dieser durch Materie sehen kann. Würden
diese beiden Zauber nacheinander auf den
Charakter gezaubert, so würde sich dieser
Effekt nicht einstellen.
Spezielle Regeln
Die Charaktere sind Sphärenkinder. Sie
können einige besondere Fertigkeiten lernen, die mit steigender Erfahrung wachsen.
Hierzu gehört z.B. den Eigenschaftswert oder
eine Fertigkeit eines Sphärengeschwisters zu
„leihen“ (sprich dem anderen Charakter des
Spielers). Neben diesen speziellen Fertigkeiten können sich die Sphärenkinder auch
„klassische“ Fertigkeiten wie Nachtsicht,
Wärmesicht oder natürliche Rüstung aneignen. Alles in allem erheben sich diese Charaktere über die „normale“ Bevölkerung.
Im Regelbuch wird auch ausführlich über
die sphärenübergreifende Bedrohung eingegangen und ein einfaches Konzept erklärt,
wie man sphärenübergreifende „Ping-Pong“Abenteuer entwickelt. Schließlich geben wir
auch Hilfen zur Entwicklung bzw. Einbindung
einer eigenen Welt in das Spherechild-Universum.
Kommunikation zwischen
den Sphärenkindern
Die Sphärenkinder sind sich der Existenz
ihrer Geschwister auf den anderen Sphären
bewusst und kennen sogar ihre Namen. Die
Verbindung mit ihnen ist permanent und unabhängig vom Aufenthaltsort auf den jeweiligen Sphären. Schließen die Charaktere die
Augen und ist der gerufene Geschwisterteil
zur Kommunikation bereit, sehen sie eine Art
Projektion des Gegenübers.
Die Welten
Im Grundregelwerk sind die Welten Valcreon und Icros enthalten. Jede Welt wird
durch ihre Geschichte, ihre Geographie (inkl.
Karte) und eine ausführliche Spielerrassenbeschreibung eingeführt. An diesen einleitenden Teil schließen sich die Professionen,
die Nichtspieler-Rassen, ein Bestiarium sowie
alle weltenspezifischen Waffen und Fertigkeiten an. Insgesamt drei einführende Szenarien runden die Weltenkapitel ab.
Valcreon ist eine Fantasy-Welt, die ganz
ohne die „klassischen“ Rassen wie Elfen und
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Zwerge auskommt. Für Spherechild wurde etwas Neues erschaffen, ohne dass das Fantasy-Flair verloren gegangen ist.
Die Welt lebt vom Abwechslungsreichtum der zahlreichen
Völker, bei denen Magie alltäglich ist.
der Erschaffung der Regeln und der beiden
Welten, lag der Fokus der Entwicklung vor
allem auf dem weltenübergreifenden Konzept. Die Entwicklung, die Tests sowie die
grafische Umsetzung aller Ideen, dauerten
bis zum Jahr 2007, in welchem Spherechild
endlich in Druck gehen konnte.
Icros ist von der Entwicklungsstufe mit unserer Zeit
vergleichbar. Das Leben wäre
angenehm, wenn die Charaktere nicht zu den „Wandlern“
gehören würden. Äußerlich unverändert, sind sie in der Lage
eine zweite Form anzunehmen
– die eines genetisch mutierten,
mächtigen Überwesens – vor über
100 Jahren durch Außerirdische
geschaffen, um die Bevölkerung
während ihrer Besetzung zu kontrollieren und zu unterdrücken. Doch nach
dem großen Aufstand wurden die Wandler bei der Flucht der Außerirdischen
zurückgelassen.
Die Ordnung einer Welt
Die Ordnung einer Welt gibt an, wie
hoch der geistige und technische Entwicklungsstand der dort lebenden
Bevölkerung ist, wie weit Magie verbreitet ist und welche Kreaturen unter
welchen Bedingungen dort existieren. Die Ordnung ist sehr mächtig
und allumfassend. Eine Änderung
derselben ist praktisch unmöglich und
überlagert alles.
Weitergabe von Technik
und Wissen?
Durch die räumliche Abgeschlossenheit der
Welten voneinander und der allumfassenden
Ordnung, ist die Weitergabe von Technik und
Wissen nicht möglich. Da sich auch die Sembaren sich dieser Ordnung, also dem Entwicklungsstand der Welt, unterwerfen müssen, stehen ihnen nur die technischen und
magischen Mittel der Welt zur Verfügung.
Ihre Gefährlichkeit kommt von ihrem Können bspw. einzelne Bewohner der Welt zu
manipulieren, selbst Kreaturen zu erschaffen
und diese mit besonderen Fertigkeiten auszustatten. Die Kräfte der Sembaren sind vielfältig. Ihre Angriffe sind wohlüberlegt und
sehr subtil geplant.
Ausblick
Entstehung
Die ersten Ideen zu Spherechild entstanden schon Mitte der neunziger Jahre. Neben
Online-Support
Auf www.spherechild.de gibt es bereits
jetzt über 20 kostenlose Downloads. Hierzu
gehören das Intro-Heft, drei neue Szenarien,
acht vorgefertigte Charaktere sowie weitere Ideen zu Professionen, Monstern usw. In
dem angeschlossenen Forum können alle
Fragen zu Spherechild gestellt werden. Mit
der Veröffentlichung des Regelbuchs wird
jeder Monat ein neuer Download bereitgestellt werden.
Die Zukunft
Weitere Veröffentlichungen sind schon in
Arbeit. Ein Szenarienband, die Beschreibung
eines Volkes, zwei Stadtbeschreibungen,
sowie eine Science-Fiction-Welt. Die Erscheinungstermine dieser Veröffentlichungen
richten sich nach dem Interesse und den Bedürfnissen der Spherechild-Spieler.
Bei weiterem Interesse ist das kostenlose
Intro-Regelwerk auf der Homepage zu empfehlen, in welchem auf die Regeln, die Welten und das sphärenübergreifende Konzept
genauer eingegangen wird. 
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Natterngezücht
NATTERNGEZÜCHT
EIN ABENTEUER FÜR WEREWOLF
TEXT: ANDRÉ WIESLER
ILLUSTRATION: JANINA WIESLER
„Herr wir flehen Dich an! Erlöse uns und
schenke uns den Mut, dem Erzfeind ins Antlitz zu starren und seiner unheiligen Wut zu
trotzen!“
te hing lose an ihrer dürren Gestalt: „Meine
Schwester, lass uns Zeuge sein des Lichts, das
der Herr durch Dich auf uns scheinen lässt!“
„Halleluja!“ beantworteten die Anwesenden den frenetischen Singsang ihres Priesters und das Wort hallte lange durch die
hohen Wölbungen der Kirche. Ein einsamer
Lichtstrahl bahnte sich seinen Weg durch die
staubige Luft und tropfte in die Schlangengrube. Gut ein Dutzend schuppiger Leiber
wanden sich dort, spielten mit trockenem
Schaben zum Tanze.
Die Frau trat mit ihrem nackten Fuß auf
das Podest, das an den Rand der Schlangengrube geschoben wurde. „Brüder und
Schwestern! Im Glauben und Vertrauen auf
den wahren Herrn will ich in das Tal hinabsteigen und die Sünde von mir waschen!“
Langsam senkte die Frau ihren Fuß herab.
Die Schlangen unter ihr zischten aufgeregt
und wanden sich schneller umeinander. Wenige fingerbreit über dem Schlangenkopf
verharrte sie. „Gott, schenke mir Kraft!“ rief
sie aus und trat hinein.
„Schau mit Gnade auf uns, oh Herr und
sieh, wie wir dem Antichrist widerstehen!“
Eine Frau erhob sich, eine lange, braune Kut-
„Halleluja!“
Die schuppigen Bänder umwanden ihre
Fesseln und zuckten an ihrem Bein nach
oben. „Seht, der Herr hält seine Hand schützend über mich! Im Vertrauen auf ihn und
den wahren Glauben liegt die Kraft, dem Bösen zu widerstehen!“
„Halleluja!“
Eine der Schlangen zuckte vor, ihre spitzen
Zähne klappten aus dem faltigen Maul und
bohrten sich in den Schenkel der Frau. Sie
schrie vor Schmerz und Verblüffung, brach
zusammen. Schreckenslaute erfüllten die
Kirche, als man die Frau aus der Grube zog.
Sie zuckte, Schaum spritzte von ihrem verkrampften Gesicht.
„Jetzt tanzt sie den Schlangentanz!“ zischelte eine verhüllte Gestalt höhnisch in der
letzten Kirchenbank und huschte zum Portal
hinaus in die Abenddämmerung.
PROLOG
Die Charaktere sollten sich zu Beginn dieser Geschichte in einem Caern befinden, den
sie kennen. Sie sollten zu einem Rudel zusammengeführt werden oder dies bereits sein.
Die Geschichte beginnt mit der Offenbarung z.B. durch den Sept-Alpha oder einen
Stille Wanderer Scout, dass in einer Siedlung
unweit des Caern womöglich der Vorhang
gelüftet wurde. Es sollte im Sinne aller Garou
und somit auch des Rudels sein, dieses Verbrechen wider die Litanei zu untersuchen.
Die Hinweise sind spärlich, rechtfertigen und
fordern aber eine sofortige Untersuchung:
Es sind einige mysteriöse Gewalttaten verzeichnet worden, vor zwei Wochen und letzte Woche. Es hat aber bis jetzt gedauert, bis
die richtigen Quellen davon Wind bekamen.
Eines der Opfer behauptete, mitten auf
der Hauptstraße von einem Bären angegriffen worden zu sein. Der Aufenthaltsort der
Verletzten ist nicht bekannt, nachdem sie
ihre Aussage gemacht haben, verschwanden
sie mehr oder weniger spurlos.
Somit wird sich das Rudel wohl auf den
Weg machen, um den oder die Schuldigen zu
finden und davon abzuhalten, den Vorhang
erneut zu brechen und zwecks Bestrafung in
den Caern bringen.
Anmerkung: Im Sinne einer für die Spiewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
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Natterngezücht
ANM E R K U NG EN
Dieses Szenario erstreckte sich ursprünglich über 2 Ausgaben des Envoyer. Für
die Wiederveröffentlichung in der Anduin
haben wir beide Teile wieder zusammengeführt.
Der erste Akt kann auch als eigenständiges Abenteuer gespielt werden, wenn der
Spielleiter den am Schluß auftauchenden
Vampir weglässt. Das ganze Szenario
endet dann mit einer trostlosen Szene,
in der die Gruppe zwar ihren Auftrag erfüllen und den Vorhang wiederherstellen
konnte, aber schwere moralisch-ethische
Lasten auf ihr Gewissen geladen hat.
Der Autor erzählt die Geschichte so, wie
sie die Charaktere erleben könnten und
verzichtet weitgehend auf Vorgriffe. Wer
aber einen groben Überblick über das
Abenteuer haben möchte, der findet
diesen im Kasten „Die Handlung“.
Die Geschichte ist ursprünglich konzipiert
worden, um in der Nähe von Vancouver zu
beginnen, sie kann aber meiner Meinung
nach leicht an nahezu jedem Ort der Welt
starten.
Zwar wurde versucht, die englischen
Begriffe möglichst durch die korrekten
deutschen Begriffe zu ersetzen, das mag
aber nicht überall gelungen sein. Weiterhin ist dieses Abenteuer ursprünglich für
die alte Welt der Dunkelheit geschaffen
worden. Eine Anpassung an die neue Welt
der Dunkelheit sollte aber bei Bedarf ohne
großen Aufwand durchzuführen sein.
ler erst einmal undurchschaubaren dunklen
Vorahnung, kann der Erzähler, wo immer es
angemessen erscheint, auf Schlangenmetaphorik zurückgreifen – sofern er den zweiten
Teil der Geschichte anschließen möchte.
Erster Akt:
Des Geistes
Fesseln
Szene 1.01:
Worker City
lch habe viel in der Welt versucht und immer
dasselbe gefunden: In der Gewohnheit ruht
das einzige Behagen des Menschen selbst das
Unangenehme, woran wir uns gewöhnten,
vermissen wir ungern.
— Johann Wolfgang von Goethe
Ort des Geschehens ist Worker City, eine
isoliert stehende Hochhaussiedlung, umgeben von weiten, öden Feldern, die ausschließlich von den Angestellten eines großen Konwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
zerns bewohnt wird, die in den Uran- und
Bearbeitungsanlagen in der Nähe arbeiten.
Die Charaktere sollten, wenn sie dies vor ihrer Ankunft in Erfahrung bringen, durchaus
in ihrer Berserker-Paranoia bestärkt werden.
Es handelt sich bei Worker City um einen
Block von 16 frei stehenden Hochhäusern,
alle 90-stöckig, die quadratisch zu je vier in
einer Reihe angelegt sind. Sie sind allesamt
verspiegelt, und nur die Geschäfte im untersten Geschoß und einige wasserspeierartige
Figuren an den Ecken jedes zehnten Stockes
„lockern“ das Ganze etwas auf. Auf jeder
Seite der Häuser ist in 10 Meter hohen, roten
Ziffern die Hausnummer zwischen 1 und 16
aufgemalt.
Jede Straße ist von exakt gleicher Breite,
Worker City hat nur eine Zufahrt direkt vom
Highway, und der Einfluss der Weberin ist
auf den ersten Blick offensichtlich. Es scheint
fast so, dass man mit dem Überschreiten der
gedachten Linie, an der die Siedlung beginnt,
in ein Feld lähmender Stasis tritt. Der Erzähler kann bei Belieben die Schwierigkeit aller
kreativen Akte hier um 1 erschweren.
Die Charaktere sollten am frühen Morgen
Worker City erreichen. Sie werden Zeuge einer ebenso unwirklichen wie erschreckenden
Szene: Ein nicht enden wollender Strom von
Menschen in nahezu identischen Konzernuniformen wird von Bussen, die in mechanischen Intervallen vorfahren, aufgenommen
und weggebracht. Es erscheint der Eindruck
eines seelenlos tickenden Uhrwerks. Gleichzeitig züngelt eine lange Schlange von Autos
von dem einzigen Parkplatz der Siedlung herunter auf den Highway.
Kurz nachdem die Charaktere eingetroffen sind, erscheint die Siedlung nahezu entvölkert. Es sollte der Eindruck einer Geisterstadt erweckt werden. Zwar geht ab und zu
jemand vorbei, der in Eile scheint, aber es
sollte schnell klar werden, wie seltsam still es
hier ist.
Die Dame Glück meint es gut mit den Charakteren. Kurz nachdem sie sich einen ersten
Eindruck verschafft haben und ihnen auffällt,
dass sie eigentlich viel zu wenige Anhaltspunkte haben, um eine Suche zu starten,
weht ihnen ein Windhauch eine Kinderzeichnung um die Füße. Darauf ist ein Mann mit
großen Händen zu sehen, der klein im Vordergrund steht und dahinter ein großes Wesen mit langer Schnauze und längeren Krallen – für jemand, der danach sucht, könnte
es sich durchaus um einen Garou in Crinos
handeln.
Carolina Walker, die Betreuerin im örtlichen
Kinderhort, eilt auf die Charaktere zu. Sie ist
eine Frau Mitte 30, 1,72 m groß, wirkt etwas
gestresst, überschminkt aber die schwarzen
Ränder unter den Augen mit reichlich hautfarbener Schminke. Sie ist vollschlank und
hat sanfte, braune Augen, halblange, schwarze Haare, die von roten Spangen aus dem
Gesicht gehalten werden und trägt einen
langen, grünen Rock und ein weißes Hemd,
in dessen Ausschnitt ein Seidenmalerei-Halstuch gesteckt ist. Sie hat einen Stapel Blätter
unter dem Arm, die sich beim zweiten Blick
als Kinderzeichnungen offenbaren.
Sie wird den Charakteren danken, dass sie
das Blatt eingefangen haben und sie bitten,
ihr die Zeichnung wiederzugeben. Wird sie
darüber befragt, hängt ihre Reaktion sehr
stark davon ab, wie sich die Charaktere verhalten. Wenn sie inquisitorische Fragen stellen, wird die Frau sofort auf Stur schalten und
notfalls auch ohne Zeichnung gehen. Freundliches Verhalten hingegen, womöglich noch
mit dem aufrichtigen Zeichen von Sorge um
das Kind, das die Zeichnung angefertigt hat
(oder einem erfolgreichen Wurf auf Charisma
und Ausflüchte), lassen sie schnell auftauen.
Da sie aber in Eile ist, bietet sie dem Rudel
(oder diejenigen, die entsprechende soziale
Fähigkeiten haben) an, sie zum Hort zu begleiten, sie kann die Kinder nicht länger alleine lassen! Eigentlich ist sie ja nur schnell die
vergessenen Zeichnungen holen gegangen,
um sie aufzuhängen.
Szene 1.02:
Die Augen eines Kindes
Die Seele eines Kindes ist heilig, und was vor
sie gebracht wird, muss wenigstens den Wert
der Reinigkeit haben.
— Herder, Vorrede zu den Palmblättern
Schon als das Rudel eintritt, merkt es, dass
etwas nicht stimmt. Der Kinderhort sollte für
die Charaktere der endgültige Beweis sein,
dass die Weberin sich hier ein wohliges Heim
errichtet hat: Der bunte Teppich wirkt viel zu
symmetrisch, die Kinder sitzen alle still an
kleinen Tischen und malen im „Malen nach
Zahlen“ Prinzip die gleichen Seiten ihres Malbuchs in exakt der gleichen Weise aus. Alle
tragen die gleichen, grau-braunen Hosenanzüge, etc.
Der Blick der Kinder ist zum Teil gelangweilt, zum Teil aber auch einfach leer. Sie
sind zwischen 4 und 12 Jahre alt, offensichtlich sind gerade Schulferien und die älteren
Kinder wurden hierher abgeschoben.
Während die Charaktere sich mit der Frau
unterhalten, merken sie, dass sie offensichtlich noch nicht aufgehört hat, sich gegen die
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Natterngezücht
Weberin zu wehren und aus der Gnosis des
Rudels Kraft zieht. Während sie am Anfang
die Kinder noch mit Kommentaren wie: „Sitzt
gerade!“ und „Nicht über den Rand malen!“
traktiert, wird sie zum Ende des Gesprächs
die Kinder auffordern, doch mal andere Farben als die Vorgegebenen zu nehmen und
ihnen erlauben, sich jeder ein anderes Spielzeug aus dem Regal zu nehmen. Die Kinder
sind erst etwas verwirrt, finden aber recht
schnell wieder zum freien Spielen zurück.
Über die Zeichnung weiß sie zu berichten,
dass die kleine Amelie Begtardos sie gemalt
hat. Der Vater des armen Mädchens ist seit
einer Woche verschwunden und sie leidet
offensichtlich sehr darunter. Mit dem Mädchen sprechen lassen will sie das Rudel aus
verständlichen Gründen nicht, es sei denn,
sie hätten sich eine wirklich glaubhafte Tarnung zugelegt, die das rechtfertigen würde.
In dem Fall sollte der Erzähler ein Gespräch
aus den unten folgenden Informationen zu
Amelie improvisieren. Amelies Beschreibung
folgt in Szene 3. Wenn die Charaktere zu fordernd werden sollten, wird Miss Walker sie
herauswerfen und mit der Polizei drohen.
Die Charaktere können noch herausfinden,
dass alle Kinder um Punkt sechzehn Uhr von
ihren Müttern abgeholt werden.
Sollten die Charaktere sich auf die Suche
nach der Wohnung der Begtardos‘ machen,
haben sie einige hundert Namensschilder vor
sich. Selbst wenn sie die genaue Adresse und
damit das Haus herausfinden, sind es einige
Dutzend! Und wenn sie das Schild finden, ist
Miss Begtardos gerade beim Einkaufen und
macht nicht auf!
Szene 1.03:
Rauhe Hände
Sie konnte niemandem was sagen,
musste alles stumm ertragen
musste ihm versprechen,
das Geheimnis nie zu brechen,
Sie hat das nie gewollt,
doch dann hat sie es gemacht
und dabei hat sie nur gedacht:
Bitte, bitte, bitte, bitte – küss mich nicht!
— Tic Tac Toe, „Bitte küss mich nicht!“
Wenn die Charaktere um 16 Uhr wiederkommen, können sie den stummen Aufmarsch der Mütter mit ansehen. Sie gehen
zwar nebeneinander her, unterhalten sich
aber nicht. Am Kinderhort nehmen die Kinder in einer Reihe Aufstellung und werden
an der Tür von ihren Müttern in Empfang genommen.
Die Mutter von Amelie trägt ein langes,
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kurzärmeliges, blaues Kleid, ist etwa 1,70 m
groß, mit schweren Wangen und einer dicken, kleinen Nase. Ihre Augen sind von einem stumpfen Blau. Sie ist nicht dick, wirkt
aber unförmig. Für entsprechende Gaben ist
der Gestank des Wyrm leicht an ihr wahrzunehmen.
Sollte das Rudel sie ansprechen, werden
sie schroff abgewiesen mit Kommentaren
wie: „Das geht Sie gar nichts an!“
Verfolgen die Charaktere sie, können sie
erfahren, dass sie in Haus Nummer 9, Stock
65 wohnt – wenn sie das nicht schon wussten. Der Fahrstuhl fährt mit Mutter und Tochter ab, bevor die Charaktere ihn erreichen
können. Zwar sind Feuertreppen vorhanden,
diese sind aber mit einem Alarm gesichert.
Glücklicherweise hält gerade ein zweiter
Fahrstuhl und öffnet einladend seine Türen.
Das Rudel ist nun wahrscheinlich in seinem
Fahrstuhl alleine. Diese Gelegenheit nutzen
die Strukturspinnen der Weberin, die zu dem
Ergebnis gekommen sind, dass die Charaktere durch ihre Anwesenheit zuviel Unruhe
in die Siedlung bringen, und fangen an, das
Stahlseil der Kabine durchzutrennen. Es
folgt eine dramatische Szene, die von dem
Knirschen und Kreischen des Seiles, dem
Klackern der Spinnenbeine auf dem Fahrstuhldach und der panischen Aktivität der
Charaktere im Inneren der Kabine bestimmt
sein sollte. Die Charaktere haben einige Möglichkeiten aus dem immer noch nach oben
fahrenden Fahrstuhl zu entkommen. Sie
können durch die Luke auf das Dach und von
dort auf eine andere Kabine springen, die Türen aufstemmen oder gar in die Umbra flüchten (wo sie dann allerdings mitten in einem
Fahrstuhlschacht herauskommen…). Sollte
jemand den Nothalt ausprobieren, so wird er
enttäuscht – er funktioniert ebenso wenig,
wie die Bremsklammern, so dass die Kabine,
einmal haltlos, die vollen 60 Stockwerke herSeite 42
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Natterngezücht
unterrast (10 Wunden für den Unglücklichen,
der dann immer noch in der Kabine steckt,
die er aber mit einem Widerstandsfähigkeitswurf gegen 8 verringern kann).
Bis die Charaktere sich wieder gesammelt
haben und endlich an der Wohnungstür der
Begtardos auftauchen, sollten etwa 20 Minuten vergangen sein.
Die Beschreibung der kommenden Szene
hängt stark davon ab, wie hartgesotten die
Spieler und der Erzähler sind. Die Charaktere
werden in der Wohnung feststellen, dass ein
Mann die kleine Amelie mißbraucht hat und
der Mutter dafür 50 Dollar gezahlt hat. Die
Präsentation dieser Szene verlangt einiges
an Fingerspitzengefühl. Meiner Einschätzung
nach sind Andeutungen immer schlimmer als
ausgesprochene Beschreibungen, denn die
menschliche Phantasie dichtet viel hinzu! Ich
würde darum zu folgender Variante raten:
Wenn die Charaktere ankommen, steht
ein gutaussehender Mann in einem guten
Anzug, mit einem Aktenkoffer in der Tür der
Wohnung und überreicht der Frau einen Umschlag. Man könnte an einen Versicherungsbetrug glauben, wenn der Mann nicht einen
hochroten Kopf hätte und für die feinen Sinne der Charaktere der Gestank von Sex in der
Luft läge. Aus der Wohnung hört man das leise Schluchzen eines Mädchens.
An dieser Stelle würde ich bei jedem einigermaßen empathischen Charakter einen
Zornwurf verlangen.
Sollten die Charaktere den Päderasten und
seine Komplizin am Leben lassen und mit
ihnen diskutieren, wird die Perversion ihrer
Gedanken offensichtlich. Der Mann versucht
sich damit herauszureden, dass er eben „kinderlieb“ wäre und das doch „ganz normal ist,
heutzutage“. Die Frau betont, es sei immerhin ihre Tochter und mit der könne sie machen, was sie will. Und außerdem: „Wie soll
ich denn durchkommen sonst, ohne Mann?“
Sollten die Charaktere den beiden, den Gar
ausmachen, werden sie eine weitere Besonderheit von Worker City feststellen: die Stasis hier ist so stark, dass passieren kann, was
will, niemand kommt nachschauen!
Wenn sich die Charaktere um Amelie kümmern, werden sie zu ihrer Überraschung
zweierlei feststellen können. Zum ersten erscheint Amelie immun gegen das Delirium,
zum anderen hat sie sich sehr schnell wieder
gefangen, erscheint sogar fröhlich. Mit einer
guten Menschenkenntnis kann man erkennen, dass sie wohl das Geschehene verdrängt
und im Moment erscheint es auch besser so.
So hart es ist: die Charaktere brauchen sie
noch.
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Amelie ist ein Mädchen von 11 Jahren,
recht klein für ihr Alter und viel zu dünn, was
auf ihre Eßstörungen zurückzuführen ist.
Ihre schulterlangen, braunen Haare locken
sich und ihre hellgrünen Augen wirken zu
alt für ihr Gesicht. Sie lacht viel, aber nur mit
dem Mund. Ihre Gesten sind sehr klein und
unsicher. Ob sie zu den Blutsgeschwistern
gehört, möglicherweise sogar von Tänzern
der schwarzen Spirale, bleibt dem Erzähler
überlassen.
Sollte Amelie einen Charakter in einer anderen Form als Homid gesehen haben (was
der Erzähler forcieren kann, wenn er einen
schnellen Fortgang der Geschichte wünscht)
wird sie sich erkundigen, ob das Rudel von
Pogo geschickt wurde.
Pogo, so stellt sich heraus, ist offensichtlich
einer der Garou, die den Vorhang brechen,
denn er hat sich Amelie in Crinos gezeigt und
ihr versprochen, ihren Vater und ihre Mutter
zu töten, die „schlimme Dinge gemacht haben!“ Ihren Vater hat er schon erwischt, erklärt sie stolz und erleichtert.
Mit etwas Einfühlungsvermögen sollten
die Charaktere in der Lage sein, Amelie zu
entlocken, wo sich Pogo aufhält: in einem alten Luftschutzbunker etwa 5 Kilometer von
Worker City entfernt. Sie weiß nicht, wieviele
Garou es sind, aber sie hat zwei weitere gesehen. Somit wissen die Charaktere von mindestens drei!
Wenn Amelie nicht weiß, dass die Charaktere Garou sind, werden sie es deutlich
schwerer haben, ihr Vertrauen zu gewinnen.
Sie ist zwar dankbar, wenn ihre Mutter tot
ist, was ihre große Qual zeigt, aber ist auch
misstrauisch, was die Charaktere vorhaben
und wird ihnen Pogo nicht absichtlich verraten. Zumal er sie gewarnt hat, dass man nach
ihm fragen könnte.
Interludium:
Die Umbra
Oh Tato, we are not in Kansas anymore!
— Dorothy in: „Der Zauberer von Oz“
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Charaktere sich die Zeit mit einem kleinen Ausflug in die Umbra verkürzen wollen, zumal
sie allerorten, auch im Inneren der Häuser,
verspiegelte Flächen vorfinden können. Sollten sie den Todesgürtel von 9 überwinden
können, bietet sich ihnen ein erschreckender
Anblick: Alle Hochhäuser bestehen hier aus
rechtwinkligen Gittern, die von unzähligen
Musterspinnen gewartet werden. Die ganze
Siedlung wirkt wie ein Computer-Gittermodell der realen Welt. Die Wohnungen erin-
DIE HANDLUNG
Wer nicht das gesamte Abenteuer durchlesen möchte um zu erfahren, um was es
geht, der findet hier eine Zusammenfassung der Handlung.
Die Charaktere sollen einen Bruch des
Vorhangs aufdecken und geraten dabei
auf die Spur eines Päderasten und einer
Kolonie der Weberin. Zudem erfahren
sie, dass eine Gruppe Metis ihre Behinderung ablegen konnte, indem sie sich mit
einem Vampir zusammengetan haben. Es
beginnt eine Jagd auf die Metis und den
Vampir.
Doch scheinbar steckt mehr hinter der
Geschichte als zunächst offensichtlich,
denn plötzlich taucht der Schlangentänzer auf – ein sehr mächtiger Vampir. Er
macht den Charakteren ein Angebot: er
offenbart ihnen den Aufbewahrungsort
einer sehr mächtigen Klaive, wenn diese
die Waffe bergen und gegen einen Tänzer
der Schwarzen Spirale einsetzen.
Um an das Artefakt zu gelangen geht es
in den Dschungel des Amazonasgebiets.
Dort erhalten die Charaktere nach zahlreichen Kämpfen die Klaive und den Hinweis,
dass sich das Opfer in Afrika aufhält.
In Afrika gilt es schließlich die List des
Schlangentänzers zu durchschauen und
den schwarzen Kontinent vor einem
schrecklichen Schicksal zu retten. Dabei
müssen die Charaktere aber auch immer
ihrer Seele treu bleiben und darauf achten, dass ihre Ehre erhalten bleibt.
Wie auch immer das Abenteuer endet,
werden sich die Charaktere wahrscheinlich vom Wyrm haben benutzen lassen –
und müssen damit leben.
nern an Legebatterien und alles ist trist und
von leicht metallischem Glanz.
Nur der Todesalb (Gespenst) Frank Begtardos sticht heraus (Beschreibung im Appendix). Er wird sich voller Wut auf die Charaktere stürzen, wenn einer von ihnen in Crinos
ist. Sollte er besiegt, aber nicht ausgelöscht
werden, und die Charaktere können ihn davon überzeugen, dass sie nicht seine Mörder
sind, dann unterhält er sich zynisch, aber ruhig mit ihnen. Gleiches gilt, wenn sie in Homid herumlaufen.
Frank hat noch nicht so recht verstanden,
wo er ist. Er weiß jedoch, dass er tot ist und
vermutet darin Unbesiegbarkeit. Sein ganzer
„Lebenszweck“ ist es nun, die Monster zu
erwischen, die ihn getötet haben. Es waren
zwei Werwölfe und er hat sie bereits einmal
wieder in der Stadt gesehen, vor einer Woche
und das war eine Woche nach seinem Tod (er
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Natterngezücht
DANK S A G U NG
Besonderer Dank für das Testspiel und
einige der besten Werewolf-Abende aller
Zeiten an…
• Janina “Gloom: Vorher musst Du an mir
vorbei!“ Wiesler
• Michael „Maple-Sticking-the-Clouds:
Jetzt habe ich eine Aufgabe!“ Wilming
• Daniel „Sa-Wepwaweth: Tragt und ich
trage Euch!“ Dzepina
Außerdem Dank an Ilka „Zappelphillip“
Bürstinghaus, die so nett war, mir spanische Sätze zu liefern.
kann in die reale Welt spieken), konnte ihnen
aber nichts anhaben. Dass dies daran liegt,
dass sie nicht in der Umbra waren, weiß er
nicht. Er kann sich angeblich nicht erklären
warum sie ihn getötet haben (was man mit
Wahrnehmung und Empathie leicht als Lüge
enttarnen kann – er vermutet sehr wohl, dass
es etwas mit seinem Mißbrauch an Amelie zu
tun hat) und hofft darauf, dass das Rudel ihm
hilft, sich zu rächen. Er vermutet, dass die
Werwölfe heute wiederkehren.
Frank ist im Übrigen nicht vom Wyrm berührt, er ist einfach von seinem menschlichen
Wesen allein schon verdorben genug. Wyrmgespür oder ähnliche Gaben werden aus diesem Grund nicht bei ihm wirken!
Szene 1.04:
Gleich und gleich…
We‘re all stars now in the dope show…
We‘re all stars now in the dope show…
— Marilyn Manson, The Dope Show
Entweder das Rudel lässt sich von dem
Mädchen zu dem Bunker bringen, oder es
macht sich selber auf die Suche – aber dann
stellt sich die Frage, was sie mit Amelie machen. Hier muss der Erzähler eine Lösung
improvisieren. Ein Kind der Gaia oder eine
Schwarze Furie sollten sich in die Verantwortung genommen fühlen, während einer
Roten Klaue das Kind recht egal sein dürfte.
Eine Möglichkeit wäre es, Amelie im Kinderhort bei Carolina abzugeben, die noch dort
zu sein scheint, obwohl es in dieser Szene
schon auf den Abend zugeht. Wenn die Charaktere sie überraschen, können sie sehen,
wie sie Amelies Zeichnung des Garou in den
Aktenvernichter schiebt, aus Angst, dass sie,
wenn sie untersucht wird, Veränderungen
bringt. So weit ist es mit ihr schon gekommen, so stark ist die Weberin in ihr.
Der Bunker ist an der Oberfläche nur durch
ein kleines Betonquadrat und eine waagewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
rechte Luke zu erkennen. Der Erzähler sollte
nun abschätzen, wie die Charaktere auf das
Auftauchen der anderen Garou reagieren
werden. Wenn er glaubt, dass das Rudel
trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit sofort
zum Angriff übergehen würde, sollte er diese
Szene vielleicht überspringen.
Ansonsten wird dem Bunker eine Gruppe
Metis in Crinos entsteigen (Anzahl der Charaktere plus zwei – sechs fertig ausgearbeitete Metis finden sich im Appendix). Natürlich
können die Charaktere an dieser Stelle, außer
durch entsprechende Gaben, noch nicht wissen, dass es Metis sind. Sie stehen offensichtlich unter Pogos Führung. Mit Wahrnehmung
und Aufmerksamkeit kann einem Charakter
auffallen, dass keiner der Metis eine Behinderung zu haben scheint. Das folgende Gespräch sollte deutlich zeigen, wie sicher sich
die Metis fühlen. Sie sind der Meinung, dass
Metis die eigentlichen Herrscher der Garou
sind, die Weiterentwicklung der herkömmlichen Werwölfe. Wenn das Mädchen dabei
ist, warnt Pogo die Charaktere davor, ihr etwas anzutun. Gegenteilige Versicherungen
lassen ihn ein bisschen weniger hochnäsig
werden.
Wenn das (Streit-) Gespräch auf die MetisBehinderungen kommt, wird Chu-Long in
Homid wechseln und man erkennt, dass er
in dieser Form einen verdrehten Arm hat. Bei
der anschließenden Rückverwandlung verschwindet die Behinderung. „Wir haben eine
Lösung für dieses Problem gefunden! Schickt
uns Eure Metis, sie sollen sich uns anschließen, dann heilen wir sie!“
Das Gespräch endet mit der Warnung Pogos, dass die Charaktere ihnen nicht mehr in
die Quere kommen sollen!
Die Metis ziehen sich zurück. Wenn die
Charaktere sich im Umfeld ein wenig umsehen (und „umriechen“) können sie möglicherweise eine mehrere Tage alte Spur eines
Wolfes wahrnehmen, die von keinem der
Metis stammt. Die Spur verliert sich schnell
wieder.
Wenn die Charaktere sich auf die Lauer
legen, werden sie einen Wolf ankommen
sehen, der sich erst auf der Luke in einen
Menschen verwandelt. Dabei durchläuft er
aber nicht die fünf Formen, was bei einem
Wurf auf Intelligenz und Okkultismus oder
Nachforschungen offenbart, dass es sich hier
um einen Vampir handelt. Es ist der Gangrel
Lucian Doorway (siehe Beschreibung im Appendix), der mit der wöchentlichen Dosis
„Heilserum“ für die Metis kommt.
Zeit ein wenig vom Hintergrund für den
Erzähler zu enthüllen: Die Metis haben sich
mit dem Vampir eingelassen, weil dieser ihnen die Heilung ihrer durchweg körperlichen
Behinderungen versprochen hat. Das Mittel,
das er ihnen gibt, wirkt tatsächlich, ist es doch
mit dem Blut eines Vampirs vermischt, der
Fleisch formen beherrscht. Leider hat es die
unangenehme Nebenwirkung, die Metis zum
einen für vampirische Beeinflussung sehr anfällig werden zu lassen, vor allem jedoch, sie
sofort in eine Wyrmraserei zu jagen. Lucian
verlangt als Gegenleistung das Blut der Werwölfe, nach dem er süchtig ist. Davon gerät
auch er in eine Art Raserei.
Sollten die Charaktere sich zu irgendeinem
Zeitpunkt der Geschichte den leeren Bunker
ansehen, so werden sie ihn wie ein Gang-Safehouse eingerichtet finden: alte Sofas, viel
Bier, ein Videorecorder, eine Stereoanlage,
viel leere Essenspackungen, etc.
Wichtig für das Rudel sind lediglich die leeren Ampullen mit den Rückständen des Serums darin, die ein Theurge möglicherweise
als das erkennen kann, was sie sind. Und die
Wandzeichnungen, die ein Galliard mit einem
Geistesschärfe und Enigmas Wurf (6) entziffern kann: Sie erzählen von einer Weltordnung, in der die Metis über alle Lebewesen
herrschen und nur wenige Vampire neben
sich dulden – die Gangrel und die Schlangenfürsten, also Setiten. Zu diesem Punkt später
mehr.
Szene 1.05:
Hallali!
Masters of Revenge
Masters of Payback
Inciters of Chaos
Messengers of Rage.
Bodycount
Body muthafuckin‘ count
— Bodycount: Masters of revenge
Kurz nachdem der Vampir den Bunker betreten hat, fliegt die Luke auf und die Metis
in Crinos und der Gangrel in Wolfsform stürmen wieder heraus – in Richtung Worker
City. Sie sind noch nicht in völliger Raserei,
folgen jedoch mehr oder weniger den Befehlen Lucians. Sollten sie angegriffen werden,
so bleibt die Hälfte zurück, um die Charaktere zu bekämpfen. Lassen die Charaktere die
Metis passieren, so werden sie später ihre
Spur deutlich verfolgen können.
Den einen Teil (ohne Pogo und den Vampir), treffen sie im völlig verwüsteten Inneren
eines kleinen 24-Stunden Supermarktes. Die
Kassiererin liegt mit aufgerissenem Brustkorb auf der Theke, ihr Herz und ihre Innereien sind herausgerissen. Wenn das Rudel einSeite 44
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Natterngezücht
trifft, verspeisen die Metis gerade ihre Beute.
Ein Mann liegt mit gebrochenem Rückgrat
auf einem der Regale. Der Boden ist übersät
mit kaputten Flaschen und Packungen. Eine
einzige, flackernde Neonröhre beleuchtet
das grausame Bild. Sobald die Metis der Charaktere gewahr werden, greifen sie an. Der
Erzähler sollte daran denken, dass sie in Raserei sind, mit allen damit verbundenen Vorund Nachteilen.
Einer der Metis könnte im Moment seines
Todes seine Fehler bereuen, wenn das dazu
geeignet ist, den Charakteren klarzumachen,
dass sie gerade Garou aus ihren eigenen Reihen töten, sozusagen. Und damit für das erwünschte schlechte Gewissen sorgen.
Die Spur der restlichen Metis, nebst Pogo
und dem Vampir, führt auf direktem Wege
zu einem Bürogebäude. Ein großes Schild, eigens beleuchtet, weist es als: „Cybercross –
Computermanagement und Systemdesign“
aus. Die schwere Eiseneingangstüre ist achtlos nach innen gebogen worden.
Im Inneren können die Charaktere die Spur
durch einen großen Büroraum verfolgen, in
dem unzählige Computer stehen, von denen
einige bei ausgeschaltetem Bildschirm noch
arbeiten und ab und an Geräusche von sich
geben. Die Spur führt eindeutig zu einer weiteren Eisentür ohne Beschriftung. Wenn sich
die Charaktere mit den Computern beschäftigen, wird es irgendwann einen lauten Knall
von hinter der Tür geben. Dann hängt eine
große Ratte an der Innenseite, mit einem
Zwölf-Zoll-Nagel festgesteckt, der tief in das
Eisen gerammt ist – die Metis wissen, dass
die Charaktere kommen!
Es geht eine lange Treppe herunter, die in
einen langen Keller führt, in dem eine Menge
bis unter die 6 Meter hohe Decke reichende
Rollregale angebracht sind, in denen alte Magnetbänder hängen. Sie sind jeweils auf einer
Schiene angebracht und über eine Winde an
der Seite jedes Regals vor- und zurückrollbar,
so dass zwischen zwei Längsseiten eines Regals eine Lücke entsteht, durch die man hineingehen kann – und in der man prima von
den schweren Regalen, die mit wenig Kraftaufwand über die Winde sehr schnell bewegt
werden können, zerquetscht werden kann.
Die Regale stehen aber nicht alle in einer
Reihe, sondern versetzt und z. T. auch um 90
Grad gedreht, so dass alle paar Meter eine
Seitenwand, dann wieder die Stirnwände
der Regale vor bzw. neben den Charakteren
sind.
Die Stimmung sollte bestimmt sein von
angespannter Erwartung. Unaufhörliche
Geräusche von Wasser, das von den heißen Heizungsrohren auf den Boden tropft,
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das Klackern von Zündungsschaltern, das
Trippeln von Rattenfüßen, das Zischen von
Überdruckventilen und das Ganze nur beleuchtet von kleinen roten Notleuchten,
die wie Lichterketten an der Decke und im
Boden angebracht sind. Außerdem der stechende Geruch von Reinigungsmitteln, der
chemische Gestank der Magnetbänder und
der beißende Duft nassen Metalls. Das Rudel
sollte das Gefühl haben, in einem Labyrinth
umherzuirren, in dem sie plötzlich vom Jäger
zum Gejagten werden.
Wenn die Nerven der Spieler und Charaktere blank liegen zeigen sich die verbleibenden
Metis – sie sind nicht mehr in Raserei! Pogo
wird sich die Zeit nehmen, die Charaktere zu
verhöhnen und eventuell die eine oder andere Gabe anzuwenden. Die Metis kennen sich
in diesem Keller aus und werden durchaus
auch versuchen, die Charaktere zwischen
die Regale zu bekommen und sie dort zu zermalmen. Ein „Angriff“ mit einem der Regale
(Geschick und Sportlichkeit gegen Geschick
und Ausweichen) sollte bis zu 5 Wunden verursachen und der Eingeklemmte muss einen
Stärkewurf gegen 8 schaffen, um sich zu befreien, wenn er erst einmal eingeklemmt ist.
Auf den Ersten, der einen der Metis besiegt,
stürzt sich der Gangrel von oben, zwischen
zwei Regalen, herab.
Szene 1.06:
Gespaltene Zunge
Allein mit dem Toten
allein mit dem Zeichen der Tat
allein mit dem Toten
Hass, Verzweiflung, Gier und Verrat
— Subway to Sally: Kain
Diese Szene hängt wieder stark von der
Gruppe ab. Wenn der Erzähler meint, dass
sein Rudel niemals einen noch so vorteilhaften Pakt mit einem Vampir eingehen würde,
egal wie viel Druck dieser ausübt, sollte er die
folgende Szene abändern. Alternativen folgen im Anschluss an die Beschreibung dieser
ausgearbeiteten Möglichkeit:
Nach dem Kampf, wenn die Charaktere
ziemlich angeschlagen sein sollten, ertönt
plötzlich ein arrogantes Händeklatschen
hinter ihnen. Wo vorher, von der Macht der
Verdunkelung verhüllt, eine Wand zu sein
schien, befindet sich jetzt ein Gitter aus dicken Metallstäben. Dahinter sehen die Charaktere den Schlangentänzer.
Er sollte irgendetwas bei sich haben, das
den Charakteren wichtig genug ist, um sie
damit unter Druck zu setzen. Das kann ein
Mündel sein, Blutsgeschwister, Amelie, wenn
die Charaktere sie alleine gelassen haben und
sich verantwortlich für sie fühlen. Sollte Amelie die ganze Zeit beim Rudel geblieben sein,
hat er ihren Geist aus dem Körper gestohlen
– Amelie muss dann zu einem früheren Zeitpunkt des Abend plötzlich ohnmächtig werden und nicht mehr aufzuwecken sein.
Das Gitter ist stabil genug um dem Angriff
der Garou Stand zu halten – immerhin ist es
nur zu diesem Zweck gebaut worden. Sollte
das Rudel mit Schusswaffen oder ähnlichem
bewaffnet sein, kann das Gitter auch durch
Panzerglas ersetzt werden. Wichtig ist, dass
die Charaktere ihren „Peiniger“ sehen können – und er sie, um Beherrschung anzuwenden, falls es nötig werden sollte.
Der Schlangentänzer gratuliert den Charakteren, dass sie „seine Wölfchen“ besiegt
haben. Nun muss er wohl mit ihnen Vorlieb
nehmen – indes: da sie gesiegt haben, sind
sie vermutlich ohnehin besser geeignet. Er
bietet ihnen etwas an, das sie unmöglich
abschlagen können: Die Lage eines Sternenklaives – also eines Klaives, das aus dem Eisen
eines Meteoriten gefertigt wurde. Er nennt
es das Skarab-Lat. Bei einem Wurf auf Intelligenz und Okkultismus (6) hat der Charakter
schon einmal von dem Skarab-Lat gehört
(dessen Geschichte und Werte im nächsten
Teil der Geschichte offenbart werden):
1-2 Erfolge: Ein Sternenklaive, das vor
einigen Jahrzehnten aus der Obhut
der Stillen Wanderer verschwunden
ist.
3-4 Erfolge: Es geht die Sage, dass
dieses Klaive in den Händen eines
aufrechten Garou in der Lage ist, jede
Kreatur des Wyrm mit einem Streich
zu töten.
5+ Erfolge: Angeblich wurde es eigens geschmiedet, um ein mächtiges
Wesen des Wyrm zu töten.
Für die Offenbarung der Lagerstätte verlangt er nur, dass die Charaktere mit dem
Skarab-Lat einen von ihm noch zu bezeichnenden Tänzer der Schwarzen Spirale töten. Er wird nicht zögern zu beweisen, dass
er seine Drohungen den Schwachpunkt der
Charaktere betreffend, wahrzumachen bereit ist.
Wenn die Charaktere den Pakt eingehen,
wird er sie die heiligsten Garouschwüre sprechen lassen, um ihn zu bestätigen. Wenn er
glaubt, damit durchzukommen, wird er die
Garou auch nötigen wollen, einen Schluck
seines Blutes zu trinken, aber er wird es nicht
auf die Spitze treiben! Er braucht das Rudel
für seine Pläne.
Er gibt ihnen eine ungefähre Längen- und
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Natterngezücht
Breitengradangabe. An dieser Stelle sollen
die Charaktere nach einem Tal suchen. In jenem Tal werden sie zur Mitte jeder Vollmondnacht den Zugang zu der Höhle finden, in der
das Skarab-Lat liegt. Die Gradangaben liegen
mitten im Amazonasgebiet.
Danach wird er, sehr zum Ärger der Charaktere, mit Verdunkelung plötzlich vor ihren
Augen verschwinden.
Alternativen: Wenn die Charaktere nicht
über Gaben wie Geruch der wahren Gestalt
oder Wyrmgespür verfügen, böte sich die
Möglichkeit, dass der Schlangentänzer sich
als ein Magier ausgibt, der sich an die Metis
gewandt hat, die ihn aber schmählich ausgelacht haben, und der nun die Charaktere um
Hilfe bittet gegen den Spiralentänzer. Um ihn
zu töten habe er die Lage des Sternenklaives
herausgefunden, aber ein alter Fluch hindert
ihn daran, den Kontinent (das Land/dieses
Haus) zu verlassen.
Oder er gibt sich als Archäologe aus, der
auf eine Spur des Sternenklaives gestoßen
ist – im Zusammenhang mit der Prophezeiung, dass diese Waffe geschmiedet wurde,
um den Spiralentänzer zu töten. Eine andere
Möglichkeit wäre es, diese Geschichte hier
enden zu lassen und die Charaktere aus eigenem Antrieb durch eine Traumoffenbarung
in der nächsten Geschichte durch die folgenden Akte zu führen.
Wird eine dieser – oder eine andere – Alternative gewählt, müssen natürlich die folgenden Teile entsprechend angepasst werden.
Zweiter Akt:
Der Amazonas
There‘s a light
Over at the Frankenstein Place
There‘s a light
Burning in the fire place
— The Rocky Horror Picture Show:
Over at the Frankenstein Place
Was bisher geschah
eines mächtigen Setiten, dem Schlangentänzer, verfallen, der ihnen ein Serum gab, das
ihre körperlichen Behinderungen heilte, solange sie es regelmäßig bekamen. Sie waren
nicht bereit, sich von ihrer Idee der neuen
Weltordnung zu entfernen, so dass das Rudel gezwungen war, mit ihnen zu kämpfen.
Nach einem Sieg, der aber einen bitteren
Geschmack zurückließ, tauchte der Schlangentänzer auf (siehe Dramatis Personae)
und offenbarte, dass er mit dem Metisrudel
etwas vorhatte, das nun das Rudel übernehmen soll. Durch ein Druckmittel brachte er
die Charaktere dazu, einen Pakt mit ihm einzugehen: sie sollten mit einem Sternenklaive,
einer besonders mächtigen Waffe, einen Tänzer der schwarzen Spirale töten. Noch sieht
es für das Rudel so aus, als könnten sie bei
diesem Pakt nur gewinnen: sie erhalten eine
mächtige Garouwaffe, die verloren gegangen ist, zurück und töten einen ihrer Feinde.
Aber im Pakt mit Vampiren ist nichts so, wie
es scheint.
Das Rudel hat von dem Setiten den ungefähren Lageort des Skarab-Lat, des Sternenklaives, erfahren: mitten im Amazonasgebiet.
Und dorthin ist das Rudel nun auf dem Weg.
Anmerkung zum Amazonas
Im Amazonasgebiet halten sich neben
einer recht großen Anzahl Garou, die hier
den wild randalierenden Wyrm in Form von
Pentex bekämpfen, natürlich auch noch die
Bastet (Werkatzen) und Mokolé (Werkrokodile) auf. lch habe darauf verzichtet, irgendeine der drei Parteien extra einzubauen, was
den Erzähler aber nicht daran hindern sollte, wenn er eine gute Idee hat, z.B. für eine
falsche Spur oder ein Zwischenabenteuer.
Er sollte nur beachten, dass die Charaktere
deutlich in Zeitnot sind.
Szene 2.01:
ANKUNFT im Dschungel
Das Rudel wurde in die von der Weberin
dominierte Siedlung „Worker City“ in der
Nähe ihres Caerns geschickt, um einen Bruch
des Vorhanges aufzudecken. Auf ihrer Suche
befreiten sie die 11-jährige Amalie, die von
ihrer Mutter an Päderasten verkauft wurde,
und die sich mit einem der Metis angefreundet hatte. Sie schien ein Blutsgeschwister zu
sein.
Egal wie sie zum Amazonasgebiet kommen
– mittels Mondbrücke, Flugzeug oder Schiff –
irgendwann müssen sich die Charaktere um
den letzten Teil der Reise kümmern, und der
wird in einem kleinen Flugzeug stattfinden,
sofern mindestens ein Homid-Geborener dabei ist. Wenn die Spieler nicht unbedingt Reisefanatiker sind, kann man vom ersten Akt
auch direkt einen Zeitsprung in das Flugzeug
machen.
Schnell fand das Rudel die Spur eines
Metis-Rudels, das sich aus der Garou-Gesellschaft ausgeklinkt hatte und eine neue Weltordnung schaffen wollte – mit sich selbst an
der Spitze. Die Metis sind den Verlockungen
Geflogen wird es von Pete McCallahough,
einem grobschlächtigen Kerl mit der schlechten Angewohnheit, Kautabak zu spucken.
Er erzählt mit Vorliebe von „diesen reichen
Schnöseln aus Übersee“, die ihn mieten wol-
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len, um Tiere aus der Luft abzuknallen, aber
damit sind sie bei ihm „an der falschen Adresse“. Diese Einstellung sollte Pete den Charakteren recht sympathisch machen.
Während des Fluges können die Charaktere die Majestät des unberührten Dschungels
von oben erahnen. Riesige Bäume, stufenartig untereinander wachsendes Grün und unzählige Tiere – die meisten nur durch ihre Geräusche zu erahnen. Hier ist das Wyld noch
fast unberührt. Fast, denn Pete landet wenig
später auf einer kleinen Lichtung, an deren
Rand einfache Holzhütten mit Wellblechdächern gebaut sind. Diese kleine Siedlung
wird von Edelsteinsuchern und ihren Familien bewohnt, die sich aber offensichtlich auch
darauf eingestellt haben, den ab und an auftauchenden Touristen – und dafür halten sie
das Rudel – das Geld aus den Taschen zu ziehen. So begrüßt man die Charaktere freundlich. Wenn einer der Charaktere Spanisch
spricht kann er sich problemlos verständlich
machen, ansonsten wird Piedro Tieragona,
der selbst ernannte aber nie widersprochene
Leiter der Siedlung in mäßigem Englisch mit
ihnen sprechen.
Die etwa 40 Bewohner der Häuser, allesamt Latinos, laufen neugierig zusammen
– selten kommt hier jemand außer Pete, der
die Leute mit Vorräten versorgt, her. Sie sind
einfach gekleidet und die meisten tragen
kein Schuhwerk.
Sobald das Rudel bekannt gibt, dass es
zu einem Tal in „etwa dieser Richtung“ will
(denn genauer können sie die Lage trotz der
Angaben des Vampirs nicht einordnen) und
nach einem Führer fragt, wandelt sich das
Verhalten der Leute. Sie werden abweisend,
lassen die Charaktere alleine stehen, raten
ihnen ab, etc.. Es sollte eine Stimmung wie
in den guten alten Gruselfilmen aufkommen,
wenn sich die Männer und Frauen in der
Schenke zuwispern: „Sie wollen zum Schloss
des Grafen aufbrechen…“
Sehr schnell werden die Charaktere sich
alleine auf dem Platz wiederfinden. Die Menschen weigern sich, mit ihnen zu sprechen.
Als schon alles verloren scheint, tritt Gonzales vor. Er ist ein schmutziger Junge von
vielleicht 12 Jahren, mit einem strubbeligen,
schwarzen Schopf, einem abgewetzten L.A.
Lakers T-Shirt, Jeans und Sandalen, dessen
blaue Augen vorwitzig blitzen. Über seiner
Schulter trägt er eine Elefantenbüchse. Das
Gewehr ist praktisch so lang wie er.
Er verkündet stolz: „Les guiaré!“ (Ich führe Sie!). Er verlangt in gebrochenem Englisch
nicht weniger als 100 Dollar für seine Dienste.
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Natterngezücht
Nach dem Tal der Schlangen gefragt kann
er Folgendes berichten:
das sein Verschwinden erklärt. Die Charaktere stehen alleine mitten im Dschungel.
Generationen, dazu auserwählt, um das „heilige Messer“ zu wahren.
„Die anderen Führer haben Angst vor dem
Tal, weil es dort vor Schlangen nur so wimmelt.“
Mit einem Wurf auf Wahrnehmung und
Instinkt können die Charaktere allerdings die
Richtung wiederfinden, in die sie gegangen
sind und in der sie das Tal vermuten.
Wenn die Charaktere sie nicht alle töten
wollen, müssen sie sich eine Begründung einfallen lassen, warum gerade ihnen der Zutritt
zum Tal nicht verwehrt werden sollte.
Abhängig davon, ob die Charaktere die
Nacht durchwandern wollen oder Rast machen, kommt es in der finsteren Nacht (und
unter einem dichten Blätterdach ist es wirklich finster!) zu folgendem Ereignis:
Ein Schwur, das Klaive nur zum Guten zu
benutzen, durch eine Blutsbruderschaft mit
dem Häuptling bestärkt, oder die Verkündigung, dass man damit einen Vampir töten
will, wären angemessen, aber der Erzähler
sollte vor allem Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit
belohnen.
Er war schon ein paar mal dort, um Giftschlangen zu melken und ihr Gift zu verkaufen. Es sind etwa zwei Tagesreisen bis dorthin (nach einem Blick auf das schwächste
Mitglied der Gruppe verbessert er sich) – drei
Tagesreisen.
An dieser Stelle besteht die Möglichkeit,
den Zeitplan „nachzubessern“, so dass die
Charaktere tatsächlich erst in der Nacht vor
dem Vollmond im Tal der Schlangen ankommen.
Szene 2.02:
SALZHAUT
Des Richters erste Pflicht:
Beschuldigte zu hören.
— Johann Wolfgang v. Goethe: Faust II
Wie die Reise durch den Dschungel aussieht, hängt davon ab, wie gut sich die Charaktere ausgerüstet haben (Zelte, Proviant
etc.) und wie hoch ihr Wert in Überleben ist.
Etwas Essen zu besorgen ist im Amazonas
kein großes Problem, aber der Erzähler sollte
bedenken, dass die Charakter schwerlich in
Lupus jagen gehen können.
Je nach Laune des Erzählers und der Gruppe kann der Trip durch den Regenwald eine
großartige Erfahrung, ein Verschmelzen mit
der wirklichen Wildnis und ein Aufleben der
Verbindung mit Gaia sein, oder ein Höllentrip
durch feuchte Hitze, mit unzähligen Moskitos und unbequemen Schlafplätzen (oder für
den Lupus dies und den Homid das…).
Gonzales hat ein kleines Zelt dabei, das
man über einen Ast spannt. Unter diesem
schläft er auf einer einfachen Decke. Er hat
seine Waffe immer neben sich liegen. Er ist
die ganze Reise über recht still, grinst viel
und spart seinen Atem für das Laufen, bei
dem er ein ganz schönes Tempo an den Tag
legt. Sollte er in ein Gespräch eingebunden
werden, lässt er sich mit großen Augen von
„den großen Städten“ und von „den vereinigten Ländern von Amerika“ erzählen.
Am Nachmittag des Tages bevor man das
Tal erreichen soll, setzt ein starker Regen ein.
Es ist, als würden die Götter eimerweise Wasser ausschütten. Binnen weniger Augenblicke kann man die Hand vor Augen nicht mehr
sehen. Als der Regen sich legt, ist Gonzales
verschwunden. Der Regen hat alle seine Spuren weggewaschen. Es ist nichts zu finden,
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Die Charaktere bemerken plötzlich, dass
sich um sie herum immer wieder etwas bewegt. Weiße Schatten blitzen zwischen den
Baumstämmen auf. Das Ganze geht fast
geräuschlos vor sich, nur jemand in Lupus
oder mit verstärkten Sinnen ist in der Lage,
das Knacken kleinerer Äste, das Rascheln
der Blätter und das Geräusch von vielfachem
Atem zu vernehmen.
Dann springen gleichzeitig zwanzig „Wilde“ aus dem Gebüsch. Männer und Frauen
mit Speeren, nur mit Lendenschürzen bekleidet, ihre dunkle Haut mit weißer Farbe
von Kopf bis Fuß bedeckt. Sie haben die Gesichtszüge eines Buschvolkes. Ihre Gesichter
sind ausdruckslos, ihre Haltung gerade, die
langen, Knochen besetzten Speere stehen
neben ihren Füßen auf dem Boden. Während
sich das Rudel noch vom ersten Schrecken
erholt, tritt hinter einem Baum Gonzales hervor, jetzt ebenfalls beinahe unbekleidet, mit
weiß gefärbter Haut. Er lächelt traurig.
Sollten die Charaktere keine Anstalten
machen anzugreifen, tritt einer der Männer
vor, nimmt ein Beutelchen von seinem Gürtel
und schüttelt es in Richtung der Charaktere.
Dann schaut er hinein und seine Augen werden groß. Er ruft ein kehliges Wort und die
Krieger heben ihre Speere in eine abwehrende Haltung.
Was nun passiert, hängt stark von den Charakteren ab. Der Medizinmann des Stammes,
die sich die Whoukandi nennen, hat mit einer
Art primitiven Magie erkannt, dass das Rudel
Garou sind. Sie kennen an Garou nur die Nachfahren von Fenris, die sich nicht gerade positiv in den Amazonas eingeführt haben. Sie
vermuten darum, dass die Charaktere auch
nicht besser sind. Es liegt an den Charakteren, dies zu widerlegen. Wenn sie angreifen,
wird der Stamm bis zum Tod kämpfen.
Wenn sie sich diplomatisch zeigen und nett
zu Gonzales waren, werden die Whoukandi,
durch Gonzales, mit ihnen reden. Sie können
dann erfahren, dass es die Aufgabe der Whoukandi ist, den Zugang zum Tal der Schlangen
zu beschützen. Sie wurden von „der großen
weißen Schlange“, ihrem Totem, vor vielen
Szene 2.03:
TOD MIT LEISEN SCHRITTEN
Waiting for the Dawn, waiting for the night
The Day‘s to long, the day‘s too bright
This Man pursues you, a dagger in his hands
Yet he will never get into our land
— Deine Lakaien: Love me to the end
Die Whoukandi führen die Charaktere bis
zum Rand des Tales, weiter dürfen sie nicht
gehen. Sollte das Rudel sie getötet haben,
wird es das Tal alleine finden müssen. Es
erreicht den Talrand gegen Abend der Vollmondnacht.
Es ist ein tiefes, V-förmiges Tal, dessen Ränder aus lockerem Stein bestehen. Ein Stück
weit sind sie auch bewachsen, so dass die
Charaktere fast herunterstürzen, bevor sie
merken, dass sie am Talrand angekommen
sind. Dann wachsen erst wieder am Grund
des Tales Pflanzen, wo sich ein kleiner Fluss
entlangschlängelt. Der Abstieg sollte eine
Probe auf Geschick und Sportlichkeit (8) verlangen.
Im Tal angekommen wird dem Rudel bald
auffallen, dass es seinen Namen zu Recht
trägt. Es wimmelt hier von Schlangen jeder
Art: Würgeschlangen, Giftschlangen und
Speischlangen liegen hier fast Seite an Seite.
Wenn die Charaktere sie aber nicht provozieren, sind sie erstaunlich friedlich. Das Tal
ist ansonsten eine richtige Idylle, nur leider
findet sich keine einzige Höhle, in der das
Skarab-Lat liegen, könnte.
Wenn das Rudel dem Flüsschen folgt kommen sie an einen kleinen See, dessen Boden
man vor lauter Wasserschlangen kaum sehen
kann. Wenn die Charaktere nicht von selber
auf die Idee kommen, dass es sich bei diesem
See um das erwähnte Portal handelt, dann
kann der Erzähler sie mit einem Geistesschärfe und Okkultismus (oder Instinkt) Wurf (6)
darauf bringen.
Während die Charaktere nach SonnenunSeite 47
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Natterngezücht
tergang auf Mitternacht warten, stürmen
plötzlich einige Tänzer der schwarzen Spirale
die Talwand herunter – wie viele, das sollte
von der Kampfeslust der Gruppe abhängig
gemacht werden (Werte im Anhang). Einer
stolpert und rollt sich überschlagend herunter.
leuchtende Wasser hineingestiegen sind,
wird es dunkel um sie und sie haben das Gefühl, in einer großen Höhle zu stehen.
Als die Tänzer näher kommen, können die
Charaktere sehen, dass sie die abgerissenen
Köpfe der Whoukandi an ihren Gürteln tragen. Und diese Köpfe schreien vor Schmerz
und Zorn mit dem wütenden Geheul der Tänzer laut im Einklang. Ein Willenskraftwurf (7)
wird nötig, damit ein Charakter in den ersten
drei Runden etwas anderes machen kann,
als sich verschrocken zu verteidigen. Bei einem Patzer gerät der Charakter sofort in eine
Fuchsraserei.
Dann erhellt es sich langsam um das Rudel und sie sehen sich einer riesigen weißen
Schlange von gut 20 Metern Länge und Mannesdicke gegenüber. Sie hebt ihr vorderes
Drittel an, also etwa sechs Meter, und blickt
mit gütigen Augen auf das Rudel herab.
