musik für - Hochschule für Musik Freiburg

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musik für - Hochschule für Musik Freiburg
JAHRBUCH
2009/10
Hochschule
FÜR MUSIK
Freiburg
JAHRBUCH
2009/10
JAHRBUCH
2009/10
INHALT
Editorial … 0 0 7
NACHRICHTEN … 0 0 8
Neue Professoren … 0 0 9
Der Aktionstag Musikalische Bildung in Freiburg … 0 1 3
Lucia Schell
welcome what happens next. … 0 2 7
Prof. Cornelius Schwehr
Bericht aus dem Institut für Musikermedizin … 0 2 8
Prof. Dr. Claudia Spahn und Prof. Dr. Bernhard Richter
Freiburger Akademie zur Begabtenförderung (FAB) … 0 3 1
Prof. Christoph Sischka
Violinisten aus aller Welt … 0 3 6
Hans-Joachim Schmolski
Warschau – Freiburg … 0 4 2
Prof. Sylvie Altenburger
CooCooPhasing … 0 4 3
Alexander Grebtschenko
La fedeltà premiata … 0 4 8
Auftritt: Teddy … 0 5 0
Prof. Janina Klassen
Rara-Bestand in der Bibliothek … 0 5 4
Ursula Wild
Neue Präsentationstechnik im Seminarraum 101 … 0 5 5
Hanspeter Brutschin
Jahresrückblick des AStA … 0 5 7
Josef Huber
Harald Rösch ist gestorben … 0 5 9
Manfred Klimanski
Glückwünsche … 0 6 1
Carl Seemann 1910–1983 … 0 7 0
Prof. Michael Leuschner
Verabschiedung in den Ruhestand … 0 7 2
Kurz gemeldet … 0 7 3 Neu engagiert … 0 7 9
TEXTE … 0 8 2
Beobachtungen zur Motette der Ars Antiqua … 0 8 3
Markus Bohlen
Das »Elegische« an Ferruccio Busonis Berceuse ­élégiaque … 0 9 5
Klara Baumann
Arnold Schönberg und der Harmonie fremde Töne … 1 0 7
Jürgen Stolle
Trio für Klarinette, Cello und Vibraphon … 1 1 7
Fredrik Wallberg
Schimpfarena … 1 2 8
Hannah Schwegler
Neue Musik vermitteln … 1 3 3
Prof. Dr. Andreas Doerne und Prof. Dr. Hans Schneider
Untersuchung der Spielbewegung bei Geigern … 1 4 8
Céline Wasmer
JAHRESBERICHT 2008/2009 … 1 5 2
Finanzielles … 1 5 3
Personelles … 1 5 4
Was die Verwaltung so treibt … 1 5 5
Und zum Schluss ein Gutsle … 1 5 6
Manfred Klimanski
Reflexion der Lehre … 1 5 9
Alte und neue Partnerschaften … 1 6 0
Aktionstag Musikalische Bildung … 1 6 1
Dr. Rüdiger Nolte
Studien- und Prüfungsordnungen … 1 6 3
Prof. Helmut Lörscher
Bericht des International Office … 1 6 6
Prof. Scott Sandmeier
Studienbewerber- und Studentenstatistik … 1 6 9
Personalveränderungen in der Lehre … 1 7 2
Die Hochschule als Musikveranstalter … 1 7 4
Impressum … 1 7 6
Liebe Leserinnen und Leser,
Musik ist eine schöne Kunst. Doch bevor sie dazu wird, bedarf es harter Arbeit. Und wenn sie es ist, zeigt sich diese Kunst auch als Kunst der Wettbewerbe und der Konkurrenz.
Wir wollen in Freiburg unseren Musikstudierenden möglichst viele Freiräume
für ihre künstlerische Entwicklung lassen. Wir wollen sie aber auch auf die
Realitäten ihres zukünftigen Berufslebens vorbereiten.
So macht es aus vielerlei Gründen Sinn, dass wir uns in Freiburg mit Wettbewerben der internationalen Konkurrenz stellen, 2009 mit dem »Internationalen Klarinettenwettbewerb« und im vergangenen August 2010 mit dem »Internationalen Violinwettbewerb Freiburg«.
Diesem eindeutigen Prinzip eindeutiger Konkurrenz stellen wir aber weiterhin unseren Anspruch auf künstlerische Nachdenklichkeit zur Seite und zwar
für Orchestermusiker, Schulmusiker, Solisten, Musikpädagogen, Sänger oder
Kirchenmusiker gleichermaßen.
Wieder berichten wir in unserem Jahrbuch nicht nur von Geschehnissen der
vergangenen 12 Monate, sondern zeigen mit »nachdenklichen« Beiträgen von
Studierenden, wie weit gefächert sich musikbezogene Reflexionen präsentieren können – als Vielfalt der an unserer Musikhochschule gewünschten umfassenden Qualifizierung.
Mit besten Grüßen
Dr. Rüdiger Nolte
Rektor
006 | 007
NACHRICHTEN
Neue Professoren
Neil Beardmore
Opernkorrepetition
Nachfolge
Prof. Ulrich Furrer
zum 1.10.10
Der Brite Neil Beardmore studierte Musikwissenschaften an der Universität
von Durham und danach Klavierbegleitung an der Guildhall School of Music
and Drama in London, unter anderen bei Graham Johnson und Geoffrey
Parsons. 1991 zog Neil Beardmore nach Frankreich, wo er immer noch lebt.
Als Begleiter wirkte er in Konzerten und Liederabenden im Théâtre du Châtelet oder Wigmore Hall mit, als Repetitor an der Opéra Comique, bei Festivals
wie Glyndebourne oder Aldeburgh und in Theatern. Er spezialisierte sich im
Fach Orchesterleitung und nahm auf Einladung von Louis Langrée eine Stelle
als Assistent des GMD an der Nationaloper in Lyon an. Hier arbeitete er bis
2001 und dirigierte Das schlaue Füchslein von Janacek, The Rape of Lucretia von Britten und Der bekehrte Trunkenbold von Gluck. Zwischen 2002 und 2007 arbeitete
Neil Beardmore an der Opéra national du Rhin als musikalischer Leiter des
Opernstudios, wo er mehre Opernprojekte dirigierte. Im Juni 2007 feierte er
seine Premiere als Dirigent an der Nationaloper von Paris, wo er The Rape
of Lucretia leitete. Im selben Jahr nahm er auf Einladung von Gerd Heinz eine
Stelle an der Hochschule für Musik in Freiburg an, wo er Musikalischer Leiter
diverser Opernschul-Projekte war: Patience von Gilbert und Sullivan und Pelléas/Mélisande/Golaud-Projekt V.1–I.1.
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Eric Le Sage
Klavier
Nachfolge
Prof. Vitali Berzon
zum 1.10.10
Der französische Pianist, geboren 1964, ist einer der führenden Vertreter der
französischen Klavierschule, bekannt durch seine Interpretation der großen
Romantiker und der französischen Musik. Seit 2006 (und bis 2010) setzt sich
le Sage intensiv mit dem Gesamtwerk von Schumanns Klavierkompositionen
auseinander. Er ist, zusammen mit dem Klarinettisten Paul Meyer und dem
Flötisten Emmanuel Pahud, Gründer und Künstlerischer Leiter des internationalen Kammermusik-festivals »Salon-de-Provence‚ Musique à l’Empéri«.
Als Solist und Kammermusiker tritt er in den Konzerthäusern Europas, Südamerikas, der USA und Japans auf. Als Solist musiziert er mit den Dresdner
Philharmonikern, dem Orchestre National du Capitole de Toulouse, dem Niederländischen Radio Sinfonieorchester, dem Kölner Kammerorchester, dem
Orchestre Philharmonique de Radio France und dem Orchestre National d’Ile
de France. Eric Le Sage ist Preisträger beim Internationalen Klavierwettbewerb
in Porto 1985, Robert Schumann Wettbewerb in Zwickau 1989, Internationalen Klavierwettbewerb in Leeds 1989. Daraufhin lud ihn Sir Simon Rattle zu
einem Konzertprojekt ein. Eric Le Sages CD-Einspielungen erhielten Ausgezeichnungen wie »Diapason d’Or«, »Choc du Monde de la Musique«, »Grand
Prix du Disque«, »Victoire de la Musique« und wurden von Fono Forum und
Gramophone zur Aufnahme des Monats gewählt.
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008 | 009
Die 1978 in Straubing geborene Violinistin hat in Basel Geige studiert – bei
Adelina Oprean, Raphael Oleg und Chiara Banchini. Zusätzliche Anregungen
erhielt sie bei Lukas Hagen in Salzburg. Sie war Primgeigerin des Logos Streichquartetts von 2000 bis 2004 und arbeitet als Leiterin und Solistin des Kammerorchesters Basel, dessen Konzertmeisterin sie seit 2004 ist, regelmäßig mit Sol
Gabetta, Pieter Wispelwey, Mariana Mijanovic, Andreas Scholl, Angela Hewitt
und Cecilia Bartoli zusammen. Seit 2008 ist sie Gast-Konzertmeisterin des Barcelona Symphony Orchestra. Als Solistin konzertierte sie in renommierten
europäischen Konzertsälen, darunter Musikverein Wien, Philharmonie Berlin,
Concertgebouw Amsterdam und Barbican Center London. Sie wurde begleitet
vom Sinfonieorchester Basel, der Camerata Stuttgart, dem Sinfonieorchester
des Hessischen Rundfunks Frankfurt und den Nürnberger Sinfonikern. Bei den
Festivals in Davos, Gstaad, Luxemburg, Middlebourg, Barcelona, Amsterdam,
Dublin, Stuttgart und Köln trat sie als Kammermusikerin auf. Zu ihren musikalischen Partnern zählen u.a. das Trio Parnassus, Christian Zacharias, Gidon
Kremer, Raphael Rosenfeld und Gérard Wyss. Sie war Stipendiatin der FriedelWald-Stiftung. Für ihre CD-Produktion erhielt sie 2008 den Echo Klassik Preis.
Julia Schröder
Violine
Nachfolge
Prof. Latica Honda-Rosenberg
zum 1.10.10
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010 | 011
Der Aktionstag Musikalische Bildung in Freiburg
Am 19. November 2009 fanden im Rahmen des Aktionstages Musikalische
Bildung an 24 deutschen Musikhochschulen Kooperationsprojekte zur Vermittlung von Musik statt. In Freiburg war dies eine musiktheatralische Produktion mit dem Titel Viel Lärm um Nichts, die in Zusammenarbeit von Musikhochschule und Berthold-Gymnasium Freiburg entwickelt und durch
Kooperation mit dem Stadttheater Freiburg dort im Kleinen Haus zur Aufführung kam. Der Aktionstag war eine Initiative der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM). Ihre Mitglieder sind 24 selbstständige staatliche Musikhochschulen Deutschlands, die sich zu einem Verband
zusammengeschlossen haben, um ein hohes Niveau in der Ausbildung von
MusikerInnen auf künstlerischer und pädagogischer Ebene sicherzustellen.
Der Verband existiert seit 1950, was 2009 der Anstoß für ein Aktionsjahr zum
sechzigjährigen Jubiläum und in diesem Rahmen für den Aktionstag im November war. Die deutschen Musikhochschulen wollten damit zeigen, dass sie
nicht nur Eliten- und Spitzenförderung betreiben, sondern auch an musikalischer Breitenbildung maßgeblich beteiligt sind.
Das Leitbild der deutschen Musikhochschulen, welches am 18. und 19. Januar
2009 bei einer Mitgliederversammlung in Berlin beschlossen wurde, umfasst
Selbstverständnis, Ziele und Aufgaben der RKM, sowie Sicherung von Qualitätsstandards durch die RKM. Sie versteht sich als Kompetenzcluster, das
bestimmte Standards in der Aus- und Weiterbildung von KünstlerInnen garantiert, sich zu bildungs- und kulturpolitischen Themen äußert und sich
somit in Netzwerke von Musikverbänden, Institutionen und politischen Interessenvertretern integriert. Das Leitbild fordert, dass die Mitgliedshochschulen
in der künstlerisch-pädagogischen Ausbildung wie auch in der künstlerischmusikalischen Ausbildung ein hohes Niveau anstreben, dass also beide Bereiche als gleichwertig betrachtet werden. Der Verband der deutschen Musikhochschulen will damit einerseits garantieren, dass eine
musikalisch-künstlerische Elite gefördert wird, die sich auf dem aktuellen
Arbeitsmarkt der BerufsmusikerInnen behaupten kann und auch auf internationaler Ebene repräsentativ und erfolgreich ist. Auf der anderen Seite sollen
die pädagogischen Fähigkeiten der Studierenden entwickelt und ausgebildet
werden, damit hochwertige musikpädagogische Angebote entstehen, die
möglichst vielen Kindern und Jugendlichen verschiedenster Altersgruppen
und sozialer Hintergründe zugänglich sind. Die RKM sieht sich also verantwortlich für eine Sicherung der kulturellen Bildung unserer Gesellschaft und
unterstützt die These, dass musikalische Projekte mit Kindern und Jugendlichen wie Viel Lärm um Nichts musikalische Breitenbildung fördern und somit
zum Erhalt der deutschen Konzertkultur beitragen. Die Mitgliedshochschulen
der RKM sehen sich auch für die wissenschaftliche Forschung im musikalischen Bereich verantwortlich. Hohe Qualitätsstandards in Forschung, Lehre
und Kunst sollen schließlich die Grundlage dafür sein, dass kompetente MusikvermittlerInnen ausgebildet werden, die auch in Zukunft musikalische
Veranstaltungen und Projekte für ein breites Publikum auf höchstem Niveau
bieten können.
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Der Aktionstag Musikalische Bildung wurde von der »Arbeitsgruppe Musikalische Bildung« der RKM initiiert und vorbereitet, die seit etwa drei Jahren
existiert. Ein Mitglied dieses Ausschusses ist Dr. Rüdiger Nolte, seit 2006 Rektor der Musikhochschule Freiburg.
Die primäre Zielgruppe des Vermittlungsprojektes Viel Lärm um Nichts war die
Klasse 6b des Berthold-Gymnasiums. Die Aktion sollte den SchülerInnen die
Möglichkeit bieten, schon in jungen Jahren mit klassischer Musik im Sinne
von abendländischer Kunstmusik verschiedener Epochen von Renaissance bis
Neuzeit vertraut zu werden. Die elf Jungen und 16 Mädchen der Klasse wurden in sechs Unterrichtsstunden an das musiktheatralische Projekt herangeführt, gefolgt von einer Phase szenischer Proben mit den anderen Beteiligten
der Aufführung. Rainer Pachner, der Musiklehrer der Klasse, war stets bei den
Unterrichtsstunden anwesend und unterstützte die Vorbereitung. Er stellte
dafür jeweils eine der beiden wöchentlichen Musikstunden in der 6b zur Verfügung, welche die Projektleiterin Prof. Agnes Dorwarth mit ihrer studentischen Assistentin und Protokollantin Lucia Schell für eine Unterrichtseinheit
mit dem Titel »Was ist und was kann Musik?« nutzen konnte.
Schon Wilhelm Busch wusste: »Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie
stets mit Geräusch verbunden.« Die Einen empfinden sie als Lärm und Zumutung, den Anderen dient Musik als Lebenselixier. Welche Macht und Wirkung
Töne haben und vor allem welche Empfindungen sie hervorrufen können,
sollten die SchülerInnen durch die Teilnahme an Viel Lärm um Nichts, einer
»frechen Geschichte randvoll mit Musik von Bach, Ravel, Stock, Playford, Dorwarth und anderen«, erfahren.
Die ersten Unterrichtsstunden der Projektvorbereitung befassten sich mit den
Fragen »Was ist Musik?« und »Was bewirkt sie bei uns persönlich?«. Anhand
von Hörbeispielen aus verschiedenen Musikrichtungen wurden die Schüler zu
ihrem persönlichen Musikgeschmack befragt. Die SchülerInnen erkannten
dabei, dass musikalisches Empfinden sehr subjektiv ist. Außerdem besprach
Frau Dorwarth mit den SchülerInnen, welche Affekte durch Musik zum Ausdruck kommen und inwiefern die Parameter Tempo, Rhythmus, Lautstärke,
Tongeschlecht usw. den Affektgehalt von Musik verändern können. Sowohl
verschiedene Vortragsbezeichnungen wie piano, fortissimo oder crescendo
wurden in diesem Zusammenhang eingeführt als auch unterschiedliche Affekte von Musik, die durch Hören von Musikbeispielen gemeinsam erarbeitet
worden waren. So erfuhren die SchülerInnen, dass Musik mit Freude, Mobilisierung und Ausgelassenheit, aber auch mit Einschüchterung, Verführung
oder Beruhigung, mit Besänftigung, Trost, Trauer, Schmerz oder gar Wut verbunden sein kann. Genau diese Erfahrung war besonders wichtig für das
Verständnis des Theaterstückes Viel Lärm um Nichts, da Macht und Wirkung von
Musik zentrale Aspekte der Handlung waren.
Auch die Frage »Wofür brauchen wir Musik?« stellte Frau Dorwarth der Klasse
6b, um mit ihnen die Rolle von Musik im Leben des Menschen und der Gesellschaft zu besprechen. Dass Musik als Entspannung und als Ausgleich zum
Lernen oder zur Arbeit dienen kann, dass sie aber auch zum Tanz und zur
Bewegung anregen und somit eine wichtige Rolle bei festlichen Anlässen, Feiern und Parties spielt, erwähnten die Kinder aus eigener Erfahrung. Auf Musik in ihrer Funktion als Mittelpunkt bei Konzerten, aber auch als Umrahmung oder Hintergrundmusik, die Stimmungen erzeugen soll, ging Frau
Dorwarth ebenso ein wie auf den ritualhaften Charakter von Musik in der
Kirche, sowie auf die repräsentative Funktion von Musik beim Militär.
Dieser Überblick über Funktionen von Musik in der Gesellschaft bereitete das
Einstudieren des Party-Songs für das Theaterstück vor, denn dieser sollte in der
Schlussszene als Umrahmung eines Hochzeitsfestes dienen und somit Ausdruck von Freude und Anregung zum Tanz sein.
Eine weitere Unterrichtsstunde befasste sich mit dem Thema »Rhythmus, das
Rückgrat der Musik«. Anhand verschiedener Rhythmusmuster, die auf einem
Arbeitsblatt notiert wurden, erläuterte Frau Dorwarth schwere und leichte
Taktteile des 4/4 und des 3/4 Taktes, die in Form von »Bodypercussion«-Elementen anschließend praktisch umgesetzt und somit ganzheitlich-körperlich
nachvollzogen werden konnten. Dies leitete direkt die Probe des »Bodypercussion«-Stückes Swing Kings von Murray Houliff ein, das die Klasse später gemeinsam mit drei älteren Schülern im Theater aufführte.
In der nächsten Stunde sollte deutlich werden, dass Musik sowohl provokativ,
als auch versöhnlich wirken kann. In diesem Kontext wurde die Anfangsszene des Theaterstücks erarbeitet, in der aus provokativen Störgeräuschen das
für dieses Projekt von Frau Dorwarth komponierte Stück Flüsterimpro entstehen
sollte.
In der letzten Stunde der vorbereitenden Unterrichtseinheit stand das Thema
»Musik als Weltsprache« im Mittelpunkt. Die Eigenschaft von Musik, auch
ohne Worte Menschen erreichen und in ihrem Ausdrucksgehalt verstanden
werden zu können, sollte den SchülerInnen den Sinn der musiktheatralischen
Produktion näher bringen. Dass verschiedene Ausdrucksformen und Affekte
durch Musik auf universellere Weise als durch gesprochene Sprache vermittelbar sind, war nämlich ein zentraler Aspekt in der Handlung von Viel Lärm
um Nichts. Inhaltliche Bezüge zum gleichnamigen Stück von Shakespeare in
der Form von Zitaten oder sonstigen Parallelen waren nicht beabsichtigt. Bei
dem Titel handelte es sich lediglich um einen spontanen Einfall, der als griffige und treffende Bezeichnung unmittelbar auf positive Resonanz stieß.
Die Intensivprobenphase vom 15.11.2009 bis zum 18.11.2009 fand im Musiksaal des Berthold-Gymnasiums statt und schloss mit einer öffentlichen Generalprobe im Theater. Mit viel Organisationstalent leitete Frau Dorwarth die
heterogene Gruppe, bestehend aus der Klasse 6b, den Tänzerinnen, den
Schlagzeugern, den Sängerinnen und anderen Mitwirkenden, die schauspielerisch wie musikalisch zum Einsatz kamen.
Die Geschichte von Viel Lärm um Nichts beschreibt das Heranreifen eines Mädchens mit dem Namen Lucy, das sich vom Baby zur Braut entwickelt. Diese
Entwicklung war in Szenen zu beobachten, die die verschiedenen Wirkungsweisen von Musik verdeutlichen sollten. Die Handlung wurde rein pantomimisch dargestellt, denn die Musik sollte bei der Theaterproduktion im Zentrum stehen.
Wenige Minuten nach zehn Uhr begann das restlos ausverkaufte Konzert im
Kleinen Haus des Theaters Freiburg mit einer Szene, in der Frau Dorwarth in
der Rolle von Frau Schrullemeier auf der Bühne zwischen Umzugskisten umherwandert.
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Zur selben Zeit betrat die Klasse 6b über den Zuschauereingang den Saal, flüsterte und kicherte provokativ und stieg geräuschvoll die Treppe zum Zuschauerraum empor. Das Publikum war sichtlich irritiert über die vermeintlichen
»Zu spät-Kommer«, mit denen Frau Schrullemeier von der Bühne aus über
vokalperkussive Laute in Kontakt trat, wodurch auf spielerische Art die Flüsterimpro entstand.
Danach erschienen zwei Schlagzeuger in »HipHop«-Kleidung auf der Bühne
und sollten, aufgefordert von Frau Schrullemeier, die Umzugskisten wegräumen. Stattdessen spielten sie das Stück Grove’n’Move, ein Duo für zwei Umzugskisten.
Der Tanz und die laute, perkussive Musik wirkten als Störung und Provokation, worauf die drei von Schülerinnen gespielten Damen mit Wut reagierten.
Diese äußerten sie im schimpfenden Wut-Terzett, einer weiteren Komposition
von Frau Dorwarth.
In der Folgeszene marschierte die Schülerin Elena Crijnen mit ihrer Posaune,
die Klasse 6b im Schlepptau, von den Treppen hinab auf die Bühne und provozierte die Damen auf musikalische Weise weiter.
Die Provokation steigerte sich, bis Elena mit der Klasse den Damen den Stinkefinger zeigte, woraufhin die Polizei erschien. Das militärisch klingende
Trommel-Duo Single flam joke begleitete die Tanzformation der Polizistinnen
und wirkte als Einschüchterung, weshalb die Klasse 6b aus Styroporstelen
eine Mauer baute, um sich hinter dieser zu verstecken.
Es begeisterte durch seine rhythmische Energie und zeigte so, dass Musik
auch auf Alltagsgegenständen entstehen kann. Anschließend fanden die
Schlagzeuger gemeinsam mit Frau Schrullemeier das Baby Lucy in einer Umzugskiste, woraufhin sie die Umzugskisten wegräumten und Frau Schrullemeier mit dem Baby alleine zurückließen. Frau Schrullemeier wiegte das Baby
auf ihrem Schoß, während Studierende der Musikhochschule auf historischen Instrumenten das Stück The Duchess von John Playford spielten. Ganz im
Gegensatz zum zeitgenössischen perkussiven Umzugskisten-Duo zeigte das
barocke Werk durch den Wiegenliedcharakter einer ruhigen Melodie in Moll
eine liebliche Seite von Musik, was eine melancholische Stimmung erzeugte.
Die Folgeszene, in der Lucy gehen lernt und ein rosa Kleid angezogen bekommt, wurde vom Stück Articulator VIII begleitet, das die Schülerin Katinka
Ludwig in einem schrillen Kostüm mit Lack und Leopardenmuster darbot.
Ein Gongschlag änderte schlagartig die Stimmung: Die Klasse 6b kam hinter
der Mauer hervor, setzte sich im Halbkreis auf die Bühne und die Polizistinnen stellten sich dahinter auf. Die Kinder bekamen von Lucy, Elena und Ka­
tinka große Gummiohren ausgehändigt und alle lauschten dem geheimnisvoll
anmutenden Stück Ecco, das eine ruhige und besonnene Stimmung erzeugte.
Das freche und mit Sprache experimentierende Werk sollte den Prozess des
Aufwachsens als Zeit des Ausprobierens und des Spracherwerbs nachstellen.
Anschließend lernte Lucy von Frau Schrullemeier das Blockflötenspiel durch
das Stück Kopfnuss, eines der zahlreichen zu Unterrichtszwecken komponierten Werke von Agnes Dorwarth.
Frau Schrullemeier und Lucy wurden dann durch die 14 Mädchen der Tanz-AG
des Berthold-Gymnasiums mit einem HipHop-Tanz zum auf dem Schlagzeug
gespielten Stück Crossfire von der Bühne vertrieben, was drei alte Damen von
einem Balkon seitlich der Bühne beobachteten.
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Ein weiterer Gongschlag leitete eine Traumsequenz ein: Die Klasse 6b und die
Polizistinnen legten sich zum Schlafen nieder, während auf zwei Marimbas
die versöhnlich und verspielt klingende Französische Suite von Johann Sebastian
Bach zu hören war. Derweil stiegen die Damen in ihren Morgenmänteln vom
Balkon ab und legten Rokokokostüme an. Als die drei Knaben aus der Zauberflöte sangen sie ein feierliches Terzett und weckten so auf sanfte Weise die
Polizistinnen.
Das Finale der Aufführung begann mit der vom Barockensemble der Musikhochschule gespielten Pavane von Tielmann Susato aus dem 16. Jahrhundert,
die als Umrahmung der Hochzeitszeremonie diente. Dadurch wurde gezeigt,
dass Musik als Ausdruck der Freude ein wichtiges Element festlicher Anlässe
ist.
Daraufhin wurde eine Melodie auf »dubiduda« und ähnliche Sprechsilben
gesungen, wodurch eine verjazzte Version der Pavane entstand. Alle Beteiligten
auf der Bühne sangen das Lied, während die Tanz-AG in der Bühnenmitte
eine HipHop-Choreographie vorführte.
Nun traten drei Studentinnen auf, um die verträumte Atmosphäre zu stören:
Durch den frechen und aufreizenden Articulator IV, ein Stück für drei Block­
flöten von Agnes Dorwarth, kombiniert mit einer kurzen Choreographie von
drei Schülerinnen in schrillen Kostümen, erwachte auch die Klasse und setzte
sich auf. Die drei schrillen Mädchen verwandelten die Polizistinnen und die
6b durch Blumengirlanden in »Hippies«.
Beim nächsten Gongschlag wurden die Marimbas in die Bühnenmitte gerückt, denn nun begann ein Konzert der Schlagzeuger, dessen Publikum die
SchülerInnen in Blumengirlanden darstellten. Das Stück Alborado del gratioso
von Maurice Ravel erzeugte eine festliche Stimmung, die durch die helle
Bühnenbeleuchtung unterstützt wurde.
Nun traten die Braut Lucy und Agnes Dorwarth als Vogel verkleidet auf die Bühne. Zu Ape’s Dance, gespielt vom Ensemble der Musikhochschule, tanzte der rote
Vogel um die Braut herum, während die Marimbas zur Seite gerückt wurden.
Anschließend holte der Vogel den Bräutigam aus dem Publikum und vereinte
das Brautpaar.
Die nächste Szene leitete das Hochzeitsfest ein: Begeistert stürmte die Klasse
6b als »Hippies« verkleidet nach vorne, wo sie auf die Schlagzeuger traf. Eine
Discokugel wurde herabgelassen und begann sich zu drehen, während die
drei Schlagzeuger mit Unterstützung durch die Klasse 6b das BodypercussionStück Swing Kings vortrugen.
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Frau Dorwarth im Vogelkostüm und die Klasse 6b führten anschließend eine
Polonaise an, in die sich nach und nach alle Mitwirkenden bis auf die InstrumentalistInnen einreihten und weiter die Melodie der »Jazz-Pavane« sangen.
Zum Abschluss wurden die Blumengirlanden und der Brautstrauß in die
Höhe geworfen. Der begeisterte Applaus des Publikums zeigte, dass die Aufführung ein voller Erfolg war.
Dem Publikum wurden durch eine bunte und abwechslungsreiche Produktion
verschiedenste Arten von Musik dargeboten, deren Affektgehalt durch visuelle Reize in Form von Bühnenbild und Beleuchtung, sowie schauspielerische
und tänzerische Einlagen der DarstellerInnen, verdeutlicht wurde. Nicht nur
das bunt gemischte Publikum, das sich unter anderem aus Schulklassen und
LehrerInnen, StudentInnen, MusikerInnen, sowie MusikhochschuldozentInnen und Familienangehörigen der Mitwirkenden zusammensetzte, äußerte
sich im Anschluss positiv über die Aufführung. Auch ein Artikel in der Badischen Zeitung lobte das Stück als unterhaltsames und besonders in musikalischer Hinsicht lohnenswertes Ereignis.
Viel Lärm um Nichts war als Musikvermittlungsprojekt aber auch in vielerlei
anderer Hinsicht ein Erfolg: Insbesondere die beteiligten SchülerInnen profitierten von dem Projekt, weil ihnen neben musikalischen Fähigkeiten und
Grundkenntnissen soziale Kompetenzen vermittelt wurden. Darüber hinaus
lernten sie nicht nur Wirkungsweisen und Affekte von Musik kennen, sondern erwarben auch Kompetenzen in den Bereichen Rhythmus, Tanz und
Musik als Sprache und Kommunikationsmittel. Ebenso wurden ihre Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit, ihre schauspielerischen Fähigkeiten,
sicheres Auftreten, bewusstes Zuhören und das Einordnen von Musikstilen
geschult. Die Aufführung bot ihnen die Möglichkeit, auf der Bühne eines
renommierten Theaters aufzutreten, was für sie eine Herausforderung war,
deren Bewältigung sie mit großem Stolz erfüllte. Besonders die Situation, von
einer Professorin der Musikhochschule unterrichtet zu werden und mit professionellen MusikerInnen auftreten zu dürfen, spornte die SchülerInnen an
und bewegte sie zur ernsthaften Auseinandersetzung mit Klassischer und
Neuer Musik. Neben der Herausforderung bedeutete das Kooperationsprojekt
für die Klasse auch Spaß und Spielfreude, was ihre Einstellung zur Musik
sicherlich positiv beeinflusst hat.
Auch die am Projekt beteiligten StudentInnen, darunter angehende LehrerInnen, empfanden das Projekt als bereichernde Erfahrung. Frau Dorwarths Umgang mit der heterogenen Schülergruppe war in pädagogischer Hinsicht sehr
lehrreich, ebenso wie das Kennenlernen der nötigen Organisations- und Leitungskompetenz. Sie konnten erleben, welch enormer Aufwand hinter einer
großen Theateraufführung steckt und wie viele Details dabei zu klären sind.
Der Rektor als Mitinitiator des Aktionstages erlebte das Projekt Viel Lärm um
Nichts als besonders gelungene Aufführung, da das musikpädagogische Projekt, bei dem SchülerInnen verschiedener Gymnasien, aber auch StudentInnen der Musikhochschule mitwirkten, durch Musizieren auf höchstem Niveau überzeugen konnte. Vermittlungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen
müsse sich eben nicht inhaltlich so reduzieren, dass ein Konzertprogramm
allenfalls die Bezeichnung »Schulveranstaltung« tragen kann. Viel Lärm um
Nichts, so Rüdiger Nolte, sei ein Beweis dafür, dass durch ernsthafte Vorbereitung und die Bereitschaft von SchülerInnen, sich auf ein Projekt einzulassen
und sich dafür einzusetzen, ein gelungenes Konzert entstehen kann, das in
der Darbietung eines abwechslungsreichen Programms auf hohem Niveau ein
breites Publikum überzeugt.
Der Aktionstag zur Unverzichtbarkeit musikalischer Bildung, der alle 24 Mitgliedshochschulen der RKM zu Kooperationsprojekten anregen sollte, war
somit in Freiburg ein voller Erfolg. Dies ist maßgeblich der kompetenten
künstlerischen und pädagogischen Leitung von Prof. Agnes Dorwarth zu verdanken, die für das Konzept und die Umsetzung des Projektes hauptverantwortlich war.
Des Weiteren kann der Erfolg dem Einsatz aller beteiligten SchülerInnen und
der Unterstützung verschiedener Lehrkräfte des Berthold-Gymnasiums Freiburg zugeschrieben werden. Auch fünf Studierende der Musikhochschule
Freiburg halfen bei der Erarbeitung des Musiktheaterstückes und trugen
durch musikalische Beiträge zur Vielfalt des Programms bei.
Dies beweist, dass sich Engagement im Bereich Musikvermittlung lohnt und
dass Kooperationsprojekte wie Viel Lärm um Nichts etwas bewegen können. Es
bleibt zu hoffen, dass weitere Projekte und längerfristige Kooperationen in
diesem Bereich folgen werden.
Lucia Schell
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Agnes Dorwarth
Articulator IV für 3 Blockflöten
Programm
Agnes Dorwarth Frau Schrullemeier
Lucia Schreiber Lucy, ihre Tochter
Wolfgang Amadeus Mozart 1756–1791
Terzett der drei Knaben aus der Zauberflöte
Studierende des Institutes für Historische Aufführungspraxis der
Hochschule für Musik Freiburg
Juliane Heutjer, Larissa Stelzer, Lucia Schell Blockflöte
John McKean Cembalo
Anonym 17. Jh
Apes Dance für Bockflöte und Basso continuo
Murray Houllif
Swing Kings 2000 für 3 Bodypercussion-Spieler
Schüler des Berthold-Gymnasium Freiburg
Lorenz Behringer, Jascha von der Goltz, Gregor Wäschle Percussion
Cosima Büsing, Carina Schmieger Gesang
Klasse 6b des Berthold- Gymnasium Freiburg | Rainer Pachner Lehrer
Jazztanz-AG des Berthold-Gymnasium Freiburg | Nina Weiland Leitung
Maurice Ravel 1875–1937
Alborada del Gracioso für zwei Marimbas
Tielmann Susato um 1510–1570
Pavane, Galliarde und HipHop-Fassung
Schüler und Schülerinnen anderer Freiburger Gymnasien
Katinka Ludwig Blockflöte (St. Ursula Gymnsaium)
Elena Crijnen Posaune (Goethe-Gymnasium)
Franziska Buttgereit Gesang (Kolleg St. Sebastian, Stegen)
Constantijn Crijnen junger Mann (Theodor-Heuss-Gymnasium)
Viel Lärm um Nichts
Chris Stock
Crossfire für 8 Toms
Es war einmal eine etwas sonderbare, aber sehr einfallsreiche ältere Dame.
Die hieß Frau Schrullemeier. Eines Tages kam sie auf recht ungewöhnliche
Art und Weise zu einer kleinen Tochter namens Lucy. Die zog sie groß und
brachte ihr die Flötentöne bei. Sie hatten viel Spaß miteinander. Doch blieb es
im Leben der beiden nicht immer nur friedlich. Im Dorf gab es eine Jugendbande, die bevorzugt ältere Leute ärgerte, besonders drei alte Damen. Die
fühlten sich durch den Lärm und die Angriffe der Jugend so gestört, dass sie
die Polizei riefen. Das fand Frau Schrullemeier dann aber doch übertrieben
und suchte nach anderen Mitteln, die Situation zu retten. Sie setzte die Kraft
der Musik ein, um die Streithähne miteinander zu versöhnen. So verwandelten sich die alten schimpfenden Damen in drei singende Knaben aus der Rokokozeit, die Polizei und die lärmende Bande zu fröhlichen Blumenkindern
der 70-er Jahre. Die inzwischen groß gewordene Lucy hielt Ausschau nach
einem jungen Mann und auch hier half ihr die Musik, den Richtigen zu finden. Zum Schluss feierten alle zusammen ein großes Hochzeitsfest, natürlich
mit viel Musik und Tanz. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie
heute noch ... Musik aus vier Jahrhunderten: in ganz verschiedenen Besetzungen mit drei Sängerinnen, Percussionsinstrumenten, Posaune, Blockflöten,
Cembalo und Violoncello. Mit einer breiten Palette von Instrumentalfarben
und musikalischen Stilen erzählen wir unsere Geschichte ganz ohne Worte.
Urs Ottmann
Single flam joke (1993) für zwei kleine Trommeln
Prof. Agnes Dorwarth
Agnes Dorwarth Idee & Leitung
Agnes Dorwarth
Flüsterimpro (2009) für 4 Stimmen
Markus M. Sonnegger
Groove ‚n’ Move (1970) Duo für 2 Umzugskisten
John Playford 17. Jh
aus Dancing Master The Duchess für Blockflöte und Basso continuo
Agnes Dorwarth
Articulator VIII (2006) für Blockflöte Solo
Agnes Dorwarth
Kopfnuss für 2
Johann Sebastian Bach 1685–1750
aus der Französischen Suite VI, E-Dur, BWV 817 Allemande | Courante
Agnes Dorwarth
Wutterzett für 3 hohe Stimmen
Giovanni Legrenzi 1626–1690
Ecco für drei Blockflöten und Basso continuo
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Zur Musikvermittlung
Im Zentrum einer guten Musikvermittlungsarbeit steht eine Arbeitsweise, die
sich an der Kunst bzw. Musik orientiert. Dies bedeutet, dass der Prozess der
Vermittlung als ein künstlerischer Akt betrachtet wird und dementsprechend
zu gestalten ist. Es geht dabei eher um unkonventionelle Umgangsweisen mit
Musik, um das Kreieren künstlerisch beeindruckender Momente, die Erweiterungen und Vertiefungen des Erlebnis- und Verstehenshorizonts ermöglichen.
Ziel ist es, den Konzertbesuchern – in diesem Fall Schüler und Schülerinnen
– die Möglichkeit zu eröffnen, ihre eigenen Hör-, Seh-, Sicht-, Interpretationsund Verstehensweisen bewusst wahrzunehmen und in einem nächsten
Schritt zu erweitern. Es ist dabei Aufgabe des Vermittlers bzw. aller an der
Vermittlung Beteiligten, Kommunikations- und Lernprozesse zu initiieren,
welche Erlebnisse ermöglichen und ein Interesse für musikalische Zusammenhänge wecken. Der spezifische Vermittlungsgegenstand »Musik« impliziert dabei eine spezifische Art der Weitergabe von Emotionen, Vorstellungshilfen, Kenntnissen, Fertigkeiten und musikalischem Wissen, welche
vornehmlich auf der Erfahrungsebene über verschiedene Sinneskanäle (hörend, sehend, bewegend, spürend) stattfindet und nicht allein über Erklärungen und Erläuterungen (aber auch!) erfolgt. Nach Barbara Stiller (Erlebnisraum
Konzert. Prozesse der Musikvermittlung in Konzerten für Kinder. Regensburg 2008) steht
an erster Stelle immer die unmittelbare Berührung des Publikums durch die
Musik selbst. Die Musik und das Hörerlebnis dürfen letztlich nicht überdeckt
und zugedeckt werden mit zu vielen außermusikalischen Aktivitäten. Letztere dienen nur dazu, eine Verbindung zur dargebotenen Musik herzustellen,
Verknüpfungen zum Vorstellungsvermögen der Hörer zu initiieren, ein aktives Beteiligt-Sein am Musikalisierungsprozess anzuregen und vor allem zur
Förderung eines tieferen Verständnisses für die Musik beizutragen. Der Einsatz verbaler und nonverbaler Dialoge, szenischer Aktionen, von Stimme und
Sprache, von Bewegungsaktionen für die sensorische und psychomotorische
Sensibilisierung, auch von visuellen Medien für die Sichtbarmachung gehörter Elemente oder diverser Hintergrundinformationen zeichnen sich im positiven Sinne dadurch aus, dass sie das Lauschen, das Horchen, das Erkennen,
das Begreifen und Benennen von Musik ermöglichen bzw. verstärken.