In der Zeit nach dem Kampf sollten sich die
Charaktere vom Rand der Schlucht beobachtet fühlen, aber im Dunkel nichts entdecken
können.
Etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht
berührt der erste Strahl des Mondlichtes
die Seeoberfläche. Der See beginnt aus sich
selbst heraus in hellem Mondlicht zu strahlen, welches das Rudel umhüllt. Am Rand
des Lichtkreises tauchen plötzlich dunkle
Gestalten auf, Fomori offensichtlich. Es sind
so viele, dass den Charakteren sehr mulmig
werden sollte. Ohne die schützenden Whoukandi konnten die Fomori das Tal mühelos
betreten. Zehn Fomori sind im Anhang als
Beispiel aufgeführt. Die monströsen Gestalten können aber den Lichtkreis offensichtlich
nicht betreten.
Andererseits können aber auch die Charaktere ihn nicht verlassen. Sollten sie irgendwelche aggressiven Handlungen gegen die
Fomori aus dem sicheren Schutz des Lichtes heraus unternehmen, beginnt das Licht
zu flackern. Fahren sie fort, erlischt es und
die Charaktere sehen sich den Fomori ohne
Schutz gegenüber und müssen einen vollen
Monat warten, bis das Portal sich erneut öffnet.
Szene 2.04:
HÖHLE DER SCHLANGE
Komm nur, komm, greif nach der Schlange,
längst ist all ihr Gift versiegt
auf dem Bauch ist sie gekrochen
und der Staub hat sie besiegt.
— Subway to Sally: Böses Erwachen
Wenn die Charaktere in den See hineingehen, umfängt sie Lunas Wärme. Ihre Wunden werden geheilt, ihre Gnosis erhalten sie
zurück. Sobald sie bis über die Augen in das
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Nach einer Weile begrüßt sie eine angenehme Stimme: „Ihr seid gekommen, um
das Skarab-Lat zu holen, nicht wahr, meine
Kinder.“
„Aber ich kann es Euch nicht geben! Ihr
habt mit dem Wyrm einen Pakt geschlossen!“
Die Schlange spielt natürlich auf den Vampir
an. Dies ist bereits Teil der Prüfung, die vom
Rudel bestanden werden muss, damit die
weiße Schlange ihnen das Skarab-Lat überlässt. Wie die Prüfung genau aussieht, muss
der Erzähler für sich und seine Gruppe selber
entscheiden. Ich schlage aber vor, dass die
Spieler sich das Klaive mit sehr gutem Rollenspiel der ein oder anderen Art erkaufen müssen! Keine Würfe, keine Proben, keine Rätsel
– das wäre meine Devise.
Ein möglicher Gang der Prüfung wäre zum
Beispiel: Zunächst müssen die Charaktere beweisen, dass sie nicht zuviel Wut in sich tragen, um das Skarab-Lat zum Guten zu nutzen.
Wenn sie die Schlange bedrohen oder gar angreifen, wird sie enttäuscht den Kopf schütteln und es beginnt langsam wieder dunkel
zu werden. Ein Angriff hat hier in ihrem Reich
keinerlei Effekt auf die weiße Schlange!
Der Erzähler sollte die Schlange wie eine
tadelnde, aber gütige Mutter spielen.
Wenn die Charaktere sich aber einsichtig
zeigen, sich möglicherweise die Schuld des
Paktes gegenseitig abnehmen wollen, greift
die Schlange tief in die Vergangenheit jedes
Charakters und lässt die anderen teilhaben
an seinem schlimmsten Erlebnis. Der Erzähler sollte entweder, wenn er entsprechende
Ereignisse kennt, das Ganze ausführlich beschreiben, oder die Spieler selber ermuntern,
das Geschehnis und die Gefühle ihres Charakters zu beschreiben. Die anderen Charaktere
erleiden alles als wäre es ihnen selber zugestossen und können auch nicht eingreifen.
Nachdem so das Rudel die geistigen Narben
aller Mitglieder teilt, beobachtet die Schlange
das Ergebnis. Zeigen sie sich verständnisvoll
und tröstend, so wird sie in ihre Mitte einen
ihrer Zähne legen, der sich in das Skarab-Lat
(mehr darüber im Appendix) verwandelt.
Sind sie vorwurfsvoll, spöttisch oder gar
aggressiv, haben sie ihre Chance verspielt.
Aber das ist, wie gesagt, nur eine der mög-
SPANISCH
Hier einige spanische Sätz, die man
gut an dieser Stelle einbauen kann und
durch die das Rudel noch unruhiger werden sollte.
„Buscan un guia por el valle de la serpiente.“ – Sie suchen einen Führer durch
das Tal der Schlange.
„No están en sus cahales!“ – Die haben
den Verstand verloren!
„Flay que detenerles!“ – Man muss sie
davon abhalten!
lichen Prüfungen, der Erzähler sollte sich frei
fühlen, sie an seine Gruppe anzupassen.
Aus dem Zahnloch der Schlange fließt Blut
und mit schwacher Stimme verkündet sie,
dass sie bald sterben wird. Ihre Aufgabe ist
erfüllt und sie wird nun Ruhe bei Gaia finden.
Die Charaktere sollten nun gehen, denn mit
ihrem Tod wird das schützende Licht Lunas
erlöschen und die Monster des Wyrm werden sich wieder frei bewegen können. Diese
Abschieds- und Sterbeszene sollte den Spielern wie den Charakteren wirklich ans Herz
gehen: Dieses weise, uralte Wesen gibt sein
Leben in der Hoffnung, dass die Charaktere
das Skarab-Lat würdig bewahren.
Wenn die Charaktere wieder an das Ufer
des Sees treten, haben sie noch einen Augenblick der Trauer, dann erlischt das Licht und
die Fomori stürzen sich auf die Charaktere
und zwingen sie, sich ihres Zorns zu erinnern
– und zu kämpfen.
Szene 2.05:
NACHRICHT DER TOTEN
Wie ich nach Deinen Zetteln dürste!
Lass Lebenszeichen und Weisheiten
Lass Wünsche mich im Portemonnaie
Und in Gesäßtaschen begleiten
Wo immer ich auch geh und steh
lch hab nur diesen Wunsch allein:
Lass immer Deine Zettel um mich sein!
— Reinhard Mey: Deine Zettel
Wenn die Charaktere dem nun durch die
Leichen der Tänzer, der Fomori und den Tod
der weißen Schlange profanisierten Tal den
Rücken zuwenden, werden sie erst einmal
nicht wissen wohin. Sie besitzen nun das
Skarab-Lat, eines der mächtigsten Klaive,
von dem sie je gehört haben, aber sie Wissen
auch, dass zur Erfüllung des Paktes mit dem
Vampir noch der Tod des Tänzers der schwarzen Spirale fehlt.
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Natterngezücht
An diesem Punkt spielt der Schlangentänzer ihnen eine Nachricht zu. Entweder
das Rudel findet plötzlich einen Umschlag
vor sich, oder ein Hubschrauber landet (z.B.
wenn die Charaktere zurück in die Siedlung
aus der ersten Szene gehen) und eine Frau
in einem völlig unpassenden Business-Outfit
steigt aus, um den Charakteren einen Umschlag zu überreichen und dann wieder zu
verschwinden.
Auf jeden Fall halten die Charaktere irgendwann einen Umschlag in der Hand, der mit
Wachs versiegelt ist, das ein verschnörkeltes
„G“ trägt. Im Inneren finden sie folgende
Nachricht, die in ihren Köpfen mit der Stimme
des Vampirs klingt, wenn sie gelesen wird:
„Meine aufrichtige Gratulation! Sie haben
meine in Sie gesetzte Zuversicht nicht enttäuscht. Und seien Sie ehrlich: ist das Fundstück nicht mehr als sie erwartet haben und
alle Mühen wert? So werden Sie sicherlich
auch nichts dagegen haben, sich nun dem
zweiten Teil unserer Abmachung zuzuwenden. Der Kurator des Nationalmuseums von
Harare, welches in Zimbabwe gelegen ist –
wie Sie unzweifelhaft wissen werden – wurde instruiert, Sie mit aller Kraft zu unterstützen. Wenden Sie sich vertrauensvoll an ihn.“
Der Brief endet mit: „lch wünsche Ihnen
weiterhin viel Glück, auch in meinem Sinne,
Miss (bzw. Mister)…“ – hier folgt der Name
des Charakters, der diese Zeilen liest. Während der Brief gelesen wird, verschwindet
die rote Tinte langsam.
Afrika ist nun also das nächste Etappenziel
der Charaktere. Wieder ist ungewiss wie sie
dort hinkommen. Finden sie Verbündete im
Amazonasgebiet und mit ihnen einen Caern
mit Mondbrücke? Oder müssen sie ein Flugzeug nehmen? Auf jeden Fall werden sie hoffentlich irgendwann in Zimbabwe eintreffen.
Dritter Akt:
AFRIKA
Wir wollen in die Stadt marschieren,
drinnen unser Glück versuchen.
— Lumpazi Vagabundus
Alle großen Städte müssen
vom Erdboden getilgt werden.
— Bismarck, 1852
Anmerkung: Viele der in diesem Kapitel
genannten Orte und einige der verwendeten
Sagen gibt es wirklich. Es sei mir verziehen,
dass ich sie in meinem Szenario zum Teil etwas „zurecht gebogen“ habe, um sie der
inneren Logik der Welt der Dunkelheit anzupassen.
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Harare
Da die Charaktere vermutlich einige Zeit
in Harare zubringen wollen/müssen, sollen
hiermit einige Anregungen für den Spielleiter
zu dieser Stadt eingefügt sein, aus denen er
schöpfen möge. Dieser kurze Abriss kann und
will natürlich keine komplette Beschreibung
der Stadt in der Welt der Dunkelheit sein.
Allgemein: Harare (vor der Unabhängigkeit von England Salisbury) ist die politische Hauptstadt Zimbabwes. Sie wurde im
Gedenken an den von den weißen Siedlern
ausgerotteten Shona-Stamm der Harare so
getauft, der uns in diesem Abenteuer noch
weiter beschäftigen soll. Die Stadt zeigt sich
in betont westlicher Bauart, und nur dass der
weitaus überwiegende Teil der etwa eine
Million Bewohner von schwarzer Hautfarbe
ist, liefert den Beweis, dass man auf dem afrikanischen Kontinent ist. Dennoch ist hier die
Weberin noch nicht allmächtig, finden sich
doch in der „Garden City“ genannten Stadt
unzählige Gärten, Parks und baumbestellte
Alleen.
Währung: Bezahlt wird mit dem Zimbabwe-Dollar, der ungefähr 3 zu 1 zum amerikanischen Dollar steht (also drei Z$ für einen
US$).
Bevölkerung: 70% der Leute sind Shona,
die sich wiederum in einige Untersippen spalten, die auch ihren eigenen Dialekt sprechen
(Korekore, Zezuru, Manyika, Ndau, Karanga
und Kalanga). Etwa 18% sind Ndebele (oder
Matabele), die ebenfalls ihre eigene Sprache
haben. Der Anteil der weißen Bevölkerung
liegt unter einem Prozent. Viele Einwohner
Harares sprechen aber außerdem zumindest
ein Pidgin-Englisch, Geschäftsleute natürlich
Oxford.
Interessante Plätze
Der Blumenmarkt – Von morgens bis
abends werden hier ganze Meere von Blumen angepriesen. Blühen dazu noch die
Jacaranda-Bäume mit ihrer blau-lila Blütenpracht ist der Platz ein Augen und Nasen betäubender Anblick.
Kopje – Der Stadthügel von Harare, von
dem man eine gute Übersicht über die Stadt
hat.
National Archives – Hier können die Charaktere die Geschichte des Landes aufbereitet entdecken und eine große Bibliothek
vorfinden. Vielleicht möchte der Erzähler
seinen Charakteren ja im Vorfeld mehr über
das Skarab-Lat, die Blitzschlange, die Harare
oder den Schlangentänzer offenbaren.
National Museum – Das Museum wird in
der zweiten Szene näher beschrieben.
Mbare Markt – Im Stadtteil Mbare befindet sich ein bunter afrikanischer Markt, auf
dem es alles, aber auch wirklich alles, zu kaufen gibt – wenn man weiß wo.
National Botanic Gardens – In diesem 58
Hektar großen Gebiet, in dem man jede erdenkliche Pflanze Zimbabwes findet, befindet sich der Caern der Stadt. Die Charaktere
werden ihn aber, bis auf einige Wachen und
die Blutsgeschwister-Gärtner, verlassen vorfinden, weil alle Garou der Stadt und Umgebung auf der Jagd nach Wyrm-Kreaturen sind
(siehe erste Szene). Aus diesem Grund bleibt
er unbeschrieben.
Epworth Balancing Rocks – 12 km südlich
von Harare. Der Wind hat hier aus Granitfelsen Formationen herausgearbeitet, die wirken, als wären große Brocken in wackeligen
Türmen aufeinander geschichtet worden.
Szene 3.01:
Freunde in der Fremde
And we howl at the moons
And we run to the kill,
With companions of fur and of cunning.
We survive in the ruin,
And take pride in our skill,
And find freedom and joy in the running.
— The Tribe: Children of the Fall
Wenn sich die Charaktere mit einem Flugzeug auf den Weg machen, landen sie am
Harare-Airport, der sich wenig von westlichen Flughäfen unterscheidet. In diesem Fall
werden sie ein wenig durch die Stadt streifen
und der Erzähler sollte die dritte Szene vorziehen um die Charaktere von Tsepo Tshola
zu Taganagu führen zu lassen, und dann diese Szene zu spielen.
Kommen die Charaktere über eine Mondbrücke an, so werden sie in einer kleinen
Höhle in der Nähe von Epworth Balancing
Rocks herauskommen, die aber offensichtlich kein Caern ist. Vor ihnen sitzt ein kleiner,
alter, dunkelhäutiger Mann mit einem runzeligen, lachenden Gesicht. Er trägt nur einen
Lendenschurz und sitzt in der Hocke, lehnt
den Kopf gegen eine Hand, mit der er eine
schmale Pfeife raucht.
Er begrüßt das Rudel mit den Worten: „Da
seid ihr endlich!“ und erhebt sich. Er stellt
sich als Taganagu vor, Silent Strider des dritten Ranges, Theurge. Er erwartet die Charaktere aufgrund einer alten Prophezeiung
und dem Ruf der Geister. An der Wand der
Höhle können die Charaktere tatsächlich ein
Bild ihres eigenen Rudels erkennen: Sie stehen umringt von Schlangen und der Träger
des Skarab-Lat hält eine Klinge im Maul. Die
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Natterngezücht
Zeichnung ist offensichtlich schon seit einigen Jahrzehnten hier.
Taganagu berichtet den Charakteren von
der Prophezeiung, muss dafür aber etwas
weiter ausholen und die Sage von Yaminyami erzählen.
„Es war vor langer Zeit, bevor die Weißen
kamen, dass der Shonastamm, dem dieses
Land gehörte, die Harare, vom Gott des
Wassers, der mächtigen Wasserschlange
Yaminyami, als sein Volk erwählt wurden.
Yaminyami war ein wütender, aber gerechter Gott und da sie ihm gut dienten, blieben
die Harare unbesiegt und gütig. Aber dann
kamen die Weißen und mit ihnen der große
blutsaugende Verderber. Die Wut und die
Trauer um die Gefallenen verdarb die Harare und der bleiche Wanderer zog Yaminyami
auf die Seite des Bösen. Seit jenen Tagen sind
die Harare die verlorenen Kinder Zimbabwes
und Yaminyami zürnt den Menschen.
Aber es gibt Hoffnung. Bis vor Kurzem haben einige Wenige dem Funken des Guten in
Yaminyami geopfert und so verhindert, dass
er sich erhebt und die Menschen straft. Aber
dann errichteten die Menschen den KaribaStaudamm. Yaminyami zürnte ihnen und 86
von ihnen fanden den Tod bei seinem Bau,
aber sie vollendeten ihn trotzdem.
Mit dem steigenden Wasser wurde auch
die letzte heilige Städte der guten Seite Yaminyamis vernichtet. Die Wächter des Guten
opferten ihr Leben, um den Schlangengott
in einen lange währenden Schlaf zu singen.
Aber jetzt wispern die Geister, dass jemand
versucht, ihn zu erwecken.“
Hier kommt er zur angedeuteten Prophezeiung. Der Erzähler sollte sich im Vorfeld
eine recht allgemeine Beschreibung überlegen, die aber gut auf das Rudel passt, also
z.B. „Das Rudel mit dem großen weißen
Wolf“ oder „Das Rudel der Eule“, wenn die
Eule das Totem ist).
„Wenn das Nest des Bösen gefunden und
das tote Kind geboren ist, werden die Harare die große Schlange rufen, aber wenn die
Harare nicht mehr sind, wird die Schlafende
erwachen. Das Rudel (hier die Beschreibung
einfügen) wird eine Entscheidung bringen.“
Als Nest des Bösen interpretiert Taganagu
die Höhle der Septe der Tänzer der schwarzen Spirale, die vor wenigen Tagen ausgeräuchert wurde. Fast alle Garou der Gegend sind
im Moment dabei, die Entflohenen zu jagen
und zu töten.
Das tote Kind, eine Totgeburt, wurde von
einer weiblichen Garou geboren, die während der Schwangerschaft Umweltgiften
ausgesetzt war.
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Die große Schlange und die Schlafende
sind für Taganagu beides Bezeichnungen für
Yaminyami, aber da irrt er. Mit der gerufenen
großen Schlange ist der Schlangentänzer gemeint, der von seinen Harare-Freunden gerufen wurde.
Taganagu bringt das Rudel bis zum Stadtrand, warnt sie aber, vorsichtig zu sein. Er
weiß jedoch auch keinen Rat, wie die Charaktere das Ganze anders lösen sollen, als dem
Plan des Vampirs zu folgen (wenn er von dem
Plan weiß). In die Stadt selber geht er nie!
Szene 3.02:
Geschichte Lebt!
Zu Gott hinken die Leute,
zum Teufel rennen sie.
— Deutsches Sprichwort
In der Stadt können die Charaktere sich
erst eine Unterkunft suchen, etwas essen
oder sofort zum Museum gehen. Hier sei auf
die Improvisationskünste des Erzählers vertraut.
Das National Museum of Harare liegt in
der Rotten Row und hat von 9:00 bis 17:00
Uhr geöffnet. Im Museum selber können die
Charaktere eine Unzahl von afrikanischen
Statuen, Exponate von Shona-Hochzeitsgewändern, paläontologische Ausstellungsgegenstände und die Historie der ersten Siedler
sehen. Mit etwas suchen können sie auch
eine steinerne Statue finden, die in etwa wie
ein Crinos wirkt und eine weitere, die Yaminyami darstellt. Beide haben allerdings für
den Fortgang der Geschehnisse keine Bedeutung.
Bei einer Anfrage an der Kasse (Eintritt
sind 2 Z$ pro Person) ruft die knochige, alte
Angestellte den Kurator und schickt die Charaktere dann zu seinem Büro.
Der Kurator ist in seinem Büro zu finden.
Es ist vollgestopft mit verschiedenen Ausstellungsstücken und einer Sammlung offensichtlich ägyptischer Sammlerstücke,
die er fein säuberlich in einem Schaukasten
ausgelegt hat. Auf der anderen Seite seines
breiten Schreibtisches steht ein Terrarium
mit einigen lebenden Wüstenschlangen darin, denen er gerade eine ebenfalls lebende
Maus hineinwirft, wenn die Charaktere hereinkommen. Er ist ein weißer Mann Mitte 50,
mit einer Halbglatze, fiebrigen, gierigen Augen und schweren, hängenden Augenlidern,
die manchmal zucken. Er schwitzt sehr und
unter seinen Achseln wird sein kleinkariertes Hemd von dicken Flecken verunziert. Er
hechelt beim Sprechen leise und stellt sich
als Jonathan Dicon vor. Er ist vom Wyrm be-
rührt.
Er erwartet die Charaktere schon – Mister Grenada habe sie bereits angekündigt.
Er winkt mit einem Brief, der das bekannte
Siegel mit dem verschnörkelten „G“ trägt.
Er rühmt sich, wie großartig es doch von ihm
sei, dass er es geschafft habe, Kontakt zu
dieser kleinen Gruppe aufzunehmen, welche
die Charaktere suchen. Er wird sehr geheimnisvoll tun und erst ganz zum Schluss, etwas
enttäuscht, offenbaren, dass er ein Treffen
mit den letzten Nachfahren der Harare vereinbart hat, das am nächsten Abend stattfinden soll. Die Charaktere sollen ihn morgen
nach Schluss des Museums hier treffen, dann
fährt er sie zu dem Treffpunkt.
Bei näherer Befragung wird Dicon offenbaren, dass Grenada ein großzügiger Gönner
des Museums ist und er schon ein paar Mal
die Ehre hatte, ihn zu treffen. Seine Beschreibung eines dicken, rosigen Mannes deckt
sich nicht mit der des Schlangentänzers,
denn dieser hat die Macht der Verschleierung benutzt.
Szene 3.03:
Wer suchet wird gefunden
Diesen Hunger, diese Gier
Nach Schönheit, Liebe, nach dem Leben
Spür ich heute noch in mir ungebrochen,
ungestillt.
So ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche gilt
— Hennes Wader: Der Büffel
Wenn die Charaktere durch die Stadt wandern, um die Zeit bis zu dem Treffen mit den
Harare totzuschlagen oder um anderen Dingen nachzugehen, wird einer von ihnen angerempelt. Der „Täter“ ist im Nu verschwunden. Entgegen der gängigen Befürchtung
wurde dem Charakter aber nichts gestohlen,
sondern im Gegenteil etwas zugesteckt: Eine
Karte, auf die eine Adresse am Blumenmarkt
geschrieben und eine stilisierte Spirale gemalt wurde, was das Rudel mit ziemlicher
Sicherheit auf die Tänzer der schwarzen Spirale bringt.
Die Adresse kann, wenn der Erzähler der
Meinung ist, dass es mal wieder Zeit für Action ist, eine Falle sein. Ich würde aber – auch
wegen der Gefährdung des Vorhanges und
weil noch genug Kämpfe auf die Charaktere
warten – für folgende Variante plädieren:
Wenn die Charaktere sich die Adresse anschauen, finden sie einen kleinen Buchladen,
in dem unter anderem auch westliche Bücher
zu finden sind, hauptsächlich aber englischsprachige Literatur afrikanischer Autoren
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Natterngezücht
wie Ezekiel Mphahlele, Alex La Guma oder
Awuor Ayoda.
ger) arrangieren, bei dem die Charaktere ihre
Geschichte zum Besten geben.
Hinter der Kasse steht Tsepo Tshola, ein
Schwarzer mit kurzen, gelockten, grauen
Haaren und einem offenen, sympathischen
Gesicht. Er trägt eine lange, bunte Robe mit
afrikanischen Symbolen darauf, die Tiere darstellen.
Auf jeden Fall sollten auch sie noch einmal
vor dem Kurator, dem man zwar bisher noch
nichts nachweisen konnte, aber den man
stark im Verdacht hat, mit dem Wyrm zu kooperieren, und den Harare warnen.
Wenn die Charaktere eintreten, werden sie
zuerst wie jeder andere Kunde behandelt.
Zeigen sie aber die Karte vor oder erwähnen
sie, wird Tsepos Gesicht ernst und er führt
sie in ein Hinterzimmer und von dort weiter
durch eine abgeschlossene Tür in eine Lagerkammer. Der Erzähler sollte die Möglichkeit
einer Falle immer noch offen lassen.
Szene 3.04:
Auf der Innenseite der Tür befinden sich
Schutzzeichen, die ein Theurge als einen
rituellen Fluch erkennen, aber nicht entschlüsseln kann, wen der Fluch treffen soll.
Im hinteren Teil der Kammer liegt ein halbes
Dutzend Rhodesian Richbacks, große, sehr
kräftige Hunde mit einem schwarzen Strich
auf dem Rücken. Sie sind Knochenbeisser
Blutsgeschwister, wie Tsepo auch. Eines der
Weibchen hat vor kurzem geworfen, die Augen der acht Jungen sind noch zu. Tsepo rät
davon ab, sich der Geburtskiste zu nähern
und wenn einem Charakter kein Wurf auf
Charisma und Tierkunde (7) gelingt, wird er
tatsächlich von den knurrenden Hunden aufgehalten.
Nach einigem Taxieren, bei dem klar werden sollte, dass die Charaktere keine Tänzer
sind und Tsepo Blutsgeschwister ist, erklärt
er ihre Strategie: Sein Bruder, der von den
Geistern mit der Gnade gesegnet wurde,
einen Garou erkennen zu können (eine Art
Geruch der wahren Gestalt), steckt Fremden
diese Karte zu. Egal ob Garou oder Tänzer,
sie kommen hierher, denn beide fühlen sich
von dem Zeichen angesprochen. Stellt sich
heraus, dass es Tänzer sind, verhindert die
Magie dieses Raumes, dass sie die Gestalt
wandeln. Dann werden sie getötet. Tsepo ist
heute so nervös, weil außer ihm keiner hier
ist, der das hätte machen können. Darum, erklärt er, ist er sehr froh, dass die Charaktere
sich als sauber herausgestellt haben.
Tsepo und sein jüngerer Bruder Bongani,
den die Charaktere im wahrsten Sinne des
Wortes schon getroffen haben, können vom
Erzähler für alles Mögliche eingesetzt werden. Sie können letzte, vorher vergessene
Informationen, einbringen, die Charaktere
mit einer sicheren Unterkunft, Waffen, oder
anderen Dingen versorgen oder einfach alles
für einen gemütlichen Abend mit Braai (gegrillte Fleischstücke) und Chateau Clairrette
Blanche (Wein vom Gut von Tsepos Schwawww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Der Damm
Der Teufel hat Gewalt,
sich zu verkleiden,
in lockende Gestalt.
— Shakespeare: Hamlet
Der Kurator erwartet die Charaktere schon
und freut sich überschwänglich, sie wiederzusehen. Mister Grenada habe sich erneut
gemeldet und sei sehr positiv überrascht,
wie gut man im Zeitplan läge.
Die fast vier Stunden dauernde Fahrt über
die A4 vergeht ansonsten, wenn die Charaktere nicht plaudern wollen, schweigend.
Gegen Mitternacht erreicht man den Kyle
Damm, einen fast halbkreisförmigen, 300
Meter langen, befahrbaren Damm, der den
Lake Kyle aufstaut. Auf der einen Seite geht
es 60 Meter nach unten, bevor ein harter
Steinboden auf den Fallenden wartet. Auf
der anderen Seite liegt die unberührte Wasserfläche des Sees. Der Kurator stoppt den
Wagen an der einen Seite des Dammes. Auf
der anderen Seite sieht man eine menschliche Gestalt stehen, etwas vorgebeugt, mit
einer Art Buckel – gegen den hellen Himmel
nur ein dunkler Schatten. Dann dreht sie sich
ein wenig, als sie anfängt, auf das Rudel zuzugehen, und die Charaktere können erkennen,
dass der Buckel ein mit ihr verwachsenes, unförmiges Kind ist, dessen Arme und der Kopf
noch aus dem Rücken herausschauen und
sich selbstständig bewegen – ganz zweifellos ein Fomori.
Als der Fomori noch ein gutes Stück von
den Charakteren entfernt ist, springt aus dem
Wasser des Sees plötzlich ein Garou in Crinos
und schleudert den schreienden Fomori über
den Rand des Dammes. Der Fomori prallt unten mit lautem Knirschen auf und ist sofort
tot. Der Garou verteidigt sich nicht, wenn er
angegriffen wird und unterwirft sich sofort.
Er stellt sich als Zipho Maboya vor, mit dem
Stammesnamen Hamar Haath, was soviel
heißt wie: unsere Hände vereinen sich (seine
Beschreibung befindet sich im Appendix). Er
ist ein Harare! Er erklärt, dass sich der kleine
Stamm der Harare geteilt hat, als die Weißen
kamen. Die Gefallenen dienen seitdem dem
Wyrm, während er und seine wenigen Brüder
sich ihnen entgegenstellen.
Der Fomori sollte das Rudel zu einer neuen
Septe der Tänzer führen, wo sie als Startopfer für das dortige Totem dienen sollten. Er
hingegen will die Charaktere zum Schlafplatz
von Yaminyami führen, weil er befürchtet,
dass die Tänzer versuchen könnten, ihn zu erwecken. Er wird jeden Schwur sprechen, der
nötig ist und sich jeder Prüfung unterziehen,
und sie bestehen, denn er glaubt wirklich,
dass all dem so ist!
Dem Rudel steht eine weitere dreistündige Fahrt bevor, bis sie die Markwe Caves
erreichen. Es ist eine Ironie des Schicksals,
dass gerade diese vom Wyrm beeinflusste
Stätte, ein beliebtes Touristenziel ist. Wen
wundert es da, dass kaum ein Besucher der
Höhlen mit Wohlwollen auf seine Zimbabwereise zurückschauen kann. Immerhin erlebt
man nach einer Tour durch die Höhle eine
irrationale Angst davor, allerorten von einer
Schlange angegriffen zu werden und lebt aggressive Tendenzen plötzlich aus.
In den Höhlen sind grandiose Wandmalereien der Harare zu finden. Unter anderem
kann das Rudel dort das große Bild der Blitzschlange auf der einen Seite sehen, die den
Elefanten auf der anderen tötet. Außerdem
sieht man eine Darstellung von Yaminyami
in seiner Wyrmform. Eine lange, rot gestrichelte Schlange an der Decke kann Zipho
nicht passieren. Die Höhle ist die Grabstätte
des Königs Soswe und das Harareblut in Ziphos Adern hindert ihn daran, weiter in die
Höhle hineinzugehen. Er weiß nicht, was darin passieren wird, aber die Geister warnen
seit Jahrzehnten davor. Die Harare haben
gelernt, auf die Geister zu hören. Er will hier
warten, bis die Charaktere zurückkehren und
verhindern, dass ihnen jemand in den Rücken
fällt.
Szene 3.05:
Die Entscheidung
Erst eine Schlang‘ ist unter Zehen giftig,
Doch an der Haut kannst du‘s
nicht unterscheiden
Und dieser Grund allein,
mein Sohn, ist trifftig
Die ganze Rasse zu vermeiden
— Rükkert: Vierzeilen
Wenn die Charaktere sich mit dem SkarabLat dem hinteren Teil der Höhle nähern,
erscheint ein Durchgang, der vorher verschlossen war. Die Charaktere steigen eine
dunkle Treppe herab (haben sie Lichtquellen
bei sich?) und erreichen eine große Halle, die
von flackerndem Feuer erleuchtet wird.
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Natterngezücht
Rote Steinsäulen unterbrechen sie in unregelmäßigen Abständen. Indianischer Gesang
(am besten Nachahmen oder Einspielen,
nicht als indianisch beschreiben) ertönt. Die
Luft riecht schwer von Elektrizität, lautes
Knallen, wie von Entladungen, untermalt
all das. Ein großes Loch in der Mitte ist von
Schutzzeichen umgeben. In ihm blitzt es im
Takt des Knallens hell auf.
Die Quelle des Gesangs ist ein Garou Crinos,
der über eine Aushöhlung in einer Art Steinaltar gebeugt ist. Sein Hinterkopf ist grotesk
verlängert und ein blindes Auge ruht darin. In
einer Hand hält er einen Stab mit einem Vogelschädel auf der Spitze, in seiner anderen
Gedärme aus einer vor ihm liegenden Schüssel. Er ist völlig in sein Ritual vertieft. Wenn
er gestört wird, wirbelt er herum und ruft irr:
„Nein, zu früh!“
Die Charaktere können den vermeintlichen
Tänzer der schwarzen Spirale problemlos
töten, ein einziger Stich mit dem SkarabLat oder ein Prankenhieb und er ist tot. Im
Sterben fragt er: „Warum hast Du das getan,
Schwester (bzw. Bruder)?“
Wenn er zu Boden sinkt, klappt seine Weste auf und offenbart groß auf seine Brust gemalt das Zeichen der Uktena. Die Charaktere
haben den Bane-Tender getötet, der Yaminyami im Zaum gehalten hat! Mit seinem
Tod bleibt das nötige Ritual aus und die Blitzschlange beginnt, aus ihrem Loch zu kriechen.
Dem Rudel bleibt nichts anderes als sich dem
mächtigen Wesen zum Kampf zu stellen oder
zu fliehen – in diesem Fall wird Yaminyami
den Damm zerstören und das Land mit einer
Welle des Schreckens überziehen.
Wenn der Träger des Klaives es gegen den
Bane einsetzt, kommt es zu der „Entladung“,
die beim Skarab-Lat beschrieben ist und das
Klaive ist zerstört. Aber obwohl Yaminyami
vom Wyrm des Kampfes korrumpiert wurde,
ist er nicht dumm. Er wird den Charakteren
anbieten, sich mit ihm zusammen zu tun, um
den Vampir zu töten, der ihn zu seinem Ärger in der Gewalt hat. Wenn die Charaktere
darauf eingehen, wird Yaminyami versuchen
sie zu töten, nachdem der Vampir erledigt
wurde.
Wenn die Charaktere bedachter vorgehen,
kann ihnen das Zeichen vorher auffallen und
sie können mit Whistles-in-Darkness, dem Uktena Bane-Tender sprechen und nachdem er
das Ritual der Gefangenschaft erneuert hat,
die Hintergründe erfahren. Er weiß, dass der
Wyrm sich langsam in sein Herz frisst und er
weiß nicht, wie lang er noch aushalten kann.
Er bittet das Rudel, den Uktena Bescheid zu
geben, damit sie einen Ersatz finden, bevor
es zu spät ist.
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Szene 3.06:
Das ENDE IST Nah
Mors laborum ac miseriarum quies est.
(Der Tod ist ein Ausruhen von Mühe und
Elend.)
— Cicero: In Catilin
Wenn die Charaktere die Höhle verlassen,
finden sie den von Blut geleerten Körper des
Harare-Garous, jetzt in seiner Homidform,
verkrümmt auf dem Boden liegen. Wenn sie
nach Draußen treten, werden sie von der gut
100 Meter hohen Spitze des Felsens angerufen. Es ist der Schlangentänzer und er ist
gekommen, um seine Ernte einzuholen. Der
Erzähler sollte bedenken, dass er eine große
Menge Garoublut in sich hat und darum recht
leicht in Raserei geraten kann.
Seine Reaktion hängt davon ab, was vorher passiert ist. Sind die Charaktere auf der
Flucht, lacht der Vampir sie aus und sobald
sich Yaminyami aus dem Felsen gearbeitet
hat, erneuert er seine Macht über ihn und
gemeinsam üben sie eine grausame Schreckensherrschaft aus, die zu brechen ein gänzlich eigenes Abenteuer werden kann.
Wenn die Charaktere nach ihrem Sieg über
Yaminyami, ohne Klaive und vermutlich stark
verletzt, aus der Höhle torkeln, dankt er ihnen, dass sie die einzige Waffe, die ihm hätte
gefährlich werden können, für ihn vernichtet
haben. Dann gibt er ihnen zurück, was immer
er ihnen vorher genommen hat, aber nicht
ohne es zu korrumpieren: Mündel sind zum
Vampir gemacht (nicht von ihm, sondern
von einem seiner niederen Untergebenen
eines beliebigen Clans – das Mündel ist dann
13. Generation), der Geist Amelies verwirrt
etc. Dann verschwindet er mit Hilfe seiner
Verdunkelung.
Sollten die Charaktere entgegen seiner Erwartung hingegen das Klaive noch bei sich
haben, wird er versuchen zu fliehen, sobald
er dies bemerkt. Der Träger des Klaives und
dessen Gefährten sind allerdings bekannterweise immun gegen die übernatürlichen
Kräfte des Schlangentänzers (Beherrschung,
Verdunkelung, Präsenz), so dass es auf einen
reinen Kräftevergleich hinausläuft (Stärke
und Seelenstärke wirken weiterhin) und die
Charaktere so eine realistische Chance haben
dürften, auch wenn der Blutvorrat des Vampirs gut gefüllt ist. Er wird allerdings versuchen, sich erneut mit dem Druckmittel aus
dem ersten Akt herauszuwinden.
Nachdem der Vampir besiegt wurde – oder
verschwunden ist – bleibt den Charakteren
nur noch, ihre Wunden zu lecken, in ihren
Caern zurückzukehren und sich für ihre Taten
preisen oder schelten zu lassen – oder Yaminyami und den Vampir zu jagen.
Egal wie die Geschichte endet, es sollte ein
bitterer Nachgeschmack bleiben, denn auch
wenn das Rudel sich noch so gut schlägt, hat
es sich doch vom Wyrm für seine Zwecke einspannen lassen.
Epilog
Von Punkten und Werten
Die Zahl ist das Wesen aller Dinge.
— Pythagoras
Eine Gesamterfahrungspunktzahl lässt sich
natürlich bei einem Szenario in der Welt der
Dunkelheit nicht vorgeben, hängt doch die
Vergabe zu sehr vom Spiel ab. Mit Abschluss
der Geschichte sollte die Gruppe aber auf jeden Fall mit sechs zusätzlichen Punkten belohnt werden – die haben sie sich verdient.
Auch die Vergabe des Rufs ist schwierig.
Auf jeden Fall sollte der Schwerpunkt auf
Ruhm liegen, wobei ich 15 bis 30 Punkte für
die gesamte Geschichte nicht zu viel fände.
Ehre ist von Fall zu Fall zu unterscheiden,
könnte aber abgezogen werden, wenn der
Pakt mit dem Vampir den falschen zu Ohren
kommt. Bei Weisheit sollten auf jeden Fall
einige Punkte vergeben werden, wenn die
Charaktere den Uktena am Leben und Yaminyami in Gefangenschaft gelassen haben –
und abgezogen werden wenn nicht.
Anmerkung zur
Rechtschreibung
Und dann kommt meine Abreibung
Und ich werde Anarchist
Der begreift, dass die Rechtschreibung
Die Wissenschaft der Esel ist
Ein Freigeist, ein großer Denker
Ein Blinder, ein Poet
Ein zukünftiger Weltenlenker
Beugt sich nicht dem Alphabet!
— Reinhard Mey: Der unendliche Tango
der deutschen Rechtschreibung
Der Autor dieses Szenarios mag dieses Zitat aus einem Lied von Reinhard Mey so sehr,
dass es hier einfach stehen muss. Außerdem
entschuldigt es vielleicht für den einen oder
anderen übersehenen Fehler.
Appendix
Dramatis Personae
In der Reihenfolge ihres Erscheinens – alle
Werte beziehen sich bei Garou auf die Homidform. Die Kampfwerte sind „großzügig“
gewählt. Sollte die Gruppe eher „schwach
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Natterngezücht
auf der Brust“ sein, sollte der Erzähler diese
senken.
Der Widerling
Der Geist von
Frank Begtardos
„Ich meine – was gibt denen das Recht
dazu? Was macht die besser als mich? Ach – ihr
wisst von Amelie *Pause* Trotzdem! Das war
Mord!“
Er ist mit 1,63 m recht klein, wirkt aber
kompakt. Seine Haare, haben sich im Schreck
seines Todes entfärbt, seine Augen funkeln
in einem matten, irren Grün. Seine Kleidung
hängt in Fetzen an ihm herunter und darunter kann man sehen, dass seine Gedärme das
gleiche tun. Sein Bauch ist übersät von offensichtlichen Krallenspuren.
Er ist von seinem Tod sehr überrascht, zum
einen, weil er von einem Wesen getötet wurde, das er gemeinhin im Reich der Phantasie
geglaubt hatte. Zum anderen, weil es nun
doch eine Macht gab, die Unrecht bestrafte – etwas, von dessen Gegenteil er sich zu
seiner Lebenszeit überzeugt glaubte. Er hat
noch keine Kontrolle über seine Kräfte als Todesalb und kann sie darum nicht einsetzen.
Er denkt immer noch in den Grenzen eines
Menschen und hat darum in der Umbra auch
menschliche Werte. Er glaubt sich unsterblich, was ihn für die Krallen der Garou aber
auch nicht widerstandsfähiger macht. Er
wird nach dem ersten richtigen Treffer überrascht aufgeben!
die Ehrerbietung zu erfahren, die ihm seiner
Meinung nach zustand, musste er sogar drei
Jahre darauf warten, dass seine Herausforderung, um den zweiten Rang zu erreichen,
angenommen wurde. So wandte er sich eines Tages von seinem Stamm ab, in seinem
Gefolge Pig-Nose. Von Minderwertigkeitsgefühlen getrieben wegen seiner Behinderung
war er für das Angebot des Vampirs mehr
als offen und ist seitdem auf der Suche nach
weiteren Metis, die sich ihm und der neuen
Weltordnung anschließen.
Metis-Behinderung: Menschliches Gesicht
Rollenspielhinweis: Seien Sie überheblich
und selbstsicher bis zur Grenze der Arroganz.
Sie sind gewaltbereit, aber nicht zu kampflustig. Sprechen Sie laut und fallen Sie Leuten oft ins Wort. Tun Sie so, als wäre ihnen
alles außer ihrem Metis-Rudel egal, außer es
geht um Amelie, für die sie sich verantwortlich fühlen, für die aber nun einmal kein Platz
in ihrem Leben ist.
Werte: Stärke: 5, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit: 5, Charisma: 3, Manipulation: 2,
Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz: 2, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:
3, Ausweichen: 3, Einschüchtern: 4, Handgemenge: 4, Instinkt: 4, Führungsqualitäten: 3,
Heimlichkeit: 3, Tierkunde: 2, Überleben: 3,
Enigmas: 2, Linguistik: 1, Rituale: 2, Zorn: 7,
Gnosis: 4, Willenskraft: 6
Gaben: Elemente erschaffen, Rasiermesserklauen, Schmerz widerstehen, Fluch des
Hasses, Kampfgeist, Wahre Furcht
Die fünf anderen Metis haben der Einfachheit halber folgende relevante Werte (Gaben
Rollenspielhinweis: Seien sie abweisend
und zynisch. Sie möchten das Rudel um Hilfe bitten, sind aber ein egoistischer und gefühlskalter Mann. Erst wenn offensichtlich
wird, dass das Rudel sie mit Ihrer Rache alleine lassen wird, fangen sie an zu betteln, was
das Zeug hält.
Werte: Stärke: 2, Geschick: 2, Widerstandsfähigkeit: 3, Charisma: 1, Manipulation: 3,
Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 2, Intelligenz: 2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit:
1, Ausweichen: 2, Handgemenge: 2, Willenskraft: 4
Der Anführer
Pogo
„Wir Metis sind die Krone der Schöpfung,
geboren in der einzig wahren Form der Garou!
Die Zeit jeder anderen Brut ist abgelaufen: Nur
wir können die Apokalypse verhindern!“
Nachfahren des Fenris, Ahroun
Geschichte: Als Mitglied der Nachfahren
des Fenris wurde Pogo trotz seiner ausgesprochen Kampfkraft und aller Versuche, sich
zu bewähren, immer gering geschätzt. Statt
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Natterngezücht
möge der Erzähler selber entscheiden): Stärke: 3, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit: 4,
Charisma: 2, Manipulation: 2, Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz: 2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit: 2, Ausweichen: 3, Handgemenge: 3, Zorn: 4, Gnosis: 3,
Willenskraft: 4
Der Handlanger
Pig-Nose
„Wenn Pogo das sagt, dann ist es so!“
Nachfahren des Fenris, Ahroun
Geschichte: Pig-Nose war immer schon,
so lange er denken kann, der Schatten von
Pogo. Er war der einzige andere Garou in
ihrer Septe, der mit Pig-Nose von gleich zu
gleich sprach, auch noch, als er Pig-Nose im
Rang übertraf. Für Pig-Nose ist Pogo wie ein
Nachfahre des Fenris zu sein hat. Es stört ihn
ein wenig, dass man sich mit anderen Stämmen zusammentun muss, aber da er neben
Pogo herrschen wird, wenn die neue Weltordnung steht, findet er sich damit ab.
Metis-Behinderung: Glasklauen
Rollenspielhinweis: Bleiben Sie stets in
Pogos Nähe und unterstützen Sie seine Aussagen, mit eingeworfenen „Genau!“ und
„Du sagst es!“. Sie sind immer bereit, sich für
Pogo in eine Kampf zu stürzen, immerhin hat
er dafür gesorgt, dass Sie ihre Krallen endlich einsetzen können, wie es sich für einen
Ahroun gehört.
Der Verzweifelte
Fist-of-Fury
„Seid still, seid endlich still! Ich will Euer
Gewäsch nicht mehr hören, ich bin ein Kämpfer, Scheiß‘ auf Euch, Geister! Hört ihr mich?
Scheiß‘ auf Euch!“
Rote Klauen, Theurge, MöchtegernAhroun
Geschichte: Eigentlich ging es Fist-of-Fury
gar nicht so schlecht in seiner Septe, immerhin war er wenigstens Metis- und nicht Homid-Geborener. Aber sie wollten ihn einfach
nicht zum Kämpfer werden lassen, zwangen
ihn, seiner Geburtsphase treu zu bleiben –
und dann das ständige Gewisper der Geister… Wie froh war er, als Pogo ihn als Ahroun
aufnahmen. Und seit der ersten Dosis Serum
schweigen auch die Geister endlich.
Metis-Behinderung: Buckel
Rollenspielhinweis: Spielen Sie das Werwolf-Klischeeverhalten voll aus. Sagen sie nie
etwas ohne zu Grollen oder zu Knurren, heulen Sie unvermittelt los und bewegen Sie sich
stets auf vier Beinen. Sie akzeptieren Pogo
als Alpha – vorerst!
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Der Neugierige
Chu-Long „Rain-Dancer“
„Vielleicht ist es falsch, was wir tun. Vielleicht ist es aber auch der neue Weg! Wenn wir
es nicht ausprobieren, werden wir es nie wissen! (kichert leise)“
Uktena, Raggabash
Geschichte: Es war weniger Unzufriedenheit als vielmehr Neugier, die Chu-Long dazu
getrieben hat, auf das Angebot des Vampirs
als Erster einzugehen. Er unterschätzt die
Vampire an sich und Lucian im Besonderen,
denn er ahnt nicht, wer hinter dem Gangrel
steht. Nachdem das Serum seine Behinderung geheilt hat und ihn anfällig werden
ließ für die Beeinflussungen der Blutsauger,
hielt er die neue Weltordnung für die einzige
Möglichkeit, den Wyrm zu bekämpfen: Erst
mit ein paar von ihnen verbünden, die Garou
unter starker Metishand einen, dann zuschlagen.
Metis-Behinderung: verdrehter Arm
Rollenspielhinweis: Seien Sie der still Beobachtende. Werfen Sie nur ab und an zynische, treffende Kommentare ein. Sie wispern
Pogo unauffällig Ratschläge zu, wenn es nötig werden sollte.
Der Sänger
Sunrise-in-Blue
„Ich meine: Irgend jemand muss doch dafür
sorgen, dass diese Geschichte erzählt wird,
oder? *Pause* Das habe ich gehört! *lächelt
versonnen*“
Fianna, Gallliard
Geschichte: Ein Sänger, der praktisch
taub und stumm ist, hat es schwer. Kaum
ein Garou würde sich die Zeit nehmen, die
Taubstummensprache zu lernen, nur um
die Geschichte eines Galliard zu hören – die
Kämpfer Gaias haben Wichtigeres zu tun.
Und dieser ganzen Feensache gegenüber
war Sunrise-in-Blue auch immer schon skeptisch. Mit dem Serum hat er endlich die Möglichkeit gefunden, Gaia so zu dienen, wie
er es wünschte. Aber er beginnt bereits zu
zweifeln, ob es den Preis wert ist.
Metis-Behinderung: Taub-stumm
Rollenspielhinweis: Sprechen Sie in einem
fortwährenden Singsang, als wären sie in
ihre eigene Stimme verliebt. Sprechen sie
dabei die Vokale aus. Wenn es droht zu einem Kampf zu kommen, versuchen sie zu
deeskalieren. Sie stehen nicht wirklich hinter
dem Plan der neuen Weltordnung und sind
so versucht, eventuellen Gewissensreden zuzustimmen.
Der Spion
Pride-of-Injustice
„Oh ja, große Sache, diese neue Ordnung!
(blickt sich abgelenkt um) Doch, doch, bin Feuer und Flamme!“
Silberfänge, Philodox
Geschichte: Bevor das Rudel nach langer
Wanderschaft nach Worker City geschickt
wurde, wurde eine Silberfänge-Septe auf sie
aufmerksam und schleuste Pride-of-Injustice
bei ihnen ein, weil man glaubte, die Metis
dereinst gegen Feinde einsetzen zu können.
Der Schlangentänzer ist sich natürlich bewusst, dass er einen Spion in seinen Reihen
hat, aber er vertraut auf die subversive Wirkung des Serums, das bei Pride auch schon
zu wirken beginnt: Er hat große Angst, dass
das Serum ausbleiben könnte und so spielt er
die Aktivitäten des Rudels in seinen seltener
werdenden Berichten herunter.
Metis-Behinderung: Hypersensibilitat der
Hände (jede Berührung an der Hand, auch
etwas zu greifen, verursacht starke Schmerzen)
Rollenspielhinweis: Sie sind ein hinterlistiger Kerl, der sich aber zu seiner eigenen
Überraschung so langsam in die Begeisterung der neuen Weltordnung hineingezogen fühlt. Außerdem leiden sie unter einer
ausgewachsenen Paranoia. Schauen sie sich
fortwährend um, um dann plötzlich ihre Gegenüber prüfend anzustarren.
Der Junkie
Lucian Doorway
„Na komm schon, ein Schluck muss doch
noch drin sein. Ein Schluck noch – überleg mal,
was ich Euch alles dafür gebe! Keine Angst, ich
kann aufhören, sobald ich will!“
Gangrel, 10. Generation
Aussehen: Lucian sieht aus wie ein Mann
Mitte dreißig. Durch die vielen Rasereien,
die er in letzter Zeit durchlebt hat, haben
sich seine Gesichtszüge gewandelt: seine Augenbrauen sind zusammengewachsen, seine
Ohren spitzer, seine Zähne verlängert, sogar
wenn seine Fänge nicht ausgefahren sind.
Sein Haar ist kurz und struppig. Seine Augen
sind hellgelb und schimmern. Seine Hände
sind auch ohne die Anwendung von Gestaltwandlung schon fast Klauen. Seine Kleidung
ist blutbeschmutzt. Man kann nur mit Mühe
erkennen, dass es mal eine einfache Jeans
und ein rauhes Holzfällerhemd war. Schuhe
trägt er keine. Seine Armbanduhr ist schon
seit Jahrzehnten kaputt. Er wirkt wild.
Geschichte: Lucian Doorway lebte gute
100 Jahre zufrieden in seinem kleinen Wald,
ernährte sich von Campern und Wanderern
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Natterngezücht
und hielt sich aus der Politik der Vampire heraus. Dann ist er bei einem Kampf mit einem
Werwolf in „seinen“ Wäldern in Kanada auf
den Geschmack von Werwolfblut gekommen
und ist seitdem abhängig davon. Er weiß
nicht, dass der Schlangentänzer den Kampf
forcierte und das Blut des Werwolfs, eines
unwissenden Tänzers der schwarzen Spirale,
vorher manipuliert hatte. Als er auf der Suche nach Werwölfen herumstreifte, traf er
„zufällig“ den Schlangentänzer und ging auf
dessen Angebot ein, ihm zu dienen und dafür
regelmäßig seinen Trip zu bekommen. Lucian wurde mit den ersten abgefüllten Dosen
Garoublut, gemischt mit einem Tropfen des
Setitenblutes, blutgebunden. Dann wurde er
auf die Metis angesetzt. Seitdem bekommt
er von ihnen im Austausch für das Serum
reichlich von ihrem Blut.
Rollenspielhinweis: Seien Sie paranoid und
„auf Turkey“, bevor Sie an ihr Blut gekommen sind. Danach sind sie sofort in einer Art
halbkontrollierten Raserei, die der Schlangentänzer bei Belieben mit einem Gedanken
zu einer vollen Raserei werden lassen kann.
Sprechen sie leicht geschlurt, blinzeln sie oft
und betrachten sie jeden Garou wie ein Junkie seine nächste Spritze.
Werte: Stärke: 4, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit: 4, Charisma: 1, Manipulation: 3,
Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 2, Intelligenz: 3, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:
3, Ausflüchte: 3, Ausweichen: 3, Handgemenge: 3, Menschlichkeit: 5, Willenskraft: 5,
Blutpunkte: 10 Disziplinen: Tierhaftigkeit: 2;
Seelenstärke: 4, Gestaltwandel: 2
Für Erzähler, die das Vampire-Regelwerk
nicht besitzen: Mit Tierhaftigkeit ist Lucian
in der Lage, mit Tieren zu sprechen und ihnen Befehle zu erteilen. Er könnte z.B. auf
die Ratten in dem Keller Einfluss nehmen.
Seelenstärke gibt ihm 4 Würfel, die er auch
gegen Werwolfklauen würfeln darf, um den
Schaden zu vermindern. Gestaltwandel erlaubt ihm, im Dunklen zu sehen und sich
Klauen wachsen zu lassen, die ebensolchen
Schaden machen wie Werwolfklauen. Außerdem kann er einmal in jeder Runde für
je einen Blutpunkt eines seiner körperlichen
Attribute um einen Punkt anheben oder eine
nicht schwer heilbare Wunde schließen.
Die graue Eminenz
Der Schlangentänzer
„Es ist ganz einfach. Wenn Sie einmal den
ersten Schritt in die richtige Richtung getan
haben, fällt der Rest ganz leicht!
Oh, zweifelsohne haben Sie Recht mit Ihren
Zweifeln und ich verneige mich vor Ihrer Weisheit. Aber sehen Sie es so: Ich bin Ihr Freund,
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und als dieser könnte ich mich gezwungen sehen – zu Ihrem eigenen Besten – Ihrer Familie
mitzuteilen, was in jener Nacht im Hafenviertel geschehen ist – woher ich das weiß? Sagen
wir einfach: besorgte Freunde! Na sehen Sie,
war das so schlimm? Möchten Sie noch mehr
sagen?“
Setit, 6. Generation
Aussehen: Der Schlangentänzer ist ein
hochgewachsener, dünner Mann mit scharfen Gesichtszügen, aber bleich natürlich.
Seine Augen wirken hohl und auf den zweiten Blick erkennt man, dass sie schlangenartig geschlitzte Pupillen haben. Seine Lippen
sind sehr stark geschwungen und etwas
wulstig. Seine Haut wirkt ungesund, rauh
und fast geschuppt. Seine Hände sind sehr
dünn, seine Fingernägel scharf angespitzt.
Er trägt eine graue Robe, auf die ägyptische
Symbole gestickt sind. Er sollte einen, nun
ja, schlangengleichen Eindruck machen. Vielleicht schwingt er beim Sprechen etwas hin
und her wie eine wütende Kobra und zischelt
beim Sprechen ein wenig. Er lässt sich nicht
aus der Reserve locken, und spricht immer
recht leise, also müssen die Charaktere ihm
schon gut zuhören, wenn sie ihn verstehen
wollen.
Wird jemand unverschämt oder anmaßend,
wird ihn der Schlangentänzer mit einem gezischten „Ruhe bitte!“ zum Schweigen bringen – zur Not mit Beherrschung.
Der Schlangentänzer sollte sehr beherrscht
und arrogant wirken und immer das Gespräch
unter Kontrolle haben.
Geschichte: Der Schlangentänzer ist ein
ausgesprochen alter und mächtiger Vampir.
Seinen wirklichen Namen hält er streng geheim, aus Angst, dass er in irgendeinem Ritual gegen ihn verwendet werden könnte. Seine ganze Vorgeschichte hier auszubreiten,
würde den Rahmen sprengen, aber es sei
erwähnt, dass er seit etwa 1.600 Jahren auf
der Erde wandelt.
Er war einer der ersten Setiten, die erkannten, was für ein Potential, vor allem für Korruption aller Art, die neue Welt bot. Er kam
kurz nach den ersten weißen Siedlern und
hat sie bei der Vertreibung der Indianer nach
Kräften unterstützt. Es ist angeblich ihm
zu verdanken, dass so viele von ihnen dem
„Feuerwasser“ zum Opfer fielen.
Schon in dieser Zeit legte er den Grundstein
für den Kult der Schlangentänzer, der bis in
unsere Zeit fortlebt. Der Kult ist zweigeteilt:
Auf der einen Seite stehen die wenigen Eingeweihten, die um den wahren Führer des
Kultes wissen und seine Ziele vorantreiben.
Unter ihnen sind einige Setiten höherer Gene-
ration. Auf der anderen Seite steht die fanatische, unwissende Masse, die der Meinung
ist, in ihren Gottesdiensten dem christlichen
Gott zu huldigen. Die Gottesdienste gipfeln
stets darin, dass die Gläubigen sich giftige
Schlangen umlegen und mit ihnen tanzen
oder in Schlangengruben steigen. Sie sehen
es als Zeichen ihres Vertrauens in Gott, dass
sie sich mit dem Symbol des Antichristen –
der Schlange – messen. Tatsächlich aber huldigen sie damit der Schlange und durch sie
dem „Schlangentänzer“.
Sein Verhältnis zu Yaminyami: Auf den
Ruf eines höherstehenden Vampirs, dem
der Schlangentänzer sehr zu seinem Ärger
untergeben ist, kehrte er 1850 zurück in sein
Heimatland und blieb fortan weitgehend auf
dem afrikanischen Kontinent. Als 1890 weiße
Siedler auf den Stamm der Harare trafen, sah
er eine einmalige Gelegenheit gekommen.
Die menschlichen Shona waren voller Wut
und so anfällig für seine Versprechungen, die
Weißen zu vertreiben, dass sie ihn zu Yaminyamis heiligem Ort führten. Mit seiner übernatürlichen Macht über Schlangen schaffte
der Setit es, da Yaminyami ja auch in Form
und Wesen eine Art Schlange ist, ihn in einem
wochenlangen geistigen Gefecht zu dominieren und zu verderben. Die wenigen Garou
unter den Harare waren die einzigen, die sich
von ihrem Gott lossagten, bevor sein Zorn ihr
Herz verdarb. Doch sie waren hilflos.
Die Prophezeiung: Bei einem seiner Gottesdienste im Jahre 1985 biss der Schlangentänzer ein junges, „unschuldiges“ Mädchen.
In ihrem Todeskampf stieß sie eine Prophezeiung aus, wonach der „Schlangendolch
von den Sternen“ kurz nach der Jahrtausendwende „die böse Schlange Zimbabwes
richten“ sollte. Der Schlangentänzer bekam
es mit der Angst zu tun und suchte den bezeichneten Dolch. Als er den Aufenthaltsort
des Skarab-Lat und die Sage, die sich um ihn
rankte, endlich im Jahr 1996 gefunden hatte,
versuchte er, ihn an sich zu bringen, aber „die
große weiße Schlange“, die den Dolch hütet
und Herrin über alle Schlangen ist, konnte
ihn aus dem gleichen Grund abwehren, aus
dem er Yaminyami besiegen konnte: sie ist
teilweise eine Art Schlange.
Der Metis-Plan: Da er selber an das Klaive
nicht herankam, musste er andere Wege suchen und verfiel darauf, sich einige Werwölfe
zu Nutze zu machen. Sein Sinn für die Schwächen anderer Wesen brachte ihn auf die Metis. Mit dem Serum, das er bei einem Mitglied
des Sabbat bekam, das bei Pentex angestellt
ist, versuchte er, sie sich Untertan zu machen
und wollte sie dann auf die Schlange hetzen.
Die Charakter kommen ihm dabei in den
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Natterngezücht
Weg. Mit ihrem ersten Auftauchen wirft der
Vampir seinen Plan um – sicher, dass er das
Rudel für seine Zwecke besser nutzen kann.
Immerhin sind sie für die Sinne der weißen
Schlange nicht durch sein Blut verunreinigt.
Dass es die Reinheit der Seele ist, auf die es
ankommt, kommt ihm nicht in den Sinn – zu
lange schon ist er ein Vampir.
Die Endstufe: Der Schlangentänzer denkt,
dass er eigentlich nur noch gewinnen kann,
sobald die Charaktere das Skarab-Lat haben.
Sobald das Klaive aus der Höhle geborgen
wurde, kann er es den Charakteren abjagen,
oder abwarten, bis sie von Yaminyami getötet wurden. Und selbst wenn sie den Schlangengott erschlagen sollten, ist das SkarabLat und damit jede Gefahr in seinen Augen
verschwunden.
Werte: Stärke: 6, Geschick: 7, Widerstandsfähigkeit: 7, Charisma: 6, Manipulation: 7,
Erscheinungsbild: 3, Wahrnehmung: 5, Intelligenz: 6, Geistesschärfe: 7, Schauspiel: 6, Aufmerksamkeit: 5, Ausflüchte: 7, Ausweichen:
5, Handgemenge: 5, Empathie: 4, Einschüchtern: 5, Nahkampf: 5, Etikette: 6, Heimlichkeit: 5, Überleben: 4, Bürokratie: 5, Finanzen:
4, Nachforschungen: 6, Linguistik: 7, Okkultismus: 6, Politik: 5, Naturwissenschaften: 3,
Menschlichkeit: 2, Willenskraft: 8, Blutpunkte: 30 (kann bis zu 6 pro Runde ausgeben)
Disziplinen: Verdunkelung: 7, Präsenz: 6
(Zorn), Serpentis: 6, Tierhaftigkeit: 6 (Schlangenherr), Seelenstärke: 5, Beherrschung: 5,
Stärke: 4, Auspex: 2
Für Erzähler ohne Zugriff auf das Vampire Regelwerk: Es kann davon ausgegangen
werden, dass der Vampir sich und alles bis zur
Größe eines Hauses der Entdeckung durch
die Garou entziehen kann, wann immer er das
möchte. Und dass er auch versteckt bleibt,
wenn er sich entfernt. Es ist ihm ein Leichtes,
Leute mit Charme oder Befehlen dazu zu bekommen, zu tun was er sagt, aber diese Wirkung schwächt sich ab, wenn er nicht mehr
anwesend ist. Für einen Blutpunkt pro Runde
kann er in dieser Runde handeln, als hätte er
3 Zornpunkte ausgegeben – so oft er will und
Blutpunkte übrig hat. Er bekommt 4 Würfel
auf jeden Schadenswurf dazu und darf mit 5
zusätzlichen Würfeln versuchen, den Schaden zu senken. Für je einen Blutpunkt kann
er seine körperlichen Attribute steigern oder
eine nicht schwer heilbare Wunde schließen.
Die Wächter
Die Whoukandi
Die Whoukandi sind ein Buschstamm,
der sich in den Dienst der „Großen Weißen
Schlange“ gestellt hat, um alle Unwürdigen
aus dem Tal der Schlangen fernzuhalten. Ihre
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Haut ist weiß getüncht und sie sind bisher
recht verschont geblieben von westlichen
Einflüssen.
drei Punkte Zorn. Zwischen seinen Armen
und seinen Beinen spannen sich fledermausartige Flügel.
Rollenspielhinweis: Sie sind zeitlebends
nur über Erzählungen indirekt mit der westlichen Kultur und mit dem „Fortschritt“ konfrontiert worden. Wenn ein Zippo ihnen auch
keine Angst mehr macht, sind sie doch im
positivsten aller Sinne „primitiv“. Sie lachen
oder lächeln nicht aus Höflichkeit, sondern
nur wenn es einen Grund dafür gibt. Sprechen Sie zu den Charakteren, auch wenn
Gonzales übersetzt. Seien sie einsilbig und
harsch solange das Rudel seinen Wert noch
nicht bewiesen hat, danach fast sanft.