Prof. Dr. Hans Schneider
Bereits eine kleine Tradition:
die herbstlichen Aktivitäten
der Hochschule im und um das
Münster
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Das Klavier unter dem Monitor im F oyer ist das Ergebnis eines Konzerts des
ensemble recherche vom 13.12.2005 in den Räumen der Sammlung Morath. Im
Laufe dieses Konzertes waren einige Stücke zu erfahren die der Fluxus-Bewegung der frühen 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts entstammen. Fluxus
allerdings ist keine abgeschlossene historische Angelegenheit, insofern die
Auseinandersetzung mit der Dichotomie von Kunst und Leben keine abgeschlossene historische Angelegenheit sein kann, noch nicht einmal an einer
Musikhochschule. Nam June Paik, einer der renommierten Vertreter des Fluxus
hat an unserer Hochschule bei Wolfgang Fortner studiert; von ihm, von Georges
Maciunas, dessen Piano Piece #2 wir unser Foyerklavier verdanken und von einigen ihrer Mitstreiter stammen im folgenden die durchaus grundlegenden
und grundsätzlichen Anmerkungen zu Kunst und Leben. FluxusKunstVergnügen darf keinen Waren- oder institutionellen Wert haben. I welcome what happens next. Im Reich Song lebte ein Bauer. Eines Tages, als er das Feld pflügte,
lief ein Kaninchen vorbei, prallte an einen Baumstumpf und starb, weil es sich
das Genick gebrochen hatte. Der Bauer hörte mit dem Pflügen auf und blieb den
ganzen Tag bei dem Baumstumpf stehen, weil er dachte, dasselbe würde
nocheinmal geschehen. Wegen solcher Dummheit wurde er zum Gegenstand
des Spotts im ganzen Lande. »Fluxus never comes twice.« Fluxus war und ist
eine Geisteshal tu ng: Das erklärt die unterschiedlichen, sehr individuellen
künstlerischen Ausdrucksformen und die nahtlosen Übergänge vom Musikalischen ins Bildnerische. Wir haben Objekte und Ereignisse realisiert, die ursprünglich sind und auf eine eigenartige und neue Art sich außerhalb aller
gewohnten Kategorien ansiedeln. Change your mind. 1964 begleitete ich Professor Nomura zu einem Zen-Musiker in Japan, der, bevor er ein bestimmtes
Stück spielte, sagte: »Ich werde jetzt ein Flötenstück für euch spielen, es ist
meine beste Komposition, deshalb habe ich es bis jetzt für niemanden gespielt.«
(Selbstverständlich wird bei uns ein Stück um so mehr gespielt, je besser es zu
sein scheint). Vielleicht sind wir uns im Gefühl einig, dass die Grenzen der
Kunst viel weiter gezogen sind, als die Überlieferung es glauben machen will,
oder dass die Kunst und ihre Grenzen auf die Dauer nicht sehr nützlich sind.
Wenn Natur schöner als Kunst ist, ist sie es nicht wegen ihrer Intensität oder
Komplexität, sondern wegen ihrer Vielfalt, ihrer überreichen Fülle, ihrer unendlichen Quantität. Purge the world of dead art, imitation; promote living art,
anti-art. Ohne Übertreibung kann gesagt werden, dass Fluxus wie kaum eine
andere Idee das Bewußtsein und die Ausdrucksformen von Bildenden Künstlern, Komponisten, F ilmemachern und Theaterl eu ten verändert hat, obwohl
Fluxus selbst weitgehend unbekannt geblieben ist. I welcome what happens
next. Ich lernte von meiner Schwester wie ein Klavier geöffnet wird, ich lernte
von Addi Köpcke wie ein Klavier geschlossen wird. Fluxus is not a movement,
a moment in history, an organisation; Fluxus is an idea, a kind of work, a tendency, a way of life, a changing set of people. Fluxus umschließt alle Gegensätze. Meine Events sind sehr privat, wie kleine Ereignisse, die ich meinen Freunden vermitteln will, die dann schon wissen, was sie damit anfangen können.
Artists, anti-artists, non-artists, anartists, poets of non-poetry, non-dancers
dancing, doers, undoers and non-doers, Fluxus encompasses opposites. Das
Wichtigste an Fluxus ist, dass niemand weiß, was es ist. Ich sehe Fluxus wo ich
auch hingehe. I welcome what happens next. Vom Publikum werden oft wichtige Merkmale verwechselt, – wenn eine Aktion sich thematisch mit den zerstörerischen Phänomenen unserer Epoche beschäftigt, heißt das noch lange nicht,
dass die Aktionsform in sich destruktiv ist. »Fluxus never comes twice.« Die
Malaise unserer Zeit ist die schwierige Balance im Verhältnis von Input und
Output. Laut Statistik müssen wir jährlich 40000 Werbefilme über uns ergehen
lassen, aber wir können uns nur leisten, die in 40 Spots angepriesenen Waren
zu kaufen. So dachte ich daran, Dinge in Einklang mit bestimmten Kriterien
Bericht aus dem Institut für Musikermedizin
Mentorenausbildung 2009/2010
Stimmforum 2010
Prof. Dr. Johan Sundberg
und Prof. Dr. Bernhard Richter
Im vergangenen Jahr konnte das FIM seine bisherige erfolgreiche Arbeit in
den Gebieten Lehre, Forschung und Patientenbetreuung weiter ausbauen. In
der Lehre wurden sowohl die Pflicht- als auch Wahlangebote von den Studierenden der Musikhochschule und auch der Medizinischen Fakultät stark
nachgefragt und positiv bewertet. In der Forschung konnten zahlreiche Beiträge in international renommierten Fachzeitschriften und Buchpublikationen veröffentlicht werden. Eine Übersicht dieser Arbeiten findet sich auf der
homepage des FIM (www.mh-freiburg.de/fim). Zahlreiche Vorträge auf Einladung und Medien-Beiträge rundeten die Außenaktivitäten des FIM ab. Die
Nachfrage von Musikern und Sängern, die sich im FIM medizinisch betreuen
lassen wollen ist unvermindert hoch, die Betroffenen kamen aus dem ganzen
Bundesgebiet und dem angrenzenden Ausland.
Im September 2009 konnte die Evaluation der Arbeit des Freiburger Instituts
für Musikermedizin (FIM) plangemäß abgeschlossen werden. Die Evaluation
beinhaltete eine umfangreiche Bewertung der Bereiche Lehre, Forschung und
Patientenversorgung während der vergangenen vier Jahre. Das Evaluationsgremium setzte sich aus sieben internationalen Gutachtern unter dem Vorsitz
von Rektor Herrn Dr. Nolte zusammen. Zusammenfassend kamen alle Gutachter darin überein, dass die Etablierung des Instituts sehr gut gelungen ist,
dass die Arbeit des Instituts national und international große Anerkennung
findet und das FIM deshalb dauerhaft weitergeführt wird.
Als weitere positive Bestätigung im Bereich Lehre wurde Frau Prof. Dr. C.
Spahn, Herrn Prof. Dr. B. Richter und Dr. E. Volmer für das Mentorenprogramm Musikermedizin für Medizinstudierende durch die Medizinische Fakultät der Universität Freiburg der Lehrpreis für herausragende Lehre verliehen.
Von September 2009 bis Mai 2010 konnte in Kooperation mit der Internationalen Musikschulakademie Schloss Kapfenburg und mit Unterstützung der
Barmer-GEK erstmals die Mentorenausbildung für Musiklehrer durchgeführt
werden. Die Teilnehmer werden hier in Grundlagen und Techniken von Bewegung ohne und mit Instrument, von Atemführung sowie im pädagogischen
und präventiven Umgang mit Lampenfieber und Auftrittsvorbereitung fortgebildet. Im Rahmen des Projektes »Gesunde Musikschule« erhalten Musikschulen, deren Lehrkräfte eine Mentorenausbildung in Fragen Musikergesundheit
absolvieren und die sich in der Elternberatung und Öffentlichkeitsarbeit aktiv
zu gesundheitsrelevanten Themen des Musikunterrichts engagieren, eine
Zertifizierung als »Gesunde Musikschule«. Im Juli 2010 erhielten die ersten
acht Musikschulen dieses Zertifikat.
Im Frühjahr fand turnusgemäß das vierte Freiburger Stimmforum zum Thema »Lyrische und dramatische Stimmen auf der Opernbühne« statt. Es war
– wie schon die vorangehenden Veranstaltungen – von Gesangspädagogen,
Studierenden, Stimmärzten und -therapeuten gut besucht. Die Teilnehmer
konnten sich in Vorträgen und Workshops mit dem Thema beschäftigen und
konnten anhand eines gemeinsamen Opernbesuchs der Oper Tosca im Theater Freiburg im anschließenden Künstlergespräch Fragen an die Protagonisten des Abends stellen. Ebenso zeigte das Publikum in einer Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion Stimmforum 2010
mit Alexander Dick, Silvia Hablowetz und Sabine Hogrefe reges Interesse.
Im Bereich der Nachwuchsförderung konnten insgesamt sieben medizinische
Doktorarbeiten in den vergangenen vier Jahren am FIM betreut und abgeschlossen werden. Die wissenschaftliche Arbeit von Frau Céline Wasmer wird
auf S. 148 vorgestellt.
Herr Priv. Doz. Dr. Mathias Echternach habilitierte sich im Sommersemester
2010 mit seinen wissenschaftlichen Beiträgen zum Thema Registerübergänge
bei Sängern und ist damit der erste ärztliche Mitarbeiter des FIM, der die venia legendi der Universität Freiburg erhielt.
Als weiteres bemerkenswertes Ereignis ist zu vermelden, dass der international anerkannte Stimmphysiologe Prof. Dr. Johan Sundberg, Stockholm, seit
Frühjahr 2010 als »Visiting Professor« an das FIM assoziiert ist und unsere
Forschungs- und Weiterbildungsaktivitäten unterstützt.
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Prof. Dr. Claudia Spahn, Prof. Dr. Bernhard Richter
Freiburger Akademie zur Begabtenförderung (FAB)
Senatsbeschluss zur Verzahnung der Grundlagenfächer mit dem
regulären Studienangebot
Das im vergangenen Jahr mit den beteiligten Theorie- und Gehörbildungsdozenten erarbeitete dreistufige Leistungssystem wurde in der Senatssitzung
am 19. Mai 2010 einstimmig beschlossen.
Es legt in Stufe 1 die Grundlagen, ermöglicht in Stufe 2 ein Vorholen der Aufnahmeprüfung in Theorie und Gehörbildung für die Bachelorstudiengänge
und bei Bestehen können in Stufe 3 Studienleistungen der Musikhochschule
Freiburg vorgeholt werden (Module Musiktheorie 1 und 2; Gehörbildung 1,
schriftlich und mündlich). Durch diese Verzahnung wird einerseits die Bedeutung der Grundlagenfächer verdeutlicht, andererseits eine wesentliche
Erleichterung und Flexibilisierung für das eigentliche Studium erreicht. Die
Kultusministerkonferenz hatte dies schon in einem Beschluss vom September
2008 unter der Bezeichnung »Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium«
gefordert. Des Weiteren kann Klavier als Nebenfach vorgeholt werden sowie
die ersten beiden Semester im Hauptfachmodul bei einer entsprechend hohen
Punktzahl in der alle zwei Jahre stattfindenden Zwischenprüfung. Die Stuttgarter Zeitung berichtete über die Anerkennung von Studienleistungen in der
FAB ausführlich in einem Artikel am 11. Juli 2010.
Forschung über Begabtenförderung
In einer Masterarbeit aus der Schweiz, die sich mit den Möglichkeiten einer
integrativen Begabungs- und Begabtenförderung auseinandersetzt, wird
das Konzept der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung durch die Einbeziehung improvisatorischer Lerntechniken in den Grundlagenfächern als
beispielhaft, gerade im Vergleich mit anderen Frühförderungskonzepten,
herausgestellt (Ya-Wan Chen: »Begabtenförderung – eine Mozartfabrik?«,
5. November 2009, Masterarbeit am Institut Weiterbildung und Beratung der
Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz). Viele Fragestellungen harren noch der wissenschaftlichen Erforschung.
Zahlreiche Wettbewerbserfolge beim Bundeswettbewerb Jugend
musiziert
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Beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert, der dieses Jahr vom 21. bis 29. Mai
in Lübeck stattfand, schnitten die VorstudentInnen der FAB mit drei 1. und
acht 2. Preisen in acht Wertungskategorien hervorragend ab, sie erreichten
hierbei jeweils 22 bis 25 Punkte, was in Anbetracht der strengen Bewertungsrichtlinien um so höher zu einzuschätzen ist. Rund 2400 Jugendliche nahmen
in Lübeck an dem europaweit größten Jugendmusikwettbewerb teil.
Erste Preise erhielten: Manuela Felicitas Frey, Violine (Klasse Prof. Gottfried von
der Goltz): Altersgruppe V, 25 Punkte; Milena Wilke, Violine (Klasse Prof. Rainer Kussmaul): Altersgruppe III, 24 Punkte; Heike Schäfer, Kontrabass (Klasse
Prof. Božo Paradžik): Altersgruppe V, 24 Punkte
Annette Fabriz, Orgelklasse Prof. Martin Schmeding, wurde beim 1. Heidelberger
Orgelwettbewerb für junge Organistinnen und Organisten, 23. bis 25. Oktober 2009 in der Altersgruppe unter 21 Jahre mit dem mit 700 € dotierten
1. Preis ausgezeichnet.
Zweite Preise erhielten: Caroline Frey, Violine (Klasse Prof. Muriel Cantoreggi):
Altersgruppe IV, 23 Punkte; Shih-Yu Tang, Viola (Klasse Prof. Sylvie Altenburger): Altersgruppe IV, 22 Punkte; in der Wertung Klavier-Kammermusik (Vorbereitung: Prof. Sylvie Altenburger): Shih-Yu Tang, Klavier (Prof. Pi-hsien
Chen), Manuela Felicitas Frey, Violine (Prof. Gottfried von der Goltz), Caroline
Frey, Violine (Klasse Prof. Muriel Cantoreggi), mit externen Mitspielerinnen:
Altersgruppe IV, 23 Punkte (2. Preis); in der Wertung »Duo: Klavier und ein
Blechblasinstrument«: Tobias Bockstahler, Trompete (Prof. Anthony Plog) und
Daniel Reith, Klavier (Prof. Christoph Sischka): Altersgruppe VI, 23 Punkte
(2. Preis) sowie in der Wertung Ensemble »Alte Musik« (Vorbereitung: Prof.
Agnes Dorwarth): Daniel Reith, Cembalo (Prof. Christoph Sischka, Cembalounterricht: Michael Behringer) mit externen Blockflötistinnen: Altersgruppe IV, 22 Punkte (2. Preis)
Annette Fabriz und Raphael Bürkle, Orgelklasse Prof. Martin Schmeding, erhielten
Auszeichnungen im Rahmen der vierten Phase des Wettbewerbs »Jugend
musiziert«, dem »Wochenende der Sonderpreise« (WESPE), das vom 25. bis
27. September 2009 an der Freiburger Musikhochschule durchgeführt wurde.
Annette Fabriz gewann dabei Preise in den Kategorien »Verfehmte Musik« und
»Werk einer Komponistin« für die Interpretation der Sonate I von Paul Hindemith und des Te Deum von Jeanne Demessieux.
Raphael Bürkle wurde in der Wertung »Klassische Moderne« mit Olivier Messiaens Zyklus L’Ascension ausgezeichnet.
Preise von Kulturstiftungen
Felicitas Frey erhielt aufgrund ihrer hervorragenden Leistung im Fach Violine
solo beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert den Eduard-Söring-Preis im
Fach Streicher der Deutschen Stiftung Musikleben, ein Jahresstipendium in
Höhe von 6000 € und durfte in der Konzertreihe »Foyer junger Künstler« in
Hamburg auftreten.
Konzerte
Andru Matuschka (geboren 1996), Kompositionsklasse Prof. Cornelius Schwehr,
erhält den Kulturhoffnungspreis der Europäischen Kulturstiftung. Der Preis
wurde am 13. Juni 2010 in Baden-Baden verliehen.
Annette Fabriz, Orgelklasse Prof. Martin Schmeding, erhielt im September 2009
das Stipendium der Sparkassenstiftung Waiblingen.
Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben
Die 14-jährige Milena Wilke aus der Klasse Prof. Rainer Kussmaul gewann beim
1. Internationalen Violinwettbewerb Freiburg den Sonderpreis für den besten
jungen Interpreten in Höhe von 2500 €. Zu dem Wettbewerb, der vom 23. bis
31. August 2010 in den Räumen der Musikhochschule ausgetragen wurde,
hatten sich Teilnehmer aus 17 Ländern angemeldet.
Die 14jährige Hao Zi Yoh aus der Klavierklasse Prof. Elza Kolodin erhielt beim
10. Wettbewerb der belgischen Sektion der EPTA (European Piano Teachers
Association) den 1. Preis in ihrer Altersgruppe. Der Wettbewerb fand vom
26. bis 31. Januar 2010 im belgischen Waterloo statt.
Dominik Stadler aus der Klavierklasse Prof. Christoph Sischka gewann beim
17. internationalen Wettbewerb »Vittoria Caffa Righetti« in Cortemilia/Italien in der Alterskategorie bis 19 Jahre den 1. Preis. Der Wettbewerb fand vom
21. bis 25. Oktober 2009 statt. Die neunköpfige Jury wurde von Marcello Abbado, dem ehemaligen Direktor des Mailänder Konservatoriums, geleitet.
Raphael Bürkle aus der Orgelklasse Prof. Martin Schmeding wurde beim HändelJugendwettbewerb 2009/10 der Internationalen Händelgesellschaft Karlsruhe
mit einem 1. Preis ausgezeichnet. Das öffentliche Preisträgerkonzert fand am
28. Februar im Schauspielhaus des Badischen Staatstheaters Karlsruhe im
Rahmen der Händel-Festspiele statt.
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In jedem Semester finden Konzerte für die Akademieschüler statt, wobei die
Auswahl hierzu über ein internes Vorspiel im Konzertsaal erfolgt. Als Juroren
sind alle Professoren der Hauptfächer sowie die Dozenten der Grundlagenfächer eingeladen, aus den etwa zweieinhalbstündigen Programmbeiträgen ein
repräsentatives Konzertprogramm zusammen zu stellen. Das Hauptkonzert
findet jeweils im Konzertsaal der Hochschule unter dem Titel »Die Großen
von morgen« statt. Die nicht berücksichtigten Beiträge werden in einem zweiten Konzert in der KUMEDI in Riegel der Öffentlichkeit präsentiert.
Am 23. Januar 2010 spielten im Konzertsaal der Hochschule Annette Fabriz
(Orgel), Hao Zi Yoh (Klavier), Caroline Frey (Violine), Daniel Reith (Klavier),
Milena Wilke (Violine), Chen-Yu Li (Klavier), Shih-Yu Tang (Viola), Dominik
Stadler (Klavier), Manuela Felicitas Frey (Violine), Tobias Bockstahler (Trompete) und Daniel Reith (Klavier), Shih-Yu Tang (Klavier solo) sowie im Klavierquintett mit Manuela Felicitas Frey (Violine), Caroline Frey (Violine), Mara
Zickgraf (Viola) und Nina Behrends (Violoncello) Werke von Bach, Chopin,
Saint-Saëns, Smetana, Milstein, Vieuxtemps, Liszt, Zimmermann, Bitsch,
Rachmaninoff und Schostakowitsch.
Die Matinee in der KUMEDI in Riegel am 24. Januar 2010 bestritten Hao Zi
Yoh (Klavier), Manuela Felicitas Frey (Violine), Shih-Yu Tang (Klavier), Heike
Schäfer (Kontrabass) und wiederum das Klavierquintett mit Shih-Yu Tang
(Klavier), Manuela Felicitas Frey (Violine), Caroline Frey (Violine), Mara Zickgraf (Viola) und Nina Behrends (Violoncello). Die Kritik in der Badischen Zeitung am 29.1.10 war »Junge Künstler ganz groß – Sechs Musikerinnen beeindrucken bei Konzert in der Kumedi« überschrieben.
Als »Die Großen von morgen« konzertierten am 20. Juli 2010 Jannik Trescher
(Orgel), Shih-Yu Tang (Viola), Dominik Stadler (Klavier), Milena Wilke (Violine) und Myriam Böck (Klavier), Heike Schäfer (Kontrabass), Shih-Yu Tang
(Klavier), Szu Ni Shen (Klavier), Milena Wilke (Violine solo), Sarah Ennouhi
(Horn) und Shih-Yu Tang (Klavier), Sarina Zickgraf (Viola) und Annette Fabriz
(Orgel) mit Werken von Buxtehude, Zelter, Beethoven, Schumann, Bottesini,
Chopin, Ravel, Lipinski, Dukas, Bloch und Reger.
In der gut besuchten Matinee in Riegel traten am 25. Juli 2010 Szu Ni Shen
(Klavier), Milena Wilke (Violine) und Shih-Yu Tang (Klavier) mit Werken von
Ravel, Ysaÿe, Wieniawski, Lipinski und Chopin auf. »Vielversprechender Wille
zur Leistung« war die Kritik in der Badischen Zeitung am 27. Juli überschrieben.
Eine Auswahl sonstiger Konzertaktivitäten zeigt, wie gefragt die
FAB-Vorstudenten sind:
Duokonzerte im Sprachenkolleg Freiburg 17.10.09 und Bremen 25.10.09
(Milena Wilke, Violine; Myriam Boeck, Klavier)
Klaviersoirée im Kurhaus Bad Herrenalb, 1.11.09 (Daniel Reith, u. a.)
Konzert im Rahmen der IBC-Kulturwoche, Bürgersaal Konstanz 14.11.09
(Milena Wilke, Violine; Myriam Boeck, Klavier; Shih-Yu Tang, Klavier)
Konzert für die Klinikclowns, Historischer Kaufhaussaal Freiburg 29.11.09
(Milena Wilke, Violine; Myriam Boeck, Klavier, u. a.)
Solokonzert im Augustinum Freiburg, 21.2.10 (Milena Wilke, Violine)
Klavierabende für den Kulturkreis Ubstadt-Weiher, 27. und 28.2.10 und
Klaviersoirée im Kurhaus Bad Herrenalb, 2.4.10 (Dominik Stadler)
Duoabend auf der Bühler Höhe/Max-Grundig-Klinik, 15.5.10 (Tobias
Bockstahler, Trompete; Daniel Reith, Klavier)
Abschlusskonzert der Schulmusiktage im Schloss Bruchsal, 4.7.10 und
Umrahmung des Festaktes zum Bürgermeisterwechsel vor 600 geladenen
Gästen, Ubstadt 29.7.10 (Dominik Stadler, Klavier)
Klavierabend in Waghäusel, 11.7.10 (Daniel Reith, Klavier)
Duokonzert in Claira/Frankreich (Clarissa und Myriam Boeck, Flöte und
Klavier)
Duo-Konzert auf Mallorca, 3.9.10 (Milena Wilke, Violine; Myriam Boeck,
Klavier)
Klavierabend im Kurhaus Bad Herrenalb, 5.9.2010 (Daniel Reith und
Dominik Stadler, Klavier)
Zeitungsberichte über Wettbewerbserfolge bzw. Konzertkritiken veranlassten
den Fernsehsender R.TV, in kurzen Features über Daniel Reith (Bühl/BadenBaden, 21.04.2010) und Dominik Stadler (Bad Herrenalb/Karlsruhe, 7.04.2010)
zu berichten.
Prof. Christoph Sischka
Die 14-jährige FAB-Vorstudentin
Milena Wilke erhielt beim
Internationalen Violinwettbewerb
Freiburg den Sonderpreis für den
besten jungen Interpreten
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Violinisten aus aller Welt
Der 1. Internationale Violinwettbewerb Freiburg an der Hochschule für Musik
Freiburg vom 23.–31. August 2010
Es war ein Marathon! Von über sechzig Bewerbungen ließ die Jury unter dem
Vorsitzenden Professor Rainer Kussmaul 58 Kandidaten zum Wettbewerb zu.
Für die letzten vier Runden kamen letztendlich 28 Violinistinnen und Violinisten aus 20 Ländern nach Freiburg. Dr. Rüdiger Nolte, Rektor der Hochschule für
Musik und Vorsitzender der Internationalen Musikwettbewerbe Freiburg, begrüßte am 22.8.2010 die Anwesenden. Die Reihenfolge der Vorspiele wurde per
Los festgelegt. Schon nach den ersten Auftritten in der ersten Runde zeigte sich
das hohe künstlerische und technische Niveau der Teilnehmer!
Dort wurde von Bach u. a. die Chaconne aus der Partita d-Moll (BWV 1004),
2 Capricen von Wienawski, Lipinski oder Paganini und eine Solosonate von
Ysaÿe verlangt. Es war wirklich »Geige pur« was vom 23.–25.8. die sieben Juroren
aus Japan, China, Russland, Großbritannien und Deutschland zu hören bekamen. Schnell, eindeutig und souverän fiel die Entscheidung für die 2. Runde,
an der noch 12 Musikerinnen und Musiker teilnehmen durften.
Jetzt kamen zu den »Klassikern« Saint-Saëns, Waxmann, Sarasate und Bazzini
für die Solovioline, Sonaten mit Klavierbegleitung von Beethoven, Schumann
oder Brahms hinzu – sowie, als ganz spezielle Ausrichtung beim Freiburger
Wettbewerb, ein Werk eines Komponisten aus dem Heimatland des vortragenden Musikers, das nach 1950 entstanden ist.
Wieder galt es für die Teilnehmer zu warten. Dann wurden die glücklichen
Sechs bekannt gegeben, die nun mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester
Pforzheim ein Violinkonzert von Mozart einstudierten und auch leiten mussten.
Neben den drei Finalisten erreichten Anna Markova aus Weißrussland, Chiril Maximov aus Moldavien und Martha Cohen aus Deutschland diese Runde. Das Konzert
am 29. August wurde von rund 500 Zuhörern genossen. Die Wahl, welche drei
Künstler nun mit der Baden-Badener Philharmonie eines der großen Violinkonzerte spielen soll, war schwer. Wer würde so kurz vor dem Ziel, gehen müssen?
Aber wieder war sich die Jury schnell einig! Der in einem Interview der Badischen Zeitung mit Prof. Kussmaul geäußerte Satz, dass Klang Geschmacksache
sei, wurde insofern relativiert, als zumindest die Jury eine gemeinsame Werteskala zu haben schien.
Im ausverkauften Konzertsaal der Hochschule hatten es dann die Zuhörer in der
Finalrunde am 31.8.2010 nicht leicht, für sich zu entscheiden, ob die Interpretin
des Sibelius Violinkonzertes oder einer der Interpreten von Prokofieffs zweitem
Violinkonzert den ersten, den großen Preis erhalten soll. Über 250 Zuschauer
harrten bis zuletzt aus, um das Ergebnis gegen 22.00 Uhr zu erfahren. Ein junger 24 Jahre alter Israeli, der in New York studiert, Itamar Zorman, erhielt schließlich den 1. Preis und den Preis für die beste Interpretation eines Mozart-Violinkonzertes aus den Händen von Ministerialdirektor Klaus Tappeser, der als
Vertreter der Landesregierung auch ein Grußwort überbrachte. Der Applaus des
Publikums war einhellig! Der Vorsitzende der Internationalen Wettbewerbe Freiburg, Rektor Nolte, dankte in seinem Schlusswort den Beteiligten auf und hinter der Bühne für die geleistet Arbeit und wies auch darauf hin, dass die gute
Martin Yavryan 3. Preis
Elena Graf 2. Preis
Itamar Zorman 1. Preis
Milena Wilke Sonderpreis
Ausstattung der Preise nur Dank der Unterstützung des Landes, aber auch von
Seiten eines privaten Mäzens möglich war.
Der Marathon war zu Ende. Das allgemeine Fazit war positiv. Die Wettbewerbsteilnehmer freuten sich über die gut Organisation und die einzigartige Möglichkeit, während ihres gesamten Aufenthaltes in einem eigenen Zimmer üben zu
können. Die Jury war erfreut über das beachtliche Niveau der jungen Künstler.
Und die Organisatoren der internationalen wettbewerbe freiburg
waren über die Resonanz in der Fachwelt und beim Publikum erfreut.
Preisträger: 1. Preis (15.000 €) und Sonderpreis für die beste Interpretation
eines Mozart Violinkonzerts (2.500 €) gingen an Itamar Zorman. Den 2. Preis
(10.000€) erhielt Elena Graf aus Deutschland, den 3. Preis (7.500 €) empfing Martin
Yavryan aus Armenien. Den Sonderpreis (2.500 €) für den besten jungen Interpreten erhielt Milena Wilke (14 Jahre jung) aus Freiburg.
Das Publikum: An jedem Tag des Wettbewerbs kamen reichlich interessierte
Zuhörer. Die Zustimmung wurde von Tag zu Tag größer.
Die Orchester: Sie waren nicht nur sehr gut vorbereitet, sondern auch mit Rat
und Tat und auch Geduld bei der Sache. Jeder Kandidat hatte die gleiche Chance
durch die nie nachlassende Aufmerksamkeit der Orchestermusiker!
Die Jury: Sieben Charaktere die sich immer in der Sache einig waren und sich
auch persönlich schätzen lernten: Prof. Rainer Kussmaul (Freiburg), Prof. Ulf
Hölscher (Kralsruhe), Prof. John Holloway (Dresden), Prof. Sergej Kravchenko
(Moskau), Prof. Takumi Kubota (Tokio), Prof. Hu Kun (London) und Alexander
Dick (Freiburg).
Preise von: Land Baden-Württemberg, Dr. Georg F. Drischel
A. Schmolski
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Prof. Rainer Kussmaul
Präsident und künstlerischer Leiter
des Wettbewerbs
Alexander Dick Freiburg
Prof. John Holloway Dresden
Prof. Ulf Hoelscher Karlsruhe
Prof. Hu Kun London
Prof. Sergej Kravchenko Moskau
Prof. Takumi Kubota Tokyo
Itamar Zorman
Elena Graf
Martin Yavryan
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Rektor Dr. Rüdiger Nolte
Ministerialdirektor Klaus Tappeser
Preisträger
Prof. Takumi Kubota
Prof. Ulf Hoelscher
Prof. Hu Kun
Itamar Zorman
Prof. John Holloway
Elena Graf
Martin Yavryan
Ministerialdirektor Klaus Tappeser
Milena Wilke
Rektor Dr. Rüdiger Nolte
Prof. Rainer Kussmaul
Prof. Sergej Kravchenko
Alexander Dick
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Warschau – Freiburg
CooCooPhasing
8.5.–14.5.2010 und 20.5.–25.5.2010
Shanghai EXPO 2010
Um es klar zu sagen: Der Austausch mit der Warschauer Frederik-ChopinHochschule in war ein einziger Succès. Die Konzerte in Warschau, Freiburg
und Allensbach überzeugten das zahlreiche Publikum von der Qualität der
beiden Ensembles (von jeder Hochschule ein Streichquartett), die dann beim
Oktett von Mendelsohn zu einer wunderbaren Einheit zusammenwuchsen.
CooCooPhasing ist eine Komposition für die Installation CooCooChoir (Realisation: Torsten Belschner) und ein Beitrag der Stadt Freiburg zur EXPO 2010
in Shanghai. CooCooChoir besteht aus acht Kuckucksuhren, deren Figuren
computergesteuert erscheinen und die Schnäbel sowie Flügel synchron zum
jeweiligen musikalischen Ereignis bewegen.
Das Stück CooCooPhasing besteht aus einem computergenerierten Prozess.
Das anfänglich simultane »Kuckuck« aller Uhren geht allmählich in die ersten Takte des berühmten Präludiums in C-Dur von J.S. Bach (BWV 846) über.
Die einzelnen Sechszehntel des Präludiums sind ähnlich einem Lauflicht auf
die acht Kuckucksuhren verteilt.
Eine Besonderheit dieser Metamorphose ist, dass jede Uhr isoliert betrachtet,
nichts anderes tut, als ihre zwei Kuckuckstöne in gleichen Abständen zu wiederholen. Der Eindruck eines Musikstückes wird aus der Summe der einzelnen, für sich autonomen Bewegungsabläufe in der Wahrnehmung des Hörers
zusammengesetzt. Das Tempo wird dabei soweit beschleunigt, bis die Kuckucksuhren an ihren physikalischen Grenzen stoßen und (musikalisch) »abstürzen«. Das Märchen der absoluten Kontrolle ist zu Ende.
Oktett in der
Gnadenkirche Allensbach
Das Engagement der Studenten/innen, der Professoren/innen und der Verwaltungen auf beiden Seiten haben unsere Reise nach Warschau und den
Besuch der polnischen Seite bei uns ermöglicht. Dabei hat sich wieder gezeigt
wie wichtig Kommunikation und Austausch in der Musik sind. Dies mag
zwar als Binsenweisheit erscheinen, es zeigt sich aber immer wieder in der
Praxis als notwendig und ist daher aktuell.
Alexander Grebtschenko
Geboren 1975 in Varna, Bulgarien. Studierte bis 2002 Komposition bei Prof.
Cornelius Schwehr und Elektronische Musik bei Prof. Mesias Maiguashca an
der Musikhochschule Freiburg. Ab 2004 unterrichtet er an den neugegründeten Studios für elektronische und elektroakustische Musik an der Musikschule Konstanz und ist auch am Studio für Elektronische Musik und Akustik der
Musikhochschule Freiburg tätig. Diverse Stipendien u.a. Landesgraduiertenförderung im Fach Akustik, Stipendium des Bundespräsidenten, Stipendium
im Rahmen der Donaueschinger Musiktage. Radiosendungen im Deutschlandradio Kultur, SWR, RDL, WDR. Aufführungen in vielen europäischen
Ländern sowie Kanada und USA. Kompositionsaufträge von ensemble recherche,
duo contour, Duo Fluktuation, Ensemble Alarm, Ensemble Chronophonie u.a
Kammermusik lebt nicht nur von der Arbeit, von dem Talent, sondern auch
von der Offenheit zu Neuem, Unbekanntem, Fremdem – von der Neugier. Das
sollte in einem Studium nie fehlen, weder auf der Seite der Studenten/innen
noch auf der Seite der Professoren/innen. Dies ist in Warschau passiert. Last
but not least sind wir auch durch die Stadt und ihre Umgebung auf die Spuren Chopins geführt worden. Neben der wertvollen Arbeit haben wir wunderbare Momente in der Stadt erlebt.
Ganz herzlich möchte ich mich bei dem Quartett, das mitgereist ist, bedanken,
nämlich bei Anne Schintz, Mona Gansczyk, Kayo Kida und Clara Pouvreau
und natürlich auch dem Meccore Quartett aus Warschau und Professor
Wlodzimierz Prominski. Diese Reise war dank Magdalena Rezlers Engagement möglich. Auch ein herzliches Dankeschön an sie.
Nun bleibt mir nur zu hoffen, dass in Zukunft weitere, möglichst zahlreiche
Austauschmöglichkeiten stattfinden werden, mit Warschau oder anderen
Partnern unserer Hochschule.
Prof. Sylvie Altenburger
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Delegation des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK)
vor der Installation CooCooChoir im Pavillon der Stadt Freiburg auf der EXPO 2010
in Shanghai
Dr. Hai Sun, Projektleiter, MWK
Prof. Thomas Schadt, Geschäftsführer Filmakademie Baden-Württemberg GmbH
Staatssekretär Dr. Dietrich Birk MdL, MWK
Dr. Nolte, Rektor der Hochschule für Musik Freiburg
Ministerialrat Joachim Uhlmann, MWK
Prof. Udo Dahmen, Geschäftsführer Popakademie Baden-Württemberg GmbH
Ines Busch, Ref.-Leiterin, Ref. f. intern. und EU-Angelegenheiten MWK
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JOSEPH HAYDN 1732–1809
La fedeltà premiata
Dramma pastorale giocoso in tre atti
Libretto von Giambattista Lorenzi
Institut für Musiktheater
Aufführungen Juni/Juli 2010 im Konzertsaal
Jutta Lauer, Carolin Neukamm Celia (Fillide)
Alvaro Zambrano Fileno
Roxana Herrera Diaz, Lena Laferi Amaranta
Marcelo de Souza Felix, Manfred Plomer Perrucchetto
Agnes Knoop, Susana Schnell Nerina
Moritz Kallenberg, Dritan Mustaka Lindoro
Martin Beilicke, Sergiy Zinchenko Melibeo
Sophie Catherin, Claudia Mundi Diana
Vokal-Ensemble der Hochschule für Musik Freiburg
Torsten Meyer Einstudierung
Erina Yashima Cembalo
Orchester der Hochschule für Musik Freiburg
Aziz Kortel, Hans Kretz, Andreas Vogelsberger Musikalische Leitung
Alexander Schulin Inszenierung
Fabian Lüdicke Bühnenbild
Esther Dandani Kostüme
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Moritz Kallenberg
Carolin Neukamm
Susana Schnell
Marcelo de Souza Felix
Alvaro Zambrano
Sergiy Zinchenko
und bedient zu werden, beflügelten schon antike Erzählungen wie den Pygmalionmythos (vgl. Urchs 2002, S. 24 ff). Die Geschichte selbsttätiger Klangapparate lässt sich historisch bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Mechanische Spielwerke wurden zur Unterstützung der Illusion oft mit einem
skulpturalen menschen- oder tierähnlichen Gehäusen umbaut wie Gianello
Torianos Mandolinenspielerin von 1540 oder diverse zwitschernde Kunstvögel
im 18. Jahrhundert (vgl. Schott-music.com/Musikmaschinen). Auch musizierende Roboter werden verstärkt als Humanoiden (menschenähnlich) gebaut,
weil sie damit leichter zu akzeptieren sind (http://www.robot.watch.impress.
co.jp). Denn bei aller Maschinenfaszination bedeutet die Perfektion selbst
musizierender oder gar komponierender Automaten immer auch eine »doppelte anthropologische Kränkung« (Harenberg /Weissberg 2010, S. 9), auf die
historisch unterschiedlich reagiert wurde und die auch heutige »MenschMaschine«-Diskussionen immer wieder beherrscht. Die thermischen Metaphern »warm« und »kalt« gelten dabei dem lebendigen Leib und der toten
Maschine. Strawinskij zog sich listig aus der Affäre, als er den von Hans
Christian Anderson literarisierten Märchenstoff eines Wettstreits zwischen
einer künstlichen und einer natürlichen Nachtigall in seinem Stück Le Rossignol vertonte, wie Lukas Macher im Seminar »Musik-Bewegung-Maschine«
demonstrierte. Der Komponist bezieht sozusagen eine ästhetische Metaebene
und erschafft musikalisch beides: die künstliche wie die (ebenso künstliche)
»natürliche« Nachtigall, und zwar mit einem konventionellen Klangapparat,
nämlich Stimme und Orchesterinstrumenten. Dabei ist der Diskurs nicht
stehen geblieben. Vor allem die Entwicklung elektronischer Musik und die
digitale Klang- und Bilderzeugung haben das Spektrum an Möglichkeiten
grundlegend verändert. Nach Urchs hängt die Entwicklung intelligenter Apparate mit der jeweiligen Definition eines kognitiven Systems zusammen
(Urchs 2002, S. 23). Inzwischen gibt es einen speziellen Forschungsbereich der
Künstlichen Intelligenz, der sich mit musikalischer Robotik befasst. In Bremen fand 2006 das »First Symposium on Music, Art, and Robotics« statt
(Schmidt/Seifert 2006, S. 44 ff). Auch Grebtschenkos Teddy mit seinen bescheidenen Möglichkeiten gehört in diese Sparte. Doch mindestens ebenso
spannend wie die ästhetischen Fragen, die der Einsatz des Teddys aufwirft, ist
die spezifische Rezeption.
Auftritt: Teddy
Elektronische Musik und Emotion
Im »YouTube«-Konzert, am 7. Juli 2010 im Kammermusiksaal unserer Hochschule, hatte er seinen mit Spannung erwarteten Auftritt: ein etwa ein Meter
großer whiskyfarbener Teddy, eines jener liebenswerten, überdimensionierten
Plüschmonster, die oft schnell noch auf der Heimreise beim Spielzeugdiscounter erstanden werden, weil die versprochenen Mitbringsel für die Kinder
glatt vergessen wurden. Es sollen auch schon welche am Schießstand oder
beim Losverkauf auf der Messe gewonnen worden sein. Dieser Teddy wurde
indessen liebevoll ausgewählt, auseinander genommen, mit Hebel- und Drehgelenken beweglich gemacht und durch eine kleine Bordelektronik aufgerüstet von Alexander Grebtschenko. Er ist programmier- und durch einen Con­
troller steuerbar. Im Konzert nutzte Sophie Catherin den Teddy wie ein
ferngesteuertes Objekt, stellte ihn auf Blickkontakt, ließ ihn ihre auf Video
aufgezeichneten Armbewegungen nachmachen, und sie ahmte ihrerseits
Teddys Bewegungsradius nach. Mensch und Maschine kommunizierten in
gestischer Interaktion, so jedenfalls die Illusion. Dabei wurde auch noch
Klang erzeugt, der allerdings aus weitgehend unspezifisch ausgeführten Bewegungen resultierte. Das wirkte erheiternd, etwas gewollt dilettantisch
(dem programmatischen »YouTube«-Thema entsprechend) und war lustig
anzuschauen. Am meisten freute sich ein noch minderjähriger Besucher, der
spontan aufsprang und begeistert mitging, als der Teddy sich zu bewegen
begann, den Kopf drehte und die Arme hochriss. Man wartete gespannt auf
Teddys nächsten Einsatz.
Etwas ernsthafter als in dieser spielerischen Version war Teddys Premiere am
23. Juni 2010 im Münchener Gasteig. Hier musizierte das Stofftier in einem
musica viva-Konzert auf der Bühne des Carl Orff-Saals gleichberechtigt neben
fünf weiteren InstrumentalistInnen bei der Uraufführung von Orm Finnendahls Stück Gegenüberstellung I-III für Bassflöte, Bassklarinette, Posaune,
Viola, Schlagzeug, Roboter und Live-Elektronik. Wie die einzelnen Musikerinnen und Musiker, die während ihrer live-elektronischen Perfomances optisch
aus der ansonsten schwarzen Bühne herausgehoben wurden, so erschien
auch der Teddy bei seinen Auftritten in einen Lichtkegel getaucht. Er saß wie
die übrigen Ausführenden vor einem Laptop, bewegte Kopf und Arme, schien
auf den Tasten herumzuhacken und fegte gelegentlich geräuschvoll verschiedene Gegenstände vom Pult, etwa eine rasselnde Kette. In diesem Fall führte
der Teddy vorprogrammierte Schritte aus. Er wurde als musizierender Roboter
eingesetzt. Beim Schlussapplaus verbeugte sich nicht das Stofftier, sondern
sein Techniker und Mentor Alexander Grebtschenko, der dem Teddy sozusagen das Leben eingehaucht, indem er ihn mit der eingebauten Mechanik und
mit elektronischen Steuerungsmöglichkeiten musikfähig gemacht hat.
Androiden (zusammengesetzt aus dem griechischen »andros«, Mensch, und
»eides«, ähnlich), Roboter (aus dem spätmittelhochdeutschen »robat«, Frondienst, Zwangsarbeit), Automaten (griechisch »automatos«, aus eigener Bewegung handelnd) oder Maschinen (lateinisch »machina«, Werkzeug mit festen
und beweglichen Teilen), die Menschen erzeugen, um sich ihrer zu bedienen
Der über 100 Jahre alte »Teddybär«, um dessen Erfindung offenbar noch gestritten wird (Cockrill 2001), ist ein hoch emotional besetztes charismatisches
Kuscheltier, das starke Empathie auslöst. Kindern kann der Teddy als Objekt
dienen, das sie einerseits bemuttern und das ihnen andererseits in unsicheren Situationen Zuflucht bietet. Erwachsene erinnern sich an diese frühe
Liebe und bewahren den Gefährten aus der Kindheit oft sogar auf (wiki/
Teddybär#Psychologie, 2010). Sein Einsatz in Neuer Musik ist indessen ungewöhnlich. Um die Klangereignisse zu produzieren, die in den Ausschnitten, in
denen der Teddy in Finnendahls Stück auf der Bühne agiert, zu hören waren,
hätte es keines Stofftiers bedurft. Im ersten Moment zieht der Überraschungseffekt die Aufmerksamkeit sogar von der Musik ab. Der Teddy bleibt ein
Fremdkörper im ritualisierten Aufführungsrahmen Neuer Musik, der gewöhnlich von einer gewissen visuellen schwarzen Strenge, viel elektronischem Equipment und einer Atmosphäre technischen Sachverstands gekennzeichnet ist. Als »charming« Objekt im falschen Ambiente bricht der Auftritt
des Teddys diese Strenge mit liebenswürdiger Ironie.
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Die im 19. Jahrhundert sich im Konzertsaal herausbildenden Präsentationsrituale artifizieller Musik förderten eine spezifische Rezeptionshaltung, nämlich das konzentrierte Zuhören bei körperlichem Stillstand. Im Idealfall soll-
ten auch die Augen geschlossen sein, um sich ausschließlich dem Höreindruck zu widmen. Allerdings war die Klangerzeugung an instrumentale Körpergesten gebunden. Durch technische Entwicklungen wie die Signalübertragung per Telefon und Radio und die Möglichkeiten der Schallaufzeichnung
ließ sich indes schon Ende des 19. Jahrhunderts ein vom Körper losgelöster
Klang erfahren. Dieser Aspekt wurde durch die Verbesserung und Kommerzialisierung musikalischer Speichermedien und der elektronischen Klanger­
zeugung revolutioniert und radikalisiert. Für Pierre Schaeffers »musique
con­crète«, die auf dem Mix vorproduzierter Klangereignisse beruht, und die
ersten rein elektronisch generierten Kompositionen brauchte man im
Konzertsaal nur noch Abspielgeräte, Lautsprecher und die Raumakustik
kontrollierendes tontechnisches Personal am Mischpult. Dazu erklang eine
oft äußerst spröde und sperrige Musik. An diese sinnlich extrem reduzierte
»Blackbox«-Erfahrungen knüpfen heutige Körperdiskurse meist an, wenn
elektronische Musik dem Vorwurf lebloser Kälte ausgesetzt ist.
Lit.:
Caroline Cockrill: 100 Jahre Teddybären, München 2001
Golo Föllmer / Julia Gerlach: Audiovisionen. Musik als intermediale Kunstform, in:
http://www.medienkunstnetz.de/themen/bild-ton-relationen/audiovisionen/1/, eingesehen am 18. 11. 2009
Michael Harenberg / Daniel Weissberg (Hg): Klang (ohne) Körper. Spuren und Potentiale des Körpers in der
elektronischen Musik, Bielefeld 2010
Axel Hübler: Das Konzept »Körper« in den Sprach- und Kommunikationswissenschaften, Tübingen, Basel 2001
Lüder Schmidt / Uwe Seifert: musikalische robotik. Körperlichkeit und Musik, in: NZfM 4, 2006, S. 44 f.
Max Urchs: Maschine, Körper, Geist, Frankfurt am Main 2002
http://de.wikipedia.org/wiki/Teddybär#Psychologie, eingesehen am 13. 8. 2010
http://www.Schott-music.com/Musikmaschinen, eingesehen am 30. 3. 2010
Janina Klassen
Professorin für Musikwissenschaft, veranstaltete im Sommersemester 2010
ein Seminar über »Musik-Bewegung-Maschine«
Anders als noch Schaeffer und die Pioniere synthetisch erzeugter Klänge geht
man in neuerer Wahrnehmungsforschung davon aus, dass Musik kein ausschließlich akustisches Medium ist, sondern intermedial vermittelt wird
(Föllmer/Gerlach 2009). Visuelle Reize wie das Beobachten der instrumentalen Aktion sowie die Mimik der Musizierenden tragen zur akustischen Informationsverarbeitung wesentlich bei. Allerdings ist bei digital generierten
Klängen keine instrumentenspezifische Bewegung nötig. Das heißt, die technische Entkopplung von Geste und Klang führt zu einer Unabhängigkeit der
Gesten. Sie können als eigenes Gestaltungsmittel bewusst inszeniert werden
und eine eigene Ausdrucksebene bilden. Auf diese Weise bekommen Körper
auf der Bühne eine neue Funktion. In Live-Elektronik-Konzerten spielen dagegen die auf der Bühne musizierenden Instrumentalisten eine wichtige Rolle.
Ihre körperliche Präsenz und die situationsabhängige Tagesform bringen mit
der Illusionen körperlicher Wärme gegen die empfundene Kälte der Technik
(tatsächlich dürften die Geräte die Bühne mehr aufheizen als die Körper) eine
gewisse unkontrollierbare Materialität ein, die zum ästhetischen Konzept
gehört.
Sowohl im »YouTube«-Konzert als auch in Finnendahls Gegenüberstellung
I-III standen die Musikerinnen und Musiker mit ihren Klang produzierenden
Gesten und Gesichtszügen einem Roboter mit Glasaugen und ungelenken
Hebelbewegungen gegenüber. Obwohl sie den Roboter als Maschine entlarvten, blieb der niedliche Teddy sympathisch. Gerade darin liegt die Ironie seines Einsatzes. Das Phänomen gleicht Erfahrungen, die man in Animationsfilmen machen kann. Eine wichtige Komponente für die Auslösung von Empathie ist das charismatische Objekt selbst, mit allem, wofür es symbolisch
steht, eine weitere steckt in der Bewegung. Gesten wirken emotional, weil sie
als Ausdruck innerer Bewegung rezipiert und interpretiert werden. Diese
bereits in der antiken Rhetorik reflektierte Erfahrung trifft auch auf die Begegnung mit dem Roboterteddy zu. Wenn er uns den Kopf zuwendet so rührt
diese Geste, und wir beleben sie mit der Projektion, die Glasaugen sähen uns
an. Auf Teddy warten weitere Auftritte. Neue Kompositionen für ihn sollen
schon begonnen worden sein.
München Gasteig
Orm Finnendahl
Gegenüberstellung I-III
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Rara-Bestand in der Bibliothek
Neue Präsentationstechnik im Seminarraum 101
Die Bibliothek der Musikhochschule ist durch die Schenkung verschiedener
Nachlässe unter anderem in den Besitz der unten aufgelisteten Titel gelangt.
Es handelt sich um teilweise sehr seltenes Notenmaterial, das der Hochschule
nun zur Verfügung steht.
In diesem Jahr wurde begonnen, den Bestand an die Zentralredaktion von
RISM (Répertoire International des Sources Musicales = Internationales Quellenlexikon der Musik) in Frankfurt zu melden. In RISM werden Musikdrucke
nachgewiesen, die zwischen 1500 und 1800 gedruckt wurden. In diesem Quellenlexikon sind weltweit die Bestände von Bibliotheken und privaten Sammlungen verzeichnet.
Der Bestand wird hier in der Hochschulbibliothek separat verwaltet und aufbewahrt. Die Medien erhalten den Signaturzusatz »RARA« und können nur auf
Anfrage eingesehen werden.
Mitte Januar 2010 ist vom technischen Dienst der Hochschule und verschiedenen Firmen in einem aufwändigen Umbau unter anderem ein interaktives
Hitachi FX DuoBoard installiert worden. Diese »digitale Tafel« ist eine elektronische Projektionswand bzw. eine Weißwandtafel, die in Verbindung mit
einem Computer und einem Beamer funktioniert.
Nachdem digitale Tafeln bzw. interaktive Whiteboards immer mehr Einzug in
Universitäten halten, hat sich die Hochschulleitung dazu entschlossen, diesen Seminarraum mit neuster Technik auszustatten.
Die Vorteile der digitalen Tafel
Bessere Präsentationsmöglichkeiten von Unterrichtsinhalten, ein hohes Maß
an Motivation und eine Vielzahl von Interaktionsmöglichkeiten für unsere
Studierenden, viel Spaß beim Unterrichten und Vorteile für die Lehrkräfte
beim Vorbereiten und Speichern der Unterrichtsinhalte bietet das Medium.
Letztendlich können mit Hilfe von interaktiven Whiteboards alle Medien wie
Text, Grafik, Bilder, Animationen, Töne und Filme präsentiert werden. Über
einen Computer werden die an der Boardoberfläche mit einem Stift oder einer
Fingerposition eingegebenen Daten transformiert und das errechnete Bild
unmittelbar über den Beamer auf die Boardoberfläche projiziert. Dadurch
entsteht der Eindruck eines unverzögerten realen Tafelbildes. Diese digitalen
Seitenbilder können abgespeichert und bei Bedarf immer wieder aufgerufen
werden. Die Dateneingabe kann aber auch direkt am Computer/Laptop erfolgen. Neben dem StarBoard wurde in dem Raum eine hochwertige THX-zertifizierte Soundanlage mit neuster Blu-ray-Technik eingebaut.
Folgende 5 Titel sind bis jetzt gemeldet:
1. Mozart: Andante varié pour le clavecin ou piano-forté, par Monsieur Mozart.
Œuvre 40me [KV 614/2]. – Offenbach, J. André, No. 657. – ca. 1793
RISM A, M 6066
2. Bach, Carl Philipp Emanuel: Wq 57. Clavier-Sonaten [a, d, f] nebst einigen
Rondos [E, G, F] fürs Forte-Piano für Kenner und Liebhaber … dritte Sammlung. – Leipzig, Autor, 1781
RISM A1.1–88
Flexible Präsentationen mit dem Visualizer
Eine weitere Technik die in unserer Hochschule Einzug hält, ist der zunehmend beliebte Visualizer vom führendem Hersteller Wolfvision, der den Standard Overhead-Projektor nicht nur ersetzt sondern in allen Bereichen weit
übertrifft. Ein Visualizer ist das flexibelste aller modernen Präsentationsgeräte. Er kann jede Art von Vorlagen (Bücher, Fotos, dreidimensionale Gegenstände, etc.) schnell und einfach aufnehmen und liefert ein hochauflösendes Bild
für Beamer, und Smart Bords. Verglichen mit eher »steifen« Power Point Präsentationen ist eine Präsentation mit einem Visualizer viel flexibler und »lebendiger«, denn hier kann alles zu jeder beliebigen Zeit präsentiert werden,
ohne vordefinierte Reihenfolge und ohne langwierige Vorbereitung. Typische
Anwendungen für Visualizer sind: Schulungen, Meetings, Konferenzen, Seminare, Produktpräsentationen. Benutzer, die sich mit standardmäßiger Computertechnologie auskennen, werden in kürzester Zeit auch mit dem Visualizer
und dem FX-Board vertraut sein.
Der technische Dienst bietet allen Interessenten individuelle Einführungen
an. Dies ist nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Studierende möglich,
die Präsentationen bzw. Vorträge erarbeiten wollen.
3. Beck, Christian Friedrich: Six menuets et trios à quatre mains pour le clavecin ou Piano-Forte, Offenbach sur le Main: André, ca. 1790
4. Mozart: Idomeneo. Re di Creta. Opera seria in tre atti, di W. A. Mozart. Idomeneus, König von Creta. Ernsthafte Oper in drey Aufzügen, im Klavierauszuge von A. E. Müller – ib., Breitkopf & Härtel, No. 2286. – 1797
RISM A, M 4191
5. Förster, Emanuel Aloys: Emanuel Alois Förster’s practische Beyspiele als
Forsetzung zu seiner Anleitung des Generalbasses. – Wien : Artaria., 1819. –
Bd. 1–3 RISM A, F 1429
Ursula Wild
Hanspeter Brutschin
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Jahresrückblick des AStA
Im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick über die Arbeit des AStA in
der Amtszeit 2009/10.Neben den individuellen Zielsetzungen der einzelnen
Mitglieder, war es uns allen ein wichtiges Anliegen, die weit reichenden Impulse des vorangegangenen AStA weiterzuführen und auszubauen.
Hochschulselbstverwaltung
An einer kulturpolitisch bedeutenden Einrichtung wie unserer Hochschule ist
eine konsequente Beteiligung der Studierenden, etwa in Fragen der Gestaltung des Lehrbetriebs oder einer effektiven Hochschulselbstverwaltung, unumgänglich. Teilweise kann man die studentischen Einflussmöglichkeiten an
unserer Hochschule im Blick auf vergleichbare Institutionen großzügig nennen. Dass der derzeitige Zustand dennoch als ausbaufähig empfunden wird,
zeigen die Bestrebungen der letzten Jahre, die studentische Mitsprachemöglichkeit gezielt auszuweiten. Erfreulicherweise ist es nun mit der lang ersehnten Genehmigung der neuen Grundordnung durch das zuständige Ministerium im Juni 2010 rechtskräftig, dass
• im Hochschulrat – sozusagen dem Aufsichtsrat der Hochschule – ein
internes Mitglied aus den Reihen der Studierenden gestellt werden kann
(ab 1.10.10 der Fall),
• im Senat ein zusätzlicher Sitz für einen studentischen Vertreter geschaffen
wird. Somit wirken in diesem Gremium ab dem Wintersemester 2010/11
vier AStA-Mitglieder mit.
• zu Fachgruppensitzungen und Arbeitsgruppen Studierende offiziell als
Sachverständige hinzutreten können.
Ein großes Problem stellte in der AStA-Tätigkeit bislang der Umstand dar, dass
eine kontinuierliche Arbeit nur schwer gewährleistet werden konnte. Die
zweisemestrige Amtszeit war mit einem längeren Herantasten und Vertrautwerden mit den neuen Aufgaben verbunden; ihren Erfahrungsschatz konnten
die Vorgänger oft nur bedingt an einen neuen AStA weitergeben. Auch wenn
inzwischen eine interne Regelung (durch Wiederwahl mit vorzeitigem Rücktritt aus »persönlichen Gründen«) etabliert werden konnte, wird dieses Vorhaben zukünftig durch ein rotierendes Wahlsystem deutlich vereinfacht. Es
sieht die semesterweise Wahl von jeweils der Hälfte der AStA-Mitglieder vor.
Dieser Vorschlag wurde vom Senat einstimmig angenommen, eine Genehmigung durch das Ministerium steht aber noch aus.
Stipendienfonds
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Neben unserem normalen Etat, der für Sachkosten, Integration von Studenten
des ersten Semesters u. a. zur Verfügung steht, konnte ein vom AStA verwalteter Stipendienfonds eingerichtet werden. Er kommt Studierenden zu Gute, die
in besonderer Weise Engagement in der Hochschulselbstverwaltung zeigen
(AStA-, Studienkommissionsarbeit) oder sich als MentorInnen in der Erstsemesterbetreuung engagieren. Zudem ist es in einer Notlage möglich, finanzielle Unterstützung in kleinerem Umfang in Form eines »Notfall-Stipendiums«
zu beantragen. Bereits vier Studierende konnten bzw. mussten davon schon
Gebrauch machen. Die Höhe des Stipendienfonds wird mit jedem Haushaltsjahr neu festgelegt, er beläuft sich aber derzeit auf 15 Tsd. €.
Harald Rösch ist gestorben
Kommunikation...
Am 6. August 2010 verstarb einer der besten Freunde der Musikhochschule
Freiburg sprichwörtlich plötzlich und unerwartet im Alter von 74 Jahren.
Harald Rösch war lange Jahre von 1984 bis 1996 Vorsitzender der Gesellschaft
der Freunde der Musikhochschule Freiburg und hat sich in dieser Funktion
nicht nur engagiert für den Bau des Kammermusiksaals eingesetzt, der durch
Spenden der Bürgerschaft in Höhe von 1.000.000 DM möglich wurde, sondern
insbesondere auch hunderte von »kleineren« Entscheidungen für Stipendien
zugunsten der Studierenden der Hochschule verantwortet. Der damalige
Vorstand des Fördervereins, neben Harald Rösch noch der ehemalige Rektor
Professor Johann-Georg Schaarschmidt, der stellvertretende Vorsitzende Dr.
Heinz Tomas und der »Schriftführer« Manfred Klimanski war nicht nur besonders fleißig für die Anliegen des Vereins und damit der Hochschule tätig,
sondern auch berüchtigt für seine Skatrunden, mit Vorliebe im (alten) Walfisch. 1996 wurde er für seinen Einsatz zugunsten des im Jahre 2000 eingeweihten Kammermusiksaals mit der Ehrensenatorenwürde der Hochschule
ausgezeichnet, die bis dahin nicht verliehen worden war.
ist leicht gesagt, aber nur schwer zu gewährleisten. Der AStA baut darauf,
dass ein überwiegender Teil der Studierenden die wichtigsten Informationen
und Termine durch Aushänge, über den AStA-Newsletter per Email-Verteiler,
Banner im Foyer und die studentische Hochschulzeitschrift Synkope zur
Kenntnis nimmt. Eine Mitbenutzung der Bildschirme im Foyer ist mit dem
Rektorat besprochen und wird in Zukunft über den Zeitraum der Aufnahmeprüfungen hinaus ausgeweitet. Natürlich haben wir auch versucht, möglichst
viele Gelegenheiten zu persönlicher Rückmeldung zu geben. Abgesehen von
unserer wöchentlichen Sprechstunde und vielen Einzelgesprächen dienten
hierzu z.B. die AStA-meets-Gespäche zu Beginn, die Vollversammlungen gegen Ende des Semesters sowie ein neu geschaffener Termin für ein FoyerGespräch in lockererem Rahmen mit Rektor Dr. Nolte.
Viel Energie ist auch in Lösungsversuche im »Dirigierkonflikt« geflossen –
etwa wiederholte Bemühungen um Mediation, Schreiben an das Ministerium
etc. – leider ohne jeglichen Erfolg. Das vielfältige Engagement der Studierenden hat dabei klar gezeigt, welch hohen Stellenwert das Fach Dirigieren in der
Schul- und Kirchenmusik-Ausbildung genießt. Es bleibt zu hoffen, dass in
den kommenden Semestern eine erfolgreiche Neustrukturierung des Faches
und eine Glättung der Wogen stattfinden kann.
Auch die Kommunikation mit anderen Allgemeinen Studierendenausschüssen wird gepflegt. Hier sind z.B. die Ausrichtung der Musik-Landes-Astenkonerenz (MuLAK) im Februar 2010 an unserer Musikhochschule in Freiburg
und die Teilnahme an einem Bologna-Kongress in Stuttgart zu nennen.
Doch mit dem Rückblick auf das, was das letzte Jahr aus unserer Sicht geprägt
hat, richten wir unseren Blick zugleich auf das kommende Semester. Wir
wünschen dem neuen AStA, dass er gut in unserer Hochschule Fuß fassen
möge, mit Fantasie, Beharrlichkeit und Freude den Bedürfnissen der Studierenden Ausdruck zu verleihen mag – und, wenn nötig, ein konstruktives und
entscheidendes Wörtchen mitzureden hat!
Aber Harald Rösch war der Hochschule nicht nur in diesem Amte verbunden,
sondern auch in seiner eigentlichen Tätigkeit als Musikchef des Landestudios
Freiburg des vormaligen Südwestfunks Baden-Baden. So wie er den Musikern
des gesamten Einzugsbereichs des Landesstudios verbunden war und sie förderte, wo er konnte. In vielen Fällen hat er mit einem Mitschnitthonorar ein
Konzert erst möglich gemacht, in anderen Fällen mit einer Studioproduktion
Solisten und Ensembles geholfen, so hat er Swatoslav Richter zu einem Zubrot
verholfen, von dem die mächtige UdSSR nichts wusste und Richter deshalb
auch nix davon abzugeben hatte an den sowjetischen Staat. Er war eine Institution als Kultur- und Musikförderer einer ganzen Region auch deshalb, weil
er niemanden fragen musste, weil er sich eine Kompetenz erarbeitet hatte,
gegen die niemand »anstinken« konnte und weil die Strukturen damals dem
entgegen kamen. Im Gegensatz zu heute. Wenn man sich in Erinnerung ruft,
dass in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch ein eigenes
Orchester des Landesstudios Freiburg unter Leitung des legendären Willy
Stech existierte…
Josef Huber
für den AStA 09/10
Und er war mein ganz persönlicher Freund.
Wir sehen uns.
Der AStA 09/10
Antoine Billet, Kerstin Hornig, Josef Huber, Martina Petzold, Francesca
Schenk, Anne Schinz, Helen Willis, Yoko Yamanaka. Frau Hornig und Frau
Petzold sind mit Beginn des Sommersemesters für Frédérique Renno und
Bernhard Schmidt nachgerückt.
Manfred Klimanski
Der AStA 10/11
Antoine Billet, Christian Buchholz, Victoria Gäbel, Kerstin Hornig, Josef Huber, Sangmoon Oh, Martina Petzold, Kira Valkema.
058 | 059
Reinhold Hammerstein
Klaus Huber, 85
9. 4.1915 – 22. 4. 2010
Der letzte aus der Gründungsriege der Freiburger Hochschule, der Musikwissenschaftler Professor Dr. Reinhold Hammerstein, verstarb kurz nach seinem
95. Geburtstag in Freiburg. In München und Freiburg studierte er und promovierte 1940. Nach seiner Zeit im Krieg habilitierte er sich 1954. Von 1946 bis
1959 lehrte er als erster Dozent für Musikgeschichte an der soeben gegründete
Hochschule für Musik, dann bis 1961 an der Albert-Ludwigs-Universität als
Nachfolger von Willibald Gurlitt und ging 1963 als ordentlicher Professor bis
zu seiner Emeritierung 1980 an die Universität Heidelberg. Sein Wirken ging
über die Fachgrenzen hinaus, weil seine Interessen weit gespannt waren. Die
Charakterisierung als Ikonograph der Musik ist nicht nur durch seine Habilitationsschrift »Die Musik der Engel« (1962) berechtigt. Darin untersucht er
exemplarisch die Vorstellungswelt der Antike und des Mittelalters von der
himmlischen Musik anhand von Texten und Bildwerken. Aber er war nicht
nur der Theorie verhaftet. Als glänzender Pianist und Sänger konnte er seinen
Zuhörern selbst demonstrieren was er erklären wollte. Mit Fritz Neumeyer
(ebenfalls ein Lehrer der ersten Stunde) verband ihn die Neigung zur Alten
Musik und der historischen Aufführungspraxis, ein damals neues Gebiet in
der Musik. In Freiburg wurde seine Idee vom Fach Musikwissenschaft durch
seinen Schüler Professor Dr. Wohlfarth weiter gereicht. Dieser war es auch,
der zum 50. Geburtstag Hammersteins den Homunkulus »Momostra« erfand
und zeichnete, eine im wahrsten Sinne »Kunstfigur«, geformt aus den Lieblingskomponisten seines Lehrers: Monteverdi (Spitzbart und Kragen), Mozart
(Perücke) und Strawinski (Profil und Brille).
060 | 061
Professor Klaus Huber wurde 1924 in Bern geboren. Nach der Ausbildung
am Lehrerseminar in Küsnacht und anfänglichem Schuldienst im Berner
Oberland studierte er von 1947 bis 1955 in Zürich Violine bei Stefi Geyer (bis
1949) und Komposition zunächst bei Willy Burkhard, seinem Patenonkel
und danach bei Boris Blacher in Berlin. 1959 hatte er als Komponist mit Des
Engels Anredung an die Seele bei den Weltmusiktagen in Rom seinen internationalen Durchbruch.
Von 1960 bis 1963 lehrte Klaus Huber Musikgeschichte am Konservatorium
in Luzern, ab 1964 die Fächer Musiktheorie, Komposition und Instrumentation an der Musik-Akademie der Stadt Basel. Von 1973 bis 1990 hatte er
schließlich eine Professur für Komposition an der Hochschule für Musik Freiburg inne. 1969 gründete er das Internationale Komponistenseminar Boswil
in der Schweiz. Klaus Huber hat zahlreiche Preise erhalten, 1970 den Beethoven-Preis der Stadt Bonn, 2009 den Musikpreis Salzburg und den Ernst von
Siemens Musikpreis. Er ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste, der Akademie der Künste Berlin, der Freien Akademie der Künste
Mannheim, Ehrenmitglied der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik
IGNM und Ehrendoktor der Universität Straßburg. Zu seinen Schülern zählen
u. a. Wolfgang Rihm und Brian Ferneyhough.
Klaus Huber hat ein reiches und weitverzweigtes vokales wie instrumentales
Werk geschaffen in dessen geistigem Zentrum der Mensch, der Kampf gegen
das Unrecht und die Utopie einer gerechten Weltordnung stehen.
In den vergangenen Jahren wendete er sich verstärkt dem Studium der arabischen Musik, deren harmonischer und melodischer Systematik zu, um sie für
sein eigenes Schaffen fruchtbar zu machen.
Hier zeigt sich einmal mehr sein kulturübergreifender kompositorischer
Ansatz, der, ohne notwendigen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, die
Integration der Abgrenzung vorzieht.
Albrecht Meyerolbersleben, 85
Ludwig Doerr, 85
Professor Albrecht Meyerolbersleben wurde 1924 in eine musikalische Familie
geboren – der Vater war Opernsänger und Musikprofessor – und studierte
schon neben der Schule am Konservatorium Dresden das Fach Flöte. Nach
Notabitur, Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft studierte er Dirigieren und
Klavier am Staatskonservatorium Würzburg und anschließend Gesang an der
Musikhochschule Hannover. Als Flötist war er am Coburger Landestheater
engagiert, dann als privater Assistent (Klavier) bei Professor K. Leonhardt
(1947–1951). Seine Stationen als Bassist waren das Landestheater Hannover
(1952–1957), die Städtischen Bühnen in Münster (1957–1959) und Gelsenkirchen (1959–1962) sowie die Vereinigten Bühnen Krefeld-Mönchengladbach
(1962–1964). Als Dozent war er an der Mannheimer Musikhochschule von
1964 bis 1971 tätig, danach an der Hochschule für Musik in Freiburg bis 1976.
Dort erfolgte die Berufung zum Professor und er unterrichtete bis 1994, zuletzt im Rahmen von Lehraufträgen.
Professor Ludwig Doerr war einer der prägenden Lehrer an der Hochschule für
Musik Freiburg. Über sich selber soll er gesagt haben: »Ein bisschen Ahnung
von Kirchenmusik habe ich ja auch.« Nach 45 Jahren Dienst an Bischofskirchen ein verständliches Statement. 1925 in Speyer geboren studierte er an den
Musikhochschulen in Köln und Stuttgart, u. a. bei Anton Nowakowski und
Karl Marx. Sein Studium beendete er mit dem staatlichen A-Examen für Kirchenmusik und der Konzertreifeprüfung für Orgel. Beim internationalen
Bach-Wettbewerb 1950 in Leipzig errang er den Bach-Preis. Seine beruflichen
Stationen begannen 1952 als Domorganist am Kaiserdom zu Speyer mit
gleichzeitiger Lehrtätigkeit am Bischöflichen Kirchenmusikalischen Institut
Speyer und der Pädagogischen Hochschule in Landau und von 1964 bis 1970
auch der Hochschule für Musik in Saarbrücken. 1970 erhielte Ludwig Doerr
den Ruf an die Hochschule für Musik Freiburg, wo er auch als Domorganist
am Freiburger Münster wirkte. Seinen Bekanntheitsgrad verdankt er seiner
Improvisationskunst und seiner stupenden Kenntnis des Bachschen Œuvres.
Doerr setzte die von seinem Vorgänger Prof. Carl Winter gegründete »Reihe
der alljährlichen Münsterkonzerte« in der jeweiligen Sommersaison fort. Bei
seinen eigenen Konzerten faszinierte (und schockierte) er sein Publikum mit
originellem Einsatz von Clustern (Cluster=Klanggebilde, dessen Töne nahe
beieinander liegen; mehrere Nachbartasten werden gleichzeitig angeschlagen, sei es mit fünf Fingern, der Faust, der Handfläche oder dem Unterarm)
beim Improvisieren. Im Bach-Jahr 1985 spielte er das gesamte Orgelwerk
Bachs verteilt auf 16 Konzerte im Freiburger Münster. Zahlreiche Organisten,
die aus seiner Orgelklasse hervorgingen, bekleiden nun einflussreiche kirchenmusikalische Ämter als Professoren, Domorganisten und Kantoren.
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Martin Gotthard Schneider, 80
Eva Brinck-Hillemann, 80
Professor Martin Gotthard Schneider wurde 1930 in Konstanz geboren. Mit
sechs Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht und mit zehn Jahren komponierte er sein erstes Stück. Weil es im zweiten Weltkrieg in Konstanz kaum
Cellisten gab, lernte er Cello, spielte zunächst im Schulorchester, dann bei
Messen in Katholischen Kirchen und später zwangsverpflichtet von der französischen Besatzung in ad hoc zusammengestellten Orchestern. Später lernte
er Orgel und begann, von der Kirchenmusik fasziniert, für Gottesdienste kleine Kantaten und Chormotetten zu komponieren. Nach dem Studium der
Theologie und Kirchenmusik in Heidelberg, Tübingen und Basel wurde er
Vikar in Heidelberg und später Religionslehrer am Kepplergymnasium in
Freiburg (1960–1970). 1961 gründete er die Heinrich-Schütz-Kantorei in Freiburg. Seine Lehrtätigkeit an der Hochschule für Musik Freiburg begann 1962
mit Lehraufträgen, 1980 folgte die Berufung zum Professor (bis 1997). Von
1974 –1995 war er außerdem Kirchenmusikdirektor und Landeskantor der
Evangelischen Landeskirche Baden. Mit seinen Kompositionen für den
modernen Gottesdienst erntete er viele Preise – das Lied Danke (1961) war als
bisher einziges Kirchenlied sechs Wochen lang in den Charts der deutschen
Hitparade – aber natürlich auch Kritik. 1969 wurde seine Kantate Kraft der
Armen bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt. Außerdem ist er
Autor zahlreicher Publikationen.
Professor Eva Brinck-Hillemann wurde 1930 in Odense/Dänemark geboren.
Ihre Studien führten sie an die Musikakademie Wien und das Mozarteum in
Salzburg wo sie auch ihre künstlerische Reifeprüfung ablegte. Engagements
in Wien (Staatsoper), Bonn (Stadttheater), Hannover (Opernhaus) folgten
Gast- und Stückverträge in Hannover, Köln, Hagen, Oberhausen, Bregenz
(Festspiele), Wien (Volksoper), Venedig (La Fenice), Aix-en-Provence (Festspiele) und Salzburg (Festspiele). Zu Beginn der 70er Jahre gab sie verstärkt privaten Gesangsunterricht. Von ihrer Lehrtätigkeit (1974) als Gesangslehrerin am
Königlichen Musikkonservatorium Kopenhagen wurde sie 1977 auf eine Gesangsprofessur an der Freiburger Hochschule berufen. Die nun folgenden
Jahre (bis 1992) auch und gerade in der engen Zusammenarbeit mit Frau Professor Beata Heuer-Christen werden von ehemaligen Studierenden als eine
sehr fruchtbare Ära beschrieben. Denn Frau Brinck-Hillemann war eine ausgewiesene Kennerin der Neuen Musik. Eine Reihe herausragender Sängerinnen und Sänger kamen aus Brinck-Hillemanns Klasse und geben nun ihrerseits das Erlernte weiter an die nachfolgenden Generationen.
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Hans Musch, 75
Beata Heuer Christen, 75
Professor Dr. Hans Musch wurde 1935 in Sankt Leonhard bei Leutkirch im
Allgäu geboren. Er studierte in Freiburg, Rom und München die Fächer Schulmusik, Katholische Kirchenmusik, Dirigieren, Musikwissenschaft, Klassische
Philologie und Romanistik. Mit seiner Arbeit »Constanzo Festa als Madrigalkomponist« promovierte er 1967 bei Hans Heinrich Eggebrecht an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg. An der Hochschule für Musik Freiburg wirkte
er zunächst im Rahmen eines Lehrauftrages (1966–1970), dann als Hochschullehrer (bis 1980) und später (bis 2000) als Professor. Ungezählte Absolventen seiner Klasse sind als Organisten, Bezirks- und Landeskantoren, Lehrer
an Gymnasien und auch Professoren an Musikhochschulen tätig. In seinen
Schriften befasste er sich mit der Geschichte der Orgel- und Kirchenmusik.
Als Herausgeber fungierte er beim Kompendium »Musik am Oberrhein« und
beim zweibändigen Handbuch »Musik im Gottesdienst«. Sozusagen im
Nebenamt war er als Erzbischöflicher Orgelinspektor tätig. Seine profunde
Kenntnis der Geschichte des Orgelbaus, sowie der Restaurierung und Renovierung von Orgeln verdankt die Region eine Fülle von sachgerechten Erhaltungsmaßnahmen. Zu nennen ist dabei an prominenter Stelle die Rekon­
struktion der Johann-Andreas-Silbermann-Orgel in der Benediktinerkirche
Villingen. Als Organist konzertierte er in Europa und den USA.
Frau Professor Beata Heuer-Christen, Jahrgang 1935, studierte Gesang in Bern
und Freiburg im Breisgau bei Professor Margarete von Winterfeld. Es folgte
eine langjährige Tätigkeit als Konzertsängerin, mit Oratorien und Liederrezitals sowie bei Funk- und Fernsehaufnahmen in verschiedenen Ländern. Sie
erhielt auch mehrere nationale und internationale Preise. Ein Schwerpunkt
ihrer Arbeit lag in der Interpretation Neuer Musik, mit zahlreichen Uraufführungen unter der Leitung von Wolfgang Fortner, Hans Zender und Arturo
Tamayo. Methodische Fortbildung erfuhr sie bei Kursen u.a. bei Professor Paul
Lohmann und in Zusammenarbeit mit Kollegen an Hochschulen aus dem
Bereich Körperarbeit für Sänger. Nach einer Dozentur an der Freiburger Hochschule (seit 1962) erfolgte ihre Berufung als Professorin (1980 bis 2005). Danach entwickelte sie eine rege Unterrichtstätigkeit mit Opern- und Konzertsängerinnen und -sängern bei Meisterkursen z.B. an der Hochschule für
Musik Frankfurt a. M., der Landesakademie Baden-Württemberg in Ochsenhausen und in Wiesbaden oder mit Sängern der Theater in Basel, Bern, Zürich, Frankfurt a. M., Stuttgart oder Karlsruhe. Natürlich ist sie auch immer
noch bereit, ihren ehemaligen Studenten den gesuchten Rat zu geben und ihr
reichhaltiges Wissen weiter zur Verfügung zu stellen. Denn einer ihrer Merkund Leitsätze, nach denen sie sich selbst richtete und weiterhin lebt, lautet:
Gesang will einen ganz! Dazu gehört eine fundierte Kenntnis in Stimmbildung, in Musik und Literatur, sowie ein kräftiger Schuss Psychologie. Sängerinnen und Sänger die jetzt an den großen Opernhäuser Europas arbeiten
oder an Hochschulen tätig sind wurden von ihr zum Erfolg geführt.
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Martin Hackbarth, 75
Gerd Heinz, 70
Professor Martin Hackbarth wurde 1935 in Pommern geboren. Nach einer
Ausbildung zum Diakon hat er in Dresden Kirchenmusik (C) an der Kirchenmusikschule studiert und abgeschlossen. Seine Tätigkeit als Kantor in St.
Egidien (Sachsen) brach er ab, um dem Leben in der damaligen DDR zu entfliehen. 1960 kam er nach Frankfurt a. M. wo er sich zunächst als Lagerarbeiter durchschlagen musste, bevor er an den Hochschulen von Detmold und
Freiburg (bei Prof. Horst Günter) begann, Gesang zu studieren. Nach seinem
Abschluss 1968 erhielt er zunächst einen Lehrauftrag an der Freiburger Hochschule, der dann 1974 in eine Festanstellung mündete. 1980 wurde Martin
Hackbarth als Gesangsprofessor berufen. Die Festspielleitung von Bayreuth
engagierten ihn jahrelang für den Festspielchor. Diesen Wirkungsbereich und
seine Lehrtätigkeit die er »gerade mal« 30 Jahre lang an der Hochschule für
Musik Freiburg ausübte, beendete er beide 1998 »vor der Zeit«.
Professor Gerd Heinz wurde 1940 in Aachen geboren. Nach der Schulzeit studierte er Germanistik und Philosophie. Seine Lehr- und Wanderjahre als
Schauspieler und Regisseur verbrachte er in Aachen, Kiel, Essen, Hamburg
(Schauspielhaus) und Bochum. Von 1970 bis 1973 war er Schauspieldirektor
in Darmstadt. Als freier Regisseur wirkte er am Thalia Theater Hamburg bei
Boy Gobert, aber auch am Wiener Burgtheater, den Festspielen Hersfeld und
dem Schauspielhaus Zürich. Er erhielt eine Dozentur an der Hamburger
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. In den Jahren 1982 bis 1989
folgte die Intendantur am Schauspielhaus Zürich und die Verleihung des
Skraub-Preises Wien (1988). Als freier Regisseur arbeitete er bis 1993 für Oper,
Schauspiel und Film. Von 1993 bis 1997 war er am Theater Freiburg als leitender Regisseur des Musiktheaters und als Mitglied der Operndirektion tätig.
1997 erfolgte seine Berufung als szenischer Leiter der Opernschule an die
Hochschule für Musik Freiburg, wo er bis zu seiner Emeritierung 2008 wirkte.
Einen herausragenden Schlusspunkt setzte er mit seiner Inszenierung der
Zauberflöte, außerdem erhielt er 2008 den ETA-Hoffmann-Preis Freiburg.
Seiner Initiative ist es zu danken, dass das Institut für Musiktheater an der
Hochschule installiert wurde, in dem die Opernschule nun eingebettet ist. Als
Mitglied des Hochschulrates begleitete er die Geschicke der Hochschule von
2000 bis 2008. Operninszenierungen führten ihn seitdem an bedeutende Häuser wie das Residenztheater München, Stadttheater Bern, die Dresdner Semperoper und das Teatro Real in Madrid. Im Jahr 2010 wurde ihm der Publikumspreis Meiningen verliehen.