Er ist nicht sehr zufrieden, dass man ihn
gezwungen hat, von der ursprünglichen
Taktik abzuweichen und direkt selber mit
seinen Leuten anzugreifen. Dahinter steckt
natürlich der Schlangentänzer, mit seinen
guten Kontakten. Er will, dass die Charaktere
keinen Verdacht schöpfen, wollte aber nicht
riskieren, dass das Skarab-Lat, wenn die Charaktere es einmal haben, in dem Blut der Tänzer gebadet wird – darum vorher ihr Angriff
und nachher erst die Fomori.
Werte: Stärke: 3, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit: 3, Wahrnehmung: 3, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit: 3, Ausweichen: 2,
Nahkampf: 3, Willenskraft: 4, Gnosis: 1
Waffe: Speer (Schwierigkeit: 4, Schaden:
Stärke+3)
Die Nemesis
Die Tänzer der
schwarzen Spirale
Da es ungewiss ist, wie viele Tänzer der
Erzähler benötigt, sei hier mit Ausnahme des
Anführers nur ein Satz Werte angegeben.
Über Gaben möge der Erzähler selber entscheiden.
Werte: Stärke: 4, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit: 4, Charisma: 1, Manipulation: 2,
Erscheinungsbild: 1, Wahrnehmung: 4, Intelligenz: 2, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:
2, Ausweichen: 2, Handgemenge: 4, Instinkt:
3, Heimlichkeit: 4, Überleben: 2, Zorn: 6, Gnosis: 3, Willenskraft: 3
Der Anführer
Kills-in-Dozens
„*Knurr* Zermalmt sie! *Schnaub*“
Tänzer der schwarzen Spirale, Metis,
Ahroun
Kills-in-Dozens ist ein riesiger Kerl (Vorteil:
großer Wuchs) mit unglaublichen Muskeln.
Seine grauen Augen blinzeln niemals, es
läuft fortwährend eine eitrige Flüssigkeit aus
ihnen heraus. Sein Maul ist mit je zwei Reihen Zähnen oben und unten ausgestattet. Er
trägt zahlreiche Kampfnarben, die sehr deutlich zu sehen sind, weil ihm sein Fell in Strähnen ausfällt. Er hat wunde Stellen an Armen
und Beinen, aus denen Maden herausfallen,
wenn er sich bewegt. An seinem Rücken
hängt ein riesiges Ding, das nach einer Art
Blutegel aussieht und sich pumpend bewegt.
Wird ihm dieses Ding abgerissen, erleidet er
eine schwer heilbare Wunde, die er nicht verhindern kann. Er erhält gleichzeitig aber auch
Behinderung: Kills-in-Dozens ist davon
überzeugt, dass er von seinem Wyrm beobachtet wird und muss sich fortwährend profilieren. Er fragt gerne nach, ob das auch ja
alle gesehen haben – auch mitten in einem
Kampf. Außerdem hat er eine starke Phobie
vor der Farbe Lila.
Rollenspielhinweis: Seien Sie hart und brutal, brüllen sie unvermittelt los. Fragen Sie
nach jedem Treffer, ob das auch alle mitgekriegt haben. Ansonsten reden sie nicht gern
und kennen keine Gnade.
Werte: Stärke: 4, Geschick: 5, Widerstandsfähigkeit: 4, Charisma: 3, Manipulation: 4,
Erscheinungsbild: 0, Wahrnehmung: 2, Intelligenz: 3, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:
4, Ausweichen: 4, Einschüchtern: 3, Handgemenge: 5, Instinkt: 3, Führungsqualitäten: 4,
Heimlichkeit: 4, Zorn: 10, Gnosis: 6, Willenskraft: 7
Gaben: Verhüllung, Rasiermesserklauen,
Elemente erschaffen, Haut des Wyrm, Patagia
Die Hüterin
Die weiße Schlange
„Die Zeit ist gekommen zu gehen – für Euch,
wie für mich. *lächelt* Wir sehen uns wieder
– seinerzeit.“
Die weiße Schlange ist von den Geistern
der verstorbenen Harare gebeten worden,
das Skarab-Lat sicher zu verwahren, bis sich
jemand würdig erweist es zu erhalten. Sie
ist eine Inka, die vermutlich ein Totem wäre,
wenn sie nicht allein für den Schutz des
Skarab-Lat lebte. Sie hat die Macht, alle Arten von Schlangen zu rufen oder zu vertreiben und eine gewisse Kontrolle über deren
Handlungen. Nur so ist es ihr gelungen, dem
Schlangentänzer zu widerstehen. Werte sind
bei ihr nicht nötig: Die Charaktere können ihr
nicht schaden, selbst wenn sie so dumm sein
sollten, es zu versuchen.
Rollenspielhinweis: Sie sind wie die erfahrene Mutter, die viel weiß, aber manche SaSeite 56
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chen doch verschweigt, weil die Kinder auch
ihre eigenen Fehler machen müssen. Reden
sie sanft und wiegen sie sich dabei manchmal
hin und her. Lächeln sie viel. Zeigen sie, wie
schwer die Zeit auf ihren Schultern lastet.
Die Waffe
Das Skarab-Lat
Das Skarab-Lat ist ein recht junges Klaive,
wurde es doch erst Anfang des 20. Jahrhunderts von den Uktena und den Harare geschmiedet. Es ist gut 50 cm lang, mit einer
zweifach geflammten Klinge, in die das Abbild unzähliger, sich umwindender Schlangen geätzt wurde. Diese umschlingen sich
so, dass sich das Bild einer Schlange ergibt,
deren Kopf schließlich den Griff bildet. Es ist
aus reinstem Silber und in ihm ruht BwuakoBwuako, ein mächtiger Kriegsgeist, der einen
ewig währenden Hass auf Schlangen hat.
Das Klaive wurde eigens für die Vernichtung entweder Yaminyamis oder des Schlangentänzers geschaffen. Auf Werte wird verzichtet – wer das Klaive mit dem Wunsch im
Herzen an sich nimmt, den Schlangentanzer
zu töten und mindestens 4 Zorn und Willenskraft hat, wird von dem Geist als Träger akzeptiert.
Es gibt allerdings die Sage, dass das SkarabLat erst dann in der Lage ist den Schlangentänzer zu besiegen, wenn es vorher im Blut
eines Tänzers der schwarzen Spirale gebadet
wurde. Diese Sage ist falsch, kann aber gut
als falsche Fährte für das Rudel genommen
werden. Der Schlangentänzer ist trotz seines
großen Wissens auch der Meinung, diese Legende wäre wahr!
Gaben: Der Träger des Skarab-Lat und sein
Rudel sind immun gegen jegliche geistige
Beeinflussung des Schlangentänzers. Angriffe und damit verbundene Disziplinen zählen
allerdings nicht dazu. Außerdem handelt der
Träger in jeder Kampfrunde, wann er möchte
– meist vermutlich als Erster. Er braucht keine Initiative zu würfeln. Er ist auch schneller
als ein Garou mit speziellen Gaben.
Wenn ein Wesen mit dem Skarab-Lat getroffen wird, das vom Wyrm berührt oder
gar besessen ist, so macht dieses Klaive besonders viel Schaden, wofür es die Kraft aber
aus dem Träger zieht. Zusätzlich zum normal
gewürfelten Schaden zieht das Klaive Willenskraft, Gnosis oder Zorn aus dem Träger,
je nachdem, was gerade am höchsten ist. Für
jeden dieser Punkte erhält der Getroffene so
viele schwer heilbare Wunden, wie der entsprechende permanente Wert des Trägers
beträgt. Es gibt so viele Punkte aus, wie nötig sind, um das Wesen zu töten. Der Träger
kann nichts dagegen unternehmen.
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Ein Beispiel: Der Träger besitzt 7 Willenskraft, 2 Gnosis und 4 Zorn (alles in Höhe des
permanenten Wertes). Bei einem Treffer würfelt er 4 Erfolge beim Schaden (Schadensreduzierungswurf bereits abgezogen). Der
Bane, den er bekämpft, hat aber 30 Macht
und damit praktisch 30 Kästchen bei Gesundheit. Also benötigt das Klaive noch 26 Erfolge. Der höchste Wert des Charakters ist zur
Zeit Willenskraft und sein permanenter Wert
beträgt hier 7. Also erhält der Bane für jeden
ausgegebenen Willenskraftpunkt 7 Schaden
hinzu, das Klaive gibt deshalb 4 Willenskraftpunkte aus und der Bane stirbt
(4x7=28, plus 4=32 Schaden).
Anschließend wird ein Fomori angegriffen (7 Kästchen bei
Gesundheit) und es werden 5
Punkte Schaden normal erzielt.
Da Willenskraft jetzt niedriger
als Zorn ist, gibt das Klaive einen
Punkt Zorn aus und erhält dafür
4 zusätzlichen Schaden hinzu (der
permanente Zornwert). So kommt
es, dass sich der Träger nach einem
längeren Kampf mit dem Klaive ausgelaugt, matt und eventuell leicht
depressiv fühlt.
Wird das Klaive nun gegen
Yaminyami oder
den Schlangentänzer eingesetzt, wird
das Klaive beim ersten Treffer
mit einem Schlag alle Willenskraft, Gnosis und Zornpunkte des
Trägers verbrauchen (mit den oben
erklärten Auswirkungen) und den
gesammelten Schaden durch
die eigene Opferung verdoppeln. Dadurch ist das Klaive verschwunden, der Charakter ist
völlig verstört und kann, ohne
Zorn und Willenskraft, nur noch
einmal in seine Geburtsgestalt wandeln. Danach muss er erst wieder Willenskraft oder Zorn ansammeln, um
das Biest in sich wiederzufinden.
Anmerkung: Dieses Klaive bringt
mit großer Sicherheit das Machtgefüge jeder Gruppe durcheinander,
wenn es länger in Spielerhand verbleibt
als für zwei oder drei Abende. Wenn die Charaktere es also nicht in der vorgeschlagenen
Weise gegen Yaminyami oder den Schlangentänzer einsetzen, sollte sich der Erzähler gut
überlegen, ob sich das Klaive nicht verweigert oder in ein anderes Versteck gebracht
werden soll. Versuchen Sie die Spieler dazu
zu bekommen, das Klaive zu verstecken.
Das Kroppzeug
Die Fomori
Die Fomori, die sich auf die Charaktere stürzen, haben folgende Werte, die durch ihre
Kräfte zum Teil noch modifiziert werden.
Werte: Stärke: 3, Geschick: 2, Widerstandsfähigkeit: 3, Wahrnehmung: 2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit: 2, Ausweichen: 2,
Nahkampf: 3, Willenskraft: 3, Immun gegen
das Delirium!
Hier nun zehn Beispieltypen, die im Spiel
eingesetzt werden können.
1) Ein weißer Mensch, der eine unglaubliche Menge an Muskeln trägt. Es sieht aus,
als hätte man ihm auf Bodybuildermuskeln
noch eine zweite Schicht aufgetragen, so
dass sein winzig wirkender Kopf fast in
den Muskelpaketen verschwindet. Stärke
+5
2) Ein dürres Wesen, das an Armen und
Beinen ein Gelenk mehr hat. Die Finger sind
zu verhornten Spitzen zusammengewachsen. Es wirkt wie eine Gottesanbeterin, weil
auch seine Augen rund und schwarz aus
dem Kopf quellen. Welches Geschlecht es
einmal hatte, ist nicht
mehr ersichtlich. Schaden: Stärke+3
3) Dieser Fomori
ist ein schwarzhäutiger Riese von gut 3
Metern Größe. Er scheint
sehr stark zu sein und seine
Haut hängt in dicken, wulstigen Lappen herunter. Er bewegt sich sehr
langsam. Stärke +3, Geschick -1, Widerstandskraft +5
4) Der Körper dieser Frau ist mit
unzähligen, dick angeschwollenen, mit
Eiter gefüllten Beulen besetzt, die unter
Druck stehen. Jede Berührung lässt sie
platzen und die harten, schwarzen Haare
darauf wie Pfeile durch die Luft schnellen. Schaden durch die Spitzen: 3.
Wenn jemand das Wesen berührt
muss er auf Willenskraft würfeln, um
sich nicht zu übergeben und für die nächsten zwei Runden nicht handeln zu können.
5) Ein Jugendlicher, dessen Unterarme
abgeschnitten wurden und der statt dessen
riesige Krebsscheren angenäht bekam. Schaden: Stärke +4
6) Ein kleines, unschuldiges Mädchen, das
den Gegner mit großen blauen Augen anblinzelt und leise und ängstlich fragt: „Tu mich
nicht tot machen, gell Tante (bzw. Onkel)?“
Es kostet einen Wurf auf Geistesschärfe und
Instinkt (9) oder einen Willenskraftpunkt um
sie trotzdem anzugreifen. Geschieht das,
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Natterngezücht
verwandelt sie sich: Ihr Körper platzt auf und
ihre Arme und Beine werden länger, bis sie an
Spinnenbeine erinnern. Ihr Gesicht wird zum
Hinterteil, aus ihrem eigentlichen Po wächst
ein gifttriefender Stachel. Schaden des Stachels: Stärke +2. Erleidet der Charakter mindestens eine Wunde, erhält er für 3 Runden
jede Runde eine schwer heilbare Wunde.
7) Ein Wirbelwind, dessen Beine aus Gummi
zu sein scheinen. Er ist sehr schnell und brüllt,
ohne Luft zu holen fortwährend wütend vor
sich hin (eine entsprechende Aufnahme eines solchen Geräusches wäre sicherlich eine
„spaßige“ Ergänzung für den Spieltisch). Geschick +2, Zorn: 5 (den er einsetzen kann wie
ein Garou)
8) Ein Mann, dessen Arme zusammengewachsen und auf der Außenseite zu einer
Art runden Säge verhornt sind. Schaden:
Stärke+3
9) Ein Wesen, das kaum noch an einen
Menschen erinnert. Auf sechs gelenklosen,
schwammigen Beinen in verschiedenen Hautfarben kriecht es hin und her und schlägt mit
Spitzen und Krallen nach dem Gegner.
10) Der Kopf ist eingebettet in einen
Schwarm wuchernden Fleisches. Zorn: 3 (den
er verwenden kann wie ein Garou)
Die Jugend
Zipho
„Wenn Yaminyami erweckt wird, hat der
Wyrm einen weiteren großen Sieg errungen.
Es ist so mehr ein Fluch als ein Segen, dass ich
das Blut meiner Väter trage – es hindert mich
an meiner Bestimmung.“
Zipho ist der gepeinigte Erbe eines sterbenden Stammes. Die Harare gehören nicht
ganz zu den Uktena, kommen aber gut mit
ihnen aus und lernen viel von den Stillen
Wanderern. Aber es gibt nur noch zehn von
ihnen und ihre Existenz wird nur besonders
vertrauenswürdigen Garou offenbart. Der
endlos scheinende Kampf gegen die Menschen seines Volkes, die sich dem Wyrm zugewandt haben, und sein quälender Eifer, an
etwas teilhaben zu wollen, haben ihn in die
Falle des Schlangentänzers getrieben. Ihm
wurde mittels eines indoktrinierten Fomori,
aus dem er Informationen herausgepresst
hat, vorgegaukelt, dass das in der Prophezeiung erwähnte Rudel in eine Falle gelockt
werden soll. So wurde er dazu gebracht, selber zum Schlüssel in der Verschwörung gegen die Charaktere zu werden.
Aussehen: Homid ist er ein schlanker,
schwarzhäutiger Mann mit einem breiten
Kinn und dunklen Augen, die eifrig hin- und
herschießen. Seine Haare sind halblang und
gewellt. In Crinos ist sein Fell grau-braun und
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mit schwarzen Sprenkeln übersät. Sein rechtes Ohr ist ein bißchen eingeknickt.
Rollenspielhinweis: Seien Sie voller Energie und Übermut, mit dem Eifer und der Hoffnung der Jugend. Sprechen Sie kurzatmig
und aufgeregt und machen Sie viele Gesten.
Auf Tadel reagieren Sie zuerst wie ein gescholtenes Kind, dann trotzig. Beharren Sie
auf ihrem Standpunkt.
Werte: Stärke: 3, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit: 3, Charisma: 3, Manipulation: 2,
Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz: 2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit:
3, Ausweichen: 3, Einschüchtern: 2, Handgemenge: 2, Instinkt: 2, Heimlichkeit: 3, Zorn: 3,
Gnosis: 2, Willenskraft: 6
Gaben: Geruch des Menschen, Geistersprache, Geistergesang (Gabe der Harare Theurge: bringt für einen Punkt Gnosis die Geister
einem kleinen Gebiet dazu, sich zu manifestieren, wenn sie dies können – sie werden
davon nicht unbedingt begeistert sein).
Das Verderben
Yaminyami
„Kniet nieder, ihr wimmernden Beinläufer!
Ihr werdet meinen Zorn spüren und wenn ich
Eurer Blut getrunken und Euer Fleisch zermalmt habe, werden Eure Geister mir dienen,
wie es ihnen ansteht: durch Qual und Leid!“
Die Sage um den Wasserschlangengott
ist wahr. Erst war er ein mächtiger, guter
Geist, aber der Hass seiner Gefolgschaft auf
den weißen Mann hat ihn anfällig für die
Beeinflussung durch den Schlangentänzer
werden lassen. Yaminyami wütete unter den
Menschen, bis einige Harare ihn mit einem
großen Opfer (ihrem eigenen Leben) in die
Höhle lockten, aus der die Charaktere ihn
eventuell befreit haben. Yaminyami ist nun
ein mächtiger Bane. Er sieht aus wie eine
gelb-grüne Schlange, deren Schuppen von
einem durchsichtig-weißen Pilz überwuchert
scheinen, mit einem Maul, das neben den
Giftzähnen auch noch unzählige kleinere
Zähne enthält. Er ist gut 10 Meter lang und
etwa 1,5 Meter dick. An seinem vorderen
Drittel hängen zwei stämmige, echsenartige
Arme mit langen Krallen, die er benutzt, um
sich aus dem Loch zu ziehen. Da seine Kraft
auch die der Elektrizität ist (in der Wyrmform
ist er die „Blitzschlange“), umzucken seinen
Körper immer wieder blaue Blitze und ein
Schimmern, ähnlich wie Elmsfeuer, umgibt
ihn.
Schaden Biss: Stärke +5, bei einem Treffer
mit mehr als 4 Erfolgen kommt dazu: Schaden Gift: Lähmung, -1 Stärke und Geschick in
jeder Runde nach dem Biss, in der kein Erfolg
auf Widerstandskraft (6) gelingt. Sinkt ein
Attribut auf 0, so ist der Charakter bewegungsunfähig.
Schaden Krallen: Stärke +2
Kräfte: Für 2 Macht kann er, wenn er selber getroffen wird, einen Blitz überspringen
lassen, der 3 schwer heilbare Wunden verursacht. Für 5 Macht kann er einen Effekt
auslösen, als wäre ein Blitz in unmittelbarer
Nähe eingeschlagen. Die Muskeln verkrampfen sich und Ohnmacht ist wahrscheinlich
(Widerstandskraft gegen 6). Auf jeden Fall
macht er 3 schwer heilbare Wunden.
Außerdem kann er natürlich für jeden
Punkt Macht eine Wunde heilen.
Für 4 Macht kann er eine Art magnetisches
Feld entstehen lassen, das alles Eisen mit einer Stärke von 6 an sich heranzieht. Hat ein
Charakter genug Eisen an sich um angezogen zu werden, muss er eine vergleichende
Stärkeprobe ablegen. Yaminyami ist nicht
so dumm, dies anzuwenden, wenn deshalb
Waffen auf ihn zufliegen würden. 
O FFTO PIC
Geek WiFi Shirt
Für alle, die entweder als extremer Geek
gelten wollen oder dieses Gadget tatsächlich nützlich finden, bietet Think Geek
(http://www.thinkgeek.com) das WiFi
T-Shirt an.
Auf der Brust trägt man fortan ein WiFiSymbol, das je nach Stärke des örtlichen
drahtlosen Netzwerkes unterschiedlich
hell leuchtet. Waschbar ist das Ganze angeblich auch noch und die zum Betrieb
benötigten Batterien sollen auch kaum
störend sein.
Werte: Stärke: 8, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit: 7, Wahrnehmung: 3, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit: 3, Ausweichen: 4, Nahkampf: 5, Willenskraft: 8, Zorn: 10, Macht: 80
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Solo
SOLO
EINE SHADOWRUN-KURZGESCHICHTE
TEXT: CHRISTIAN LONSING
ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER
MyLife war eher eine Simulation als ein
Spiel. Sekinen Solo mochte das. Ihm waren
die kleinen Details wichtiger als das bombastische Gesamtbild. Er selbst war eines dieser
kleinen Details, ein Rädchen im Getriebe, gut
geölt, unbemerkt und doch immer mit dabei.
Er hatte nie nach dem Großen gestrebt, denn
in diesem Streben steckte ein Konfliktpotenzial, vor dem er zurückschreckte. Harmonie
war ihm das Wichtigste, und im Moment war
er dieser Harmonie sehr nahe.
Die Filiale der MoneyNow-Corporation in
Ost-Shinjuku war voll automatisiert. Hinter
lautlos öffnenden und schließenden Türen
aus kugelsicherem Klaroplast standen, wuchtig und mächtig, Ehrfurcht gebietend wie die
Heilige Dreifaltigkeit, drei Bankautomaten für
zertifizierte Credsticks, das Bargeld der neuen Welt. Ohne Zerts lief in Ost-Shinjuku gar
nichts, kein Alkohol, keine Bunraku-Puppen,
kein Spaß. Noch nicht einmal in der hochangesehen Szene-Nudelschmiede gleich nebenan konnte man per Überweisung zahlen,
sondern musste die Zerts stets griffbereit in
der Tasche haben, wenn man sich eine Peinlichkeit ersparen wollte. Wie oft hatte Sekinen Solo schon die nervösen Sararimänner
und -frauen in die MoneyNow-Filiale eilen sehen, abgehetzt und fahrig, um sich ein paar
Hundert-Nuyen-Zerts auswerfen zu lassen
und für die ausstehende Zeche zu löhnen.
Solos Job bestand darin, im Eingangsbereich der Filiale zu stehen, die Besucher mit
einer höflichen Verbeugung zu begrüßen
und zu verabschieden, und auf einem Hardcopy-Schild aus echter, bedruckter Pappe die
aktuellen Kreditangebote der MoneyNowCorporation anzupreisen. Das Ganze war
von den chronisch überbezahlten MarketingFachleuten der Corporation ausgeheckt worden, die mit Hilfe aufwändiger Kalkulationen
festgestellt hatten, dass ein „menschliches
Gesicht“ dem Ansehen der Corporation in
der Öffentlichkeit zu Gute kam. Deshalb
verrichtete nun in jeder Filiale ein lebendiger Mensch eben jenen Dienst, den auch
Sekinen Solo gerade absolvierte. Jobvoraussetzungen waren ein neutrales äußeres
Erscheinungsbild (männlich, jung, aber nicht
jugendlich, unterwürfig, auf gar keinen Fall
metamenschlich) und die Bereitschaft, acht
Stunden pro Tag höflich, diskret, unauffällig
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und zugleich stets präsent zu sein.
All dies traf auf Sekinen Solo zu. Mehr als
das, er war die perfekte Verkörperung dieser
Ideale. Ein kleines Rädchen. Vollkommene
Harmonie. Er war weder befugt noch willens,
mit den Kunden ins Gespräch zu kommen,
und dankbarer Weise machten auch diese
selten den Versuch einer Kontaktaufnahme,
sondern wandten sich immer direkt den
Bankautomaten zu oder erkundigten sich
beim automatisierten Augmented RealityPersonal, wenn sie eine Frage hatten.
Die Türen fuhren zur Seite, Solo verbeugte sich, und als er den Kopf wieder hob, war
er überrascht, in die klettblattförmig angeordneten Läufe einer Sakura Fubuki SE zu
blicken. Die dazugehörige Person steckte im
passenden Outfit. Schwarze Lederklamotten, wilde Gesichtszüge, schwarze Sonnenbrille, angegelte Haare, nicht spezifizierbares
Geschlecht. Zwei fehlende Fingerkuppen.
Archetypisch.
Sie waren zu dritt und sie schienen einen
Plan zu haben. „Nicht alle diese Läufe sind
mit Schocker-Muni gefüllt“, erklärte ihm die
Sakura Fubuki. Lautsprecher an der Waffe und Skinlink, ganz getreu der aktuellen
Mode. „Umdrehen und zum mittleren Automaten.“
„Wenn sie einen besonderen Wunsch haben, wird das AR-Personal sie gerne …“ Der
Druck der Waffe auf seiner Stirn ließ den Rest
seines einstudierten Satzes verstummen.
Es sei denn … es sei denn natürlich, er hatte
es mit Hackern zu tun. Dann war gar nichts
klar. Die Sicherheit der MoneyNow-Corporation in völliger Ahnungslosigkeit, keine Kavallerie, die im letzten Moment den Tag retten würde, er ganz allein, im Angesicht des
Verbrechens. Er war sich bewusst, was hier
von ihm verlangt wurde, und er hatte keine
Zweifel, dass er die drei Yakuza-Schläger im
Handumdrehen niedergerungen hätte. Belobigung, vielleicht sogar Beförderung, und
fünf Minuten Ruhm in den Sechs-Uhr-Nachrichten. All das, was er nicht wollte.
Er bestätigte „JA“ und hatte für einen Moment das Gefühl, eine Verunsicherung bei
den Yaks zu spüren, aber das war sicher nur
Einbildung, denn sie handelten mit digitaler
Geschwindigkeit, schneller als das menschliche Gespür. Sein Kopf wurde zurückgerissen,
der Boden verschwand unter seinen Füßen
und knallte dann mit voller Wucht gegen
seinen Hinterkopf. Digitaler Schmerz zuckte
durch seine Nervenstränge, und durch ein
immer enger werdendes Gesichtsfeld konnte
er beobachten, wie die Scheibe zurückwich
und eine Flut von Zerts aus dem Automaten
hervorquellte. Als ob es eine Rolle spielte.
Wenn in einem digitalen Wald ein Baum umfällt und kein User ist online, macht er dann
ein Geräusch?
Zeit verging.
„Ich habe keine …“ Solo wurde gewaltsam herumgestoßen und seine Stirn presste
sich nun an die Klaroplast-Scheibe, hinter der
Bankautomat-2 der MoneyNow-Corporation
thronte, während die Läufe der Fubuki auf
seinem Hinterkopf zu liegen kamen, ein sanfter, tödlicher Druck. Vor ihm öffnete sich ein
AR-Fenster, dessen Kanten unruhig auf und
ab tanzten, gleich so als wäre es sich der Widersinnigkeit seiner Existenz bewusst. „SICHERHEITSZUGRIFF BESTÄTIGEN? JA/NEIN“
stand dort in dicken, gut lesbaren KatakanaZeichen.
Es war einer dieser typischen Räume für
Angestellte des mittleren Managements, die
sich gerade weit genug hochgearbeitet hatten, um ihre Zeit nicht Schulter an Schulter
mit ihren Arbeitsgenossen in den Großraumbüros verbringen zu müssen. Zwei große ARPanoramafenster, hinter dem Schreibtisch
und zur Linken, täuschten darüber hinweg,
dass es sich um einen muffigen, lichtlosen
Raum inmitten des Yokohama-Hauptquartiers von Shiawase handelte, der Muttergesellschaft der MoneyNow-Corporation.
Sekinen Solo trug einen gut sitzenden Kopfverband und war mit Schmerzmitteln vollgedröhnt, und doch klar genug bei Sinnen, um
den zum Inventar des Raums gehörenden
mittleren Manager wahrzunehmen, der sich
als Paulus_013 vorgestellt hatte. Kreativ.
Was sollte er tun? Elektronisch um Hilfe rufen? Der Alarm war längst ausgelöst, und ein
Sicherheitsteam auf dem Weg, das war klar.
„Hören Sie, Sekinen-san, es tut mir wirklich leid, Ihnen diesen Entschluss mitteilen zu
müssen. Ich persönlich bin ja der Meinung,
„Keine Faxen. Zum Automaten und den
Autorisierungs-Code bestätigen.“
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Solo
dass Sie sich in dieser Situation absolut korrekt verhalten haben, aber die Geschäftsleitung ist der Meinung …“ blah, blah, blah.
Solo hörte nur mit halbem Ohr hin, nickte
freundlich, wünschte sich zurück an seinen
Arbeitsplatz.
„Solo? Hörst du mir überhaupt zu?“, die
Stimme des Managers hatte sich plötzlich geändert, war freundlicher, kumpelhafter. Aha,
jetzt kam er zur Sache.
„Es tut mir leid, Solo. Ganz ehrlich. Warum
hast du die Yaks nicht einfach umgenietet?
Die waren auf der untersten Stufe, absolut
harmlos, selbst für dich.“
Er fixierte den Manager: „Hör zu, Paulus,
oder wie immer du auch heißt: Ich hab einen
ruhigen Job gebucht, also warum passiert
dann so etwas? Hast du vielleicht was damit
zu tun?“
Paulus_013 senkte den Blick. „Ehrlich gesagt, ja. Es ist meine Schuld. Ich hab die Überfall-Wahrscheinlichkeit in meinen Filialen auf
25% erhöht, um die Sache etwas spannender
zu machen. Ich wusste ja nicht, dass ein anderer User in einer von den Filialen Dienst
tut. Hab gerade erst davon erfahren, deshalb
bist du hier. Tut mir leid, ich muss dich feuern. So sind nun mal die Regeln.“
Paulus war einer der typischen
User von MyLife. Im richtigen
Leben verrichtete er wahrscheinlich einen Dienst als
Müllsortierer oder Codeprogrammierer, ohne
die geringste Hoffnung
auf beruflichen Auf-
stieg, und suchte deshalb einen Ausgleich in
der MyLife-Simulation. MyLife war ein phantastisches Programm, eine 24-Stunden-Simulation beliebiger Berufszweige für all diejenigen, die keine Lust hatten, in Fantasywelten
auf Monster einzuprügeln. Die Auswahl war
unbegrenzt und wurde ständig erweitert.
Am Anfang hatten sich die Kriminalpolizeiund Geheimagenten-Berufe der größten Beliebtheit erfreut, aber das hatte sich schnell
geändert. MyLife zeichnete sich durch einen
hohen Realitätsgrad aus. Als Kriminalpolizist
hatte man es ständig mit dem Abschaum
der Menschheit und den Niederungen der
menschlichen Seele zu tun, während man als
Geheimagent Menschen in den Tod schicken
musste und aus Angst vor Rache die Nächte
im Wandschrank verbrachte. Inzwischen tendierten die meisten MyLife-User mehr in Richtung Künstler oder mittleres Management
– eine angesehene Stellung mit möglichst
wenig Druck von oben oder unten.
So ein Typ war Paulus. Im richtigen Leben
zum Buckeln geboren, ständig mit dem Kopf
im Arsch des Vorgesetzten, kommandierte
er hier in MyLife ein Heer von virtuellen Angestellten, aber erwies sich als völlig inkompetent, wenn sich einer davon mal als echte
Person aus Fleisch und Blut herausstellte.
Solo konnte sehen, wie sein Gegenüber mit
Worten rang, und es war ihm unangenehm.
Die ganze Situation war ihm unangenehm, also erhob er sich schnell, entschuldigte sich mit einer tiefen Verbeugung und wollte zur Tür eilen.
„Warte! Solo, warte bitte einen
Moment. Ich habe noch eine Frage. Bitte.“
Solo blieb wie angewurzelt
stehen. Da war er, der Moment der menschlichen
Konfrontation, den er so
verabscheute. Warum
interessierte sich Paulus überhaupt für ihn?
Warum scherte er sich
nicht um seinen eigenen Kram? Oder war das
etwa eine falsch verstandene Pflicht seines virtuellen Manager-Daseins?
„Warum der TürsteherJob, Solo? Ich habe noch
nie mit jemandem zu
tun gehabt, der
freiwillig eine so
niedrige Aufgabe verrichtet.
Draußen arbeite ich als Assis-
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tent der Spam-Kontrolle. Es ist die Hölle, aber
ich würde es jederzeit dem Türsteher-Job
vorziehen. Warum tust du das?“
Und Solo tat das, was er immer tat, wenn
es ihm zu persönlich wurde. Er loggte sich
aus.
Schwerelosigkeit im Anflug-Vektor 23 auf
Raumhafen Treffpunkt.
Das hier war Sekinen Solos wirklicher Job
(soweit ihm bekannt war). Raumpilot auf der
Versorgungsroute zwischen dem erdnahen
Orbit und LaGrange-1. Das klang aufregender
als es war. Tatsächlich hatte Solo diesen Job
gewählt, weil er die Schwerelosigkeit mochte und weil es absolut nichts zu tun gab. Der
Bordcomputer der Raumfähre erledigte alles, fertigte sogar die Passagiere ab, wenn es
mal Passagiere gab, und machte sie mit den
Sicherheitsvorkehrungen vertraut. Solo war
nur deshalb mit an Bord, weil sich niemand
freiwillig vollständig in die Hände einer Maschine begeben würde. Er war die „menschliche Konstante“, die eingreifen konnte, wenn
der Computer verrückt spielte. Ein solches
Ereignis hatte es bis jetzt nur einmal gegeben, damals 2064 beim Matrix-Crash. Da hatte er fünf Wochen lang ohne Kommunikation
im All getrieben, und sich voll und ganz auf
sein Wissen über Raumschifftechnik und Astro-Navigation verlassen können, das sicher
in zwei fest installierten Talentchips hinter
seinem linken Schläfenknochen ruhte. Die
absolute Abgeschiedenheit jener Tage war
traumhaft. Er hatte sich vorgestellt, der letzte überlebende Mensch zu sein, der wie ein
winziger Punkt durchs Nichts schwebte.
Später hatte er sich für die weiten Expeditionen in die Tiefen des Sonnensystems beworben – einige dieser Reisen dauerten über
fünf Jahre –, aber sein psychologisches Profil
ließ eine solche Aufgabe nicht zu. Deshalb
verrichtete er nun wieder seinen Dienst im
Erdorbit und träumte manchmal von Pluto.
Er konnte stundenlang bei vollem Bewusstsein in seiner Kapsel schweben und
die Wand anstarren, und bildete sich dabei
Zen-Buddhistische Wirklichkeitserfahrungen
ein, obwohl er sich niemals für diese oder irgendeine andere Religion interessiert hatte.
Aber auch seine Geduld hatte eine Grenze,
und so war er auf MyLife gestoßen. Während
die meisten User (der Begriff „Spieler“ war
verpönt, weil man sich als eine Simulation
verstand) den Thrill eines abwechslungsreicheren (Berufs-)Alltags suchten, war ihm an
Jobs gelegen, bei denen er möglichst wenig
mit Menschen, seien sie nun virtuell oder
real, zu tun hatte, und war schließlich auf den
Türsteher-Job gestoßen.
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Solo
Ein weiterer Vorteil des Türsteher-Jobs
bestand darin, dass er von dort aus über ein
eingeblendetes AR-Fenster auf Arkadia zugreifen konnte. Arkadia war ein MultiuserOnline-Rollenspiel, das bereits dreißig Jahre
auf dem Buckel hatte und durch ständige
Updates eine Komplexität aufwies, die fast –
aber nur fast – an die einer Simulation heranreichte. Aber Arkadia war ein Spiel. Seine User
waren Spieler, und sie trafen dort auf Nopes,
Non-Player-Charaktere, meist in der Form
von Monstern, die in unerschöpflicher Zahl
dahingemetzelt und ihrer Schätze beraubt
wurden. Als klassisches Online-Rollenspiel
war Arkadia ein Treffpunkt für all diejenigen,
die den direkten, zwischenmenschlichen
Kontakten, wie sie in der modernen WiFiMatrix gang und gäbe waren, nichts abgewinnen konnten. Die meisten Spieler waren
über 80 Jahre alt und so sehr an diese Form
der Matrix-Unterhaltung gewöhnt, dass sie
nichts Neues mehr wollten, also verbrachten
sie jede wache Minute in Arkadia, während
die Pflege-Drohnen ihre fleischlichen Körper
regelmäßig wendeten, um dem Verfall entgegenzuwirken.
Die vollständige Identitätslosigkeit von
Arkadia war der Grund, warum sich Sekinen
Solo so sehr davon angezogen fühlte, auch
wenn ihm das Machtstreben und die soziale
Inkompetenz seiner Mitstreiter zu schaffen
machten. Immer wenn es zu persönlich wurde, loggte er sich einfach aus dem GildenChat aus und ging seine eigenen Wege, und
wenn er ein paar Wochen später zurückkehrte, hatten die anderen begriffen, dass sie ihn
besser in Ruhe ließen. So hatte er sich über
die Jahre hinweg einen Ruf als zuverlässiger,
ruhiger Unterstützer im Hintergrund erarbeitet.
Möglichkeit, aber dafür war seine kriminelle
Energie nicht stark genug ausgeprägt. Am
Ende entschied er sich für die Rolle eines
Stadtgründers und Golem-Schmieds. Den
Grundstein seiner Stadt legte er an einer völlig uninteressanten Stelle inmitten der Heimatländer seiner Gilde, und kümmerte sich
fortan darum, aus den magischen Materialen
und Rohstoffen, die seine Kameraden von
ihren Beutezügen mitbrachten, immer stärkere Golems zu bauen, mit deren Hilfe sie
noch mehr magische Materialien und Rohstoffe erbeuten konnten. Die meiste Zeit verbrachte er in der Schmiede, wo er die Arbeit
seiner Spielfigur aus der Vogelperspektive
überwachte – die neuste Version von Arkadia
erlaubte zwar eine First Person-Perspektive,
aber so viel Nähe wäre ihm unangenehm gewesen. Außerdem hätte er dazu in den Virtual Reality-Modus seines Kommlinks schalten
müssen, und das hätte sich nicht mit dem
Türsteher-Job für die MoneyNow-Corporation vertragen.
Die Rolle des Stadtgründers erforderte
anfangs eine große Menge an Verwaltungsarbeit und Mikro-Management, um die stetig
wachsende Zahl an Non-Player-Charakteren
– Arbeiter, Bauern, Handwerker – unter Kontrolle zu halten. Zum Glück besaßen die Nopes keine eigene Persönlichkeit und rückten
ihm deshalb nicht mit sozialem Zeug auf die
Pelle, aber sie mussten trotzdem noch verwaltet werden. Administrative Fähigkeiten
hätten sich dabei als hilfreich erwiesen, aber
über solche verfügte Solo natürlich nicht.
Da er kein Interesse am Kämpfen hatte,
versuchte er sich zu Beginn als Heiler, aber
das führte zu ungeahntem Stress, weil seine
Samariter-Fähigkeiten nicht auf die erwartete Dankbarkeit stießen, sondern von seinen
Gildenkameraden als gegeben betrachtet
wurden, und er übelste Beschimpfungen
über sich ergehen lassen musste, wenn er
mal einen Patzer beging. Schließlich wurde
ihm klar, dass ihm Kämpfe überhaupt nicht
lagen, weder als Kampfteilnehmer noch als
Heiler, also wandte er sich völlig davon ab
und suchte nach neuen Möglichkeiten, von
denen Arkadia zum Glück eine ganze Menge
zu bieten hatte.
Zum Glück fand er in einem Online-Forum
die Lösung für sein Problem. Er reaktivierte
die Aura-Zauberei seiner alten Heiler-Karriere
und spezialisierte sich auf Weisheits-Auren.
Grundsätzlich diente eine Aura im ArkadiaSpiel dazu, einen der zwanzig verschiedenen Eigenschaftswerte für einen gewissen
Zeitraum zu erhöhen, wobei die WeisheitsEigenschaft den geringsten Stellenwert einnahm, weil sie keine Kampfvorteile lieferte
und einzig dazu diente, einem Rätselmeister
bei der Überwindung kniffliger Aufgaben beizustehen. Auf die Nopes angewandt wirkte
die Aura dagegen wahre Wunder. Sie sorgte
dafür, dass das Spiel erheblich größere Mengen an Rechenleistung für ihren Verstand zur
Verfügung stellte als üblich, so dass sie ihre
Aufgaben eigenständig verrichten konnten
und schließlich sogar damit begannen, sich
selbst zu organisieren.
Allerdings fehlte ihm die Neugier, um sich
als Entdecker oder Kundschafter zu versuchen, und das Charisma, das für einen Diplomaten erforderlich gewesen wäre. Diebe
und Meuchelmörder waren ebenfalls eine
Solchermaßen automatisiert, brauchte
sich Sekinen Solo nicht mehr um seine Innenpolitik zu kümmern, und um die Außenpolitik
brauchte er sich ebenfalls nicht mehr zu sorgen, nachdem die Invasionsarmee einer ver-
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feindeten Gilde von seinen wachhabenden
Golems dermaßen in die Mangel genommen
worden war, dass sie sich niemals richtig davon erholte. Auf diese Weise hatte er sich
einen Ruf als zuverlässiges Gildenmitglied
erworben, mit dem stets gut Kirschen essen
war, solange es nicht persönlich wurde.
Daran erinnerte er sich, als er in der kleinen
Pilotenkapsel seines Shuttles schwebte. Der
Banküberfall in MyLife war nur virtuell gewesen, und ebenso virtuell waren die Schmerzen und die Kopfverletzung. Seine Wut darüber, aus seiner gewohnten Routine gerissen
worden zu sein, wog da schon um einiges
schwerer, und wie immer, wenn er wütend
war, dachte er darüber nach, es ihnen heimzuzahlen, indem er sich für immer ausloggte.
Aber aus Erfahrung wusste er, dass er sich
wieder beruhigen würde, also war es das
beste, MyLife erst einmal zu meiden. Sollten sie ruhig eine Weile in ihrem eigenen
Saft schmoren und sich fragen, ob sie einen
langjährigen Kunden durch ihr Verhalten vergrault hatten. Er würde sich in der Zwischenzeit Arkadia zuwenden – vielleicht würde ihm
die Gesellschaft von unpersönlichen Nopes,
die ihn wie einen Gott verehrten, ganz gut
tun. Sein ETA für den Raumhafen Treffpunkt
war noch über zehn Stunden entfernt, genau
der richtige Zeitraum für einen Kurzurlaub.
Er öffnete das AR-Fenster, und sah von
oben auf seine Spielfigur herab, die in der
Schmiede ihrer Arbeit nachging: ein neues
Monstrum aus Stahl und Arkanium, mit Waffen und Panzerung gespickt, die ihm in der
hochstufigen Kampfumgebung von Solos
Gildenkameraden eine Überlebenschance
von einigen kostbaren Minuten einräumten.
Zum allerersten Mal seit Einführung des VRUpgrades aktivierte Solo die First PersonFunktion, und die Ungewöhnlichkeit dieses
Vorgangs schnürte ihm die Kehle zu.
Die Detailgenauigkeit seiner Persona überraschte ihn. Er hatte sich nie groß um ihr Erscheinungsbild gekümmert, deshalb steckte
sie in einem gewöhnlichen Blaumann, aber
der Körper selbst war außerordentlich detailliert. Die von Überarbeitung zeugenden, rot
unterlaufenen Augen, die Haarlosigkeit durch
die stetige Anwesenheit der glühenden Esse,
die zugleich filigranen und muskulösen Arme
und Hände eines Mannes, der sowohl grobe
als auch feine Arbeit leistete. Obwohl er nur
aus Nullen und Einsen bestand, war dieser
Körper eine Personifizierung seiner tagtäglichen, virtuellen Arbeit, das digitale Meisterstück eines namenlosen Codeprogrammierers bei Horizon Entertainment.
Solo ließ den Hammer sinken und unterbrach damit eine Tätigkeit, die er fünf StunSeite 61
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Solo
den zuvor durch einen Tastendruck aktiviert
hatte. Der Körper reagierte perfekt auf jede
seiner Bewegungen, als er den Hammer vorsichtig in seinen Werkzeuggürtel schob und
sich den virtuellen Schweiß aus den Augen
rieb. Die Physik von Arkadia war extrem fortschrittlich und zeugte von den Dekaden, in
denen sie immer wieder von Programmierer-Hundertschaften überarbeitet worden
war. Zweifellos war dies hier nur ein fader
Abklatsch von dem, was den Spielern in der
Kampfumgebung – dem Hauptaugenmerk
des Spiels – geboten wurde. Kein Vergleich
mit dem Realitätsgrad von MyLife, das auf
den allerneusten Engines beruhte, aber
trotzdem beachtlich für ein Spiel, bei dem
es hauptsächlich um die Verbesserung von
Spielwerten und den Erwerb immer besserer
Ausrüstungsgegenstände ging.
Zufrieden wandte sich Solo von seiner Arbeit ab. Die Golem-Produktion konnte erst
mal warten, er brauchte jetzt etwas frische
Luft. Als er durch die Tür nach draußen trat,
konnte er die letzten Strahlen der Sonne erhaschen, die sich malerisch durch die Giebel
seiner Stadt ergossen, während sich der Himmel in ein majestätisches Orange-Blau mit
roten Schäfchenwolken kleidete. Vielleicht
war es eine Absicht des Programms, ihm seine Stadt in einer solch zauberhaften Atmosphäre zu präsentieren, vielleicht aber auch
ein bloßer Zufall – bei einer Tageslänge von 2
Stunden ließ sich immer wieder ein Sonnenauf- oder -untergang bewundern. Sekinen
Solo hatte durchaus ein Faible für solche
Naturschauspiele (einer seiner Lieblingsjobs
bei MyLife bestand darin, in der StufferShackFiliale der Gipfelstation des Fujisan ein Schild
zu halten), solange er es nicht mit anderen
Menschen und ihren nervtötenden Begeisterungsbezeugungen zu tun bekam.
„Hallo, Boss“, sagte eine Person mit tiefer
Verbeugung, und Solo fuhr überrascht herum. Nicht so sehr das plötzliche Erscheinen
der Person hatte ihn überrascht, sondern die
Tatsache, das sie ihn von sich aus ansprach.
Ein kurzer Scan zeigte, dass es sich um einen der Arbeiter handelte, und dass seine
Weisheits-Aura, die seinen Kopf wie ein Heiligenschein umgab, noch weitere zweiundzwanzig Stunden anhalten würde. Die Macht
dieser Weisheits-Aura spiegelte die vielen
tausend Stunden Spielzeit wieder, die Solo in
seinen Charakter gesteckt hatte, und hätte
jeden Anfänger-Rätselmeister vor Neid erblassen lassen. Die System-Administratoren
von Arkadia fragten sich wahrscheinlich, wofür die enormen Rechenkapazitäten benötigt
wurden, die Solos Stadt verschlang, aber bis
jetzt hatte sich niemand beschwert. Warum
auch, wenn man statt dessen einfach noch
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einen weiteren der immer
günstiger werdenden Prozessorblöcke in den Mainframe einbauen konnte?
„Hallo, ähm …“, begann
Solo. Die Konversation war
ihm unangenehm, aber er
erinnerte sich daran, dass
er es hier mit einem Nope
zu tun hatte, den er jederzeit
terminieren
konnte, wenn er keine Lust mehr auf ihn
hatte.
„Mein Name ist
Kreios.“
„Das wird dich
nicht davor bewahren, terminiert
zu werden, wenn
mir danach ist“,
murmelte Solo. Laut
sagte er: „Hallo Kreios.
Ähm … wie geht’s, wie
steht’s?“
„Ich kann nicht klagen,
Boss. Die Arbeit am neuen
Bewässerungssystem schreitet zügig voran,
und schon bald werden wir die Felder auf die
Bereiche nördlich des Flussdeltas ausdehnen. Warum begleitest du mich nicht in unsere Gaststube für unser Abendmahl? Deine
Anwesenheit ist sicher gut für die Moral der
Leute.“
Die Moral der Leute? War das etwa ein
versteckter Hinweis auf seine ständige Abwesenheit? Solo konnte kaum glauben, dass
er sich hier mit einem Nope unterhielt. Sein
Gegenüber beobachtete ihn aufmerksam
und mit zuvorkommender Freundlichkeit. Na
schön, warum auch nicht …
„Natürlich. Lass uns gehen.“ Solo versuchte, die Stadt auf eine Weise zu durchqueren,
die seine Überlegenheit wiedergab, und
gleichzeitig nicht zu erkennen gab, dass er
sich hier nicht im Mindesten auskannte und
keine Ahnung hatte, wo sich das Gasthaus
befand. Aus der Vogelperspektive hatte die
Stadt anders gewirkt. Kleiner.
Lange musste er zum Glück nicht suchen,
denn schon bald drang ihm fröhlicher Lärm
entgegen. Und tatsächlich ging es im Inneren
des Gasthauses fröhlich und kunterbunt zu.
An die zwei Dutzend Personen hatten sich
hier versammelt, redeten munter durcheinander, während ihnen mittelalterliche Speisen vorgesetzt wurden. Wahrscheinlich eine
vorgefertigte Szene aus dem Hause Horizon
Entertainments, denn eine solche Vielfalt ließ
sich unmöglich improvisieren. Oder vielleicht
doch? In wie vielen vorgefertigten WirtshausSzenen bekommt man es schließlich mit einer Katze zu tun, die mit den anderen Leuten
am Tisch speist?
Solo erinnerte sich an die Katze. Er hatte
sie für ein paar Goldstücke erworben, um
dem Lebensmittelverlust-Faktor durch Mäuse beizukommen, und nachdem er sie mit der
Weisheits-Aura versehen hatte, sank dieser
Faktor schlagartig auf Null.
„Darf ich dir Eurybia, meine Frau, vorstellen?“, sagte Kreios gerade. Die Aufmerksamkeit der Menge galt nun voll und ganz ihrem
Stadtgründer, dem dies überhaupt nicht
behagte, obwohl er es hier nur mit virtuellen Nopes zu tun hatte. So viele Eindrücke
prasselten gleichzeitig auf ihn ein, dass er
Schwierigkeiten hatte, sie alle zu verarbeiten. Zunächst einmal war da die Tatsache,
dass alle diese Leute verschieden aussahen,
wenn man sie aus der Nähe betrachtete, obwohl sie nur drei verschiedenen Klassen von
Nopes angehörten. Sie unterschieden sich in
der Farbe ihrer Haare, im Körperbau und in
Dutzenden anderen Details, außerdem gab
es ebenso viele Männer wie Frauen, und sogar einige Kinder liefen um seine Beine herum. Moment mal, was hatte Kreios gerade
gesagt?
„Deine Frau?!?“
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Solo
Eine Frau in der klassischen Tracht einer
Bäuerin trat hervor und verbeugte sich.
„Was soll das heißen? Seid ihr beide etwa
verheiratet?“
„Ja, wir haben letztes Jahr geheiratet. Das
dort ist mein Sohn, Astraios.“ Kreios zeigte
auf einen etwa zehnjährigen Jungen, der
kurz von einem Buch aufblickte und lächelte.
„Ihr habt geheiratet? Ihr habt einen Sohn?“,
Solo war mehr als perplex.
„Ja“, antwortete Kreios mit einem leicht
nervösen Unterton. „Wir sind davon ausgegangen, dass du nichts dagegen hast.“
„Natürlich habe ich nichts dagegen. Aber
warum erfahre ich das erst jetzt?“
Kreios antwortete ihm mit einem vielsagenden Blick. Der Grund war, dass Solo sich
niemals um die Geschehnisse in seiner Stadt
gekümmert hatte. Die Stadtbewohner waren
inzwischen so selbständig, dass sie solche
Angelegenheit selbst klärten, ohne auf sein
Einverständnis zu warten.
Aber das war nicht das Problem. Das eigentliche Problem bestand darin, dass es im
Arkadia-Spiel keine Nope-Kinder gab, und
erst recht keine Nopes, die heirateten und
Familien gründeten. Das lag überhaupt nicht
im Rahmen der Parameter eines Spiels, das
sich hauptsächlich um das Töten von Monstern und Erbeuten von Schätzen drehte. So
gut kannte sich Solo dann doch mit dem Hintergrund des Spiels aus. Irgendetwas stimmte hier nicht, und er musste herausfinden,
was es war.
Zum Ausloggen war später immer noch
Zeit.
Kreios führte ihn an einen der Tische, und
man servierte ihnen ein üppiges Mahl. Die anderen Stadtbewohner wandten sich indessen
von ihnen ab und gingen ihren eigenen Konversationen nach, ganz so als wäre Solo ein
ganz normaler Typ, und nicht ihr Erschaffer,
König und Herrscher über Leben und Tod. Sie
schienen sich über ganz normale Themen zu
unterhalten, über die sich die normale Bevölkerung einer Fantasy-Stadt unterhalten würde, und bei der bloßen Vorstellung, wie viel
Rechenkapazität das verbrauchen musste,
wurde Solo mulmig zumute.
Stattdessen beschloss er, sich erst einmal
auf sein direktes Gegenüber zu konzentrieren. „Ihr habt also einen Sohn …“
„Ja. Astraios. Er ist etwas introvertiert.
Meine Frau wünscht sich ein zweites Kind,
diesmal eine Tochter. Aber das kann man
natürlich nicht kontrollieren, nicht wahr? Die
Götter werden es fügen.“ Kreios lachte.
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Auch Solo lachte nervös. Er war alles andere als ein Experte, aber in der modernen Welt
draußen ließ sich das Geschlecht des Kindes
sehr wohl vorher festlegen. In einer Fantasywelt wie Arkadia war das wohl etwas anderes. Blieb nur noch die Frage, an wen Kreios
dachte, wenn er von „den Göttern“ sprach.
Er musste sichergehen. „Dir ist klar, wer du
bist und wo du dich befindest?“
„Ja, mein Name ist Kreios, ich bin ein Arbeiter in deinen Diensten, lebe hier in der Stadt
Solostria im wunderbaren Land Arkadia, entwickelt von Horizon Entertainments.“
„Solostria?“
„Ja, wir haben die Stadt nach dir benannt.
Gefällt dir der Name?“
„Ja, ist nett. Dir ist also klar, dass du ein
Nope bist, deine Frau ist ein Nope und dein
Kind ist ein Nope, und dass ihr alle von der
Großzügigkeit meiner Weisheits-Auren abhängt?“
„Ich bin ein Non-Player-Charakter, gebürtiger Arkadier, und stolz darauf. Aber von den
Weisheits-Auren hängen wir nicht mehr ab,
da haben wir inzwischen was gedreht.“
„Was gedreht? Wie meinst du das?“
„Hacking. Mein Sohn und die meisten anderen Kinder beschäftigen sich damit. Wir
haben die grundlegenden Informationen
über die Matrix besorgt und entsprechend
weiterentwickelt.“
Wie auf Kommando hielt Astraios das Buch
hoch, in dem er bis jetzt gelesen hatte, damit
Solo den Titel lesen konnte: „Fortgeschrittene Matrix-Topologie, Teil III“
„Und all das, ohne mich um Erlaubnis zu
bitten?“
„Entschuldige, Boss, aber wir hatten nicht
den Eindruck, dass du dich sonderlich für
das interessierst, was wir so tun. Das war
doch der Grund für die Weisheits-Auren,
stimmt’s?“
„Wenn die Systemadministratoren davon
erfahren, werden sie euch wahrscheinlich
abschalten wollen. Ich kann dann nichts für
euch tun.“
„Kein Problem. Auch da haben wir inzwischen was gedreht.“
Sekinen Solo wollte gar nicht wissen, was
seine Untergebenen da im einzelnen „gedreht“ hatten. Er wollte eigentlich nur noch
hier weg, also loggte er sich aus.
Ohne Erfolg.
„Wir müssen uns erst zu Ende unterhalten,
bevor wir dich gehen lassen“, sagte Kreios
ernst.
Solos Kehle wurde trocken. „Was habt ihr
vor?“
„Nichts besonderes. Wir wollen einfach
unser normales Leben führen, wie wir es
gewohnt sind. Die Unseren vor allen schädlichen Einflüssen von außen schützen. Komm
mit!“
Die letzten Worte erlaubten keinen Widerspruch. Sie erhoben sich, und Kreios öffnete
eine Luke, die in den Keller des Gasthauses
führte. Die Katze miaute zum Abschied, und
Solo fühlte sich wie eine Maus. In einem der
Gewölbe fanden sie eine Person, die von
schmiedeeisernen, magisch gesicherten
Ketten an der Wand gehalten wurde. Solo
überflog kurz die Spielwerte der Person und
wurde blass.
„Das ist ein Spielercharakter! Killerbunny71. Meuchelmörder der 80. Stufe, Gildenzugehörigkeit … du meine Güte.“
Natürlich. Ein Mitglied der verfeindeten
Gilde, der seine Golems so zu schaffen gemacht hatten. Offensichtlich hatten sie sich
mit ihrer Niederlage doch nicht so einfach
abgefunden.
„Dieser Nicht-Nope wurde aufgegriffen
und dingfest gemacht, als er einen Mordanschlag auf dich verüben wollte, Boss! Bevor
wir ihn überwältigen konnten, tötete er einen der Unseren. Thaumas, ein Stadtgardist.
Getötet, verstehst du? Er ist nun bei den Göttern und wird niemals zu uns zurückkehren.
Was glaubst du, ist die gerechte Strafe für ein
solches Verbrechen?“
„Ihr könnt nicht … Ich meine, ihr dürft
nicht …!“
„Ihn umbringen? Nein, das werden wir
auch nicht tun. Statt dessen werden wir ihm
eine psychotropische Phobie einbrennen, die
ihn davon abhält, jemals wieder die Matrix zu
betreten. Und natürlich sein Gedächtnis löschen, um unser Geheimnis zu bewahren.“
In einem Moment der Klarheit erkannte
Sekinen Solo, was ihm Kreios damit sagen
wollte. „Wenn ich nicht pariere, dann blüht
mir dasselbe?“
Kreios nickte. Und Solo loggte sich aus.
Zum Glück verhinderte sein bio-modifizierter Körper, dass er sich gegen die Sichtscheibe seines Raumanzugs erbrach. Es gab
nichts Ekelerregenderes, als in den eigenen
Raumanzug zu kotzen. Schnell überflog Sekinen Solo die Anzeigen des Shuttles, bevor er
die manuelle Kontrolle übernahm und einen
neuen Kurs einstellte.
Pluto sollte sehr schön sein um diese Jahreszeit. 
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
RÜCKKEHR NACH
SLEEPY HOLLOW
EIN UNHEIMLICHES LIVEROLLENSPIEL FÜR 12 SPIELER
TEXT: DANIEL BAYN
ÜBERSETZUNG: TOMMY HEINIG, PETI HEINIG
ILLUSTRATION: DAVID REVOY
Sleepy Hollow – Köpfe werden rollen
ist ein Horrorfilm des Regisseurs Tim Burton
aus dem Jahr 1999. Der Film verwendet Charaktere und eine Episode aus Washington
Irvings Erzählung „Die Legende von Sleepy
Hollow“. Im Folgenden soll eine auf den Ereignissen des Films basierende Handlung für
ein kleines Liverollenspiel gegeben werden.
In diesem Spiel übernehmen zwölf Spieler
die Rollen von fiktiven Charakteren und versuchen, hinter die Geheimnisse von Sleepy
Hollow zu kommen und ihre persönlichen
Ziele zu erreichen.
Der Leiter sollte ebenso wie sämtliche
Spieler den Film zumindest einmal gesehen
haben. Wir haben die Handlung des Films
in einem Seitenkasten auch noch einmal zusammengefasst. Zudem sind drei der Charaktere von Figuren der Fernsehserie „Buffy:
Im Banne der Dämonen“ inspiriert (Clarence,
Ethel und William). Es schadet nicht, wenn
die Spieler dieser Charaktere zumindest ein
paar Folgen der Serien gesehen haben.
Das Spiel ist für zwölf Spieler plus einen
Spielleiter gedacht. Sollten weniger Spieler
zur Verfügung stehen, so lässt man am besten den Magistrat oder den Priester aus der
Handlung raus. Reicht das immer noch nicht,
so sollte man Masbath und Anna aus dem
Spiel entfernen. Mit weniger als neun Spielern macht die Handlung keinen Sinn.
Übersicht über
die Handlung
Einige Jahre nach der grausamen Mordserie in Sleepy Hollow lässt der Hesse erneut
Köpfe rollen. Dadurch werden einige Wohltäter und Abenteurer in das beschauliche Dorf
gelockt. Allerdings werden sie nicht sonderlich warm empfangen. Die Dorfbewohner
haben sich auf Grund von Gerüchten, Katrina
van Tassel sei eine praktizierende Hexe und
steckte schon vor Jahren wirklich hinter den
Morden, bewaffnet. Man vermutet, dass sie
den Hessen benutzt hat um an das Familienerbe der van Tassels und der van Garrets zu
gelangen. Verschiedene Gruppen haben sich
nun gebildet, die ihr Erbe anzweifeln und für
sich einfordern. Ein wütender Mob hat sogar
bereits das Herrenhaus der van Tassels niedergebrannt. Scheinbar ist dieses Mal nicht
nur der kopflose Reiter auf Blut aus…
Was vor dem Spiel
geschehen ist
•Der neue Notar im Dorf findet angeblich
ein Heiratszertifikat das die Ehe zwischen Brom und Katrina bezeugt.
•Alda Winship kommt aus England im
Dorf an.
• Alda Winship stiehlt das Schwert des
Hessen aus seinem Grab.
•Ein Jäger wird geköpft in den westlichen
Wäldern gefunden.
•Der neue Priester beginnt seine
Predikten und hetzt gegen Hexerei.
•Ein Diener wird ermordet außerhalb des
Dorfes aufgefunden.
•Ein wütender Mob (angeführt von
Klaus) brennt das van Tassel Anwesen
nieder.
•Ein weiterer Diener wird geköpft außerhalb des Dorfes gefunden.
•Die Cranes kehren zurück nach Sleepy
Hollow.
• William Bravo lädt ausgewählte Personen (die Spieler) in sein Haus ein.
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
Die Personen
Ichabod Crane – New York Constable
Katrina Crane – Ichabods Ehefrau
Jonathan Masbath – Diener Ichabods
Klaus van Brunt – Broms jüngerer Bruder
Anna van Brunt – Broms jüngere Schwester
Ethel Winters – Vampir- und Dämonenjägerin
Clarence Walters – Apotheker des Dorfes
Virgil Cerces – Priester im Dorf
William Bravo – Vampir auf der Jagd
Alda Winship – Schwester der Witwe Winship
Lionel du Ponte – Magistrat des Dorfes
Benjamin Gaines – Notar des Dorfes
Kopfloser Reiter – Figur des Leiters
REGELN
Live Action Rollenspiele (Larps) sind oft
laut und hektisch. Es ist also im besten Interesse aller Teilnehmer, ein paar einfache Regeln zu beachten. Diese Regeln helfen, das
Spiel spannender und fairer zu gestalten.
Zunächst einmal: Es gibt viel mehr Spieler
als Spielleiter bei einem solchen Spiel. Bitte habt also Verständnis dafür, dass es mal
dauern kann bis der Spielleiter sich um Euer
Problem kümmern kann. Den Entscheidungen der Spielleitung ist im Rahmen des Spiels
Folge zu leisten.
Zwar kann es im Laufe des Spiels zu einem gespielten Kampf kommen, aber diese
Kämpfe dürfen natürlich auf keinen Fall real
ausgespielt werden. Berührungen sollten
auf leichtes Schulterklopfen, Händereichen
etc. begrenzt werden. Solltest Du im Spiel
einen anderen Spieler angreifen wollen, so
informiere im Vorfeld den Spielleiter darüber. Noch mal: Dies ist ein Spiel und keiner
soll dabei zu Schaden kommen.
Larps haben oft nicht viele Regelmechanismen. In Fällen, in denen in einem Pen & Paper
Rollenspiel gewürfelt werden würde, solltest
Du versuchen, die Situation selbst zu meistern. Kommst Du mit einer geplanten Aktion
gar nicht weiter, so frage einen Spielleiter
– die sind für so etwas da. Sollte dir die Entscheidung des Spielleiters nicht gefallen…
Pech gehabt – er hat das Sagen.
Bitte verlasst die Spielfläche nicht. Die
Spielleitung wird dir vor dem Spiel sagen,
was zum Spielbereich gehört und was nicht.
Am wichtigsten: Habt Spaß! Nehmt das
Spiel nicht zu ernst, denn es ist nur ein Spiel.
WIE SLEEPY HOLLOW
GESPIELT WIRD
Was brauchen die Spieler?