Nebenbei spielte er die Rolle eines Pathologen in den Tatort-Krimis mit Kommissarin Lena Odenthal, schrieb Sprechertexte für u.a. Matrimonio Segreto von
Cimarosa oder Roi Pausole von Honneger und bereiste Bühnen und Theater mit
Lesungen, alleine oder mit Kollegen wie Charles Brauer oder dem Altphilologen Prof. Dr. Dr. h.c. Eckard Lefèvre. Die Freude an der Sprache, am Wort, ist
ihm bei all seinen Unternehmungen immer anzumerken.
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Carl Seemann
1910–1983
Am 8. Mai 2010 wäre der bedeutende Pianist, Lehrer und Rektor der Freiburger Musikhochschule (von 1964–1974) 100 Jahre alt geworden. Carl Seemann
hat nicht nur die Klavierabteilung der Freiburger Hochschule aufgebaut und
zu internationalem Ruhm verholfen, sondern auch wie kaum ein anderer in
der Nachkriegszeit eine ganze Generation von jungen Pianisten ausgebildet
und nachhaltig geprägt. Zahlreiche ehemalige Schüler wurden Professoren an
deutschen und ausländischen Musikhochschulen, allein in Freiburg lehren
noch heute die ehemaligen Schüler Michael Baumann, Andreas Immer,
Michael Leuschner, und Hans-Peter Müller als Professoren.
Seemann wurde in Bremen geboren, studierte in Leipzig Orgel (bei Günther
Ramin) und Klavier (bei Carl Adolf Martienssen), lehrte dann zunächst in Kiel
und Straßburg, ehe er 1946 Professor an der gerade gegründeten Freiburger
Musikhochschule wurde. In den 50er Jahren errang er internationalen Ruhm
als Interpret Bachs, der Werke der Klassik und besonders als Interpret der
damals Neuen Musik (Strawinsky, Bartók, Hindemith, Fortner, Genzmer und
zahllosen anderen Komponisten). Zusammen mit seinem Duopartner, dem
Geiger Wolfgang Schneiderhan, bereiste er die ganze Welt und noch heute
sind die wiedererschienen Aufnahmen der Beethoven- oder Brahms-Violinsonaten Maßstab setzende Interpretationen. Sein Interpretationsstil war durch
die damals zeitgemäße Sachlichkeit und unbedingte Werktreue geprägt, die
als Gegenreaktion auf die oft willkürliche und bisweilen extrem individualistische Spielweise der noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden romantischen Pianisten zu verstehen war. Sparsamer Pedalgebrauch, ein öfter auch
trockener und manchmal durchaus spröder Klang, ein unbedingt stabiles
Tempo mit stets vorhandenem Blick für die Architektur des gesamten Werks
ließen seine Interpretationen zu zeitlos gültigen Werkauslegungen werden.
Muss man sich beim Wiederanhören etwa der gesamten Mozart-Sonaten zwar
erst einmal in diese heute vergessene Klanglichkeit einhören, so fesselt doch
nach kurzer Zeit Seemanns Sinn für das Wesentliche der Musik und sein Spiel
erscheint als selbstverständlich und natürlich. Es verwundert nicht, dass die
Zeit der großen Romantiker wie Chopin, Schumann oder Liszt nicht so sehr
seine Welt war und entsprechend wenig Raum in seinem Repertoire einnahm, wohl aber Brahms, den er liebte und dessen frühe Sonaten, Klavierstücke oder das d-Moll Konzert er fesselnd zu spielen vermochte.
Als Lehrer war Carl Seemann vor allem bei schüchternen asiatischen Studentinnen wegen seiner oft etwas rauen Art gefürchtet und so manche arme
Studentin verließ den Unterricht in Tränen. Er erwartete denkende und
selbstbewusste Studenten und konnte dann durchaus auch konträre Meinungen akzeptieren. Er war ein durch und durch kompetenter und unbestechlicher Musiker, mit einem ungetrübten Blick für das echte und ehrliche Musizieren. Sein anfeuerndes Mitbrummen beim Spiel der Studenten ist mir noch
in deutlicher Erinnerung und ich bin persönlich Carl Seemann noch immer
sehr dankbar für ganz entscheidende Impulse.
Nach seiner Emeritierung widmete er sich wieder mehr der Konzertkarriere,
die besonders während seiner Zeit als Rektor der Hochschule oft etwas zu kurz
gekommen war. Als Juror war er stets bei Wettbewerben sehr gefragt und sein
plötzlicher Tod im November 1983 – übrigens nur wenige Stunden vor dem
tragischen Tod auch seiner Nachfolgerin an der Freiburger Hochschule, der
unvergessenen spanischen Pianistin Rosa Sabater, bei einem Flugzeugabsturz
nahe Madrid – wirkte wie ein Schock auf seine Familie, die ehemaligen Schüler und die gesamte Hochschule. Allen, die ihn persönlich kannten oder seine
Interpretationen heute noch hören, wird er immer als bedeutender Musiker
und prägender Pädagoge in Erinnerung bleiben.
Prof. Michael Leuschner
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Verabschiedung in den Ruhestand
Kurz gemeldet
Prof. Betty Vergara Pink – Klavier
Betty Vergara-Pink wurde in Sydney geboren. Nach Klavierstudien am Melbourne University Conservatorium setzte sie ihr Studium an der Musikhochschule Freiburg fort und wurde Meisterschülerin von Carl Seemann (Klavier)
und Helmut Barth (Klavierkammermusik). Betty Vergara-Pink ist Preisträgerin zahlreicher australischer Klavierwettbewerbe. Konzertreisen führten sie
als Solistin und Kammermusikerin nach Australien, Asien und Europa. Von
1971 bis 1975 war sie Lehrbeauftragte für Klavier in Freiburg und ab 1976
Professorin an der University of Brisbane und hatte eine Gastprofessur (1988)
in Matsusaka, Japan. 1993 beendete sie ihre Lehrtätigkeit in Brisbane und
folgte einer Berufung als Professorin für Klavier an die Musikhochschule Freiburg bis 2010. Bei ihrem bemerkenswerten Abschiedskonzert am 20.4.2010
spielten mit ihr und für sie Kollegen, Schüler und Alumni.
Tilman Krämer
Tilman Krämer, Dozent für Klavier, wurde für seine Einspielung der Sonaten
op. 1 und op. 2 sowie des Scherzos op. 4 von Johannes Brahms, die beim Label
»Coviello classics« erschienen ist, mehrfach ausgezeichnet. Die Aufnahme
erhielt neben dem »Supersonic Award« des europäischen Musikmagazins
»Pizzicato« (Luxembourg) die Höchstwertung in der Tageszeitung »Die Welt«
und wurde auf NDR Kultur als »CD der Woche« prämiert. Zudem wurde die
CD für den »Preis der deutschen Schallplattenkritik« nominiert.
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Prof. Helmut Deutsch
Prof. Helmut Deutsch wurde in die Jury eines der weltweit renommiertesten
Orgelwettbewerbe berufen: »St Albans International Organ Competition«. Der
Wettbewerb findet im Juli 2011 zum 26. Mal statt. Er wurde 1963 von dem
international bekannten Konzertorganisten und damaligen Titular der St
Albans Cathedral Peter Hurford gegründet und ist Teil des ältesten bestehenden Festivals seiner Art weltweit.
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Prof. Vitali Berzon – Klavier
Vitali Berzon wurde 1945 in Joschkar-Olga (Wolga) geboren und erhielt den
ersten Klavierunterricht im Alter von drei Jahren. Mit sieben Jahren wurde
er in die Spezialschule für Musik am Rimski-Korssakow-Konservatorium im
damaligen Leningrad aufgenommen. Mit 14 Jahren gab er sein Debut und
spielte zahlreiche Konzerte in der ganzen Sowjetunion.
Nach seinem Studium am St. Petersburger Konservatorium 1966 studierte
er Komposition bei den Professoren Sawschinski, Nielsen und Flier. 1965
gewann Vitali Berzon den nationalen Klavierwettbewerb in Moskau, 1967
wurde er Preisträger des Long-Thibaut-Wettbewerbs in Paris und erhielt
außerdem den Sonderpreis für die beste Interpretation eines zeitgenössischen
Werkes. Seine internationale Karriere wurde jedoch durch ein Ausreiseverbot
unterbrochen.
In den folgenden Jahren spielte Vitali Berzon als Solist der Leningrader Kammerphilharmonie und wurde deren Künstlerischer Leiter. Er arbeitete mit
vielen bedeutenden Orchestern der damaligen Sowjetunion, mit Dirigenten
wie Kondraschin, Jansons, Temirkanov und Dmitriew und wurde zu einem
der populärsten und gefeiertsten Künstler seiner Heimat. 1986 wurde er mit
dem Ehrentitel »Verdienter Künstler Rußlands« ausgezeichnet. Nachdem
1990 sein Reiseverbot im Rahmen der Reformen Gorbatschows aufgehoben
wurde, unternahm Berzon Konzertreisen nach Finnland, Deutschland, Österreich, Italien, Norwegen, Schweden, in die Schweiz und die Niederlande und
spielte u. a. in der Züricher Tonhalle, dem Berliner Schauspielhaus, dem Leipziger Gewandhaus und dem Amsterdamer Concertgebouw.
Vitali Berzon unterrichtete am St. Petersburger Konservatorium sowie an der
Sibelius-Akademie in Helsinki. Seit 1995, also 15 Jahre lang, war er Professor
an der Hochschule für Musik in Freiburg. Mit einem Lehrauftrag wird er seinen Unterricht für die Studierenden bis zu deren Abschluss weiter führen.
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Kaija Saariaho
Die finnische Komponistin Kaija Saariaho erhält den mit 600.000 Kronen
(rund 80.000 €) dotierten Léonie-Sonning-Musikpreis. Das dänische Preiskomitee betonte, dass die Komponistin »eine der herausragenden zeitgenössischen Komponisten« sei. Kaija Saariaho wurde 1952 in Finnland geboren und
lebt seit 1982 in Paris. Sie studierte Komposition bei Paavo Heininen an der
Sibelius Akademie in Helsinki und später an der Musikhochschule Freiburg
bei Brian Ferneyhough und Klaus Huber, wo sie 1983 ihr Diplom erhielt. Der
Leonie-Sonnig-Preis wird seit 1959 verliehen. Vergangene Preisträger waren
unter anderem der estnische Komponist Arvo Pärt, der Dirigent Daniel Barenboim sowie der Cellist Yo-Yo Ma.
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Prof. Martin Schmeding, Professor für Orgel an der Hochschule für Musik
Freiburg, wurde als »Instrumentalist des Jahres« mit dem Echo Klassik 2010
ausgezeichnet. Seine Einspielung der Goldberg-Variationen von Joh. Seb. Bach
an der historischen Silbermann-Orgel der Dresdener Hofkirche beim Düsseldorfer Label Cybele erhält damit eine der bedeutendsten weltweiten musikalischen Auszeichnungen. Weitere Preisträger sind u.a. Tabea Zimermann, Albrecht Mayer und Lang Lang.
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Prof. Bernhard Wulff erhielt für seine Verdienste um die mongolische Kultur
die Ehrendoktorwürde der Universität von Ulan Bator und wurde von der
mongolischen Regierung zum Kulturbotschafter der Mongolei ernannt. Bernhard Wulff, der die Schlagzeugklasse der Hochschule für Musik Freiburg und
das Freiburger Schlagzeugensemble leitet, tritt seit Jahren mit sparten- wie
kulturenübergreifenden Projekten hervor.
Hochschulratspreis 2010 im Fach Streicher-Duo
Da die Qualitätsdichte der 8 angetretenen Duos so eng war, entschloss sich
die Jury keinen ersten Preis zu vergeben, sondern zwei Preise und einen
dritten Preis.
Den 3. Preis in Höhe von 1000 € erhielt
• das Duo Siping Wang – Viola (Klasse Prof. Sylvie Altenburger) und
Tong Zhang – Violoncello (Klasse Prof. Adriana Contino)
Die anderen Preise in Höhe von je 2000 € gingen an:
• das Duo Sebastian Keim – Kontrabass (Klasse Prof. Božo Paradžik) und
Alexander Vay – Violoncello (Klasse Prof. Martin Ostertag, Hochschule für
Musik Karlsruhe)
• Duo Susanne Schmidt – Violine (Klasse Prof. Rainer Kussmaul) und
Gideon Wieck – Viola (Klasse Prof. Wolfram Christ)
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Aus dem hochschulinternen Auswahlverfahren zum Hochschulwettbewerb
2010 für die Fächer Akkordeon und Oboe am Freitag, 29. Januar 2010 gingen als
Preisträger hervor:
1. Preis, Carl-Seemann-Preis 1.000 €
Volodymyr Oliynyk Akkordeon, Klasse Prof. Teodoro Anzellotti
2. Preis 400 €
Julia Büttner Oboe, Klasse Prof. Hans Elhorst
3. Preis 250 €
Julia Hantschel Oboe, Klasse Prof. Hans Elhorst
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Musik-Preis der Museumsgesellschaft Freiburg 2010
Im 6. Wettbewerb um den Musik-Preis der Museumsgesellschaft Freiburg für
Studierende im Fach Orgel an der Hochschule für Musik Freiburg vergab die
Hochschul-Jury am 13. Juli 2010 in der Ludwigskirche folgende Auszeichnungen.
Von den sechs im Fach Interpretation teilnehmenden Organisten erhielten
Johannes Sieber (Klasse Prof. Helmut Deutsch) den mit 800 € dotierten 1.
Preis und Christian Drengk (Klasse Prof. Martin Schmeding) den mit 600 €
dotierten 2. Preis.
Von den drei Organisten, die im Fach Improvisation angetreten waren, erhielt
Sebastian Küchler-Blessing (Klasse Prof. Karl-Ludwig Kreutz) den mit 1000 €
ausgestatteten Musikpreis 2010.
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Im Rahmen eines feierlichen Preisträgerkonzertes wurde am 29. 4. 2010 der
Gustav-Scheck-Preis 2009 verliehen. Der mit 5.000 € dotierte Förderpreis der
Commerzbank-Stiftung ist nach dem Gründungsrektor der Freiburger Musikhochschule benannt.
Preisträger sind Manfred Plomer Bariton, Klasse Prof. Reginaldo Pinheiro
und das Klarinettenquintett Julien Laffaire Klarinette Klasse Prof. Jörg Widmann | Virgile Demillac Violine Klasse Prof. Magdalena Rezler, Anne Schinz
Violine Klasse Prof. Rainer Kussmaul | Jan Melichar Viola Klasse Prof. Wolfram Christ | Eva Catharina van Ooij Cello Klasse Prof. Christoph Henkel
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Jérémie Abergel (KA Flötenklasse Prof. Felix Renggli) hat den 3. Preis beim
internationalen Domenico Cimarosa Flötenwettbewerb in Aversa, Italien gewonnen.
Die Ergebnisse der FAB-VorstudentInnen beim Bundeswettbewerb Jugend
Musiziert vom 21.–28. Mai 2010 in Lübeck
Solowertung Violine
Milena Wilke (Klasse Prof. Rainer Kussmaul): Altersgruppe III, 24 Punkte
(1. Preis)
Caroline Frey (Klasse Prof. Muriel Cantoreggi): Altersgruppe IV, 23 Punkte
(2. Preis)
Felicitas Frey (Klasse Prof. Gottfried von der Goltz): Altersgruppe V, 25 Punkte
(1. Preis)
Solowertung Viola
Shih-Yu Tang (Klasse Prof. Sylvie Altenburger): Altersgruppe IV, 22 Punkte
(2. Preis)
Solowertung Kontrabass
Heike Schäfer (Klasse Prof. Božo Pardžik): Altersgruppe V, 24 Punkte (1. Preis)
Wertung Klavier-Kammermusik (Vorbereitung: Prof. Sylvie Altenburger)
Shih-Yu Tang Klavier (Prof. Pi-hsien Chen), Felicitas Frey Violine (Prof. Gottfried von der Goltz), Caroline Frey Violine (Klasse Prof. Muriel Cantoreggi),
Mara Zickgraf Viola, Nina Behrends Violoncello: Altersgruppe IV, 23 Punkte
(2. Preis)
Wertung Duo Klavier und ein Blechblasinstrument (Vorbereitung:
Prof. Anthony Plog und Prof. Christoph Sischka)
Tobias Bockstahler Trompete (Prof. Anthony Plog) und Daniel Reith Klavier
(Prof. Christoph Sischka): Altersgruppe VI, 23 Punkte (2. Preis)
Wertung Ensemble »Alte Musik« (Vorbereitung: Prof. Agnes Dorwarth)
Felicitas Eckert und Luisa Spindler Blockflöte, Daniel Reith Cembalo
(Prof. Christoph Sischka, Cembalounterricht: Michael Behringer):
Altersgruppe IV, 22 Punkte (2. Preis)
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Désirée Arnet aus der Gesangsklasse von Prof. Dorothea Wirtz, hat den Studienpreis beim Gesangswettbewerb des Migros-Kulturprozentes gewonnen. Dies
ist ein Stipendium für ein Jahr.
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Anna-Victoria Baltrusch (Stud. Kirchenmusik B, Orgelklasse Prof. Martin
Schmeding) wurde beim Deutschen Musikwettbewerb vom 15.–27. März 2010
in Bonn mit einem Stipendium und der Aufnahme in die Reihe »Konzerte
junger Künstler« des Deutschen Musikrats ausgezeichnet. Dies ist nach dem
Gewinn des Internationalen Bach-Wettbewerbes Wiesbaden im Oktober 2009
bereits ihr zweiter Wettbewerbserfolg innerhalb eines Semesters. Sie wurde
auch als Stipendiatin in das Evangelische Studienwerk Villigst, die Begabtenförderung der evangelischen Kirche in Deutschland, aufgenommen.
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Mark Barden (Student in der Kompositionsklasse von Prof. Jörg Widmann /
prof. mathias spahlinger) erhält einen von zwei Stipendienpreisen der
Akademie der Künste in Berlin. Der Preis beinhaltet einen dreimonatigen
Aufenthalt in Berlin, 5000 € und ein Konzert in der Akademie der Künste.
Mit seinem neuen Werk leggiero furioso ist er zum Internationalen Musikfestival
Heidelberger Frühling eingeladen. Dort wird das Stück für Kontrabass solo im
Rahmen des Heidelberger Ateliers (ein Forum für junge Komponisten europäischer Musikhochschulen) am 26.3. von Peter Schlier (Kontrabassist beim
Münchner Rundfunkorchester) uraufgeführt.
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Ekaterina Kaukalina (KA/ML Flötenklasse Prof. Felix Renggli) hat den 2.
Preis beim Internationalen Domenico Cimarosa Flötenwettbewerb in Aversa,
Italien gewonnen.
Beim XVII. International Music Competition »Vittoria Caffa Righetti Prize« in
Cortemilia/Italien gewann der Pianist Sebastian Bausch in der Kategorie bis
23 Jahre mit 90 Punkten den 2. Preis. Er studiert in der Klasse von Prof. Christoph Sischka.
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Sebastian Küchler-Blessing (Kirchenmusik B, Klasse Orgelimprovisation:
Prof. Karl-Ludwig Kreutz) erhielt beim 3. Westfälischen Wettbewerb für Orgelimprovisation (13.–14. November 2009) den Publikumspreis zugesprochen.
Dies ist bereits die dritte Auszeichnung bei einem internationalen Improvisationswettbewerb innerhalb eines Jahres für Sebastian Küchler-Blessing.
Felix Benkartek (Studierender Schulmusik 5. Semester, Klavier Bachelor
3. Semester bei Prof. Andreas Immer) wurden als Stipendiaten in die Bischöfliche Studienförderung der katholischen Kirche (Cusanus-Werk) aufgenommen.
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Jan Esra Kuhl wurde als Stipendiat in die Bischöfliche Studienförderung der
katholischen Kirche (Cusanus-Werk) aufgenommen.
Anja Bihlmaier, Absolventin 2006 der Dirigierklasse Prof. Scott Sandmeier,
übernimmt zum Beginn der Spielzeit 2010/11 die Stelle als 2. Kapellmeisterin
und Assistentin des GMD der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz.
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Das Orgelwerk »Stumme Schreie« (2009) von Jan Esra Kuhl wird im Rahmen
des Internationalen Orgelfestivals Haarlem am 23. Juli 2010 uraufgeführt. Er
schrieb das Stück im Rahmen des Unterrichtes in der Hauptfachklasse Musiktheorie. Jan Esra Kuhl begann das Studium der Kirchenmusik 2008 an der
Hochschule für Musik Köln. Seit Sommersemester 2009 ist er Student an der
Hochschule für Musik Freiburg: Kirchenmusik (Orgel-Literaturspiel bei Prof.
Martin Schmeding, Orgel-Improvisation bei Prof. Karl-Ludwig Kreutz) und
Musiktheorie (Prof. Otfried Büsing), ab SS 2010 auch Komposition (Prof. Jörg
Widmann).
Raphael Bürkle, Student der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung
(FAB), Orgelklasse Prof. Martin Schmeding, wurde beim Händel-Jugendwettbewerb 2009/10 der Internationalen Händelgesellschaft Karlsruhe mit einem
1. Preis ausgezeichnet.
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Beim 4. Bertold-Hummel-Wettbewerb, der vom 27.–29. November in Regensburg im diesjährigen Instrumentalfach Orgel ausgetragen wurde, war der
Student des Fachbereichs Kirchenmusik Christian Drengk (Kirchenmusik B,
Orgelklasse Prof. Martin Schmeding und BA Klavier Klasse Prof. Gilead Mishory) erfolgreich und erhielt den 2. Preis.
Außerdem wurde Christian Drengk nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren als Stipendiaten in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen.
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Johannes Lang Student der Kirchenmusik (Orgelklasse Prof. Martin Schmeding und BA Cembalo, Klasse Prof. Dr. Robert Hill) gewinnt als Jüngster den
1. Preis beim 2. Internationalen Buxtehude-Orgelwettbewerb in Lübeck.
Johannes Lang wurde auch nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren als
Stipendiaten in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen.
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Annette Fabriz (Studentin der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung,
Orgelklasse Prof. Martin Schmeding) wurde beim 1. Heidelberger Orgelwettbewerb für junge Organistinnen und Organisten in der höchsten Altersgruppe mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
Anne Cecil Litolf (Absolventin SS 2008 der Klavierklasse Prof. Vitali Berzon)
hat beim 14. Internationalen Wettbewerb »Pro Piano-Rumania« vom 15.–20.
Juni 2010 in Bukarest den ersten Preis errungen.
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Maryam Haiawi (Studierende Kirchenmusik B, Orgelklasse Prof. Martin
Schmeding und ML Klavier, Klasse Prof. Christoph Sischka) wurde als Stipendiatin in die Bischöfliche Studienförderung der katholischen Kirche (CusanusWerk) aufgenommen.
Marius Mack, Student 2. Sem. BA Kirchenmusik und Schulmusik (Orgelklasse Prof. Martin Schmeding), wurde beim »2. Internationalen Daniel Herz Orgelwettbewerb Brixen/Italien« mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Der Wettbewerb fand Anfang September an der großen Orgel des Brixener Doms vor
einer international hochkarätig besetzten Jury statt. Zugelassen waren Teilnehmer bis zum Alter von 40 Jahren.
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Beim Internationalen Klavierwettbewerb Vila de Capdepera/Mallorca hat
Aleksandra Jablczynska (Klasse Prof. Elza Kolodin) den 1. Preis in ihrer
Altersgruppe gewonnen. Beim Internationalen Wettbewerb 10. Münchner
Klavierpodium der Jugend (1.–4. Juli 2010) wurde sie mit mehreren Preisen
ausgezeichnet, u.a. mit Konzerten in Wien und Deutschland.
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Nobuaki Matsumoto (Klavierklasse Prof. Michael Leuschner) erhielt ein Diplom beim 29. Intenationalen Piano Competition Delia Steinberg in Madrid
und hat beim 11. Internationalen Klavierwettbewerb »Citta di Rocchetta« in
Italien einen 1. Preis gewonnen.
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Young Eun Jang, Absolventin Orgelklasse Prof. Helmut Deutsch, wurde beim
Concours international pour orgue de St. Maurice mit dem 2. Preis und für die
beste Bachinterpretation ausgezeichnet. Der renommierte Wettbewerb wurde
vom 12. bis 22. August 2009 in St-Maurice d’Agaune im Wallis, Schweiz,
durchgeführt. Der 2. Preis ist mit 6.000 Franken dotiert, der Sonderpreis für
die beste Interpretation der Werke von J.S.Bach mit 2.000 CHF.
Andru Matuschka (*1996), Jung-Student der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung in der Kompositionsklasse Prof. Cornelius Schwehr, erhält den
Kulturhoffnungspreis der Europäischen Kulturstiftung. Der Preis wird am 13.
Juni 2010 in Baden-Baden verliehen.
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Neu engagiert
Alexander Niehues (Student Kirchenmusik Master, Orgelklasse Prof. Martin
Schmeding) wurde mit dem Kulturstipendium der Gesellschaft »Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz« ausgezeichnet.
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Volodymyr Oliynyk (Akkordeon-Klasse Prof. Teodoro Anzellotti) erhielt beim
58. Deutschen Hochschulwettbewerb einen von drei mit 600 € dotierten Förderpreisen. Der Wettbewerb fand vom 14. bis 18. Mai 2010 in Trossingen statt.
Die Jury vergab im Fach Akkordeon zwei 2. Preise, ein erster Preis
wurde nicht vergeben.
Matthias Maierhofer, Absolvent der Solistenklasse Orgel, Klasse Prof. Martin
Schmeding, wurde zum Sommersemester 2010 als hauptamtlicher Dozent für
Orgel (Künstlerisches und liturgisches Orgelspiel) an die Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig berufen.
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Jun-Byung Park (Klasse Prof. Klemens Schnorr) wurde beim 4. Internationalen Valeri-Kikta-Wettbewerb für Orgel-Interpretation in Moskau mit dem
3. Preis ausgezeichnet.
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Bereits im November 2009 begann David Mesquita als Dozent für Musiktheorie an der Folkwang Universität Essen. Er hatte 2000–2005 in Freiburg Dirigieren bei Hans Michael Beuerle und Musiktheorie bei Otfried Büsing studiert.
Danach erfüllte er bis WS 09/10 Lehraufträge für Musiktheorie an der Musikhochschule Freiburg und an der Musikhochschule Trossingen.
Beim 4. Bertold-Hummel-Wettbewerb, der vom 27.–29. November 2009 in
Regensburg im diesjährigen Instrumentalfach Orgel ausgetragen wurde,
erhielt der Student des Fachbereichs Kirchenmusik Johannes Sieber (Kirchenmusik B, Orgelklasse Prof. Helmut Deutsch) den 3. Preis.
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Anya Muminovich (Violinklasse Prof. Rainer Kussmaul und Violaklasse Prof.
Wolfram Christ) wird zur Saison 2010/11 ihre Stelle als stellvertretende SoloBratschistin bei der Staatskapelle Dresden antreten. Sie studiert derzeit im
9. Semester im Studiengang künstlerische Ausbildung (KA).
Beim XVII. International Music Competition »Vittoria Caffa Righetti Prize« in
Cortemilia/Italien gewann der Pianist Dominik Stadler (Vorstudent in der
Freiburger Akademie zur Begabtenförderung bei Prof. Christoph Sischka)
in der Alterskategorie bis 19 Jahre mit 100 von 100 möglichen Punkten den
1. Preis.
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Moeka Sugiyama (Klavierklasse Prof. Michael Leuschner) erhielt sowohl den
Vincenzo Vitale Preis als jüngste Finalistin sowie auch den Ninetta Mangoni
Preis als beste weibliche Finalistin beim 7. Sigismund Thalberg Wettbewerb
in Neapel.
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Peter Pudil, Absolvent der Klasse Prof. Božo Paradžik (KA, Juli 2009), wird
Solokontrabassist im Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim. Nach
erfolgreichem Probespiel und Probeprojekten im Herbst 2009 tritt er seine
neue Stelle ab März 2010 an.
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Christoph Waltle (Student in der Gesangsklasse Prof. Reginaldo Pinheiro)
errang beim Gesangswettbewerb der Opernakademie Baden-Baden einen
vierten Preis.
Manuel Schattel aus der Kontrabassklasse Prof. Božo Paradžik (9. Semester
KA) erhält zum Herbst 2010 eine Festanstellung als Kontrabassist beim
Staatstheater Stuttgart. Er studierte zuerst an der FAB und seit 2006 im Studiengang Künstlerische Ausbildung bei Prof. Božo Paradžik.
Siping Wang (Student in der Violaklasse Prof. Sylvie Altenburger) erhielt beim
Viola-Wettbewerb im Rahmen des Festivals »Weingartner Musiktage Junger
Künstler« den 3. Preis.
Nagisa Shibata aus der Schlagzeugklasse Prof. Bernhard Wulff tritt zum Beginn der Spielzeit 2010/11 ihre Stelle als Schlagzeugerin im Orchester der
Oper Frankfurt an.
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Myeongjin Yeo (Klasse Prof. Klemens Schnorr) hat beim 3. Internationalen
Orgelwettbewerb von Faiano (Italien) den Preis des Publikums gewonnen.
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Doesjka van der Linden (Klasse Kirsten Ecke) ist ab Januar 2011 als Soloharfenistin an das Staatliche Ballett- und Opernorchester Samsun (Türkei) berufen worden.
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Il Hong – Baß (Gesangsklasse Prof. Markus Goritzki) hat nach seinem Engagement im Studio an der Bayerischen Staatsoper München ab der nächsten
Spielzeit ein festes Engagement am Landes Theater Detmold.
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Die 14jährige Hao Zi Yoh aus der Klavierklasse Prof. Elza Kolodin in der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung erhielt beim 10. Internationalen
EPTA-Wettbewerb Belgien den ersten Preis in ihrer Altersgruppe.
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Das Schlagzeugensemble der Musikhochschule realisiert im September im
Auftrag der Crespo-Foundation ein Projekt für Frankfurter Schulen mit sozialem Brennpunkt.
Max Riefer, Schlagzeugklasse Prof. Bernhard Wulff, übernimmt eine einjährige Lehrstuhlvertretung am Conservatorio Lugano, Schweiz und wird als
Koordinator im September für Mehrklang Freiburg den Freiburger Beitrag im
deutschlandweiten Sounding D Projekt betreuen.
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Das Freiburger Schlagzeugensemble der Musikhochschule auf Reisen: nach
Konzertreisen im ersten Halbjahr 2010 zu Festivals in Vietnam, Indonesien,
Ukraine und in die Mongolei, erhielt das Schlagzeugensemble weitere Einladungen zu Festivals in Lemberg, Ukraine im August 2010 und Baku, Azerbaijan im April 2011.
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Vanja-Therese Lagnes, Absolventin der Orgelklasse Prof. Helmut Deutsch,
erhält die hauptamtliche Kantorenstelle der evangelischen Kirche in Tjöme/
Südnorwegen. Sie war zum Wintersemester 2005/06 als Erasmus-Studentin
an die Freiburger Musikhochschule gekommen. Sie tritt ihre Stelle am
15. März 2010 an.
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Carolin Neukamm, Gesangsklasse Prof. Angela Nick, erhielt am Staatstheater
am Gärtnerplatz in München einen Zwei-Jahres-Vertrag als Solistin für die Spielzeit 2010/11 – parallel zu ihrem Stückvertrag am Staatstheater in Darmstadt.
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Karolin Pöche, Absolventin des Studiengangs Kirchenmusik A (Orgel: Prof.
Martin Schmeding, Liturgisches Orgelspiel/Improvisation: Prof. Carsten
Klomp, Dirigieren: Prof. Morten Schuldt-Jensen), wurde als Kantorin an die
ev. Ludwigskirche Freiburg im Rahmen des evangelischen Stadtkantorats
berufen.
074 | 081
TEXTE
Markus Bohlen
Beobachtungen zur Motette der Ars Antiqua am Beispiel
von »Mout me fout grief – Robin m’aime – Portare«
Die Motette entstand im Rahmen der Pariser Notre-Dame-Schule wohl um
1200 nach Christus und konnte sich im Laufe der folgenden 100 Jahre zur
Hauptgattung einer ganzen Epoche entwickeln und dabei die älteren Gattungen Organum, Klausel und Conductus in den Hintergrund treten lassen. Wie
erklärt sich der große Erfolg dieser neuen Gattung? Es scheint, als habe sie den
Komponisten viele interessante neue Möglichkeiten geboten. Um verstehen zu
können, was das Besondere und Neue an der Motette war, ist es wichtig, zunächst kurz auf ihre vermutliche Entstehungsgeschichte einzugehen und
anschließend einen kleinen Überblick über die verschiedenen Ausprägungen
der Gattung und somit über die Möglichkeiten zu bekommen, die sich beim
Komponieren einer Motette boten. Anschließend werden einzelne Aspekte am
Beispiel der Motette (297) Mout me fout grief – (298) Robin m’aime – Portare (M22)1 verdeutlicht.
Die Motette als Entwicklung der Klausel?
Die frühesten Aufzeichnungen von Motetten stammen aus der Mitte des 13.
Jahrhunderts. Sie sind in den Handschriften erhalten, die den Magnus Liber
Organi de Gradali et Antifonario überliefern, hauptsächlich jedoch in F und W2, so
benannt nach ihren heutigen Aufbewahrungsorten Florenz und Wolfenbüttel.2 Diese beiden Handschriften sind um das Jahr 1250 zu datieren, allerdings
sind es Sammlungen von Stücken, die 30 bis 70 Jahre früher entstanden. Auch
die zwei Traktate, die über die Entstehung des Magnus Liber berichten,3 entstanden so viel später, dass man für die einzelnen Kompositionen kein genaues
Entstehungsjahr feststellen kann.
Nach der klassischen Enstehungshypothese, von Wilhelm Meyer 1898 ent­
wickelt, entstand die Motette »durch die Tropierung melismatischer Passagen
in den Choralvertonungen der Notre-Dame-Schule«.4 Friedrich Ludwig konnte
durch sein 1910 erschienenes Repertorium des Notre-Dame-Repertoires zeigen,
dass viele Motetten in der Tat melodisch und rhythmisch weitgehend identisch mit den Klauseln5 aus dem Magnus Liber sind. Seitdem bildet die Theorie,
die Motetten seien aus textlichen Tropierungen der Oberstimmen von Klauseln
entstanden, die in der Literatur am häufigsten anzutreffende und bis heute
1
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Die Nummerierung der Klauseln und Motetten geht hierbei zurück auf Ludwig, Friedrich: Repertorium
Organorum Recentioris et Motetorum Vetustissimi Stili, 2. erweiterte Auflage hrsg. von Dittmer, Luther A.
(Halle: Niemeyer, 1968)
2 Es handelt sich um vier Handschriften: W1 (Wolfenbüttel: Herzog-August-Bibliothek, 628), F (Florenz:
Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 29.1), W2 (Wolfenbüttel: Herzog-August-Bibliothek, 1099) und Ma
(Madrid: Biblioteca Nacional, Ms. 20486), vgl. Eggebrecht, Hans Heinrich: Musik im Abendland, Prozesse und
Stationen vom Mittelalter bis zur Gegenwart (München: Piper, 72008), S. 103ff.
3 Johannes de Garlandia: De mensurabili musica (um 1240, überliefert von Hieronymus de Moravia, in: Tractatus
de musica gegen Ende des 13. Jahrhunderts) und der Musiktraktat des Anonymus 4 (um 1280), siehe Eggebrecht
(72008), S. 106
4 Kügle, Karl: Art. Motette Teile A, B I-III, in: MGG2, Sachteil 6 (Kassel u. a: Bärenreiter, 1997), Sp. 500
5 Klauseln sind Ersatzkompositionen zu Discantus-Partien der Choralbearbeitungen der Notre-Dame-Schule. Das
heißt ein meist melismatischer präexistenter Tenor wurde ordiniert und es wurde anschließend mindestens eine
Oberstimme dazu geschrieben. Über einem bestimmten Choralabschnitt gibt es so oft mehrere verschiedene
zwei- bis vierstimmige Vertonungen. Diese konnten dann anstelle des überlieferten Repertoires aufgeführt
werden.
»allgemein anerkannte Entstehungshypothese«.6 Auch die Thematik der Motettentexte deutet in diese Richtung.
So dürfte also durch Tropierung von Klauseln erst die lateinisch-geistliche
Motette entstanden sein, die sich dann in einem zweiten Schritt durch
Kontrafaktur, also Neutextierung, zur französischen oder weltlichen Motette
wandelte.7
parallelen Quinten abwärtslaufen. Zudem integrieren Tenor und Motetus
die Sequenz auch in die Tonverläufe und nehmen ihre kurzen Tonfolgen
jeweils einen Ton tiefer wieder auf. Interessanterweise nimmt das Triplum
auch hier die Sequenz der Stützklänge auf, verzichtet auf sie jedoch auf melodischer Ebene.11
Das Kunstverständnis des Mittelalters und seine Auswirkungen
auf die Motettenkomposition
Für weitgehend textlose Stücke haben Zahlen, Proportionen und Symmetrien
eine große strukturelle Bedeutung. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Stimmen können diese inneren Strukturen entweder verdeutlichen
oder auch verschleiern. So gibt Mark Everist in French Motets in the Thirteenth
Century (1994) als erstes Notenbeispiel mit der Klausel Docebit (M26) ein Stück
an, dessen Tenor ein Mal vollständig wiederholt wird, wodurch es in zwei
Teile geteilt wird. Interessanterweise weicht der Komponist jedoch die Symmetrie auf, indem er im zweiten Durchgang den Tenor anders ordiniert als im
ersten. Damit wird dieser Teil etwas länger als der erste. Auch in den Oberstimmen gibt es Wiederholungen, die teilweise mit der Wiederholung des
Tenors übereinstimmen. Die Phrasen von Duplum und Triplum überlappen
hierbei meist, so dass ein kontinuierlicher Klangfluss entsteht. Nur in der
Mitte des ersten Tenordurchgangs und bei Wiederholungen pausieren sie
plötzlich gleichzeitig, was ein klares Hervorheben des formalen Aufbaus des
Stücks bedeutet.8
Auch durch das Verhalten der Oberstimmen kann Struktur entstehen. Es gibt
Motetten, bei denen sich die beteiligten Oberstimmen nahezu gleich verhalten. Ein besonders deutliches Beispiel können hier die so genannten »Conductus-Motetten« geben.9 Denkt man etwa auch an Perotins vierstimmiges Organum Viderunt Omnes, wird deutlich, wie stark rhythmisch gleich verlaufende
Stimmen mit gemeinsamen Zäsuren ein Stück strukturieren.
Der Wert eines Artefaktes, ob musikalischer, poetischer oder darstellender
Art, maß sich im gesamten Mittelalter nicht in erster Linie an dessen
Originalität, sondern vor allem an der Art, wie mit präexistentem Material
umgegangen wurde und mit welcher Kunstfertigkeit Bekanntes in neue
Kontexte gesetzt wurde.12 Ein ›Com-ponist‹ einer Motette galt im Sinne des
Wortes als ›Zusammen-steller‹ von neuem und altem Material, sowie von
musikalischen und textlichen Elementen. Dies gilt besonders bei Verwendung einer Klausel und deren Erweiterung im Sinne des Tropierens, entweder
mit Text, mit weiteren Stimmen, oder mit beidem. Intertextuelle Komplexität
und Allusionen waren dabei ebenso wichtig wie musikalische Innovation und
die Zusammenhänge zwischen textlicher und musikalischer Form. Im Laufe
des 13. Jahrhunderts änderte sich dabei jedoch das Bestreben der Komponisten. Mark Everist schreibt dazu: »When we compare the earliest motets with
mid-century works, we may see that the former tend to borrow and elaborate
an entire musical structure, but that, although the latter are termed
›newly-composed‹, they are still based on pre-existing tenors. Despite this
difference in the use of pre-existent materials, both (…) are characterised by a
balance between the creation of the new and the carefully crafted reuse of the
old.«13
Besonders interessant ist es, wenn weiterer Text zum musikalischen Material
hinzutreten soll. Zusätzlich zum Ausgleich zwischen Alt und Neu war
offenbar auch der Zusammenhang zwischen Text und Musik von hoher
Priorität. Aus dem Vergleich von Motetten mit ihren jeweiligen Klauseln wird
ersichtlich, dass darauf geachtet wurde, dass der Text keinen Gegensatz zur
Musik darstellt und umgekehrt, dass auch die Musik den Text unterstützt,
dass also Phrasenlängen und Phrasenschwerpunkte der textierten Stimme
mit Verslängen und -betonungen übereinstimmen. Offensichtlich erschien es
nicht sinnvoll, wenn der Text nur einen unwesentlichen Zusatz darstellte, der
mit der Musik in keinem Zusammenhang stünde.
So besteht beispielsweise in der oben erwähnten Motette (635) Ad veniam perveniam – Tanquam (O2) der Reim des Motettentextes fast ausschließlich aus der
Silbe »-am«. Nur während die ›Sequenz‹ erklingt, ändert sich der Reim zu
»-eo«. Nach zwei anschließenden Versen auf »-is« kehrt der Komponist für
den Rest des Texts zurück zum »-am« Reim.14
Eine weitere Möglichkeit zur Strukturierung eines Stücks bietet sich in der
klanglichen, das heißt der melodischen sowie intervallischen Anlage der
Stimmen. Ein Beispiel hierfür gibt Everist mit einer »Ad veniam« - Motette,10
in der es auch wieder zwei Tenordurchgänge gibt. Beim ersten Durchgang
wechseln sich Tenor und Motetus mit kurzen Phrasen ab, wobei es kaum zu
Klauselbildungen (hier im Sinne von Schlussbildungen im melodischen Verlauf) kommt. Im zweiten Teil hingegen werden wesentlich häufiger Klauseln
gebraucht. Obwohl diese sicherlich stark einschneidende und somit strukturierende Wirkung haben, vermeidet sie der Komponist im ersten Tenordurchgang. Hier benutzt er ein anderes Mittel. Er lässt die Stimmen sequenzartig in
6 Kügle (1997), Sp. 500
7 Es gibt auch eine zweite Hypothese, die maßgeblich zurückgeht auf Wolf Frobenius. Vgl. Frobenius, Wolf: Zum
genetischen Verhältnis zwischen Notre-Dame-Klauseln und ihren Motetten, in: Eggebrecht, Hans Heinrich
(Hrsg.): Archiv für Musikwissenschaft 44 (Stuttgart: Steiner, 1987). Vgl. hierzu: Kügle (1997), S. 500f, sowie
Eggebrecht (72008) S. 145ff. Diese konnte sich aber bisher in der Literatur nicht durchsetzen. Everist schreibt
zum Beispiel hierzu: »The challenge to the conventional view of the priority of clausula over motet (…) is ill
directed. Frobenius gives substantially insufficient weight to the question of the clausula’s liturgical context
and (critically) is unaware of any of the problems surrounding the definition of refrains and the role they play in
polyphony.«, Everist, Mark: French Motets in the Thirteenth Century, music, poetry and genre (Cambridge:
Cambrigde University Press, 1994, S. 16) Ich werde mich daher im Folgenden an die klassische Hypothese
halten.
8 Vgl. Everist (1994), S. 16ff.
9 Diese Stücke, deren Oberstimmen den gleichen Text haben und in gleichem Rhythmus deklamieren, wurden von
Ludwig so genannt, da der Tenor in den Handschriften, die diese Motetten überliefern, manchmal fehlt.
Dadurch sahen sie so aus wie Conductus. Siehe: Everist (1994), S. 24
10 Es ist die Motette [(635) Ad veniam perveniam] – (635) Ad veniam perveniam – Tanquam (O2) Vgl. Everist
(1994), S. 30ff.
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11 Auch die Zusammenklänge der Stimmen untereinander und der relative Tonraum können von großer Bedeutung
sein. Ich klammere hier diesen Aspekt aus und verweise hierzu auf Seel, Ludwig: Studien zu Klangraum und
Klangordnung in der Motette der späten Ars Antiqua (Diss.) (Kassel u.a: Bärenreiter, 1987)
12 Mary Carruthers schreibt in The Book of Memory: A Study of Memory in Medieval Culture (Cambridge:
Cambridge University Press, 1990), S. 214: »No modern reader would think of adapting and adding to the work
of someone else in the way that medieval readers freely did, sometimes indicating the difference by writing
their own work in margins, but often not. (…) Rather than condemning them for this, we should understand
that such wholesale private commentary is a form of compliment, a readerly contribution to the text’s
continuation, and a judgement that it is worthy to be a public source for memoria.« (zit. nach Pesce, Dolores:
Beyond Glossing: The Old Made New in Mout me fu grief/Robin m’aime/Portare, in Pesce, Dolores (Hrsg.):
Hearing the Motet, Essays on the Motet of the Middle Ages and Renaissance, (Oxford, New York: Oxford
University Press, 1997), S. 28-51, insbesondere S. 37.
13 Everist (1994), S. 7
14 Vgl. Everist (1994), S. 33f.
»The musical background was, by and large, respected whenever possible.
When the simple relationship between words and note became strained, however, the composers had no hesitation in modifying the clausulae, either for
reasons of necessity, or for those of artistic choice.«15
Diese Zeilen aus Everists French Motets in the Thirteenth Century belegen, dass es
auch wichtig war, das textlose Original so weit wie möglich zu erhalten.
Wenn dies nicht möglich war, konnten die Veränderungen gegenüber der
Klausel vom einfachen Auflösen des Gebrauchs der rhythmischen Modi (z.B.
Teilen des Schemas ›lang-kurz‹ in drei kurze Werte) bis hin zum kompletten
Umkomponieren kleinerer Phrasen gehen.
»Störvers«, der nicht ins Schema passt, sondern zu kurz ist. Nachdem so die
Aufmerksamkeit der Hörer auf den Motetus gelenkt wurde, setzt direkt der
Refrain ein. Der Refrain selbst ist den anderen Versen des Motetus wieder
relativ ähnlich. Beide Refrainverse haben eine ähnliche Silbenzahl und einen
Reim, der ins vorherrschende Schema passt.
Auch im Triplum dieser Motette gibt es einen Refrain. Er taucht hier nicht
am Ende des Textes auf, sondern mitten im Text. Im ganzen Triplum gibt es
viele unterschiedliche Verslängen. Während die anderen Phrasen des
Triplums recht konsequent im ersten rhythmischen Modus komponiert
wurden, schwankt der Refrain plötzlich zwischen erstem und sechstem
Modus. Auch das Reimschema ändert sich durch das Auftauchen des
Refrains: Zunächst wechseln sich verschiedene Reime ab. Die erste Zeile des
Refrains hat dann einen eigenständigen Reim. Ab der zweiten Refrainzeile
wechselt der Reim nicht mehr, sondern bleibt bei der Endung der zweiten
Zeile. Man sieht, dass das Auftauchen der Refrains die Struktur der gesamten
Motette beeinflusst.21
Refrains – textlich-musikalisches Material der Motettenkomposition
Wie bereits angedeutet, fand im Laufe des 13. Jahrhunderts ein Wandel statt.
Motetten wurden immer häufiger neu komponiert und beruhten somit nicht
mehr auf ganzen Klauseln, sondern oft nur noch auf einem präexistenten
Tenor. Wenn jedoch das einzige vorgegebene Material der Tenor ist, oder
wenn zunächst nur der Text der Oberstimme(n) vorliegt und eine komplette
Neukomposition geschaffen wird, kann nicht mehr von einer Vorherrschaft
des musikalischen Materials gesprochen werden, das nur in Ausnahmen an
den Text angepasst wird. Der Text muss hier als mindestens gleichberechtigt
angesehen werden. Im zweiten Fall wäre sogar der Text als Grundlage der
Komposition zu sehen.
Die Motetten der Ars Antiqua sind offenbar sehr vom Wechselspiel zwischen
altem Material und neuem, sowie zwischen Text und Musik als bestimmenden Merkmalen beherrscht. Hinzu kommt die Möglichkeit, lateinische oder
volkssprachliche (französische) Texte zu verarbeiten oder auch geistliche oder
weltliche Thematik zu benutzen. Je nachdem, wie diese Elemente miteinander interagieren, kann das Erscheinungsbild einer Motette stark variieren.
Everist betrachtet in French Motets in the Thirteenth Century fünf Ausprägungen der
französischen Motette des 13. Jahrhunderts und kommt zum Schluss, dass die
verschiedenen Unterscheidungen wie »Kurzmotette«, »Refrainmotette«, »Rondeau-Motette«, »Refrain Cento« (eine Motette, bei der mindestens eine Oberstimme vollständig aus Refrains gebildet wird) oder »Motet Enté« (Motette
mit aufgeteiltem Refrain am Anfang und am Schluss) bis auf spezielle Ausnahmen nicht gut zu gebrauchen sind. Für ihn ist es wichtiger, Motetten
dahingehend zu untersuchen, wie sich die verschiedenen genannten Parameter zueinander verhalten.22 Er kommt so zu einer Interpretation musikalischliterarischer Werke, die sich auf die Interaktion der verschiedenen kompositorischen Möglichkeiten stützt. »It is an interpretation in which the status of a
given work is determined by the ways in which elements interact, and in
which they are projected as dominants. This establishes the work’s position
within the environment of the kind, and, ultimately, within the context of
musico-literary history.«23
Am deutlichsten kann man dies bei den Motetten beobachten, in denen
»Refrains« vorkommen. Ein solcher »Refrain« besteht in seiner einfachsten
Form aus zwei Versen mit ihrer jeweiligen Musik. Sie dürften meist aus
einstimmigen Chansons, darunter speziell aus Rondeaux, stammen. Sie
bieten die attraktive Möglichkeit, Zusammenhänge zwischen verschiedenen
Stücken oder Texten herzustellen. Meist wurde angenommen, dass die
Refrains in Motetten aus anderen Werken entliehen oder zitiert wurden. Es
gibt jedoch Hinweise, dass sie manchmal ursprünglich aus Motetten kamen
und in anderen Gattungen zitiert wurden.16 Yvonne Rokseth zeigte sogar, dass
es im Codex Montpellier (=Mo)17 durchaus Motetten gibt, in denen Refrains
vorkommen, auch wenn diese Motetten von Klauseln abstammen.18 Auch im
Manuskript F gibt es solche Motetten. Da zu einem Refrain sowohl Musik als
auch Text gehören, ist dies speziell bemerkenswert. Entweder hat der
Komponist in solchen Fällen den Text eines Refrains entlehnt und ihn auf
eine Klausel übertragen, oder er hat durch die Textierung der Klausel einen
Refrain geschaffen, der dann an anderer Stelle wieder zitiert wurde.19
Die Motette »Mout me fout grief – Robin m’aime – Portare«:
ein vorbestehender Motetus
Es gibt nun Motetten, in denen Refrains auf spezielle Weise eingebunden
sind. Dies kann von ihrem einfachen Auftauchen bis hin zur Komposition
vollständiger Oberstimmen aus präexistenten Refrains gehen. In beiden Oberstimmen der Motette (11) Je m’en vois – (12) Tiex a mout le cuer hardi – Omnes (M1) aus
dem Codex Montpellier werden zum Beispiel Refrains verwendet.20 Im Motetus sind die Verse einander relativ ähnlich. Sie haben 6 bzw. 7 Silben und
einen Reim auf »-i« oder »-er«. Direkt vor dem Refrain jedoch gibt es eine Art
15 Everist (1994), S. 28
16 Vgl. Everist (1994), S. 55
17 Das Manuskript H196 der Bibliothek der Faculté de Médecine de Montpellier (=Mo) gilt als Hauptquelle für
Motetten der Notre-Dame-Epoche und vor allem der Ars Antiqua. Mit über 300 Motetten in 8 Faszikeln stellt
es die umfangreichste Motettensammlung des Mittelalters dar.
18 Vgl. Everist (1994), S. 66ff.
19 Everist hält die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher. Vgl. Everist (1994), S. 70f.
20 Vgl. hierzu Everist (1994), S. 57ff.
Schauen wir uns ein konkretes Beispiel einer Ars-Antiqua-Motette an (Noten
im Anhang). Die Motette (297) Mout me fout grief – (298) Robin m’aime – Portare (M22)
begegnet uns im Codex Bamberg (Ba 81), sowie im 7. Faszikel des Kodex
Montpellier (Mo 7,265).24 Es gibt keine Konkordanzen zu Klauseln aus dem
Notre-Dame-Repertoire.25 Es dürfte sich also um eine neu komponierte Motette
21
22
23
24
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Everist (1994), S. 57ff.
Vergleiche hierzu Everist (1994), Kapitel 4-8, insbesondere S. 178ff.
Everist (1994), S. 180
Im Anhang an diese Arbeit befindet sich unter Abbildung 1 die Übertragung der Motette aus dem Kodex
Bamberg nach Anderson, Gordon A (Hrsg.): Compositions of the Bamberg Manuscript, (Neuhausen-Stuttgart:
Hänssler, 1977), S. 113 (Corpus Mensurabilis Musicae 75) mit eigenen Eintragungen.
25 Siehe Anderson (1977), S. LXVI
handeln. Um die Motette näher zu betrachten, empfiehlt es sich zunächst zu
schauen, welches Material der Komponist aus anderen Kontexten verwendet
hat. Hierbei empfiehlt sich die etwas ungewöhnliche Reihenfolge, erst den
Motetus, dann den Tenor und zum Schluss das Triplum zu behandeln, da sich
die Zusammenhänge zwischen den Stimmen so am besten zeigen lassen.
Zwischenstation auf e’, wieder auf c’ herabgeführt. So sind die Verse 2, 5 und
8 ausgesetzt. In beiden Phrasen ist deutlich c’ als Finalis zu spüren. Der Text
des Rondeaus hat jedoch noch einen Vers, »Aleuriva!«, der keine eigenständige musikalische Entsprechung erhält, dessen Vortrag aber dem Schluss von
Phrase B/b entspricht. Dieses »Aleuriva!« wird als sechster Vers vor dem
zweiten Refrain eingeschoben, musikalisch allerdings als Teil der fünften
Phrase gestaltet. Er ist viel kürzer als die anderen Verse. Wie oben schon
anhand einer anderen Motette gesehen, wirkt dieser Vers vorbereitend für die
Wiederkehr des Refrains. Durch seine Vorwegnahme des »-a« Reims wird die
Aufmerksamkeit auf den Refrain gelenkt, der dann sofort einsetzt.
Bemerkenswert ist in der zweiten Phrase der Gebrauch des fis’ als Vorbereitung zum g’. Es ist in einem durch c geprägten Kontext eine auf den ersten
Blick eher ungewöhnliche Tonstufe, die sich jedoch durch die Transposition
des Rondeaus von f-lydisch nach c-lydisch ergibt. Dies hat weit reichende
Konsequenzen für die klangliche Wirkung der Motette.
Der Motetus stammt aus dem Jeu de Robin et de Marion von Adam de la Halle (siehe Abbildung 2 im Anhang). Dort handelt es sich sogar um den Eröffnungsgesang.26 Wobei der Motetus allerdings für die Verse 3 bis 5 einen anderen Text
bietet.
Text des Motetus:27
1. Robins m’aimme, Robins m’a;
2. Robins m’a demandee, si m’ara.
7a
10 a
Robin liebt mich, Robin hat mich;
Robin hat mich gefragt, ob er mich haben wird
3. Robins m’achata couroie
8b
Robin hat mir einen Kranz gekauft
4. et aumosniere de soie,
8b
Und eine seidene Börse,
5. et pour quoi ne l’ameroie?
8b
Warum sollte ich ihn dann nicht lieben?
6. Aleuriva!
4a
Auf geht’s!
7. Robins m’aimme, Robins m’a;
7a
Robin liebt mich, Robin hat mich;
8. Robins m’a demandee, si m’ara.
10 a
Der Tenor »Portare« entstammt einem Alleluia der liturgischen Einstimmigkeit (siehe Abbildung 3). Es handelt sich um das Melisma über dem Wort
»portare«, beziehungsweise (so in Abbildung 3) »sustinere« aus dem Alleluia
Dulce lignum.29 In der Motette erscheint der Tenor leicht verändert: Das f wurde
zu fis alteriert, der erste Ton h wurde zu c30, und der letzte Ton g wurde
durch c ersetzt. Dies setzt die Finalis für den Tenorausschnitt auf c und stellt
somit eine bedeutsame Änderung gegenüber der Vorlage dar. Die Begründung
dieser Adaption liegt im Motetus und der dort durch die Transposition bereits
festgelegen Finalis c. Die Tenor-Tonfolge erscheint drei Mal ganz und ein Mal
nur zum Teil. Es lassen sich zwei Teile unterscheiden, C/c und D. Im ersten
Teil (C) finden wir einen regelmäßigen zweiten Modus vor, ab und zu unterbrochen durch Teilung des längeren Notenwertes in zwei kürzere. Dieser Teil
wird mit einer Pause abgeschlossen. Der zweite Teil (D) erscheint rhythmisch
freier, jedoch lassen sich gut Parallelen zum Rhythmus des Motetus erkennen, so zum Beispiel bei »(Robins m’a) demandee«. Auch der musikalische
Verlauf zeigt, wie gut der Tenor auf das Rondeau abgestimmt wurde. Meist
verhalten sich die beiden Stimmen in Gegenbewegung zueinander. Sehr deutlich wird dies direkt am Anfang des Stücks in den ersten vier Perfectiones. Die
Wiederholungsstruktur des Tenors ist ebenfalls parallel zu der des Motetus.
Sie lässt sich mit CD c CD CD beschreiben. Zwar ist der C-Teil um zwei Perfectiones länger als der A-Teil des Motetus, doch dies wird durch den entsprechend kürzeren D-Teil wettgemacht. Nur ab Mensur 8, wo der A-, beziehungsweise der C-Teil direkt wiederholt werden, könnte dies zum Problem werden,
und in der Tat wird davor der C-Teil so gekürzt, dass er am Ende von Mensur 7
gleichzeitig mit dem A-Teil abschließt und mit diesem in Mensur 8 direkt neu
beginnen kann.
Robin hat mich gefragt, ob er mich haben wird.
Die Verse »Robins m’aimme, Robins m’a« / »Robins m’a demandee si m’ara«
und »Aleuriva!« sind Refrains.28 Lässt man den Vers »Aleuriva!« zunächst
unbetrachtet, da ihm, wie wir sehen werden, eine besondere Rolle zuteil
wird, so erhält man ein siebenzeiliges Rondeau. Zu Beginn und zum Schluss
steht der Refrain »Robins m’aimme, Robins m’a / Robins m’a demandee si
m’ara«. Dazwischen stehen drei Verse, »Robins m’achata couroie / et
aumosniere de soie, / et pour quoi ne l’ameroie?«, die sich zwar im Reim vom
Refrain unterscheiden und auch nicht selbst als Refrains in Erscheinung
treten, aber mit den gleichen Melodieteilen vertont werden. Es ergibt sich
somit nicht die – zumindest später – eher übliche Rondeau-Form AB aA ab AB,
sondern eine etwas andere Struktur: AB a ab AB. Gerade durch das
Reimschema grenzt sich der Refrain (im Sinne der Rondeau-Struktur und im
Sinne des Refrains in der Motette), dessen Verse auf »-a« enden, deutlich vom
Additamentum ab, dessen Verse (anders als im Original von Adam de la
Halle) hier auf »-oie« enden.
Diese etwas ungewöhnliche Form spiegelt sich auch im musikalischen
Aufbau des Motetus wieder. Er besteht aus zwei verschiedenen musikalischen
Phrasen (A/a, Mensuren 1 und 2, sowie B/b, Mensuren 3 bis 5). Beiden liegt
der zweite rhythmische Modus zugrunde. Zwar wird dies durch die
Unterteilung der beiden Grundwerte (Brevis / Longa) in kleinere Einheiten
verschleiert, doch der Text wird im ganzen Stück generell in der Folge
kurz-lang deklamiert. Der Tonverlauf der ersten Phrase (A/a) beginnt auf c’,
beschreibt zwei Bögen über e’, um (mit einer Ausnahme) auf dem Schlusston
c’ zur Ruhe zu kommen. Diese Phrase dient dem Vortrag der Verse 1, 3, 4
und 7. Die zweite Phrase (B/b) beginnt auf e’, erreicht direkt den Spitzenton
g’ und wird dann langsam, unter Gebrauch von Umspielungen und einer
26 Siehe Anderson (1977), S. LXVI, sowie Seel (1987), S. 300
27 Nach Anderson (1977), S. CXV
28 Sie werden in Rondeaux et Refrains du XIIè siècle au début du XIVè gelistet und bilden dort die Refrains Nr.
1633, beziehungsweise Nr. 1879. Vgl. van den Boogard, Nico H. J: Rondeaux et Refrains du XIIè siécle au début
du XIVè, Collationnement, Introduction et Notes, (Paris: Klincksieck 1969)
088 | 089
29 Die Alleluias werden nach dem Incipit des Verses benannt. Das Alleluia Dulce lignum ist das Alleluia zum Fest
der Kreuzerhöhung. Siehe Graduale Triplex (Solesmes, 1979), S.598f. Es scheint hier jedoch mehrere
Überlieferungen und verschiedene Textfassungen zu geben, bei denen entweder »portare« oder »sustinere«
gebraucht wurde. Die Wahl des Texts kann jedoch weitreichende Konsequenzen haben. Vgl. Pesce (1997) S. 29
und 34ff.
30 Offen bleibt, ob dieses c zu Beginn des Tenors bereits eine Adaption des Originals an die Anforderungen in der
Motette darstellt, oder ob es sich um eine andere Überlieferung handelt. Es ist in Gesängen im 8. Modus wie
bei diesem Alleluia oft der Fall, dass im Laufe der Jahrhunderte die Rezitationsstufe h zu c (mi zu fa) erhöht
wurde. Möglicherweise lässt sich das mit der Gesangspraxis erklären. Die subsemitonale Stufe fa ist
spannungsärmer und somit leichter zu singen. Zu Zeiten mündlicher Überlieferung könnte sich so der Gebrauch
dieser Stufe eingeschliffen haben.
Auffallend ist die Alteration des f zu fis am Ende des A-Teils. Sowohl der 7. als
auch der 8. Modus gebrauchen das fis normalerweise nicht (im Gegenteil ist
die so genannte Mixolydische kleine Septe sogar charakteristisch für diese
Modi). Diese Tonstufe kommt auch weder in der einstimmigen liturgischen
Vorlage noch in anderen »Portare«-Tenores vor,31 und sie fällt zudem auch
in der Motette aus dem klanglichen Rahmen ein wenig heraus. Denn die
meisten Klänge auf den Perfektiones werden über c, a oder g gebildet. Nur
drei Mal, immer am Ende des A-Teils, wird ein Klang auf dem Fundament fis
gebildet, beim ersten Mal in Mensur 3 sogar für ein Mal mit einem QuartOktav-Klang. Diese Situation verweist wiederum deutlich auf die Adaption
des Tenors in Rücksicht auf den übernommenen Motetus. Wenn dort das fis
erklingt, so liegt es aus Sicht der Diskant-Lehre des 13. Jahrhunderts nahe, es
mit einer perfekten Oktave fis zu unterstützen.
Ein solcher Tenor ist insgesamt ungewöhnlich. Dies gilt für die Struktur der
Wiederholungen wie auch für die recht freie Rhythmik gerade des zweiten
Teils. Das heißt, die Tenorordinierung entspricht nicht dem Normalfall einer
Motette der damaligen Zeit. Die rhythmischen und melodisch-klanglichen
Zusammenhänge zum präexistenten Rondeau einschließlich der Änderungen, die der Komponist am Tenor gegenüber der liturgischen Melodie vornahm und die prominente Rolle von Robin m’aime als Eröffnungsgesang des Jeu
de Robin et de Marion lassen vermuten, dass das Rondeau hier als Ausganspunkt
der Komposition zu gelten hat, dem der Tenor angepasst wurde. Wobei man
in der Versetzung des ursprünglich f-lydischen Rondeaus um eine Quinte
nach oben zu einem c-lydischen Motetus umgekehrt auch eine gewisse Anpassung an den »Portare«-Tenor sehen kann. Ludwig Seel schreibt hierzu:
»Obwohl der Tenor nur als Begleitstimme fungiert, ist es bemerkenswert, dass
nicht das Choralmelisma, sondern das Rondeau, also der Cantus prius factus
– um eine Quinte nach oben – transponiert wurde. Das bedeutet, dass der
Motetus zwar die Form der Motette bestimmte, dass er hinsichtlich seines
Erklingens auf absoluter Tonhöhe jedoch, wie üblich, dem Tenor angeglichen
wurde.«32
Einige musikalisch-textliche Phrasen, nämlich die Verse 1, 6, 7, 8, 10, 12
und 13 stammen aus einem anderen Triplum Mout me fu gries (196), das uns
beispielsweise schon im dritten Faszikel des Codex Montpellier, nämlich bei
der Motette (196) Mout me fu gries – (197) In omni – In seculum (M13) (Mo 3,37 oder
Ba 47) begegnet34. Für die restlichen Phrasen gibt es keine Konkordanzen zu
anderen Stücken, so dass diese wohl neu komponiert sein dürften.
Wie verhält sich aber nun das Triplum zu Motetus und Tenor? Zunächst fällt
auf, dass sich das Triplum nicht wie die anderen beiden Stimmen mit einer
Rondeaustruktur beschreiben lässt. Es pausiert auch selten mit ihnen
zusammen, sondern meist so, dass sich die Phrasen überlappen, die von
Motetus und Tenor gebildeten Zäsuren überspielt werden und so die
offensichtliche Rondeau-Form verschleiert wird. Andererseits fallen Pausen
im Triplum manchmal auch mit Pausen im Tenor zusammen, so dass der
Motetus als einzige Stimme zu hören ist. Genau bei einigen dieser
»solistischen« Stellen lassen sich interessante Beobachtungen anstellen.
In Mensur 3 beispielsweise wird durch den Schritt von fis’ zu g’ der c-lydische
Modus gefestigt (fis ist die charakteristische Stufe und g der Rezitationston
dieses Modus) und somit klar gezeigt, dass der Motetus und nicht der Tenor
die Klanglichkeit der Motette bestimmt. Auch die allgemeine Lage des
Triplums verstärkt dies. Die Melodie bewegt sich insgesamt im Raum h-c’’,
hauptsächlich aber im Bereich g’-c’’, und hat dabei ein fis vorgezeichnet.
Somit erklingt hier der für ein Triplum typische obere Oktavraum, aber eben
des c-lydischen Modus und nicht der des ursprünglich achten Modus des
Tenors. In Mensur 5 überlappen die Stimmen so, dass der Motetus die Melodie
von e’ zur Finalis c’ führt. Dieses c wird eine Oktave höher vom Triplum
aufgegriffen und herabgeführt und eine Perfectio später vom Tenor in tieferer
Lage wiederholt. Auch wenn diese Figur im Motetus auf einer anderen
Tonstufe beginnt als in den anderen Stimmen und jede Stimme auf eine
eigene Art weitergeführt wird, hört man diesen Abschnitt aufgrund der
Ähnlichkeiten doch als eine Art Imitation, die man bei den Parallelstellen in
Mensur 12 und 14 wieder erkennt.
Durch die vorübergehend auf Einstimmigkeit reduzierte Klanglichkeit ist an
solchen Stellen auch der Text der Stimmen und der Dialog der Stimmen
untereinander besonders gut verständlich. Es ergeben sich so neue
Zusammenhänge wie »m’ara« / »comme rose« (er wird mich haben / wie eine
Rose) in Mensur 5, oder auch – trotz des dort mitklingenden Tenors – die
vorübergehend eintextigen Passagen »Robins m’a« / »dame de valour«
(Robins hat mich / Dame von Wert) in Mensur 14. Es liegt nahe anzunehmen, dass diese Art der Bezugnahme der Stimmen untereinander durchaus
beabsichtigt wurde.
Das Beispiel dieser einzelnen Aspekte soll hier für die Analyse des Triplums
genügen. Eine eingehende Betrachtung vor allem des Textes und der intertextuellen Bezugnahme der Texte von Motetus und Triplum unter Berücksichtigung der verschiedenen Überlieferungen des Tenors (»portare« oder »sustinare«) würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es sei an dieser Stelle nur
angedeutet, dass die Textanalyse Aspekte aus geistlichen (Kreuzigung, Marienthematik) und weltlichen Bereichen (pastorale Liebe und Minne) miteinander in Verbindung bringen muss. Eine ausführliche Behandlung des Triplums
bietet zum Beispiel Dolores Pesce in ihrem Artikel Beyond Glossing.35
Nachdem nun sowohl Tenor als auch Motetus aus entlehntem Material
gebildet wurden, ist es nicht verwunderlich, dass auch das Triplum zu großen
Teilen aus einer anderen Quelle stammt.
Text des Triplum:33
1. Mout me fu griés li departirs de m’amiete,
13 a
Das Scheiden von meiner Lieben schmerzt mich sehr,
2. la jolie au cler vis
6 b
die Hübsche mit dem strahlenden Gesicht
3. qui est blanche, vermeillete
8 a
die weiß und rot ist
4. comme rose par desus lis,
8 b
wie Rosen auf Lilien,
5. ce m’est avis;
4 b
so scheint mir;
6. ses tres douz ris
4 b
ihr so süßes Lachen
7. mi fait fremir
4 c
macht mich erzittern
8. et si vair ieull riant languir.
8 c
und ihre glänzenden, lachenden Augen mich sehnen.
9. Hé, Dieus! cum mal la laissai,
7 d
O Gott! Welch Weh, sie zu verlassen,
10. blanchete comme flour de lis!
8 b
weiß wie die Lilie!
11. Quant vous verrai,
4 d
Wann sehe ich Euch wieder,
12. dame de valour,
5 e
teure Dame,
13. vermeille comme rose en mai?
8 d
rot wie die Rose im Mai?
14. Por vous sui en si grant doulour.
8 e
Wegen Euch leide ich so großen Schmerz.
31 Vgl. Seel (1987), S. 301
32 Seel (1987), S. 301
33 Nach Anderson (1977), S. CXV
090 | 091
34 Vgl. Ludwig, Friedrich: Repertorium organorum Recentoris et Motetorum Vetustissimi Stili, Band 1-2, (Halle:
Niemeyer, 1978), S. 433
35 Pesce (1997), siehe Anm. 29.
So bemerkenswert und erstaunlich es ist, dass diese drei in großem Maße
vorgeformten Stimmen zusammen erklingen können, hat ihre Kombination
wohl auch klangliche Opfer gefordert.36 Beispielsweise laufen in Mensur
14 und 15, wo alle Stimmen aus entlehntem Material gebildet wurden, Tenor
und Triplum längere Zeit in Oktaven parallel, was in einer Motette der Ars
Antiqua eher ungewöhnlich und bemerkenswert ist. Man kann sich allerdings fragen, ob es Zufall ist, dass dies gerade dort geschieht, wo mit dem
erwähnten hervortretenden Text »(Robins) m’a« / »dame de valour / vermeille
…« die Verbindung der beiden beteiligten Personen besonders deutlich ausgesagt ist?
Abbildung 1: Die Motette (297) Mout me fu griés – (298) Robins m’aimme – Portare (M22)38
Es zeigt sich jedenfalls, dass die ganze Kombinationsvielfalt und damit auch
Kunstfertigkeit dieser Motette (297) Mout me fu grief – (298) Robins m’aime – Portare
(M22) nur zu erkennen ist, wenn man sich mit ihr genau auseinandersetzt. Sie
repräsentiert insgesamt auf überzeugende Weise die Vielschichtigkeit und
Komplexität der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aspekten, die in
ihren Kompositionsvorgang eingeflossen sind.
Die Ars-Antiqua-Motette – Attraktivität durch Vielseitigkeit
Die Motette der Ars Antiqua hat sich mir im Laufe dieser Arbeit als enorm
vielseitig dargestellt. Wie Mark Everist zeigt, ergeben viele der »althergebrachten« Klassifizierungen wenig Sinn, da sie entweder so weit gefasst sind,
dass fast alle Motetten hineinpassen, oder so speziell sind, dass nach
näherem Hinschauen kaum mehr als ein Stück die Kriterien erfüllt.
Stattdessen gibt es sehr viele verschiedene durchaus komplexe Möglichkeiten
der motettischen Kombination von altem Material mit neuem, von Text mit
Musik, geistlichen mit weltlichen Themen oder auch des Spiels mit mehreren
dieser Aspekte.
Genau diese Vielseitigkeit macht die Beschäftigung mit diesem Thema so
spannend. Jede Motette hat wohl ihre eigenen Besonderheiten. Jede der
Motetten zeigt auf eine andere Weise die Experimentierfreude und die
Kombinationslust ihrer Komponisten. Da das Musizieren von Motetten dieser
Art jedenfalls um 1300 herum weniger zur Unterhaltung des Volkes als
vielmehr für Kreise einer Elite gedacht war,37 konnten ihre Verfasser ihr
gesamtes Wissen sowohl im musikalischen als auch im theologischen oder
literarischen Gebiet einsetzen. Für den Kenner öffnet sich hier eine Welt
voller musikalischer und literarischer Anspielungen, komplexer Zusammenhänge und Querverbindungen.
Ich denke, es war genau dieser Aspekt der Motette, der maßgeblich zum
Erfolg der neuen Gattung beitrug. Ein Komponist konnte hier Einflüsse aus
allen Bereichen miteinander verbinden und war so in der Lage, Artefakte von
enormer, bis dahin möglicherweise unerreichter Vielschichtigkeit zu schaffen.
Markus Bohlen
wurde 1989 in Freiburg im Breisgau geboren. Mit sechs Jahren erhielt er seinen
ersten Klavierunterricht. Über die langjährige Mitgliedschaft bei den Freiburger
Domsingknaben kam er in Kontakt zur Kirchenmusik. Seit 2007 studiert er
Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Freiburg bei Prof. Klemens Schnorr.
36 In der Tat ist für Ludwig deutlich, dass »es ihm [dem Komponisten] aber nicht gelungen ist, damit ein auch nur
dem Durchschnitt der übrigen Motetten gleichwertiges Kunstwerk zu schaffen« Ludwig (1978), S. 433f.. Auch
für Seel und Everist liegt der Fokus der Motette klar auf der Kombination der Stimmen und nicht auf der
klanglichen Wirkung. Vgl. auch Seel (1987), S. 301f. und Everist (1994), S.107f.
37 Everist schreibt im Vorwort zu French Motets in the Thirteenth Century: »Even he [Johannes de Grocheo, ein
Theoretiker des späten 13. und frühen 14. Jahrhunderts] only went as far as proposing that the motet was more
suited to the literati than to the laici vulgares.« Vgl. Everist (1994), S. xi
092 | 093
38 Nach Anderson (1977), S. 113
Klara Baumann
Abbildung 2: Das Rondeau von
Adam de la Halle39
Das »Elegische« an Ferruccio Busonis Berceuse
­élégiaque – mehr als eine Trauermusik zum Gedenken an
die verstorbene Mutter?
Unter dem Titel »Sechs Elegien« fasst Ferruccio Busoni (1866-1924) in seinem
Werkverzeichnis von 1922 sechs verschiedene Orchesterstücke zusammen, die
zwischen 1909 und 1919 unabhängig voneinander entstanden sind: Berceuse
élégiaque (1909), Nocturne Symphonique (1912/13), Rondò Arlecchinesco (1914/15),
Gesang vom Reigen der Geister (1915), Sarabande (Dezember 1918) und Cortège (Januar
1919). Die Berceuse élégiaque hat als einziges Orchesterstück im Titel den Begriff
»elegisch«. Der Gattungsbegriff der Berceuse ist zunächst der eines Charakterstückes: eines Wiegenliedes. Der Untertitel »Des Mannes Wiegenlied am Sarge
seiner Mutter« und die Widmung »In Memoriam Anna Busoni n. Weiß, † 3.
Okt. MCMIX«41 unterstützen die Charakterisierung élégiaque und verweisen auf
die elegische Bedeutung des Stückes als Trauermusik zum Gedenken an Busonis verstorbene Mutter. Die Tatsache aber, dass Busoni die Berceuse élégiaque mit
anderen Werken zu dem Werkkomplex Sechs Elegien zusammenfasst, die nicht
im ursprünglichen Sinne der Elegie als einer Trauermusik zuzuordnen sind,
lässt darauf schließen, dass nach Aspekten des Elegischen gesucht werden
kann, die auf alle Stücke anwendbar sind.
Ergänzend zum Buch Busoni – the composer42 von Antony Beaumont hält sich
der vorliegende Beitrag bei dieser Untersuchung in erster Linie an den Aufsatz
von Joseph Willimann Facetten des Unerreichbaren: Busonis sechs Elegien für Orchester43,
der eine weiterfassende Definition der Elegie nach Schiller – die Elegie als Gegenstand der Trauer über das unerreichbare Ideal – auf vier Ebenen anwendet:
Es sind dies die Entstehungsgeschichte, das Sujet, die Faktur und der eigene
Stellenwert, den Busoni den Stücken beimisst. Auf diesen Ebenen soll aufgezeigt werden, inwiefern die Berceuse élégiaque eine wichtige Etappe für Busoni in
der Auseinandersetzung mit seinem Ideal der Tonkunst darstellt und inwieweit sie damit im Schillerschen Sinn elegisch ist. Diese Auseinandersetzung
Busonis schlägt sich auch in verschiedenen musikreflektierenden Schriften
nieder. An erster Stelle und als wichtige Quelle zu nennen ist sein Entwurf einer
neuen Ästhetik der Tonkunst44, neben Schriften wie Selbst-Rezension45 und Etwas über
Instrumentationslehre46.
Abbildung 3: Das Alleluia
– Dulce lignum40 mit dem
Melisma »sustinere«
Entstehungsgeschichte
Die Berceuse élégiaque ist als erste von Busonis »Sechs Elegien« entstanden und
zwar über Umwege: Sie ist eine Bearbeitung des Klavierstückes Berceuse, das
39 De Coussemaker, E (Hrsg.): Adam de la Halle, Œuvres Complètes, (Genève: Slatkine 1970), S. 347f. Bemerkenswert und fraglich ist, warum Coussemaker
in der Übertragung trotz des lydischen Modus ein b einführt.
40 Graduale Triplex, (Solesmes, 1979), S. 589f.
094 | 095
41 Vgl. Ferruccio Busoni: Berceuse élégiaque für Orchester Op.42 / Busoni Werkverzeichnis 252a, Studienpartitur
PB5126, Breitkopf & Härtel: Wiesbaden 1990.
42 Beaumont, Antony: Busoni – the composer, Faber: Bloomington 1985.
43 Willimann, Joseph: Facetten des Unerreichbaren: Busonis sechs Elegien für Orchester, in: Busoni in Berlin
– Facetten eines kosmopolitischen Komponisten, hrsg. von Albrecht Riethmüller und Hyesu Shin: Stuttgart
2004, S.107-123.
44 Ferruccio Busoni: Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst. Kommentierte Neuausgabe, hrsg. von Martina
Weindel: Wilhelmshaven 2001.
45 Ferruccio Busoni: Selbst-Rezension in Ferruccio Busoni: Von der Einheit der Musik, kritische und kommentierte
Neuausgabe von Martina Weindel (Quellenkatalog zur Musikgeschichte Nr. 36): Wilhelmshaven 2006, S.64-65.
46 Ferruccio Busoni: Etwas über Instrumentationslehre in Ferruccio Busoni: Von der Einheit der Musik. kritische
und kommentierte Neuausgabe von Martina Weindel (Quellenkatalog zur Musikgeschichte Nr. 36):
Wilhelmshaven 2006, S.29-30.
Busoni im Juni 1909 komponierte und später den sechs Klavier-Elegien von
1907/1908 als siebte hinzufügte.47 Wesentliche Elemente der Klavier-Berceuse
bleiben in der instrumentalen Version »für sechsfaches Streichquartett
[i.e. 6 Vl, 6 Va, 6 Vc und 6 Kb] mit Sordinen, 3 Flöten, 1 Oboe, 3 Klarinetten
[inkl. Bassklarinette], 4 Hörner, Gong, Harfe und Celesta«48 erhalten, sie werden erweitert, neue Elemente und Schichten werden hinzugefügt, sodass
sich insgesamt eine Verlängerung von 81 Takten auf 118 Takte ergibt.49
Noch 1906 arbeitete Busoni nachweislich an einem Aladdin-Libretto und setzte
sich dabei ausführlich mit der dramatischen Dichtung Aladdin oder die Wunderlampe von Adam Oehlenschläger auseinander. Zwar steht drei Jahre später der
Anlass für die Wiederaufnahme der Arbeit an der Berceuse zunächst offensichtlich im Zusammenhang mit dem Tod von Busonis Mutter Anna, wie der Untertitel und die Widmung erkennen lassen. Doch liegt die Inspiration zur Umarbeitung ausgerechnet der Klavier-Berceuse zu »Des Mannes Wiegenlied am
Sarge seiner Mutter« vermutlich im Aladdin-Stoff. Dies wird deutlich bei Betrachtung von Oehlenschlägers Text: Auch Aladdin steht am Grabe seiner Mutter und tut so, »als wenn er sie wiegte, und singt: Schlafe Kind!«50.