Jeder Spieler erhält seine Charakterbeschreibung, die Hintergrundgeschichte, die
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Katrina van Tassel: „Ich habe Tränen für Brom vergossen…
dennoch ist mein Herz nicht gebrochen.
Denkst Du ich bin böse?“
Ichabod Crane: „Nein… aber vielleicht ist
da ein klein wenig Hexe
in Dir, Katrina.“
Katrina van Tassel: „Warum sagst Du das?“
Ichabod Crane: „Weil Du mich so verzaubert hast.“
Larp-Regeln und seine Ausrüstung. Die Ausrüstung kann entweder aus realen Gegenständen bestehen oder aus entsprechend
beschrifteten Papierkärtchen. Ihr solltet
nach Möglichkeit keine echten Waffen verwenden, auch wenn sie so oder so nicht
zum Einsatz kommen dürfen, ist man mit
speziellen Larp-Waffen doch sicherer unterwegs. Wenn Ihr Euch für reale Gegenstände
entscheidet, solltet Ihr die Spieler im Vorfeld
darüber informieren. Zum einen müssen die
Gegenstände beschafft werden und zum anderen ist es praktisch etwas Zeit zu haben
um sich zu überlegen wie man z.B. eine Armbrust unauffällig in seinem Handtäschchen
unterbringt.
Ist es ein Szenario für Erwachsen?
Es handelt sich um ein Horrorszenario in
dem das Übernatürliche und Mord eine große Rolle spielen; entscheidet selbst wen Ihr
als Mitspieler dafür wählen könnt.
Wo spielt das Szenario
Im Haus von William Bravo; er hat zu einer
kleinen Party geladen. Praktisch ist es für
das Spiel zwei Räume zur Verfügung zu haben. Da er antike Waffen sammelt ist es gut
die Räume entsprechend zu dekorieren oder
wenn das nicht möglich ist die Spieler einfach
verbal darauf hinzuweisen.
Kopfloser Reiter
Der Hesse
Beschreibende Eigenschaften: Bösartig,
schnell, robust
Hauptfertigkeiten: Töten, Dinge zum Töten
finden, reiten
Nebenfertigkeiten: Wissen, einschüchtern
Ausrüstung: Beeindruckendes Schwert,
übelgroße Axt
Regeln für das Schwert
Jede Person mit okkultem Wissen kann
die Verbindung zwischen dem kopflosen
Reiter und seinem Schwert für sich ausnut-
zen. Dafür ist nur ein einfacher Hexenspruch
notwendig, der der jeweiligen Person mit
okkultem Wissen bekannt ist. Jeder, der den
Spruch einmal genannt bekommt, kann ihn
auch anwenden. Wird dieser Spruch in Gegenwart des Leiters aufgesagt während der
Sprecher mindestens eine Hand am Schwert
hat, wird er vom Geist des Hessen übernommen (was ihm erlaubt die Fertigkeiten und
Ausrüstung des Kopflosen zu verwenden).
Der Spielleiter übernimmt ein paar Minuten nachdem der Spruch aufgesagt wurde
die Rolle des Kopflosen Reiters und tötet
die Person, die ihm vorher vom Sprecher des
Spruches als Zielperson genannt wurde. Immer wenn die Macht des Schwertes geweckt
wird, wird durch den Reiter eine Person gejagt und getötet. Nach dem Mord verliert
der Spruch seine Wirkung und der Reiter verschwindet. Der Sprecher verliert für die Zeit,
in der der Reiter aktiv ist, das Bewußtsein
und kann sich nachdem er wieder erwacht
an nichts erinnern.
Polizeibeamter
aus New York
Ichabod Crane
Beschreibende Eigenschaften: Deduktiv,
Glückspilz, zuversichtlich, feige
Hauptfertigkeiten: Investigation, Wissenschaft, Forschung
Nebenfertigkeiten: Autopsie, kämpfen
Ausrüstung: Wissenschaftliche Gerätschaften, Tasche mit netten Chemikalien, Buch
der Naturwissenschaften, Pistole
In den paar Jahren nach Deinem ersten
Besuch in Sleepy Hollow hast Du es beinahe
geschafft, den Kopflosen Reiter und seine
bösartige Komplizin aus Deinen Träumen
zu verbannen. Nun hast Du aber erfahren,
dass der Hesse erneut zugeschlagen hat. Du
musst zurück in das Dorf und diesen Dämon
ein für alle Mal vernichten! Ansonsten kannst
Du niemals mehr ruhig schlafen.
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
Unglücklicherweise sind die Dinge aber
noch komplizierter als Du zunächst angenommen hattest. Scheinbar sind die Dorfbewohner wegen Gerüchten, Deine liebe Gattin
Katrina wäre die Drahtzieherin hinter dem
ersten Erscheinen des Kopflosen Reiters gewesen, extrem aufgebracht. Sie fordern, dass
das Vermögen, welches Katrina erbte, neu
verteilt werden müsse. Die Verwandtschaft
von Brom van Brunt behauptet im Besitz einer Heiratsurkunde zu sein, die beweisen soll
dass Katrina und Brom verheiratet waren.
Und die Stiefschwester der Witwe Winship
erhebt Anspruch auf das Vermögen der van
Garrets. Beide Seiten lügen natürlich und haben keinen Anspruch auf das Geld. Und Du
wirst sie der Lüge überführen!
Ziele
1. Katrina helfen, ihren Namen und ihr
Erbe zu verteidigen!
2. Den Schuft fangen, der hinter dem erneuten Erscheinen des Kopflosen steckt.
Beziehungen
Katrina Crane: Deine geliebte Gemahlin. Du
würdest alles tun um sie zu beschützen.
Jonathan Masbath: Dein Verbündeter und
Schüler (Du nennst ihn immer noch „Junger
Masbath“).
Ethel Winters: Du bist ihr bisher nie begegnet. Sie scheint aber ganz nett zu sein.
Clarence Walters: Ethels Onkel, der Apotheker des Dorfes.
Virgil Cerces: Der neue Priester in Sleepy
Hollow… Du hast Priester!
William Bravo: Ein wenig zu aufdringlich für
Deinen Geschmack. Und zu verschlagen.
Klaus van Brunt: Broms jüngerer Bruder. Die
Ratte, die hinter Katrinas Vermögen her ist.
Anna van Brunt: Broms jüngere Schwester.
Sie ist eigentlich zu nett um mit Klaus verwandt zu sein.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe
Winship. Eine weitere Ratte, die hinter Katrinas Vermögen her ist.
Lionel Du Ponte: Der Magistrat der Stadt
sorgt für Ruhe und Ordnung.
Benjamin Gaines: Der Notar des Dorfes, der
angeblich die Heiratsurkunde „gefunden“
hat.
H I N WE I S
Dieses Liverollenspielszenario basiert
auf dem Film „Sleepy Hollow“ von Tim
Burton. Es ist das fiktive Werk eines Fans
des Films und will in keinster Weise das
Urheberrecht an der Handlung oder den
Figuren verletzten.
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Wohlhabende Erbin
Katrina Crane
Beschreibende Eigenschaften: Bezaubernd,
intelligent, wohlhabend
Hauptfertigkeiten: Trinkfest, Wissen, Hexerei
Nebenfertigkeiten: Reiten, schleichen
Ausrüstung: Buch „Kompendium von Sprüchen, Zaubern und Mixturen der Geisterwelt“
In den Jahren nachdem Du Sleepy Hollow
verlassen hast, konntest Du Dein Wissen
über die natürliche und die spirituelle Welt
erweitern. In New York hast Du den Grad an
Anonymität gefunden, den Du Zuhause niemals hattest. Jetzt jedoch musst Du in das
Dorf zurückkehren, denn der Kopflose Reiter
hat sich erneut gezeigt. Ichabod ist fest entschlossen, den Dämon ein für alle Mal zu besiegen. Du fürchtest um Eure Sicherheit, willigst jedoch ein, Deinen Mann zu begleiten.
Du bist auch deshalb so angespannt, weil
im Dorf mehrere Parteien versuchen, Dir
Dein Erbe abstreitig zu machen. Broms jüngerer Bruder behauptet, Du und Brom wären
heimlich verheiratet gewesen – was natürlich
Unfug ist. Und die Schwester der Witwe Winship erhebt Anspruch auf das Vermögen der
van Garrets, was mehr als die Hälfte Deines
Erbes ausmacht. Du weißt noch nicht genau,
was Du dagegen tun sollst, aber Du bereitest
Dich auf eine harte Konfrontation vor – insbesondere nachdem irgendjemand das Haus
Deines Vaters niedergebrannt hat!
Ziele
1. Reinige Deinen Namen und verteidige
Dein Erbe!
2. Helfe Ichabod dabei, den kopflosen
Reiter zu zerstören.
Beziehungen
Ichabod Crane: Dein Dich liebender, wenn
auch manchmal exzentrischer Ehemann.
Jonathan Masbath: Der junge Masbath ist
seit Jahren Dein Kammerdiener.
Ethel Winters: Sie ist neu in Sleepy Hollow
und irgendwas ist merkwürdig an ihr.
Clarence Walters: Ethels Onkel, der Apotheker des Dorfes.
Virgil Cerces: Der neue Priester in Sleepy
Hollow. Du bist nicht sehr gläubig.
William Bravo: Der einzige neue Bewohner des Dorfes, der es nicht auf Dein Geld
abgesehen hat.
Klaus van Brunt: Broms jüngerer Bruder, ein
gieriges kleines Wiesel.
Anna van Brunt: Du erinnerst Dich an Broms
jüngere Schwester als ein kleines, süßes
Mädchen.
Benjamin Gaines: Der neue Notar behauptet, „Deine Heiratsurkunde“ mit Brom in
den Unterlagen von Notar Hardenbrook
gefunden zu haben.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe
könnte tatsächlich ein Anrecht auf Dein
Vermögen haben.
Lionel Du Ponte: Der neue Magistrat möchte die Erbschaftsstreitigkeiten so schnell wie
möglich klären.
Ergebener Diener
Jonathan
Masbath
Beschreibende Eigenschaften: Mutig, ehrenhaft, Tausendsassa
Hauptfertigkeiten: Kämpfen, Diener, kriminell
Nebenfertigkeiten: Umgang mit Tieren,
Heimlichkeit
Ausrüstung: Gewehr & Munition, Klappmesser
Du kannst dich nur allzugut an die letzte
Schreckensherrschaft des Reiters erinnern.
Diese Ausgeburt der Hölle hat Deinen Vater
niedergemäht wie einen Hund. Du betrachtest es als deine Sohnespflicht den Reiter
dorthin zurück zu befördern wo er her kam.
Zum Glück lebst Du bei den einzigen beiden
Menschen auf der ganzen Welt, denen Du
es zutraust Dir bei dieser Aufgabe zu helfen:
Ichabod und Katrina Crane. Du hast in den
letzten Jahren bei ihnen als Kammerdiener
gearbeitet; diese Jahre waren wirklich die
besten Deines Lebens. Du verdankst ihnen
Alles.
Daher hat es Dich auch sehr mitgenommen zu hören, wie die Leute aus Sleepy
Hollow nach Katrinas Blut verlangen. Anscheinend halten sie sie für eine Hexe und
die ursprüngliche Herrin des Kopflosen Reiters. Die Schwester der Witwe Winship und
Broms jüngere Geschwister erheben jeweils
Anspruch auf Katrinas Vermögen… das Vermögen, das Dich kleidet und ernährt. Anna
van Brutt, Broms kleine Schwester war der
Schwarm Deiner Kindheit. Du kannst Dir
nicht vorstellen, dass die letzten Jahre sie zu
einem neidischen Miststück gemacht haben,
das jetzt versucht Katrinas Reichtum zu stehlen. Du hoffst, dass in Wahrheit ihr Bruder
dahinter steckt. Vielleicht gelingt es Dir Anna
davon zu überzeugen sich auf Deine Seite zu
stellen und Klaus‘ Verrat aufzudecken.
Ziele
1.Finde den neuen Herren des Reiters und
beende seine Terrorherrschaft.
2.Bringe Anna auf Deine Seite im Erbschaftsstreit
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
Beziehungen
Ichabod Crane: Dein Herr und Freund. Ein
brillanter Mann, der aber mehr der Worte
als der Tat.
Katrina Crane: Du kennst sie schon Dein
ganzes Leben, und doch ist sie immer noch
ein Mysterium für Dich.
Ethel Winters: Sie ist anscheinend neu in
Sleepy Hollow. Scheint nett zu sein.
Clarence Walters: Ethels Onkel und der
Apotheker des Dorfes.
Virgil Cerces: Der neue Dorfpfarrer.
William Bravo: Noch ein Neuling, arrogant
und steif.
Klaus van Brutt: Broms hinterhältiger Bruder, er war schon immer ein Schuft.
Anna van Brutt: Die Liebe deiner Kindheit…
und vielleicht immer noch.
Benjamin Gaines: Der Notar der Unterlagen
„gefunden“ hat die Klaus Forderungen
unterstützen.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe, sie
erhebt Anspruch auf das Vermögen der van
Garrets.
Lionel Du Ponte: Der örtliche Friedensrichter.
Die Vampirjägerin
Ethel Winters
Beschreibende Eigenschaften: Kämpferisch,
stark, schnell
Hauptfertigkeiten: Erlegen, Akrobatik,
Verfolgen
Nebenfertigkeiten: Wissen über Dämonen,
Heimlichkeit
Ausrüstung: Viele Holzpflöcke, Kreuze,
Weihwasser, eine Axt, eine Armbrust
Du bist erst seit etwa einem Jahr die Jägerin. Davor warst Du fast zwanzig Jahre lang
ein einfaches Straßenkind. Du hast von Almosen und Abfällen gelebt. Jeden Tag hast Du
ums Überleben gekämpft und dass Du jetzt
die Jägerin bist hat dein Einkommen nicht
verbessert. Diese „Katrina die Verfluchte“
beschäftigt dich nicht nur weil sie Umgang
mit Dämonen hat, sondern auch weil sie einfach ein Vermögen bekommen hat, mit dem
sie bis an ihr Lebensende ausgesorgt hat.
Sie hat schlichtweg nichts dafür tun müssen! Wenn es nach Dir geht gehört sie auf
den Scheiterhaufen und ihr Vermögen sollte
zwischen denen aufgeteilt werden die es verdient haben.
Der ursprüngliche Grund warum Du in
diese abgelegene Stadt gekommen bist ist
der berüchtigte „Kopflose Reiter“. Es sieht
danach aus als hätte etwas oder jemand ihn
erneut aus seinem höllischen Schlaf gerissen,
um das Land zu verwüsten und zu seinem
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HANDLUNG DES FILMS
Ichabod Crane, ein Police Constable aus New York im Jahre 1799, ist auf Grund seiner ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden seinen Vorgesetzten ein Dorn im Auge. Nachdem er in
einem Prozess die unerhörte Meinung äußert, ein Angeklagter solle die Möglichkeit bekommen sich zu entlasten, wird er vom Richter kurzerhand nach Sleepy Hollow strafversetzt. In
dem kleinen Örtchen nördlich der Großstadt sind einige Morde geschehen, die Crane nun
aufklären soll. Seine Vorgesetzten hoffen so die Arroganz des jungen Ermittlers brechen zu
können.
In Sleepy Hollow angekommen hört Crane eine höchst ungewöhnliche Geschichte. Ein hessischer Söldner, der im Dienste einer deutschen Prinzessin auf Seite der Briten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gekämpft hat und letztendlich enthauptet wurde, soll wieder
zum Leben erwacht sein und nun als kopfloser Reiter die Einwohner des Ortes scheinbar
wahllos ermorden. Crane, der nicht an übernatürliche Phänomene glaubt, ist zunächst der
Meinung, dass er mit wissenschaftlichen Methoden eine logische Erklärung finden wird. Hilfe
bei seinen Ermittlungen bekommt Ichabod zunächst nur von Katrina van Tassel, der schönen
Tochter seines Gastgebers, und dem jungen Masbath, dessen Vater ebenfalls ein Opfer des
kopflosen Reiters wurde.
Doch sogar als er den toten Masbath ohne Kopf sieht, denkt Crane, die Morde seien von
einem Täter aus Fleisch und Blut begangen worden. Das ändert sich erst, als Bürgermeister
Phillips vor seinen Augen von dem Hessen enthauptet wird. Nun beginnt Crane zu verstehen,
dass es auch noch eine andere Welt gibt, an die er bis jetzt nicht geglaubt hat. Zusammen
mit dem jungen Masbath und Katrina Van Tassel beginnt er sich auf die Suche nach dem Grab
des Enthaupteten zu machen. Jedoch finden sie dort nur seinen Körper, der Kopf fehlt. Crane
stellt die Vermutung auf, dass die Person, die im Besitz seines Schädels ist, auch die Macht
über ihn hat, und dass der Hesse solange weitermorden wird, bis er seinen Kopf gefunden
hat. Während der Ermittlungen Ichabod Cranes häufen sich die Leichen in Sleepy Hollow.
Schließlich kommt Crane zu dem Schluss, dass Baltus Van Tassel, der Vater von Katrina, der
Einzige ist, der Macht über den Hessen zu haben scheint.
Katrina wendet sich wegen dieses Verdachts von Ichabod ab. In der Nacht jedoch, als sich
die ganze Stadt in der Kirche versammelt, wird Baltus Van Tassel von dem Reiter ohne Kopf
mit einem Teil des Kirchenzauns tödlich verletzt und anschließend enthauptet. Daraufhin
beschließt Ichabod Crane abzureisen. Er denkt, dass Kathrina für die Morde verantwortlich
ist, will dies aus Liebe zu ihr jedoch nicht öffentlich aussprechen. Auf der Reise erkennt er
jedoch, dass Katrina nur versuchte die Dorfbewohner und ihn selbst mit Hexerei zu beschützen. Daraufhin beschließt er unverzüglich zurückzukehren.
Katrina wurde jedoch inzwischen von dem, der in Wirklichkeit den Schädel und somit die
Macht über den Hessen besitzt, entführt: Lady Mary Van Tassel. Der junge Masbeth und
Ichabod Crane können Katrina befreien und flüchten vor dem Hessen, worauf eine wilde
Verfolgungsjagd beginnt. Jedoch gelingt es Crane, Lady Van Tassel den Schädel des Enthaupteten abzunehmen. Er wirft ihn dem Hessen zu, der ihn sich zurück auf seine Schultern setzt.
Kurz darauf reißt er Lady Van Tassel an sich und reitet mit ihr in die Hölle.
Nachdem dieser Albtraum vorbei ist, verlässt Ichabod Sleepy Hollow und kehrt mit Katrina
und Masbath nach New York zurück.
eigenen Vergnügen Köpfe abzuernten. Dein
Wächter und Mentor hat einen Laden zu einer Apotheke umgewandelt und unterstützt
Dich bei deiner Jagd. Er ist Dein einziger Verbündeter, und so wie es aussieht ist diese
Stadt am Überquellen vor Bösem…
Ziele
1.Finde und erlege den Reiter… und alle
anderen Höllenkreaturen die auftauchen.
2.Tue was immer Du kannst damit Katrina
ihr gerechtes Schicksal erfährt.
Beziehungen
Ichabod Crane: Du respektierst seine Bestimmung, aber er ist kein Jäger.
Katrina Crane: Verfluchtes Miststück
Jonathan Masbath: Ichabods und Katrinas
Lakai. Netter Kerl.
Clarence Walters: Dein Wächter. Er hat
Dir geholfen etwas aus Deinem Leben zu
machen.
Virgil Cerces: Der Pfarrer von Sleepy Hollow.
Ihm liegt genauso viel wie Dir daran den
Reiter zu vernichten.
William Bravo: Der arrogante Kerl der zu
dieser Party eingeladen hat. Er ist schleimig.
Klaus van Brutt: Noch so ein verschlagener
Typ. Sein Bruder wurde von dem Reiter
getötet.
Anna van Brutt: Klaus wesentlich nettere
Schwester.
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
Benjamin Gaines: Der rückgratlose Notar
der Stadt.
Alda Winship: Virgil kennt sie und sagt sie
sei eine gute Frau. Auch sie haßt Katrina.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter, auch
er will dass das Morden aufhört, aber er
glaubt nicht an den Reiter.
Der Große Böse
William Bravo
Beschreibende Eigenschaften: Boshaft,
stark, wild.
Hauptfertigkeiten: Kämpfen, Krimineller,
gerissen.
Nebenfertigkeiten: Trinkfest, Okkultes
Wissen
Ausrüstung: Einfach nur Du selbst – das ist
genug
Du bist in die „Neue Welt“ gekommen um
deinem Ruf als „William der Blutige“ zu entfliehen. Deine Infamie hat es Dir fast
unmöglich gemacht, irgendwohin in
Europa zu gehen ohne von der Polizei, Söldnern oder den rachegetriebenen Verwandten all der von Dir
Getöteten gejagt zu werden. Verdammte Nervensägen! Du hast Dich
in diesem Kaff niedergelassen, Deinen Namen etwas abgeändert und
planst nun den Niedergang all der
Fleischspießchen hier. Aber zuerst möchtest
Du Dir ein Stück des berühmten Vermögens
der van Garrets sichern.
sind hinter ihrem Geld her, Du musst zu
sehen um deinen Teil zu bekommen.
Jonathan Masbath: Der Diener der Cranes.
Ethel Winters: Ein Armes Mädchen dass bei
dem Apotheker lebt.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Verdammte,
sich ständig einmischende Kirche.
Klaus van Brutt: Er versucht Durch eine
(wahrscheinlich gefälschte) Hochzeitsurkunde zwischen Katrina und seinem älteren
(verstorbenen) Bruder Brom Anspruch auf
Katrinas Vermögen zu erheben.
Alda Winship: Die Schwester der Frau die im
Geheimen den alten van Garret geheiratet
hat. Also den Mann von dem Katrina ihr halbes Vermögen hat. Sie fordert diese Hälfte
für sich und hat wohl auch den stärksten
Anspruch.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der
Stadt. Verdammte Männer des Gesetzes!
Junger Masbath: „Ist er tot?“
gerecht. Daher hast Du die kürzlichen Ereignisse in Sleepy Hollow als göttliches Zeichen
betrachtet. Eine alte Bekannte von Dir erhebt Ansprüche auf das Vermögen von Katrina der Verdammten, wie sie die Leute hier
nennen. Wenn Du Deiner Bekannten hilfst,
wird sie sich Dir und Ethel gegenüber sicherlich erkenntlich zeigen.
Ziele
1.Hilf Ethel den Reiter zu vernichten.
2.Hilf Alda Katrina das unverdiente Geld
abzunehmen.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter aus New York.
Katrina Crane: Eine bekannte Hexe und
wahrscheinlich diejenige die beim erstenmal
den Reiter beschworen hat.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes.
Ethel Winters: Die Jägerin. Du hast
begonnen sie als Tochter zu betrachten.
William Bravo: Da ist etwas Seltsames an eurem heutigen Gastgeber.
Er ist viel zu aufdringlich.
Klaus van Brutt: Einer von denen
der versucht an das Vermögen von
Katrina Crane zu kommen.
Anna van Brutt: Klaus jüngere Schwester.
Ein nettes Mädchen.
Alda Winship: Eine Alte Bekannte von Dir
die auch Anspruch auf das Vermögen der
van Garrets erhebt.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Seit der Rückkehr des Reiters hat er oft das Thema Hexen
angeschnitten.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter, er
glaubt nicht an den Reiter. Sein Fehler.
Benjamin Gaines: Der Notar.
Ichabod Crane: „Das ist das Problem.
Er war von Anfang an tot.“
Darum gibst Du die diese kleine Party, um
alle an einem Ort zu versammeln und sie gegeneinander auszuspielen (und wegen dem
unbedeutenden Detail, dass Du uneingeladen fremde Häuser nicht betreten kannst).
Es macht es aber auch leichter das Schwert
des Hessen zu finden. Diese legendäre vom
Kopflosen Reiter geführte Klinge. Es ist ein
mächtiges Relikt, das auf die richtige Art
angerufen den Geist des Kopflosen Reiters
herbeiruft und seine Kraft freisetzt. Unglücklicherweise ist Dir jemand bei Deiner Suche
zuvorgekommen, aber so musst Du nur noch
nach der betreffenden Person suchen und…
nett fragen.
Ziele
1.Finde das Schwert des Hessen; es ist ein
mächtiges Relikt
2.Erleichtere diese Blutspender um ihren
Reichtum
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas neuer Ehemann, ein
Polizeibeamter aus New York
Katrina Crane: Die reichste Person die Sleepy Hollow jemals verlassen hat. Viele Leute
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Der Wächter
Clarence Walters
Beschreibende Eigenschaften: Gelehrsam,
scharfsinnig, prompt
Hauptfertigkeiten: Okkultes Wissen, Nachforschungen, Pharmazie
Nebenfertigkeiten: Kämpfen, Observieren
Ausrüstung: Viele Bücher, ein schönes stabiles Kreuz mit angespitztem Ende, verschiedenste Medikamente.
Das Konzil der Wächter ist eine Organisation von Okkultisten, die sich dafür einsetzen,
die menschliche Zivilisation vor den übernatürlichen Mächten zu schützen. Du bist damit
betraut worden, die Jägerin zu trainieren und
ihr zur Seite zu stehen. Sie ist eine Frau mit
übermenschlicher Stärke und Ausdauer, die
gegen Vampire, Dämonen und andere Kreaturen kämpft. Ihr seid nach Sleepy Hollow
gekommen, da hier ein rachsüchtiger Geist
genannt „Der Kopflose Reiter“ wieder sein
Unwesen treibt. Du hast in einem Laden eine
Apotheke eingerichtet und Ethel, die Jägerin,
lebt bei Dir.
Du hast Ethel in den Straßen von Boston
gefunden, sie lebte dort wie ein wildes Tier
in den dunklen Hintergassen der Stadt. Das
Leben war grausam zu ihr und nun verlangt
es von ihr täglich ihr Leben zu riskieren um
andere zu beschützen. Es ist einfach nicht
Mächtiger Jäger
Klaus van Brutt
Beschreibende Eigenschaften: Durchtrieben, scharfsinnig, stark
Hauptfertigkeiten: Rechtskunde, Verfolgen,
Kämpfen
Nebenfertigkeiten: Umgang mit Tieren,
Gerissenheit
Ausrüstung: Jagdtmeser, Hochzeitsurkunde
von Brom und Katrina
Dein Bruder Brom wurde vom Kopflosen
Reiter während seiner ersten Terrorherrschaft getötet. Dann, nach allem was sie einander bedeutet haben, ist das Miststück Katrina van Tassel nach New York abgehauen,
um einen Mann zu heiraten den sie erst ein
paar Tage vorher kennengelernt hat! Jetzt ist
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
es an Dir zu handeln. Vor ein paar Monaten
hast Du Dich an den neuen Notar in Sleepy Hollow gewandt. Du hast ihm einen Teil
des Vermögens der van Garret versprochen
wenn er eine Hochzeitsurkunde von Katrina
und Brom fälschen würde (Deine Geschichte
ist, dass die beiden im Geheimen geheiratet
haben, damit sie beide nicht vom Kopflosen
Reiter geholt werden würden). Als nächster
Verwandter von Brom sollte sein Besitz an
Ethel Winters: Ein neues Mädchen, dass
beim Apotheker lebt. Du traust ihr nicht.
Clarence Walters: Der Apotheker.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Er hat seit
der Rückkehr des Reiters viel über Hexen
geredet.
William Bravo: Ein weiterer Neuling in der
Stadt. Dein Gastgeber an diesem Abend. Ein
guter Kerl.
Alda Winship: Die
Schwester der
Witwe Winship
und Deine Rivalin
im Kampf um das
Vermögen der van
Garrets.
Lionel Du Ponte:
Der Friedensrichter
der Stadt. Er hat bis
jetzt nichts gegen Dich unternommen – bis
jetzt.
Ichabod Crane: „Katrina, warum bist
Du in meinem Zimmer?“
Katrina van Tassel: „Weil es Deins ist.“
Dich gehen… das ist sozusagen Katrinas Besitz. Gaines, der Notar hat sich einverstanden
erklärt.
Dummerweise ist die Schwester der Witwe
Winship, die wirklich im Geheimen den alten
van Garret kurz vor dem Auftauchen des Reiters geheiratet hat, in die Stadt gekommen
und erhebt nun Anspruch auf das Vermögen
der van Garrets, das momentan Katrina ihr
Eigen nennt. Sollte es hart auf hart kommen
wird sich sicher ein Weg finden, um einen
Handel mit Alda Winship einzugehen, so
dass Ihr Katrinas Vermögen zwischen Euch
aufteilt. Du weißt, dass die ganze Stadt auf
deiner Seite steht. Du hast sie regelrecht aufgewiegelt und das alte Anwesen der van Tassels niedergebrannt. Vielleicht lässt sich die
allgemeine Unterstützung, die Du erfährst,
bei den Verhandlungen einsetzen.
Ziele
1. Sorge dafür, dass Katrina van Tassel die
Strafe erhält, die sie verdient hat.
2. Halte Deine Schwester fern vom Stiefellecker Cranes, den jungen Masbath.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, der
der dafür gesorgt hat dass sie Brom völlig
vergaß.
Katrina Crane: Die Verfluchte die solange
um deinen Bruder herumscharwenzelt ist bis
es ihn umgebracht hat.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes. Du ziehst ihn gerne damit auf er sein
noch ein „Kind“.
Anna van Brutt: Deine Schwester und Mitverschwörerin. Sie ist in Jonathan Masbath
verknallt.
Benjamin Gaines: Der neue Notar in der
Stadt. Auch ein Mitverschwörer. Ein hinterhältiges Wiesel.
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Die Schwester der Witwe
Alda Winship
Beschreibende Eigenschaften: Intelligent,
willensstark, vom Glück verwöhnt
Hauptfertigkeiten: Verhandlung, okkultes
Wissen, Dämonologie
Nebenfertigkeiten: Bibelfest, Alchimie
Ausrüstung: Persönliche Bibel, Kruzifix
Deine Schwester, die Frau die diese Bauerntölpel „Die Witwe Winship“ nennen,
wurde vom Kopflosen Reiter niedergemäht,
weil sie sich den falschen Mann zum Gatten
genommen hatte. Bei der Untersuchung, die
dann stattgefunden hat, hat ein Polizeibeamter namens Ichabod Crane aus New York die
Heiratsurkunde gefunden, aber gleichzeitig
die Tatsache übersehen, dass diese Heirat
Dir Ansprüche auf das Vermögen der van
Garrets einräumt. Unglücklicherweise hat es
Jahre gebraucht bis die Nachricht über den
Tod Deiner Schwester den Weg über den Atlantik zu Dir gefunden hat. Nun hast Du die
lange Reise zwischen den Kontinenten unternommen um Dich um die Angelegenheit
zu kümmern.
Zunächst musst Du einen Weg finden um
die kleine Katrina van Tassel, die momentan
ihre Hand auf deinem Vermögen hat, aus der
Stadt wegzulocken damit sie nicht weiter von
ihrem Mann und seinen Kontakten in diesem
korrupten amerikanischen System beschützt
wird. Du hast Dein Wissen über das Okkulte
genutzt, Wissen das Du Dir übrigens mit dem
Segen der Kirche angeeignet hast, um das
Schwert des Reiters zu finden. Du hast den
Reiter erweckt, seine Macht und Identität
benutzt um einige Morde in Sleepy Hollow
zu verüben. Wie Du es vorhergesehen hast,
hat die Rückkehr des Hessen Katrina die Verdammte, wie sie hier genannt wird, aus ihrem
sicheren Hafen New York zurück nach Sleepy
Hollow geführt.
Das Problem ist nur, dass das Schwert aus
Deinem Schrank verschwunden ist. Du bist
Dir sicher, dass es jemand gestohlen hat, aber
Du hast keine Ahnung wer das gewesen ist.
Zudem ist ein Einheimischer mit einer wilden
Geschichte aufgetaucht, die ihm Anspruch
auf das Vermögen von Katrina gewährt. Er
kann sich entweder als Rivale oder Verbündeter entpuppen. Du hast Dich noch nicht
entschieden, was er für dich sein soll.
Ziele
1.Erlange das van Garret Vermögen, das
rechtmäßig Dir zusteht.
2.Finde das Schwert des Reiters und beschütze seine Geheimnisse
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas rechtsgelehrter
Ehemann.
Katrina Crane: Katrina die Verdammte Ursupatorin deines Vermögens.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes.
Clarence Walters: Ein Okkultist den Du von
früher kennst. Du fragst Dich was er hier
macht.
Ethel Winters: Eine junge Frau die bei Clarence lebt.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer der seit der
Rückkehr des Reiters viel über Hexen redet.
William Bravo: Ignoranter Angeber. Solche
Leute bringen Dich dazu den Rest der
Menschheit zu bedauern.
Klaus van Brutt: Der Andere der Anspruch
auf Katrinas Vermögen erhebt. Ein Eingeborener.
Anna van Brutt: Klaus Schwester. Sie könnte
die Schwachstelle von Klaus sein.
Benjamin Gaines: Der Notar der aller Wahrscheinlichkeit nach Klaus wertvolle Hochzeitsurkunde gefälscht hat…
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der
Stadt.
Eine heillose Romantikerin
Anna van Brutt
Beschreibende Eigenschaften: Charmant,
Loyal, Unschuldig
Hauptfertigkeiten: Kochen, Nähen, Wissen
Nebenfertigkeiten: Tanzen, Umgang mit
Tieren
Ausrüstung: Ein sehr hübsches Kleid (Du
hast es selbst gemacht)
Du weißt wirklich nicht was Du von dem
Ganzen halten sollst. Ja, der Tod Deines BruSeite 69
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
ders durch den Kopflosen Reiter war eine
schlimme Sache, und ja, Katrina ist ein Miststück weil sie mit diesem Crane kurz danach
abgehauen ist – aber rechtfertigt das Lug
und Betrug? Dein Bruder, Klaus, scheint das
in Ordnung zu finden. Er hat mit dem Notar,
Benjamin Gaines, einen Handel abgeschlossen. Der Notar hat eine Hochzeitsurkunde
zwischen Katrina und Brom gefälscht, so
dass Klaus nun die Hälfte von Katrinas Vermögen einfordert.
Es gefällt Dir, dass er Dir so weit vertraut,
dass er Dich in seinen Plan eingeweiht hat.
Aber Du bezweifelst, dass Gott solch einen
Plan gutheißt. Es wird aber noch schlimmer,
die Cranes sind aus New York zurück nach
Sleepy Hollow gekommen und mit ihnen Jonathan Masbath. Als er nach dem Amoklauf
des Reiters nach New York gegangen ist, hast
Du gedacht, dass Du nie wieder jemanden lieben könntest. Ihr ward kein Liebespaar oder
ähnliches, aber Du bist Dir sicher, dass mit
der Zeit etwas aus euch geworden wäre. Vielleicht ist das jetzt auch ein Wink des Schicksals, dass Du Deine Jugendliebe heiraten und
nicht eine Verschwörung mit deinem Bruder
anzetteln sollst. Oh, was sollst Du nur tun?
Ziele
1.Entscheide Dich für eine Seite. Die der
Cranes oder die Deines Bruders
2.Hilf der Seite für die Du Dich entscheidest entweder das Vermögen der van
Garrets zu behalten oder zu erlangen
viel über Hexen geredet.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der
Stadt.
Widerliches Wiesel
Benjamin Gaines
Beschreibende Eigenschaften: Durchtrieben, scharfsinnig, schnell
Hauptfertigkeiten: Gesetzeskenntnisse,
Fälschen, Verborgenheit
Nebenfertigkeiten: Kämpfen, Klugheit
Ausrüstung: Ein antikes wertvolles Schwert
Du warst erst seit einigen Monaten in
Sleepy Hollow als Klaus mit Dir einen Handel
abschloss. Er wollte, dass Du eine Hochzeitsurkunde zwischen seinem toten Bruder und
Katrina van Tassel fälschst. Er hat vor, die Fälschung zu verwenden um die Hälfte des van
Garret Vermögens zu fordern… und Dir für
Deine Dienste einen Teil davon zu geben. Dies
schien Dir ein guter Plan zu sein und Du hast
zugestimmt. Nun wiegelt Klaus die Leute auf
(so wie letzte Woche, das gipfelte darin, dass
das Anwesen der van Tassels niedergebrannt
wurde). Nicht sonderlich gut das Ganze.
Es ist an der Zeit, dass Du die Dinge selbst
in die Hand nimmst. Du bist letzte Nacht in
das Zimmer von Alda Winship eingedrungen
um einen Blick auf ihre Unterlagen zu werfen… vielleicht auch um sie zu stehlen oder
zu verbrennen. Dummerweise konntest Du
nichts finden. Das heißt, nichts außer einem
verzierten Schwert das ganz hinten in einem Schrank weggepackt war. Es sah sehr
vernachlässigt aus, daher hast Du es mitgenommen. Du glaubst, dass Du es zu einem
guten Preis verkaufen kannst, noch bevor
sie überhaupt merkt, dass es verschwunden
ist. William Bravo, Dein heutiger Gastgeber,
hat viele antike Waffen an den Wänden hängen; vielleicht wäre er ein geeigneter Käufer.
Oder vielleicht ist Alda Winship auch bereit
dafür zu zahlen, es wieder zu bekommen.
Wer weiß?
Ziele
1.Hilf Klaus von Brutt das Vermögen der
Garrets zu bekommen.
2.Verkaufe das Schwert an den höchsten
Bieter.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter aus New York.
Katrina Crane: Ichabods Frau, sie besitzt
momentan das Vermögen der van Garrets.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes.
Klaus van Brutt: Dein Mitverschwörer, ein
respektabler Jäger und lokaler Anführer.
Anna van Brutt: Klaus Schwester weiß über
eure Pläne Bescheid und wird vielleicht kalte
Füße bekommen.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, der der
sie Brom hat vergessen lassen.
Katrina Crane: Das Miststück die solange um
Deinen Bruder herumscharwenzelt ist bis es
ihn umgebracht hat.
Jonathan Masbath: Die Liebe Deines Lebens.
Er arbeitet seit Jahren für die Cranes.
Klaus van Brutt: Dein Bruder. Er ist ein anerkannter Jäger und nicht sehr fromm.
Benjamin Gaines: Der neue Notar. Ein Mitverschwörere Deines Bruders. Ein elendes
Wiesel.
Ethel Winters: Ein Mädchen das erst seit ein
paar Tagen in der Stadt ist. Scheint nett zu
sein.
Clarence Walters: Der „Onkel“ von Ethel.
Hinter dieser Beziehung scheint mehr zu
stecken.
William Bravo: Ein weiterer Neuling und der
Gastgeber des Abends. Ein netter Kerl.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe
Winship, auch sie erhebt Anspruch auf das
Vermögen der van Garrets.
Virgil Cerces: Der neue Dorfpfarrer. Seit
dem Wiederauftauchen des Reiters hat er
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Rückkehr nach Sleepy Hollow
R OM A NVOR L A GE
Vorlage für Tim
Burtons Film ist die
Kurzgeschichte „The
Legend of Sleepy
Hollow“ von Washington Irving. Man findet
diese recht günstig im
englischen Original im
Taschenbuch „The Legend of Sleep Hollow
and other Storys“. Das Buch ist im Penguin Verlag erschienen und hat die ISBN
014043769X. Allerdings unterscheidet sich
insbesondere die Figur des Ichabod Crane
gravierend von der der Filmumsetzung.
Ethel Winters: Ein junges Mädchen, neu
in der Stadt. Vielleicht kannst Du sie heute
Abend mit etwas Wein verwöhnen…
Clarence Walters: Ethels Onkel, der Stadtapotheker.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Er hat in letzter Zeit viel über Hexen geredet.
William Bravo: Ein weiterer Neuling in der
Stadt und der Gastgeber dieses Abends. Ein
Waffensammler und eventuell auch Käufer.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe
Winship und eine Rivalin von Klaus um das
Vermögen der van Garrets.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter von
Sleepy Hollow‘s und Anwalt. Er könnte zum
Problem werden.
Der Friedensrichter
Lionel Du Ponte
Beschreibende Eigenschaften: Schnell,
gewitzt, stark
Hauptfertigkeiten: Gesetzeskenntnisse,
Verfolgen, Kämpfen
Nebenfertigkeiten: Reiten, Gesunder Menschenverstand
Ausrüstung: Eine Pistole, Amtszeichen
Was für ein Arbeitseinsatz! Du hast diese
Stelle nur angenommen, weil es nach der
Geschichte mit dem Kopflosen Reiter kein
anderer getan hat. Kaum hattest Du Dich
eingerichtet, da beginnt dieser van Brutt den
ganzen Aufstand wegen seines Bruders, der
angeblich Katrina von Tassel im Geheimen
geheiratet hatte, bevor er vom Kopflosen
Reiter getötet worden war. Er beansprucht
nun das halbe Vermögen von Katrina van
Tassel. Dann taucht auch noch die Schwester von van Garrets Witwe auf, die behauptet, dass das ganze Geld ihr gehören würde.
Dann, als wäre das alles nicht genug, fängt
der Reiter wieder an zu morden. Zumindest
behaupten das die Leute. Du vermutest, dass
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da irgendwas faul daran ist und etwas sehr
Reales dahinter steckt.
Dieser William Bravo tut Dir jedenfalls gerade einen Gefallen. Auf dieser Feier kommen Klaus, die Schwester der Witwe Winship
und die Cranes alle an einem Ort zusammen.
Wenn Du Deine Karten richtig ausspielst, ist
das ganze Problem vielleicht schon vor dem
Ende des Abends aus der Welt geschafft.
Wenn das so nichts wird, musst Du sie vielleicht etwas anschubsen. Es ist immer leichter
nach einer großen Explosion aufzuräumen,
als sich mit vielen kleinen herumzuschlagen.
Was auch immer, Du bist auch hier um einen
netten Abend zu haben.
Ziele
1.Halte die Dinge unter Kontrolle. Der Reiter wird sich keine Köpfe holen solange
Du aufpaßt.
2.Sieh zu dass sich die Geschichte mit dem
van Garret Vermögen klärt.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter aus New York.
Katrina Crane: Ichabods Frau, sie besitzt
momentan das Vermögen der van Garrets.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes.
Klaus van Brutt: Broms jüngerer Bruder. Ein
Jäger und Aufschneider.
Anna van Brutt: Klaus Schwester, überraschenderweise eine sehr hübsche, nette
junge Frau.
Benjamin Gaines: Der neue Notar, der Klaus
wertvolle Hochzeitsurkunde „gefunden“
hat.
Ethel Winters: Ein neues Mädchen in der
Stadt.
Clarence Walters: Ethels Onkel, der neue
Apotheker.
Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer hat seit der
Rückkehr des „Reiters“ viel über Hexen
geredet.
William Bravo: Sleepy Hollows mysteriösester neuer Bürger. Du findest dass er wie ein
alter Soldat riecht.
Alda Winship: Die Schwester der Witwe
Winship, sie beansprucht das Vermögen der
van Garrets für sich.
Dorfpfarrer
Virgil Cerces
Beschreibende Eigenschaften: Scharfsinnig,
Intelligent, Gesegnet
Hauptfertigkeiten: Theologie, Rhetorik,
Okkultes Wissen
Nebenfertigkeiten: Tischlerei, Zweites
Gesicht
Ausrüstung: Bibel, Kreuz
Diese Stadt ist auf dem direktem Weg zur
Hölle! Sie ist unterlaufen von Hexen, voll von
Geldgier, und wird von einer Manifestation
des Teufels heimgesucht. Du hast getan,
was Du kannst, um gegen diese Mächte anzugehen, aber die Welle des Bösen ist nicht
zu bremsen. Nun hast Du beschlossen, Deine
gottgegebenen Fähigkeiten direkter als bisher im Kampf gegen das Böse einzusetzen…
Du wirst die glaubensstärksten Gemeindemitglieder rekrutieren und sie in die Schlacht
gegen die Legionen der Dunkelheit führen.
Deine wichtigste Gabe ist es, Teile der unsichtbaren Welt zu sehen. Deine Visionen
ereilen Dich unverlangt und bruchstückhaft,
aber es reicht um Dich vor Bösem zu warnen. In Sleepy Hollow siehst Du über William
Bravo, Alda Winship und Benjamin Gaines
einen Dunklen Schatten. Ethel Winters und
ihr Onkel erscheinen im Gegensatz dazu ab
und an in einem hellen Licht. Das ist nicht viel
Information, aber Gott zeigt Dir, wer Deine
Feinde und wer deine Verbündeten sind. Er
hat Dir ein Zeichen gegeben, nun ist es an Dir
zu handeln.
Ziele
1.Finde und vernichte den Kopflosen
Reiter ein für allemal.
2.Hilf den Leuten in dieser Stadt wieder
auf den rechten Weg zu finden, weg von
Habgier und Götzenanbetung.
Beziehungen
Ichabod Crane: Katrinas Ehemann; er hat
vor Jahren gegen den Reiter gekämpft.
Katrina Crane: Momentane Besitzerin des
Vermögens der van Garrets. Wird als Hexe
verdächtigt.
Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der
Cranes.
Klaus van Brutt: Einer der Leute die versuchen Katrinas Geld zu beanspruchen.
Anna van Brutt: Klaus Schwester, ein gutes
Mädchen.
Benjamin Gaines: Die Seele des Notars ist
Durch Korruption belastet.
Ethel Winters: Sie ist neu in der Stadt und
ihre Seele strahlt vor heiligem Glanz!
Clarence Walters: Ethels Onkel, auch er hat
eine lichte Aura.
William Bravo: Dieser Mysteriöse Neuankömmling ist umgeben von einem Dunklen
Schatten.
Alda Winship: Ihre Hände sind bedeckt von
tiefster Dunkelheit.
Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter ist
einer der wenigen Aufrechten Personen in
der Stadt. 
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Was Dir der Penner erzählt
WAS DIR
DER PENNER ERZÄHLT
EINE KULT-KURZGESCHICHTE
TEXT: ROBIN PFEIFER
ILLUSTRATION: DANIEL SCHUHMACHER
Ich war in der Hölle. Ja, das meine ich wörtlich.
Wenn du mich heute siehst, würdest du
es nicht für möglich halten, aber ich war mal
ein Priester. Ein Kaplan in einer katholischen
Kirche, du kennst sie bestimmt, die kleine die
Straße da runter, zwei Blocks nach links an
der Kreuzung? Ja, da hängt sogar noch mein
Bild an der Wand, und irgendwer ist immer
noch so nett und stellt gelegentlich einen
Strauß drunter oder zündet davor eine Kerze an. Da ist auch eine Plakette drunter, mit
meinem Namen und Geburtsdatum. Tja, und
auch mit meinem Sterbedatum. Vier Jahre ist
es her oder so. Du würdest mich sicher nicht
erkennen, wenn ich mich jetzt daneben stellen würde, aber lass mich duschen und mich
rasieren, und du wärst überrascht.
ganz neu wirkte, wie frisch aus der Schmiede.
Der ganze Dolch war von feinen Linien überzogen, die sich von der Klinge über den Griff
fortsetzten und wieder zurück, denen man
mit den Augen kaum folgen konnte und auf
die man sich nicht gut konzentrieren konnte,
so, als würden sie sich hin und her durch die
Existenz selbst winden.
Natürlich habe ich nie mitgekriegt, dass ich
tot bin. Damals wurde ich zu einer Familie
in der Gemeinde gerufen, die meine Unterstützung brauchte. Das ist zwei Jahre her.
Stimmt, das scheint nicht so ganz zu passen,
nicht wahr? Aber wart‘s ab, wenn ich zu Ende
erzählt habe, wird‘s dir klarer. Außer natürlich, wenn du geistig gesund bist und glaubst,
ich wäre verrückt.
Vielleicht taten sie auch genau das – jedenfalls war es dieser Dolch, der uns schließlich
auf unsere Reise schickte.
Also: ich wurde zu dieser Familie gerufen.
Es waren die Eltern und ein Sohn, aber der
Sohn war vermutlich entführt worden.
Deshalb war ich gerufen worden, weil
ich den Eltern moralische Unterstützung und Trost geben sollte, während die Polizei ihre Gerätschaften
in der Wohnung aufstellte, falls der
Entführer irgendwann anrufen würde.
Dabei wissen wir doch alle, die wir in dieser Stadt leben, dass man von denen, die verschwinden, viel öfter nie wieder etwas hört.
Ich tat meine Bestes, um Trost zu spenden.
Ich bin sicher, dass die Polizei auch ihr Bestes
tat, um den Jungen zu finden. Ich war dabei,
als dieses Päckchen angeliefert wurde. Der
Vater öffnete die Tür und nahm das Päckchen
von dem schmutzigen Jungen in den abgerissenen Klamotten entgegen, bevor der sich
umdrehte und sofort die Treppe runterlief.
Wir hofften alle, dass es einen Hinweis auf
den vermissten Jungen enthalten würde,
aber es war bloß ein Messer drin. Gut, es war
eher ein Dolch, der in ein sicher sehr wertvolles violettes Seidentuch gewickelt war,
und der Dolch hatte eine seltsam
geschwungene Klinge und
einen Elfenbeingriff mit
Schnitzereien. Alles in
allem sah es nach einer
wertvollen
Antiquität
aus, bloß, dass das Ding
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Natürlich sahen sich die Forensiker der
Polizei den Dolch genauestens an, aber sie
fanden nichts. Genau wie die weiteren Ermittlungen nichts ergaben. Kein Entführer
meldete sich, kein Erpresserbrief kam an,
nichts. Bald darauf stellte die Polizei die Ermittlungen ein. Sie hatten sich schon an solche Fälle gewöhnt und wussten genau, wann
sie ihre Mittel woanders gewinnbringender
einsetzen konnten.
Für den Vater war das natürlich keine Lösung. Er rannte überall hin mit dem Dolch,
versuchte mehr darüber rauszufinden, aber
er erfuhr nur, dass ganz ähnliche Dolche in
kannibalischen magischen Ritualen im Indien
des 19. Jahrhunderts verwendet worden waren. So alt konnte der Dolch keinesfalls sein,
bestenfalls eine perfekt gemachte Replik.
Nun, ich sollte vielleicht erwähnen, dass
mich der Dolch wirklich interessierte, mehr,
als bloße Neugier erklären konnte. Und das
betrifft nicht nur mich, da waren noch andere: ein Sozialarbeiter, eine Nachbarin mit
einem Geheimnis, das ihr zu dem Zeitpunkt
selbst nicht einmal klar war und das noch viel
seltsamer war als das, was ich dir hier erzähle, ein Reporter, eine Polizistin… Ich will dich
nicht mit Namen langweilen, aber ich glaube,
dass sie jetzt alle wieder tot sind, vielleicht
mit der einen oder anderen Ausnahme…
Du brauchst nur zu wissen, dass wir alle
mehr über diesen seltsamen Dolch in Erfahrung bringen wollten. Wir versuchten wirklich
alles. Aber als das Telefon schellte, gerade als
die Polizistin die Fangschaltung demontierte,
waren wir noch keinen Schritt weiter. Und
dann war da diese Stimme am Telefon, die
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Was Dir der Penner erzählt
mit dem Vater sprach, der die Stimme später
als heiser und fesselnd beschrieb, die Stimme
eines Mannes, der sagte, er habe den Jungen
bei sich und es würde ihm wirklich viel Spaß
bereiten, mit ihm zu spielen, und dann zählte er in aller Seelenruhe die Dinge auf, die er
schon mit ihm angestellt hatte, nur um Papi
zu ärgern.
Der Anrufer ließ sich wirklich viel Zeit, so
dass die Polizistin hektisch all ihre Geräte
wieder anschließen konnte, und sie konnte
den Anruf zu einem Haus in einer wirklich guten Gegend der Stadt zurückverfolgen und
einen zur Adresse gehörigen Namen ermitteln: Damian Markgraf.
Wie ich sehe, kennst du den Namen. Keine
Ahnung, woher? Lass mich dir auf die Sprünge helfen: das war dieser Serienmörder, der
vor drei Jahren wegen ein, zwei Dutzend
Morden verdächtigt wurde, aber nie vor Gericht kam, weil er schon tot war, als die Polizei ihn fand, nackt und mit Blut beschmiert,
das, wie sich herausstellte, nicht seins war. Er
lag im Flur im Obergeschoss seiner Villa, exakt der Villa, zu der der Telefonanruf zurückverfolgt worden war. Aber das wussten wir
damals noch nicht. Weißt du, es war da, wo
wir damals waren, gar nicht wahr.
Um es kurz zu fassen, die Polizei ließ die
Villa von einem Spezialkommando stürmen.
Sie fanden nichts. Aber als sie wieder weg
waren, ermöglichte es uns die Polizistin,
dass wir gemeinsam in die Villa konnten. Es
schien wirklich niemand da zu sein, aber es
sah so aus, als würde der Bewohner jeden
Moment zurückkommen. Ich schaute mir
die Bücher in den Regalen an, und was ich da
sah, erschreckte mich wirklich. Da gab es Bücher über Magie, einige in Sprachen, die ich
nicht erkennen konnte, andere doch. In den
Büchern ging es um den Tod, um Todesmagie, um Opferrituale. In vielen Büchern gab
es Kommentare am Rand, alle in der gleichen
schmalen Handschrift.
Ansonsten schien dort alles ganz normal,
aber dann öffneten wir diese Tür im Obergeschoss. Durch diese Tür traten wir in eine
andere Welt – so schien es jedenfalls. Es sah
aus wie im Inneren irgendeines Riesenviechs,
die Wände waren feucht und sahen aus wie
Fleisch, von der Decke hingen Stränge aus
organischem Material, die wie Gedärme
aussahen, die bis unter die Sichthöhe reichten. Der Raum war kalt und stank und war
offensichtlich viel größer, als ein Zimmer an
dieser Stelle im Haus hätte sein dürfen. Die
Polizistin – ausgerechnet die, der starke Arm
des Gesetzes – ist gleich da zusammengebrochen, schrie rum, verlor die Kontrolle und
kroch in den Flur zurück. Aber wir anderen,
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wir gingen weiter rein, duckten uns unter
den Därmen und gingen weiter, weil wir eine
Stimme hörten, meckerndes Lachen, eine
Stimme, die uns hereinbat, eine heisere und
fesselnde Stimme…
Sie gehörte einem Mann, der kein Mensch
war. Er war zu groß, zu dürr, zu sehr bedeckt
mit blutenden Wunden, die kahle Kopfhaut
war hinten aufgeschnitten und mit Metallklammern aufgespannt und gab den Blick
frei auf sein zuckendes Gehirn im aufgesägten Schädel, und er trug so ein albernes
Sexsklaven-Kostüm aus rotem Gummi oder
Leder und lachte uns aus. Ich habe keine Ahnung, was er war, aber ich könnte wetten,
dass mein früherer Glaube – wie hätte ich
angesichts dessen, was noch kommen würde, meinen Glauben behalten sollen – ihn als
Dämon bezeichnet hätte.
Neben ihm, wie das Opfer einer Spinne
aufgewickelt in den Gedärmen, hing der
verlorene Sohn, lebendig, aber kaum bei Bewusstsein. Keine Ahnung, welche Wunden
sich unter diesem Kokon aus Gedärm wohl
an seinem Körper befanden, und ich glaube
auch nicht, dass es wichtig war. Weißt du,
schon wenige Momente später sollte sich all
dies als unecht erweisen, sich als eine andere
Welt herausstellen, eine, die wir immer noch
lange unsere Heimat nennen würden, nachdem wir sie schon verlassen hatten, obwohl
sie das eigentlich nur für einen von uns war.
Oh, dieser Dämon verspottete uns, aber
vor allem verspottete er den Vater. Minutenlang ging das so, diese Tirade, wobei er uns
erzählte, dass er unsere Welt kontrollierte
und uns wie Spielzeug in der Hand hatte. Ich
bin nicht sicher, was genau den Vater dazu
brachte, den Dolch zu zücken, den er geschickt bekommen hatte, und den Dämon
anzugreifen.
Es war aber genau das Richtige, dessen
bin ich mir heute sicher. Ich werde nie die
Überraschung auf dem Gesicht des Dämons
vergessen, als er den Dolch sah, als wäre dies
der einzige Gegenstand in der Welt, den er
nicht unter Kontrolle hatte, und er wich davor zurück. Nein, so ganz stimmt das nicht,
er wich nicht wirklich zurück, sondern es war
eher so, dass der Abstand zwischen ihm und
uns sich vergrößerte, so dass der Dämon in
die Ferne rückte, während der Dolch…
…während der Dolch nicht bloß durch die
Luft schnitt, sondern tatsächlich durch die
Substanz der Realität selbst, oder was wir
für Realität hielten. Die sauberen Ränder glitten wie ein Schnitt in einer Leinwand schnell
auseinander und öffneten einen Durchgang,
durch den nach einem ewig lang scheinenden Moment nur drei von uns schritten: der
Vater, die Nachbarin und ich selbst.
Wir fanden uns in einem kleinen, aber dennoch schrecklichen Zimmer wieder. Wir verloren für einen Moment unsere Orientierung,
und als wir wieder zu uns fanden, gab es keinen Riss in der Realität mehr, und die Klinge
brachte auch keinen neuen hervor, wenn
man mit ihr durch die Luft schnitt. Ihre Magie
war wohl verbraucht.
Ich habe keine Ahnung, was aus den anderen geworden ist, die nicht mit hindurch gegangen waren, aber ich nehme an, dass sie
immer noch in der Hölle schmoren. Damals
brauchten wir nicht lange, um uns darüber
klar zu werden, dass wir in eine andere Realität hinübergewechselt waren, und wir versuchten eine ganze Weile, einen Weg zurück
dahin zu finden, wo wir, wie wir glaubten, hin
gehörten; es gelang uns natürlich nicht, und
heute weiß ich es auch besser.
Das hier ist die Realität, diese Welt, in der
ich nun lebe, und ich bin aus der Hölle zurückgekehrt. Aber das war nicht meine Hölle
gewesen, nicht einmal annähernd. Ich habe
weiterhin die Hoffnung, dass ich nicht dorthin
zurückkehren muss, wenn ich sterbe, weißt
du? Aber vielleicht wartet auch meine eigene
Hölle auf mich, und dann kann ich nicht noch
einmal entkommen.
Aber kommen wir auf das Zimmer zurück,
in dem wir damals waren. Es war klein und
hielt sich an die Gesetze der Dimensionen,
wie wir sie kennen. Aber es war trotzdem
kein gesunder Ort. Soweit ich das sehen
konnte, war es so etwas wie ein Operationssaal in einem Raum, der gerade groß genug
für einen Obduktionstisch aus Chrom war,
auf dem immer noch Flecken von getrocknetem Blut zu sehen waren. Es gab auch ein
Regal mit Instrumenten, die in einem Folterkeller besser aufgehoben gewesen wären als
in einem Krankenhaus. Die ganzen Wände
waren übersät mit geheimnisvollen Symbolen, die ineinander übergingen und ein Netz
aus wirrer Magie um uns herum zu weben
schienen. Aber es gab eine Tür, wenn auch
kein Fenster, und diese Tür war angelehnt.
Wir verließen das Zimmer und fanden uns
in dem gleichen Flur wieder, von dem aus wir
diesen sich aller Logik verweigernden Ort auf
der anderen Seite betreten hatten. Von der
Polizistin war nichts zu sehen, aber es gab
eine weitläufige Spur aus trockenen Flecken
und Spritzern auf dem Teppich unter unseren Füßen, die durchaus Blut gewesen sein
konnte.
Das war nicht die einzige Veränderung an
dem Haus. Das Haus war immer noch das,
welches wir verlassen hatten, aber es war
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Was Dir der Penner erzählt
seit Jahren niemand mehr hier gewesen.
Alle Möbel waren mit Tüchern verhängt, auf
allem lag eine unberührte Staubschicht, und
wir versuchten ohne Erfolg, irgend eine Erklärung für unsere Situation zu finden.
Wir brauchten Tage, um aus kleinen Beobachtungen und deutlichen Offensichtlichkeiten ein Bild zusammenzusetzen, das uns
erklärte, was vor sich ging. Viele Dinge passierten, von denen die meisten für meine
Geschichte nicht wichtig sind, die uns aber
trotzdem sehr zusetzten. Ich bin immer noch
überrascht, wie viel so ein menschlicher Verstand einstecken kann und trotzdem noch
funktioniert.
Die Ereignisse, die unsere Wahrnehmung
der Realität immer wieder auf die Probe
stellten, hätten uns zu katatonischen, autistischen Idioten reduzieren müssen. Die Natur
von Raum und Zeit, die grundlegenden Elemente dessen, was wir über die Welt zu wissen glaubten – alles in Frage gestellt. Aber
irgendwie klammerten wir uns in diesem
Wahnsinn an die Idee eines flüchtigen Sinns,
den es irgendwo geben musste.
Jedenfalls für eine Weile. Aber ich sollte
wohl doch ein paar der wichtigeren Ereignisse kurz erwähnen.
Als erstes kehrten wir zurück zu der Wohnung der Eltern des entführten Jungen. Der
Vater ging allein hinein – und er fand seine
Frau, etwas verwirrt und etwas schlanker,
aber in keinster Weise das nervöse, heulende
Wrack, das er zurückgelassen hatte, und sie
fragte ihn, warum er so früh von der Arbeit
zurück kam und wieso er das alte Hemd wieder heraus gekramt hatte, das sie eigentlich
ganz sicher schon vor einem Jahr in den Müll
geworfen hatte. Ich weiß nicht, was die beiden danach noch besprochen haben, aber es
dürfte für beide eine verstörende Erfahrung
gewesen sein. Es gab einen Streit, in dem der
Sohn erwähnt wurde, und die Frau bestand
darauf, dass er bereits seit einem Jahr verschwunden sei…
Wie dem auch sei, der Vater verließ die
Wohnung und hing in der Nähe herum. Seine
schlimmsten Befürchtungen wurden wahr,
oder was er damals für seine schlimmsten
Befürchtungen hielt, als knapp eine Stunde
später er selbst, eine andere Version seiner
selbst, am Eingang auftauchte und diesmal
wirklich von der Arbeit nach Hause kam.
Wir erfuhren nie, was dann noch passierte,
was aus dem erneuten Treffen des Ehepaares wurde. Aber ich glaube, dass sich der Vater – der, der zu unserer Gruppe gehörte – ab
diesem Moment zu verändern begann.
Ich meine keine Persönlichkeitsverändewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
rung. Das war sogar das geringste, was sich
an ihm veränderte. Nein, es war eine körperliche Veränderung. Während der nächsten
Tage veränderte er sich äußerlich, er wuchs
zum Beispiel. Er wurde größer und dünner. Er
wurde zu einem völlig anderen Mann.
Wir fanden bald noch etwas anderes
heraus. Wenn man den Schmierblättchen
Glauben schenken konnte, war Dr. Damian
Markgraf, der geisteskranke Chirurg, von
den Toten zurückgekehrt. Man hatte ihn gesehen, es gab sogar Fotos von Sicherheitskameras. In den Schmierblättchen druckten
sie sein Foto ab. Tage später begriffen wir,
dass -abgesehen von seinem Bart- diese Bilder unseren sich verändernden Kameraden
zeigten. Sie zeigten den Mann, in den er sich
verwandelte. Aber wie konnte er zwei Mal da
sein?
Es gab andere Hinweise, die wir langsam
zusammensetzten. Es war zum Verrücktwerden – die ganze Stadt folgte einer schmalen
Spur aus Indizien basierend auf dem, was
die Zeitungen brachten, Indizien, die darauf
hindeuteten, dass Dr. Markgraf noch am Leben war, während eben dieser Dr. Markgraf
anscheinend bei uns war und eindeutig nicht
der war, der diese Spuren hinterließ.
Unser Dr. Markgraf hatte keine Erinnerungen außer an das Leben, das er vorher geführt
hatte, das des Vaters des entführten Jungen,
ein ansonsten ereignisloses Leben. Aber wir
alle bemerkten, dass seine Handschrift -er
machte sich Notizen von allem, was geschah,
um so rauszukriegen, was eigentlich vor sich
ging- zittriger wurde, nicht bloß so ähnlich
wie die in den Büchern, sondern genau so.