Beaumont zitiert in diesem Zusammenhang Busoni aus dessen Programmheft
für die Uraufführung vom 21.Februar 1911 in New York: »...my spirits returned
to the strange mood of the Berceuse; I took up the composition again, penetrated deeper into it and conceived the extended orchestral arrangement of
the little work. In the intervals between some London concerts I was compelled
to write the score, frequently working until deep into the night, in order to
free my mind of it.«51 Anna Busoni war am 3. Oktober 1909 gestorben und trotz
anstehender Konzerte stellte Busoni die Berceuse élégiaque schon wenige Wochen
später am 27. Oktober 1909 fertig. Bevor er sie 1910 zur Veröffentlichung gab,
probte er die Berceuse élégiaque am 1. November 1909 mit dem Queen’s Hall Orchestra um sich der Klangwirkung zu versichern, wie er später im Programmheft zur Uraufführung in New York begründet: »…as it contains a number of
singular harmonic and instrumental combinations which have not yet been
approved«52.
Noch im Jahr der Veröffentlichung probten die Berliner Philharmharmoniker
die Berceuse élégiaque unter Oskar Fried, reagierten aber eher befremdet darauf
und führten sie nicht auf.53 Hugo Leichtentritt, Musiktheoretiker und Freund
Busonis, bemerkte zu den Proben: »Neither the conductor nor the players
knew what to do with the strange piece which evoked the barely suppressed
mirth of the orchestra and Fried’s great embarrassment. Its polytonality, its
collisions of major and minor triads, its strange enervated harmony, its symphony of sighs appeared altogether novel in 1910.«54 Uraufgeführt wurde die
Berceuse élégiaque dann während Busonis Amerika-Tournee am 21. Februar 1911
unter der Leitung von Gustav Mahler in der Carnegie Hall in New York. Die
New York Times kommentierte: »It is a gruesome work in a modern composer’s
most modern manner. However, it was applauded and Mr. Busoni, who sat in
a box with Mr. Toscanini, rose to bow his thanks.«55
Die klanglichen Neuerungen – wie z.B. bitonale Schichtungen, Mixturklänge,
Quartenklänge, sehr freie Linienführung der Stimmen –, deren sich auch
47 Vgl. Willimann 2004, S.110
48 Vgl. Studienpartitur der Berceuse élégiaque, S.[2]
49 Ein Vergleich der Berceuse élégiaque mit ihrer Vorgängerversion der Klavier-Berceuse stellt ein eigenes Thema
dar, das hier mit den kurzen zusammenfassenden Bemerkungen nur am Rande erwähnt bleiben soll.
50 Zitiert nach Willimann 2004, S.111
51 Zitiert nach Beaumont 1985, S.141
52 Zitiert nach Beaumont 1985, S.145
53 Vgl. Beaumont 1985, S.145
54 Zitiert nach Beaumont 1985, S.145.
55 Zitiert nach Beaumont 1985, S.146.
Busoni hörend noch versichern wollte, haben also allerorts Aufsehen erregt.
Doch sei an dieser Stelle noch kurz erwähnt, dass ein Einfluss von Arnold
Schönbergs zweitem Klavierstück op.11, das dieser Busoni am 20. Juli 1909
zusandte, eher gering ist, da die wesentlichen Neuerungen auf klanglicher
Ebene schon in der im Juni abgeschlossenen Klavier-Berceuse vorhanden
waren.
Etwa ein Jahr nach der Uraufführung in New York, am 19. Januar 1912, war die
Berceuse élégiaque schließlich in Berlin innerhalb eines Konzertes der Berliner
Gesellschaft der Musikfreunde zu hören, das ausschließlich Busonis Musik
gewidmet war.56
Die Berceuse élégiaque als traditionelle Elegie und Berceuse
Die Berceuse élégiaque vereint im Titel zwei Gattungsbegriffe: den der Berceuse
mit dem der Elegie. Die Berceuse als Wiegen- oder Schlummerlied hat ihren
Ursprung in der Vokalmusik und fand in der Romantik als lyrisches Genrestück Einzug in die Instrumentalmusik. Bei der Berceuse steht das Verhältnis
der Mutter zum Kinde im Zentrum, sie ist Begleitung, während die Mutter das
Kind in den Schlaf wiegt. Die Musik ist geprägt durch Monotonie (häufig BassOstinati) und gleichmäßige Rhythmik der Melodik.57
Der Begriff der Elegie wurde aus der Dichtung in die Musik übernommen.
Zunächst verband sich mit dem Wort keine nähere inhaltliche Bestimmung,
sondern es bezog sich auf das Versmaß. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich in der Vokalmusik eine eindeutige inhaltliche Konnotation, die
mit der Gattung selbst in die Instrumentalmusik übernommen wurde: Elegie
als Totenklage und Trauermusik zum Gedenken an einen Verstorbenen.58
Die Berceuse élégiaque ist, wie der Widmung zu entnehmen ist, eine Klage- und
Trauermusik auf den Tod von Busonis Mutter und damit im engeren Sinne
eine Elegie. Mindestens ebenso wichtig wie der adjektivische elegische Anteil
im Titel ist der Gattungsbegriff der Berceuse, das Wiegenlied. Wie der Untertitel besagt, ist es das Wiegenlied »des Mannes […] am Sarge seiner Mutter«.
Beigefügt ist noch folgendes Gedicht von Busoni:
Schwingt die Wiege des Kindes,
Schwankt die Wage seines Schicksals,
schwindet der Weg des Lebens,
Schwindet hin in die ewigen Fernen…59
Dem Beginn mit der schwingenden Wiege, also der Geburt des Kindes, stellt
Busoni schon das drohende Ende gegenüber, da das Leben von nun an immer
kürzer wird, bis es schließlich für immer verschwunden ist. Geburt und Tod
scheinen nicht weit voneinander entfernt. Auf dem Hintergrund des
Untertitels »Des Mannes Wiegenlied am Sarge seiner Mutter« verdeutlichen
dies zwei Metaphern: Die Wiege steht für den Sarg und gewiegt wird nicht in
den nächtlichen, sondern in den ewigen Schlaf, den Tod. Dabei sind die
Rollen vertauscht: Es wiegt nicht die Mutter das Kind, sondern das Kind die
Mutter. Die Alliterationen heben die Bewegungsverben zu Beginn der Verse
hervor und betonen die durchgängige Unbeständigkeit des menschlichen
Lebens.
096 | 097
56
57
58
59
Vgl. Beaumont 1985, S.146
Vgl. Schneider, Herbert : Art. »Berceuse«, in MGG2, Sachteil 1 (1994), Sp. 1398-1402.
Vgl. Draheim, Joachim [Kahl, Willi]: Art. »Elegie«, in MGG2, Sachteil 2 (1994), Sp. 1710-1717.
Zitiert nach der Studienpartitur Berceuse élégiaque, S.[2]
Die Berceuse élégiaque soll die Mutter in den ewigen Schlaf begleiten und ist
gleichzeitig die Totenklage des Hinterbliebenen. Sie verzahnt also die beiden
Gattungen Berceuse und Elegie nicht nur begrifflich im Titel, sondern auch
inhaltlich.
Auch auf musikalischer Ebene sind beide Gattungen berücksichtigt. Für die
Berceuse charakteristisch sind die nahezu ständig bestehenden ostinaten,
pendelnden Figuren, oft an Orgelpunkte geknüpft (Beispiel 1a und 1b). Sind
diese weniger ausgeprägt, ist eine motivisch pendelnde Melodie im Vordergrund, wie beispielsweise in Takt 40ff (Beispiel 1c). In Takt 81ff pendeln statt
einer ostinaten Figur Celesta und Harfe jeweils für sich in Umkehrungen und
ergeben zusammen ein rhythmisch wiegendes Akkordpendel, das abstrakt
betrachtet auf harmonischer Ebene zwischen zwei Tonarten pendelt, hörend
vermischen sich die Klänge (Beispiel 1d). Die Tempoangaben bewegen sich
meist im fürs Wiegen angebrachten Rahmen: Andantino calmo, calmissimo, di nuovo
calmissimo. Die Dynamikangaben sind häufig im Pianobereich, mp bis ppp, die
Streicher spielen nur mit Dämpfer. Spielanweisungen wie dolce, dolcissimo,
molto intimamente unterstützen die zurückgehaltene Dynamik. Die Melodie ist
eine chromatisch gefärbte Klage, die von Trauer zersetz scheint: Sie ist sehr
kleinschrittig und gleicht eher Melodiebruchstücken. Das Motiv der kleinen
Terz mimt kurze Seufzer und Klagen, sowie in seiner rhythmisch prägnanten
Fortsetzung Schluchzer (Beispiel 2).
Doch gibt es aus der wiegenden und klagenden Ruhe heraus auch Momente
der Steigerung. Die Melodiebruchstücke werden in Dichte und Ambitus der
Instrumentierung expressiver. Dazu steigert sich das Tempo zu einem un poco
agitato (T. 73), die Dynamik reicht bis ins forte, unterstützt durch Sforzati und
Angaben wie appassionato, molto espressivo. Man könnte deuten, dass für kurze
Momente die Verzweiflung über den Tod die wiegende Klage durchbricht.
unerreichbaren Ideal gesetzt: »Entweder ist die Natur und das Ideal ein Gegenstand der Trauer, wenn jene als verloren, dieses als unerreicht dargestellt
wird. Oder beide sind ein Gegenstand der Freude, indem sie als wirklich vorgestellt werden. Das erste gibt die Elegie in engerer, das andere die Idylle in weitester Bedeutung.«64 Nach Schiller stellt die Elegie das Ideal als unerreicht und
damit als Gegenstand der Trauer dar. In diesem Sinne lassen sich nach Willimann bei Busonis Sechs Elegien gemeinsame elegische Momente auf verschiedenen Ebenen feststellen: »in Umständen der Entstehungsgeschichte, in der
kompositorischen Faktur, im mehr oder weniger offen gelegten Bezug auf ein
Sujet und in dessen Bedeutungshorizont, sowie schließlich im hohen Stellenwert, den der Komponist gerade diesen Stücken hinsichtlich der eigenen Entwicklung beimaß«.65 Dies soll im Folgenden für die Berceuse élégiaque kurz referiert werden.
(1) Entstehungsgeschichte: Wie oben beschrieben ist die Entstehungsgeschichte der Berceuse élégiaque nicht geradlinig. Es scheint zu keinem Zeitpunkt
Werkpläne gegeben zu haben, die gezielt das Endprodukt verfolgten66. Die
fertige Klavier-Fassung erweist sich aus späterer Sicht als Zwischenstation, an
der Busoni durch einen Impuls, der außerhalb des kompositorischen Schaffens
lag, fortsetzend arbeitet. Der Entstehungsprozess ist Teil einer experimentierenden Suche Busonis nach einer eigenen kompositorischen Sprache, nach
seinem Ideal der Tonkunst. Innerhalb dieser Auseinandersetzung um das Ideal
stellt die Berceuse élégiaque eine wichtige »elegische« Zwischenstation dar.
(2) Sujet: Neben dem elegischen Sujet des Todes von Busonis Mutter lässt sich
der Aladdin-Stoff zwar nicht unbedingt in direkten, aber doch in indirekten
Zusammenhang mit der Berceuse élégiaque bringen. Denn die Klavier-Berceuse
ist noch vor dem Tod von Busonis Mutter entstanden. Die intensive Beschäftigung Busonis mit dem Aladdin-Stoff nur wenige Jahre vor deren Entstehung
scheint in Zusammenhang mit der Schillerschen Auffassung der Elegie nicht
unbedeutend: In Oehlenschlägers dramatischer Dichtung Aladdin oder die Wunderlampe strebt Aladdin nach dem Ideal, das er am Schluss auch erreicht. Inwieweit die Berceuse élégiaque auf den Aladdin-Stoff tatsächlich Bezug nimmt, muss
offen bleiben. Doch ist bemerkenswert, dass die oben beschriebene Szene
Aladdins am Grab seiner Mutter eine Zwischenstation auf dessen Suche nach
dem Ideal darstellt und analog dazu ist für Busoni die Berceuse élégiaque »eine der
wichtigsten Stationen bei der eigenen kompositorischen Sprachfindung«.67
Sowohl die Szene im speziellen als auch die Figur des Aladdin im Allgemeinen
bieten jedenfalls ein hohes Identifikationspotenzial für Busoni.
Das Elegische im weiteren Sinne
Auch wenn in der Berceuse élégiaque neben den Charakteristika eines Wiegenliedes ihr elegischer Wesenszug im traditionellen Sinne von Trauermusik aufgewiesen werden kann, erscheint diese Begrenzung des Begriffs der Elegie mit
Blick auf den ganzen Werkkomplex der Sechs Elegien eingeschränkt. Keines der
anderen Orchesterstücke ist als Trauermusik einem Verstorbenen gewidmet.
Ihre Ausdruckswelten sind sehr unterschiedlich; das Rondò Arlecchinesco, ein
Allegro molto, ist beispielsweise von sehr aufgewecktem Charakter. Dass sie
dennoch alle mit dem Begriff der Elegie zusammenfassend betitelt sind, gibt
Anlass für ein weiter gefasstes Verständnis des Begriffs der Elegie, das allen
Sechs Elegien gerecht wird. Beaumont verweist zwar darauf, dass der mit Busoni
im schweizer Exil bekannt gewordene Dichter Rainer Marie Rilke den Begriff
der Elegie für seine Duineser Elegien, die etwa zeitgleich zu Busonis Elegien entstanden sind, rein als »Klage« verwendet.60 Busoni hingegen habe sich gegen
ein zu enges Verständnis des Begriffs gewehrt und habe geschrieben: »A German should at least know his Goethe and are this prodigy’s »Roman elegies«
songs of lament? Practically the opposite«.61 Aber Beaumont ist anschließend
auch der Meinung, die Elegien Busonis verbinde weder Stil noch Ausdruck62.
Dagegen führt Willimann eine übergeordnete Bedeutung des Elegischen nach
Friedrich Schiller an, anhand derer er Gemeinsamkeiten der Stücke untersucht
und damit den zusammenfassenden Werktitel begründet findet.63 In Schillers
Schrift Über naive und sentimentalische Dichtung ist die Elegie in Beziehung zum
60 Vgl. Beaumont 1985, S.102 f
61 Zitiert nach Beaumont 1985, S.103
62 Beaumont 1985, S.103: «These elegies are neither linked stylistically nor in expression; all they have in common
is their brevity – non exceeds ten minutes – and a certain subdued quality of gesture and tone colour.«
63 Vgl. Willimann 2004, S.109
(3) Faktur: Auf Busonis Weg zur eigenen Tonsprache sollen anhand der Berceuse
élégiaque drei Aspekte der Faktur untersucht werden, die er auch theoretisch
reflektierte: die Form (a), die Instrumentation (b) und die Harmonik (c).
(a) Um eine Auseinandersetzung Busonis mit einem schon bestehenden Formprinzip kann es bei einer formalen Analyse nicht gehen. In seinem Entwurf einer
neuen Ästhetik der Tonkunst68 wendet sich Busoni gegen die einengende Verwendung von »architektonischer«69 Form, denn die Komponisten seien »der wahren Natur der Musik am nächsten [gekommen], wo sie glaubten, die symmetrischen Verhältnisse außer acht lassen zu dürfen und selbst unbewußt frei
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Zitiert nach Willimann 2004, S.109
Willimann 2004, S.108
Vgl. Willimann 2004, S.110
Willimann 2004, S.115
Busoni Entwurf, S.14 ff
Busoni Entwurf, S.19
aufzuatmen schienen«70. Er stellt fest: »Ists nicht eigentümlich, daß man vom
Komponisten in allem Originalität fordert und daß man sie ihm in der Form
verbietet?«71 Für eine Analyse macht meines Erachtens die Untersuchung des
formalen Aufbaus aber Sinn, wenn diese der Strukturierung dient und man
den Ausdrucksgehalt dieses Aufbaus erfasst. Die Berceuse élégiaque lässt sich
folgendermaßen formal gliedern: A (T 1-19), A’ (T 20-39), B (T 40-53), A’’ (T 5480), B’/Coda (T 81-118). Feststellen lässt sich ein wellenartiger Aufbau: Der
erste klagende Abschnitt A wird zweimal wieder aufgegriffen und erfährt jeweils eine Steigerung – knapp zusammengefasst – in der Besetzung, in der
kontrapunktischen Dichte des Satzes, in der Lage und bezüglich des Ambitus,
in der Dynamik und im Tempo (un poco agitato in A’’). Diese Steigerung hin zu
Verzweiflung wird durch einen ruhigeren (calmissimo), wenn auch bedrohlich
wirkenden Teil B unterbrochen, was das gesteigerte Gefühl in A’’ aber mehr
verstärkt als mindert. Im Schlussteil B’ (Coda) beruhigt sich die Musik nach
kurzen aufflackernden Momenten aus den Abschnitten A und pendelt langsam ins ppp verschwindend aus. Die Ruhe des Schlusses schlägt vor allem mit
dem dreitaktigen F-Dur Pendel in der Harfe über dem Orgelpunkt F, das den
Beginn des Stückes aufgreift (Streicher und Harfe), den abgerundeten Bogen.
Der Ausdrucksgehalt durchläuft also verschiedene Stadien: Nach Phasen oder
Wellen von Trauer, Klage bis hin zur Verzweiflung kehrt die Berceuse élégiaque
erschöpft zurück zur einsamen Ruhe des Beginns (Vergleiche Beginn und Ende
Beispielgruppe 3). In seiner Selbstrezension stellt Busoni 1912 zufrieden fest,
dass es ihm bei der Berceuse élégiaque zum ersten Mal gelungen sei, »die Form in
Empfindung aufzulösen«72, er also seinem Ideal näher gekommen sei.
(b) Die Berceuse élégiaque schreibt Busoni »für sechsfaches Streichquartett [i.e. 6
Vl, 6 Va, 6 Vc und 6 Kb] mit Sordinen, 3 Flöten, 1 Oboe, 3 Klarinetten [inkl.
Bassklarinette], 4 Hörner, Gong, Harfe und Celesta«73. Diese außergewöhnliche Besetzung und Zusätze wie Flageoletts in den Streichern und in der Harfe
ermöglichen außergewöhnliche Klangmischungen, wie zum Beispiel zu Beginn das nahezu schwebende Ostinato in den Streichern und Harfe (Beispiel
3a), in Takt 81 die Klangmischung von Harfe und Celesta (Beispiel 1d) oder die
letzten fünf ausklingenden Takte (Beispiel 3b) mit Streichern, Harfe, Celesta
und Gong (der hier seinen einzigen Auftritt hat). Willimann sieht in solchen
»aparten Klangmischungen mit gleichsam ätherischer Wirkung […] die Entsprechung zu dem […], was Busoni im ästhetischen Diskurs mehrfach als die
»Immaterialität« der Musik ansprach«.74
Des Weiteren ist die Berceuse élégiaque ein Musterbeispiel für »jene notwendige
Einrichtung […], die im Orchester die Funktion des »Pedales« im Klavier
übernimmt«.75 Wie schon beschrieben existieren fast beständig ostinate Pendelfiguren, oft über mehrere Instrumente geteilt (Beispielgruppe 1). Wird die
Melodie in Abschnitten von verschiedenen Instrumenten gespielt (Beispiel 3a),
so überlappt als Orchesterpedal ein »instrumentaler Rest«,76 der auf die Instrumentationslehre von Hector Berlioz zurückgeht.
(c) In seinem »Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst« beschäftigt sich
Busoni mit verschiedenen Möglichkeiten das Tonsystem zu erweitern und die
»gefesselte« Tonkunst zu »befreien«77. Grundlegend stellt er fest, dass es
»überhaupt Dissonanzen nicht geben kann!«78 und die »Vermischung zweier
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76
77
78
Busoni Entwurf, S.16 f
Busoni Entwurf, S.16
Busoni Selbst-Rezension, S.65
Studienpartitur Berceuse élégiaque
Vgl. Willimann 2004, S.112
Busoni Etwas über Instrumentationslehre, S.29
Vgl. Willimann 2004, S.112
Vgl. Busoni Entwurf, S.13: »Frei ist die Tonkunst geboren und frei zu werden ihre Bestimmung.«
Busoni Entwurf, S.44
Tonarten in Harmonie und Melodie«79 sehr wohl möglich sei. In der zweiten
Auflage von 1916 fügt er hinzu, eine »polyphone Harmonik dürfte noch so
manches Klangphänomen erzeugen können«80. Er empfindet das bestehende
Tonsystem als »ein gewaltsam beschränktes«81, »denn unser ganzes Ton-,
Tonart- und Tonartensystem ist in seiner Gesamtheit selbst nur der Teil eines
Bruchteils eines zerlegten Strahls jener Sonne ›Musik‹ am Himmel der ›ewigen Harmonie‹«.82 Und er stellt fest: »Wir haben nur eine einzige Tonart. Aber
sie ist sehr dürftiger Art.«83 Deswegen berichtet er von seinem Unterfangen,
alle Möglichkeiten von 7-Ton-Skalen zu entwickeln und kommt auf 113 Skalen, welche ebenso wie die Tonarten noch transponiert werden könnten.84
Noch weiter führt sein Vorschlag der Drittelton-Abstufung – bzw. halbtönig
verschoben ergibt sich folgerichtig daraus eine Sechstelton-Abstufung – mit
der Absicht sich der unendlichen Abstufung der Oktave zu nähern.85
Busoni befreit sich in der Berceuse élégiaque nicht ganz vom bestehenden Tonsystem. Die beiden zuletzt genannten Punkte berücksichtigt er gar nicht. Doch
gibt es harmonisch avancierte Stellen, die ein neues Verständnis von Dissonanz-, Akkordbehandlung und Linienführung erkennen lassen.
Zunächst gibt es noch eine scheinbare Tonalität, F-Dur, in den ersten Takten
noch sehr klar, gefestigt durch einen lange anhaltenden Orgelpunkt bis Takt
16, obwohl die Tonalität schon verlassen ist. Dieser kehrt am Ende ab Takt
114 wieder. Obwohl der Schlussakkord nicht F-Dur ist, sondern eine
Quartenschichtung über der Quinte f-c, hört man das Stück doch tonal
geschlossen, da durch die Dynamik, die einheitliche Streicherfarbe und vor
allem durch die im Bass liegende Quinte dem Quartklang das Sperrige und
Scharfe genommen wird (Beispiel 3b).
Quartklänge setzt Busoni auch an einer anderen Stelle ein: In A’’ ab Takt 58,
hängen auf der zweiten Takthälfte unter der Melodie Quartschichtungen
(Beispiel 4a). Zu Beginn von A’ ab Takt 20 arbeitet Busoni mit Mixturtechnik,
indem er zunächst Septakkorde halb- und ganztönig verschiebt (Beispiel 4b),
ab Takt 25 sind es verminderte Akkorde. In den jeweiligen B-Teilen finden
sich bitonale Felder: Takt 40ff (Beispiel 4c) bilden Klarinetten und Flöten
as-Moll, Harfe, Horn und Bassklarinette F-Dur (Bratschen pendeln zwischen
den Akkorden, ebenso der Bass in der Umspielung des Orgelpunktes C), in
Takt 44ff wechseln die Klänge nach es-Moll und C-Dur, danach erhöht sich
die Frequenz des Wechsels. Das Verhältnis der Tonarten ist mediantisch,
sodass der andere Akkord jeweils die Terz der Varianttonart enthält. Dadurch
kann die Melodie in den Violinen chromatisch zwischen den Tonarten und
Tongeschlechtern changieren. In B’ pendelt die Celesta in Umkehrungen von
A-Dur und die Harfe rhythmisch komplementär in c-Moll (Beispiel 1d).
Die Melodien entwickeln sich harmonisch ungebunden und sind chromatisch
eingefärbt. Im weitesten Sinne kontrapunktisch dazu gibt es viele chromatisch
langgestreckte Linien. Beispiele hierfür sind die Bratschen ab Takt 6, die die
Spitzentöne der ostinaten Pendelfigur chromatisch von c1 nach des2 nach oben
führen, oder der Bass, der ab Takt 60 chromatisch von b nach g abfällt.
Hiermit sind einige Beispiele herausgegriffen, die zeigen sollen, inwieweit
Busoni in der Berceuse élégiaque die Tonkunst »befreit« hat. Die »Vermischung
zweier Tonarten« macht Busoni an den zwei genannten bitonalen Stellen
wahr. Dass er keine Dissonanzen kennt, zeigt sich sowohl hierin, als auch in
der Mixturtechnik, die Spannungsakkorde aneinanderreiht, ohne dass sich
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82
83
84
85
Busoni Entwurf, S.49
Busoni Entwurf, S.42
Busoni Entwurf, S.45
Busoni Entwurf, S. 47
Busoni Entwurf, S. 47
Vgl. Busoni Entwurf, S. 49 f
Vgl. Busoni Entwurf, S.50 f.
deren Dissonanzen je auflösen. Die später von Busoni so benannte »Polyphone
Harmonik« räumt der Melodieführung Vorrang gegenüber der Harmonik ein.
So scheint es auch hier: Zwar ist die Berceuse élégiaque noch von einer entfernten
F-Tonalität eingerahmt, doch wird dieser Rahmen nicht mit Kadenzharmonik
gefüllt. Melodien scheinen sich frei zu entfalten ohne einem harmonischen
»Bauplan« zu folgen. Dadurch ist es Aufgabe der Akkorde und damit der Harmonik im weitesten Sinne als Klangfarben die Melodien zu grundieren. So
wird zum Beispiel die Melodie der Abschnitte A, A’, A’’ neben der instrumentalen Klangfarbe akkordisch auf unterschiedlichste Arten beleuchtet: zuerst mit
dem tonalen Zentrum F-Dur, dann anfangs von A’ mit Dominantseptakkorden
und in A’’ abwechselnd mit Quartenakkorden und verminderten Dreiklängen.
Beispielgruppe 1
a) Takt 1ff: Harfe Vl, Va, Vc, Kb
(4) Stellenwert: Schließlich ist kurz daran zu erinnern, dass Busoni selbst der
Berceuse élégiaque, wie den meisten seiner Sechs Elegien, einen hohen Stellenwert
einräumt. In seiner Selbstrezension schreibt er: »Bei diesem Stücke […] gelang
es mir zum ersten Male, einen eigenen Klang zu treffen«86.
Schlussbemerkungen
In der Berceuse élégiaque gelingt es Busoni, einzelne seiner musikästhetischen
Postulate auf der Ebene der Form, der Harmonik und der Instrumentation zu
realisieren. Seine zufriedene Feststellung, einen ersten »eigenen Klang« getroffen zu haben, kann als Bestätigung gesehen werden, dass die Berceuse élégiaque einen wichtigen Schritt innerhalb seines kompositorischen Schaffens
darstellt und damit auch innerhalb der Auseinandersetzung Busonis mit einem Ideal der Tonsprache. Denn eine Auseinandersetzung mit dem Thema des
Ideals war beständig präsent in Busonis Leben. Das zeigt sich in der Wahl von
Sujets wie des Aladdin-Stoffes oder später des Faust-Stoffes oder in seinen über
Musik reflektierenden Schriften. Der Aladdin-Stoff fand inhaltlich zumindest
indirekt Niederschlag in der Berceuse élégiaque; wohl vor allem deshalb, weil er
Identifikationspotential mit einer Figur bietet, die nach dem Ideal sucht. Doch
stimmt Busoni im Gegensatz zum Aladdin-Stoff mit der von Schiller als elegisch charakterisierten Haltung überein, wenn der Komponist festhält: »Ein
Ideal ist etwas, das noch nicht verwirklicht ist«.87 Aus dieser Sicht ist die Berceuse élégiaque eines der Stücke, die Busoni offensichtlich »für besonders gelungene Annäherungen an sein kompositorisches Ideal« hält88. Und Beaumont
charakterisiert das Stück folgendermaßen: »The Berceuse élégiaque […] is the
compulsive grasping and setting down of a vision«89.
Man kann also für die Berceuse élégiaque die Bedeutung des Begriffs Elegie um die
Komponente »Trauer um ein noch nicht erreichtes Ideal« erweitern. Ob dieses
Verständnis des Elegischen für Busoni wirklich der Anlass war, seinen Orchesterstücken den zusammenfassenden Titel Elegien zu geben, kann letztendlich
nur vermutet werden. Immerhin scheint es zumindest für einen musikästhetisch reflektierten Menschen wie Busoni eher unwahrscheinlich, dass ein
solcher Titel unbedacht gewählt ist.
b) T. 54ff: Va, Vc, Kb
Klara Baumann
begann zum Sommersemester 2006 mit Schulmusik ihr Studium an der Musikhochschule Freiburg. Nach dem Examen im Oktober 2010 bleibt sie mit den
später hinzugenommenen Studiengängen Diplom-Musiklehrer für Querflöte und
Bachelor Musiktheorie weiterhin Studentin der Musikhochschule.
d) Takt 81ff: Celesta und Harfe
86
87
88
89
Busoni Selbstrezension, S. 65
Zitiert nach Willimann 2004, S. 109
Willimann 2004, S.109
Beaumont, 1985 S.145
c) Takt 40ff : Vl, Va, Vc, Kb
102 | 103
Beispielgruppe 2
Takt 1 ff: Kl (in A), BKl (in A), Hr (in F)
Beispielgruppe 3
a) Takt 1ff
b) Takt 117 bis Schluss: Fl, Hr,
Gong, Cel, Hrf, Vl, Va, Vc, Kb
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Beispielgruppe 4
Jürgen Stolle
Arnold Schönberg und der Harmonie fremde Töne
a) Takt 58ff: hier Vl
(auch in Fl, Kl)
b) Takt 20ff: Va, Vc
Dass es in einer von »Harmonie« bestimmten Musik keine der Harmonie
fremden Töne geben könne, ist eine der bekanntesten und markantesten Aussagen Arnold Schönbergs – und es ist zugleich eine seiner missverständlichsten.
In Schönbergs Begriff des »harmoniefremden Tons« bündelt sich alles, was
man von einem »konservativen« Revolutionär erwartet: Das grenzenlose Bekenntnis zur Dissonanz, der Bruch mit den fest gefügten und im Traditionalismus erstarrten Ansichten der von ihm scharf kritisierten, zeitgenössischen
Musiktheorie. Andererseits steckt in ihm aber auch eine große Traditionsverbundenheit, jener für Schönberg und seine Schule so bezeichnende Respekt
vor den »Meistern« der Vergangenheit, deren Denken sowohl fortzusetzen als
auch wiederzugeben, mit großer Autorität beansprucht wird.117
Fast immer wird der Begriff des »harmoniefremden Tons« in der SchönbergForschung mit dem des »akkordfremden Tons« und somit auch mit dem des
harmonischen »Ornaments« gleichgesetzt. Aus dieser Gleichsetzung, der
Schönberg selbst durch seine wenig deutliche begriffliche Trennung Vorschub
geleistet hat, kann einige Verwirrungen entstehen, die den Blick auf zentrale
Konzepte der Schönbergschen Musiktheorie zu verstellen vermag.
Man kann Schönbergs Konzept der »Harmoniefremdheit« nicht angemessen
verstehen, ohne die technischen und ästhetischen Hintergründe seines Ornament-Begriffs zu berücksichtigen.
Ursprünglich stammt der Terminus »Ornament« aus der Architektur, der bildenden Kunst bzw. dem Kunsthandwerk, wie etwa dem Textilhandwerk. In
Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon etwa, einem der umfangreichsten
enzyklopädischen Werke des 18. Jahrhunderts, wird der Begriff »Ornament«
unter dem Stichwort »Zierrath« folgendermaßen definiert:
c) Takt 40ff: Fl, Ob, Kl (in A),
Hr (in F), Cel, Harf, Vl, Va,
Vc, Kb
»Zierrath, Lat. Ornamenta, Franz. Ornemens, heist in der Baukunst, alles was an einem Bau,
ausser den wesentlichen Stücken, allein ihm ein schönes oder prächtiges Ansehen zu geben, befindlich, als da sind Simse, Einfassungen, Schnitzwercke, Fruchtschnüre, Gemählde, Bilder, u.d.g.
Alle Zierrathen sollen nach dem Zwecke und der Art des Gebäudes gerichtet seyn, damit ihrer
nicht zu viel und nicht zu wenig auch keine fremde und unschickliche angebracht, sondern aus der
Sache selbst hergenommen werden.«118
In der musikalischen Literatur findet der Ornament-Begriff erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts regelmäßig Anwendung. Im 18. Jahrhundert
entspricht ihm am ehesten der Begriff der »Manier«. Dass Schönberg den
106 | 107
117 Schönberg, Harmonielehre (im Folgenden abgekürzt durch »HL«), S. 412: »Daß ein wirklicher Meister nie etwas
so Unkünstlerisches getan hat, selbst nicht geschützt durch die Ausrede der harmonischen Skizze, die später
ausgearbeitet wird, müsste eigentlich jeder erkennen«. Besonders hier zeigt sich Schönbergs starke Neigung
zum antirationalistischen Mystizimus: Kompositionsgeschichte ist letztlich eine Geheimwissenschaft, in der
sich das Wissen gleichsam von Meister zu Meister vermittelt: Nur ein Genie kann das Genie lesen und
verstehen, nur ein Genie kann die geheime Entwicklungsgeschichte der Emanzipation der Dissonanz lesen und
verstehen. Aus diesem Denken resultiert auch Schönbergs Verachtung der »akademischen«, an der Oberfläche
verharrenden Analyse.
118 Zedler, Universal-Lexicon, Band 62, S. 663.
Begriff »Ornament« verwendet ist jedenfalls kein Zufall: Explizit beruft er
sich auf jenen modernen, »handwerklichen« Ornamentbegriff der bildenden
Künste.119
In der Kunst wurde auf je unterschiedliche Weisen »verziert«. Dem Ornamentalen wurde je nach Epoche mehr oder weniger große Bedeutung zugemessen.
Auf eine der Hochzeiten der Ornamentfreundlichkeit, dem 17. und der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, der Epoche des Barocks, folgte die Zeit des sog.
»galanten Stils«, die von einem Streben nach Einfachheit und Klarheit im
Ausdruck (»simplicité«) geprägt war: das Verständnis von Ornamentik wandelte sich in der Folge grundlegend. Eine vergleichbare, wenn auch noch extremere Entwicklung vollzog sich in der Architektur um die Wende vom 19.
zum 20. Jahrhundert: Dem dominierenden Jugendstil, dessen Vertreter das
Ornament in völlig neuartiger, aus der Natur inspirierter Weise wieder aufleben ließen, trat der neue Bauhausstil entgegen bzw. an die Seite, der das Ornament radikal aus der Kunst zu verbannen suchte: Aus diesem Zwiespalt
entspringen auch die scheinbaren Widersprüchlichkeiten in Schönbergs Ornamentauffassung. Auch die Werke aus Schönbergs früher Schaffensperiode
sind von diesem Zwiespalt der Stile gekennzeichnet: Schönberg ist sowohl ein
Gefolgsmann des radikalen Ornamentfeindes Adolf Loos, wie seine eigenen
kunsthandwerklichen Arbeiten, sein bildnerisches Werk und seine ästhetischen Präferenzen durchaus Affinitäten zum Ornamentbegriff des Jugendstils
aufscheinen lassen.
Schönbergs Harmonieverständnis unterscheidet sich grundlegend vom gängigen Harmoniebegriff. Das traditionelle, fachspezifische Verständnis von Harmonie fußt letztlich auf einer fein abgestuften Unterscheidung von Konsonanz und Dissonanz. Bereits bei Zarlino wird der Harmoniebegriff über den
Zusammenklang von Konsonanzen definiert. Dissonanzen erscheinen dabei
lediglich als Zusätze unterschiedlicher Art. Johann Crüger unterscheidet in
einer für das beginnende 17. Jahrhundert typischen Weise zwei Arten von
Dissonanzen: Die durchgehenden (»celeritate«) und die in die Harmonie hineinragenden Dissonanzen (»ritardatio«, d.h. Synkopendissonanzen).120 Im
Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wandelt sich der Dissonanzbegriff: Es
entstehen Unterkategorien. Bestimmte Dissonanzen werden freier behandelt
als andere, so dass es schließlich solche gibt, die vorbereitet werden müssen,
und solche, die vorbereitet werden können, deren Vorbereitung jedoch nicht
mehr zwingend eintreten muss. Einige Musiktheoretiker des frühen 18. Jahrhunderts betrachten ein Intervall, wie den Tritonus nicht mehr als Dissonanz,
sondern als »Semi-Dissonanz«, bzw. »Semi-Konsonanz«.
Die erweiterte Dissonanzbehandlung und die im 19. Jahrhundert immer weiter fortschreitende harmonische Verdichtung, sowie das neoramistische Prinzip der »Terzenschichtung« führte schließlich dazu, dass Theoretiker wie Georg Capellen zu Beginn des 20. Jahrhunderts sogar den »Sept- und Nonklang«
als quasikonsonante »Naturharmonien« ansahen.121
Schönberg, der die Schriften Capellens kannte und schätzte, geht hier noch
einen Schritt weiter: Sein Harmoniebegriff liegt in der Naturtonreihe begründet. Schönberg geht davon aus, dass der Hörer alle Oberschwingungen der
klingenden Töne jederzeit bewusst oder unbewusst wahrnimmt und dass der
119 Immer wieder zieht er diesen Vergleich auch im Zusammenhang mit dem Ornamentieren: Das zweckfreie
Ornament auf der einen Seite, das Aufgrund von »Materialersparnis« und »künstlerischer Ökonomie« (HL, 326)
nur von den »Schönheitssuchenden Ästhetikern« angestrebt wird und ansonsten künstlerisch, handwerklich
»unmoralisch« sei. Andererseits die »Zweckmäßigkeit der Ornamente«, die nicht erkannt, neben der »sinnlosen
Anbringung«, auch zu »unüberlegter Weglassung« führt. (HL, 415 Anm.)
120 Crüger, Synopsis musicae, S. 127: »Dissonantiae, concentum musicum magnopere exornantes, ingrediuntur
Harmoniam duobus modis. Vel enim celeritate obliterantur, vel syncopationibus.«
121 Capellen, Fortschrittliche Harmonie- und Melodielehre, S. 6.
Mensch in seiner psychologischen und physiologischen Entwicklung immer
mehr dahin gelangen wird, alle Töne als zur Harmonie zugehörig zu empfinden, was nach und nach zu einer geschichtlich sich permanent weiterentwickelnden »Emanzipation der Dissonanz« führt.
Im Folgenden soll Schönbergs Auffassung von Ornamentik bzw. »harmoniefremden Tönen«, wie sie sich in der Harmonielehre findet, dargestellt werden.
Harmonielehre als »Darstellungssystem«
Eine Harmonielehre zu schreiben, bedeutete für Schönberg, alles radikal nur
aus der Perspektive eines rein harmonischen Systems zu betrachten. Vom
harmonischen Standpunkt aus gesehen, ist ihm alles Harmonie, so wie ihm
vom kontrapunktischen Standpunkt aus alles Kontrapunkt wäre: Es kommt
nur auf den jeweiligen Blickwinkel an.
Schönbergs Harmoniebegriff umfasst dabei die Gesamtheit dessen, was natürlicherweise zusammen klingt bzw. zusammen klingen kann. In diesem
Verständnis, erzeugt die Natur gleichsam aus sich selbst heraus
»Harmonie«.122 Jeder einzelne Ton ist durch seine Obertöne bereits in sich
selbst ein umfassender Klang. »Harmonielehre« hat dabei die Funktion eines
»Darstellungssystems«, welches diese »natürliche« Harmonie in ein, vom
Menschen erfassbares System bringen soll.
Einer konsequenten Logik folgend sollte demnach alles, was klingt, dem harmonischen Darstellungssystem zugehörig und damit harmonisch erklärbar
sein. Letztlich führt das zu der Schlussfolgerung, dass es keine harmoniefremden Töne geben kann, denn auch »harmoniefremde Töne« müssen
harmonischen Ursprungs und damit mit Hilfe des harmonischen Darstellungssystems erklärbar sein, denn sonst wäre das System an sich unzureichend.
Ein Darstellungssystem, wie Schönberg betont, vermag es nicht »ein Maßstab
zur Ermittlung des Kunstwerts« (HL, 3) zu sein: Ein System an sich, kann
nicht aus »Schönheitsgesetzen« bestehen:
»Die Grundsätze des Systems ergeben einen Überschuß der möglichen Fälle
über die wirklich vorkommenden.« (HL, 6) Der Mensch gewöhnt sich an gewisse Wendungen, andere werden ungebräuchlich, auch wenn die Regeln
eines Systems diese Möglichkeiten nicht ausschließen würden. Das macht die
verschiedenen Wendungen für den Hörer jedoch nicht »schön«, oder »unschön«, sondern eben lediglich »gebräuchlich« oder »ungebräuchlich«. Derartige Schönheitsgesetze haben für Schönberg also allgemein in der Kunst
nichts verloren. Ästhetik, so Schönberg, führe nur zu ein paar »hübschen
Phrasen«, die jedoch über das Werk an sich nichts aussagten und »nichts mit
der Anlage des Ganzen zu tun« (HL, 5) hätten. Vermeintliche, satztechnische
»Fehler« würden nach »ästhetischen« Kriterien vorverurteilt werden, statt
dass man sich über deren Wirkung, die ihr eigentliches Wesen ausmachten,
klar würde, um sie dann gezielt, »am richtigen Platz« (HL, 283) einsetzen zu
können. Wirkliche Schönheitstheorie müsse, wie Schönberg Schopenhauer
zitiert, immer vom »betrachtenden Subjekt« ausgehen, also auf das Gehör
zurückgeführt werden (HL, 13). Der Sinn des Systems sei es aber nur, die Vorgänge zu beschreiben, zu Vergleichen, einen Überblick zu verschaffen,
»scheinbar fernliegende Ideen zu verbinden, durch Einheitlichkeit der Darstellung die Faßlichkeit zu fördern.« (HL, 6)
Zum Begriff der »Fasslichkeit« in der Musik hat sich Schönberg immer wieder
geäußert123: Musik, die »in erster Linie zum Hören bestimmt ist«, also Zeit als
108 | 109
122 Dass in diesem Begriff von Harmonie das mittelalterliche Verständnis der »musica mundana« weiterlebt, ist
immer wieder festgehalten worden. Allerdings wird das pythagoreische Erbe hier in einem neuzeitlichen,
»lebensphilosophischen« Sinne aktualisiert und dabei mystisch überhöht.
123 Schönberg, Der Musikalische Gedanke und die Logik, Technik, und Kunst seiner Darstellung, S. 118ff.
entscheidendes Kriterium mit einbezieht, und somit ein »längeres Verweilen
bei einem unverstandenen Gedanken«124 nicht ermöglicht, muss sich für
Schönberg nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten richten, damit der Hörer
folgen kann. Diese Gesetzmäßigkeiten führen durch verschiedene Mittel, wie
z.B. die Wiederholung, zu einer Strukturierung und Gewichtung der musikalischen Gedanken. Die Darstellbarkeit mit Hilfe eines Systems soll dem Zweck
der »Fasslichkeit« dienen. Wobei »Fasslichkeit« bedeute, dass der Hörer innerhalb eines Stückes »immer Antwort wüsste auf die Frage: ›Wie kommt das
hieher?‹«125. Fasslichkeit unterliegt dabei je nach Zielgruppe jeweils anderen
Voraussetzungen.
Ist eine Harmonielehre im Schönbergschen Sinne also eine Darstellungsform,
welche die »Erscheinungen« beschreibt und fassbar macht, diese jedoch nicht
von sich aus erklären kann, impliziert das für Schönberg, dass tonales Komponieren etwas Determiniertes ist, etwas, das Regeln und Gesetze benötigt. Das
Darstellungssystem ist somit für Schönberg so etwas wie ein »Korsett« aus
Regeln und Gesetzen, denen man sich, will man tonal schreiben, unterwerfen
muss.
können. Dass es ihm dabei auch um die Rechtfertigung der eigenen avancierten, musikalischen Sprache ging, liegt auf der Hand. Durch die Vereinheitlichung und Ausweitung eines Systems bis zu dem Punkt, dass es schließlich
»alle Ereignisse einschließt [...], [nämlich] genau so viele Ereignisse, als es
wirklich gibt« (HL, 5), bringt es in letzter Instanz nichts anderes als die »Naturgesetzlichkeit« selbst zur Darstellung. Schönberg ist überzeugt, dass seine
Musiktheorie die Möglichkeit eröffnet, gleichsam überhistorisch alle musikalischen Stile ausgehend von einer einheitlichen Grundlage zu analysieren.
Man wird Schönberg in dieser Überzeugung heute nicht mehr folgen wollen,
seine Harmonielehre bleibt aber eine der zentrale Quellen für das kompositionstechnische Denken, das hinter seinen tonalen Werken und denen seiner
Schüler steht.
Die Emanzipation der Dissonanz
Schönbergs Erklärung des Harmonieempfindens stützt sich auf die Obertonreihe. »Das Material der Musik ist der Ton.«(HL, 14) In ihm wurzelt demnach
alles, was später auf die Harmonie übergeht. Seiner Theorie zufolge, die vom
Denken seiner Zeit geprägt von einer permanenten »dynamischen« Weiterentwicklung des Menschen ausgeht, ist »die Verwendung der Dissonanzen
erst nach und nach geschehen«. Die Behandlung der Dissonanzen, die für ihn
die entfernteren Obertöne sind, wurde somit erst »gelegentlich und mit großer Vorsicht unternommen« (HL, 51).
Diese Entwicklung folgt nach Schönberg aus dem »Dilemma«, das durch
»zwei Triebe, die im Menschen streiten«, verursacht wird: »Das Verlangen
nach Wiederholung der angenehmen Reize« einerseits und »das Bedürfnis
nach Abwechslung, nach Veränderung, nach neuen Reizen« (HL, 53) andererseits. Die dialektische Spannung, die durch die gegensätzlichen Triebe entsteht, führe zu dem »relativ ordinären Raubtiertrieb [...] Besitz zu ergreifen«:
Das Besitzergreifen des neuen, interessanten Reizes durch ein System, durch
»Methoden, die ihn [den Reiz] hervorrufen« führte nach und nach dazu, dass
die entfernter liegenden Obertöne benutzbar wurden und man somit dem
»Bedürfnis nach einer weniger zufälligen, willkürlich hervorgebrachten Wiederholung« entgegenkam: Das System sollte zum einen ermöglichen, den
Reiz einer bestimmten Dissonanz zu wiederholen, zum anderen sollte es aber
auch vor »Übermaß« schützen.
Aus diesen Trieben128 resultiert nach Schönbergs Auffassung die Dissonanzbehandlung, also die Verwendung der »harmoniefremden Töne«: Das »Besitzergreifen« durch ein System soll dazu geführt haben, dass die Entscheidung
darüber, ob »Wiederholung oder Erneuerung der Reize vorzuziehen sei«,
gleichsam dem System selbst überlassen wurde. So verstand man Dissonanzen als Durchgangs-, oder Wechselnoten, Vorhalte, oder Antizipationen der
Wohlklänge. Da nun aber im Material, also im Ton, jederzeit alle Obertöne
stärker oder schwächer mitschwingen und da das »musikalische Ohr den
Versuch einer genauen Analyse hier zwar aufgibt«, sie aber dennoch vom
»Unterbewußtsein aufgenommen« (HL, 16) wird, entwickelte sich, wie Schönberg behauptet, die Dissonanzwahrnehmung stetig weiter, bis sie sich
schließlich in seiner Musik und in der, seiner modernen Zeitgenossen vollkommen emanzipierte: Dissonanz ist nach Schönberg kein Gegensatz zur
Konsonanz, sondern lediglich ein gradueller Unterschied.
Das Akkordverständnis Schönbergs
Im Gegensatz zur Harmonie verstanden Schönberg und seine Zeitgenossen
unter Akkord im Allgemeinen einen Zusammenklang, der als solcher als Einheit – beispielsweise über das Terzschichtungsmodell – erkannt und durch
einen Grundton repräsentiert wird. Dieser Grundton, dieses »Fundament« ist
es demnach, welches das »Triebleben der Klänge« bestimmt, da aus ihm die
Obertöne hervorgehen, die nach Schönbergs Ansicht zur Bildung des Akkordes führen.
Die Fundamentschritte, die bei einer harmonischen Progression entstehen,
unterteilt Schönberg in »starke« und »fallende« Fundamentschritte, wobei er
sich des Sechterschen »harmonischen Bindemittels« bedient: Gemeinsame
Töne verbinden Klänge miteinander.126 Das »harmonische Band« wird für
Schönberg zu einem Grundprinzip harmonischer Fortschreitung, das über
eine bloße Stimmführungsanweisung weit hinausgeht.
In Verbindung mit der »Emanzipation der Dissonanz« und dem Sechterschen
Analogiedenken, demzufolge das Urbild einer einfachen V-I-Kadenz auf alle
Stufen übertragen werden kann (die sog. »Nebendominanten«), war es nun
zwar prinzipiell möglich, in einer einzigen Tonart fast alle Klangverbindungen auszudrücken, in letzter Instanz führte jedoch dieser erweiterte Tonalitätsbegriff zu einer völligen Entfunktionalisierung der Stufen.127 Das Spezifische des Schönbergschen Systems ist es, dass man auf der einen Seite ein
ganzes Stück als Ausdruck einer einzigen Tonart erklären und die übergeordnete tonale Einheit darstellen kann, dass man zugleich aber auch eine bestimmte Stelle wie durch ein Vergrößerungsglas betrachten und ihre »lokale«
Tonart isolieren kann.
Das ausgeführte System der Harmonielehre einschließlich der Ausführungen
über »vagierende Akkorde«, »harmoniefremde Töne« und »Quartenakkorde«,
zeigt, dass es Schönberg vor allem darum ging, alle denkbaren harmonischen
Erscheinungsformen in ein harmonisches System zu integrieren, um so letztlich auch alle vermeintlich »harmoniefremden Töne« harmonisch erklären zu
124 Ebd.
125 Ebd.
126 Holtmeier, Vom Triebleben der Stufen, S. 94.
127 Ebd., S. 98: »Indem die harmonische Funktionalität der Kadenz so vollständig von den einzelnen Klängen
abgezogen und auf die ›nackten‹ Fundamentschritte übertragen wird, ist der Prozess der ›Entfunktionalisierung der Klänge‹ endgültig vollzogen. Das ›Triebleben der Klänge‹ ist eigentlich nur ein Triebleben der
Fundamente.«
110 | 111
128 Schönberg schreibt hierzu: »Die Vorsicht des Hörers, der den Reiz genießen, aber vor der Gefahr doch nicht zu
sehr erschrecken will, stimmt überein mit der Vorsicht des Sängers. Und der Autor, der es sich mit beiden nicht
verderben darf, ersinnt Methoden, die dem Zweck fröhnen: wie spanne, erschrecke ich den Hörer und gehe
doch nicht so weit, dass ich nicht noch immer die Möglichkeit habe zu sagen: ›Es war ja nur Spiel‹.« (HL, 53f)
Harmonie erklingt, denn vom Formgefühl aus betrachtet, ist die Harmonie an
ihrem Ort kein zufälliges Ereignis, sondern ein wichtiges Teilmoment, das
den harmonischen Gesamtverlauf beeinflusst. Es ist von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachtet jedoch ebenfalls kein Zufall, dass die Melodie in
Zusammenwirkung mit der Harmonie, bestimmte Klänge hervorbringt.
Schönberg geht also davon aus, dass Melodie und Harmonie bestimmten,
durch das »Formgefühl« entstandenen Gesetzmäßigkeiten folgen, und dadurch wiederum gesetzmäßig zusammentreffen. Das scheinbar zufällige
Ereignis wird also je nach Perspektive eben doch gesetzmäßig verursacht.
Insofern sind all jene Ornamente die dem »Formgefühl« folgen, die aus dem
Zusammenwirken von Melodie und Harmonie entstehen, die zum Gesamtgefüge beitragen, Ornamente mit tieferem Sinn und keine bloßen »Zufälle«,
zählen also nach Schönberg zu jener Gruppe von Ornamenten, die, wenn man
deren Zweckmäßigkeit erkennt (s. Anm. 3), nicht einfach weggelassen werden können, ohne dass das Ergebnis »so holprig [würde], daß es von einem
Ornamentenfreund sein könnte« (HL, 413).
Für Ornamente bedeutet das, dass auch diese, sinnvoll gesetzt oder nicht, das
Stück harmonisch beeinflussen, da eventuell entstehende Dissonanzen heutzutage ebenfalls als gleichsam natürliche Teile der Harmonie erfasst werden
können. Wenn man diese grundlegenden Überzeugungen berücksichtigt,
dann wird Schönbergs Ablehnung des traditionellen »Skeletts«, also des kompositorischen Ausarbeitens eines Gerüstsatzes verständlicher.
Formgefühl und Zufälligkeiten
In der Forschung wird immer wieder auf die Ähnlichkeiten zwischen JeanPhilippe Rameau und Arnold Schönberg hingewiesen. Denn im Kern ist
Schönberg sehr ramistisch und viele Ansichten, die er in der Harmonielehre vertritt, finden sich genau so oder zumindest sehr ähnlich auch bei Rameau. So
zum Beispiel die Auffassung über das Verhältnis von Melodie und Harmonie.
Denn auch bei Rameau handelt es sich keineswegs um ein primitives oder
einseitiges Verhältnis: Auch bei ihm sind Harmonie und Melodie auf eine
ganz elementare Weise miteinander verbunden. Harmonie ist bei Rameau ein
Überbegriff der letztlich auf die Melodie zielt. Er geht davon aus, dass im
Schaffensprozess dem Komponisten zuerst die Melodie einfällt, von welcher
der Kompositionsprozess auszugehen hat.
Was bei Rameau das Harmonisieren einer gegebenen Melodie ist, findet sich
bei Schönberg, wie so oft, in radikalisierter Form: Nicht eine Melodie wird
harmonisiert, »sondern man erfindet [sie] mit der Harmonie«: »Es liegt eine
harmonisch gegliederte Melodie vor, deren Harmonie und Gliederung ihrem
Autor bewusst ist, und an der er nur Änderungen vornimmt« (HL, 345). Die
Melodie entsteht somit zusammen mit der Harmonie aus dem »Formgefühl«
heraus, das es zu entwickeln gilt.
Melodie ist für Schönberg eine in sich logische Einheit, die aus der Harmonie
entspringt, und da alles Harmonie ist, entsteht eine Wechselwirkung zwischen beiden: Die Melodie beeinflusst die Harmonie und umgekehrt. Ein
Ornament, das nur einen Ton verziert und sonst keinen tieferen, harmonischen Sinn hat, gefährdet das vom Formgefühl bestimmte Gesamtgefüge.
Da aber »jede Melodie […], soweit sie nicht bloß die Töne des unter ihr liegenden Akkords nimmt [...], und wenn sie nur einigermaßen schneller geht als
die unter ihr liegende Harmonie, fortwährend solche [dissonanten] Klänge
hervorbringen« muss (HL, 375), stellt sich die Frage, ob es nicht auch Ornamente mit tieferem Sinn gibt, also solche, die nicht bloß durch »Zufall« entstanden sind.
Was Schönberg unter »Zufall« versteht129, verdeutlicht er im Kapitel »Harmoniefremde Töne«. Dort zieht er den Vergleich mit einem Unfall heran, bei dem
ein Passant von einem Ziegelstein getroffen wird (HL, 375): Es ginge darum,
hinter dem Zufall »die Gesetzmäßigkeit zu erkennen« und zu begreifen, dass
es allein »auf den Gesichtspunkt [ankommt], den man wählt, wenn man etwas als Zufall bezeichnet«.
Das durch dieses Beispiel veranschaulichte Verständnis von Zufall kann folgendermaßen auf die Musik und auf das »Eintreffen« von harmoniefremden
Tönen übertragen werden: Es ist kein Zufall, dass die Melodie an der »Unfallstelle«, also an der den harmoniefremden Ton verursachenden Harmonie »vorbeigeht«, denn sie hat ihren Verlauf und muss, da sie diesen »Weg« eingeschlagen hat zwangsläufig irgendwann dort auf diese Weise ankommen.
Schönberg geht also von einem durch das Formgefühl vorherbestimmten
»Weg« der Melodie aus, der einmal eingeschlagen, fortan unausweichlich ist.
Des weiteren ist es kein Zufall, dass an dieser Stelle eben diese bestimmte
129 Er deutet dies bereits beiläufig im Vorwort der Harmonielehre an: »Ist das Zufall? Es sieht so aus, aber ich
glaube nicht daran. Denn es steckt ein Gedanke dahinter.«
Adolf Loos’ Einfluss auf Schönberg
Der Sinn der Musik, der durch das Formgefühl erfasst wird, wird für Schönberg dadurch bestimmt, dass man »nur jene Mittel [aufwendet], die zur Hervorbringung einer bestimmten Wirkung unerläßlich notwendig sind« (HL,
326). In dieser Beschränkung auf das Notwendige erkennt man deutlich den
Einfluss von Adolf Loos, der dem zweckfreien Ornament, der schmückenden
Verzierung, eine Ästhetik der funktionalen Zweckmäßigkeit, der glatten Flächen und direkten Wege gegenüber stellt. Innerhalb dieser ästhetischen Vorstellungswelt gilt der Leitsatz »form follows function«, der besonders in der
Architektur und im Kunsthandwerk der »neuen Sachlichkeit« eine große
Rolle spielte: Funktion sollte sich direkt in der Form ausprägen und umgekehrt sollten aus der gestalteten Form direkte Rückschlüsse auf die Funktion
zu ziehen sein.
Bei Loos ist der Begriff der ästhetischen Moderne radikal an den des Ornaments geknüpft. In seinen Schriften spricht er sich gegen die Ornamentik
aus, die »verschwendete Kunst am Gebrauchsgegenstand«130 sei. In seinem,
überbietungsdynamischen Geschichtsbild stellt sie das Festhalten an einer
Entwicklungsphase dar, die eigentlich schon gesellschaftlich und künstlerisch überwunden sei. Dabei propagiert er jedoch nicht die generelle Abschaffung des Ornaments, sondern lediglich die des nicht zeitgemäßen und damit
funktionslosen Ornaments.131 Ornamentlosigkeit führe nicht zu einer »sinnlichen« Verarmung, sondern schlage im Gegenteil in eine neue, moderne und
zeitgemäße Form von »Reiz« um: »Die Mühle, die nicht klappert, weckt den
Müller«132.
In der Tat beeinflusste die freundschaftliche Beziehung zu Adolf Loos in großem Maße Schönbergs Ansichten. Dieselbe Art, in der Schönberg die Unterschiede zwischen dem Theoretiker und dem Komponisten, dem Handwerker
aufzeigt, in derselben Art, in der er überhaupt über den Theoretiker spricht,
klagt Adolf Loos gegen den »Architekten«, den Konstrukteur der keine Kunst
schafft, sondern nur »ein Maurer [ist], der Latein gelernt hat«133. Er vertritt
112 | 113
130 Adolf Loos, Ornament und Erziehung, 1924, Zitiert aus »Ornament und Verbrechen – Ausgewählte Schriften«,
S. 214.
131 Ebd., S. 215f: »Ich habe aber damit niemals gemeint, was die Puristen ad absurdum getrieben haben, dass das
Ornament systematisch und konsequent abzuschaffen sei. Nur da, wo es einmal zeitnotwendig verschwunden
ist, kann man es nicht wieder anbringen.«
132 Ebd., S. 214.
133 Adolf Loos, Ornament und Erziehung (Anm. 130), S. 216.
auch dieselbe Ansicht, was das Verhältnis von Ästhetik und Handwerkslehre
betrifft: Einer der berühmtesten Sätze aus Schönbergs Harmonielehre lautet:
»Ich habe den Kompositionsschülern eine schlechte Ästhetik genommen,
ihnen dafür aber eine gute Handwerkslehre gegeben« (HL, 6).134 Und genau
wie Schönberg, spricht Loos gegen die Ornamentik: »Ornamente haben nur
jene Gegenstände, die von einem Teil der Menschheit – ich nenne ihn den
kulturlosen Teil – abhängig sind: den Architekten«135.
Loos’ radikale Ansichten zur Ornamentik, drückt er in Ornament und Verbrechen
u.a. wie folgt aus: »Die Tätowierten, die nicht in Haft sind, sind latente Verbrecher oder degenerierte Aristokraten«136. In der Harmonielehre bezieht sich
Schönberg auf diesen Vergleich von Ornamentik und »tätowieren« (HL, 410).
Arnold Schönberg, Der Wanderer,
op. 6, Nr. 8, aus: Structural Functions of Harmony, revised Edition,
London 1969, S. 110:
Schönbergs Ornamentik
Anhand des Beispiels des Chorals »Was mein Gott will, das g’scheh’ allzeit«
aus der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach versucht Schönberg zu
belegen, dass selbst Bach schon in Bezug zur Ornamentik auf genau dieselbe
Art wie er gedacht und gefühlt habe. Er habe nur das Notwendigste notiert,
somit also keine Ornamente im eigentlichen Sinne verwendet. Er zeigt, dass
es sich bei diesem Choral viel mehr um vier Melodien handele, »die oft ebenso
schön sind, wie die Choralmelodie selbst« (HL, 413). Somit seien diese Ornamente melodiebedingt und aus dem Formgefühl entstanden. Bach konnte
außerdem diese »Ausschmückungen«, wie Schönberg es von seinen Schülern
verlangte, als »harmonisches Ereignis ansehen« (HL, 358).
Im Folgenden möchte ich nun versuchen anhand einiger Takte eines Werkes
von Schönberg selbst, seine Haltung zur Ornamentik in seinen eigenen Stücken zu betrachten. Es handelt sich um das Lied Der Wanderer aus den Acht Liedern
für eine Singstimme und Klavier, op. 6. In seiner Harmonielehre beschränkt sich Schönberg fast ausschließlich auf Übungsbeispiele und es wird nicht ein einziges
Werk von ihm selbst analysiert. Das Beispiel ist daher seinem in Amerika entstandenen Buch Structural functions of Harmony entnommen.137
Die Durchgangsnote in Takt 2 dieses Beispiels weist Schönberg zwar selbst als
Durchgangsnote aus, andererseits deutet die darunter stehende Stufenbezeichnung darauf hin, dass es sich um einen Septnonenakkord handelt, dass
also jene »Durchgangsnoten« auch harmonisch einzuordnen sind. In ähnlicher Weise können (u.a. durch die Möglichkeit der Alteration und durch das
Analogiedenken) im erweiterten System viele scheinbar harmoniefremde
Töne eben doch harmonisch erklärt werden.
Die Durchgangsnoten ab Takt 4 sind tatsächlich melodisch zu begründen.
Hier wird das zu Beginn aufgestellte Motiv durchgeführt. Dasselbe gilt für
Takt 7 und 8, wo die Melodie der ersten zwei Takte durch Umschichtung
leicht abgewandelt über den veränderten Harmoniestufen gebracht wird. Es
handelt sich, wenn man so will, um Variationen des Motivs aufgrund von
veränderten harmonischen Verhältnissen. Die »hamoniefremden Töne« entstehen hier also durch das vom Formgefühl bestimmte Zusammentreffen von
Melodie und Harmonien. Über diese »Rechtfertigung durch das Melodische«140
schreibt er selbst: »Alle diese sogenannten harmoniefremden Töne: Vorhalte,
Durchgangsnoten, Wechselnoten, Vorausnahmen sollen in unsern Übungen
also so dargestellt werden, daß sie durch melodische Vorkommnisse entstehen.« (HL, 400). Dasselbe hat Schönberg bereits in dem genannten Bach-Choral gezeigt.
Der Sinn dieser kurzen Betrachtung des Stückes war es, zu zeigen, wie sich
jenes, durch das »Formgefühl« bestimmte dialektische Verhältnis von Melodie
und Harmonie im Sinne Schönbergs ergibt. Man kann innerhalb des Stückes
klar erkennen, dass kein melodischer Ton zufällig entsteht, und dass kein
harmonisches Ereignis ohne Einfluss auf das gesamte Stück ist. Somit kann
also auch das Zusammentreffen von Melodie und Harmonie nicht zufällig
entstehen und das heißt wiederum, dass es keine harmoniefremden Töne
geben kann.
Auffällig an dieser Analyse sind die durch die Fußnoten bezeichneten »Durchgangsnoten und freien Vorhalte«. Schönberg schreibt hierzu: »The apparently
free passing notes and suspensions (marked +) are merely melodic but not
harmonic.«138 In der Tat findet man diese, ihm selbst widersprechende Art der
Erklärung immer wieder in diesem Buch. So auch auf S. 77 zu einem anderen
Notenbeispiel: «a harmony appears which seems difficult to explain. But if
one considers the e as a mere passing note […]«.139 Die Erklärung für die »harmoniefremden Töne« als Durchgangs und Vorhaltsnoten wird hier als Notbehelf angesehen, da diese Noten sonst kaum in das System einzuordnen wären. Es handelt sich also, wie er es selbst ausdrückt, um »Unzulänglichkeiten
dieses Systems« (HL, 396), das hieße aber nicht, dass sie nicht harmonisch
gehört würden.
134 Holtmeier, Vom Triebleben der Stufen: »Eine verbindliche »Handwerkslehre« hat Schönberg uns nicht
hinterlassen, wohl aber einen Wegweiser zum Verständnis seiner tonalen und frühatonalen Werke, in denen die
späteren Entwicklungen bereits vorgeprägt sind.«
135 Adolf Loos, Ornament und Erziehung (Anm. 130), S. 214.
136 Adolf Loos, Ornament und Verbrechen, 1924, Zitiert aus »Ornament und Verbrechen – Ausgewählte Schriften«,
S. 193.
137 Vgl. Dazu Holtmeier.
138 Schönberg, Structural functions of harmony, S. 110.
139 Ebd., S. 77.
114 | 115
140Rexroth, Arnold Schönberg als Theoretiker der tonalen Harmonik, S. 377.
Schlussbemerkung
Fredrik Wallberg
Trio für Klarinette, Cello und Vibraphon
Schönberg geht davon aus, dass alles in der Musik zur Harmonie gehört,
wenn man sie vom harmonischen Standpunkt aus betrachtet. Er geht ferner
davon aus, dass jeder Melodie ihr eigener harmonische Verlauf zugrunde
liegt. Insofern vertritt er die These, dass alle Erscheinungen (d. i. alle Töne),
seien sie nun harmonisch oder »harmoniefremd«, Einfluss auf das harmonisch-melodische Formgeschehen haben und somit nicht »zufällig« sind.
Wie Schönberg am Bach-Choral gezeigt hat und wie ich selbst anhand eines
Stückes von Schönberg versucht habe zu zeigen, betrachtete Schönberg harmoniefremde Töne von einem höheren Standpunkt aus: Ornamente, die zwar
vom Gehör harmonisch aufgefasst werden, aber nicht vom harmonischen
System erklärt werden können, müssen nach Schönberg einen Zweck erfüllen.
Dass sich in diesem Denken ein organizistischer Kunstbegriff manifestiert,
ist oft festgehalten worden, und es ist bekannt, welche Rolle Goethes Pflanzen- und Farbenlehre für Schönberg gespielt hat. In Goethes Nachlass findet
sich folgende Passage:
Trio für Klarinette, Cello und Vibraphon wurde im Frühjahr 2010 geschrieben.
Der kompositorische Fokus liegt auf der Intonation innerhalb des Ensembles.
Das Cello hat eine unregelmässige Skordatur, bei der natürliche Flageolets
bestimmte Partialtöne unterschiedlicher temperierter Grundtöne erzeugen.
Für sich genommen klingen diese auf unterschiedlichen Saiten gespielten
Flageolets ungewohnt und in ihrem gegenseitigen Bezug unklar.
Die Hinzufügung der temperierten Bezugstöne durch die anderen Instrumente
lassen diese Klänge in einem anderen Licht erscheinen und integrieren sie
klanglich. Auf diese Weise entsteht ein spannungsvolles Wechselverhältnis
zwischen temperierter und reiner Stimmung, das andere musikalische Eigenschaften in den Hintergrund treten lässt. Trio ist meinem guten Freund und
Kollegen Jonatan Liljedahl gewidmet.
»Daher denn jene mannichfaltigen phantastischen Mahlereyen entstanden, wo ein jeder Künstler, was es auch war das er vermochte, willkommen und anwendbar erschien. Daher denn jenes
Rohrwerk von schmächtigen Säulchen, lattenartigen Pföstchen, jene geschnörkelten Giebel und
was sich sonst von abenteuerlichem Blumenwesen, Schlingranken, wiederkehrenden seltsamen
Auswüchsen daraus entwickeln, was für Ungeheuer zuletzt daraus hervortreten mochten.
Dessen ungeachtet aber fehlt es solchen Zimmern nicht an Einheit, wie es die colorirten Blätter
unserer Sammlung unwidersprechlich vor Augen stellen.«141
Fredrik Wallberg
wurde 1983 im Ramlösa, Schweden, geboren. Nach akademischen Studien in
Chinesisch und Kompositionsstudien am Royal College of Music in Stockholm, siedelte er 2008 nach Freiburg um und studierte seitdem bei Mathias
Spahlinger, Orm Finnendahl und Brice Pauset.
Diese Einheit ist für Schönberg in der Musik durch das Motiv, die Melodie,
den Klang und die Form gegeben und wird von einem übergeordneten Gedanken getragen.
Literatur:
Capellen, Georg, Fortschrittliche Harmonie- und Melodielehre, Leipzig 1908 | Crüger, Johann, Synopsis musica,
Berölin 1630 | Goethe, Johann Wolfgang, Nachgelassene Werke, Bd. 4 (= Goethes Werke. Vollständige Ausgabe
letzter Hand, Bd. 44), Stuttgart/Tübingen 1833 | Holtmeier, Ludwig, Vom Triebleben der Stufen. Gedanken zum
Tonalitätsbegriff Arnold Schönbergs, in: Musik und ihre Theorien. Clemens Kühn zum 65. Geburtstag, hg. von Felix
Diergarten, Ludwig Holtmeier u.a., Dresden 2010, S. 84–108 | Loos, Adolf, Ornament und Verbrechen. Ausgewählte
Schriften, hg. v. Adolf Opel, Wien 2000 | Rexroth, Dieter, Arnold Schönberg als Theoretiker der tonalen Harmonik,
Bonn 1971 | Schönberg, Arnold, Harmonielehre, Wien/Leipzig 1911 (3. Auflage 1922) Aus Gründen der leichteren
Verfügbarkeit folgen die Seitenangeben der 1966 in Berlin von Josef Rufer herausgegebenen 7. Auflage. | Ders.,
Structural functions of harmony, revised Edition, London 1969 | Ders., The Musical Idea and the Logic, Technique,
and Art of Its Presentation, hg. v. Patricia Carpenter u. Severine Neff, New York 1995 | Zedler, Johann Heinrich
(Hg.), Grosses vollständiges Universal-Lexicon, Halle/Leipzig 1732
Jürgen Stolle
wurde 1985 in Villingen-Schwenningen geboren und wuchs in Furtwangen, im
Schwarzwald, auf. Nach seinem Abitur 2005 studierte er Klavier bei Felix Gottlieb an der Musikhochschule Freiburg. Seit 2008 studiert er Musiktheorie bei
Ludwig Holtmeier. Er setzte sich seit dem vergangenen Jahr intensiv mit Schriften Arnold Schönbergs, insbesondere mit seiner Harmonielehre auseinander.
141 Goethe, Nachgelassene Werke, Bd. 4, S. 143
116 | 117
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0127 | 0127
sowie das Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion. Ausgangspunkt bildet die
These von Dieter Mersch, Kunst sei der Motor der Medienreflexion91. Der Fokus
liegt dabei nicht auf einer Gesamtbetrachtung des Verhältnisses von zeitgenössischer Kunst und Medien, sondern speziell auf den akustischen Medien,
der modernen akustischen Umwelt und dem damit verbundenen
»Medienhören«92
Hannah Schwegler
Schimpfarena
»(Klang-)Kunst als Motor der Medienreflexion«?
Ästhetische Errungenschaften der Klangkunst
Am Ende des 20. Jahrhunderts kann die Klangkunst als neue Kunstform und
als ein Ergebnis der Auseinandersetzungen von Musik und Technik betrachtet
werden. Allgemeiner formuliert: »Medienumbrüche gestalten den Entwicklungsprozess der Künste im 20. Jahrhundert aktiv mit.«93
War bis zur Erfindung des Phonographen die Notenschrift das unbestrittene
Medium der Musik, wird diese im Laufe des Jahrhunderts sukzessive durch
das Medium Tonträger und seine Begleitmedien abgelöst.94 Seine Verbreitung
bricht das »Bedingungsgefüge zwischen Aufführung, schriftlicher Fixierung
und musikalischer Differenzierung« auf.95 Saxer bezeichnet die Möglichkeit
der Tonträger, Musik von der Live-Aufführung abzukoppeln und damit apparatevermittelte Darbietungssituationen herzustellen als ihren wesentlichen
Charakter.96 Das Ausmaß der Veränderungen bezogen auf Darbietung, Rezeption und Wahrnehmung von Musik wird jetzt erst, fast hundert Jahre später,
fassbar. Auf vielfältigste Art und Weise setzt sich die Klangkunst mit diesem
Phänomen auseinander. Ästhetisch profitiert beispielsweise die »Musique
concréte« in den 1950er Jahren erstmals von der Errungenschaft, Klänge unabhängig von ihrer Quelle zu verwenden. Helga de la Motte-Haber formuliert
in diesem Zusammenhang: »Das entscheidend Neue war jedoch die Ablösung
der Klänge vom Hier und Jetzt ihrer Entstehung, weil diese zu neuen Formen
der Auseinandersetzung mit der Realität auffordern.«97
Hat das Hören von unverorteten, aber konkreten Klängen, wie sie die »Musique concréte« verwendete, anfangs zu Schwierigkeiten bei den Rezipienten
geführt98, stellten die synthetischen Klänge in Kompositionen der Kölner
Schule zusätzliche Anforderungen an den Hörer. Primäres Problem scheint
dabei nicht das Hören von Musik aus Lautsprechern zu sein, sondern die Abstraktheit der Klänge. Aus heutiger Perspektive sind musikalische Abbilder der
Wirklichkeit, oder Musikphotographien nichts Ungewöhnliches. Hört man
beispielsweise ein klassisches Konzert über Radio, so ist man in der Lage sich
mental in die Konzertsituation hineinzuversetzen. Nach Supper wird dabei
mittels unseres Weltwissens eine neue Realität erzeugt. Er fasst zusammen:
»Jede Art von Musik wird überwiegend über Lautsprecher wahrgenommen.
Bei einer Rundfunkübertragung wird der Hörer am Lautsprecher eine Realität
erzeugen, die seine Erfahrung außerhalb des Radiohörens abbildet.«99
Den Wiener Burgring in Richtung Museumsquartier verlassend, überquert
man große Straßen und Plätze. Die akustische Umwelt, in der man sich dort
bewegt, ist geprägt vom Lärm der Autos, Straßenbahnen, Fiaker, Fahrräder
und Fußgänger – Hupen, Rasseln, Pferdegetrappel, Kingeln, Lachen, Rufen,
Gesprächsfetzen, Handytöne und mehr. Begibt man sich nun auf den Platz im
Inneren des Museumsquartiers, passiert man die TONSPUR_passage zwischen
Hof 7 und 8. Dämpfen die dicken Mauern des Fischer-von Erlach-Trakts den
Lärm der Straßen bereits ab, taucht man in diesem Durchgang in einen völlig
veränderten akustischen Raum. Ringsum sind dort 8 Lautsprecher angebracht, die die verschiedensten Geräusche und Töne, manchmal auch Sprache
von sich geben. Plötzlich wird man aus einem dieser Lautsprecher begrüßt,
der nächste flüstert: »bye bye« oder eine schnoddrige Stimme berichtet von
ihrem Klavierunterricht aus Kindertagen, jemand spielt Klavier, ein andermal
formieren sich schimpfende Stimmen auf französisch, kroatisch und anderen
Sprachen zu einer ganzen Schimpfarena. Eine fiktive Fliege surrt durch die Lautsprecher und zerplatzt.
TONSPUR für einen öffentlichen Raum nennt Kurator Georg Weckwerth das Projekt,
welches er zusammen mit dem technischen Leiter Peter Szely 2003 zunächst in
der »Erste Bank Arena« in Wien startete. 35 Tonspuren wurden in den letzten
Jahren gelegt, in Berlin, Wien, Prag und weiteren Städten. Tonspur, ein Ausdruck aus der Filmtechnik, bezeichnet in diesem Kontext das Verfahren öffentliche Räume mit Klangkunst zu erweitern. Die bewusste Beschallung
öffentlicher Räume setzt Besucher und Passanten unverhofft einer ästhetischen Erfahrung aus, die in der Lebenswelt nicht vorkommen. Solche Erfahrungen sollen bereichern und ein Bewusstsein für Kunst und neue Kunstformen aufschließen, das zu einer veränderten eigenen Wahrnehmung von
Klang, Licht, Raum, Geschichte und damit zu einer neuen Rezeptionshaltung
führt.
Klangkunst, die Kunstform, zu der die »Tonspuren« gezählt werden, wäre
ohne Audiotechnik, also ohne technische Medien, nicht umsetzbar. Sie ist
geradezu ein Resultat aus dem zunehmenden Zusammenwachsen von technischen Medien und Musik. Ihre gegenseitige Beeinflussung hat zu neuen
unst- und Rezeptionsformen geführt. »Am Anfang des Jahrhunderts steht
[...] ein ästhetischer Paradigmenwechsel, neue Medien beeinflussen die ästhetische Reflexion von Kunst und Wirklichkeit.«90 Der Einsatz von Medien
bewirkt neue Konzeptionen in der Kunst. Aber beeinflusst die Kunst auch die
Medien und wie kann sie das bewerkstelligen? Am Beispiel der Klangkunst,
konkret an dem Projekt TONSPUR für einen öffentlichen raum soll diese Frage diskutiert werden. Wie und in welcher Weise reflektiert Klangkunst das Verhältnis
des Menschen zu den Medien, den Einfluss der Medien auf die Menschen,
90 Helga de la Motte-Haber: »Die gedanklichen und geschichtlichen Voraussetzungen«, in: Klangkunst. Tönende
Objekte und klingende Räume, hrsg. v. dies. (= Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert 12), Laaber: Laaber
1999, S. 11-61, hier S. 11.
128 | 129
91 Vgl. Mersch, Medientheorie zur Einführung, S. 226.
92 Vgl. Golo Föllmer: »Klangorganisation im öffentlichen Raum«, in: Klangkunst. Tönende Objekte und klingende
Räume, hrsg. v. Helga de la Motte-Haber (= Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert 12), Laaber: Laaber 1999,
S. 191-226, hier S. 209.
93 Marion Saxer: »Klangkunst im Prozess medialer Ausdifferenzierung«, in: Klangkunst, hrsg. v. Ulrich Tadday
(= Musikkonzepte: Sonderband, N.F, 11 2008), München: edition text + kritik 2008, S. 174-191, hier S. 174.
94 Vgl. ebenda, S. 176.
95 Ebenda, S. 177.
96 Vgl. ebenda, S. 178.
97 De la Motte-Haber, Die gedanklichen und geschichtlichen Voraussetzungen, S. 40.
98 François Bayle hat für das Konzert seines Acousmoniums (Lautsprecherorchester) die Membranen der
Lautsprecher abgenommen, um den Zuhörern das Leben der Übertragungstechnik anschaulich zu machen
(vgl. Elena Ungeheuer: »Anders-Statements I: Analoges«, in: Elektroakustische Musik, hrsg. v. dies.
(= Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert 5), Laaber: Laaber 2002, S. 19-35, hier, S. 31).