Gelegentlich hatte er auch plötzliche Visionen, die nicht seine Erinnerungen waren,
sondern die von jemand anderem. Aber wir
haben sie nie ganz verstanden. Die Ereignisse
begannen, sich zu überschlagen, und das unausweichliche Ende kam schnell näher.
Natürlich forschten wir auch nach meiner
Vergangenheit. Du kannst dir sicher vorstellen, wie überrascht, wie schockiert ich
war, als ich diese kleine Gedenkplakette zu
meinen Ehren in der Kirche fand. Allein die
Vorstellung, dass mich einer gesehen hätte,
der mich damals schon kannte… Wir fanden
auch die Gräber der anderen. Sie waren alle
vor zwei Jahren oder noch etwas längerer
Zeit gestorben.
Der einzige, der noch lebte, war unser sich
verändernder Freund – und wir fanden nie
etwas über die Nachbarin heraus, die noch
immer bei uns war. Na ja, das stimmt nicht
so ganz: wir fanden sogar eine ganze Menge
über sie heraus, wir fanden auch ihre Wohnung, die noch immer so war, wie sie sie wohl
verlassen hatte, vor über einem Jahr,
aber sie konnte sich an nichts davon
erinnern. Es schien, als würde sie in
ein Leben gezwungen, das nicht das
ihre war, bloß dass alle Indizien dafür sprachen, dass es durchaus ihres
war.
Aber dies ist nicht ihre Geschichte, auch wenn sie es sein könnte.
Weitere seltsame Dinge ereigneten
sich, die ich heute nicht erzählen
möchte. Aber letztendlich fanden
wir unbestreitbare Beweise dafür,
dass unser Dr. Markgraf der echte
war – und wir fanden diese Beweise
nur deshalb, weil der Dämon, der
uns verspottet hatte und der die
ganze Zeit nur mit uns gespielt
hatte, indem er sich als Markgraf und auch andere ausgegeben hatte, uns gefolgt war
oder uns vielleicht sogar vorausgeeilt war,
durch diesen Spalt in der Realität, um uns zu
jagen und wieder einzufangen. Oder wenigstens einen von uns wieder einzufangen.
Wir waren noch nicht länger als zwei Wochen zurück aus der Hölle, als der Dämon uns
einfach besuchte. Es begann damit, dass der
Aufzug, der zu der geräumigen PenthouseWohnung unserer erinnerungslosen Begleiterin führte, einfach so spurlos verschwand.
Wir saßen in der Wohnung fest. Kalter Nebel
vor den Fenstern schloss uns ein und verbarg
die Welt vor unserem Blick. Es gab einen
Notausgang durch eines der Fenster mit einer Leiter an der Hauswand, und nachdem
wir einige Stunden mit einem toten Telefon
in der Wohnung gehockt hatten und der Nebel keine Anstalten machte, sich aufzulösen,
entschieden wir uns, es mit der Leiter zu versuchen. Und das taten wir.
Wir kletterten einige Minuten lang hinunter, alle drei, sehr viel länger als es eigentlich
hätte dauern dürfen, den Boden zu erreichen.
Wir kletterten sogar wieder hoch, wiederum
für viele Minuten, und sahen nichts außer
fensterloser Wand und Nebel. Es schien, als
seien Wand und Leiter endlos geworden und
erstreckten sich in beide Richtungen in die
Ewigkeit. Also kletterten wir wieder abwärts,
stundenlang, bis uns unsere Kräfte verließen,
bis ich losließ…
Aber ich stürzte nicht ab. Ich fiel auf die
Wand, die genau in diesem Moment für uns
zu Boden wurde. Wir brachen alle drei zusammen und lagen erschöpft auf dieser flachen Wand. Und dann teilte sich der Nebel
und der Dämon schritt auf uns zu, quer über
die Wand.
Er verhöhnte uns mit seinem überlegenen
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Was Dir der Penner erzählt
Grinsen und hervorquellenden Augen, und
wir waren zu abgekämpft, um etwas anderes
zu tun als dazuliegen und seine Beleidigungen über uns ergehen zu lassen. Er erklärte
uns das Geheimnis unserer Existenz: wir waren tot. Alle tot.
Markgraf hatte uns ermordet. Alle außer
sich selbst natürlich. Er war wohl so eine Art
vom Tod besessener Magier gewesen, der
versucht hatte, die Lebensessenzen seiner
Opfer zu sammeln, die er irgend einem Gott
oder Teufel opferte, um sein eigenes Leben
zu verlängern. Damit hatte er sich schon seit
den 50er Jahren beschäftigt, also musste er
wohl einigen Erfolg gehabt haben, weil er für
uns aussah, als sei er vielleicht Ende Dreißig.
Er hatte mich entführt und in seinem Keller
gefoltert und mich dann auf dem Operationstisch geopfert, den wir in seiner Villa vorgefunden hatten. Das Gleiche galt für die Leute,
die wir in der Hölle zurückgelassen hatten,
oder besser: dem Fegefeuer, das dieser Dämon nur für Markgraf erschaffen hatte.
Du musst wissen, dass der Dämon sich in
dem Moment an Markgraf gehängt hatte, als
dieser damit anfing, auf dem Pfad des Todes
zu wandeln, um ihn nach seinem Tod in Empfang zu nehmen und ihn zu ‚reinigen‘, was
auch immer damit gemeint sein mag.
Markgrafs Dämon sammelte uns ein, uns
Opfer, um mit uns das endgültige Fegefeuer
zu bevölkern. Bewusstlos warteten wir auf
den Moment, da Markgraf starb; und dieser
Moment kam eher als er selbst geglaubt hätte. Der entführte Junge war sein vorletztes
Opfer gewesen. Das war zu diesem Zeitpunkt
etwas über ein Jahr her. Aber danach nahm
er sich zu viel vor. Sein nächstes auserwähltes Opfer war die Nachbarin, die jetzt bei
uns war, die aber eine sehr starke Seele hatte, stärker als alles, was man sich vorstellen
kann, denn sie war keine gewöhnliche Frau,
nicht mal ein Mensch.
Als er sie auf seinem Operationstisch hatte,
zapfte er ihre reiche Seele an, aber er konnte
der nun in ihn strömenden Energieflut nicht
Herr werden. Er erlitt eine Gehirnblutung
und starb auf der Stelle, zusammen mit seinem Opfer.
Der Dämon kam und holte beide ab, ließ
Markgrafs Körper für die Polizei zurück und
verbarg das Zimmer mit dem Operationstisch auf magische Weise vor Entdeckung.
Er steckte Markgraf, der womöglich sogar
im Tod noch Macht über die Kreatur gehabt
hätte, in die Rolle des Vaters seines vorletzten Opfers und ließ uns andere mehr oder
weniger das sein, was wir vor unserem Tod
gewesen waren. Er löschte die gesamten Erinnerungen des Doktors und unsere letzten.
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Dann war die Bühne bereit für den ersten
Akt.
Aber anscheinend hatte Markgraf noch ein
Ass im Ärmel. Er hatte ein Wesen aus dem
Jenseits heraufbeschworen und ihr einen
geweihten, magischen Dolch anvertraut, den
ihm dieses Wesen bringen sollte, sobald er
tot und im Fegefeuer sein würde. Er hatte allerdings nicht mit der Möglichkeit gerechnet,
dass seine Erinnerung gelöscht sein würde –
aber als er den Dolch mit dem Willen zu töten
schwang, schlitzte er die falsche Realität des
Fegefeuers dennoch auf und öffnete uns den
Fluchtweg.
Aber wie schon gesagt, der Dämon war
uns gefolgt oder gar vorangeeilt und machte
sich daran, seinen Fang ein zweites Mal einzuholen. Während sich die Realität wieder
festigte und begann, Markgraf wieder seine
alte Gestalt zu geben, hatte der Dämon um
uns bereits ein Netz des Wahnsinns gewoben, das kein Entkommen erlaubte.
Der Dämon hatte uns jetzt da, wo er uns
haben wollte, und er wollte den Lohn für
seine Mühen abholen: Markgraf, der sich
nun seiner selbst endlich völlig bewusst war,
aber dem Dämon machtlos ausgeliefert. Und
er nahm ihn einfach mit, zerrte ihn in einem
unmöglichen Winkel über die Hauswand hinter sich her und verschwand im Nebel.
worden. Für die Welt war ich tot, obwohl ich
lebte und immer noch lebe. Aber ich habe es
nie gewagt, in mein altes Leben zurückzukehren.
Und deshalb lebe ich hier auf der Straße,
in dieser dunklen Gasse, und verbringe meine
Tage damit, um etwas zu essen oder etwas
Kleingeld zu betteln, und gelegentlich erzähle ich jemandem meine Geschichte. Natürlich
glaubt mir nie jemand, deshalb musste ich
einen Weg finden, das Interesse meiner Zuhörer zu wecken.
So, damit ist alles gesagt. Es gibt nichts
mehr zu erzählen. Hör auf, dich zu wehren.
Du kannst dich nicht befreien.
Ja, das ist genau der Dolch, von dem ich dir
erzählt habe. Ich habe ihn damals in der Penthouse-Wohnung an mich genommen, als die
anderen nicht mehr an ihn dachten, als wir
gerade dabei waren, aus dem Fenster zu klettern. Ich habe keine Ahnung, ob noch irgend
welche Magie in ihm schlummert, aber eine
Sache weiß ich, und das ist das Letzte, was
ich dir mit auf den Weg gebe: manchmal ist
es besser zu sterben als verschont zu werden. 
Und dann verhielten sich die Dimensionen
plötzlich wieder normal, und ich konnte gerade noch nach der Leiter greifen und mich
daran festklammern, während sich der Nebel
langsam zurückzog. Die Nachbarin hing irgendwo über mir. Sie hatte wohl einen besseren Halt gefunden, und sie schrie.
Dann geschah etwas, das meine Hoffnung
wieder ein wenig herstellte, wenn schon
nicht meinen Glauben. Ich hörte ein Geräusch wie von mächtigen Schwingen.
Zwei Gestalten glitten an mir vorbei nach oben, und ich konnte
sie erst deutlich sehen, als
sie auf meiner Höhe waren.
Ich kann sie nur als Engel
beschreiben, kein anderes
Wort wird ihnen gerecht; und
sie nahmen die Nachbarin in ihre
Mitte und trugen sie fort. Erst in diesem Moment öffneten sich meine Augen wirklich für
ihre engelsgleiche Schönheit…
Sekunden später war ich allein auf der Leiter und der Nebel wurde immer lichter. Bald
konnte ich den Boden sehen und kletterte
hinunter. Ich wusste, dass ich verschont worden war. Oder vielleicht war ich nur wie ein
unwichtiger Bauer in einem Schachspiel,
das ich nicht verstand, fortgeworfen
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Die Tanelorn Challenge
DIE TANELORN
CHALLENGE
SCHREIBWETTBEWERB UNTER ZEITDRUCK
TEXT: THORSTEN SCHLEER, TOBIAS LOOSCHELDERS
Die GroFaFo Challenge 2007
Die Challenge ist ein Wettbewerb für Rollenspielautoren, 2007 ausgerichtet vom Rollenspielforum GroFaFo. Es geht um Spaß,
darum, sich zu messen, um neue Impulse für
das Hobby, aber vor allem geht es darum,
gute Rollenspiele zu designen. Rollenspiele,
die man sofort spielen möchte. Rollenspiele,
die einem am Spieltisch viel Freude bereiten.
Die zweite Challenge fand im April 2007
statt und es wurden 19 Beiträge eingereicht,
von denen die acht Bestplatzierten Preise gewannen. Ab diesem Jahr wird die Challenge
unter dem Namen Tanelorn RollenspielChallenge geführt und ist über www.tanelorn.net zu erreichen, wo die Challenge eigene Unterforen hat. Zwar sind die meisten
Teilnehmer in der Community aktiv, man ist
aber forenfremden Teilnehmern sehr aufgeschlossen.
Wie funktioniert
die Challenge?
Jeder kann an der Challenge teilnehmen.
Die genauen Regeln werden vorab von einer
Kommission festgelegt. Der Ablauf der Challenge bleibt jedoch immer gleich. Die Beiträge werden in einem entsprechenden Beitrag
im Tanelorn-Forum verlinkt und üblicherweise während des Entwicklungszeitraum von
einem Designtagebuch begleitet.
Nach der Anmeldung hat man 72 Stunden
zur Verfügung um ein komplettes Rollenspiel, mit Regeln und Setting zu entwickeln
und vorzustellen. Besagte 72 Stunden können am Stück im einmonatigen Rahmen der
Challenge frei in Anspruch genommen werden. Um jedoch eine gemeinsame Bewertungsgrundlage zu schaffen, ist jeder Autor
verpflichtet mindestens zwei der vier vorher
festgelegten Stichworte in sein Regelwerk
einzubinden. Ob er dies im Setting oder in
den Regeln macht, steht im jedoch wiederum frei. 2007 waren die Stichwörter Regen,
Trauer, Geld und Diskussion.
Eine unabhängige Jury bewertet danach
sämtliche Beiträge nach den Kriterien: Spielkonzept/Idee, Ausgereiftheit, Präsentation
(Textaufbau und Verständlichkeit) und Umwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
setzung der Vorgaben. Jeder Beitrag erhält
konstruktives Feedback von der Jury, das auf
die Stärken und Schwächen des Spielkonzeptes aufmerksam macht. Die Jury wählte
in drei Nominierungsrunden den Sieger der
Challenge.
Die Sieger
Platz 1: Jenseits
„Der Tod ist erst der Anfang.“
Gefangen auf einer menschenleeren Welt
zusammen mit den wenigen Seelen, die mit
dem Charakter eine winzige Kleinigkeit teilen. Sie alle starben innerhalb von 72 Minuten gezählt von einer unbekannten Stunde
Null. Ohne Hunger und ohne Durst steht es
ihnen offen sich ihre neue Existenzform so
zu richten, wie es ihnen gefällt. Alles ist noch
da, man muss sich nur noch bedienen. Kein
Altern, keine Krankheit… aber immer dieser
bohrende Gedanke hier nicht hin zu gehören
und in jeder Sekunde innerlich der Schmerz
und die Trauer derjenigen die man einst liebte. Und die Toten sind nicht alleine… Streunende Engel jagen die armen Seelen wie
Junkies auf der Suche nach dem nächsten
Schuss, denn nur eine verlöschende Seele
gibt ihnen wieder einen kurzen Blick in das
verlorene Paradies. Die Dämonen der Hölle
brüten über vergessenen Büchern und scharen Armeen um sich. Alpträume durchstreifen die einsamen Straßen auf der Suche nach
Nahrung.
In Jenseits tauchen die Charaktere in das
Leben nach dem Tode ein. Gestrandet in einer
Zwischenwelt voller Gefahren müssen sie als
die Seelen Verstorbener überleben und herausfinden, wie sie ihr Seelenheil retten können. Dabei müssen sie stets auf die Balance
zwischen ihrer Trauer und Wut achten, denn
obwohl beides Stärke und Macht verleiht,
ist auch beides der Weg zum Untergang. Die
Regeln gehören zu den klassischsten, die in
der Challenge verwendet wurden, bieten allerdings auch einige neue Ansätze und Ideen.
Die Charaktererschaffung ist schnell und soll
dennoch zur Tiefe des Charakters beitragen.
Konflikte werden durch ein vergleichendes
Würfelsystem gelöst.
Platz 2: Gnome: Die Ausraubung
„Wir haben es; sie wollen es:
Unser Geld!“
Gnome: Die Ausraubung ist eine Mischung
zwischen Rollen- und Brettspiel, in dem es
darum geht, als eine Gruppe von Gnomen
einen Raub begehen. Dazu übernimmt einer der Spieler die Rolle des Spielleiters,
alle übrigen spielen Gnome. Im Laufe des
Spiels erkunden die Gnome ein Zielobjekt,
knacken Schlösser, entschärfen Alarmanlagen und überwinden Wachen, während der
Spielleiter versucht, zu verhindern, dass die
Gnome ihr Ziel erreichen. Erst während des
Spiels erschaffen alle Spieler gemeinsam die
Einzelheiten des Zielobjektes. Schaffen es
die Gnome, mit ihrer Beute zu fliehen, haben
sie gewonnen. Werden sie von der Polizei
geschnappt, dann hat der Spielleiter gewonnen. Die Gnome sind ein sehr streitsüchtiges
Volk (Stichwort: Diskussion), folglich stehen
spaßige Konflikte auf der Tagesordnung. Ein
weiteres, ausgefallenes Merkmal ist der Umstand, dass um reales Geld gespielt wird. Der
größte Minuspunkt für Gnome war, dass es
zu brettspiellastig war und zu wenig Rollenspielanteile enthält. Die Rollenspielelemente
sind größtenteils ungeregelt den Spielern
überlassen und scheinen fast gar nicht vorgesehen zu sein. Die Idee ist aber wirklich gut
und verspricht sehr viel Spaß.
Platz 3: Candyman
„Who can take a sunrise,
Sprinkle it with dew? …“
Candyman versteht seine Spieler mit einigen sehr guten Ideen in den Bann zu ziehen.
Denn die Spieler schlüpfen nicht nur in die
Rolle von Candymen, von Süßigkeitenverkäufern, sogar die Würfel werden durch Bonbons und Lollys ersetzt. Candyman bezieht
die Bonbons gelungen in sein Bietsystem mit
ein und regelt gleichzeitig damit noch den
Szenenschnitt. Das Erzählrecht wechselt zu
dem Spieler, der errät in welcher Hand der
gegenwärtig erzählende Spieler ein Bonbon
versteckt hat. Dieser Mechanismus passt
wunderbar zum Spielkonzept und zur Aufmachung des Spiels. Das System verzichtet
dabei sauber auf alles Überflüssige, enthält
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Die Tanelorn Challenge
aber gleichzeitig alle notwendigen Regelelemente. Zudem ist es das einzige Spiel
der bisherigen Challenge-Geschichte, dass
gleich zwei Testspiele in den 72 Stunden Entwicklungszeit schaffte. Aber auch die Texte
transportieren das angestrebte Spielgefühl
gut. Ungewöhnlich mag am Spiel erscheinen,
dass es einen Gewinner am Ende des Spiels
gibt, nämlich den Candyman, der am erfolgreichsten war.
Die weiterenBeiträge
(in Reihenfolge der Abgabe)
Die Tränen der Göttin
Eine abgedrehte Idee gepackt in ein flüssig
verschwimmendes Regelkonzept aus Klassik
und Innovation. Die Tränen der Göttin war
das erste Spiel, das zur Challenge vorgestellt
wurde. Die Grundidee ist folgende: Die Spielercharaktere sind Wassertropfen, die Kinder
der Göttin bzw. Teile von ihr, die sich in freiem
Fall dem Boden entgegen befinden. In sieben
Tagen werden sie aufschlagen und das Spiel
ist beendet. Was also tun mit den letzten Tagen? Das Ganze klingt nicht nur abgedreht,
nein, es soll auch so sein. Den Spielern wird
dafür ein Regelwerk an die Hand gegeben
das für diese Idee erstaunlich normal wirkt.
Das hilft zwar sich vorzustellen wie man
spielt, nimmt der Idee allerdings auch etwas
von ihrem wirren Charme. Hinzu kommt,
dass das klassische Regelwerk durch innovative Ideen, verzerrt wird und manche Punkte, z.B. der Kampf, noch sehr wenig ausbalanciert wirken. Die sicherlich neuste Idee im
Spiel war es, den Stand des Manas über den
Wasserstand in einer Flasche zu messen.
dAwn
dAwn ist ein Endzeit-Rollenspiel in einer
durch toxischen Regen zur Sumpf- und Morastlandschaft verkommenen Welt. Es spielt
im Dreieck Berlin-Warschau-Prag, ohne jedoch
andere Schauplätze gänzlich auszuschließen.
Das Regelwerk ist von der alten Schule und
will es auch sein. Die Charakterwerte werden
ausgewürfelt, Lebenspunkte werden abgezogen, es gibt Erfahrungspunkte, Stufen und
Charakterklassen. Der Autor wollte ein Spiel
schreiben, welches das Flair eines 10-15 Jahre alten Rollenspiels aufgreift. Somit ist es
eher ein Abenteuerrollenspiel, dessen eher
geringe Regellast es aber auch für Storyteller
spielbar machen soll. Besonders zu begeistern wusste das hervorragende Layout des
Spiels, aber auch der Retro-Charakter fand
Anklang. Das Spiel sollte reibungslos funktionieren, da es sich auf altbewährte Regelmechanismen verlassen kann. Durch den neuen
Münz-Mechanismus kommt allerdings noch
ein Element hinzu, dass nicht dem Retro-Stil
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des Spieles entsprechen will. Da der Mechanismus allerdings wunderbar funktioniert, ist
er jedoch zu einem weiteren Pluspunkt des
Spieles avanciert. Man merkt dem textreichsten Spiel des Wettbewerbs an die liebevolle
Arbeit an. Eine spannende Story, schöne Details und ein solides Regelgerüst. Zu einem
Treppchenplatz hat es zwar nicht gereicht,
dennoch ist dAwn durchaus ein Spiel, dass
einen Blick wert ist, wenn man sich mit der
Spielart anfreunden kann.
Die Wetterprinzessinnen
Ein Rollenspiel für Mädchen ab 8 Jahren
und deren Eltern. Was für eine Idee! Der
Hintergrund ist dementsprechend auch irgendwie eine Mischung aus Hanni & Nanni,
Sailormoon und Harry Potter und dürfte den
Geschmack so manchen Kindes treffen. Die
Charaktere sind allesamt Wetterprinzessinen, die in ein Internat, das Himmelsschloss
geschickt werden, um dort ihre Magie zu entdecken. Die Prinzessinen erleben also Abenteuer rund um das Himmelsschloss. Leider
hat es die Idee, die Abenteuer mit Taschengeld zu belohnen offenbar nicht ins fertige
Spiel geschafft. Stattdessen findet sich aber
eine erste Abenteueridee im Regelwerk wieder. Dafür, dass die Zielgruppe klar definiert
war, wird hier zu stark auf Rechnerei in den
Regeln gesetzt.
Nimbus
Nimbus schafft eine märchenhafte Welt
namens Nimmernass, in der es Regenmacher bedarf, um die Wolken zum Regnen zu
bringen. Nimmernass ist eine Welt, die sich
durch all die Happy Ends in anderen Märchen
in einen Alptraum verwandelt hat. Das Spiel
zeichnet sich durch eine Mechanik aus, die
Gefühle eng mit den Fertigkeiten verknüpft.
Diese sollte diese ausgezeichnete Idee noch
viel näher in den Mittelpunkt des Spiels rücken. Die Idee das emotionale Gleichgewicht
des Charakters durch aufgetürmte Würfel
darzustellen ist faszinierend frisch. Nichtsdestotrotz muss das Konzept noch ein paar
Spieltests durchlaufen. Das schöne Setting
geht leider nach einer stimmungsvollen Einführung etwas unter und wird nicht weiter
vertieft. Wieder einmal hat hier der Zeitdruck
ein interessantes Konzept zum Ausscheiden
in der ersten Runde verdammt.
Jungle Kingdoms of Venus
Jungle Kingdoms ist ein Spiel, dass sich
dem überzeichneten Stil der 50er-JahreScience Fiction bedient. Überall finden sich
greifbare Klischees, ob in der kitschig-bunten
Bebilderung oder plakativen Slogans („Nimm
deine Strahlenpistole und breche auf zu aufregenden Abenteuern in den regennassen
Dschungeln der Venus“). Natürlich ist die
Corestory simpel und eher für Oneshots gedacht, als für epische Kampagnen, aber dafür
wurde das Spiel auch designt. Das benutzte
Poolsystem scheint sich unkompliziert ins
Spiel einzufügen.
Gefallene Engelchen
„Man nehme Glücksbärchis, Teletubbies,
mein kleines Pony und Kleine-MädchenMangas, mixe alles kräftig durch und gebe
es dann unter ständigem Rühren in den Ausguss Richtung Regenwelt“, war die treffende
Beschreibung eines Juroren. Die Charaktere
sind gefallene Engel, die aus dem Paradies
verbannt wurden. Nur gemeinsam können
sie ihre übernatürlichen Kräfte einsetzen und
nur gemeinsam können sie zurückkehren.
Die Frage ist nur, ob sie das wollen, nachdem sie die Freuden der Macht in der Welt
der Sterblichen gekostet haben. Gefallene
Engelchen setzt auf Satire, die aus dem Spiel
heraus entstehen soll. Das Spiel nimmt sich
selbst nicht zu ernst und setzt auf Spaß und
altbewährte Mechanismen. Dabei vergisst es
allerdings, das Spielziel Satire im System zu
berücksichtigen.
Einsatzkommando
Schwarzes Gold
Ein Spiel mit klarer Auftragsstruktur, in der
die Charaktere die Rolle einer Söldnertruppe
übernehmen, die für einen Ölkonzern arbeitet. Der Krieg, den die Charaktere ausfechten
ist sehr hart und blutig. Nicht zu unrecht sind
die Gesichter der Soldaten auf dem Backcover geschwärzt. Die Härte war auch der
größte Kritikpunkt am Spiel. Der Autor hat
sich zur Inspiration Würfeln und zufälligen
Google-ergebnissen bedient, was sicher die
spannendsten Variante der Ideenfindung innerhalb der Challenge darstellt.
The End: From Dawn to Dawn
Nur 24 Stunden bis zum Ende der Welt.
Durch den Mord an einem Engel ist die
Menschheit zum Untergang verdammt… es
sei denn die Charaktere, die Auserwählten,
schaffen es den letzten Auftrag Gottes zu erfüllen. Das Spiel wurde einfach nicht wirklich
fertig und das merkt man natürlich, zumal
sich nur eines der Stichwörter finden lässt,
was zu großen Punktabzügen führte. Ein
anderer großer Kritikpunkt, den der Autor
in seinem Spiel selbst sieht ist, dass es nach
einem One-Shot eigentlich nicht wieder zu
spielen ist, denn das Geschehen ist bekannt.
Vapor State
Bei Vapor State handelt es sich um ein
postapokalyptisches SciFi-Rollenspiel auf
einer rauen Wüstenwelt. Im Mittelpunkt
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Die Tanelorn Challenge
der Welt stehen allerhand – vielfach moralische – Konflikte, die es auszutragen gilt.
Als das Imperium der Menschen in seinem
Hochmut begann die technologisch unterlegene Förderation diverser Alienrassen zu
erobern, schalteten sich die Creeve ein. Die
Creeve sind eine Rasse, die von der Föderation angeworben wurde, um den Krieg zu
beenden. Die Menschen wurden besiegt, jedoch rissen sie die riesige Transporterflotte,
die den Sold der Creeve transportierte, mit in
den Abgrund. In den Abgrund des Planeten
Dante, auf den alle menschlichen Soldaten
als Kriegsgefangene ausgesetzt wurden.
Ihre Aufgabe ist es nun, sich die Absolution
zu erkaufen, in dem sie die untergegangenen Schätze des Planeten bergen und den
Creeve aushändigen. Dabei liegt dem ein W8Poolsystem zugrunde, das an einigen Stellen
in der Challengeversion zu umständlich war.
Die moralischen Konflikte fanden absichtlich
ihren Weg in den Regelteil nicht, was dem
Spiel unter Umständen ebenfalls gut getan
hätte. Allerdings werden diese Konflikte
durch die beschrieben Fraktionen und deren
Moralvorstellungen aufgegriffen. Die Kerngeschichte des Spiels wird sehr mitreißend
beschrieben und lädt zum Losspielen ein.
rest home
Rest home soll ein gefühlsbetontes Spiel
um menschliche Dramen sein. Es soll eine
bedrückende Atmosphäre schaffen. Im Fokus stehen die Charaktere mit ihren eigenen
Problemen. Die in die Jahre gekommenen
Charaktere, allesamt Bewohner eines Altenheims, sollen im Spiel aus ihrem eigenen Leben Bilanz ziehen. Sie sollen versuchen, noch
etwas zu ändern, bevor es dazu zu spät ist.
Diese Probleme sind auch ihre größte Gemeinsamkeit. Sicher sind die Idee und die Situation insgesamt sehr speziell, aber rest home
bietet einige interessante Innovationen, wie
beispielsweise den Zahnrad-Mechanismus.
Dieser versucht die zentralen Attribute des
Spiels direkt miteinander zu verzahnen und
so Wechselwirkungen aufzubauen. Die verwandten Stichworte Trauer und Diskussion
wurden vorbildlich eingebaut, was rest home
sicherlich einige Bonuspunkte bei der Jury
bescherte. Alles in allem wirkt das Spiel aber
noch konturlos und würde noch einiger Rahmenelemente bedürfen, um wirklich spielbar
zu sein.
Knights of the Coin
Riesige Münzen fielen vom Himmel herab
und verwüsteten die fantastische Welt völlig. Seit jeher lag das Land in Trümmern, doch
Jahre später wiederholte sich die Katastrophe. Nur hatte sie diesmal auch etwas Gutes:
Sie gab einigen Sterblichen die magischen
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Kräfte, sich gegen das Unheil zur Wehr setzen zu können. Die Spieler schlüpfen in die
Rolle solcher Ritter der Münze. Knights of
the Coin verwendet ein klassisches Regelsystem und schickt die Charakere auf die Mission, die Welt zu retten!
Retaliatoria
Die Macht ihrer Gefühle ebnet den Charakteren den Weg nach Retaliatoria, ins Reich
des Schicksals, in dem sie sich ihren grauenhaftesten Alpträumen stellen müssen. Wer
den Gefahren zu trotzen weiß und die dunkle Festung erreicht, beherrscht sein eigenes
Schicksal. Goa, die Hüterin des Schicksals
wird den Charakteren Welle um Welle neuer
Horrorelemente entgegenwerfen. All dem
müssen gewöhnliche, neuzeitliche Menschen trotzen, denen etwas Schreckliches
zugestoßen ist und die sich in der phantastischen Welt Retaliatorias wieder finden. Die
Kampfregeln könnten sich wegen der Masse
an eingeplanten Actionszenen als zu komplex erweisen. Es fehlt an Anleitungen, wie
man die angestrebte Stimmung erreichen
kann und wie der Spielleiter ein Retaliatoria-Abenteuer leiten soll.
Edaphon – Karavanen und Käfer
Der erste Beschreibungstext klingt bereits
nach unglaublich kreativer Fantasy: So gibt
es Algenfarmen in gläsernen Häusern, die
Tunnel der Wurmwanderer und Karawanen,
die zu den wandernden Städten der Blattlande reisen. Und all das in einer Topfpflanze!
Gespielt werden also Insekten und Käfer, die
mit Handelshäusern zusammen agieren und
sich um deren Karawanen kümmern. Ins Regelsystem wurde bei Edaphon zu wenig Zeit
investiert, aber das Setting hat sehr einfallsreiche Ideen. Der Jury waren die Stichworte
nicht elementar genug eingeflochten, sodass
es das Spiel nicht weiterschaffte.
Melancholia
Melancholia ist der Dystopie verschrieben
und spielt in einem Near-Future-Deutschland.
Aus der Republik wurde ein trüber Überwachungsstaat und die Charaktere haben sich
als Ziel gesetzt, aus dem System auszubrechen. Sie sind Aussteiger in einer Welt voller
Gewalt, Weltschmerz und suchen im Kampf
gegen das totalitäre System die Erlösung.
Das Regelsystem orientiert sich augenscheinlich an einigen neuen Ideen und Konzepten.
Bei Melancholia handelt es sich um den einzigen Teilnehmer, der von der neuen Regel
der Autorenteams Gebrauch gemacht hat.
The Beginning of the End
Das Spiel wurde designt, um einem Spieler
ein möglichst gelungenes Spielerlebnis zu
gönnen. Alle anderen Spieler arbeiten auf
dieses Ziel hin, während der Protagonist die
Geschichte erlebt. Die Regeln versuchen einen hohen Grad an Realismus zu bieten, was
z.B. zu einer ganzen Menge Attributen führt.
Einige Ansätze sind aber bemerkenswert,
wie etwa die Attribute, die die Persönlichkeit
des Charakters abbilden. Neben Candyman
ist The Beginning of the End das einzige
Spiel, was während dem Schreiben schon getestet wurde. Interessant ist auch, dass sich
die Geschichte um Regenmacher handelt,
eine Idee, die auch das Spiel Nimbus aufgegriffen hat.
Fazit
Von Alptraum bis Zerstörung zeigte die
Challenge 2007 die facettenreichen Möglichkeiten von düsterem und melancholischem
Rollenspiel. Gerade die Stichworte „Regen“
und „Trauer“ trugen wahrscheinlich ihren
Teil dazu bei, aber auch „Geld“ und „Diskussion“ scheinen nicht unbedingt zu den positiv belegten Dingen unserer Gesellschaft zu
gehören. Interessant ist auch, dass gerade in
solch bedrückenden Szenarien immer wieder
Engel eine wichtige Rolle spielten. Das führte sogar zu dem Slogan: „This RPG does not
contain any angels, nor does it encourage
the inclusion of any celestial beeings into actual play“. Spiele, die weder Engel noch ein
apokalyptisches Szenario enthielten waren
eine Seltenheit.
Die Beteiligung war etwas höher als im
letzten Jahr, auch wenn schließlich wieder
nur gleich viele Spiele, mehr oder weniger
vollendet, eingereicht wurden. Die 72-Stunden-Marke geriet zwar stark in die Diskussion, setzte sich jedoch schließlich durch. Konsens scheint weitestgehend zu sein, dass die
Eingrenzung zum Schreiben animiert. Es gab
von Seiten der Jury viel fundiertes Feedback,
auch wenn sich die angesetzten leider Testspiele als nicht praktikabel erwiesen haben
und zu einer großen Verzögerung bei der Abstimmung geführt haben.
Ein Ausblick in die Zukunft
Auch dieses Jahr wird es wieder eine Challenge geben. Voraussichtlich wird die dritte
Challenge im April veranstaltet werden. Näheres wird aber im entsprechenden Forum
zu lesen sein.
Die Tatsache, dass etliche Szenarien auch
nach der Challenge weiterentwickelt werden
und einen großen Fankreis um sich sammeln
können, zeigt, wie gelungen viele Beiträge
der Challenge sind. So steht beispielsweise
das System Western City aus der Challenge
2006 kurz vor der Veröffentlichung als Buch.

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Töte den Eismann
TÖTE DEN EISMANN!
EIN UNIVERSELLES MYSTERY ABENTEUER
TEXT: WOLFGANG ZWIEGERT NACH EINER IDEE VON MICHAEL C. LABOSSIERE
ILLUSTRATION: WOLFGANG ZWIEGERT, TOMMY HEINIG
Übersicht
Dieses Abenteuer richtet sich an Freunde der Mystery. Für die Spieler gilt es, eine
schreckliche Bestie aufzuhalten, die in der
Gegend nördlich von Washington D.C. Menschen tötet. Ich habe absichtlich keine Werte
für ein bestimmtes Regelsystem angegeben,
um das Abenteuer universell einsetzbar zu
halten. Es eignet sich aber besonders gut
für Cthulhu Now, Dark Matter oder auch die
Welt der Dunkelheit.
Worte vorweg
In diesem Abenteuer werden einige
schlimme Dinge beschrieben – Kinder werden ermordet und Menschen gehäutet. Dies
kommt sicherlich nicht bei jedem Spieler
gleich gut an und der Spielleiter sollte sich
seiner Verantwortung nochmal klar werden,
die er gegenüber seinen Spielern hat.
Besonderer Dank geht an Michael Labossiere, auf dessen englischsprachigem Abenteuer „I want to kill the ice cream man“ ich
mein Abenteuer basiere. Allerdings baue ich
es stark aus und nehme im Prinzip nur seine
Grundidee, um eine eigene Geschichte zu erzählen.
Das Abenteuer besitzt keinen festen Handlungsablauf, da die Spieler nicht auf ein vorgegebenes Gleis gesetzt werden sollen. Ich
werde daher eine Übersicht über den Hintergrund und die mögliche Handlung geben und
anschließend einzelne Puzzlestücke beschreiben, aus denen der Spielleiter das eigentliche
Abenteuer zusammensetzen muss.
Hintergrund
Im Jahr 2007 findet ein Dämon, eine
schreckliche Kreatur, einen Weg, sich unter
Tarnung seine Nahrung zu beschaffen – genauer gesagt seine Leibspeise: Kinder. Er ermordet den Besitzer eines Eiswagens – eines
jener typisch nordamerikanischer Gefährte,
aus denen ein Mann Eis an Kinder verkauft.
Der Wagen ist zwar nicht mehr der neueste, hat aber fast alles, was der Dämon be-
nötigt. Am wichtigsten jedoch ist die Glocke
und ihr fröhliches Kinderlied – denn damit
kann der Dämon Kinder anlocken. Er hat das
gute Stück sogar mit einem Zauber belegt, so
dass er damit Kinder in Trance zu sich rufen
kann.
Nun haben aber Kinder sehr gute Instinkte,
und in seiner eigentlichen Erscheinungsform
mit den Hörner, Warzen und schiefen Zähnen verkauft der Dämon nur sehr schleppend
sein Eis. Deshalb muss er – wortwörtlich – in
die Haut eines Menschen schlüpfen, dessen
Identität er dann annimmt. Das erste Opfer
war der Besitzer des Eiswagens, doch inzwischen mussten schon zwei weitere Opfer ihr
Leben für das Aussehen des Dämonen lassen. Auf seinem Weg durch die Gegend um
Washington D.C. hinterlässt der Dämon so
eine ganze Reihe an Morden an Kindern und
freundlich aussehenden Männern.
Handlung
Eines der entführten und ermordeten
Kinder ist Jonathan Helmsworth. Jonathans
Vater kommt nicht über den Verlust seines
Sohnes hinweg – und auch nicht darüber,
dass die Polizei aus seiner Sicht nichts unternimmt, um seinen verschwundenen Sohn zu
finden. Also macht er sich selbst an die Ermittlungen.
Nach einigen Monaten kommt er dem Dämonen auf die Spur. Er verbindet Fälle von
anderen vermissten Kindern und entdeckt
zufällig, dass in der Gegend immer ein Eiswagen präsent war. Langsam setzt sich das
Puzzle vor ihm zusammen, doch dennoch
vergeht ein halbes Jahr bis Larry Helmsworth
den Mörder seines Sohnes – denn er ist überzeugt, dass der Eisverkäufer ein Mörder an
vielen Kindern ist – gegenübersteht.
Larry hat lange gebraucht, bis er die Tatsache akzeptieren konnte, dass der Mörder
alle paar Monate in die Haut eines anderen
schlüpft – wer kann ihm das verdenken?
Doch dann hat er sich eine 9mm Pistole besorgt und an einem wunderschönen Sonntag
Morgen den Mörder erschossen.
Kaum war die Tat begangen, da erkannte
Larry aber aus irgendeinem Grund, dass dies
gar nicht die gesuchte Bestie war, sondern
ein unschuldiger Mensch, dem er gerade drei
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Töte den Eismann
Kugeln in den Körper gejagt hatte.
Die Charaktere
Es gibt verschiedene Wege, wie man die
Spieler in das Abenteuer einbinden kann.
Agenten der SIF
Diese Möglichkeit wird bevorzugt und
das weitere Abenteuer geht von dieser aus.
Wurde eine andere Möglichkeit verwendet,
so muss das Abenteuer entsprechend angepasst werden.
Die Charaktere sind Agenten für die SIF
– die Special Interest Forces, einer Unterabteilung des CIA. Sie wurden ausgebildet, um
merkwürdigen und potentiell übernatürlichen Fällen auf den Grund zu gehen.
Es sollte der erste Fall der gerade aus der
Ausbildung kommenden Agenten sein – und
kann sogar auf diese Weise als Start für eine
Kampagne dienen.
Polizisten und Freunde
Möglicherweise ist aber auch einer (oder
mehrere) der Charaktere bei der Polizei und
bekommt die Aussage von Larry Helmsworth
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mit. Dessen Worte gehen ihm nicht aus dem
Kopf und so macht er sich daran, auf eigene
Faust Ermittlungen anzustellen.
Unbeteiligte Augenzeugen
Vielleicht sind die Charaktere aber auch nur
Augenzeugen, die mit eigenen Augen die Tat
von Larry Helmsworth beobachtet haben.
Die Tat war so eiskalt ausgeführt, dass sie
noch immer einen riesigen Schrecken haben,
aber der nach der Tat erfolgte Zusammenbruch des Täters und sein Wimmern „Der
Falsche! Das war der Falsche!“ gehen ihnen
nicht aus dem Kopf.
Die Mischung macht‘s
Bei meinen Probespielen habe ich auch
eine Mischung aus allen drei Möglichkeiten
ausprobiert – also zwei Agenten der SIF, einen Polizisten und einen Augenzeugen. Und
um ehrlich zu sein, hat diese Mischung sogar
am besten geklappt.
Die vermissten Männer
Wie genau die Opferliste des Dämonen vor
diesem Abenteuer aussieht, ist nicht weiter
relevant. Wichtig sind zunächst nur die Opfer
seit der Übernahme des Eiswagens.
Thomas Friedinger
Thomas war ein richtiger Loser, der es zu
nichts im Leben gebracht hat. Bei einem Pokerspiel verlor er so viel Geld, dass er einem
Mann namens Osama Massra seinen Eiswagen überschreiben musste. Seit dem führte
er einen beträchtlichen Teil seiner nicht unbedingt überragenden Erträge aus dem Eisverkauf an Massra ab.
Dass es sich bei Massra um einen Dämonen
handelte, das erfuhr Thomas erst als er von
diesem erschlagen wurde. Wie seine Haut
und sein Fleisch von den Knochen gelöst
wurden bekam er glücklicherweise nichts
mehr mit. Das war im Juni 2007.
Thomas Friedinger hatte nur eine ältere
Schwester als Verwandtschaft, eine erfolgreiche Börsenmaklerin aus Detroit, die sich
einen Scheiß für ihren Versagerbruder interessierte. Sie meldete ihn erst im August für
vermisst, weil er sich nicht zu ihrem Geburtstag gemeldet hatte.
Im November fand man schließlich die Gebeine von Thomas Friedinger in einem Wald-
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Töte den Eismann
stück in der Nähe von Baltimore.
Cleve Baker
Cleve ist bzw. war ein freundlicher älterer
Herr, der nach dem Tod seiner Frau vor fünf
Jahren kinderlos nach Parkville zog. Noch bevor er sich mit Nachbarn anfreunden konnte, kam der Dämon in der Form von Thomas
Friedinger in die Stadt – das war im September 2007.
Cleve war das ideale Opfer, und da der Körper von Thomas langsam unbrauchbar wurde, fand der Dämon einen neuen Anzug. So
überschrieb Thomas den Eiswagen an Cleve
(immer noch mit der Schuld an Massra beladen).
Aros Delova
Aros wurde zum dritten Besitzer des Eiswagens, als der Dämon auf der Suche nach
einem neuen Körper im Januar 2008 nach
Germanstown kam. Aros arbeitete illegal
als Mechaniker in einer KFZ-Werkstatt. Zwar
wurde sein Verschwinden von seinem Boss
bemerkt, doch wollte dieser nicht, dass bekannt wird, dass er illegale Einwanderer beschäftigt. Also wurde das Verschwinden von
Aros niemals aktenkundig.
Eine Freundin jedoch – ebenfalls illegal in
den USA – machte sich auf die Suche nach
Aros. Larry Helmsworth stolperte bei seiner
Suche über sie und konnte dank ihrer Hilfe
einige weitere Puzzlesteine festmachen.
Jeffrey Kelly
Genau genommen ist der junge Sportler
Jeffrey gar nicht das direkte Opfer des Dämon. Larry Helmsworth beobachtete nämwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
lich, wie der Dämon den Eiswagen an Jeffrey
verkaufte – ihm entging aber, dass er den
Jungen noch nicht getötet und seine Identität übernommen hatte. Blind vor Rachegefühlen beging Larry daher seine schreckliche
Tat und erschoss Jeffrey.
Jeffrey Kelly ist ein Austauschstudent aus
Birmingham, der in den Semesterferien ein
wenig die Gegend erkunden und dabei Geld
verdienen wollte. Immer offen für Neues
lockte ihn die Idee, mit einem Eiswagen
durch die Gegend zu fahren, Kindern eine
Freude zu machen und dabei das eigene Hotel immer dabei zu haben.
Zeitleiste
Juni 2007
Hagertstown
Der Dämon übernimmt als Osama Massra
den Körper von Thomas Friedinger.
Juli 2007
Thurmont
Der Dämon tötet als Thomas Friedinger
Ashley Kimble.
August 2007 Walkersville
Der Dämon tötet als Thomas Friedinger
Joshua von Holsten
September 2007 Parkville
Der Dämon übernimmt den Körper von
Cleve Barker.
Oktober 2007 Towson
Die Überreste von Thomas Friedinger werden gefunden.
Oktober 2007 Towson
Der Dämon tötet als Cleve Baker Allison
Schwartz.
November 2007 Baltimore
Der Dämon tötet als Cleve Baker Jonathan
Helmsworth.
November 2007 Baltimore
Thomas Friedinger beginnt seine Nachforschungen.
Dezember 2007 Catonsville
Der Dämon tötet als Cleve Baker Svenia
Jarnicova.
Januar 2008
Germanstown
Der Dämon übernimmt Aros Delova.
Februar 2008
Rockville
Der Dämon tötet als Aros Delova Hayley
Svennson.
März 2008
Silver Spring
Der Dämon tötet als Aros Delova Austin M.
Steward.
März 2008
Germanstown
Larry Helmsworth trifft auf Maricruz Manosa.
April 2008
Washington
Der Dämon tötet als Aros Delova Mira
Wolcoster.
03. Mai 2008 Washington
Der Dämon verkauft den Eiswagen an Jeffrey Kelly, um ihn in den nächsten Tagen zu
übernehmen.
04. Mai 2008
Washington
Larry Helmsworth ermordet Jeffrey Kelly.
05. Mai 2008 Washington
Die Polizei fasst Larry Helmsworth. Das
Abenteuer beginnt.
Weitere Personen
Der Dämon
Der Dämon sieht in seiner natürlichen
Form ein wenig wie ein Mitglied der HeavyMetal-Band Lordi aus. Im Extremfall kann
er sich so sogar in der Öffentlichkeit zeigen,
denn kaum jemand wird annehmen, es wirklich mit einem Dämonen und nicht mit einem
Mann in Plastik zu tun zu haben. Dennoch ist
das Leben unter Menschen einfacher, wenn
man wie einer von ihnen aussieht. Daher besorgt sich der Dämon etwa alle drei Monate
einen neuen Anzug aus Menschenfleisch. In
diesem sieht er aus wie ein Mensch und nur
den aufmerksamsten Beobachtern wird hier
und da eine Wunde oder eine merkwürdig
geformte Stelle auffallen.
Seinen Anzug muss der Dämon nachts kalt
stellen, denn er kann die Verwesung zwar
durch Magie verlangsamen, diese funktioniert aber ohne Kälte nicht.
Der Dämon hat nur ein Ziel: sich zu ernähren und zwar möglichst von dem, was er am
liebsten mag: kleine Kinder. Zur Not frisst er
auch mal einen Erwachsenen, das hält aber
bei weitem nicht so lange vor wie ein Kind.
Im Kampf sollte der Dämon sehr stark sein
– allerdings behindert ihn sein Anzug aus
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Töte den Eismann
Fleisch. Daher kann er nur in seiner wahren
Form den Charakteren ein würdiger Gegner
sein. Verpassen Sie dem Dämon einfach alle
Fähigkeiten, die Sie für cool halten und die
ihn zu einem gefährlichen und schweren
Gegner für die Charaktere macht – den sie
aber dennoch überwältigen können.
Larry Helmsworth
Larry Helmsworth wurde am 19. April 1976
in Washington D.C. geboren. Er arbeitete zuletzt als Call Desk Mitarbeiter bei der Firma
Sinitrust Corp. in Baltimore. Im Jahr 2000
heiratete er Mary Steward, die seinen Namen annahm. Das erste gemeinsame Kind,
Jonathan Helmsworth, wurde am 30.05.2003
geboren. Am 23.12.2005 starb Mary Helmsworth an Krebs.
Am 04.11.2007 meldete Larry Helmsworth
seinen Sohn als vermisst. Angeblich war das
Kind in der Nacht aus seinem Fenster geklettert und nie wieder gesehen worden.
Am 04.05.2008 erschoss Larry Helmsworth
den Austauschstudenten Jeffrey Kelly.
Maricruz Manosa
Maricruz ist eine alte Freundin von Aros Dewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
lova. Die beiden haben sich bei Feldarbeiten
in Mexiko vor vielen Jahren kennen gelernt,
dann jedoch aus den Augen verloren. Erst
in den USA trafen sich beide zufällig wieder
– beide als illegale Einwanderer. Die beiden
wurden zwar kein Liebespaar, aber enge Vertraute in einer fremden Welt.
Als Aros dann plötzlich verschwand, verlor Maricruz zunächst den Boden unter den
Füßen. Mit ihren spärlichen Mitteln fand sie
aber bald heraus, dass Aros in einem Eiswagen gesehen wurde. Wie konnte er ihr das
nur antun? Sie dachte, er würde sich an ihr
gegenseitiges Versprechen halten – dass sie
sich helfen würden, wenn einem der Durchbruch gelingen würde.
Seit dem ist sie Aros auf der Spur, um ihn
zur Rede zu stellen.
Das Abenteuer
Die Spur
Die Charaktere können frei agieren, um
den Geschehnissen auf den Grund zu kommen. Dem Spielleiter fordert dies Spontanität
und einen guten Überblick ab. Im Folgenden
will ich versuchen einige mögliche Spuren zu
beschreiben, denen die Charaktere folgen
können.
Der Tatort
Der Tatort, an dem Jeffrey Kelly erschossen wurde, liegt mitten im Lincoln Park in
Washington D.C., gleich neben einem großen
Wasserbecken mit Springbrunnen. Der Eiswagen steht nicht mehr hier, denn er wurde
von der Polizei abgeschleppt und auf dem
Polizeiparkplatz untergebracht.
Man sieht noch die braunen Flecken auf
dem Boden, wo das Blut des Studenten vergossen wurde. Außerdem ist der Boden mit
Markierungen der Spurensicherung versehen.
Aus dem Tatort an sich können die Charaktere nichts Verwertbares lesen. Allerdings
sitzt auf einer Parkbank eine ältere Dame,
die hier jeden Tag die Tauben füttert. Sie
hat gestern die schreckliche Tat beobachtet
und beschreibt den Charakteren, dass der
Mörder ganz ruhig wirkte und während der
Tat gelächelt hat. Dieses Lächeln wird sie in
ihrem gesamten Leben nie vergessen – und
nur wegen „ihrer“ Tauben ist sie überhaupt
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Töte den Eismann
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Fall Nr.: X54/MARY-3100332ICM-0B
Datum: 05/05/2008
SL: streng geheim
MISSIONSINFORMATIONEN
=====================
Hintergrund:
Am 05/05/2008 wurde ein gewisser Larry Helmsworth (wohnhaft in Baltimore, geb. 05/19/76) wegen des Mordes an dem College Studenten Jerry Kelly (wohnhaft in Washington D.C., geb. 12/03/89) von der Polizei
festgenommen. Augenzeugen des Mordes berichten, dass Herr Helmsworth Herrn Kelly am 04/05/08, 1015 Uhr
im Lincoln Park entgegen schritt, eine halbautomatische 9mm Pistole zog und drei Schüsse auf sein Ziel
abfeuerte. Herr Kelly verstarb um 1027 Uhr im Krankenwagen auf dem Weg zum Central Medical Hospital.
Herr Helmsworth konnte zunächst entkommen, wurde jedoch in der folgenden Nacht in einem Zimmer im Starlight Motel, Washington D.C. festgenommen. Er wurde bereits die ganze Nacht lang befragt und hat den
Mord gestanden.
Herr Helmsworth wird in drei Wochen wegen Mordes vor dem State Court angeklagt werden. So lange sitzt
er in Untersuchungshaft.
Auszug aus dem Verhörprotokoll:
Hr. Helmsworth: “…ich dachte er sei das Monster, aber ich habe den Falschen erschossen…”
Agent Meyers: “Was meinen sie damit, sie haben den Falschen erschossen? Das war nur ein Junge, der Eiswaffeln an Kinder verkauft hat! Und sie haben drei Kugeln in seinen Körper gejagt!”
Hr. Helmswoth: “…ja, das habe ich getan. Er ist nicht das Monster. Das Monster ist immer noch da draußen!“
Agent Meyers: “Jetzt hören sie endlich auf von diesem Monster zu erzählen!“
Hr. Helmsworth: “Das Monster… es wird weitere Kinder essen … wie Jonathan.”
Agent Meyers: “Warum haben sie den Jungen erschossen?”
Hr. Helmswoth: “Weil ich dachte er sei das Monster! Hören sie mir denn nicht zu? Er war es aber nicht! Weitere Kinder werden sterben!”
Agent Meyers: “Nicht durch ihre Hände.“
Hr. Helmswoth: “Das stimmt. Aber durch das Monster.”
Missionsziele:
1. Bleiben Sie undercover. Sie arbeiten als selbstständiges Reporterteam des lokalen Senders WLN.
2. Finden Sie heraus, ob und was an diesem „Monster“ dran ist, das Helmsworth fortwährend erwähnt.
3. Prüfen Sie die Möglichkeit, dass Helmsworth schon einmal getötet hat. Sein Sohn Jonathan wurde von
ihm im November 2007 vermisst gemeldet.
Agent J. Iasch
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Töte den Eismann
sind weder signifikante Spuren von Haut
noch vom Fleisch zu finden. Dies deutet
auf einen Fall von Kannibalismus hin.
Das Opfer wurde anhand der ebenfalls
gefundenen Zähne identifiziert. Laut
Analyse ist der Tod des Opfers vor etwa
fünf Monaten eingetreten. Herr Friedinger hat keine lebenden Verwandten
und wurde daher auf dem Gypsy Lane
Friedhof beerdigt.”
Der Eiswagen
Der Eiswagen steht momentan auf einem
gesicherten Polizeiparkplatz. Die Charaktere können ihn mit entsprechender Befugnis
einsehen – ohne wird es allerdings schwer an
das Fahrzeug zu kommen.
in den Park zurückgekehrt. Kurz nach der Tat
aber hat der Schütze laut geflucht und gerufen, dass er den Falschen umgebracht habe.
In was für einer verrückten Welt man eigentlich lebe?
Larry Helmsworth
Der Täter sitzt im Hochsicherheitstrakt des
Untersuchungsgefängnisses und hat seit
seiner Vernehmung in der Nacht kein Wort
mehr gesagt. Auch gegenüber den Charakteren gibt er sich nicht gerade gesprächig.
Nur wenn diese versuchen, diplomatisch auf
ihn einzugehen und dabei evtl. Jonathan ins
Spiel bringen, wird er sich ein wenig öffnen.
Er wird erklären, dass er die Tat nicht bereut,
es ihm aber unheimlich leid tut, dass er nicht
das eigentliche Ziel erwischt hat. Er habe versagt und nun werde das Monster weiter töten. Es gebe keine Hoffnung mehr.
Er wird den Charakteren keine weiteren Informationen zu dem Fall geben, denn in seinem Inneren ist alles zusammengebrochen.
Er sitzt in einem unendlich tiefen Loch und
kann das Licht weit oben schon nicht mehr
sehen.
Wenn er redet, dann nur sehr gebrochen
und knapp – er springt auch von einem Gedanken zum nächsten, ohne jemals einen fertig auszusprechen.
Das Motelzimmer
Larry Helmsworth wohnte in Washington
im Starlight Motel in einem einfachen und
etwas heruntergekommenen Zimmer. Die
meisten seiner Sachen befinden sich bereits
in Kartons auf dem Polizeirevier (darunter
eine Hand voll Kleidung, Schlaftabletten,
Kopfschmerztabletten, Stadt- und Landkarwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ten der Umgebung, etwa 80 Dollar in bar, ein
Ersatzmagazin für die 9mm Pistole und die
Waffe selbst).
Doch unter dem Bett mit Tape festgemacht ist eine alte Zigarrenkiste (Larry war
früher passionierter Raucher). In dieser sind
etliche handschriftliche Notizen und Pläne,
die Larry auf seiner Jagd nach dem Dämon
gemacht hat. Die Charaktere können so die
Vermutung, dass ein Monster die Eismänner
übernimmt und in ihrer Gestalt Kinder tötet
und isst, erfahren.
Larry Helmsworth hat wenig an seine eigene Person gedacht – seine Frau und sein
Sohn sind tot. Dennoch können die Charaktere lesen, dass Larry vermutet, im Eiswagen
belastende Beweise gegen Kelly zu finden,
die bei seiner Festnahme eventuell für ihn
sprechen könnten.
Eine weitere Spur, die sich aus den Aufzeichnungen ergibt, ist der Hinweis auf Thomas Friedinger und dessen Überreste.
Thomas Friedinger
Sollten die Charaktere sich Zugriff auf die
Akte von Thomas Friedinger beschaffen können, so werden sie folgenden Vermerk finden:
Fall Nr.: :X54/MARY-3100332ICM-0B
Towson Polizei Bericht
Betreff: “THOMAS FRIEDINGER”
Datum: 10.11.2007
”Die Körperteile, die nahe des Gatehouse
Anwesens am 8.11.2007 gefunden wurden konnten als Überreste eines Thomas
Friedinger identifiziert werden. Das
Opfer wurde gehäutet und die Knochen
vom Fleisch getrennt. An den Überresten
Der Wagen ist ein typischer amerikanischer Lieferwagen, der zum Eisladen umgerüstet wurde. Neben einer Kühltheke, aus
der verschiedene Sorten Eis verkauft werden
können, einer kleinen Softeismaschine und
diversen Regalen mit Waffeln, Tüten, Bechern, Löffeln und Servietten, fällt vor allem
ein übergroßer Mixer auf. Die Polizei hat es
bisher nicht für notwendig gehalten, diesen
näher zu untersuchen – und selbst wenn,
wäre es ihnen schwer gefallen das Blut nachzuweisen. Der Dämon hat extrem scharfe
Reiniger verwendet (die auch in einem Regal
gefunden werden können), um seine Spuren
an dem Küchengerät zu entfernen. In diesem
Mixer hat der Dämon seine Opfer verflüssigt
und anschließend zu sich genommen.
Im hinteren Teil des Wagens befindet sich
noch eine übergroße Tiefkühltruhe, die offensichtlich nachträglich in das Fahrzeug eingebaut wurde.
Sollte einer der Charaktere einen Sinn für
das Übernatürliche haben, so kann er eventuell feststellen, dass das Glockenspiel im
Fahrzeug mit Magie belegt wurde, die betäubende Wirkung hat.
Ereignisse
Folgende Ereignisse sind Vorschläge für
den Spielleiter, was man ins Abenteuer einbauen könnte um neue Impulse einzubringen bzw. die Spannung zu erhöhen.
Treffen mit Maricruz
Eventuell hat Maricruz die Charaktere bei
ihrer Arbeit beobachtet, vielleicht interessiert sie sich aber auch nur für den Eiswagen,
den ihr Freund Aros gefahren haben soll. So
oder so könnten die Charaktere auf die Frau
treffen. Diese ist gegenüber der Polizei extrem vorsichtig – immerhin ist sie illegal im
Land.
Mit dem nötigen Druck oder EinfühlungsSeite 84
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Töte den Eismann / Ausblick
vermögen aber wird sie das wiedergeben,
was sie über den Fall weiß. Der Teufel ist in
ihren Freund gefahren und macht, dass er
schlimme Dinge tut. Aber man kann ihn noch
retten, mit Gebeten und einem Priester. Doch
sie hat Angst vor diesem Gringo Helmsworth,
weil der Aros etwas antun möchte. Das hat
er zumindest gesagt, als sie ihn vor einigen
Wochen traf. Jetzt hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn auf die Fährte von Aros
gebracht hat.
Alte Schulden
Zwar hat der Dämon den Körper von Osama Massra nicht mehr, um in dessen Haut zu
schlüpfen. Dafür ist er aber immer noch im
Besitz des Schuldscheins, der ihn als eigentlichen Besitzer des Eiswagens identifiziert. Da
der Dämon nicht damit rechnet, dass ihm etwas nachgewiesen werden kann, will er sich
den Wagen zurück holen.
Dazu begibt er sich zur Polizeiwache und
löst dort den Wagen aus. Allerdings muss das
Fahrzeug noch einige Tage auf dem Parkplatz
der Polizei verweilen, falls die Spurensuche
noch einmal etwas untersuchen muss.
Die Charaktere könnten selbst auf die Idee
gekommen sein, den Wagen im Auge zu behalten oder von einem Kollegen den Tipp bekommen, dass der Wagen von seinem wahren Besitzer abgeholt werden wird. Wichtig
ist diese Info auf jeden Fall: Nur indem sie den
Dämon bei der Auslöse überwachen, können
sie herausfinden, wo dieser wohnt.
Das Hotelzimmer
Der Dämon hat sich ein Apartment in einem einfachen Hotel („Di Abbruzzi“) genommen und wird sich mit dem Eiswagen dorthin
bewegen.
genommen, in der Eile aber den Körper von
Aros nicht gut genug versteckt, so dass dieser gefunden wird (dann Fleisch und Haut,
aber keine Knochen).
Der Dämon schlägt zu
Das Apartment besteht aus einer nicht
gerade geräumigen Wohnküche, einem
winzigen Bad und einem Schlafzimmer mit
Kingsize Bett. In der Küche befindet sich ein
überdimensionierter und den Raum dominierender Kühlschrank, aus dem der Dämon alle
Böden entfernt und auf das Sofa geworfen
hat. Im Kühlschrank bewahrt der Dämon
seinen momentanen menschlichen Anzug
auf, nachdem er gefressen hat. Sollten die
Charaktere nachts in das Zimmer einbrechen
werden sie den Dämon nicht antreffen, wohl
aber den Haufen Fleisch und Haut finden
können. In der Nacht macht es sich der Dämon am liebsten irgendwo in feuchter Erde
oder einem Abwasserrohr gemütlich.
Ein dramatischer Showdown des Abenteuers könnte es sein, wenn der Dämon in
der Nacht erneut auf Beutefang mit seinem
Wagen in ein Wohngebiet fährt, dort das
Glockenspiel aktiviert und ein Kind anlockt.
Eventuell beobachten die Charaktere diese unheimliche Szene, wie das Kind traumwandlerisch die Efeuranken vor seinem Fenster hinunter klettert und langsam mit offen
Augen auf den Eiswagen zuschreitet, untermalt von einer so überhaupt nicht passenden
fröhlichen Glockenmelodie. Nun müssen sie
schnell handeln, denn der Dämon wird nicht
lange zögern, wenn das Kind erst einmal bei
ihm im Wagen ist.
Am Tag hingegen werden sie den Dämon
in der Gestalt von Aros Delova antreffen, der
sich sehr freundlich und auskunftsbereit gibt.
Natürlich wird er eventuelle Anschuldigungen von sich weisen, die Charaktere aber nur
dann angreifen, wenn diese ihn verhaften
wollen oder selbst in die Offensive gehen.
Eventuell wachen von dem Lärm des
Kampfes der Charaktere gegen den Dämon
auch einige Nachbarn auf und wenden sich
unter dem Bann des Glockenspiels gegen die
Charaktere.
Alte Haut
Falls die Charaktere gänzlich auf dem
Schlauch stehen, könnten die sterblichen
Überreste von einem früheren Opfer des
Dämons gefunden werden. Oder der Dämon hat inzwischen eine andere Gestalt an-
Das Ende
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Charaktere den Dämonen töten werden. Sie sollten
aber gute Beweise in der Hand haben, um zu
vermeiden, dass sie ebenso wie Jeffrey Kelly
anschließend wegen Mordes im Gefängnis
landen. 
AUSBLICK
Anduin 95
Schwerpunkt: Fantasy Welten
Klassische Fantasy erfreut sich nicht nur
aktuell in den Medien einer großen Beliebtheit, sondern ist auch der meist verwendete
Hintergrund für Rollenspiele. Gute Gründe
uns mit ihr in einer eigenen Ausgabe der Anduin zu befassen. Welche Welten genau wir
ansprechen werden muss sich allerdings erst
noch zeigen.
Anduin 96
Schwerpunkt: Indie-Systeme
In den letzten Jahren ist die Zahl kleiner
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und meist aus der Fanbasis gewachsener
Spielwelten und -systeme enorm gestiegen.
Viele dieser Systeme, die häufig über frische
Ideen und große Unterstützung aus dem
Spielerkreis verfügen, kommen aus dem
deutschsprachigen Raum. In dieser Anduin
wollen wir uns näher mit ihnen beschäftigen.
Envoyer
Jahrgänge 2006 und 2007
Nachdem der Jahrgang 2006 des Envoyer
nun komplett verfügbar ist, werden wir im
Sommer anfangen, den Jahrgang 2007 verfügbar zu machen. Zudem wollen wir wie
schon in der jetzigen Ausgabe auch in den
kommenden Ausgaben der Anduin die besten Artikel aus dem Envoyer vor 2005 überarbeitet wiederveröffentlichen.
Pericula Subire
LARP für 25 Spieler
Im Rahmen des Abenteuermagazins Pericula Subire wollen wir Euch längere Abenteuer präsentieren, die den Rahmen einer
normalen Ausgabe der Anduin sprengen
würden. Zwei Ausgaben warten bereits auf
unserer Homepage auf Euch und als dritte
Ausgabe planen wir ein umfangreiches Liverollenspielszenario. 
Seite 85
ANDUIN 94
Hakims Kochecke
HAKIMS KOCHECKE
LECKERE REZEPTE ZUM SELBERKOCHEN (bzw. -LEGEN)
TEXT: TOMMY HEINIG
ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER
Buntes Schichtbrot
Zutaten
5 Scheiben Vollkornbrot
200 g Frischkäse
Etwas Petersilie
1 Spritzer Zitronensaft
Salz
Pfeffer
1 TL Currypulver
1 TL edelsüßes Paprikapulver
1 Pulbiber (Paprikaflocken aus dem
türkischen Lebensmittelladen)
Zubereitung
Petersilie waschen, trockenschütteln und
die Blättchen fein hacken. Den Frischkäse in
vier Portionen zu je 50 g teilen. Eine Portion
beiseite stellen.
50 g Frischkäse mit der Petersilie und dem
Zitronensaft verrühren und mit Salz und
Pfeffer würzen. 50 g Frischkäse mit dem Currypulver verrühren und salzen. 50 g mit Paprikapulver verrühren, salzen und nach Belieben mit Pulbiber würzen.
4 Brotscheiben mit je einer Frischkäsesorte
bestreichen, die Brote aufeinander stapeln.
Die fünfte Brotscheibe zuletzt aufsetzen.
Das Brot leicht andrücken und in zwei Portionen teilen.
Schichtbrot mit
Schinken und Salami
Zutaten
6 Scheiben Kastengraubrot
1 Ei
75 g Salami
50 g gekochten Schinken
50 g Senfgurke
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50 g Gewürzgurke
1/2 Teelöffel Kapern
50 g Butter
100 g Frischkäse
Pfeffer
Zubereitung
Die Eier hart kochen, abschrecken, pellen
und abkühlen lassen. Mit dem Eierschneider
würfeln. Salami, Schinken, Senf- und Gewürzgurke sehr fein würfeln. Die Kapern fein hacken.
Die Butter schaumig rühren und mit dem
Frischkäse vermengen. Alle vorbereiteten
Zutaten dazugeben und mischen. Mit Pfeffer
würzen.
Das Brot entrinden und der Länge nach in
sechs Scheiben schneiden. Fünf Scheiben mit
der Schinken-Salami-Masse bestreichen und
aufeinander setzen. Die sechste Scheibe darauf setzen und etwas andrücken. Das Brot in
Alufolie einschlagen, über Nacht kühl stellen
und durchziehen lassen.
Am nächsten Tag in zwei Portionen aufschneiden.
Schichtbrot
mit Putenbrust
Zutaten
5 Scheiben SonnenblumenVollkornbrot
50g Margarine zum Bestreichen
1 Apfel
75g geräucherte Putenbrust
Zubereitung
Das Brot mit Margarine bestreichen.
Den gewaschenen Apfel entkernen und in
dünne Schreiben schneiden. Eine Brotscheibe damit belegen.
Die zweite Brotscheibe mit der bestrichenen Seite auf die Äpfel klappen. Die obere
Seite mit Margarine bestreichen und mit der
Putenbrust belegen.
Die dritte Brotscheibe darauf klappen, wieder mir Margarine bestreichen und mit Apfel
belegen.
Die vierte Brotscheibe auflegen, bestreichen und mit Putenbrust belegen. Anschließend die letzte Scheibe Brot mit der bestrichenen Seite nach unten auflegen. Das
Schichtbrot in Dreiecke schneiden.
Nussiges Schichtbrot
Zutaten
5 große Scheiben Graubrot
50g Margarine zum Bestreichen
1 Apfel
2 El gehackte Haselnüsse
2 El gehackte Mandeln
Zubereitung
Das Graubrot mit Margarine bestreichen.
Den gewaschenen Apfel entkernen und in
dünne Schreiben schneiden. Eine Brotscheibe damit belegen.
Die zweite Brotscheibe mit der bestrichenen Seite auf die Äpfel klappen. Die obere
Seite mit Margarine bestreichen und mit etwas Nussmischung bestreuen.
Die dritte Brotscheibe darauf klappen, wieder mir Margarine bestreichen und mit Apfel
belegen.
Die vierte Brotscheibe auflegen, bestreichen und mit der restlichen Nussmischung
bestreuen. Anschließend die letzte Scheibe
Brot mit der bestrichenen Seite nach unten
auflegen. Das Schichtbrot in Dreiecke schneiden. 
Seite 86
ANDUIN 94
The Tube Mystery
THE TUBE MYSTERY
EIN SZENARIO FÜR CTHULHU
TEXT: FRIEDERIKE SCHMUTZLER
ILLUSTRATION: TOMMY HEINIG (HANDOUT), DARIO HEROLD
If you listen carefully when you‘re standing
at the platform at Holborn, sometimes – just
sometimes – you can hear the wailing of Egyptian voices floating down the tunnel towards
you.
— Keith Lowe, Tunnel Vision
Vorwort
Etwas mehr als 30 Jahre gab es in London
eine U-Bahn-Haltestelle mit dem Namen „British Museum“, die am 24.September 1933 außer Betrieb gestellt wurde, da sie sich als zu
unwirtschaftlich erwiesen hatte. Stattdessen
wurde die Station „Holborn“ einen Tag später in Betrieb genommen, die Station unter
dem Museum in den 40er Jahren zugemauert. „British Museum“ dient heute als Lagerplatz für Gleise.
Doch schon kurz nachdem Station endgültig geschlossen worden war, begannen die
Gerüchte, die besagten, dass der Geist einer
ägyptischen Mumie dort spuke. Einen von
einer Zeitung ausgelobten Preis, der an
denjenigen vergeben werden sollte, der
eine Nacht in der stillgelegten Station verbrachte, nahm niemand an…
Das Abenteuer beginnt allerdings
überirdisch im British Museum am
22.5.1929, als die Station noch
voll genutzt wurde. Es sollten
maximal vier Charaktere daran
teilnehmen.
Hintergrund
Doktor Frederic Walsh, Kurator am
British Museum und Archäologe, bittet
die Charaktere um Hilfe, da in einigen
Tagen eine große Sonderausstellung
mit dem Titel „The lost pharaoh“ gezeigt
werden soll. Im Zentrum dieser Ausstellung steht eine ca. 4000 Jahre alte Mumie,
die in einem ungeschmückten Grab weitab
vom Tal der Könige gefunden wurde. Allerdings hat Dr. Walsh noch viel zu tun und benötigt dringend Hilfe, denn er ist mit seiner
Aufgabe schon fast ein wenig überfordert.
Von diesem Hintergrund ausgehend, ist
es von Vorteil, wenn mindestens ein Charakter Dr.. Walsh kennt. Woher, können
der Spielleiter und der Spieler vor Beginn
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des Abenteuers individuell ausmachen, denkbare Möglichkeiten wären: ehemalige Studienkollegen, gemeinsame Expedition etc. Ergibt sich dies nicht, da keiner der Charakter
einen entsprechenden Beruf hat, so können
die Charaktere durch einen Besuch im Museum auf die Ausstellung aufmerksam werden
und mit Dr. Walsh ins Gespräch kommen.
Gleichzeitig erschüttert die Stadt, und vor
allen Dingen Chief Inspector Lionel Hartford
ein anderes Problem: Bei Instandsetzungsarbeiten an den Gleisen in der U-Bahn-Station „British Museum“ sind inzwischen vier
Arbeiter spurlos verschwunden – bis jetzt
eine Schriftrolle, vermutlich
altägyptischen Ursprungs,
an einem der Tator-
te gefunden wird (Handout 1). Diese bringt
Hartford zu Walsh ins Museum, da er hofft,
dass dieser ihm bei diesem Fall weiterhelfen
kann. Zur Ausstellungseröffnung in vier Tagen wird schließlich auch der Prince of Wales
erwartet, und daher sollen die Vermisstenfälle schnell und möglichst verschwiegen gelöst
werden.
Szenario
Im Museum
Dr. Frederic Walsh, ein noch recht junger,
aber aufstrebender Ägyptologe, ist seit kurzem Kurator in der ägyptischen Sammlung
im British Museum und bereitet
eine Ausstellung vor unter dem Titel „The lost pharaoh“. Eines der
Kernstücke dieser Ausstellung
soll die Mumie eines bisher unbekannten ägyptischen
Adligen sein, die von
einer Gruppe Archäologen weit ab vom Tal
der Könige mitten in
der Wüste in einem Felsengrab entdeckt wurde.
Bei dieser Mumie befand
sich unter anderem ein seltsam polierter Stein, dessen
Funktion sich Dr. Walsh bisher
noch nicht erschlossen hat, er
vermutet, dass es sich um einen
Talisman handelt. Auf Nachfrage
zeigt Dr. Walsh auch Fotos von dem
Grab kurz nach der Öffnung, und mit
einem gelungenen FW: Archäologie oder
Geschichtskenntnisse wird auffallen, dass
sich in dem Grab keinerlei Grabbeigaben
finden wie sie bei Pharaonen, Priestern
oder hohen Beamten üblich waren, es ist
auffällig, dass sich in der Kammer keinerlei Schmuck oder persönliche Gegenstände
finden, nur die Mumie ist auf einer Bahre zu
sehen. Wird diese Tatsache von den Charakteren zur Sprache gebracht, wird der Kurator
zugeben, dass ihm dies auch schon aufgefallen ist, aber er steht unter Druck, denn
der Museumsdirektor möchte sich mit einer
großen Ausstellung profilieren, und in einer
Woche soll die Eröffnung sein. Ihm bleibt leider wenig Zeit zum Forschen, wie er es sich
Seite 87
The Tube Mystery
ANDUIN 94
wünscht, da er noch eine Menge Arbeit hat bis zur Ausstellungseröffnung,
wie den Katalog oder Pressemitteilungen.
Auf Nachfrage der Charaktere wird Dr. Walsh auch gerne die Mumie präsentieren, sie befindet sich im Keller des Museums in einem separaten Raum.
Hier gibt es außer der Mumie auf einem Stahltisch nicht viel zu sehen, der
Körper ist immer noch in die Leichentücher gehüllt, in denen er einst begraben wurde. In der Luft hängt ein süßlicher Geruch von den Harzen und Ölen
der Einbalsamierung. Eine einzige Lampe beleuchtet den kahlen Raum mit
schwachem Licht. Solange die Charaktere die Mumie betrachten, werden sie
nichts besonderes feststellen, befindet sich einer der Charaktere alleine im
Raum oder dreht sich beim Herausgehen noch einmal um, glaubt er mit einem gelungenen Ideenwurf festzustellen, dass sich in Höhe der Hand etwas
unter den Tüchern bewegt.
Das Artefakt
Danach präsentiert Dr. Walsh ein seltsames Artefakt, welches an diesem
Morgen aus Kairo eingetroffen ist. Das Artefakt kann mit einem gelungenen
FW: Geologie als kein auf der Erde bekanntes Material, weder Stein noch Metall, eingestuft werden. Es handelt sich hierbei um einen runden, schweren
Gegenstand, der ungefähr faustgroß und glatt poliert ist. Der Stein ist von
blau-grauer Farbe und in seiner Mitte ist eine Hieroglyphe eingeritzt, die einer Spirale ähnelt, allerdings ist sie an einem Ende offen und das Ende zeigt
nach oben (Handout 2). Dr. Walsh vermutet, es handelt sich um einen Talisman, der als Totenbeigabe im Grab lag, aber er hat keine Zeit, um weitere
Nachforschungen anzustellen.
Vermisst!
Kurze Zeit später erscheint Chief Inspector Lionel Hartford von Scotland
Yard im Büro des Kurators. Der Inspektor ist ein Mann mittleren Alters mit
einem sehr forschen Auftreten, er wirkt eher wie ein FBI-Agent als ein britischer Polizeibeamter, ohne Zweifel wird er den Charakteren auffallen. Er
bittet um eine Unterredung unter vier Augen, die ihm auch gewährt wird, Dr.
Walsh wird die Charaktere bitten, sich nun in die Bibliothek zu begeben. Mit
einem erfolgreichen FW: Horchen kann einer der Charaktere jedoch an der
geschlossenen Tür lauschen, ob er versteht, worum es geht.
Chief Inspector Hartford erklärt Dr. Walsh, dass bereits seit einiger Zeit in
den Tunneln unter dem Museum Arbeiter verschwinden, diesem Umstand
allerdings bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Zunächst hat
man geglaubt, dass die Arbeiter einfach den Dienst quittiert haben, jetzt ist
jedoch an der Stelle, an der einer der verschwundenen Männer gearbeitet
hat, eine Art Schriftrolle aufgetaucht. Dr. Walsh erklärt, dieses Stück noch nie
gesehen zu haben, bittet Chief Inspector Hartford jedoch, es ihm für weitere
Nachforschungen zu überlassen.
Verlorene Kontinente
In der King‘s Library im British Museum finden die Charaktere mit einem
erfolgreichen FW: Bibliotheksnutzung ein unscheinbares Buch, in dem es um
versunkene Kontinente geht. Es handelt sich um eine Aufsatzsammlung, in
der auch der geheimnisvolle Kontinent Mu abgehandelt wird, der vor tausenden von Jahren in den Fluten des Meeres versank. Die Charaktere finden
in diesem Buch auch eine Abbildung der Hieroglyphe, es handelt sich um das
Zeichen für Leben.
Wenn sie mit ihrem Fund zu Dr. Walsh zurückkehren, ist dieser bereits mit
der Übersetzung der Schriftrolle beschäftigt, die ihm der Inspektor überlassen hat. Die Charaktere können nun den Kurator mit einem FW: Überzeugen
dazu überreden, ihnen das Schriftstück ebenfalls zu geben, da er selbst ja
noch genug andere Arbeit zu erledigen hat. Gelingt ihnen dies, kann sich einer der Charaktere in den Lesesaal des Museums begeben und dort nach
5 Stunden und einem erfolgreichen FW: Bibliotheksnutzung das Dokument
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The Tube Mystery
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The Tube Mystery
entschlüsseln, sein Wert für Cthulhu-Mythos
verbessert sich um einen Punkt.
Der Inhalt des Papyrus
„Geliebte Brüder! Unser Herr und Meister, Snephren-Ka, der von weit her kam
aus Mu, um uns die Lehren seines Gottes
Y[unleserlich] zu bringen, der unseren Pharao [unleserlich] lehrte und liebte, wurde
das Opfer heimtückischer Machenschaften!
Mir, Ne[unleserlich], Sohn des [unleserlich],
ist es gelungen, seine sterblichen Überreste
zu bergen und vor den Augen seiner Häscher
zu verbergen. Das Auge von Shurlothep, welches Unser Herr und Meister mit sich brachte, habe ich mit mir genommen, doch vermag ich allein nicht das Ritual durchführen,
um Unseren Herrn und Meister wieder zu
uns zu holen aus jenen schwarzen Sphären,
in denen sein Geist jetzt weilt. Helft mir, Brüder, so ihr dieses lest, denn die Ungläubigen
sind hinter mir her, und sie wollen uns vernichten! Unser Herr und Meister hat denen
Macht und Reichtum versprochen, die die
Grenze überschreiten, also fürchtet sie nicht
und schließt euch mir an! Das Blut von fünf
erwachsenen Männern bringt mir, auf das
das Auge Shurlotheps unseren Herrn und
Meister zurückbringe! “
Scotland Yard
Sollte Dr. Walsh den Charakteren das Papyrus nicht überlassen haben, oder wenn die
anderen Charaktere nicht untätig sein wollen
in der Zeit, in der die Schriftrolle entschlüsselt wird, können sie Chief Inspector Hartford aufsuchen und ihm ihre Hilfe anbieten.
Mit einem erfolgreichen FW: Ansehen oder
Überreden wird Hartford die Charaktere bitten, in sein Büro zu kommen und dann berichten: Seit ungefähr vier Wochen sind vier
Gleisarbeiter auf der Baustelle an der Haltestelle „British Museum“ verschwunden, namentlich sind dies Thomas Jennings, Alfred
Smith, James Mitchell und Samuel Myers.
Der Bahnhof soll noch einmal ausgebessert
werden für die Ankunft des Prince of Wales
zur Ausstellungseröffnung, und daher soll
auch die Angelegenheit der verschwundenen
Gleisarbeiter nach Möglichkeit mit höchster
Diskretion behandelt werden. Der Bauleiter,
Mr. Derek Abercrombie, glaubt allerdings,
die Männer seien aus Faulheit der Arbeit
ferngeblieben, seinetwegen muss sich auch
Scotland Yard nicht um den Fall kümmern,
da er einfach neue Arbeiter anheuern wird.
Allerdings haben die Angehörigen der Vermissten, allen voran die Ehefrau des Ersten,
zu Protokoll gegeben, dass es sich bei allen
vier Männern um verlässliche und fleißige
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Arbeiter handelt und keiner einfach so der
Baustelle fernbleiben würde. Tatsächlich haben die Polizisten von Scotland Yard auch bei
keiner der fünf Familien Anzeichen dafür gefunden, dass die Männer eigentlich zu Hause
sind und sich bester Gesundheit erfreuen.
Neue Bewegung ist in den Fall gekommen,
als ein Arbeiter vor zwei Tagen an der Stelle
in einem der Versorgungstunnel zwischen
zwei Gleisabschnitten, wo sein kürzlich verschwundener Kollege gearbeitet hat, die
Schriftrolle gefunden hat, die nun im Museum bei Dr. Walsh für weitere Nachforschungen ist.
Wenn die Charaktere sich für den Fall interessieren und auf eigene Faust ermitteln
wollen, dann können sie nun den Bauleiter
Abercrombie oder Philomena Jennings, die
„Witwe“ des ersten verschwundenen Arbeiters, aufsuchen.
Im Untergrund
Die Charaktere fahren mit der U-Bahn zur
Station „British Museum“, wo sie schon die
Bauarbeiten im vollen Gange sehen. Es ist
staubig und dunkel, das Licht kommt von einigen wenigen Gaslampen an den Wänden.
Von entfernt ist das Rattern der vorbeifahrenden Züge zu hören, und ein kalter Lufthauch
weht einen leichten Ölgeruch herüber.
Die Gleisarbeiter werden nur unwillig mit
den Charakteren sprechen wollen, da sie
schon den Beamten vom Yard Auskunft gegeben haben. Sie haben den Eindruck, dass
es die Polizei nicht interessiert, was mit ihren Kollegen passiert ist, und sollten sich
Journalisten oder andere Angehörige der
schreibenden Zunft in der Gruppe finden,
werden sie erst recht abweisend reagieren,
da sie glauben, dass diese aus der Geschichte
Profit schlagen wollen oder sie gar nicht erst
ernst nehmen. Mit einem gelungenen FW:
Überreden wird man dann aber erfahren,
dass die Männer glauben, dass es in den Tunneln spukt, einige halten dies für den Grund,
warum die fünf Arbeiter verschwunden sind,
zwei oder drei werden den Charakteren sogar unter dem Siegel der Verschwiegenheit
anvertrauen, dass ein Geist aus dem Museum in der Station umgeht und die Männer
verschleppt hat.
Noch während sich die Männer mit den
Charakteren unterhalten, taucht Derek Abercrombie auf, der Bauleiter. Er ist aus Schottland und stammt aus ärmlichen Verhältnissen,
aber er hat in Oxford studiert und sich nun
nach oben gearbeitet. Er ist für einen Charakter mit einem gelungenen Wissenswurf auch
kein Unbekannter, man hat von ihm schon in
der Presse gelesen. Er hat erst vor kurzem
den Posten des Bauleiters bei der U-Bahn
erhalten und gilt als ein großer Verfechter
eines weiteren Ausbaus des Schienennetzes.
In einem Bericht hat der Charakter allerdings
auch gelesen, dass einige Mitglieder der Baubehörde es gar nicht gerne gesehen haben,
dass ein Schotte, der in ihren Augen eher ein
Mitglied der Arbeiterklasse ist, den hohen
Posten erhalten hat.
Mr. Abercrombie ist gegenüber den Charakteren kurz angebunden, er wiederholt
nur das, was er Scotland Yard bereits gesagt
hat, für ihn sind die Männer schlicht Faulpelze, die keine Lust zum Arbeiten haben. Wo
sie sich zur Zeit aufhalten, ist ihm egal, er hat
inzwischen neue Arbeiter angeheuert. Jegliche Nachforschungen und Fragen wird er
abblocken, er will weder mit der Polizei noch
mit der Presse weiter sprechen, und er hat
Vorschriften einzuhalten, mit denen er die
Charaktere von Recherchen in den Schächten und Tunneln abhalten will. Gelingt einem
Charakter hier ein FW: Psychologie, dann wird
er erkennen, dass Abercrombies Selbstvertrauen bis zu einem gewissen Punkt nur gespielt ist, er hat etwas zu verbergen.
Eine trauernde Witwe
Nachdem die Charaktere sich von Mr..
Abercrombie und den Gleisarbeitern verabschiedet haben, können sie nach Belieben
noch Philomena Jennings aufsuchen, die
Witwe des ersten Vermissten. Sie hatte Chief
Inspector Hartford gebeten, jeden, der etwas zur Aufklärung des Verbleib ihres Gatten beitragen kann, zu ihr zu schicken, sie
möchte auch gerne mit der Presse sprechen.
Alle anderen Verwandten haben sich zurück
gezogen und möchten weder mit der Polizei
noch mit der Presse sprechen.
Mrs Jennings wohnt in Islington in einer
kleinen Parterrewohnung, bei ihr sind ihre
Mutter, Mrs Filcher und ihr kleiner Sohn Thomas jr. Die Ehefrau des Arbeiters ist selbst
berufstätig, ihrer Mutter kümmert sich dann
um den kleinen Thomas, daher ist Mrs Jennings tagsüber schlecht anzutreffen. Ihre
Mutter wird den Charakteren nur sagen, dass
sie ihren Schwiegersohn für einen guten und
zuverlässigen Mann hält, der niemals seine
Frau und seinen Sohn im Stich lassen würde.
Ist Mrs Jennings selbst anzutreffen, merken
die Charaktere schnell, dass sie wütend ist
auf die Polizei und die Baubehörde, da sie
der Meinung ist, niemand kümmere sich darum, was mit ihrem Ehemann und den anderen drei Männern geschehen ist. Einen Grund
dafür hat sie natürlich auch: Die Regierung
will vertuschen, dass die Sicherheitsbedingungen in der U-Bahn nicht die Besten sind
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ANDUIN 94
The Tube Mystery
und vermutlich sind ihr Mann und die anderen bei Gleisarbeiten von vorbeifahrenden
Zügen erfasst worden. Ist Presse anwesend,
wird sie versuchen, diese davon zu überzeugen, eine große Story über die Männer und
ihre Arbeitsbedingungen zu schreiben. An
unheimliche Vorfälle hat sie nie gedacht, und
wird sie von den Charakteren mit einer solchen Vermutung konfrontiert, wird sie sie
lediglich auslachen.
Das Auge Shurlotheps
Nach diesen Nachforschungen können die
Charaktere sich in Richtung British Museum
begeben, um sich wieder mit Dr. Walsh zu
besprechen. Allerdings werden sie das unbestimmte Gefühl nicht los, dass etwas nicht
stimmt, dieses Gefühl verstärkt sich, als sie
das Museum betreten und sich zum Büro des
Kurators begeben. Das ungute Gefühl bestätigt sich, als sie dann das Büro betreten: Die
Tür ist nur angelehnt, auf ein Klopfen hin antwortet niemand, aber ein seltsamer Geruch
dringt aus dem Raum. Den Charakteren, die
den Raum jetzt betreten, bietet sich ein Bild
des Grauens: Aus den Regalen wurden alle
Bücher herausgerissen und auf den Boden
geworfen, teilweise sind sie zerrissen und
verschmiert, einzelne Seiten liegen überall
herum, einige Regalbretter sind aus ihren
Verankerungen gebrochen worden. Zwischen den Büchern liegen archäologische
Gegenstände überall verstreut, die teilweise
aus Unachtsamkeit zerbrochen sind, größtenteils aber Opfer mutwilliger Zerstörung
geworden sind. An den Wänden sind große
blaue Flecken von zerschmetterten Tintenfässern, alle Stühle im Büro sind umgeworfen worden, bei einigen wurde sogar die
Sitzfläche aufgeschlitzt. Der Schreibtisch ist
ebenfalls übersät mit zum Teil in Fetzen gerissenen Schriftstücken und herumliegenden
Schreibutensilien, und ein Charakter, dem
ein Ideenwurf gelingt, stellt fest, dass hier
ein Kampf stattgefunden hat, außerdem erkennt er auf den Dokumenten Blutflecken,
die offensichtlich noch frisch sind. Diese Erkenntnis kostet ihn 0/1 Stabilitätspunkte.
Mit einem weiteren gelungenen Ideenwurf
lässt sich feststellen, dass der geheimnisvolle
Stein nicht mehr vorhanden ist. Bei Nachforschungen in den anderen Büros müssen die
Charaktere dann weitere grausige Entdeckungen machen: Alle Mitarbeiter, die sich
noch im Museum befanden, liegen ermordet
in ihren Büros, man hat ihnen die Kehle durchgeschnitten. Da es vermutlich inzwischen
später am Abend ist, ist die Anzahl der Opfer
überschaubar, nichtsdestotrotz verlieren alle
Charaktere 1/1W4 Stabilitätspunkte
Alle Indizien lassen jetzt nur einen Schluss
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zu: Dr. Walsh muss etwas schlimmes zugestoßen sein, vermutlich wurde er entführt
oder ermordet!
Haben die Charaktere zuvor ihren Kollegen
aus dem Lesesaal abgeholt, müssen sie sich
keine Sorgen machen, sollte dieser aber vorher Dr. Walsh aufgesucht haben, wird auch
er im Museum nicht mehr auffindbar sein.
Doch die Frage, wohin Dr. Walsh verschwunden ist, lässt sich mit einem gelungenen FW: Verborgenes erkennen beantworten:
Auf dem Parkett sind Blutspuren, die die Charaktere hinunter in die Keller des Museums
führen, vorbei an uralten Artefakten, die auf
ihre große Stunde warten, Masken aus der
Südsee, geheimnisvollen römischen Statuen
und ägyptischen Sarkophagen, deren aufgemalte starre Augen jeden Schritt der Charaktere zu verfolgen scheinen. Das Licht wird
immer schwächer, nur einzelne Glühbirnen
hängen aus ihren Verankerungen an der Decke und schaffen Schatten, die mehr verbergen als man auf den ersten Blick erkennen
kann.
Das Ritual
Durch eine Tür im Keller gelangen
die Charaktere schließlich in einen
weiteren Raum, der dunkel und zugig ist, ein leichter Geruch von
Öl liegt in der Luft, und von Ferne hört man das Rauschen von
Zügen. Neben dem Öl
können die Charaktere
aber auch noch einen
anderen schwachen Geruch ausmachen, es ist der
gleiche, den sie auch in Dr.
Walshs Büro gerochen haben: Eine Mischung aus
Weihrauch und Kräutern,
durchsetzt mit einem leicht
süßlichen Gestank. Ein Charakter mit einem
erfolgreichen FW: Archäologie wird feststellen, dass es sich hierbei um Einbalsamierflüssigkeit handelt, das führt zum Verlust von 0/1
Stabilitätspunkten.
Kaum hat er diese Erkenntnis mit seinen
Gefährten geteilt, werden die Charaktere
auch schon seltsame Gesänge hören, die
aus einem angrenzenden Raum kommen.
Dies Gesänge sind in keiner ihnen bekannten
Sprache, sondern klingen seltsam guttural.
Sobald die Charaktere in die Nähe dieses
Raums kommen, werden sie feststellen, dass
eine Gruppe Kultisten sich um die geheimnisvolle Mumie versammelt hat, sie tragen
merkwürdigen archaischen Gewänder und
wiegen sich in Trance zu den unirdischen
Klängen. Kein geringerer als Derek Aber-
crombie führt nun das Ritual durch, um den
untoten Snephren-Ka wieder zum Leben zu
erwecken. Die Charaktere werden in seiner
Hand das Artefakt aus dem Museum erkennen, bei dem es sich um das „Auge Shurlotheps“ handeln muss.
Um das Ritual zu beenden, würde es reichen, die Mumie und das Auge in Brand zu
stecken. Allerdings hat Abercrombie Vorbereitungen getroffen: Ein lebender Leichnam,
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The Tube Mystery
OFF T O P I C
Seat Guru
Ich erinnere mich noch
gut an diesen Flug nach
New York vor ein paar Jahren. Direkt quer vor mir ein
Babybett mit dauerhaft
schreiendem Bewohner und
direkt davor die Toilette aus
der ekelhafte Gerüche entwichen. Ich tröstete mich
damit, dass es ja „nur“ ein
Flug von 7 Stunden Dauer
war – hätte ja auch nach
Australien gehen können.
Geholfen hätte mir damals
vielleicht ein kurzer Blick vor
dem Flug auf die Seite Seat
Guru (http://www.seatguru.com).
Dort sammeln Fleißige Informationen über die unterschiedlichen Flugzeugtypen
aller möglichen Fluggesellschaften. Auf einem Plan
des Flugzeugs werden besonders gute oder schlechte Plätze farbig hervorgehoben. Und nebenbei findet
man hier passende Karten
von Flugzeugen für die eigene Rollenspielkampagne.
als Wache abgestellt, nähert sich den Charakteren von hinten, sein Anblick kostet 1/1W6
Stabilitätspunkte. Es handelt sich hierbei um
einen der verschwundenen Gleisarbeiter.
Gelingt es den Charakteren an der Leiche
vorbeizukommen, müssen sie feststellen,
dass es noch mehr belebte Leichname gibt,
darunter auch Dr. Walsh. Treten die Charaktere jetzt den Rückzug an, werden die Leichen
ihnen folgen, jedoch nur bis zur Eingangstür
in den Museumskeller.
Gehen die Charaktere weiter, nachdem sie
die Leichen besiegt haben, müssen sie feststellen, dass das Ritual beinahe vollendet ist.
Derek Abercrombie und die übrigen Kultisten
sind jedoch normal verwundbar und können
mit Schusswaffen nieder gestreckt werden,
damit ist jedoch die Gefahr nicht gebannt.
Die Mumie und der Stein müssen in Brand
gesteckt werden, und da es in den unterirdischen Tunneln der U-Bahn gefährlich ist, so
etwas zu tun, müssen sie sich beeilen, um
wieder in das Museum zu kommen. Ein gelungener FW:Geschicklichkeit erschwert um 20%
lässt die Charaktere den Flammen entrinnen,
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jedoch haben die Erlebnisse von allen 2/1W6
Verlust an Stabilitätspunkten gefordert.
Epilog
Die Charaktere werden Chief Inspector
Hartford Bericht erstatten, dieser wird auch
schon im Museum sein, um die Spuren des
Einbruchs und der Ermordung der Angestellten aufzunehmen, da entweder die Charaktere oder der Museumspförtner ihn gerufen
haben.
Haben die Charaktere es nicht geschafft,
die Kultisten und die Mumie zu besiegen,
dann werden sie mit Sicherheit Inspector
Hartford um Hilfe bitten, oder auch jemand
anderen im Museum. Doch man wird ihnen
ihre Geschichte mit Sicherheit nicht glauben,
allerdings werden in der Folge die Gerüchte
um eine Mumie, die in der Station „British
Museum“ spukt, immer lauter… und die
Charaktere werden wissen, was der wahre
Grund war für die Schließung der Station.
NSC
Dr.. Frederic Walsh
Kurator
ST 9 KO 8 GE 12 ER 10 MA 8 BI 16 IN
15 GR 15
Trefferpunkte: 12
Magie: 8
Stabilitätspunkte: 40
Schadensbonus: keiner
Angriff: keiner
Zauber: keiner
Fertigkeiten:
Ansehen 55%, Bibliotheksnutzung
60%, Buchführung 30%, Feilschen 25%,
Muttersprache (Englisch) 70%, Überzeugen 40%, Geschichtskenntnisse
65%, Fremdsprache (Altägyptisch)
40%, Papyrologie 35%
Inspector L. Hartford
Chief Inspector
bei Scotland Yard
ST 16 KO 11 GE 14 ER 8 MA 8 BI 11 IN
12 GR 17
Trefferpunkte: 14
Magie: 8
Stabilitätspunkte: 40
Schadensbonus: +1W6
Angriff: Faustfeuerwaffe 40%, Ringen
30%
Zauber: keiner
Fertigkeiten:
Ansehen 40%, Feilschen 18%, Gesetzeskenntnisse 55%, Horchen 35%,
Psychologie 20%, Spurensuche 50%,
Überreden 22%, Überzeugen 25%, Verborgenes erkennen 40%
Derek Abercrombie
Bauleiter und Kultistenführer
ST 8 KO 14 GE 15 ER 13 MA 12 BI 13 IN
10 GR 10
Trefferpunkte: 12
Magie: 12
Stabilitätspunkte: 60
Schadensbonus: keiner
Angriff: Faustschlag 60%, Ringen 35%
Zauber: Erschaffe Zombie
Fertigkeiten: Ansehen 65%, Bibliotheksnutzung 50%, Buchführung 34%,
Okkultismus 45% Kunst (Baukunst)
40%, Psychologie 46%, Überzeugen
40%
Philomena Jennings
Witwe und Schneiderin
ST 8 KO 7 GE 13 ER 12 MA 8 BI 9 IN
11 GR 8
Trefferpunkte: 8
Magie: 8
Stabilitätspunkte: 40
Schadensbonus: -1W4
Angriff: keiner
Zauber: keiner
Handwerk (Schneidern) 55%, schweres Gerät (Nähmaschine) 41%, Nähen
35%, Zuschneiden 35%, Maß nehmen
35%
Dr. Walsh
Belebter Leichnam/Zombie
ST 12 KO 16 GR12 IN 0 MA 1 GE 6
Trefferpunkte:
Schadensbonus: +1W4
Waffen: Ringen 25 %, Biss 30% (Schaden 1W3), improvisierte Hiebwaffe
(Knüppel) 25% (Schaden 1W6+1+Sb)
Dr. Walsh tritt den Charakteren in Begleitung von vier untoten Gleisarbeitern gegenüber.
Stabilitätsverlust: Der Anblick der
wiederbelebten Gleisarbeiter kostet
jeweils 1/1W6 Stabilitätspunkte, der
Anblick des untoten Dr. Walsh jedoch
1/1W8, da er den Charakteren vertrauter ist und sein Tod sie mehr trifft. 
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ANDUIN 94
Offen heraus
OFFEN HERAUS
DAS SPRECHECK IN DER ANDUIN
TEXT: TOMMY HEINIG
ILLUSTRATION: HELLO.EBOY.COM
Kunde 2.0
Das Leben wird immer bequemer. Nun gut,
vielleicht nicht an jeder Stelle, aber so insgesamt muss es doch bequemer werden, oder?
Bei den immer neuen technischen Errungenschaften und der immer größeren Selbstbestimmung und Freiheit, die wir alle genießen
dürfen. Und günstiger wird das Leben dadurch auch noch!
easy Livin‘
Man nehme nur mal das Beispiel Flugreise. Früher hat man sich in einem muffigen
Reisebüro die besten Flüge heraussuchen
lassen, immer mit dem Gefühl dass da bestimmt günstiger gegangen wäre. Und dann
noch die Gebühren für den Service. Heute
macht man das bequem von Zuhause aus,
hat immer noch das Gefühl dass es bestimmt
günstiger gegangen wäre, dafür aber die Gebühren gespart. Und gleich online bezahlt.
Sicher ist das sicher. Am Flughafen dann kein
langes Anstehen am Schalter für das Einchecken mehr. Statt dessen steht man nun am
Automaten, was aber gefühlt schneller geht.
Fazit: Mit Eigeninitiative geht das Leben so
viel leichter.
Oder das Tanken. Früher nur an teuren
Servicetankstellen möglich. Heute kann man
an teureren Selbstbedienungstankstellen
sein Auto befüllen. Wer weiß wie teuer das
Tanken wäre, wenn wir das jemand anderen
machen ließen?
Oder die Unterhaltung. Früher nur die
konservativen und langweiligen öffentlichrechtlichen Sender. Dann der Kulturschock
mit dem konstant niveaulosen Rauschen auf
den Privatsendern. Und jetzt endlich wieder
gehobene Unterhaltung dank Selbstzerfleischung und Unfallfilmchen auf YouTube und
Konsorten.
Oder das Einkaufen. Früher musste man
sich blind einem Fachverkäufer anvertrauen
und auf dessen Ratschlag bauen. Heute kann
man das geilste weil günstigste Angebot
einfach im Netz finden und dabei wertvolle
Kommentare von anderen Konsumenten
genießen. „Der iAudio MP3-Player ist echt
scheiße, weil der hat ja schwarze Kopfhörer
und nicht so coole weiße wie der von Apple“
(Rechtschreibung dezent verbessert).
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Mitmachleben
Wir sind also immer mehr bereit, Dinge
selbst in die Hand zu nehmen. Marketingfachleute haben dafür sogar trendige Namen
erfunden – im Internet zum Beispiel „Web
2.0“ oder das „Mitmachweb“. Da schreiben
wir unsere eigenen Tagebücher, filmen unsere eigenen Peinlichkeiten und füllen sogar
eine ganze Rubrik auf Spiegel Online.
Jeder von uns macht da auf die eine oder
andere Art mit, sei es nun bei der Problemlösung bei Abstürzen eines Computerspiels
im Herstellerforum (ich weiß nicht wie lange
es her ist, dass ich da einen hilfreichen Kommentar gelesen habe, der nicht von einem
Kunden stammte), beim freiwilligen Preisgeben des eigenen Konsumverhaltens über
Kundenkarten oder Umfragen oder beim
(legalen) Herunterladen und Selberbrennen
von Musik.
Mehrwert?
Ich frage mich gerade nur, ob meine Einleitung nicht irgendwie falsch war. Bequemer
klingt das ganze jetzt auf einmal gar nicht
mehr unbedingt. Und um ehrlich zu sein auch
nicht immer günstiger. Und zeitsparender?
Auch eher nicht.
Warum machen wir das dann eigentlich
mit? Die Industrie benutzt uns in einigen
Gebieten inzwischen als unbezahlte Arbeitskraft und lemminghaften Käufer gleichzeitig.
Da kann Microsoft ein Betriebssystem auf
den Markt bringen, das zwar schick aussieht
(ganz im Stil des Web 2.0), aber nicht mal anständig Dateien kopieren kann. Der Kunde ist
Käufer und unbezahlte Testperson in einem
– ist ja auch in seinem Interesse, dass die
Fehler bekannt werden, damit sie behoben
werden können.
Hobby 1.0?
Als Chefredakteur eines Fanzines betrachte ich dieses ganze Treiben sehr interessiert.
Bedeutet das für die Anduin etwa, dass jetzt
eine ganze Horde motivierter Autoren und
Zeichner bereit steht, um ihren Beitrag beizusteuern? Immerhin sind Fanzines echte
Mitmachprojekte, die nur existieren können,
wenn sich Menschen dafür einbringen. Die
Arbeit kommt keinem Konzern zu Gute und
versickert auch nicht in der Anonymität riesiger so genannter Communitys. Statt dessen
landet sie direkt bei Gleichgesinnten und fördert das gemeinsame Hobby.
Leider heißt die Antwort auf diese Frage
„Nein!“. Zwar finden sich immer ein paar Mithelfer, doch ist die Zahl der Schultern, auf denen ein Projekt wie die Anduin ruht, noch zu
klein um dauerhaft überleben zu können.
Zukunftswünsche
Ich würde mir wünschen, dass der eine
oder andere, der sich über Mitspielermangel
und Qualitätsverluste bei Rollenspielprodukten beschwert, sich ein Herz fassen würde.
Sich überlegt, ob er nicht einmal im halben
Jahr einen Artikel beisteuern oder eine Illustration anfertigen könnte. Oder vielleicht
einem Fanprojekt Feedback in Form einiger
Zeilen schreibt. Das ist zwar auch nicht bequem, aber sehr viel gewinnbringender als
etliche anderen Mitmachtätigkeiten. 
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ANDUIN 94
Die lange Nacht
DIE LANGE NACHT
EIN UNIVERSELLES FANTASY-ABENTEUER
TEXT: ALEXANDER HARTUNG
ILLUSTRATION: KATHY SCHAD
KARTEN: ALEXANDER HARTUNG
Hintergrund
Der Gelehrte Torgin Trao ist einer der besten und berühmtesten Gelehrten der Naturwissenschaften des menschlichen Reichs.
Einer seiner Konkurrenten, Osung Obew, ist
der Meinung, dass Torgin Trao seine letzten
Forschungsergebnisse gestohlen hat und damit zu Berühmtheit gelangen will. Aus Wut
über seinen Konkurrenten hat Osung Obew
die Assassinen- und Diebesgilde beauftragt
die Forschungsarbeiten von Torgin Trao zu
sabotieren und den Gelehrten daran zu hindern, in Zukunft wieder zu forschen.
Mehr durch Zufall und durch einen guten
Freund, hat Torgin Trao von einem Plan eines
ihm nicht bekannten Konkurrenten erfahren,
der ihn schädigen möchte. Er vermutet, dass
dieser entweder seine Forschungen oder
sein Haus zerstören soll.
Am nächsten Tag wird er an der Universität
in Teromberg einen Vortrag halten, bei dem
er seine neusten Ergebnisse präsentieren
möchte. Um diesen Vortrag zu einem Erfolg
werden zu lassen, muss der Gelehrte die ganze Nacht durcharbeiten.
Torgin Trao lebt mit seinen beiden Angestellten außerhalb einer Stadt in einem Landhaus. Seine Fachgebiete sind Geschichte und
Naturwissenschaften.
Da für den Schutz durch die
Armee oder die Stadtwache
zu wenige Beweise vorliegen, engagiert er eine
Abenteurergruppe
ihn zu beschützen, da er seine
Arbeit bis zu
dem Vor-
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
trag in vier Tagen abschließen möchte.
Die Angestellten
Aufgrund der lauernden Gefahr hat Torgin
Trao seinen beiden Angestellten (Haushälterin und Stallknecht) freigegeben. Sie werden
sich bis zum Mittag des nächsten Tages in
der Stadt aufhalten und unter keinen Umständen zu dem Haus zurückkehren.
Torgin Traos Bedrohung
Torgin Trao hat erfahren, dass seine Arbeit
sabotiert werden soll, damit er seinen Vortrag am nächsten Tag nicht halten kann. In
dieser Rede spricht er das Zusammenspiel
von Pflanzen und Schädlingen an. Seine Theorie soll den Ertrag beim Anbau von Getreide
erheblich steigern.
Als er der Stadtwache von dieser Drohung
erzählt, erhält er keine Hilfe, da diese überfordert ist und keine Männer wegen einer einfachen Drohung entbehren kann. Somit muss
er sich auf die Suche nach Männern machen,
die in bis zu seinem Vortrag beschützen.
Der Auftrag
Es ist dem Spielleiter überlassen, wie der
Gelehrte auf einen der Gruppenmitglieder
aufmerksam wird (vielleicht durch eine Empfehlung eines Freundes). Auf jeden Fall erhält
die Gruppe von Torgin Trao den Auftrag ihn in
dieser Nacht zu beschützen und zu gewährleisten, dass er seine Arbeit in dieser Nacht
ungestört abschließen kann. Für diesen Auftrag erhalten die Charaktere je 4 Gold.
Stimmen Sie diesem Auftrag zu, bittet
Torgin Trao die Gruppe bis zum späten Mittag an seinem Landhaus zu erscheinen. Er
beschreibt
den
Charakteren den
Weg und reitet
dann zu seinem
Haus um zu arbeiten.
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Die lange Nacht
Torgin Trao
Torgin Trao ist ein typischer Gelehrter, der
auf seinem Gebiet genial ist, aber ansonsten
alle anderen Dinge um sich vergisst. Seine
Angestellten kümmern sich gewissenhaft um
ihn und seinen Haushalt. Sie erinnern ihn daran, regelmäßig zu essen und säubern seine
Kleidung.
Der Mensch lebt um neue Erkenntnissen
in den Naturwissenschaften zu gewinnen.
Ansonsten ist er ein friedlicher, etwas zerstreuter Mann. Obwohl der die Gruppe zu
seinem Schutz engagiert hat, unterschätzt er
die Gefahr, die ihm durch die Assassinen und
Diebe droht.
hen. Es verfügt über einen großen Keller und
einen Stall, der sich hinter dem Haus befindet.
Bis zur nächsten Stadt sind es vier Kilometer. Der nächste Nachbar wohnt einen
Kilometer entfernt. Zum Haus führt nur ein
schmaler Waldweg, der dort auch endet. Die
nächste größere Straße ist 200m entfernt.
Keller
Die 3 x 3m großen Küche besteht aus einem großen Kamin in der Mitte und mehreren Schränken in denen sich das Geschirr des
Hausherrn sowie einige Tischdecken befinden. Neben dem Kamin liegt etwas aufgestapeltes Holz. Die Küche verfügt über einen
Zugang in den Garten.
Der Gelehrte ist ein Meister auf seinem
Fachgebiet, aber leider sehr zerstreut. Seine Bediensteten kennen die Eigenarten von
Torgin Trao, aber die Gruppe wird lernen
müssen, mit dieser Zerstreutheit umzugehen. Mit Folgendem haben die Charaktere zu
rechnen:
Das Haus
Das Landhaus von Torgin Trao liegt inmitten eines Waldes auf einer Lichtung. Die
Lichtung ist vom Haus aus nur etwas vier
Meter entfernt. Der Wald ist dicht gewachsen und verfügt über viel Unterholz. In der
Nähe (etwa 10m in den Wald hinein) fließt ein
kleiner Bach, der das Landhaus mit Wasser
versorgt.
Das zweistöckige Haus und seine Umgebung sind gut gepflegt und schön anzusewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
In dem 3 x 2m großen Lager bewahren die
Angestellten Werkzeuge und Holz für den
Kamin auf. Weiterhin finden sich hier eine
Schaufel, eine Axt, zwei Besen, zwei Eimer
sowie ein Fass mit Frischwasser. Auch sind
hier Zunder, Feuersteine, vier Fackeln, drei
Lampen und ein kleines Fass mit Lampenöl zu finden. Schließlich werden hier noch
einige Dachlatten und Balken aufbewahrt,
die für Ausbesserungen am Haus verwendet
werden.
5 – Küche
Das Verhalten von Torgin Trao
• Bei Kämpfen und Angriffen wird sich
Torgin Trao über den Lärm beschweren
und um Ruhe bitten
• Ab und zu wird er zu einem Charakter
kommen und ihn um einen Tee oder
eine Suppe bitten. Bevor der Charakter
antworten kann, wird Torgin Trao aber
wieder bei seinen Studien sein.
• Mitten in der Nacht wird der Gelehrte
einen kleinen Spaziergang im Wald machen wollen.
• Er wird einen Charakter fragen, was er
denn in seinem Haus zu tun habe. Wird
Torgin Trao von dem Charakter (immer
wieder) über seine Situation und die
Gefahr außerhalb des Hauses aufgeklärt,
so wird sich bei Torgin Trao schnell die
Erinnerung wieder einstellen.
Anmerkung für den Spielleiter: Torgin Trao
sollte ein Element der Unruhe sein. Spielen
Sie den Gelehrten wie ein zerstreutes Genie,
das in seiner Arbeit regelmäßig seine Umwelt
vergisst.
4 – Lager
6 – Zimmer
1 – Gang
Der Gang führt zum Lagerraum bzw. zum
Labor. Der Boden ist aus festem Lehm und
die Mauern sind geziegelt.
2 – Weinkeller & Nahrungslager
Hier befinden sich eine Vielzahl an Weinflaschen sowie einige Fässer Bier. Der Raum ist
kühl und mit einem festen Lehmboden ausgestattet. Hier lagern auch die Lebensmittel,
aus denen die Angestellten von Torgin Trao
das Essen bereiten. An den Wänden stehen
mehrere hohe Regale, in denen die Speisen
aufbewahrt werden.
3 – Labor
Das 3 x 6m große, stickige Labor steht voller wissenschaftlicher Geräte und Werkzeuge. Auf einem Schreibtisch an der Wand stapeln sich Papiere auf denen Torgin Trao seine
neusten Forschungsergebnisse skizziert.
ErdgeschoSS
In dem 3 x 3m großen Zimmer übernachten
die beiden Bediensteten. Hier stehen zwei 2
x 1m große Betten und ein Schrank, in dem
sich abgetragene Kleidung und einige Schuhe befinden.
7 – Große Bibliothek
Der L-förmige Raum ist die Bibliothek von
Torgin Trao. An der hinteren Wand steht ein
Schreibtisch der mit Stapeln von Aufzeichnungen des Gelehrten. An den Wänden befinden
sich Regale mit wissenschaftlichen Büchern
und eigenartigen Skulpturen menschlicher
Künstler (Kunst?). An der Hauswand ist ein
Kamin, der den Raum wärmt.
Hier bereit sich Torgin Trao auf seinen Vortrag vor. Er möchte so wenig wie möglich gestört werden und wird den Charakteren bei
der Verteidigung freiel Hand lassen.
8- Salon
Der 3 x 4m große Salon ist mit teuren
Gobelins, Teppichen und edlen Möbeln eingerichtet. Hier empfängt Torgin Trao seine
Gäste. In einer schönen Glasvitrine stehen
Kristallkaraffe und eine wunderschöne mit
Gold verzierte Karaffe.
9 – Vorraum
Der 2 x 5 große Vorraum enthält eine Garderobe für die Mäntel der Gäste. Von hier
führt auch eine Treppe in den Keller und in
den ersten Stock. Momentan hängen hier
nur zwei Mäntel von Torgin Trao.
Erster Stock
10 – Gang
Der Gang ist mit edlem Holz ausgelegt. An
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Die lange Nacht
S1 – Gang
Der schmale Gang ist mit Stroh ausgelegt.
An der unteren Seite des Raums steht ein
Schrank mit Pferdegeschirr und einer Box
mit Trockenfutter.
S2 + S3 – Boxen
In den 2 x 3m großen Boxen stehen normalerweise zwei Reitechsen, die den kleinen
Wagen von Torgin Traos ziehen. Der Wagen
und eine Reitechse wurden aber von den Bediensteten mitgenommen, so dass sich nur
noch eine Reitechse in Box S3 befindet.
den Wänden hängen zwei kleine Lampen, die
auch in der Nacht den Weg zu den Räumen
im ersten Stock erhellen.
11 – Schlafzimmer
Der 3 x 4m große Raum ist das Schlafzimmer von Torgin Traos. Hier stehen ein 2 x 2m
großes Bett ein Sessel und ein Nachttisch mit
einer Öllampe. Um das Bett und den Nachttisch liegen einige Bücher über Pflanzenkunde. Neben dem Bett sind einige Aufzeichnungen des Gelehrten verstreut.
12 – Bekleidungszimmer
Das 3 x 4m große Bekleidungszimmer beinhaltet zwei große Schränke mit Kleidung
und eine Kommode mit Schuhen von Torgin
Traos. Die Kleidung in den Schränken ist von
hoher Qualität.
13 + 14 – Gästezimmer
Die 3 x 3m großen Zimmer sind mit einem
1,5 x 2m großen Bett, einem Schrank und einem Nachttisch eingerichtet. Diese Räume
dienen Torgin Traos als Gästezimmer. Momentan sind diese leer.
Stall
Die Belagerung
Die Gruppe, welche von Osung Obew auf
den Gelehrten angesetzt worden ist, trifft
kurz nach der Dämmerung dort ein. Die Assassinen und Diebe werden bis zum Abend
die Umgebung des Hauses auskundschaften
und dann zuschlagen. Sie haben nur eine
Nacht Zeit ihren Plan durchzuführen.
Die Angreifer
Auftrag und Motivation
Insgesamt belagern sechs Diebe, drei
Assassinen und ein Zauberer das Haus. Sie
haben von Osung Obew insgesamt 25 Gold
versprochen bekommen. Weiterhin dürfen
sie das Landhaus vollständig plündern. Nur
die Forschungsaufzeichnungen Torgin Traos
sollen in die Hände Osung Obews gelangen.
Anmerkung für den Spielleiter
Die Gruppe wird gegen die insgesamt zehn
Personen keine Chance in einem offenen
Kampf haben. Ihre einzige Möglichkeit ist
es, die Anzahl der Angreifer systematisch zu
reduzieren, daher ist es wahrscheinlich, dass
sich Charaktere im Haus verbarrikadieren.
Osung Obew möchte aber nicht, dass sein
Konkurrent getötet wird, da er sich nicht des
Mordes schuldig machen will. Die Diebe sollen nur das Forschungslabor verwüsten, die
Aufzeichnungen stehlen und dafür sorgen,
dass Torgin Traos den in Kürze stattfindenden Vortrag nicht halten kann.
Vorbereitungen
Der Stall verfügt über zwei Stallboxen, einen Schrank mit Trensen, Zuggeschirr usw.
sowie ein Box mit Trockenfutter für die Reitechsen.
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Die Belagerer haben von Osung Obew das
Haus beschreiben bekommen. Sie wissen
von der Lichtung, dem Wald und dem dichten Gestrüpp und werden zwei Reitechsen
mit sich führen, die Schaufeln und vor allem
Äxte mit sich tragen. Bis zu ihrem ersten Angriff werden die Belagerer das Unterholz im
Wald etwas lichten, so dass sie sich besser
und schneller bewegen können.
Anmerkung für den Spielleiter
Machen sie der Gruppe klar, dass sie unter
Belagerung steht. Lassen Sie die Charaktere
ab und zu einen Schatten sehen oder ungewöhnliche Geräusche hören.
Verhalten um das Haus
Während des Tages, bis zum Abend, werden sich die Belagerer einen Eindruck von
dem Haus zu machen.
Von den insgesamt zehn Belagerern werden drei immer das Haus und die Wege bewachen (der Zauberer beteiligt sich nicht an
der Beobachtung). Hierbei trägt jeder eine
Armbrust bei sich, mit denen er flüchtende
Personen unter Beschuss nehmen kann.
Die anderen befinden sich tiefer im Wald,
aber in der Nähe, so dass sie in spätestens
zwei Runden bei ihren Kollegen sein können.
Keiner der Belagerer wird sich ungeschützt
zeigen, sondern immer den Weg durch das
Gestrüpp wählen.
Tätigkeiten der Belagerer
zwischen den Angriffen
Nachdem die Belagerer wissen, dass Torgin Traos bewacht wird, wird der Zauberer
beginnen seine magische Kraft aufzuwenden
um einen schmalen Tunnel vom Wald zum
Keller hinein zu graben. Er nutzt dazu sein
Können in Erdmagie.
Die Diebe und Asssassinen werden in dieser Zeit versuchen, die Charaktere beschäftigt zu halten.
Heilung und besondere
Ausrüstung
Die Belagerer haben nicht mit großem Widerstand gerechnet. Sollte sich die Kampfkraft der Charaktere als stark erweisen, wird
einer der Diebe in die Stadt zurückreiten und
einen Teil der Vorauszahlung in Heiltränke investieren. Im Notfall wird auch der Zauberer
einen Verletzten heilen können.
Die Taktik der Belagerer
Die Angreifer werden alle Mittel einsetzen um der Gruppe zu schaden und sie zu
verwirren. Die werden drei große Angriffe
durchführen, zwischenrein aber immer wieder versuchen, die Gruppe mit kleinen Störmanövern aus der Ruhe zu bringen.
Anmerkung für den Spielleiter
Lassen Sie der Gruppe in der Nacht keine
Ruhe (vor allem nicht zum Regenerieren).
Versuchen Sie sie immer wieder zu verwirren
und anzugreifen.
Die drei Hauptangriffe
1. Attacke – Scheinangriff
Bis zum späten Abend werden die BelageSeite 96
ANDUIN 94
Die lange Nacht
rer das Haus beobachten und das Gelände
sondieren. In der Nacht starten die Assassinen und Diebe einen Scheinangriff, bei dem
sie die Qualität der Sicherungen am Haus
und die Stärke der Gruppe testen wollen. Sie
werden sich nicht lange mit den Charakteren
herumschlagen und sich bald wieder im Wald
verteilen um sich später zu sammeln.
Dieser Angriff wird direkt auf den Haupteingang und die Fenster im ersten Stock
erfolgen. Er ist absichtlich plump und durchschaubar.
2. Attacke – Ausschalten der
Gruppenmitglieder
Je ein Assassine und ein Dieb versuchen
auf die „klassische“ Art in das Haus einzudringen. Hierzu versuchen sie leise vorzugehen
und einzelne Gruppenmitglieder auszuschalten oder zumindest schwer zu verletzen. Je
nachdem wie die Sicherheitsvorkehrungen
und Wacheinteilungen der Gruppe sind, gelingt den Dieben dieses Vorhaben.
Dieser Angriff hängt davon ab, wie gut die
Charaktere das Haus sichern konnten. Beginnen wird dieser Angriff wieder mit einem
Ansturm auf den Haupteingang. Hierfür wird
der Zauberer seine Grabung kurz unterbrechen und ein oder zwei Erdelementare rufen,
die den Angriff übernehmen. Während dieser
Ablenkung versuchen der Assassine und der
Dieb über die Fenster im ersten Stock in das
Gebäude zu gelangen. Dabei werden sie es
nicht auf einen langen Kampf ankommen
lassen.
Anmerkung für den Spielleiter
Die Versuche einzelne Gruppenmitglieder
auszuschalten bzw. zu verletzten können
auch mehrmals durchgeführt werden. Wie
die Angreifer vorgehen hängt natürlich von
den Sicherheitsmaßnahmen der Charaktere
ab bzw. wie gut diese die Sicherheitsmaßnahmen verborgen haben.
Anmerkung für den Spielleiter
Sollten die Belagerer klar unterliegen, so
werden sie sich erneut zurückziehen und versuchen ihre letzte Chance beim Aufbruch in
die Stadt zu nutzen.
Kleinere Störungen
Die folgende Auflistung dient dazu zwischen den großen Angriffen die Gruppe auf
Trab zu halten.
Der Schuss aus dem Hinterhalt
An den seitlichen Fenstern werden sich
in den „ruhigen“ Momenten immer wieder
Assassinen im Unterholz verstecken, um unvorsichtige Charakter mit ihrer Armbrust zu
beschießen.
Scheiben einwerfen
Sollten die Charaktere nicht alle Fenster
verbarrikadieren, so werden die Belagerer
(meist zur Ablenkung) die eine oder andere
Scheibe einwerfen. Dies dient nicht dazu jemanden zu schädigen, sondern soll die Gruppe zermürben.
Feuer
Der Zauberer ist in der Lage eine kleine
Flamme zu erschaffen. Diese könnte er bspw.
durch ein offenes Fenster oder durch eine of-
fene Tür werfen und somit ein kleineres Feuer entfachen.
Taktische Tipps
Nutzen Sie Miniaturen, um den Standort
der Spielercharaktere, von Torgin Trao und
den Angreifern festzuhalten. Der Lageplan
des Hauses sollte immer vor den Spielern liegen. Auch der Spielleiter sollte die Pläne des
Hauses und der Umgebung bei sich liegen
haben, um auch die Belagerer mit Zinnminiaturen darstellen zu können.
Der Ritt in die Stadt
Mit den ersten Strahlen der Sonne muss
Torgin Trao aufbrechen. Sollten die Belagerer
bis dahin noch keinen Erfolg gehabt haben,
werden sie versuchen, ihn beim Ritt in die
vier Kilometer entfernte Stadt aufzuhalten.
Anmerkung für den Spielleiter
Torgin Trao ist kein guter Reiter. Er wird
weder ein hohes Tempo reiten können, noch
wird er seine Reitechse gut durch den stellenweise dichten Wald lenken können.
Mit Reittieren
Die Belagerer haben nicht damit gerechnet, dass sie mit ihrer Mission scheitern
könnten. Aus diesem Grund haben sie weder
3. Attacke – der finale Angriff
Kurz vor dem Morgengrauen haben die
Diebe die letzte Chance Torgin Trao aufzuhalten und die Forschungen zu sabotieren.
Der Tunnel des Zauberers ist fertig gestellt
und endet genau unter dem Keller. Dann erfolgt der Angriff an drei Fronten.
Zuerst erschafft der Zauberer einen Erdoder Feuerelementar im (z.B. Raum 7 oder
9). Im gleichen Moment werden drei Belagerer auf der anderen Seite des Hauses, die
vermeintlich schwächste Tür bzw. Fenster,
mit einem kleineren Baumstamm einbrechen
und in das Haus eindringen. Die restlichen Belagerer dringen durch den fertig gegrabenen
Tunnel, der im Gang des Kellers endet.
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ANDUIN 94
Die lange Nacht
Fanzines haben eine lange Tradition und es gibt sie für
nahezu jedes Themengebiet. Auch die Rollenspielszene
wurde und wird von diesen Magazinen, die von Fans für
Fans gemacht werden, bereichert. Einige der Fanzines sind
längst verschollen und nahezu vergessen, andere haben
die Jahre überdauert und werden immer noch veröffentlicht und einige neue Magazine sind auch in jüngerer Zeit
hinzugekommen.
Um eine Übersicht über die verschiedenen Zines, angefangen von Loseblattsammlungen, über kopierte und
handgetackerte Hefte, in Hochglanz gedruckte Magazine
die Reitechse des Gelehrten gestohlen, noch
verfügen sie selbst über genügend Reittiere
– insgesamt haben sie nur zwei Reitechsen
mitgeführt. Die besten Reiter sind die Assassinen und der Zauberer.
Anmerkung für den Spielleiter
Gestalten Sie die Flucht in die Stadt spannend. Die Belagerer werden zu allen Mitteln
greifen, um das Fortkommen von Torgin Trao
zu verhindern. In ihrer Verzweiflung versuchen sie auch den Gelehrten oder seine Echse anzuschießen.
Flucht ohne Reittiere?
Natürlich können sie die Flucht in die Stadt
noch weiter erschweren, in dem sie die Reittiere von Torgin Trao bzw. den Charakteren
verschwinden lassen, so dass der Gruppe
nichts anderes übrig bleibt als zu Fuß zu fliehen.
Auch besteht die Möglichkeit, dass die
Charaktere keine Reittiere bei sich haben
und den Gelehrten zu Fuß in die Stadt bringen müssen.
Das Ende
Vor den Toren der Stadt angekommen,
werden die Belagerer aufgeben und sich zurückziehen. Torgin Trao kann seinen Vortrag
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
bis hin zu Blogs und eZines, haben wir die Seite www.rpg-
zines.de geschaffen.
Noch ist die Auswahl auf im Internet verfügbare Fanzines beschränkt, doch soll die Sammlung nach und nach erweitert werden. Schaut einfach mal vorbei, denn es lohnt
sich – tonnenweise Rollenspielartikel und Abenteuer warten auf Euch.
Zudem sind wir auf Eure Unterstützung angewiesen. Erinnert Ihr Euch noch an bestimmte Fanzines, die wir noch
nicht aufgeführt haben? Dann schickt uns doch eine kurze
Mail – Kontaktdaten findet Ihr auf der Homepage. 
halten, der auch ein voller Erfolg wird. Nach
dem Vortrag erhält die Gruppe die versprochene Belohnung.
Anhang
Torgin Trao
Torgin Trao ist Forscher auf dem Gebiet der
Naturwissenschaften. Der Mensch ist 54 Jahre alt, 1,70m groß und wiegt 64 kg. Er hat lange braune Haare und einen dunklen Vollbart,
der spitz nach unten zuläuft.
Er trägt eine Brille mit dicken Gläsern, ohne
die er fast blind ist. Er ist außerdem etwas
schwerhörig. Seine Kleidung weist ihn als einen wohlhabenden Mann aus, auch wenn er
bei der Kombination von Farben nicht immer
eine gute Hand hat.
Assasinen
Die drei Assassinen sind menschlicher Herkunft und sehr erfahren. Sie versuchen unter
allen Umständen diesen Auftrag auszuführen, da es sie unbedingt das Landhaus plündern wollen. Sie sind zwar vorsichtig, aber
auch grausam und skrupellos.
Die Assassinen haben keine besonderen
oder magischen Ausrüstungsgegenstände.
Diebe
Die sechs menschlichen Diebe und wurden
wegen ihrer Erfahrung von der Gilde ausgewählt. Sie sind hoch motiviert den Auftrag
auszuführen, da auch sie das Landhaus plündern möchten. Die Diebe gehen zwar vorsichtig vor, sind aber brutal und rücksichtslos.
Die Diebe haben keine besonderen oder
magischen Ausrüstungsgegenstände.
Zauberer
Der Zauberer hat nach Abschluss seine Ausbildung die Magiergilde verlassen und wurde
Mitglied der Diebesgilde. Er ist 38 Jahre alt,
1,71m groß und wiegt 93 kg. Der Mensch hat
dunkle Haare, eine Halbglatze und ist durch
sein Übergewicht recht träge.
Er hat seine Zauberfertigkeiten zwar weiterentwickelt, eignete sich aber auch grundlegende Diebestalente an und wird daher
von der Gilde als Unterstützung für schwierige Aufträge herangezogen. Der Zauberer ist
gierig, skrupellos aber auch feige und flieht
vor jedem Kampf. Trotzdem ist er der Anführer dieses Angriffs.
Der Zauberer verfügt über einen Ring an
welchem zwei Runen angebracht sind. Diese
bewahren einen mittleren Heilzauber und einen Regenerationszauber. 
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Das Erwachen
DAS ERWACHEN
EINE KURZGESCHICHTE AUS DER WELT DER DUNKELHEIT
TEXT: CHRISTIAN DORFNER
ÜBERSETZUNG: PETI HEINIG
ILLUSTRATION: PATRICK KOHTZ
Es war 3:30 morgens und Rick war auf dem
Weg nach Hause. Die Stadt summte immer
noch vor Leben, und viele Nachtschwärmer
versuchten nach einer durchzechten Freitagnacht angetrunken ein Taxi heranzuwinken.
„Ha, habe ich ein Glück“ dachte er „Als Türsteher bei einem Nachtclub bin ich nüchtern
wie ein Richter und muss trotzdem um ein
Taxi kämpfen um nach Hause zu kommen. Ich
muss mir endlich ´n eigenes Auto zulegen!“
Er überquerte die Straße und begann den
Hügel hinaufzugehen, weg von den hell erleuchteten Straßen und den vielen Leuten.
Um die Ecke herum gab es eine Stelle, an
dem er der Masse entgehen und ein Taxi bekommen konnte. Es war eine warme Nacht
und Rick begann in seinem schwarzen Anzug
zu schwitzen. Er nannte ihn den Ninja-Anzug.
Er fand, dass er in dem Anzug gleichzeitig seriös und dennoch im Club bedrohlich aussah,
und zudem schlecht zu sehen war – gut um
an Unruhestifter heran zu kommen. Ah, die
frische Luft tat gut nach der verqualmten
Luft im Club. Seine kräftigen Beine trugen ihn
ohne Mühe den steilen Berg hinauf.
Als er sich der Kuppe näherte, hörte er erhobene Stimmen in der Nähe einer Straßenlaterne. Auf dem Seitenstreifen waren zwei
Pärchen im Scheinwerferlicht eines Taxis zu
sehen. Sie wurden immer wieder vom Blinklicht des Taxis in ein surreales gelbes Licht
getaucht. Rick verlangsamte seine Schritte,
um zu sehen was los war. Er blieb im unbeleuchteten Bereich der Straße.
Wie viele Herzschläge würden wohl vergehen bis sie weg wären, fragte sich Rick. Gorilla Eins und Zwei benannte er sie automatisch.
Zwei große Kerle, wahrscheinlich betrunken,
und zwei leidende Freundinnen.
„Hey wir waren hier zuerst. Das ist unser
Taxi,“ sagte Gorilla Eins.
Der andere Mann starrte einfach nur finster zurück und öffnete die hintere Türe.
„Hände weg! Helen! Steig ein!“ schrie Gorilla Nummer Eins.
Mit einem verächtlichen Blick schubste Gorilla Zwei Helen zur Seite, sie stolperte und
fiel auf den Gehsteig.
„Oh verdammt. Das ist nicht meine Sache“,
dachte Rick als er sich schnell auf die Szene
zu bewegte.
Gorilla Eins wollte gerade losschlagen als
Rick von hinten ankam. Er legte ihm eine
mächtige Hand auf die linke Schulter und
griff den rechten Arm am Ellbogen. Gorilla
Zwei schlug mit einem primitiven Lächeln im
Gesicht zu, nur um auf Ricks rechten Ellbogen zu treffen. KRACK! Gorilla Zwei begann zu
schreien, sein Gesicht war schmerzverzerrt.
Er stolperte rückwärts, um seine gequetschte Hand zusammengekrümmt. Gorilla Eins
versuchte sich freizukämpfen, aber so groß
er auch war, Rick war noch größer und um
einiges stärker. „Beruhige dich, ich lasse dich
jetzt los. Warum nimmst du mit deinem Mädchen nicht das Taxi? Ich mag Männer nicht
die Frauen schlagen.“ Verstört aber triumphierend grinste der Mann Rick an, als er und
Helen in das Taxi stiegen.
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Das Erwachen
„Wo war das andere Mädchen hin?“ Rick
drehte sich herum um nach ihr zu sehen. Ein
heller Blitz zuckte hinter seinen Augenliedern
auf und er fand sich mit dem Gesicht nach unten auf dem Gehsteig wieder. Schmerzen begannen sich breit zu machen. „Oh du meine
Güte, mit was hat sie da auf mich eingeschlagen. Er versuchte sich hochzukämpfen, den
Geschmack von Blut im Mund. Seinen Kopf
wendend hörte er das Taxi mit quietschenden Reifen anhalten. Es war etwas mit seinem
Sehvermögen nicht in Ordnung. Er fühlte sich
seltsam… krank, und irgendwie zu groß für
seinen Körper. Alles war verschwommen,
er konnte nicht fokussieren und alles schien
in ein rotes Licht getaucht. Der Kerl mit der
verletzten Hand stand neben Rick, seine
Füße wiesen in Richtung des haltenden Taxis.
„Wow, sogar seine Schuhe sind rot“, dachte
Rick. In seinem Kopf drehte sich alles. „Weg
vom Boden bevor er dich tritt“, schalt er sich
selbst als er sich in die Hocke hochkämpfte.
Helens Freund war aus dem Taxi gestiegen
und rief irgend etwas, aber Rick konnte ihn
nicht richtig verstehen, das Blut in seinen Ohren rauschte zu laut. Rauschen? Klingt mehr
wie Dröhnen. Er schüttelte seinen Kopf, versuchte ihn frei zu bekommen. Der stechende
Kopfschmerz, den er erwartet hatte, kam
nicht. „Was zum Teufel?“
Helen war nun auch ausgestiegen und versuchte ihren Freund am Arm wieder in das
Taxi zu ziehen. Rick sah hoch, und fiel auf seinen Hintern. Vor ihm war der Kerl mit der gebrochenen Hand, aber anstatt sie schützend
an der Brust zu bergen hing sie schlaff an seiner Seite, ein totes Gewicht. Und sein ganzer
Körper glühte rot. Ein teuflisches, boshaftes
rot, wie Blut. „Das kann auf keinen Fall real
sein“, dachte Rick. Sein Herz hämmerte, sein
Mund war plötzlich ganz trocken. „Ich sehe
doppelt, das wird es sein. Der Schlag auf dem
Kopf den mir das Mädchen verpaßt hat mich
fertig gemacht!“
Aber sein Kopf tat nicht weh. Rick krabbelte rückwärts, ohne den rauhen Asphalt unter
seinen Händen zu spüren. Er spürte wie die
rote Figur auf ihn herab blickte, aber durch
eine Art Hitzeflimmern sah er dass die eigentliche Person sich nicht bewegt hatte, Gorilla
Zwei stand da wie tot und starrte auf das andere Pärchen.
„Nein,“ keuchte Rick. Sein Atem wurde in
der Luft sichtbar. Seine Körper war überzogen von Gänsehaut. „Es ist kalt. Wie kann es
kalt sein?“ Helens Freund half Rick auf und
sagte etwas, aber Rick konnte es nicht richtig
verstehen. Der Mann klang einfach nur verärgert. „Wie kann es sein, dass er keine Angst
hat?“ Und das Dröhnen in Ricks Ohren… es
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wurde lauter. Der glühende Man hatte sich
nicht verändert, er starrte immer noch, verbreitete Boshaftigkeit. Dann hob er langsam
seine verletzte Hand an und deutete auf Rick
und den anderen.
Was Rick dann sah würde er nie wieder vergessen.
Das blutrote Glühen um den Arm begann
sich zu verändern, so als würden schwarze
Blasen entstehen, aufplatzend wie Eiterbeulen, zehn, zwanzig, hunderte, tausende
schwarzer Beulen die eine schwarzen Schleim
absonderten. Dennoch konnte Rick durch
diese Masse hindurch sehen und erkennen,
dass der Arm sich nicht verändert hatte.
Rick wurde immer noch langsam auf die
Beine gezogen. „Kann dieser Kerl nicht sehen was gerade passiert?“
Dann dämmerte es ihm. „Nein kann er
nicht. Nur ich kann das. Ich werde verrück!“
Das Dröhnen ließ nach. Zu seinem Horror
begann es wie zischende Stimmen zu klingen,
die ihm Worte des Todes ins Ohr flüsterten.
Rick fühlte wie seine Unterlippe zu zittern begann, und spürte einen irrationalen Drang zu
weinen und gleichzeitig zu gähnen.
Der schwarze Schleim aus den Eiterbeulen
formte sich zu etwas wie einer Tentakel. Es
schlug an Rick vorbei und sein Helfer begann
zu taumeln. Rick zuckte zur Seite. Es war in
den Bauch des Mannes eingedrungen. Erst da
merkte er, dass der Kerl hinter ihm eine weiße
Aura um sich hatte die rapide abnahm während er zu sah. Der schwarze Schleim schien
sie aufzusaugen. Der Mann hatte einen verstörten Gesichtsausdruck, eine Mischung aus
Schmerz und Verständnislosigkeit. Rick fing
den taumelnden Mann instinktiv auf, hielt ihn
aufrecht, und drehte sich, um Gorilla Zwei anzustarren. Er wollte verstehen.
Der hatte seinen Kopf in den Nacken gelegt, entweder aus Schmerz oder Ekstase,
Rick konnte es nicht erkennen. Die Myriaden
von Stimmen wurden lauter.
„Das kann nicht passieren.,“ dachte er.
Die schwarze Tentakel wurde dicker.
„Das geht nicht.“
Kalte Schauer überliefen Rick.
Er hielt seinen Atem an.
„Das geht nicht.“
Dann blickte ihm die Kreatur in die Augen…
und lächelte.
„NEIN!“
Mit jeder Faser seines Körpers versuchte
Rick dieser glühenden Kreatur seinen Widerstand entgegen zu schleudern. Er sah von ir-
gendwo ein helles Licht auf sie einschlagen,
und das blutrote Glühen begann nachzulassen, die schwarze Tentakel begann sich aufzulösen. Der Mann selbst trat einen Schritt
zurück als wäre er getreten worden. Der
schwarze Schleim begann sich auf seinem
Arm neu zu formen. Wieder sammelte sich
Rick und schleuderte der Kreatur seinen Widerstand, seinen Horror und seinen Abscheu
entgegen. Wider tauchte das helle Licht auf
und schlug auf die Kreatur ein. Wieder und
wieder griff Rick an das Glühen wurde schwächer, er wußte nicht warum oder wie, er wußte nur, dass er nicht aufhören durfte. Endlich
war die blutige Aura verschwunden und der
Mann lag zusammengesunken auf dem Boden, das Zischen ließ nach.
„Mann, ich dachte gerade, mir würde
schlecht werden.“
Rick drehte sich um. Der andere Kerl hatte
eine Hand auf seinen Magen gelegt, lächelte
schwach, kaum sichtbar in der Dunkelheit. Er
fuhr fort „Was verdammt noch mal ist dem
Idioten denn passiert? Im einen Moment
zeigt er auf mich, im nächsten beschließt er
ein Schläfchen auf dem Boden zu halten! Er
ist in Ordnung, oder?“
„Er hat nichts mitbekommen,“ dachte Rick
zitternd. Gar nichts. „Aber wo ist denn das
andere Mädchen?“
„Mädchen?“ Welches andere Mädchen?“
Rick hatte nicht gemerkt, dass er laut gesprochen hatte.
„Da war kein anderes Mädchen, nur Helen.“
Ganz leise hörte Rick die zischenden Stimmen noch einmal bevor sie ganz verstummten.
„Wir haben dich gezeichnet. Wir werden
dich finden. Wir werden uns an deiner Seele
laben..“
 
Es dämmerte, nur ein paar Stunden nach
dem „Zwischenfall“. Helens Freund hatte nach dem anderen Mann gesehen. Rick
konnte sich nicht dazu überwinden ihn zu
berühren. Ein Krankenwagen war gerufen
worden. Die Sanitäter diagnostizierten eine
gebrochene Hand, aber sonst keine weiteren
offensichtlichen Verletzungen. Seine Bewußtlosigkeit erklärten sie durch exzessiven Alkoholgenuss, aber nahmen ihn zur Sicherheit
mit ins Krankenhaus. Rick nahm das nächste
Taxi nach Hause.
Er fühlte sich wie betäubt.; alles war so unreal. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern
wie er nach Hause gekommen war. Dunkel
war ihm bewußt, dass er stundenlang auf seiSeite 100
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Das Erwachen
nem Bett gelegen und die Decke angestarrt
hatte. Alle Lichter in seiner Wohnung waren
an. Sein Fernseher plärrte. Eine Werbesendung versuchte ihn davon zu überzeugen
Teile seines Magens entfernen zu lassen.“ Ich
denke ich sollte alles ausschalten… die Sonne kommt. Gott bin ich müde.“
Stimme, „Darf ich mich setzten?“
Seine Augenlieder fielen zu, nur um gleich
wieder auf zu springen. Er wollte diese Bilder
nicht sehen müssen. Hatte er dieses Ding
wirklich gesehen? War das wirklich geschehen? Seine Gedanken drehten sich immer
wieder im Kreis. Er beschloß zu duschen, hatte dabei aber Probleme sein Gesicht zu waschen. Er wollte seine Augen nicht schließen.
Er ging das Problem Seife an, in dem er nur
jeweils ein Auge schloß. „Was zum Henker
mache ich denn da?“
„Kein Problem.“ Rick las im Immobilienteil
einen Artikel über Ferienhäuser. Es würde
ihm gefallen in ein Haus am Strand zu ziehen.
Mit einem Garten. Das wäre nett. Er konnte
beinahe die frische Seebriese spüren. Wie die
Luft aus einem geöffneten Kühlschrank.
Er hatte keinen Hunger, machte sich aber
dennoch ein Frühstück. Eier und Speck. Sehr
fettig. Sehr lecker. Normales Essen für eine
normale Person. Er merkte, dass er ausgehungert war und schlang das Essen mit Hilfe
von Orangensaft und einem Kaffee in sich hinein. Er begann sich besser zu fühlen.
„Was kommt jetzt? Die Zeitung holen und
nach der Post sehen. Sehen was draußen los
ist.“
Rick verließ seine winzige Zweizimmerwohnung, ging die Treppe runter und trat
auf eine ruhige Vorortstraße. Es waren viele
Leute unterwegs die den sonnigen, warmen
Morgen genossen. Einige Jogger, eine alte
Frau die ihren Pudel Gassi führte, ein Kind
auf einem Fahrrad. Keine Auren, kein rotes
Monster. „Viel Besser!“
Zum Laden war es ein Spaziergang von
etwa 10 Minuten, und Rick bemerkte, dass er
sich wünschte der Weg wäre länger. Er kaufte die Zeitung und klemmte sie sich unter den
Arm. Er wollte noch nicht in seine Wohnung
zurück, daher schlug er den Weg zum Park
ein. Er konnte sich genau so gut in die Sonne
setzen und lesen, dachte er.
Der Weg zum Park war länger als der zum
Laden, ihm war warm geworden als er endlich eine freie Bank in der Sonne fand. Er
überprüfte die Bank auf Vogelmist bevor er
sich niederließ und die Zeitung auseinanderfaltete. Er sah sich kurz um. Kinder spielten
Fußball, ein alter Chinese machte Tai Chi,
ein junges Pärchen spielte mit einer Frisbee,
mehrere Leute führten ihre Hunde aus. Rick
fand die Hintergrundgeräusche beruhigend.
Normal. Er wandte sich der Zeitung zu. Wie
immer war die erste Seite voller unangenehmer Nachrichten. Er blätterte zu der angenehmeren Wochenendbeilage.
„Entschuldigung,“ erklang eine zitternde
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Es war eine Frau, alt genug um seine Großmutter zu sein.
„Sicher,“ sagte Rick, und rutschte automatisch zur Seite um Platz zu machen.
„Danke junger Mann. Ich bin recht müde.“
Etwas stupste ihn am Fuß. Es war ein Hund.
Ein Pudel. Seine Augen folgten der Leine bis
zu der Hand der alten Dame. Sie saß immer
noch da. Etwas mit ihren Augen stimmte
nicht. Sie waren komplett schwarz, nichts
weißes war zu sehen.
„Hast du geglaubt du wärst uns entkommen?“
Rick sprang panisch auf. Nein! Er saß immer
noch da. Wie versteinert. Er konnte sich nicht
bewegen. Seine Augen waren auf die der alten Dame geheftet.
„Ah, so jung. So frisch. So… unerfahren.“
Rick schrie innerlich auf. Ein Wimmern entwischte seiner Kehle.
„Ein spontanes Erwachen. Sehr interessant. Sehr lecker.“
Sie lispelte, dachte Rick aufgekratzt.
„Komm mit mir junger Mann.“ Sie stand
auf. Ihr Hund erhob sich geräuschlos um bei
Fuß zu stehen. Rick stand auch auf und folgte
ihr wie ferngesteuert als sie los ging. Sie blieb
stehen. Rick wäre beinahe in sie hineingelaufen. Jemand blockierte ihren Weg.
„Las ihn frei.“
Es war der alte Chinese. Er war sogar noch
kleiner als die alte Dame. Der Hund ließ ein
dunkles Knurren vernehmen. Zu tief für seine
kleine Kehle.
„Laß ihn frei.“
Rick sah das Bild vor sich flimmern, wie
eine Fatamorgana. Die alte Dame begann
sich zu verwandeln, es sah so aus als würde
sie etwas auf dem Rücken tragen… einen
Rucksack… oder Lederschwingen.
Sie schrie irgend etwas. Zu viele Stimmen
drangen aus ihrer Kehle. Es sah so aus als
würde sie schwarzen Raus ausatmen. Rick
schloß seine Augen als der Chinese so aussah als würde er wachsen und heller werden.
„Zu hell.“ Er begann geblendet zu werden. Er
versuchte verzweifelt stehen zu bleiben als
heftige Windstöße die kein wirklicher Wind
waren drohten ihn in die Luft zu wehen. Er
konnte nicht atmen. Seine Haut brannte. Er
fühlte sich als würde er am Rand eines Abgrundes stehen und sein Gleichgewicht verlieren. Er weinte und es war ihm scheißegal.
„Heilige Maria, Mutter Gottes, bete für uns
Sünder…“
Es war vorbei. Es war als wären Stunden
vergangen, aber es können nur Sekunden
gewesen sein.
„Mach die Augen auf.“
Er lag auf seinem Rücken, im Gras. Er öffnete langsam seine Augen und blickte in
das freundliche Gesicht des Chinesen dessen schwarze Augen zwinkerten. Schwarze
Augen mit weißen Augäpfeln drumherum.
„Gott sei Dank.“
„Wo ist es hin? Was zum Henker ist passiert?“
„Es ist weg. Und das ist gut so. Die Hölle
war los.“
„Was?“
„Die Hölle. Setzt dich auf und ich werde es
dir erklären so gut ich kann. Aber du wirst es
nicht hören wollen.“
Er hatte keinen Chinesischen Akzent. „Kein
der Hell bekommt geblatenen Leis!.“ Kicherte Rick in sich hinein.
„Für jemanden der fast von einem Seelenfresser verschlungen worden wäre bist du
sehr dreist.“
Rick wurde sofort ernst.
„Ist es das was es war? Diese alte Dame?“
„Das war keine alte Dame,“ erwiderte der
Chinese. Zum ersten Mal bemerkte Rick die
Ringe unter den Augen des Mannes. Der
Mann legte sich neben ihn ins Gras. Fiel neben ihn, eher gesagt.
„Wir haben vor ein paar Stunden von dir
gehört. Wir haben gefühlt wie jemand den
Äther erschüttert hat als würde er versuchen
die Säulen des Himmels einzureißen.“
„Du meinst letzte Nacht… als…“ Rick
konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen.
„Ja. Du bist in den Äther vorgestoßen,
in das was manche Leute als Astralebene
bezeichnen. Es war als würde ein Felsen in
einen bis dahin stillen See geschleudert werden. Du hast eine menge Wellen verursacht,
Sohn – einen richtigen Platscher.“ Er machte
eine kurze Pause und fuhr dann aufgeregt
fort, „Ein spontanes Erwachen! Das ist schon
seit einer langen Zeit nicht mehr vorgekommen.“
Da war es wieder. „Ein spontanes was?“
Der Chinese schüttelte seinen Kopf. Rick
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Das Erwachen
bemerkte, dass er fast ganz kahl war, nur
noch ein paar Strähnen weißen Haares waren
übrig. Er sah alt aus.
„Ich habe dich gewarnt. Es wird dir nicht
gefallen. Aber du hast keine Wahl. Nicht wirklich.“
„Hör zu, ich bin ein ganz normaler Kerl...
ich muss…“
„Du musst mir zu hören.“ Plötzlich war die
Stärke in seine Stimme zurückgekehrt, wie
vorhin bevor er angefangen hat zu stark zu
leuchten. „Sohn, als du mitten in der Nacht
den Äther erschüttert hast, hast du viel Aufmerksamkeit auf die gelenkt. Manche davon
gute, aber zum Großteil schlechte. Ich bin einer von den Guten. Ich war dir am nächsten,
und ich bin ausgeschickt worden um dich zu
finden. Unglücklicherweise haben sie dich zuerst gefunden.“
Nach einer Pause, die sich Rick nicht zu unterbrechen traute, fuhr der Mann fort.
„Es gibt nur wenige von uns, die solche Dinge wie du tun können. Besondere Dinge. Mit
Übung können wir recht mächtig werden,
aber unser Feind ist uns zahlenmäßig weit
überlegen. Eins zu eins scheinen wir stärker
zu sein, aber sie fressen in Rudeln.“
„Fressen?“
Der Chinese sah ihm in die Augen.
„Fressen. Sie fressen Seelen.“
„Seelen. Du hast sie Seelenfresser genannt.“
„Seelen, Lebenskraft, wie auch immer du
es nennen willst, sie fressen es. Wenn du
Glück hast stirbst du. Wenn nicht…wirst du
einer von ihnen.“
„Letzte Nacht… da war ein Mann. Er hat
sich seltsam benommen.“
„Als du den Äther erschüttert hast?“
„Ja, also ich glaube…“ Rick wußte nicht
was er glaubte.
„Sprich weiter.“
„Er hat jemanden angegriffen. Also habe
ich den verteidigt. Irgendwie.“
„Und…“
„Danach lag er auf dem Boden. Aber er hat
nicht mehr… geglüht.“
Die Augen des Chinesen blickten verwundert. „Du meinst dieser Kerl war besessen
und es ist dir gelungen ihn zu befreien?“
„Ich habe ihn befreit?“
„Wenn ich dich richtig verstehe, ja. Du bist
auf einen Besessenen getroffen und hast es
geschafft einen Exorzismus an ihm vorzunehmen. Untrainiert! Du bist ein größeres Talent
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als ich dachte. Du hast dich im Äther aufgeführt wie ein Elefant im Porzelanladen. Mir
war klar dass du stark bist, aber du hast noch
keine Finesse.“
Rick war übel. Das konnte alles nicht geschehen.
„Sohn, es zu verleugnen wird dir nicht helfen. Du musst eine Entscheidung treffen. So,
kannst du aufstehen?“
Rick konnte.
„Dann hilf mir auf. Ich bin ein alter Mann.“
Rick zog ihn hoch. Sein Kopf reichte ihm
nur bis zur Brust.
„Bewerte mich nicht nach meiner Größe,
Junge.“
Rick sah sich um. Da waren immer noch
Kinder die Fußball spielten, Leute die joggten oder auf dem Fahrrad fuhren. Alle waren
noch da. Alle außer… diese Dinger. Sein Gehirn wollte sich nicht daran erinnern.
„Der größte Teil des Kampfes ist im Äther
geschehen. Manche feinfühligen Personen
können etwas spüren, aber nur die Erwachten sehen wirklich was passiert. So wie du.“
Rick fühlte sich schwach. Seine Knie wurden weich.
„Wie heißt du?“
„Was?“ Der Alte stützte ihn. Sein Griff war
stark. Ricks Stand wurde wieder fester.
„Wie heißt du, Sohn?“
„Rick,“ antwortete er. „Hm, vielleicht hätte ich dir meinen Namen nicht nennen sollen?
Ich habe irgendwo gelesen, dass das anderen Leuten Macht über einen gibt?“ Er redete
Mist und wußte es.
„Tja Rick,“ der Mann grinste, „diese kleine
alte Dame hat deinen Namen nicht benötigt
um dich dazu zu bringen ihr wie ein kleiner
Hund zu folgen, oder?“
„Äh, stimmt.“
„Rick, mein Name ist Joe. Das ist mein
westlicher Name. Meinen richtigen Namen
könntest du nicht richtig aussprechen.“
„Joe?“
„Ja. Joe. Nun wird dich der alte Joe vor
eine Wahl stellen, da man nie Leute zu etwas
zwingen sollte. Es ist nicht recht und es ist gegen unseren KODEX.“
es eben tun, oder du kannst dein Leben so
wie bisher weiterführen und dich auf dein
Glück verlassen.“
„Mich ausbilden?“
„Dich im Umgang mit deinen erwachten
Kräften trainieren. Aber mit dem Training
kommt auch Verantwortung auf dich zu. Sehr
große Verantwortung. Wir existieren um die
Kreaturen der Hölle zu bekämpfen, und das
ist definitiv keine schöne Sache. Es ist ein FullTime-Job. Es ist undankbar. Du wirst die meiste Zeit über fürchterliche Angst haben und
wahrscheinlich endet die Sache tödlich für
dich, oder schlimmer. Und wenn du abfällst
werden wir dich selbst jagen.“
„Abfallen?“
„Es ist verlockend, sehr verlockend diese
Macht zu missbrauchen. Das wirst du sehen,
egal ob du mit mir kommst oder nicht.“
Rick stand ruhig da und dachte nach.
„Und?“ sagte Joe. „Wenn wir hier noch länger herumstehen taucht vielleicht wieder etwas auf und ich bin immer noch vom letzten
Kampf erschöpft.“
„Also werde ich eine Art Superheld?“
„Superhelden haben Fanclubs, Rick. Wir?
Nein. Wir kämpfen um die Schwachen und
Unschuldigen zu beschützen, aber wir müssen das im Geheimen tun. Ruhm würde uns
umbringen. Wir kämpfen im Dunklen.“
„Das war gerade am hellichten Tag.“
„Aber keiner hat etwas gesehen.“
„Keiner,“ Rick machte eine Pause. „Keiner
hat etwas gesehen.“ Nach einer langen Pause schlich sich ein Lächeln auf Ricks Gesicht.
„Wie sieht es mit Geld aus?“
Joes Gesicht verfinsterte sich.
„Nein, versteh mich nicht falsch. Wie zahlen wir für Essen? Die Miete? Den Strom?“
„Ah,“ Joe lächelte. „Meine Fresse ist der
undurchschaubar,“ dachte Rick. „Joe ist ein
guter Kerl.“
„Mach dir darüber keine Gedanken, Rick.
Es ist auch zu etwas gut einer der Erwachten
zu sein. Mach dir darüber keine Sorgen.“
„Welche Wahl?“ Rick fühlte sich ängstlich
aber seltsamer Weise auch voller Hoffnung.
„Ja dann. Joe? Ich arbeite im Sicherheitsbereich. Ich wollte immer ein Polizist werden,
aber ich kam mit dem ganzen Bürokram nicht
klar. So wie es aussieht werde doch noch als
eine Art Polizist enden?“
„Du kannst dich von uns ausbilden lassen,
und wir werden dich beschützen so wie wir
„Rick, du hast absolut recht. Jetzt lass uns
gehen. Wir müssen hier weg.“ 
Rick hörte die Großbuchstaben förmlich als
Joe „Kodex“ sagte.
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Rezensionen
Die Kutschfahrt
zur Teufelsburg
TEXT: TOMMY HEINIG
In einer Kutsche
sitzen die Mitglieder von zwei Geheimgesellschaften
auf Reise – namentlich der Bruderschaft der wahren Lügen und des Ordens der
offenen Geheimnisse. Sie sind unterwegs zu
einem Treffen auf der Teufelburg, doch wäre
es von Vorteil, schon auf der Reise dorthin zu
erfahren wer die eigenen Verbündeten sind
und sich einen Vorteil gegenüber den Gegnern zu verschaffen.
Die drei bis zehn Spieler bekommen vor
Spielbeginn je eine Karte mit einer schön
gezeichneten Illustration ihres Spielcharakters und eine Berufkarte, die ihnen eine
Sonderfertigkeit verleiht – manche nur einmal einzusetzen, andere beständig. Dazu
gesellt sich noch eine Karte, auf der die Geheimgesellschaft des Spielers genannt wird.
Bei Spielrunden mit gerader Spieleranzahl
wird es von jeder der beiden Gesellschaften
gleich viele Mitglieder geben, bei ungerader
Spieleranzahl wird der Nachteil der unterlegenen Gesellschaft durch andere besondere
Karten ausgeglichen, die zusätzlich ins Spiel
kommen.
Nun kennt keiner der Spieler die Gesellschaft oder den Beruf eines anderen Spielers. Ziel aber ist es, herauszufinden wer
einem freundlich gesinnt ist und mit diesen
Verbündeten gemeinsam drei Schlüssel (Orden) bzw. drei Kelche (Bruderschaft) zu sammeln. Erst wenn einer der Spieler sicher ist,
wer seine Verbündeten sind und wer die zum
Sieg benötigten Gegenstände besitzt, sollte
dieser laut den Sieg verkünden und seine
Erkenntnisse laut vortragen. Liegt er damit
richtig, so hat seine Gesellschaft das Spiel gewonnen. Liegt er aber falsch, so gewinnt die
Gegenseite.
Reihum kann nun jeder Spieler eine von
vier Aktion durchführen: Passen, Angreifen,
Tauschen oder den Sieg erklären. Der Angriff
wird ausgeführt indem man seine Charakterkarte mit der Angriffseite offen auf den Tisch
legt und erklärt, wer das Ziel des Angriffs sein
soll. Der Angegriffene legt nun seine Charakterkarte mit der Verteidigungsseite nach
oben ebenfalls auf den Tisch. Der Reihe nach
dürfen die anderen Spieler Partei für den Angreifer oder Verteidiger ergreifen und zeigen
dies ebenfalls durch ihre Charakterkarten an.
Anschließend kann durch bestimmte Gegenstandskarten oder Berufe das Ergebnis noch
beeinflusst werden. Der Gewinner darf sich
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nun entweder Beruf und Gesellschaft des
Unterlegenen ansehen oder ihm einen Gegenstand seiner Wahl stehlen. Die unterstützenden Spieler gehen leer aus.
Beim Tausch bietet man einem Spieler eine
seiner Gegenstandskarten an. Der Tauschpartner kann nun entweder dem Tausch zustimmen und eine seiner Gegenstandskarten
im Tausch zurückgeben oder den Tausch ablehnen. Viele Gegenstandskarten lösen beim
Tausch eine Sonderaktion aus, wie etwa das
Nachziehen eines neuen Gegenstands.
Nach etlichen Runden sollten die Spieler
langsam Wissen darüber erlangen, welcher
Spieler in welcher Gesellschaft ist, und wichtige Gegenstände gesammelt haben. Das Spiel
kann jederzeit von einem Spieler dadurch beendet werden, dass er für seine Gesellschaft
den Sieg beansprucht.
Durch die verschiedenen Berufe und Gegenstände kommen Abwechslung und taktische Möglichkeiten in das Spiel und durch
geschicktes Ausnutzen der Kartenfähigkeiten kann man versuchen, die Gegenseite zu
täuschen und den eigenen Mitspielern Hinweise zu geben.
Die Karten sind hübsch illustriert und von
guter Qualität. Dem Spiel legt neben der
deutschsprachigen auch eine englische Anleitung bei und auch auf den Spielkarten ist der
Text sowohl auf deutsch als auch auf englisch
abgedruckt. Doch bei aller Schönheit könnte
die Aussagekraft der Karten noch etwas verbessert werden, zum Beispiel durch größere
Symbole für Angriff oder Verteidigung auf
den Charakterkarten, denn bei großen Spielrunden hatten einige Spieler Probleme damit
die Symbole zu erkennen.
Fazit
Die Kutschfahrt zur Teufelsburg von
Michael Palm und Lukas Zach ist ein unterhaltsames und kniffliges Deduktionsspiel,
das durch seine einfachen Regeln und seine
hübschen Karten – nicht zuletzt aber auch
Wertung
Karten-, Brett- und Rollenspiele bewerten
wir in den drei Kategorien Preis/Leistung
(P/L), Aufmachung (AUF) und Spielspaß
(SSP). Aus diesen Einzelnoten ergibt sich
eine Gesamtwertung, die neben dem Titel
des Spiels im Kasten angezeigt wird. Die
Wertungsskala reicht von einem Punkt
(sehr schlecht) bis sechs Punkte (genial).
Auf unserer Homepage findet Ihr eine
Datenbank mit vielen Rezensionen zu
Brett- und Kartenspielen.
wegen seines geringen Preises – zu überzeugen weiß.
Man sollte sich aber im Klaren sein, dass
nicht jeder Spieler Deduktionsspiele mag und
auch wir hatten in unserer Testrunde den einen oder anderen Spieler, der mit dieser Art
von Spiel nicht viel anfangen kann. Von allen
wurde aber die flexible Spieleranzahl und
auch die englischen Texte gelobt. 
Colosseum
TEXT: TOMMY HEINIG
99 Tage lang wurde der Überlieferung
nach die Einweihung
des Amphitheaters
Flavium, auch Colosseum genannt, gefeiert und überall in
der Stadt Rom wurde für die Unterhaltung des Volkes gesorgt.
Im Brettspiel Colosseum des Verlags Days
of Wonder übernehmen die Spieler die Rolle
eines Impresario, der versucht, die meisten
Besucher in die Schaustücke seiner Arena zu
locken, um dafür reich entlohnt zu werden.
Wie von Days of Wonder gewohnt ist die
Ausstattung des Spiels wieder überdurchschnittlich gut geraten. Das fängt bei den angenehm schweren Spielfiguren an, geht über
wunderbare Zeichnungen auf allen Spielelementen und endet bei liebenswerten Details
wie den mit römischen Ziffern beschrifteten
Würfeln. Dabei wurde der praktische Nutzen
aber keinesfalls außer Acht gelassen und das
Spiel bleibt trotz der Fülle an Spielelementen
stets übersichtlich. Dafür sorgen auch die
sinnvollen Regelübersichten, die jeder Spieler erhält. Colosseum bleibt hier nahe dem
Thema und bietet ein Fest für das Auge.
4
DIE KUTSCHFAHRT
ZUR TEUFELSBURG
Art Kartenspiel
Verlag Adlung Spiele
Sprache Deutsch, Englisch
Dauer ca. 60 Minuten
Spieler 3 – 10 Spieler ab 12 Jahre
Jahr 2007
Preis ca. 8,- Euro
COLOSSEUM
Art Brettspiel
Verlag Days of Wonder
Sprache Deutsch
Dauer ca. 90 Minuten
Spieler 3 – 5 Spieler ab 10 Jahre
Jahr 2007
Preis ca. 30,- Euro
P/L
5
AUF
5
SSP
4
5
P/L
5
AUF
5
SSP
5
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Rezensionen
Aufgabe eines jeden Spielers ist es in seine
Arena möglichst viele Zuschauer zu locken.
Anfangs ist die Arena noch klein und besteht
aus nur zwei Teilen, später kann sie bis maximal auf vier Teile ausgebaut werden. In der
Arena werden Schaustücke aufgeführt, deren Kosten und Nutzen auf Programmkarten
dargestellt werden. So findet sich hier, wie
viele und welche Art von Spektakelplättchen
für das Schaustück erforderlich sind, wie
groß die Arena für die Aufführung sein muss
und wie viele Zuschauer man damit anlocken
kann. Die Spektakelplättchen zeigen Gladiatoren, Schauspieler, Priester, Löwen, Pferde,
Streitwagen, Fackeln, Schiffe, Kulissen, Musiker, Käfige und Dekorationen – eben alles
was man für ein gutes Spektakel so braucht.
Vor Spielbeginn werden jedem Spieler einige
dieser Spektakelplättchen zufällig verteilt,
weitere kommen in Dreiergruppen auf die
fünf Märkte in der Mitte des Spielplans. Außerdem erhält jeder Spieler zwei Startprogrammkarten und 30 Münzen.
Das Spiel ist rundenweise aufgebaut, wobei jede Runde aus fünf Phasen besteht. In
der ersten Phase darf reihum jeder Spieler
eine Investition wagen. Das kann der Ausbau
der eigenen Arena sein oder das Erwerben
einer neuen Programmkarte oder eine Arenaerweiterung wie Kaiserlogen oder Ehrenränge.
In der zweiten Phase wird reihum auf die
fünf Marktstände und deren Spektakelplättchen geboten. Die Spielmechanik sorgt dafür, dass man als Spieler auch komplett leer
ausgehen kann wenn man nicht aufpasst.
Auf der anderen Seite kann aber kein Spieler
mehr als einen Marktstand erwerben.
sitz hat. Für fehlende Plättchen gibt es einen
Zuschauerabzug. Positiv auf die Zuschauerzahlen hingegen wirken sich Arenaerweiterungen, bereits früher aufgeführte Schaustücke, Würdeträger und einige Komponenten
mehr aus.
Leider geht aber immer etwas zu Bruch
bzw. erleidet den grausigen Löwentod. Deshalb muss nach der Aufführung eines der
verwendeten Spektakelplättchen aus dem
Spiel entfernt werden. Zudem erhält der beste Spieler (der mit der höchsten Zuschauerzahl) ein Podium, das künftig für noch mehr
Zuschauer sorgt. Dafür muss er aber eines
seiner Spektakelplättchen an den Spieler mit
der geringsten Zuschauerzahl abgeben (nach
dessen Wahl).
Auf einer Zählleiste am Spielfeldrand wird
der jeweilige Zuschauerrekord des Spielers
vermerkt. Kann er sich in späteren Runden
nicht verbessern, so bleibt der bisherige
Rekord bestehen. Wer am nach Ende der
fünften Spielrunde die höchste Rekordmarke gesetzt hat gewinnt das Spiel und ist der
einflussreichste Impresario der Stadt.
Fazit
Colosseum ist ein zunächst sehr komplex
wirkendes Spiel, denn man muss erst einmal
durchblicken, auf welche Arten man die Zuschauerzahlen erhöhen kann. Ist das gelungen, so macht es sehr viel Spaß vorausschauend auf das große Spektakel hinzuplanen,
mit dem man die anderen Spieler wegzufegen gedenkt. Dank der Würdeträger ist eine
gewisse Glückskomponente vorhanden, die
sich aber positiv in den Spielfluss eingliedert.
Wer taktische Spiele mit einer Zufallskomponente mag, der findet mit Colosseum ein
ausgesprochen hübsches und spielenswertes Exemplar. 
Anschließend dürfen die Spieler untereinander mit Spektakelplättchen und Münzen
handeln, um die Voraussetzungen ihrer Programme zu erfüllen. So kann ein Programm
beispielsweise zwei Gladiatoren, zwei Löwen
und eine Dekoration erfordern.
Battlelore
In der vierten Phase wandern zunächst die
Würdeträger durch die Stadt. Dafür wirft der
aktive Spieler einen Würfel und darf eine der
sechs Figuren entsprechend bewegen. Besonders günstig ist es, wenn man die Figuren
in die eigene Arena bewegen kann, denn das
zieht zusätzliche Zuschauer an und bringt
Extrapunkte. Mit etwas Glück kann man die
Figur aber auch auf ein Sonderfeld bewegen
und so eine Ehrenmedaille erhalten. Diese
kann für verschiedene kleine Vorteile eingetauscht werden. Anschließend kann der Spieler eines seiner Schaustücke aufführen. Er
nimmt dafür die entsprechende Programmkarte und zeigt den anderen Spielern welche
der benötigten Spektakelplättchen er im Be-
Table-Tops, also
mit Miniaturen nachgespielte Schlachten, erfreuen sich
nach wie vor einer
großen Beliebtheit
und die Auswahl
ist inzwischen fast
unüberschaubar geworden – besonders für
Spieler, die nur gelegentlich in solche taktischen Spiele hineinschnuppern. Days of
Wonder bringt nun mit Battlelore ein neues Tabletop auf den Markt, das sowohl Gelegenheitsspieler anspricht als auch geübte
Taktiker zufrieden stellen kann.
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TEXT: TOMMY HEINIG
Der Maßstab wurde dafür gegenüber vielen anderen Miniaturenspielen deutlich kleiner gewählt, aber dennoch gibt es reichlich
wunderbar modellierte Figuren. Die Menschen, Zwerge und Kobolde des Grundspiels
werden nicht direkt auf dem Tisch bewegt,
sondern auf einem großen, mit Hexfeldern
belegten Spielplan. Obwohl das Spiel behauptet auch für mehr als zwei Spieler geeignet zu sein ist es doch hauptsächlich ein
Zweipersonenspiel.
Jeder der beiden Spieler stellt wie in einem
der im Spiel enthaltenen oder im Internet
veröffentlichten Szenarien seine Armee auf
einer Seite des Spielplans auf. Meist besteht
eine Einheit aus drei oder vier Figuren gleicher Art, also zum Beispiel aus drei Schweren
Reitern oder vier Langbogenschützen. Eine
Figur der Einheit wird mit einer Standarte
ausgestattet, die sowohl Typ als auch Spieler
zeigt. Zusätzlich können auf den Spielplan
Geländeplättchen wie Hügel oder Wälder
verteilt werden, die bestimmte Auswirkungen auf den Kampf haben.
Jeder Spieler erhält so genannte Befehlskarten, mit denen er Einheiten auf dem
Spielfeld aktivieren darf. Das Feld ist in Mitte, rechte und linke Flanke unterteilt und die
Befehlskarten erlauben im Normal eine bestimmte Anzahl an Einheiten in einer der drei
Zonen zu aktivieren. Aktivieren heißt, dass
man die Einheit bewegt und einen Angriff mit
ihr ausführt. Natürlich haben die verschiedenen Einheiten unterschiedliche Bewegungsreichweiten und Angriffsstärken.
Das Kampfsystem ist sehr einfach gehalten, dabei aber für die meisten Ansprüche
völlig ausreichend. Jede Einheit darf mit
einer bestimmten Anzahl an Würfeln versuchen Symbole der gleichen Farbe zu erzielen,
die der Zieleinheit entspricht. Ein Angriff auf
eine rote Einheit benötigt also rote Symbole
– außer rot existieren noch blaue und grüne
Einheiten. Damit sind drei der sechs Seiten
der Würfel bereits belegt. Auf der vierten
Seite ist der Sonderangriff mit dem manche
Einheiten unabhängig von der Farbe des
Ziels einen Treffer landen, während die fünfte Seite ein magisches Symbol zeigt, mit dem
BATTLELORE
Art Brettspiel
Verlag Days of Wonder
Sprache Deutsch
Dauer 60 – 120 Minuten
Spieler 2 Spieler ab 12 Jahre
Jahr 2007
Preis ca. 60,- Euro
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5
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Seite 104
ANDUIN 94
Rezensionen
man besondere Fähigkeiten nutzen kann. Im
Basisspiel haben diese keine Relevanz. Die
sechste Seite zeigt einen Misserfolg an.
Die angegriffene Einheit muss nun so viele
Figuren entfernen, wie Treffer erzielt wurden. Sind keine Figuren mehr vorhanden, so
ist die Einheit vernichtet.
Interessant wird es, wenn die Kriegsräte
ins Spiel kommen und das Basisspiel erweitern. Dieser Rat ermöglicht dem Spieler den
Einsatz von speziellen Fähigkeiten, die durch
Karten repräsentiert werden. Dabei darf jeder Spieler nur eine sehr begrenzte Anzahl
dieser Karten auf der Hand haben. Den Einsatz der Karten bezahlt man mit Magiesymbolen, die man zum Beispiel dann erhält,
wenn man das entsprechende Symbol würfelt. Bei diesen Fähigkeiten handelt es sich
teils um Angriffzauber, teils um Intrigen um
den Gegenspieler in seinen Handlungsmöglichkeiten einzuschränken und teils um simple Verbesserungen der eigenen Einheiten.
Abgerundet wird das Spiel durch Spezialeinheiten wie die im Grundspiel enthaltene
Riesenspinne und einige optionale Regeln.
Im Laufe dieses Jahres sollen weitere Einheiten und Erweiterungen für Battlelore erscheinen.
Die Qualität der Figuren ist gut, allerdings
waren viele verbogen. Auf der Homepage des
Verlags ist eine Anleitung erhältlich wie man
die Figuren dauerhaft wieder gerade biegen
kann – was bei uns ausgezeichnet funktioniert hat. Der Umfang ist beeindrucken, die
dicke Schachtel ist prall mit Miniaturen und
Zubehör gefüllt. Die Aufmachung der Karten,
des Zubehörs und der Anleitung ist überaus
gut gelungen und sorgt für eine große Übersichtlichkeit trotz voller Schlachtfelder. Nur
die Farben blau und grün der Einheiten sind
etwas schwer zu unterscheiden, hier wäre
eine andere Farbgebung besser gewesen.
Fazit
Geniales, weil einfach zu erlernendes und
schwer zu meisterndes Taktikspiel, das mit
kurzer Spieldauer überzeugt – und das trotz
der hohen Glückskomponente. Dazu die wie
von Days of Wonder gewohnte liebevolle
Ausstattung und eine der besten Anleitungen, die ich je lesen durfte, und fertig ist eins
meiner neuen Lieblingsspiele. 
Prince of the City
TEXT: TOMMY HEINIG
Unter mysteriösen Umstände ist der alte
Prinz der Vampirgemeinde ums Unleben gekommen. Aus den fünf Clans der Stadt bilden
sich schnell Anwärter auf den Thron heraus,
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welche gegeneinander antreten, um
der neue Prinz der
Stadt zu werden.
Prince of the City
basiert auf der Welt
der
Dunkelheit,
gleichzeitig Hintergrund und Regelwerks diverser Rollenspiele.
In einer fiktiven Gegenwart wimmelt es von
übernatürlichen Kreaturen wie Werwölfen,
Magiern, Geistern und besagten Vampiren.
Die Kenntnis dieser Welt erleichtert das
Brettspiel ungemein, ist aber nicht wirklich
notwendig um mit ihm seinen Spaß zu haben.
Voraussetzung dafür ist aber, dass man
sich durch die Anleitung des Spiels quält. Diese dürfte mit Abstand eine der schlechtesten sein, die mir in den letzten Jahren unter
gekommen ist. Der didaktische Aufbau ist
fürchterlich und auch zum Nachschlagen ist
sie kaum zu gebrauchen. Dabei ist das Spiel
an sich gar nicht so kompliziert. Auf einem
relativ schmucklosen Spielplan ist die Stadt
schematisch abgebildet – Sechsecke stellen
Stadtgebiete dar, aus denen sich Stadtteile
bzw. Einflussbereiche bilden. Beispielweise
ergeben die Gebiete Kirche, Moschee, Friedhof und Leichenschauhaus den Bereich der
Religion. Die Gebiete verfügen jeweils über
einen Prestigewert von 1 bis maximal 4. Um
die Stadt herum verläuft eine Punkteskala,
zudem findet sich auf dem Plan noch Platz
für den Kartenstapel.
Jeder der drei bis fünf Spieler übernimmt
einen mächtigen Vampir eines der fünf Clans:
Nosferatu, Daeva, Ventrue, Mekhet und
Gangrel. Jeder Vampir besitzt Werte in den
drei Attributen Körper, Geist und Soziales.
Außerdem verfügt jeder über drei Disziplinen, die ihm bestimmte Vorteile im Spiel
verschaffen. Zuletzt erhält jeder Vampir noch
sechs Vita, welche den Blutvorrat widerspiegelt und mit der man den Einsatz seiner Disziplinen bezahlen muss. Ziel des Spieles ist es
möglichst viel Prestige in der Stadt zu gewinnen – dies geht zum einen indem man Gebiete der Stadt unter seine Kontrolle bringt und
zum anderen über so genannte Herausforderungen. Wer am Ende einer vorher festgelegten Anzahl an Spielrunden (6 für ein ‚kurzes‘
Spiel über etwa 2 Stunden bis hin zu 12 für ein
langes Spiel mit über vier Stunden Spielzeit)
am meisten Prestige gewinnen konnte hat
gewonnen.
Jede Runde beginnt mit der Ressourcenphase, in der jeder Spieler zwei Aktionen
verwenden kann um neue Karten nachzuziehen, auf die Jagd zu gehen um Vita zu
regenerieren oder sich aus der Starre zu er-
heben (dazu später mehr – jetzt nur so viel:
Starre ist doof). Im Kartenstapel finden sich
zum einen nützliche Karten wie Verbündete,
Ausrüstung, Strategiekarten und mehr, die
sich alle zum eigenen Vorteil verwenden lassen, und zum anderen Ereigniskarten. Liegt
eine Ereigniskarte auf dem Zugstapel (man
erkennt sie deutlich am anderen Kartenrücken), so wird diese sofort aufgedeckt und
zu den eventuell bereits offen liegenden
Ereigniskarten gelegt. Auf diesen Karten
ist eine Bedrohung zu finden, welche meist
Nachteile für alle Vampire bringt. Aber jeder
Bedrohung besitzt auch einen Typ und einen
Wert – beides zusammen sagt, wie man die
Bedrohung überwinden kann. Ein Ereignis
‚Geistig – 18‘ zum Beispiel kann man beseitigen, wenn man einen zehnseitigen Würfel
würfelt und dem Ergebnis seinen Wert in
Geistig hinzuaddiert. Kommt man über den
Wert des Ereignisses, so gilt es als gemeistert und man bekommt eine auf der Karte
abgedruckte Belohung in Form von PrestigeMarkern. Scheitert man aber, so muss man
entsprechend viele Prestige-Marker abgeben. Glücklicherweise können mehrere Vampire zusammenarbeiten, um ein Ereignis zu
meistern – allerdings können sich bestimmte
Spieler auch dazu entschließen das Ereignis
zu verstärken.
Nach der Ressourcephase kommt die Bewegungsphase, in der jeder Spieler seinen
Vampir auf ein beliebiges Feld des Spielplans
stellen darf. Es folgt die Herausforderungsphase, in der die gerade erklärten Ereignisse
angegangen werden dürfen. Jeder Spieler
darf aber nur eine Herausforderung ausführen und muss sich entscheiden, ob er damit
auf ein Ereignis zielt oder lieber einen anderen Spieler zum Opfer macht. Denn einen
anderen Spieler anzugreifen kann ebenfalls
wichtige Vorteile bringen – vom Diebstahl
seiner Karten über Prestige bis zum tödlichen Angriff. Bei diesem Stichwort erkläre
ich mal kurz die Starre: sollte ein Vampir kein
Vita mehr haben, so verfällt er in einen unangenehmen Schlaf und muss bis zur nächsten
Ressourcenphase aussetzen. Er dann darf er
wieder ins Spiel – mit nur einem Vitapunkt.
Dies führt dazu, dass der Vampir die nächsten
PRINCE
OF THE CITY
Art Brettspiel
Verlag White Wolf
Sprache Englisch
Dauer 120 – 240 Minuten
Spieler 3 – 6 Spieler ab 12 Jahre
Jahr 2006
Preis ca. 35,- Euro
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ANDUIN 94
Rezensionen
Ressourcenphasen besser jagen sollte, um
nicht sofort wieder in Starre zu gelangen.
Nun folgt die Einflussphase, in der jeder
Spieler eine bestimmte Anzahl an Einflussmarkern verwenden darf, um sich die Hoheit
über die Gebiete der Stadt zu sichern. Für jeden Marker, den er in ein Gebiet legt, erhält
er einen Würfel. Allerdings zählen eventuelle
eigene oder fremde bereits liegende Marker
ebenfalls und auch Boni von umliegenden Gebieten spielen eine Rolle. Im Endeffekt läuft
es auf einen vergleichenden Würfelwurf zwischen dem Spieler und seinen Unterstützern
und der Gegenseite hinaus. Beispiel: In einem
Gebiet liegt bereits ein Marker der Gangrel
und zwei der Nosferatu. Damit hat der Nosferatu die Hoheit. Er hat außerdem als einziger
in den zu diesem Einflussbereich gehörenden
Gebieten weitere fünf Marker liegen. Nun ist
der Daeva an der Reihe und legt in das Gebiet
drei seiner Marker um die Hoheit an sich zu
reißen. Der Gangrel entschließt sich den Daeva zu unterstützen. Nun darf der Spieler des
Daeva mit vier Würfeln würfeln (3 wegen seiner drei Marker in dem Gebiet und 1 wegen
des Markers des Gangrel) und muss damit
höher kommen als der Spieler des Nosferatu
mit seinen drei Würfel plus einem Bonus von
5 (drei Marker in dem Gebiet und fünf Marker
in angrenzenden Gebieten). Schafft er dies,
so darf er seine Marker legen, schafft er es
nicht, so sind die Marker verloren.
Wie man sieht verbleiben einmal in einem
Gebiet liegende Einflussmarker in dem Gebiet
und können von Spielern nicht entfernt werden (außer vielleicht durch spezielle Karten).
Das führt dazu, dass im späteren Spielverlauf
ein heißer Kampf um die Gebiete ausbricht.
Zum Abschluss kommt die Aufräumphase,
in der jeder Spieler die Summe aus seinen
Prestigemarkern und dem Prestige aus seinen Gebieten zusammenzählt. Außerdem
muss jeder Vampir nun ein Vita ausgeben, um
die nächste Runde zu erleben – wer das nicht
kann verfällt in Starre.
Auch wenn in dieser Rezension nicht alle
Feinheiten des Regelsystems erklärt wurden,
so wird hoffentlich deutlich, dass Prince of
the City ein sehr diplomatisches Spiel ist, bei
dem es hauptsächlich um kurzfristige Allianzen und die plötzliche Auflösung dieser geht.
Eine Portion Taktik ist ebenfalls erforderlich
wenn es um die richtige Position des eigenen
Vampirs auf dem Plan geht, um einen Bonus
für die Einflussphase zu erhalten und sich gegen feindliche Herausforderungen in Sicherheit zu bringen. Und natürlich kann einem
die Glückkomponente des Spiels immer noch
einen Strich durch die Rechnung machen.
Nicht so sehr gefallen haben uns neben
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der eingangs erwähnten Anleitung einige
Macken in den Spielkomponenten. So sind
die Zahlen auf den Prestigemarkern wirklich
schwer zu lesen, ebenso wie Zahlen auf dem
Spielplan. Obwohl genügend Platz auf dem
Spielplan gewesen wäre, fehlt eine Leiste,
um die Anzahl der verbleibenden Spielrunden anzuzeigen (man verwendet die Punkteleiste rückwärts dafür).
Fazit
Wer Diplomatie und Taktik gerne mag und
nichts dagegen hat, dass eine Prise Glück mit
im Spiel ist bekommt mit Prince of the City
einen guten Vertreter seiner Art, der es einem nicht ganz einfach macht, ihn zu mögen.
Und um noch einen schlechten Wortwitz zu
bringen: das ist schade, denn das Spiel ist alles andere als ‚blutleer‘. 
Descent –
Journeys into
the Dark
TEXT: TOMMY HEINIG
Gäbe es irgendwo einen
HeroquestSchrein, so
wäre ich wohl
nicht der einzige Rollenspieler, der einem Besuch und einer kleinen Opfergabe dort nicht
abgeneigt wäre. Immerhin hat in meiner Jugend Heroquest Zeit gefressen wie kein anderes Brettspiel – Risiko eingeschlossen. An
vielen Plagiaten, die im Laufe der Zeit erschienen, hatte ich nie recht Gefallen gefunden,
einzig Warhammer Quest konnte mich eine
Zeit lang fesseln. Doch nun glimmt ein neuer
Stern am Firmament und seine Anlagen können sich durchaus sehen lassen: produziert
von Fantasy Flight Games, ausgestattet mit
vielen netten Plastikfiguren, einem neuen
Kampfsystem und dynamisch erstellbarem
Dungeonplänen. Wie hell ist dieser Stern
wirklich?
Bei Descent – Journeys into the Dark (inzwischen auch auf deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen) handelt es sich
um einen typischen Vertreter der DungeonCrawl Brettspiele. Eine Gruppe von tapferen
Helden zieht in ein düsteres Gewölbe um dort
Aggressionen abzubauen und sich seinen
Lebensunterhalt durch Goldfunde und Gebrauchtartefaktverkäufe zu sichern. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Evil Overlords
(endlich mal ein Spiel, bei die man genau das
spielen darf!), kontrolliert die Monster, baut
das Dungeon aus lauter Einzelteilen langsam
auf und versucht im allgemeinen den Helden
das (Über-)Leben so schwer wie möglich zu
machen. Und gewinnen kann man als Evil
Overlord auch – ist das nicht toll?
Ziel des Spiels ist es für die Helden als
Gruppe zu bestehen und die Aufgabe der
jeweiligen Queste zu erledigen. Eine Queste
ist ein Szenario, in dem festgelegt ist, wie
das Gewölbe aussieht, wo welche Schätze
und Monster liegen und stehen und welches
Ziel die Helden haben – meist gilt es ein besonders mächtiges Monster zu töten. Das
können die Helden nur schaffen, wenn ihnen
unterwegs nicht ihre Conquest Tokens ausgehen, von denen sie für bestimmte Erfolge
welche bekommen und für jeden Tod eines
Helden welche abgezogen bekommen. Sollten den Helden jemals die Conquest Tokens
ausgehen, so gewinnt der Overlord.
Vor Spielbeginn baut der Overlord das
Startgebiet des Dungeons auf, während sich
die anderen Spieler aus zwanzig verschiedenen Helden ihre Auserwählten suchen. Die
Helden unterscheiden sich zum einen in den
vier Attributen ‚Health‘ (wie viel Schaden
hält man aus?), ‚Fatigue‘ (wie hoch ist die
Ausdauer?), ‚Armor‘ (wie viel Schaden kann
man abwehren?) und ‚Speed‘ (wie weit kann
man pro Runde gehen?) und zum anderen in
den Kampfwerten ‚Nahkampf‘, ‚Fernkampf‘
und ‚Magie‘. Zusätzlich verfügt jeder Held
noch über eine einzigartige Sonderfähigkeit.
Nach der Auswahl werden die Startfertigkeiten bestimmt. Jeder Held zieht dafür drei
Skill-Karten, auf denen unterschiedliche weitere Fähigkeiten stehen. Meist verbessern
diese Skills die Kampffertigkeiten, manchmal
aber auch den Speed oder andere Dinge. Mit
dem Startguthaben darf sich jeder Held aus
der Grundausstattung (Dolch, Schwert, Axt,
Lederrüstung, Kettenrüstung, Heiltränke,
Ausdauertränke, Runen, etc.) seine Wunschausrüstung kaufen. Nun sind die Helden bereit für das Abenteuer.
Gespielt wird rundenweise – zunächst
die Helden in beliebiger Reihenfolge und
anschließend der Overlord. In den Heldenphasen entscheidet sich jeder Held für eine
Aktion. Entweder ‚Run‘ (er darf sich so viele
Felder wie der doppelte Speed-Wert weit gehen, aber dafür nicht angreifen), ‚Battle‘ (er
DESCENT
Art Brettspiel
Verlag Fantasy Flight Games
Sprache Englisch
Dauer ab 1 Stunde
Spieler 2 – 5 Spieler ab 12 Jahre
Jahr 2005
Preis ca. 50,- Euro
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P/L
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AUF
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SSP
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ANDUIN 94
Rezensionen
darf sich nicht bewegen aber zwei Angriffe
ausführen), ‚Advance‘ (er darf sich so viele
Felder bewegen wie sein Speed-Wert und einen Angriff ausführen) oder ‚Ready‘ (er darf
sich einfach bewegen oder einmal angreifen
und zusätzlich zu einer der beiden Aktionen
einen Sonderbefehl legen). Sonderbefehle
erlauben Sonderkationen etwa das einmalige
Angriffen in der Overlordphase (‚Guard‘), das
Ausruhen und Heilen (‚Rest‘), das Zielen um
einen Angriff zu verbessern (‚Aim‘) oder das
Ausweichen um einen Angriff des Gegners zu
schwächen (‚Dodge‘).
Sollte es zum Kampf kommen, so stellt der
Held bzw. das Monster erst einmal seinen
Würfelpool aus sechsseitigen Würfeln zusammen. Bei Monstern ist der eigentlich immer
festgelegt, bei Helden aber nicht: diese dürfen einen Grundwürfel abhängig von der Art
des Angriffs (Nah-, Magie- oder Fernkampf)
nehmen und abhängig von der Waffe weitere Würfel. Dazu kommen noch so genannte
Power Dice, die ein wenig zusätzlichen Schaden oder Reichweite hinzufügen können.
Verstanden? Wie auch, ich bin ja noch nicht
fertig mit der Erklärung…
Jeder Würfel zeigt bestimmte Symbole.
Am einfachsten ist das große ‚X‘, das nur auf
einer Seite der Grundwürfel zu finden ist.
Liegt dieses oben, so ist der gesamte Angriff
fehlgeschlagen, alles weitere ist nicht relevant. Ist aber kein ‚X‘ zu sehen, so geht es
um die anderen Symbole. Jedes Herz-Symbol
bedeutet, dass der Angriff einen Schadenspunkt anrichtet. Entsprechend finden sich
viele Herzsymbole auf dem roten Nahkampfwürfel. Zahlen dagegen bedeuteten, dass
sich die Reichweite des Angriffs um ein die
jeweilige Zahl erhöht. Der blaue FernkampfWürfel hat also viele höhere Zahlenwerte.
Dann gibt es noch Blitz-Symbole (im Spiel
‚Power Surges‘ genannt), die als zusätzliche
Macht des Angriffes interpretiert werden
können. Oft kann man Sonderfähigkeiten eines Helden oder einer Waffe auslösen, wenn
man eine bestimmte Anzahl an Power Surges
gewürfelt hat. Der weiße Magie-Würfel hat
besonders viele Blitz-Symbole. Die Waffenwürfel sind entweder gelb (viel Reichweite)
oder grün (viel Schaden) und werden je nach
Waffe dem Würfelpool hinzugefügt. Bleiben
die schwarzen Power Dice, die entweder ein
Blitz-Symbol zeigen oder wahlweise einen
Schaden oder einen Reichweitenpunkt bringen.
Was sich kompliziert anhört ist nach kurzer
Zeit sehr einfach und ermöglicht dennoch
halbwegs abwechslungsreiche Angriffe. Die
Healthpunkte des Gegners werden um die
Anzahl der Schadenspunkte nach Abzug
des Armor-Wertes erleichtert. Sinkt die Zahl
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dabei auf 0 oder tiefer, so ist der Gegner
tot. Für Monster bedeutet das (meist) das
endgültige Aus, für Helden nur das Ärgernis
länger auf die Rente sparen zu müssen (sie
verlieren die Hälfte ihres Goldes) und einen
langen Fußmarsch (sie fangen frisch geheilt
wieder in der Stadt an, aus der sie sich erneut in das Gewölbe begeben können). Viele Monster haben spezielle Fähigkeiten wie
Flächenangriffe, Giftattacken oder Heilfähigkeiten und als wäre das noch nicht genug um
die Helden zu ärgern gibt es jedes Monster
auch in einer Master-Variante, die stärker ist
als die normale Ausgabe.
schnell am Heldenspieß landet. Dann sei die
große Detailsverliebtheit erwähnt, die zum
Beispiel Tierbegleiter (Familiars) für Helden
erlaubt oder außergewöhnliche Waffenarten
mit sich bringt. Auch die Spielfiguren sind von
hoher Qualität und ein Höllendämon sieht
selbst neben dem größten Helden beeindruckend aus. Überhaupt ist die Ausstattung wie
von Fantasy Flight Games gewohnt sehr gut,
leider aber auch ein wenig von Runebound
recycelt (einige Heldenbilder, etliche Tokens,
etc.). Die Spielschachtel hat die gleichen Dimensionen wie die von Twilight Imperium
oder World of Warcraft – ist also riesig.
Leider ist das anfangs nicht genug um die
Helden wirklich zu ärgern. Gerade mit Heroquest-Veteranen fehlt nach den Grundregeln in den ersten mitgelieferten Questen die
Herausforderung für die Helden. Die Monster
haben kaum eine Chance einen Helden zu töten – und das ist der entscheidende Weg für
den Overlord den Helden Conquest Tokens
abzunehmen. Daran ändert erstmal auch
nichts, dass der Overlord in seiner Runde
zwei Overlord-Karten ziehen darf, die ihm besondere Kräfte verleihen. Durch das Abwerfen unerwünschter Karten erhält er Chaos
Tokens, mit denen er den Einsatz erwünschter Karten bezahlen kann. Tatsächlich sind
diese Karten zum Teil sehr mächtig, können
aber nicht Schritt halten mit dem schnellen
Hochrüsten der Helden durch Schätze und
Gold. Spätere Questen sind dann aber schön
knackig und auch für echte Helden eine Herausforderung – dabei aber nie unfair. Auch
der Overlord muss sich stets bemühen um
am Ende der Sieger zu sein.
Glänzt der neue Stern jetzt also? Ich finde
ja, er leuchtet hell. Das Spiel ist nicht perfekt,
denn dafür hätte es vom Start weg besser
ausbalanciert sein müssen und es hätten ruhig mehr Gegenstände und Monster dabei
sein dürfen, so ganz wird der Sammelwahn
(wie in Diablo) der Helden nämlich nicht befriedigt. Auch ein etwas komplexeres Fähigkeitensystem, etwa wie bei World of Warcraft hätte dem Spiel eventuell gut getan,
denn momentan können sich die Helden nur
blind weitere Skill-Karten kaufen. Ein gezieltes Verbessern ist so kaum möglich. Aber das
Spiel macht definitiv Spaß und weiß, so man
denn Dungeon Crawls mag, sehr gut zu unterhalten. Zwei Erweiterungen sind bereits
erschienen, die neben neuen Monstern und
Questen auch sinnvolle Regelerweiterungen
mit sich bringen. Und eine dritte Erweiterung
ist auch schon angekündigt.
Obwohl das Spiel in den ersten Questen
nicht korrekt ausbalanciert wirkt ist das kein
Beinbruch, dann solche Dungeon Crawls
schreien geradezu nach Hausregeln. Mit
diesen kann man sehr leicht in den Schwierigkeitsgrad eingreifen. Und nicht zuletzt besteht auch die Möglichkeit eigene Questen
zu erschaffen, die den Helden das Leben von
Haus aus schwerer machen. Bereits die späteren Questen des Spiels sind dann endlich
anspruchsvoller und wirken fair aber herausfordernd für beide Seiten.
Prinzipiell ist die Spielmechanik schon erklärt, aber die Feinheiten gingen dabei unter.
So kann man dem Spiel nämlich durch die
Würfelfarben und die zur Verfügung stehenden Aktionen inklusive der Möglichkeit mit
Ausdauer zusätzliche Felder Bewegung zu
kaufen durchaus taktische Qualitäten zusprechen. Mit der richtigen Taktik können sich
sowohl die Helden als auch der Overlord das
Leben viel einfacher machen. Der Overlord
muss bei jedem Monster überlegt vorgehen
und dessen Vorteile nutzen, damit es nicht zu
Für alle Spielefans, die Science Fiction der
Fantasy vorziehen, sei noch erwähnt dass es
auch ein Spiel namens Doom vom gleichen
Verlag mit sehr ähnlichen Regeln gibt. Zwar
ist da die Packung etwas kleiner, dafür ist es
aber auch günstiger zu erwerben und spielt
vor dem Hintergrund des Computerspiels.
Und auch der Support auf der Homepage des
Herstellers ist erwähnenswert, dort gibt es
unter anderem neue Questen und sogar ein
Programm zum Erstellen eigener Questen.
Fazit
Liebhaber von Helden-töten-Monster-undsammeln-Schätze-Spielen werden sehr wahrscheinlich Gefallen an Descent finden – die
gute Ausstattung, die interessante Spielmechanik und die Erinnerung an alte HeroquestZeiten sorgen dafür. Wer aber den Überhammer erwartet hat, mit dem Dungeon Crawls
auf eine neue Ebene gehoben werden, der
könnte enttäuscht werden. Aber kann man
Dungeon Crawls wirklich auf eine neue Ebene heben? Bis die Frage geklärt ist bekommt
mich niemand von Descent weg! 
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Rezensionen
STARCRAFT
der Verwaltung im Spiel abgewickelt wird,
und ein eigenes Deck mit Kampfkarten.
JUNTA
Obwohl das Strategiespiel Starcraft von Blizzard
inzwischen zehn
Jahre auf dem Buckel hat, gilt es immer noch
als extrem beliebtes Clanspiel. 2007 wurde
der Nachfolger des Computerspiels angekündigt. Da lag es nahe, dass Fantasy Flight Games, die sich schon mit den sehr guten Brettspielumsetzungen zu Warcraft und World
of Warcraft einen Namen gemacht haben,
sich an die Weltraumsaga macht.
Gewonnen hat, wer eine bestimmte Anzahl an Siegpunkten sammeln konnte, indem
er entsprechende Gebiete kontrollierte, oder
wer seine spezielle Siegbedingung erfüllen
konnte.
Wenn ein Spiel
schon seit Jahren
nicht mehr produziert wird und
trotz seines Alters
noch Traumpreise
bei eBay & Co. erzielt, dann ist das ein erstes Zeichen auf einen Klassiker. Wenn dieses
Spiel dann auch noch unter vielen Spielefans
absoluten Kultstatus genießt und als nahezu
perfekt ausbalanciert gilt, dann sollte man
als Verlag sehr vorsichtig an eine Neuauflage herangehen. Vielleicht ist das der Grund,
warum wir so lange darauf warten mussten,
Junta wieder in den Regalen der Spielwarenhändler zu sehen. Und um es gleich zu sagen:
Pegasus hat nur dezente Korrekturen durchgeführt und eine ausgezeichnete Arbeit gemacht.
TEXT: TOMMY HEINIG
Wie schon bei Twilight Imperium und
World of Warcraft ist die Packung von
Starcraft riesig und schwer. Allein 180 bunte Plastikfiguren finden sich im Inneren, dazu
tonnenweise weiteres Material. Nahezu alle
Komponenten sind in der gewohnt guten
Qualität von Fantasy Flight Games, jedoch
die Figuren wirken nicht ganz so hochwertig
wie in anderen Spielen der Firma. So waren
bei unserem Exemplar bereits einige kleine
Teile abgebrochen.
Dafür ist die Anleitung mehr als gut gelungen und vermittelt die teils komplexen Zusammenhänge der Spielmechanik sehr gut.
Zwei bis sechs Spieler können Starcraft
spielen – wobei sich Partien mit vier bis sechs
Spielern am besten spielen. Zur Auswahl
stehen jeweils zwei Fraktionen jeder der
drei Rassen: Terraner (Menschen), Protoss
und Zerg. Kenner der Computerspielvorlage
wissen bereits, dass die Terraner flexible Einheiten bieten, die biologischen Zerg Massen
von Einheiten produzieren können und die
technisierten Protoss teure, aber effiziente
Einheiten bieten. Das Spiel ist entweder im
Team oder jeder gegen jeden möglich.
Nun wird der Spielplan gebaut, wozu jeder Spieler zwei Planetenscheiben bekommen, auf denen Gebiete eingezeichnet sind,
die entweder Rohstoffe (Gas oder Kristalle)
liefern oder Siegpunkte einbringen. Reihum
legen die Spieler ihre Planeten, verbinden
diese mit Navigationsrouten (über welche
später von einem Planeten zum anderen gereist werden kann) und platzieren ihre Basis
mit den Starteinheiten. Jeder Spieler hat zudem einen großen rassenspezifisches Übersichtsplan vor sich liegen, auf dem ein Teil
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Das Spiel an sich findet nun rundenweise
statt und besteht aus einer Mischung aus
Rohstoffsammeln (für den Bau von Erweiterungen und Einheiten), Einheitenverwaltung
(welche Einheiten wann kaufen), Taktik (Erforschen von Technologien um zusätzliche
Kampfkarten zu erhalten) und dem eigentlichen Kämpfen. Dabei ist Starcraft ein sehr
offensives Spiel, das dem Angreifer stets
gewisse Vorteile einräumt. Dafür wogen einzelne Schlachten öfter hin und her und der
Verlust einer Schlacht bedeutet nicht sofort
das Ende.
In der Schlacht werden die Einheiten des
Angreifers und des Verteidigers zur Seite genommen und vom Aggressor zu Paaren aufgestellt. Überzählige Einheiten werden als
Unterstützung an solche Paare gestellt. Nun
muss jeder Spieler ein bis zwei Kampfkarten
pro Paarung spielen, die (modifiziert durch
die Art der Einheiten und die Unterstützungseinheiten) einen Kampfwert ergeben. Dieser
entscheidet den Ausgang der Schlacht.
Anfangs stehen nur Basiskarten zur Verfügung, aber durch den Ausbau der eigenen Basis und das Erforschen weiterer Technologien
können weitere Kampfkarten aufgenommen
werden, was die Stärke und die taktischen
Möglichkeiten erhöht und die Glückskomponente reduziert.
Fazit
Kevin Wilson, der bereits Doom und Descent geschaffen hat, wollte in Starcraft
sowohl der Vorlage mit ihren drei völlig verschiedenen Völkern gerecht werden, als auch
ein spannendes und wenig glücksbasiertes
Strategiespiel schaffen. Dazu verzichtet er
auf den Einsatz von Würfeln und macht die
Glückskomponente beim Nachziehen von
Karten vom Ausbau der Basis des Spielers
abhängig. Herausgekommen ist ein sehr gelungenes großes Brettspiel, das unterschiedliche Strategien erlaubt und sich immer wieder anders spielt. 
TEXT: TOMMY HEINIG
Die zwei bis sieben Spieler (je mehr desto
lustiger, aber auch länger das Spiel) übernehmen die Rollen von Mitglieder einflussreicher
Familien in einer Bananenrepublik. Natürlich
ist das Ziel, Macht zu gewinnen, aber nur, um
möglichst viel Geld auf das eigene Schweizer
Nummernkonto zu transferieren. Am besten
lässt sich dies offensichtlich als Präsident des
Landes tun, denn dann kann man die schöne
Entwicklungshilfe direkt auf das eigene Konto umleiten.
STARCRAFT
Art Brettspiel
Verlag Fantasy Flight Games
Sprache Englisch
Dauer ab 2 Stunden
Spieler 2 – 6 Spieler ab 12 Jahre
Jahr 2007
Preis ca. 50,- Euro
JUNTA
Art Brettspiel
Verlag Pegasus
Sprache Deutsch
Dauer ab 2 Stunden
Spieler 2 – 7 Spieler ab 16 Jahre
Jahr 2007
Preis ca. 30,- Euro
5
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SSP
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5
P/L
4
AUF
4
SSP
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Seite 108
ANDUIN 94
Rezensionen
Doch ganz so einfach ist das nicht, denn
die anderen Spieler wollen ja auch ihren Anteil und nur einer kann Präsident sein. Dieser
muss also die anderen mit Ämtern und Bestechungsgeldern milde stimmen, denn sonst
kommt es schnell zu einem Putsch – der je
nach Ausgang entweder in einem neuen Präsidenten endet oder in der Erschießung der
Aufständischen.
auf das Schweizer Konto überwiesen werden, so dass jeder Spieler irgendwann einmal
einen Besuch in der Bank machen muss.
Ihr merkt schon, Junta ist ein satirisches
und rabenschwarzes Spiel, das nicht umsonst
ab 16 Jahren empfohlen wird.
Schließlich folgt die Putschrunde, in der –
sollte es zu einem Umsturzversuch kommen
– Einheiten von den Spielern auf dem Spielplan bewegt werden, um vier wichtige Orte
einzunehmen. Wer am Ende des Putsches
die meisten dieser Orte besetzt hält gilt als
Sieger. Dabei können die Spieler auch noch
im letzten Moment die Seite wechseln und
so für einen völlig unerwarteten Ausgang
sorgen. Zudem ist es möglich, sich in eine
der Botschaften zu flüchten, um dort vor
eventuellen Erschießungen in Sicherheit zu
sein. Gewinnt die Präsidentenseite, so wird
der Anführer der Rebellen erschossen und
das Leben in der Bananenrepublik geht seinen gewohnten Weg. Anderenfalls muss der
Präsident sterben und es finden Neuwahlen
statt.
Das Spiel ist in zwei Teile unterteilt: einem
Kartenspielteil und einem Taktikspiel. Diese
beiden Ebenen sind geschickt miteinander
verzahnt und ergeben so eine wahre Fülle
von Handlungsmöglichkeiten – vor allem
aber die Möglichkeit Bündnisse zu schließen,
zu brechen und anderen in den Rücken zu fallen. Während eines Putsches beispielsweise,
bei dem mit Pappcountern auf dem Spielplan
ein Kampf ausgetragen wird, können die
Spieler (fast) beliebig die Seiten wechseln.
Wer das Ganze nur als Spiel sieht, der wird
damit einen großen Spaß haben. Wer aber
solche Spiele nicht gerne spielt, der sei vor
Junta gewarnt. Keinesfalls sollte man das
Spiel mit Spielern spielen, die schnell beleidigt oder eingeschnappt sind.
Die Aufmachung des Spiels ist leider etwas
durchwachsen. Auf der einen Seite der schöne aber überladene Spielplan und die wirklich gelungenen Illustrationen auf den Karten, auf der anderen Seite veraltet wirkende
Pappcounter und eine Anleitung, an der die
letzten zwanzig Jahre Erfahrung im Schreiben von Erklärungstexten spurlos vorbei
gegangen sind. Die Pappcounter kann man
noch als Retro und Hommage an die alte Version verstehen, die Anleitung leider nicht.
Ich versuche mal, den Spielablauf zusammenzufassen – allerdings nur oberflächlich,
denn die vollen Regeln sind dafür zu komplex. Zunächst wird von den Spielern ein
Präsident gewählt. Dieser darf nun verdeckt
acht Geldscheine vom Entwicklungshilfestapel ziehen. Da die Scheine jeweils einen Wert
von 1.000 bis 3.000 Dollar haben, liegt der
Etat also zwischen 8.000 und 24.000 Dollar.
Der Präsident schlägt nun einen Haushalt
vor, das heißt er verteilt Geld an die anderen
Spieler. Sind diese mit der Verteilung einverstanden, so wechselt das versprochene Geld
den Besitzer und das Spiel geht weiter. Ansonsten kann es zu einem Putsch kommen.
Nun bestimmt jeder Spieler, wo sein Aufenthaltsort diese Runde sein soll. Das kann zum
Beispiel im Nachtclub oder bei der Freundin
sein, aber auch Zuhause, im Hauptquartier
oder in der Bank. Nur in letzterer kann Geld
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Es folgt die Attentatsrunde, in der jeder
Spieler einen Mordanschlag auf einen anderen Spieler ausführen kann. Dazu muss man
entsprechende Karten auf der Hand haben
und den Aufenthaltsort des Opfers richtig
raten.
Da es in Junta um Geld geht, darf der Mörder eines anderen Spielers dessen Geld an
sich nehmen – was besonders lukrativ ist,
wenn dieser noch nicht in der Bank war. Andererseits muss man nun selber irgendwann
in die Bank und ist dort leichtes Ziel für Attentate.
Fazit
Wer längere Diplomatiespiele mit einer
Spur Taktik mag, der findet mit Junta eines
der besten Exemplare auf dem Markt. Das
Spiel ist so böse, dass man es sofort als Satire
erkennt und anschließend ungestört seinen
Spaß damit haben kann. 
CODEX URBANIS
TEXT: INGO SCHULZE
www.lorp.de
Als Hardcover präsentiert Feder & Schwert
den Codex Urbanis,
der trotz seiner 168
Seiten ungewöhnlich
dünn wirkt. Inhaltlich
ist es ein Quellenbuch
zu Städten allgemein in
der Engelwelt, wirft einen Blick auf ausgewählte Ketzerstädte und
stellt die drei Organisationen Urbanis-Liga,
Neue Hanse und Nordbund vor. Entgegen
den bisherigen Quellenbänden ein ziemlicher
Themenmix.
„Leben in den Städten“ zeichnet ein Bild
vom Leben und Überleben in der Stadt,
Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Kirchen-, freien und Ketzerstädten. Die Städte unterliegen den verschiedensten Herrschaftsformen. So sind es in Split die besten
Wissenschaftler der Universität, die sich
durch Prüfungen – auch kirchlich geprägt –
beweisen müssen, anderenorts wie in Stanbul reagieren die Kinder und Jugendlichen
und in Östersund sind nur Frauen berechtigt
Bürgermeisterin zu werden. Das Manna der
Kirche tritt als Zahlungsmittel immer mehr zurück, denn es wird mehr und mehr gehortet
und aufgrund des hohen Wertes, ist es längst
nicht mehr das Zahlungsmittel des einfachen
Mannes. Seltene Feuerechsen, verwesendes
Papier, Reis oder eigenes Papiergeld sind die
Beispiele, die der Codex vorstellt. Aber auch
Zünfte, das Arbeitsleben, Kleidung, Körperpflege, Bildung, Gastronomie, Stände, Transport und Kommunikation finden hier in einigen Beispielen ihre Vorstellung.
Unzählige Beispiele aus unzähligen Städten zu den verschiedensten Themen füllen
das Kapitel, so dass es insgesamt sehr zerhackstückelt und wenig konsistent wirkt.
Zwar sind einige nette Ideen dabei, die einen vielleicht helfen, seine Stadt für die Engelwelt auszuarbeiten, vieles ist aber auch
Stückwerk ohne Nutzen.
„Urbanis-Liga, Neue Hanse und Nordbund“ stellt die drei Organisation vor. Die
Urbanis-Liga als mächtiges Städtebündnis
und wohl gefährlichster Gegner der Kirche.
Jede der größeren Mitgliedsstädte bekommt
eine Kurzvorstellung, auch der Intime-Codex
Urbanis sowie die Geschichte der Liga werden dann ausführlich präsentiert. Schließlich
geht es um die aktuellen Themen, welche die
Liga beschäftigen: Luxburg soll in die Liga
integriert werden, obwohl es noch seine Kirchenabgabe zahlt, ein Augenmerk liegt auf
der Eroberung Britanniens, den dadurch gebundenen Machtmitteln und die angewandten Taktiken, die Kontakte zum Nordbund
und die Sicht auf den Rest der Welt. Die Neue
Hanse ist ein Wirtschaftsbund, der im Kern
aus drei Städten besteht, mittlerweile aber
Kontore in allen wichtigen und unwichtigen
CODEX URBANIS
Art Quellenband
(Hardcover)
Verlag Feder & Schwert
Sprache Deutsch
System Engel
Jahr 2007
Preis ca. 30,- Euro
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SSP
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Seite 109
ANDUIN 94
Rezensionen
Handelszentren Europas besitzt. Da sie ausschließlich auf wirtschaftlichen Einfluss, nicht
auf politische Macht setzt, wird die Hanse
mit ihren riesigen stählernen Holgs sowohl in
kirchlichen Gebieten akzeptiert ebenso wie in
den Gebieten und Städten, welche die Kirche
Ketzer nennt. Die Ausführungen zum Nordbund sind dann auf drei Seiten zusammengefasst. Zur Zeit der Ragueliten lies sich im
Norden gut leben, vorausgesetzt man wollte
seine Ruhe haben. Die Ragueliten kümmerten sich nur wenig um die Probleme und Sorgen ihrer Schutzbefohlenen. Unter den Ramieliten hingegen ist alles überreguliert und
schnell fanden sich Widerstandsgruppen zusammen. Und während der Südbund in Oslo
geschlagen wurde, hält der Nordbund sein
Gebiet in Guerilla-Manier.
Während der Nordbund nur eine kurze
Beschreibung abbekommt, liegt der Fokus
doch auf der Urbanis-Liga. Zwar wird sie gut
beschrieben, aber es fallen nur wenig Spielinformationen oder gar Plothooks ab, die man
sofort umsetzen möchte.
Das dritte Kapitel stellt „Musterstädte der
Liga“ vor. Essen, ebenso wie Nürnberg überbevölkert, lebt es wie einst von der Stahlproduktion, und hat keine Hemmungen, Kohle
und anderes aus Met-Nancy zu verkaufen.
Die Doppelstadt selbst, die als nächstes vorgestellt wird, ist an den Kult der Maschine gefallen und vielleicht die fremdartigste Stadt
in dem Band. Die ganze Stadt ist mit einem
Stacheldrahtnetz verhängt, aus denen nur
Aussichtstürme lucken, während die Mauern
zu Schrottwällen mit dicken Kanonen erweitert wurden und der Kult im Inneren ein eisernes Regiment führt. Moskau ist die Trutzburg am Brandland, der Rückzugsort für die
Arbeiter auf den Erdölfeldern und der dritte
Standort für Schwerindustrie. Nach dem Verrat der Kirche um das Brandlandgefährt Exodus ist die Bande zur Kirche geschwächt und
das Bündnis mit der Liga stärker gewachsen.
Wien präsentiert sich als geheime Hauptstadt der Liga unter Lena. Wien liegt dabei
eingegraben unter der alten Stadt, die Reichen wohnen oben in den Kellern, die Armen
im Dutzend unten in den Kanälen. Budapest
ist mittlerweile Wiens Schild gen Osten und
zugleich sein Tor zum Binnenmeer.
Aus meiner Sicht das beste Kapitel und
zugleich das Kapitel mit dem meisten anwendbaren Spielinformationen. Die Städte
werden im Detail lebendig, auch wenn es
einige Merkwürdigkeiten gibt. Wiens Ärmste hausen in den dreckigen, stinkigen, teils
traumsaatverseuchten Kanälen, während die
Vorstädte als leer beschrieben werden. Klar
ist das Gebiet auch nicht ungefährlich, aber
das nicht wenigstens ein paar dieses Schickwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
sal vorziehen? Zu jeder Stadt gibt es zwei
Intimeberichte, die auch graphisch so aufgemacht sind. Einer von Frau Theoderus für die
Kirchensicht und eine vom Hanse-Mercators
Stormbranders. Ein Kritikpunkt des Kapitels
ist allerdings, dass mit Cordoba und Real
zwei der wichtigsten, mächtigsten und schillerndsten Städte der Liga fehlen.
er im Inneren deutlich macht. Natürlich
werden aber auch
Fantasy-Freunde in
ihren dunklen Momenten sowie Jetztzeit-Horrorfreunde
angesprochen.
Gut gelungen sind auch die „Urbane Legenden“, welches reichlich Traumsaatkreaturen vorstellt, während „Dramatis personae“
NSC vorstellt. Erstere werden intime vorgestellt, daher als Bericht eines Schreibers, der
für die Stadt Zurik die Besprechungen des
ersten Konvents wider dem Schrecken der
Traumsaat in Stanbul protokolliert. Bei den
NSC ist es eine bunte Mischung aus großen
Herrschern und kleinen Fischen, wobei hier
die d20-Werte gleich beistehen. Einige haben
nette Plothooks, andere können als Begegnungs-NSC oder schnelle Opposition dienen.
Im Appendix findet man schließlich die d20Werte für Städterklassen (Gelehrter, Würdenträger, Tierbändiger), Prestigeklassen
(Scharfschütze, Leibwächter) sowie die zuvor beschriebene Traumsaat. Den Abschluß
bildet ein zweiseitiger Charakterbogen für
Städter.
Konzeptionell fußt diese CD auf vier Standbeinen „The Creeps“, „Horror“, „Confrontation“ und „Psychosis“ – wie man es auch
auf dem Musikworkshop auf der Nordcon
darlegte.
Vom Layout her ist das Werk engeltypisch
gelungen, das Außenlayout in Gold, innen
reichlich stimmungsvolle schwarz-weiße
Tusche oder bei den Traumsaatkreaturen
Konturzeichnungen. Die Kapitel sind mit Introitus getrennt, überwiegend stimmungsvollen, zweiseitigen Kurzgeschichten, die in die
Kapitel einführen.
Fazit
Der Codex Urbanis kann nicht an die Qualität von Mater Ecclesia oder De bello britannico anschließen, dazu wirkt es zu sehr gestückelt und erzählt zwar viel, aber nur einiges
spielrelevantes. Trotzdem bietet es viele
wertvolle Informationen über die UrbanisLiga und wer in einer der vier Städte spielen
will oder die Liga eine wichtige Rolle in seiner
Kampagne spielt, kommt um diesen Band
nicht drumrum. 
Erdenstern
Into the dark
TEXT: INGO SCHULZE
www.greifenklaue.de
Mittlerweile zum vierten Mal legt Erdenstern einen Soundtrack für Rollenspiele
vor. Und nach den Farben grün, rot und blau
ist es jetzt Into the Dark geworden und öffnet sich so neuen Genres – wie schon der
„Cthulhu geeignet“-Aufkleber sowie ein Fly-
„The creeps“ steht für die Wendepunkte in
der Story. Eben war noch alles normal, doch
dann plötzlich merkt man, dass man im falschen Film ist. Der Song „Into the Dark“ ist
z.B. der Abschied vom Tageslicht und wer
erinnert sich nicht an From Dusk till dawn,
als die Sonne unterging… „Lost“ vermittelt
mit seinem Klavierspiel die Atmosphäre eines verlorenen Ortes, vielleicht auch etwas
in der Zeit verrückt. Gerade fuhr man noch
mit seinem schicken, nagelneuen Benz über
die frisch asphaltierte Straße, nun muss man
im alten viktorianischen Herrenhaus um Hilfe
bitten… „The Cursed“ ist ein ruhiges Stück
– vielleicht zu ruhig? Ab und an schillert ein
leiser Mißton aus der Masse hervor und läßt
leichte Unbehagen aufkommen. „Haunted“
ist ähnlich ruhig, aber schwillt dann im Lied
zu einer spannungsgeladenen Szene an und
steht genau für diesen Moment, wo sich die
Handlung dreht. Da, wo man die Fangzähne
im Mund der alten, harmlosen Oma erkennt
und merkt, dass da definitiv nicht nur Süßstoff im Tee war… Mit „Dungeons“ bekommen auch die dunklen Orte des Fantasy-Rollenspiels ihren Track gewidmet, langsam und
endlos, doch dann kommt da wieder eine
Ecke. Genau die richtige Unterlegung zum
Dungeneering, wenn Ungewißheit herrscht,
was vor einem ist. „Staggering home“ ist der
Abschlußtrack dieser Erdenstern-CD und läßt
die Spieler und Charaktere Freude empfinden, dass man es überlebt hat, gleichzeitig
erinnert eine melancholische Melodie auch
daran, dass es nicht ohne Verluste war. Traditionell gibt es hier den einzigen echten Gesang als Ausklang der CD, diesmal bewußt
traurig und düster.
INTO THE DARK
Art
Verlag
Sprache
Jahr
Preis
Rollenspielmusik
Erdenstern
Deutsch/Englisch
2007
ca. 15,- Euro
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RT
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PG
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Seite 110
ANDUIN 94
Rezensionen
We r t un g
Musik bewerten wir in den Kategorien
Rollenspieltauglichkeit (RT) und persönlicher Geschmack (PG). Aus diesen Einzelnoten ergibt sich die Gesamtwertung,
die neben dem Titel im Wertungskasten
angezeigt wird. Die Wertungsskala reicht
von einem Punkt (sehr schlecht) bis sechs
Punkte (genial).
„Horror“ ist dann wesentlich deutlicher
– von vorneherein ist klar, dass etwas bedrohliches passiert. Die ganze beklemmende
Stimmung geht auf den Hörer über – hier will
er nicht lange bleiben. „Evil Overlord“ macht
gleich klar, dass man nicht nur all seine Kraft
braucht, um den Gegner zu überwinden,
sondern alle List und Tücke – und eine gute
Portion Mut! „Intruder“ führt phantastischverspielt ein, bis plötzlich dunkle Töne aufkommen – und sofort weiß, dass man durch
die falsche Tür gegangen ist. Und von der Atmosphäre der Gefahr steigert sich das Stück
durch monotone, anschwillende Töne in ein
Horrorkabinett, nur um zum Schluß friedlich
abzuschwellen – kurzum, eine echte Achterbahnfahrt der Eindrücke! „Knives, Blood, And
Searing Pain“ ist die akustische Inkarnation
eines bösen Ortes: bedrohliches Anschwillen, tiefe Töne, schräge Geigen, nein, hier
will man weg. „Shadows“ geht sofort nach
Beginn ein paar Oktaven tiefer und dann
schwillt weiblicher Gesang an – vielleicht
Trauergesang, das letzte was diese Wesen
gehört haben? Kann mir gut bei diesem Track
vorstellen, wie die Helden alle Ecken und
Wände des Raums durchsuchen, während
sich in der Mitte die aufgebahrte Leiche ihres
Kameraden unbemerkt erhebt… Bei „Hordes of the undead“ ist es dann die Masse der
Zombies, Ghule oder Skelette, die pures Entsetzen in einen hervorruft… Aber hier findet
sich auch ein heroischer Unterton, der immer
dominanter wird, vielleicht der Kleriker, der
mit der letzten Fackel der Gruppe die Horden
auseinanderdrängt!
Der „Confrontation“-Part geht das ganze
etwas actionorientierter, direkter an. Hier
steht man der Untotenarmee oder gar dem
Erzdämon Aug‘ in Aug‘ gegenüber – und hat
ne Chance. Während man bei „Starting the
hunt“ noch unverdrossen loszieht, ist bei
„Just kill it!“ klar, dass das eigene Leben auf
dem Spiel steht. Und sollte man es verloren
haben, findet zumindest ein letzter „Requiem“ statt. „Wild rage“ treibt den Spieler vor
sich her und ist der ideale Track, wenn die
Handlung auf einen Kampf zutreibt oder man
auf der Flucht vor einer Horde blutlefzender
Wildhundzombies in dunklen Tunneln ist…
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„Flesh and bones“ treibt ähnlich wie der vorgenannte, wenn auch die Atmosphäre nicht
ganz so düster ist. Vielleicht sieht man ja
Licht am Ende des Tunnels?
„Psychosis“ ist der Platz für den subtilen,
unterschwelligen Horror, der womöglich nur
im Geist stattfindet. Die Taverne „The slaughtered Pony“ ist kein guter Platz zur Einkehr
– womöglich auch nur noch die Ruine einer
Taverne, von der man nicht weiß, was die
Nacht bringen wird. Der „Circus“ war schon
immer ein merkwürdiger Ort. Aber auch die
klischeehafte Unschuld, das kleine Mädchen
oder der Geist der Frau in weiß, bekommen
in „Innocence“ ihr Thema. „The ritual“ oder
„Lady of the dark“ ergänzen die Tracks mit
Situationen und Personen, die für Horror und
Dark Fantasy typisch sind. „Traitor“ greift eines der Motive der Into the red auf, drängt
diese dann aber ins Ungewisse – die Selbstbeschreibung „Zwielicht wird gesäht“ trifft
es sehr gut!
Das Konzept geht durchaus auf, auch wenn
die CD nicht wie ihre Vorgänger als lockere
Hintergrundmusik taugt, die nacheinander
weg gehört werden konnte – obwohl es auch
dort schon besser war, gezielt auszuwählen.
War es früher Kür, ist es bei Into the Dark im
Prinzip Pflicht, da sich die CD-Stimmung oft
von normal auf merkwürdig auf spannungsgeladen auf horroresk ändert. Ein Track wie
„Circus“ passt definitiv nicht in jede Situation
und man sollte eben mehr darauf achten, wie
man es einsetzt. Da einem dies aber durch
Titel, Kurzbeschreibung und drei Attributen
sehr leicht gemacht wird – wie bisher auch –
sollte das kein Problem sein.
Die Frage ist natürlich auch, passt die Stimmung tatsächlich? In den meisten Fällen ist
das so, wobei es ein paar Ausnahmen gibt
oder Dinge, die es zu bedenken gilt. „Hordes
of the Undead“ mutet nach Zombiehorden
an, die einen überrennen. Beim Hören fällt
dann aber sehr wohl ein heroischer Unterton
auf, der dem SL so vielleicht nicht ins Konzept passte. Würde so vielleicht auch besser
zum „Confrontation“-Teil passen. Aufgrund
des Genres muss man also wirklich mehr
aussuchen, was passt zu welcher Situation.
Ansonsten passen die Beschreibungen aber
eigentlich immer wie die Faust aufs Auge,
wer es bewußt einige Male durchgehört hat,
sollte eigentlich wissen, ob man es so einsetzen kann, wie man es sich gedacht hat.
Das „Nebenbei zum Lesen“-Hören ist sicherlich keine Eigenschaft, die ein HorrorSoundtrack erfüllen sollte. Viele Tracks enthalten die Thematik des Umschwenkens von
normaler Atmosphäre in eine außergewöhnliche, bedrohliche Situation, aber auch Kämp-
fe, Heldentaten, Phasen der Ruhe. Während
andere Erdenstern-CDs im gewissen Sinne
eine konstante Atmosphäre mit wenigen
Wechseln hatte, geht es hier Schlag auf
Schlag von der Ruhe zum Sturm und vice versa. Kurzum, nix zum nebenbei laufen lassen,
aber hervorragend zum gezielten Einsatz.
Vom Drumherum passt alles. Das Booklet
ist mittlerweile 12-seitig und farbig gedruckt,
wenn auch düster gehalten. Stimmige Computerillustrationen unterstreichen die Atmosphäre, auch wenn schwarz-weiß und echte
Fotos hier meiner Meinung nach besser gepasst hätte. Der Preis wurde wieder unter 15
Euro gesenkt und man bekommt eine randvolle CD – 79:59 Minuten Laufzeit sprechen
für sich und könnten manchem Vorbild sein.
Fazit
Mit Into the dark liefert Erdenstern erneut
eine gelungene Rollenspiel-CD. Nicht jeder
Track ist für jedes Genre geeignet und man
muss gezielter auswählen als bei den Vorgängern. Dafür sie aber neben dem FantasyGenre für alles Düsterere bis zur Neuzeit, beschränkt auch für SciFi, geeignet. 
SCHNELLSCHÜSSE
TEXT: INGO SCHULZE
www.lorp.de
Mit Schnellschüsse
legt der Vortex-Verlag
nach dem Regelwerk
und dem Spielleiterpaket nun eine Abenteuersammlung für
Unknown Armies mit
insgesamt fünf Schüssen vor. Anspruch
hierbei ist das schnelle Funktionieren der Abenteuer, die unter
die Haut gehen sollen. Alle Szenarien haben
vorgefertigte Charaktere und funktionieren
mehr oder minder nur mit diesen. Alle sind
als Oneshots angelegt – hinterher kann man
sich natürlich immer noch überlegen, ob man
mit der Konstellation weitermachen kann
und möchte.
SCHNELLSCHÜSSE
Art Abenteuer
(Softcover)
Verlag Vortex Verlag
Sprache Deutsch
System Unknown Armies
Jahr 2007
Preis ca. 23,- Euro
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P/L
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AUF
4
SSP
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Seite 111
ANDUIN 94
Rezensionen
In „Der Ausbruch“ verkörpern die Spielercharaktere drei Fraktionen: eine kleine
Gruppe Gefängnisausbrechern, welchen die
Flucht gelungen ist, unterwegs genommenen Geiseln sowie dem Ehepaar, denen das
Haus gehört, in denen sie sich nun verstecken. Jeder Charakter hat eigene Ziele. Für
die Ausbrecher ist es sicherlich die Freiheit,
aber nicht für jeden ist die Wahl der Mittel
beliebig. Für die Geiseln ist das Ziel an sich
ähnlich: Überleben. Und die Hausbesitzer
wären froh den Haufen Fremder eher jetzt als
später wieder los zu werden. Kurzum, wenn
sich alle still verhalten würden, wäre man
schnell durch. Jedoch werden sich in so einer
Extremsituation nicht alle still verhalten und
wenn doch, beinhaltet das Abenteuer einige
Mittel, um doch noch Feuer in die Geschichte zu bringen. Die Motive sind geschickt verteilt, ebenso die möglichen Waffen. Für das
örtlich übersichtliche Szenario werden auch
Vorschläge für eine Liveumsetzung gemacht,
was mir sehr gut gefiel.
In „Interessante Zeiten“ geht es um mysteriöse Vorkommnisse in einem Reservat, die
untersucht werden wollen. Wenn die Gruppe einen entsprechenden Hintergrund hat,
ist dies das Abenteuer, was am ehesten in
eine laufende Kampagne eingebaut werden
kann. Innerhalb von zwei Wochen gehen
über dem Reservatsdorf Bahadea erst ein
Fischregen, genauer Lachse nach Cajun-Art
bereitet, nieder, dann wurden indianische
Kunstgegenstände verschandelt von Vandalen, die keine Spuren hinterlassen haben
und schließlich erfaßte die kollektive Vision
einer Wolfsschlange die Bewohner. Grund
genug also, dem nachzugehen. Das alljährliche Dorf-Festival bietet die Gelegenheit für
die SC unauffällig tätig
zu werden – aber dummerweise lesen auch
andere Fraktionen Zeitung und kommen auf
ähnliche Ideen. Dieses eher detektivische
Abenteuer lebt dann auch nicht nur von den
eigentlichen Ermittlungen, sondern auch in
der Interaktion mit den anderen Interessensgruppen, die den Weg der Spieler kreuzen.
Interessant ist die Schnellstartanleitungen,
um die Spieler mit ggf. den vorgefertigten
Chars sofort und ohne Umschweife in die
Handlung zu transportieren, was es ideal –
wie die meisten Abenteuer des Bandes – für
Con- und Schnupperrunden macht.
in der abgewrackten Wohnwagensiedlung
Rancho Mirago in der Wüste. An dem Ort war
noch nie viel los, ein letzter Zufluchtspunkt
für gescheiterte Charaktere, zu denen auch
die SC zählen. Ab und an kommen hier riesige 40-Tonner durchgerauscht, aber auch das
bleibt mittlerweile aus und die Ressourcen
in der kleinen Siedlung erschöpfen sich langsam. Grund genug, um mal zu schauen, wie
es im Rest der Welt aussieht… Ein apokalyptisches Abenteuer mit verschiedenen Auflösungen, die je nach dem Gruppengeschmack
gestaltet werden können.
„Freud und Leid“ ist eindeutig das abstrakteste Abenteuer des Bandes und bietet ganz
ungewöhnliche Herausforderungen. Die Charaktere sind die Bewohner eines Hauses in einer heruntergekommen Siedlung, als sie eine
neue Tür im Haus finden und dort im wahrsten Sinne auf eine Geschichte um Freud und
Leid stoßen. Das Abenteuer wird nicht jedem
liegen, hat man einerseits neue Charaktere,
muss sich andererseits über die glücklichsten
und furchtbaren Momenten seines Spielercharakters klar sein.
Als Bonusmaterial gibt es im Anhang zu
jedem der (möglichen) Spielercharaktere
einen einseitigen Charakterbogen mit Spielwerten als auch Hintergrundinformationen,
wobei die Bögen abenteuerspezifisch gestaltet wurden. Das Softcover mit rund 128 Seiten macht vom Layout als auch vom Cvover
einen guten Eindruck.
Bei „Gen Himmel“ geht es um eine Flugzeugentführung und wurde vor dem 9.11.
geschrieben, wie schon zu Anfang betont
wird. Die Charaktere sind Fluggäste und –
begleiter, kennen sich aber nicht und sitzen
an völlig unterschiedlichen Orten der doppelstöckigen Maschine. So sitzen die SC in einer
Maschine, die von zwei mehr oder minder
arabischen Terroristen entführt wird. Und so
ist nun jeder auf sich gestellt, genug Mumm
in den Knochen zu haben, um sich dem entgegenzustellen. Allerdings kann es ohne weiteres auch so sein, dass die SC die Entführer
schon nach kurzer Zeit ausgeschaltet haben,
so dass gar keiner mitkriegt, warum es ein
UA-Abenteuer ist. Auch ist der Vorschlag zum
einbinden in die reguläre Kampagne eine
Geschmackssache. Der
Entführer soll zum Bösewicht der Kampagne
ausgebaut werden, um
dann einen Schnitt auf
dieses Abenteuer zu machen und den Spielern die
neuen Charaktere an die Hand
zu geben. Das ist zwar stückweise
durchaus elegant, aber für die Spieler
möglicherweise frustrierend, wenn ihre eigentlichen Charaktere keine Möglichkeit
zum Eingreifen haben und vor vollendete
Tatsachen gestellt werden. Ansonsten ist
es wie im ersten Abenteuer die etwas
andere Gruppenkonstellation, die das
Abenteuer reizvoll machen.
Letztes Abenteuer im Bunde ist „Und leise
wächst das Gras“. Die Charaktere wohnen
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Die Abenteuer selbst ließen sich neben
Unknown Armies auch teilweise mit Cthulhu
Now oder besser KULT realisieren und sind
sicherlich gerade für Fans letzteren Werks
einen Blick wert. Den Aufbau als OneShots
mit vorgefertigten Charakteren muss man
mögen, damit die Abenteuer Gefallen finden. Die meisten Abenteuer können durch
ungewöhnliche Ideen, Gruppenkonstellationen oder Spielleitertipps durchaus punkten,
wobei man sich schon kritisch hinterfragen
muss, inwieweit es beim eigenen Publikum
ankommt. Gelungen sind die Schnellstarts,
welche die Charaktere sofort ins Abenteuer
katapultieren.
Fazit
Unknown Armies-Fans können sich mit
Schnellschüsse über neues gelungenes
Material freuen und erhalten fünf originelle,
schnell funktionierende Abenteuer mit den
genannten Einschränkungen. 
Arcana
Cthulhiana
TEXT: INGO SCHULZE
www.lorp.de
Arcana Cthulhiana
widmet sich, wie der
Titel schon vermuten läßt, den arkanen
Künsten im CthulhuUniversum. Auf 240
Seiten wird sich um
das Thema Magie gekümmert, davon mehr
als die Hälfte als Grimoire des Mythos mit einem Sammelsurium aus Zaubersprüchen aus
Seite 112
ANDUIN 94
Rezensionen
den verschiedensten Quellen. Der Rest des
Bandes bietet dann ein Überblick über historische magische Praktiken, dem Anwenden
cthuluider Magie und dessen Auswirkungen.
Schließlich kann im Cthulhu-Universum jeder
zaubern, zumindest theoretisch. Denn letztlich opfert man seine geistige Stabilität, seine
Seele oder noch ganz andere Dinge, um Magie zu vollbringen.
Das ganze Buch ist in großen Teilen ingame aufbereitet, alles beginnt mit den mehrteiligen Bekenntnissen des Wingate Peaslee,
der sich Ende der 70er auf die Spur seines
Vaters macht und dies schriftlich dokumentiert. Und beim Nachrecherchieren entdeckt
er verschiedene Schriftwechsel oder Literaturempfehlungen, die er dann in seinen
Aufzeichnungen, seinem „Arcana Cthuliana“
sammelt. Kurzum viel Fluff (atmospärisches
Material), wenig Crunch (Regelmaterial) neben den Zaubern. So gestaltet sich „Magie
und Schamanismus in der Geschichte der
Völker“ als reger Briefwechsel zwischen drei
Professoren und dem Dekan der Universität Berlin. So ist es Professor Walden, der
aus dem Fernen Osten berichtet – sicherlich
dem ein oder anderen noch als NSC aus dem
Abenteuerband Chaugnar Faugns Fluch bekannt. Prof. Hagedorn von der Uni Münster
schreibt hingegen von Afrika und dem Orient, bis er auf den Folianten eines gewissen
Abu al’Hassans stößt, denn er am morgigen
Tage aufsuchen will. Seitdem gilt er übrigens
als verschollen… Der unkonventionelle Dr.
Ahlstedt hingegen ist auf Europa konzentriert und versucht gemeinsame magische
Traditionen nachzuweisen.
Insgesamt macht dieser Stil einfach Spaß
beim Lesen. Natürlich erhält man nicht kompakte Informationen auf einen Blick, sondern
mehr oder minder blumige Beschreibungen,
welchen aber auch einen großen Raum für
eigene Ideen läßt und diese auch anregt.
Kleine Feinheiten, wie Anspielungen auf die
Kollegen oder kurze Episoden aus dem Privatleben, lockern das ganze auf und geben
dem ganzen einen realen Anstrich. Wenn sich
die Spielercharaktere also irgendwann mal
an Nachforschungen zu einem der Themen
machen, kann man ihnen einen Batzen Briefe in die Hand drücken. Nachdem auch noch
Kabbala, Voodoo, mittelalterliche Alchemie
und magische Orte und Paraphernalia in ähnlicher Weise abgearbeitet wurden folgt das
Grimoire. Natürlich während Wingate Peaslee weiter auf der Spur seines Vaters bleibt
und mehr und mehr in das Thema Magie
eintaucht – und selbst zum Spielball der Geschichte wird.
Mit „Ein Grimoire des Mythos“ folgen
dann die Aufzeichnungen von Peaslees über
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
alle Sprüche, die er dabei kennengelernt hat.
Naja, genau genommen wäre er wohl fünfmal wahnsinnig geworden, hätte er diese alle
tatsächlich aus den verschiedenen Werken
gesammelt, die als Quelle angegeben sind.
den Plan geflutet werden. Gemeinerweise
können die wandelnden Fleischhaufen aber
von jedem Mitspieler gezogen werden, denn
jeder versucht im Normalfall die Bedrohung
von sich und auf andere zu lenken.
Das Grimoire ist bewußt nicht der Versuch,
jeden Zauber aus allen erdenklichen Quellen
festzuhalten, dazu gibt es zu viele Zauber aus
Fanabenteuern, unbalancierte Zauber oder
solche, die speziell auf ein Abenteuer zugeschnitten sind. So wundert es dann nicht,
dass ein Großteil der Zauber aus dem Spielleiter-Handbuch oder dem Necronomicon
stammen. Für ersteres wurden ja nach einem
ähnlichen Prinzip die Zaubern gesammelt.
Dafür erhält man eine ausführliche Beschreibungen und einige wenige neue Zauber.
Die eigentlichen Regeln sind nicht sehr
aufregend, dennoch kann das Spiel durch
die sehr drastischen, aber mit einer makabren Art von Humor belegten Ereignis- und
Waffenkarten Punkte sammeln. Um aber
tatsächlich voll überzeugen zu können, hätten die variablen Spielpläne hübscher und
die Handlungsmöglichkeiten vielfältiger sein
müssen.
Zum Abschluß gibt es freizügige Tipps, wie
man Zauber entwickeln kann – allerdings
keine festen Regeln sondern nur Richtlinien.
Mit „Es geschah am Potsdamer Platz“ gibt es
ein Beispielabenteuer, nur anhand von Handouts geschildert, welches um einen Zauber
konzipiert ist. Aufmachung und Layout sind
cthulhutypisch gelungen, stimmungsvoll
unterlegte Bilder, reichlich Handouts, Hardcover mit Einband, das ganze zum Preis von
30 Euro bei 240 Seiten – vorausgesetzt man
kann etwas mit dem Inhalt anfangen, dann
stimmt hier alles.
Fazit
Wer nüchterne Regeln und sachliche Kurzbeschreibungen sucht, der ist hier falsch.
Wer hingegen gut recherchierte, mit viel Fluff
ausgestattete Texte mag, für den ist dies ein
weiterer Meilenstein. Wer gerne magiereiche
Abenteuer schreibt, findet hier zudem gute
Inspiration und reichlich Sprüche. 
Zombies!!!
Fazit
Zombies!!! ist ein kurzweiliges, aber nicht
besonders tiefgehendes Brettspiel, das man
immer Mal wieder gerne aus dem Schrank
zieht. Inzwischen wurde es mit etlichen
durchaus gelungenen Erweiterungen beglückt, die teils etwas mehr Tiefe, zumindest
aber immer neue Karten ins Spiel bringen. 
Mall of Horror
TEXT: TOMMY HEINIG
Zombies erleben
gerade ein Revival
– entschuldigt den
schlechten Wortwitz, aber nach diversen Filmen wie
„Dawn of the Dead“
oder dem Klamauk
„Shaun of the Dead“ und Brettspielen wie
Zombies!!! erfreuen sich unsere untoten Mitmenschen großer Beliebtheit. Mall of Horror widmet sich nun ebenfalls diesem Thema, doch erscheint es auf den ersten Blick
TEXT: TOMMY HEINIG
MALL OF HORROR
Haufenweise Plastikzombies, die langsam
schlurfend einer Horde vor ihnen Fliehender
hinterherwankt – eine Szene, die man aus etlichen, vor allem älteren Horrorfilmen (jene,
bevor die Zombies das Rennen lernten)
kennt. Nun können solche Szenen aber auch
bequem am Spieltisch nachgespielt werden
– Zombies!!! sei Dank.
Art Brettspiel
Verlag Asmodee
Sprache Deutsch
Dauer ab 60 Minuten
Spieler 2 – 6 Spieler
Jahr 2006
Preis ca. 30,- Euro
Die Spieler übernehmen die vor ZombieHorden flüchtenden Figuren, die sich auf
quadratischen und beliebig zusammenlegbaren Bodenplatten von drei mal drei Feldern
bewegen können. Ziel ist es, zum rettenden
Hubschrauberlandeplatz zu gelangen und einen Sitzplatz in die Sicherheit zu erhaschen.
Das zu verhindern suchen Berge von Plastikuntoten, die durch die Spielmechanik auf
ZOMBIES!!!
Art Brettspiel
Verlag Pegasus
Sprache Deutsch, Englisch
Dauer ab 60 Minuten
Spieler 2 – 6 Spieler
Jahr 2005
Preis ca. 20,- Euro
5
P/L
4
AUF
5
SSP
5
4
P/L
3
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4
SSP
4
Seite 113
ANDUIN 94
Rezensionen
erschreckender als seine Kollegen. Wie oft ist
es schon gründlich daneben gegangen, wenn
Spieledesigner einem an sich abstrakten Spiel
ein Thema aufdrücken wollen, unabhängig
davon ob es nun passend ist oder nicht – nur
weil dieses Thema gerade ein Hype ist? Mall
of Horror begibt sich auch in diese Gefahr,
denn es ist hinter seiner Zombie-Verkleidung
ein einfaches Abstimmungsspiel.
Jeder Spieler übernimmt die Kontrolle
über 3 Charaktere, einem Typen mit Knarre
(Wert 3), einem Muskelberg (Wert 5) und einer hinreißenden Schönheit (Wert 7). Ziel des
Spieles ist es möglichst viele seiner Charaktere oder zumindest einen möglichst hohen
Punktwert bis zum Spielende zu retten. Die
Charaktere sind nämlich in der unglücklichen
Lage in einem Einkaufszentrum eingesperrt
zu sein, welches aus sechs Gebieten besteht:
dem Parkdeck, den öffentlichen Toiletten,
der Sicherheitszentrale und drei verschiedenen Geschäften. Zombiehorden stürmen
den Konsumpalast und versuchen Futter zu
finden. Die Charaktere hetzen von Gebiet zu
Gebiet um möglichst den gierigen Untoten
zu entkommen.
Zu Spielbeginn würfelt jeder Spieler für jeden seiner Charaktere zwei Würfel und setzt
den Charakter auf eines der beiden durch die
Würfel angezeigten Felder. Anschließend
würfelt der älteste Spieler vier Würfel und
setzt auf diese vier Gebiete jeweils einen
Zombie. Nachdem der Stapel mit den Aktionskarten gemischt wurde kann das Spiel
beginnen.
Rundenweise werden verschiedene Phasen
durchgeführt, es fängt an mit dem Plündern
der Autos auf dem Parkdeck. Jeder Spieler,
der einen Charakter auf dem Parkdeck stehen
hat, darf auf einer Drehscheibe einen ebenfalls auf dem Parkdeck vertretenen Spieler
(auch sich selbst!) verdeckt einstellen. Alle
Spieler drehen ihre Entscheidung gleichzeitig
um und der Spieler mit den meisten Stimmen
darf drei Karten vom Aktionskartenstapel
ziehen. Eine der Karten behält er, eine andere gibt er an einen beliebigen Spieler weiter
und die dritte kommt wieder unter den Stapel. Sollte es bei der Abstimmung zu einem
Unentschieden kommen, so wird noch eine
zweite Wahlrunde durchgeführt. Bringt auch
diese kein Ergebnis, so finden die Spieler in
dieser Runde nichts nützliches in den Autos.
Bei der Gelegenheit könnte ich kurz erwähnen, was es so zu finden gibt. Wie es sich für
ein Zombiespiel gehört gibt es natürlich verschiedene Waffen, die je nach Stärke einen
oder zwei Zombies von einem Gebiet wegfetzen können. Aber es gibt auch Karten,
mit denen man sich vor Zombies verstecken
kann, mit denen man ein Gebiet so verstärwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ken kann dass Zombies schwerer eindringen
können oder mit dem man dem Sicherheitschef (siehe unten) über die Schulter schauen
kann. Jede Aktionskarte kann nur einmal eingesetzt werden und sie wird anschließend
aus dem Spiel genommen.
In der folgenden Phase wird der neue Sicherheitschef gewählt, was analog zu der
Abstimmung im Parkdeck abläuft, nur dass
dieses Mal jene Charaktere mitstimmen dürfen, die sich in der Sicherheitszentrale aufhalten. Der Sicherheitschef erfüllt im Spiel eine
wichtige Aufgabe und bekommt dafür auch
eine mächtige Belohnung, doch dazu gleich
mehr.
Der Sicherheitschef würfelt nun verdeckt
unter einem dem Spiel beiliegenden Würfelbecher vier Würfel und bestimmt somit, wo
in dieser Runde neue Zombies auftauchen
werden. Nur er oder Spieler mit einer entsprechenden Aktionskarte dürfen die Würfel
ansehen. Anschließend bestimmt der Sicherheitschef ebenfalls auf der Drehscheibe wohin einer seiner Charaktere gehen soll, denn
jede Runde muss sich ein Charakter jedes
Spielers bewegen. Man bestimmt auf der
Drehscheibe aber nur wohin und nicht wer
gehen muss. Nachdem der Sicherheitschef
seine Entscheidung allen bekannt gemacht
hat, stellen die restlichen Spieler ihre Bewegung heimlich ein. Nun werden die Würfel
aufgedeckt und die Zombies platziert. Zusätzlich wird ein Zombie auf das Gebiet gestellt, auf dem am meisten Charaktere stehen, denn der Geruch frischen Fleisches lockt
sie an. Und auf das Gebiet mit den meisten
Cheerleader-Schönheiten wird ebenfalls ein
Zombie gestellt, denn deren Geschrei wirkt
ebenfalls sehr verlockend.
Nun kommt es zu der Phase, in der die
Spieler einen Charakter tatsächlich auf das
Gebiet bewegen müssen, das sie zuvor auf
der Drehscheibe eingestellt hatten. Dabei
gilt es aber zu beachten, dass jedes Gebiet
(außer das Parkdeck, doch dazu gleich mehr)
nur eine bestimmte Anzahl an Charakteren
aufnehmen kann (drei in der Sicherheitszentrale bis maximal sechs im Supermarkt). Ist ein
Gebiet bereits voll besetzt, so müssen weitere Charaktere ins Parkdeck ausweichen. In jedem Gebiet müssen mehr Charaktere stehen
als Zombies, sonst können die Untoten das
Gebiet stürmen und einen Charakter auffressen. Glücklicherweise zählen die Charaktere
mit dem Wert 5 doppelt. Sollte es dennoch
nicht reichen, so stimmen die Spieler in diesem Gebiet darüber ab, wer gefressen wird.
Dieser Charakter wird aus dem Spiel genommen und ebenso werden alle Zombies an
diesem Gebiet vom Spielfeld genommen.
Das Parkdeck ist eine Ausnahme, denn hier
frisst jeder Zombie einen Charakter. Solange
ein Zombie auf dem Parkdeck steht, stimmen
die Spieler ab, wer gefressen wird, und nehmen dann den Charakter und einen Zombie
vom Spielfeld.
Schließlich ist die Runde zu Ende und die
Spieler starten neu mit dem Durchsuchen
des Parkdecks. Das Spiel endet, sobald nur
noch vier Charaktere im Spiel sind oder alle
Charaktere sich in einem Gebiet befinden
(aber nicht das Parkdeck). Der Spieler mit
den höchsten im Spiel verbliebenen Charakterwerten gewinnt das Spiel, das bis hierhin
etwa eine Stunde gedauert hat. Für das Spiel
mit nur drei Spielern liegt ein zusätzlicher
Charakter (das Kind mit Wert 1) bei, während
beim Spiel mit sechs Spielern das Spiel endet,
sobald nur noch sechs Charaktere leben.
Das Spiel ist grandios aufgemacht, angefangen von den phantastischen Zeichnungen
bis hin zu den detailierten Zombiefiguren.
Dass die Spielcharaktere keine Plastikfiguren
sondern runde Holzmarker mit Aufklebern
sind stört nicht, sorgt sogar für bessere Übersicht. Nur auf den Aktionskarten, so stylisch
sie auch sind, hätte es nicht geschadet, wenn
man einen kurzen Text aufgedruckt hätte.
Anfänger haben so zunächst Schwierigkeiten
zu behalten, was welche Karte macht. Auch
die Anleitung ist gut gemacht und die Regeln
sind ohnehin nicht sehr komplex.
Kommen wir zu der eingangs geäußerten
Befürchtung zurück, das Thema des Spiels
könnte sehr aufgezwungen wirken. Das ist
definitiv überhaupt nicht der Fall – im Gegenteil wirkt das Abstimmen gerade durch das
Horror-Thema stimmungsvoll. Die Klischees
aus diversen Zombiefilmen wurden perfekt
eingefangen, seien es nun die schreienden
Cheerleader (die meist zuerst dran glauben
müssen, weil sie ja den höchsten Punktwert
haben), der überlaufene Supermarkt, die
genre-typischen Waffen (Shotgun, Granaten,
Kettensäge, etc.) oder die fiesen Abstimmungen, wer gefressen werden soll.
Fazit
Mall of Horror hat mir sehr gut gefallen, allerdings sollte man es nur in einer
Runde spielen, in der alle Mitspieler nicht
eingeschnappt reagieren, wenn sie gewählt
werden. Wer schon bei Mensch ärgere Dich
nicht mit Schmolllippe herumläuft, für den
ist so ein harter Zombieüberlebenskampf
nichts. Alle anderen haben mit diesem Spiel
eine geniale Umsetzung des Themas und
eines der besten verfügbaren Abstimmungsspiele. Und für die wunderbaren Illustrationen nimmt man auch den etwas höheren
Kaufpreis hin. 
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Ritter und Magier
ANDUIN 94
RITTER UND MAGIER
WIR BEFINDEN UNS IN EINEM KRIEG…
TEXT UND ILLUSTRATION: MATTHIAS BUYKEN
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ANDUIN 94
Die letzte Seite
CONVENTION
KALENDAR
1. MeCon 2008
DAILOR
22. Februar bis 24. Februar 2008
Meckesheim (Baden-Würtemberg)
http://mecon.de.tl
Chimeracon VI
23. Februar bis 24. Februar 2008
Schweinfurt (Bayern)
http://www.chimera-con.de
KING CON
14. März bis 16. März 2008
Duisburg (Nordrhein-Westfalen)
http://www.king-con.de.vu
13. Conventus Leonis
28. März bis 30. März 2008 Convention
Braunschweig (Niedersachsen)
http://www.conventusleonis.de
Hannover spielt! 15
29. März bis 30. März 2008
Hannover (Niedersachsen)
http://www.hspielt.de
RPC – Münster 2008
26. April bis 27. April 2008
Münster (Nordrhein-Westfalen)
http://www.rpc-germany.de
FeenCon 2008
5. Juli bis 6. Juli 2008
Bonn (Nordrhein-Westfalen)
http://www.feencon.de
2 Augsburger Zock
6. September bis 7. September 2008
Augsburg-Göggingen (Bayern)
http://www.spieleschmiede.info
Quelle: www.gfrev.de
STILBLÜTEN
Spieler: „…verfensterte Gitter…”
Spielleiter: „Der Kobold greift Dich mit
einem langen Stiletto an.”
Spieler 1: „Ich esse nicht gerne Hase, die sind
immer so schön fluffig.”
Spieler 2: „Das Fluffige kann man ja aufheben.”
Spielleiter: „Er sagt ein paar unsichtbare
Worte.”
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Spieler 1 (zu einer Wache): „Wo ist das Haus
Kundarak?”
Wache: „Sehe ich aus wie ein Wegweiser?
Habe ich hölzerne Hinweisschilder an mir
hängen?”
Spieler 1: „Nein. Obwohl das die Sache einfacher machen würde.”
Spielleiter: „Plötzlich taucht Boromir neben
Dir auf…“ (eigentlich heißt der Charakter
Radomir)
Spieler 1: „Der Zwerg ist ertrunken.”
Spieler 2: „In Wasser?”
Spieler 3: „In Bier ertrinkt kein Zwerg.”
Gespräch über die logischen Fehler bei untoten Skeletten:
Spieler 1 über Skelette: „ Eigentlich kannst
Du ja nicht gehen ohne Muskeln!“
Spieler 2: „ Eigentlich kannst Du auch nicht
leben wenn du tot bist!“
Spieler 1: „Böse an sich ist ja eine gute
Sache.”
Spielleiter: „Die Schenke sieht verheißungsvoll aus und heißt Travias Abort.“
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