99 Martin Supper: Elektroakustische Musik & Computermusik, Darmstadt: Wolke 1998, S. 30.
Erst technische Medien ermöglichen die Trennung von Klang und Klangquelle, von Produzent und Rezipient und erschaffen damit die Möglichkeit einer
neuen Hör- und Wirklichkeitserfahrung. Das Aufkommen eines neuen Mediums für die Musik, der Tonträger, führt also nicht nur zur Verschiebung der
klassischen Aufteilung von musikalischer Differenzierung, schriftlicher Fixierung und Aufführung, sondern auch zu neuen Rezeptionshaltungen. Aus
diesen Bedingungen heraus findet nun in Folge der Tendenzen in den 1960er
Jahren eine performative Aufladung von elektronischer Musik in Form von
Live-Elektronik und Klanginstallationen statt. Die Möglichkeit der Trennung von
Interpret und Rezipient erlaubt fortan nicht nur den Zuschauer selbst aktiv
werden zu lassen, sondern auch den »Rückzug des ästhetischen Subjekts«.100
Künftig steht im Kunstschaffen die Umsetzung von Rahmenbedingungen für
unmittelbare ästhetische Erfahrungen im Zentrum. Die gängige Dichotomie
von Subjekt und Objekt erfährt folglich eine Neubestimmung. Der Rückzug
des künstlerischen Subjekts ermöglicht eine größere Eigenständigkeit des
Kunstwerks, diese wiederum ermöglicht dem Rezipienten, es zum Objekt
eigener Wahrnehmungen und Interpretationen zu machen. Die Klangkunst
kann solche Rahmenbedingungen beispielsweise durch die besondere Ausstattung eines Raumes mittels Schallquellen schaffen. Ihre ungewohnte Anordnung führt dann zu einer neuen Erfahrung von Raum durch Sound.101 Manche Klangkünstler entwerfen ganze elektroakustische Architekturen. Mittels
der Simulation solcher »akustischer Ereignisräume« entstehen damit Klangräume, die in der »realen«, empirischen Wirklichkeit nicht existieren.102 So
lässt beispielsweise Werner Reiterer in der 20. TONSPUR, genannt A fly with the
consciousness of a bullet mittels einer fiktiven Fliege Raum entstehen. Er beschreibt: »die fliege, die keine ist, denkt wie eine pistolenkugel, die sie nicht
ist. was sie aber nicht weiß und wir nicht sehen, aber dafür ganz schnell hören und räumlich denken.«103
Raums, beispielsweise durch gezielte Reduktion der Lautstärke etc. das Bewusstsein der Passanten schärfen. »Solche Strategien zielen auf eine Verschränkung von Kunst und Realität, Schein und Wirklichkeit, die der Annäherung an die empirische, vorgefundene Wirklichkeit Intensität verleiht.«107
Als einer der bekanntesten Medienkünstler, sowie Medientheoretiker formuliert Peter Weibel, Medienkunst müsse Medienkritik mit Sozialkritik verbinden und durchschaubar machen, wie die Medien Wirklichkeit konstruieren.108
Denn, wie das Beispiel der Klangkunst zeigt, sind Medien nicht bloße Überträger von Botschaften, »sondern entfalten eine Wirkkraft, welche die Modalitäten unseres Denkens, Wahrnehmens, Erfahrens, Erinnerns und Kommunizierens prägt.«109 Künste und Kunstformen die mit Medien arbeiten müssen
also medial vermittelte Wahrnehmungsweisen künstlerisch reflektieren,
aufbrechen, verändern und erweitern.
Die Klangkunst kann als eine der modernen Kunstformen betrachtet werden,
der genau dieses gelingt. Gehen wir davon aus, dass Technik generell als Medium verstanden wird, so muss diese nach Krämer in zwei Funktionsweisen
unterschieden werden.110 Erstens Technik als Werkzeug, zweitens Technik als
Apparat. In diesem Zusammenhang interessant ist die Technik als Apparat,
welche künstliche Welten hervorbringt. »Diese eröffnet Erfahrungen und
ermöglicht Verfahren, die es ohne Apparaturen nicht etwa abgeschwächt,
sondern überhaupt nicht gibt. Nicht Leistungssteigerung, sondern Welterzeugung ist der produktive Sinn von Medientechnologie.«111 Der Fokus dieser
Betrachtungen liegt also auf »konstruktivistischen Medientheorien« und
damit auf der Möglichkeit der Wirklichkeitskonstruktion durch Medien,
nicht der Wirklichkeitsrepräsentation.112 »Medien, so kann man wohl ohne
Übertreibung sagen, sind in der Tat unsere alltäglichen Instrumente der
Wirklichkeitskonstruktion, die sich in vielen Bereichen ihrer vier Komponenten der Bewusstseinsfähigkeit entziehen und die Abhängigkeit aller Inhalte
von Medientechnologie und den sozialsystemischen Institutionalisierungen
verschleiern.«113
Neben der Audiotechnik als konstitutives Element der Klangkunst, spielt der
öffentliche Raum eine wesentliche Rolle. Im Zuge der Industrialisierung
nahm die Lärmbelastung in den Städten rapide zu. In seinen Ausführungen
über seine Beobachtungen als Stadtforscher in Wien skizziert Peter Payer
Auswirkungen von Lärm auf den städtischen Bürger: »Ein typischer ›Großstadtwirbel‹ (Felix Salten) war entstanden, neue Modalitäten der Aufmerksamkeit bildeten sich heraus, die gesamte auditive Kultur begann sich zu
wandeln.«104 Die Reaktionen der Bürger auf die neuartigen Belastungen waren heftig und reichten über das initiieren von Leidensgenossenschaften bis
hin zu Zeitschriften. Der deutsche Arzt Robert Sommer soll 1913 sogar die
Errichtung öffentlicher Ruhehallen empfohlen haben.105
Auch im Einbezug des öffentlichen Raumes tritt an Stelle der Aktion des
Künstlers die Gestaltung eines akustischen Umfelds, dessen Mittelpunkt der
Rezipient bildet. Hinter diesen Klangkonzepten steht die Idee der Sensibilisierung für die akustische Dimension des urbanen Lebens.106 Diese Klangkunst
will durch die bewusste Veränderung und Beeinflussung des öffentlichen
100De la Motte-Haber, Zwischen Performance und Installation, S. 233.
101 Vgl. Kurt Dahlke: »Die Rehabilitierung des Körpers in der elektronischen Musik«, in: Gendertronics. Der Körper
in der elektronischen Musik, hrsg. v. Club transmediale und Meike Jansen, Suhrkamp: Frankfurt a. M. 2005,
S. 45-51, hier S. 51.
102 Vgl. Föllmer, Klangorganisation im öffentlichen Raum, S. 209.
103 Werner Reiterer: Flyer zur TONSPUR für einen öffentlichen Raum, 2007
104Peter Payer: Blick auf Wien, Wien: Czernin Verlag 2007, S. 116.
105 Vgl. ebenda, S. 120. Ein »Raum der Stille« existiert heute noch am Brandenburger Tor
106Vgl. Sabine Sanio: »Ästhetische Erfahrung als Wahrnehmungsübung?«, in: Klangkunst, hrsg. v. Ulrich Tadday
(= Musikkonzepte: Sonderband, N.F, 11 2008), München: edition text + kritik 2008, S. 47-66, hier S. 60.
Die Vielzahl der Medien, sowie medienvermittelte Klänge, Geräusche, Bilder,
Nachrichten etc. die uns alltäglich umgeben, haben das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit, von Wirklichkeit und Kunst verändert, zum oszillieren
gebracht. So folgert Helga de la Motte-Haber, dass es die Aufgabe der Künste
heute sei, zusätzliche Irritationen zu schaffen. »Je mehr die uns umgebenden
Ereignisse simuliert werden können, umso mehr erhält die Kunst die Aufgabe, dem wahrnehmenden Subjekt Reflexionen über seine eigene Realität zu
ermöglichen.«114 Klangkunst wird damit zum Bewusstseinsexperiment für
den Rezipienten. Angesichts einer in variablen Zeichenkonstellationen aufgelösten Welt werde ihm damit die Frage nach seinem subjektiven Standort
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107 Vgl. ebenda, S. 59.
108Vgl. Peter Weibel: »Freies Hirn im Cyberspace. Peter Weibel über Kunst und Medien der ›Zweiten Moderne‹«,
in: Der Spiegel, 3/1999, S. 187-189, hier S. 189.
109Sybille Krämer: »Was haben die Medien, der Computer und die Realität miteinander zu tun?«, in: Medien.
Computer. Realität, hrsg. v. dies., Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998, S. 9-26, hier S. 14.
110 Vgl. Siegfried J. Schmidt: Kalte Faszination. Medien, Kultur, Wissenschaft in der Mediengesellschaft,
Göttingen: Velbrück Wissenschaft 2000, S. 77.
111 Sybille Krämer: »Das Medium als Spur und als Apparat«, in: Medien. Computer. Realität, hrsg. v. dies.,
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998, S. 73-94, hier S. 85.
112 Vgl. Schmidt, Kalte Faszination.
113 Ebenda, S. 100.
114 De la Motte-Haber, Die gedanklichen und geschichtlichen Voraussetzungen, S. 42.
gestellt (vgl. ebd.). »Was zu sehen und zu hören ist, setzt sich in Relation zu
den vorhandenen Bewusstseinsstrukturen des Rezipienten.«115
Prof. Dr. Andreas Doerne und Prof. Dr. Hans Schneider
Neue Musik vermitteln – methodische und ästhetische
Fragestellungen
Besonders an der Klangkunst ist dabei, dass sie Bewusstseinsexperimente
entstehen lässt, die über die menschlichen Sinne, besonders aber das Ohr in
Gang gesetzt werden. Zwar sind die synästhetischen Erfahrungen, die sie
ermöglicht ebenfalls Teil der Errungenschaften von ablösbaren Klängen, jedoch erzeugt der Fokus auf der Wahrnehmung durch Hören eine besondere
Wahrnehmung von Welt und Wirklichkeit.
Die abschliessende These und Antwort auf übergeordnete Frage ist letztlich
einfach: Klangkunst, treibt als eine moderne, vorwiegend akustische, Kunstform den Prozess »medialer Ausdifferenzierung«, entscheidend voran, welcher
für das gesamte 20. Jahrhundert und die Gegenwart prägend ist (vgl. Saxer,
2008, S. 175).116
Im Folgenden finden sich Texte zum Thema »Hören« – vor allem neuer Musik
–, die im Vorfeld des Symposiums und des dazu angebotenen Seminars »Neue
Musik vermitteln – methodische und ästhetische Fragestellungen« (Mai 2010)
von den Teilnehmern und den beiden Leitern des Seminars, Prof. Dr. Andreas
Doerne und Prof. Dr. Hans Schneider, zusammengestellt wurden.
Um die Intention dieser Textzusammenstellung verständlicher zu machen,
wird hier der Ablauf der ersten beiden Seminarsitzungen in Stichpunkten
dargestellt
Hannah Schwegler
geb. 1984 in Schwäbisch Hall, studierte Schulmusik und Germanistik in Freiburg im Breisgau und Wien. Für die musikwissenschaftliche Dokumentation
der permanenten Klanginstallation TONSPUR für einen öffentlichen raum in
Wien und Berlin erhielt sie 2010 ein Stipendium der Postgraduiertenförderung der Musikhochschule Freiburg. Seit Herbst 2010 arbeitet sie als Volontär an zahlreichen Projekten von TONSPUR mit.
Ablauf Sitzung 1
1. Klangsuche
Lauschen Sie ihre Umwelt auf Klänge ab, die Sie noch nie bewusst gehört
haben. Bringen Sie einen solchen Klang in der Erinnerung mit.
2. Klangrealisation
Versuchen Sie nun, diesen im Geiste »mitgebrachten« Klang so genau wie
möglich zu imitieren/reproduzieren. Womit Sie das tun, ist Ihnen völlig freigestellt.
Ggf. kann aus diesen Einzelklängen ein Musikstück gestaltet werden.
3. Musik hören 1
Drei Musikstücke, deren Titel und Komponist erst nach dem Hören aller Stücke
angesagt werden.
4. Textarbeit
Einleitung aus dem Buch »Komposition im 20. Jahrhundert« von Walter Gieseler
• lesen
• kurze Plenumsrunde zur Klärung allgemeiner Fragen zu Inhalten des Textes
bzw. zu Gedanken, die einem beim Lesen des Textes kommen
5. Musik hören 2
• 3er Gruppen bilden. Jede Gruppe bekommt 2-3 Schlagbegriffe, die in der
Gruppe noch einmal genau diskutiert, geklärt und ggf. weitergedacht werden sollen
• Im Anschluss stellt jede Gruppe die Ergebnisse den anderen Seminarteilnehmern vor.
115 De la Motte-Haber, Raumkompositionen und Klanginstallationen, S. 23.
116 Saxer, Klangkunst im Prozess medialer Ausdifferenzierung, S. 175.
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6. Musik hören 3
Drei Musikstücke, deren Titel und Komponist vor dem jeweiligen Stück angesagt werden. Zudem gibt es kurze Infos zum kompositionsästhetischen Hintergrund und eine kurze Reflexion der Hörerfahrungen im Plenum nach jedem Titel.
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Denn eher als eine öde Gegend ist die Wüste Land der Stille und des Hörens;
Land der Stille und dem unendlichen Hören zugetan, wo die Stille sich am
eigenen Echo von überallher berauscht, und das Hören an all den Klängen
inmitten der Stille.
7. Textsammlung
Die Seminarteilnehmer erhalten eine Auswahl von Texten zum Thema »Neue
Musik« bzw. »Hören«, die als Anregung für Diskussionen, eigene Gedanken,
neue Perspektiven und vor allem als Inspiration für die Suche nach eigenen
Texten dient (Texte I). Denn bis zur nächsten Sitzung erhalten alle folgende
Hausaufgaben:
Edmund Jabès Der vorbestimmte Weg, Berlin 1993, S. 102
Edmund Jabès, ein jüdischer Philosoph mit großem Einfluss auf das Spätwerk von Luigi Nono
• Suchen Sie ein Stück neue Musik heraus, das Ihnen ans Herz gewachsen ist;
das sie schön, interessant, reizvoll finden; das Sie in Irgendeiner Art und
Weise berührt/anspricht; das sie mögen – und bringen Sie dieses zur nächsten Sitzung mit.
• Suchen Sie einen kurzen Textausschnitt aus einem literarischen Werk, einer
wissenschaftlichen Publikation, einer Zeitung o.ä. heraus, in dem sich eine
für Sie spannende Bemerkung zum Hören findet (Texte II).
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Desto mehr verschiedene und andere Möglichkeiten
Zu erfassen eben im bisher Unmöglichen
Desto mehr verschiedene und andere Hörbarkeiten
Wahrzunehmen eben im bisher Unhörbaren
Desto mehr verschiedene und andere Lichter
Zu lesen eben im bisher Unsichtbaren
Bisher Unsagbaren –
Ablauf Sitzung 2
1. Vorstellung der mitgebrachten Stücke und Texte
Beides wird gemeinsam angehört – dabei kann sich der einzelne Vortragende selber entscheiden, ob zuerst die Musik und dann der Text präsentiert
oder umgekehrt oder vielleicht sogar ein Text zur Musik gelesen wird. Im
Anschluss an jede Präsentation folgt eine kurze Besprechung im Plenum
unter folgender Fragestellung: »Was kann man an dieser Musik reizvoll/
interessant finden (auch wenn ich diese Musik nicht mag)?«
2. Übung in Höroffenheit
Primäre Intention dieser Einheit – neben der Sekundärintention verschiedenste Musiken und Text kennen zu lernen – ist eine Öffnung gegenüber
Neuem, Fremdem und Ungewohntem.
Luigi Nono in einem Artikel, den er Helmut Lachenmann gewidmet hat Für Helmut
Helmut Lachenmann: Musik als existentielle Erfahrung, Schriften 1996–1995, hrsg. von Josef
Häusler. Wiesbaden 1996, S. XV
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Meister Eckhart: Vom Unwissen.
Dann sprach ein Meister, dass die Kraft des Hörens auf viel höherer Stufe
stände als die Kraft des Sehens, denn man lernt mehr Weisheit mit dem Hören als mit dem Sehen und lebt hier mehr in der Weisheit. Man erzählt on
einem heidnischen Meister, dass seine Jünger, als er im Sterben lag, in seiner
Anwesenheit von viel Kunst und größerer Erkenntnis redeten, da hob er sein
Haupt noch als Sterbender auf und hörte zu und sagte: »Fürwahr, ich möchte
diese Kunst noch lernen, dass ich sie in der Ewigkeit anwenden kann.’ Das
Hören bringt mehr herein, aber das Sehen zeigt mehr hinaus. Und darum
werden wir im ewigen Leben viel seliger sein in der Kraft des Hörens als in
der Kraft des Sehens. Denn das Werk des Hörens des ewigen Wortes ist in mir,
und das Werk des Sehens geht von mir, und beim Hören bin ich empfangend
und beim Sehen wirkend.« (S. 30)
In: Meister Eckharts mystische Schriften. Berlin 1903, S. 24–33
Texte I
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Roland Barthes: Zuhören
Beim »Anhören« eines klassischen Musikstücks wird der Zuhörer aufgefordert,
dieses Stück zu »entziffern«, das heißt (durch seine Bildung, seinen Fleiß,
seine Sensibilität) dessen Aufbau zu erkennen, der genauso kodiert (vorbestimmt) ist wie der eines Palastes derselben Epoche; beim »Anhören« einer
Komposition (das Wort ist hier in seinem etymologischen Sinn zu verstehen)
von Cage jedoch höre ich jeden einzelnen Ton nacheinander, nicht in seiner
syntagmatischen Ausdehnung, sondern in seiner rohen und gleichsam vertikalen Signifikanz: Indem sich das Zuhören dekonstruiert, veräußerlicht es
sich und zwingt das Subjekt zum Verzicht auf seine »Intimität«. Das gilt mutatis mutandis für viele andere Formen der modernen Kunst von der »Malerei« bis
zum »Text«; und dies ist natürlich mit Schmerz verbunden; denn kein Gesetz
kann das Subjekt zwingen seine Lust dort zu finden wo es nicht hin will (welches auch die Gründe seines Widerstands sein mögen), kein Gesetz ist in der
Lage, unser Zuhören zu erzwingen: Die Freiheit des Zuhörens ist ebenso unerlässlich wie die Freiheit des Sprechens. Deshalb ist dieser anscheinend bescheidene Begriff (das Zuhören taucht in den Lexika der Vergangenheit nicht
auf, es fällt unter keine anerkanntes Fachgebiet) letztlich wie ein kleines Theater, in dem jene zwei modernen Gottheiten ringen, eine böse und eine gute:
Die Macht und das Begehren.
Roland Barthes:, Der entgegenkommende und stumpfe Sinn. Frankfurt am Main 1990, S. 263
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Friedrich Nietzsche
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»Etwas Neues hören ist dem Ohre peinlich und schwierig; fremde Musik hören wir schlecht«, schreibt Friedrich Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse
(Nietzsche 1886, , S. 113)
»Man muss lieben lernen«, heißt es anderer Stelle bei Nietzsche, wobei der
Akzent auf lernen liegt. »So geht es uns in der Musik: erst muß man eine
Figur und Weise überhaupt hören lernen, heraushören, unterscheiden, als ein
Leben für sich isolieren und abgrenzen; dann braucht es Mühe und guten
Willen, sie zu ertragen, trotz ihrer Fremdheit, Geduld gegen ihren Blick und
Ausdruck, Mildherzigkeit gegen das Wunderliche an ihr zu üben -: endlich
kommt ein Augenblick, wo wir ihrer gewohnt sind, wo wir sie erwarten, wo
wir ahnen, dass sie uns fehlen würde, wenn sie fehlte; und nun wirkt sie
ihren Zwang und Zauber fort und fort und endet nicht eher, als bis wir ihre
demüthigen und entzückten Liebhaber geworden sind, die nichts Besseres
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Dieter Schnebel: MO-NO – ein Buch zum Lesen
von der Welt mehr wollen als sie und wieder sie. – So geht es uns aber nicht
nur mit der Musik: gerade so haben wir alle Dinge, die wir jetzt lieben, lieben
gelernt. Wir werden schließlich immer für unsern guten Willen, unsere Geduld, Billigkeit, Sanftmütigkeit gegen das Fremde belohnt, indem das Fremde
langsam seinen Schleier abwirft und sich als neue unsägliche Schönheit darstellt -: es ist sein Dank für unsre Gastfreundschaft. Auch wer sich selber
liebt, wird es auf diesem Wege gelernt haben: es gibt keinen anderen Weg.
Auch Liebe muß man lernen« (Nietzsche 1882, S. 559)
NACHTMUSIK FÜR HÖRER
regungslos
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Ferdinand Schmatz
Da
da
silence, beschwört
(echo, john cage)
Bitte seien Sie nun ruhig!
den Atem anhaltend konzentriert
und
LAUSCHEN SIE!
wie diese Stille klingt
was da lebt, atmet, sich bewegt,
knistert, knarrt, summt, schwirrt,
rauscht, hallt, verhallt,
vibriert, schwingt
- tönt
nichts mehr
verführung lockt
an klang im wort
sucht hertz mir
heim um laut
am ort
ist mitte tag
nacht bricht auf uns
– pracht, legt ohr,
ganz, aber sacht:
Musik
Ihres Lebens
berührung weckt
uns wach zu pflügen
– frucht –
mit mund als hand
geführtes auf gesang,
im sehnen glut,
auch im verlust
– durch feuernd –
nie mal, dunst,
klärt schwingend ein wie aus
uns auf im tönen wandelt sich
selbst, was entlärmt, in eine art versöhnen:
die
sonst die gehörte
ungehört begleitet
Eine Stille
wo nichts mehr von draußen hereintönt – vielleicht Ruhe riesiger Weite –
über den Wolken …
Ozean
•
wo nur noch der kaum wahrnehmbare Klang des Raums: das
Schwingen und Flattern seiner
Luftteilchen
…
wo dann auch die, welche sich im Raum befinden, ihn mit ihren intrakorpuskulären Klängen erfüllen, dass eine Polyphonie von Atemvorgängen der regungslos Dasitzenden entsteht, die sich vom Hintergrund des Kontrapunkts,
welchen die schlagenden Herzen dieser vielen bilden, deutlich abhebt, worüber sich die punktuelle Musik unwillkürlicher Regungen legt (zuckt es im
Gesicht? hat sich eine Zehe bewegt? will der Magen knurren?); außerdem die
Heterophonie der tickenden Armbanduhren.
knisternd ruht, gesummt
– nie stumm –
auf schrei der säle
rührt der kehlen beben uns ins leben:
hallend schallt es, pfeifts uns was, das:
prall und schall, nie ganz bloss hülle,
nackt nur in der fülle – im spiel halt los
zwischen flöte und spröde
– umgestimmt –
was öd uns benimmt,
ja
flüstern wir weiter, stille, die post –
verrührung, erspürung, sei lenz aller ort
(rauschen wir zart aus der muschel: hart sich zart,
harpsichord)
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Wo man aber so sehr bei sich selbst ist,
dass man von alledem nichts wahrnimmt,
nicht einmal das Rauschen im Ohr
DuMont-Verlag, Köln 1969, o.S.
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Rainer Maria Rilke
An die Musik
los sind. Das könnte uns zu der Annahme führen, Tonalität sei das Ergebnis
irgendeines Naturgesetzes, ein natürliches Phänomen und keine menschliche
Erfindung. Das paradoxe Verhältnis zwischen Tonalität und dem Zwölftonsystem – also der Aufhebung der Tonalität – ist ein Beispiel für das Widersprüchliche im menschlichen Wese: Ein Teil unserer Psyche strebt, ohne sich um die
Folgen zu kümmern, nach Freiheit und Unabhängigkeit, wie der ständige
Kampf um Loslösung von der Tonalität es verdeutlicht, während der andere
Teil weiter nach jeder Sicherheit verlangt, die eine Hierarchie, eine Autorität,
das Vertraute bieten können, wie unser trotz allem existierendes Verlangen
nach der Tonalität, nach dem Geordneten also, zeigt. (40f.)
München 2009
Musik: Atem der Statuen. Vielleicht:
Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen
enden. Du Zeit,
die senkrecht steht auf der Richtung vergehender Herzen.
Gefühle zu wem? O du der Gefühle
Wandlung in was? -: in hörbare Landschaft.
Du Fremde: Musik. Du uns entwachsener
Herzraum. Innigstes unser,
das, uns übersteigend, hinausdrängt, heiliger Abschied:
da uns das Innre umsteht
als geübteste Ferne, als andre
Seite der Luft:
rein,
riesig,
nicht mehr bewohnbar.
Rainer Maria Rilke, 11. und 12.1.1918, München, Gesammelte Werke, Band III (1927)
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George Crumb: Hat die Musik eine Zukunft?
Bereits erwähnt habe ich das Formproblem der neuen Musik, welches in erster Linie eine Folge des Zerfalls traditioneller, auf der funktionalen Tonalität
beruhender Formen ist. […] Zwei derartige, bereits in älterer Musik vorkommende Formtypen scheinen die heutigen Komponisten denn auch in besonderem Maße zu interessieren – zwei Formtypen, die einander im Übrigen
diametral entgegengesetzt sind. Der eine beruht auf dem Prinzip [298] der
»Nicht-Wiederholung«, nach welchem sich ein musikalischer Verlauf geradlinig und ohne jeden Rückverweis abzuspielen hat. Den anderen könnte man
den »repetitiven« Typus nennen: Er besteht normalerweise darin, dass eine
Idee – sei diese nun ein rhythmisches Motiv, ein Akkord oder eine melodische
Tonfolge – ad infinitum wiederholt wird. In Schönbergs Musik sind interessanterweise beide Typen vertreten: das Prinzip der »Nicht-Wiederholung« in
den verschiedensten Werken, das »repetitive« Prinzip insbesondere in »Sommermorgen an einem See (Farben)« aus den Fünf Orchesterstücken. Natürlich
müsste man, wollte man ganz korrekt sein, diese beiden Formtypen eher als
dynamische Formungsprinzipien denn als fest gefügte Formschemata (wie es
etwa Sonate und Rondo) bezeichnen. Fest steht aber jedenfalls, dass sie sich
kaum für den Aufbau großer Formen eigenen; werden sie allzu sehr ausgedehnt, so wirken sie nämlich nur ermüdend und monoton. (S. 297)
Amerikanische Musik seit Charles Ives. Hg. Von Ermann Danuser, Dietrich Kämper und Paul Terse.
Laaber 1987, S. 292-299
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Daniel Barenboim: Klang ist Leben. Die Macht der Musik
Für das Ohr ist Wiederholung eine Art von Akkumulation, und sie wird daher
zu einem essenziellen Bestandteil der Musik. Musik entwickelt sich in der
Zeit und daher nach vorne, voran. Doch während das Ohr dieser Progression
zuhört, kann parallel dazu das erinnert werden, was bereits wahrgenommen
wurde. Das Zuhören geschieht somit rückwärts oder, genauer gesagt, gleichzeitig, indem es Vergangenheit und Gegenwart bewusst macht. Wenn wir die
erste Note einer Komposition hören, können wir noch keine Erinnerung an
einen Klang haben, doch schon bei der zweiten Note werden wir deren Beziehung zu der ersten gewahr, weil nämlich das Ohr die erste nicht vergessen
hat. (34)
Das Verständnis dieser physischen Dimension des Klangs führt uns zu der
metaphysischen Schlussfolgerung, dass exakte Widerholung nicht möglich
ist, weil nämlich die Zeit vorangeschritten ist, wodurch das erneute Ereignis,
das »Wiederkommen«, in einen anderen Kontext eingefügt und von einer
anderen Perspektive aus wahrgenommen wird. Das Hören schafft die Verbindung zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit und übermittelt dem
Gehirn Signale bezüglich dessen, was für die Zukunft zu erwarten ist. Wenn
wir einer musikalischen Sequenz zuhören, erinnern wir uns an ihr erstes
Erklingen, und das Erinnerungsvermögen des Ohres löst in uns die Erwartung aus, das Gleiche noch einmal zu hören. Der größte Teil der westlichen
Musik, gleich welcher Form, orientiert sich, was die Struktur betrifft, an eben
diesem Prinzip. (35)
In seinen frühen Werken wie Verklärte Nacht oder Pelleas und Melisande ging
Schönberg einen ähnlichen Weg, ehe er sich am Ende ganz von der Tonalität
verabschiedete und jeder Note auf der Zwölftonleiter denselben Wert zuwies.
Das war ein radikaler Bruch mit der Hierarchie, die in jeglicher tonaler Musik
herrscht. Das menschliche Ohr sucht aber oft natürliche harmonische Verbindungen aufzuspüren, selbst dort, wo diese nicht existieren oder bedeutungs-
Texte II
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Fastnachtsrede von Florestan
Gehalten nach einer Aufführung der letzten Sinfonie von Beethoven
Florestan stieg auf den Flügel und sprach:
Versammelte Davidsbündler, d. i. Jünglinge und Männer, die ihr totschlagen
sollet die Philister, musikalische und sonstige, vorzüglich die längsten […]
Ich schwärme nie, Beste! – Wahrhaftig, ich kenne die Sinfonie besser als
mich. Kein Wort verlier’ ich drüber. Es klingt alles so totledern darauf, Davidsbündler. Ordentliche ovidische Tristien feierte ich, hörte anthropologische Kollegien. Man kann schwerlich wild über manches sein, schwerlich
viele Satieren mit dem Gesichte malen, schwerlich tief genug als Jean Paulscher Giannozzo im Luftballon sitzen, damit die Menschen nur nicht glauben, man bekümmere sich um selbige, so tief, tief unten ziehen zweibeinige
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Gestalten, die man so heißt, durch eine sehr enge Schlucht, die man allenfalls das Leben nennen könnte. – Gewiß, ich ärgerte mich gar nicht, so wenig als ich hörte. Hauptsächlich lachte ich über Eusebius. Ein rechter
Schelm war er, als er einen dicken Mann so anfuhr. Der hatte ihn nämlich
während des Adagios heimlich gefragt: «Hat Beethoven nicht auch eine
Schlachtsinfonie geschrieben, Herr?« – »Das ist eben die Pastoralsinfonie,
Herr«, sagte unser Euseb gleichgültig. – »Ah, ah, richtig« – dehnte der Dicke
fort sich besinnend.
Der Mensch muß wohl Nasen verdienen, sonst hätte ihm Gott keine gegeben.
Viel vertragen sie, diese Publikums, worüber ich die herrlichsten Dinge berichten könnte; z. B. als ihr, Kniff, mir einmal umwendetet im Konzert bei
einem Fieldschen Notturno. Das Publikum besah sich zur Hälfte schon inwendig, es schlief nämlich. Unglücklicherweise erwisch’ ich auf einem der abgelebtesten Flügelschweife, der sich je in eine Zuhörerschaft schwang, statt des
Pedals den Janitscharenzug, glücklicherweise piano genug, als dass ich mir
den Wink des Zufalls konnte entgehen lassen, das Publikum glauben zu machen, es ließe sich in der Ferne eine Art Marsch hören, den ich von Zeit zu Zeit
in leisen Schlägen wiederholte. Natürlich trug Eusebius das seinige zur Verbreitung bei; das Publikum rauchte aber vor Lob.
Ähnliche Geschichten fielen mir während des Adagios eine Menge ein, als der
erste Akkord im Endsatz einbrach. »Was ist er weiter, Kantor (sagte ich zu
einem zitternden neben mir), als ein Dreiklang mit vorgehaltener Quinte in
einer etwas verzwickten Versetzung, weil man nicht weiß, ob man das Pauken-A oder das Fagotten-F für Baßton nehmen soll? Sehen Sie nur Türk. 19.
Teil, S. 7!« – Ah, Herr, Sie sprechen sehr laut uns spaßen bestimmt.« – Mit
leiser, fürchterlicher Stimme sagte ich ihm ins Ohr :« Kantor, nehmen Sie
sich vor den Gewittern in acht! Der Blitz schickt keinen Livreebedienten, eh’
er einschlägt, höchstens einen Sturm vorher und darauf einen Donnerkeil.
Das ist so seine Manier.« – »Vorbereitet müssen solche Dissonanzen dennoch«
- da stürzte schon die andere herein. »Kantor, die schöne Trompetenseptime
vergibt euch.« –
Ganz erschöpft von meiner Sanftmut war ich, ich hatte gut mit meinen Fäusten gestreichelt. –
Jetzt gabst du mir eine schöne Minute, Musikdirektor, als du das Tempo des
tiefen Themas in den Bässen so herrlich auf der Linie trafst, daß ich vieles
vergaß vom Ärger am ersten Satz, in dem trotz des bescheidenen Verhüllens
in der Überschrift: »un poco maestoso« die ganze langsam schreitende Majestät eines Gottes spricht.
»Was mag wohl Beethoven sich unter den Bässen gedacht haben?« – »Herr«,
antwortete ich, »schwerlich genug; Genies pflegen Spaß zu machen – es
scheint eine Art Nachtwächtergesang« - - Weg war die schöne Minute und der
Satan wieder los. Und wie ich nun diese Beethovener ansah, wie sie dastanden mit glotzenden Augen und sagten: »Das ist von unserem Beethoven, das
ist ein deutsche Werk – im letzten Satz befindet sich eine Doppelfuge – man
hat ihm vorgeworfen, er prästiere dergleichen nicht – aber wie hat er es getan
– ja, das ist unser Beethoven.« Ein anderer Chor fiel ein: »Es scheinen im
Werk die Dichtgattungen enthalten zu sein, im ersten Satz das Epos, im zweiten der Humor, im dritten die Lyrik, im vierten (die Vermischung aller) das
Drama – Wieder ein anderer legte sich geradezu aufs Loben: ein gigantisches
Werk wär’ es, kolossal, den ägyptischen Pyramiden vergleichbar. Noch andre
malten: die Sinfonie stelle die Entstehungsgeschichte des Menschen dar –
erst Chaos – dann der Ruf der Gottheit: »Es werde Licht« – nun ginge die Sonne auf über den ersten Menschen, der entzückt wäre über solche Herrlichkeit
– kurz, das ganze erste Kapitel des Pentateuchs sei sie - Ich ward toller und stiller. Und wie sie eifrig nachlasen im Text und endlich
klatschten, da packte ich Eusebius beim Arm und zog ihn die hellen Treppen
hinunter mit ringsum lächelnden Gesichtern.
Unten im Laternendunkel sagte Eusebius wie vor sich hin: «Beethoven – was
liegt in diesem Wort! schon der tiefe Klang der Silben wie in eine Ewigkeit
hineintönend. Es ist, als könne es kein anderes Schriftzeichen für diesen Namen geben« – »Eusebius«, sagte ich wirklich ruhig, »unterstehst du dich auch,
Beethoven zu loben? Wie ein Löwe würde er sich vor euch aufgerichtet und
gefragt haben: »Wer seid ihr denn, die ihr das wagt?« – Ich rede nicht zu Dir,
Eusebius, du bist ein Guter – muß denn aber ein großer Mann immer tausend
Zwerge im Gefolge haben?« Ihn, der so strebte, der so rang unter unzähligen
Kämpfen, glauben sie zu verstehen, wenn sie lächeln und klatschen? Sie, die
mir nicht Rechenschaft vom einfachsten musikalischen Gesetz geben können, wollen sich anmaßen, einen Meister im ganzen zu beurteilen? Diese, die
ich sämtlich in die Flucht schlage, lass’ ich nur das Wort Kontrapunkt fallen
– diese, die ihm vielleicht das und jenes nachempfinden und nun gleich ausrufen: » Oh, das ist so recht auf unser Korpus gemacht« – diese, die über Ausnahmen reden wollen, deren Regeln sie nicht kennen – diese, die an ihm
nicht das Maß bei sonst gigantischen Kräften, sondern eben das Übermaß
schätzen – seichte Weltmenschen – wandelnde Werthers Leiden« – rechte
verlebte großtuige Knaben – diese wollen ihn lieben, ja loben? - Davidsbündler, im Augenblick wüßt’ ich niemanden, der das dürfte, als einen
schlesischen Landedelmann, der vor kurzem so an seinen Musikhändler
schrieb:
»Geehrter Herr,
Nun bin ich bald mit meinem Musikschrank in Ordnung. Sie sollten ihn sehen, wie er prächtig ist. Innen Alabastersäulen, Spiegel mit seidenen Vorhängen, Büsten von Komponisten, kurz prächtig. Um ihn aber auf das köstlichste
zu schmücken, bitte ich mir noch sämtliche Werke von Beethoven zu schicken, da ich diesen sehr gern habe.«
Was ich aber sonst noch zusagen hätte, wüßt’ ich meines Erachtens kaum.
Robert Schumann: Schriften über Musik und Musiker, Hrsg. Josef Häusler Reclam 2010
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Joachim Ernst Berendt: Der Klang der Seele
Der menschliche Embryo ist noch keinen Zentimeter groß (sieben oder acht
Tage nach Befruchtung der weiblichen Eizelle), da sind bereits mikroskopisch
kleine Ansätze unverhältnismäßig schnell, und viereinhalb Monate nach der
Befruchtung ist unser eigentliches Hörorgan, das so genannte Labyrinth mit
der Cochlea, komplett fertig. Sogar die für unser erwachsenes Bewusstsein so
wichtige Gabe des Geschlechtes beginnt sich erst nach etwa sechs Wochen
auszuprägen. Aber das Ohr nach sieben bis acht Tagen!
Wie früh der Hörsinn in der Ontogenese des Lebens einsetzt, wird noch deutlicher bei Wesen, deren Lautsinn ähnlich reich entwickelt ist wie der der
Menschen: bei den Vögeln. Da piepen und zirpen die kleinen noch nicht ausgeschlüpften Küken bereits im unversehrten Ei. Sie täten das nicht, wenn sie
nicht hören könnten – in ihrer dünnen, sie schützenden Schale.
Die moderne Sterbeforschung hat gezeigt: Wenn wir sterben – wenn alle unsere Sinne erlöschen – wenn wir vor lauter Schmerzen, die wir dann vielleicht
haben, schon lange nichts mehr fühlen können – schon längst die Augen
geschlossen halten – schon nichts mehr schmecken und nichts mehr riechen
-, dann ist der Sinn, der bei der Mehrzahl der Menschen als letzter erlischt,
der Hörsinn.
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ehrharben und magjestätig in seinen goltinnen Spuren und sein eyesehrnärr
Fürrär und seine quadrat praschenen Holzlattschen und seine magnattische
StumpfBinnder und sein bankuckisches Bestes und Golliars Golloschen und
seine puhlowpuhnäsischen Wächthor. Das ist sein großes weites Fairt. Tip.
Das ist der drei Lipoleumsche Boyn, der hinuntercrouchte in den leebenden
Grarben. Das ist ein feintöttender Inglitschmann, das ist ein Scottische Lauhs,
das ist ein Tagfel der sich undteerwirft. Das ist der Box Lipoleum, wie er die
Lipoeumsche NachHut mohrdet. Ein Fuschsuhldatt arschumentiert. Das ist
der w-arme Lippoleumsche Junge, der wedder Flisch noch Feisch war. Eßraicht, esraicht! Zündloch Fitz Zitzenwitz. Matsch MacMuffel. Und der Haaricke O´Harry. Alle sinn Arminnisch-Wahrunshafte. Dies ist Delian Alps. Dies
ist Mont Tiffel, dies ist Mont Tipsi, dies ist der Grand Mons Injun. Das ist das
Krimelanische der AhlPen, die hopffen die drei Lippoleums zu schutzdachten.
Das ist das Ginnieß, das sich mit ihren Legahorns einfittete, um in ihrren
handgefährtickten Büchern der Strahlegie zu leesehn, während ihrr Kriech
den Willingtun unstierblich machte. Das Ginnieß ist eine Kohnickinn, ihre
Hand und das Giennieß ist ein Rarbinn ihres Harres und der Willingtun
kriecht das Bannt um. Dies ist das grohße Willingtun Ehrinnärrungs-Tolleskopp, der Wunddertäter bellackert an den Flahnken des Ginnieß. Sexcalliburische Pförtegerafft. Tip. Das
Lauschen wir einen Augenblick dem Wort »aufhören« nach. Die Sprache kann
es nur deshalb gebildet haben – nur deshalb macht es seiner linguistischen
Struktur nach Sinn -, weil Sprache, lange bevor unser Kopf dies erkannt hat,
ahnt, fühlt, weiß: Wenn wir aufhören zu hören, dann hören wir auch mit
irgendeiner Tätigkeit, die uns gerade beschäftigen mag, auf. Dann hören wir
auf, etwas zu tun, zu gehen, zu reden, zu leben, hören letztlich auf zu sein.
Und dass dieses Wort außerdem noch die andere Bedeutung hat: Aufhören!
Mit besonderer Achtsamkeit und Bewusstheit hören!, das macht diesen Befund noch relevanter.
Viele Menschen denken, wenn jemand sagt »Ich höre – also bin ich«, an das
berühmte Wort des Descartes: »Ich denke – also bin ich« – ein Wort, das drei
Jahrhunderte abendländischen Denkens begleitet und geformt hat wie kaum
ein anderes. Es bildet eine Grundlage unseres modernen Wissenschaftsdenkens.
Es ist dieses Wort – »Cogito, ergo sum« - , das dazu geführt hat, dass wir Existenz
immer mehr auf den Kopf reduzierten und unsere leib-seelische Einheit – die
Erfahrung des ganzen Menschen und des wahren Seins in seinem Reichtum
und seiner Fülle – verloren haben.
Wie ist es möglich, dass uns die Absurdität dieses Satzes während rund zehn
Generationen menschlichen Denkens, Forschens, Lebens nicht aufgefallen
ist? Am intensivsten bin und lebe ich doch gerade dann, wenn ich nicht denke. Im Erlebnis einer Landschaft. Auf dem Gipfel eines Berges. Vor – oder gar
in – den Wellen des Meeres. Eingetaucht in den Klangwellen der Musik.
Es ist auch an der Zeit, dass wir uns den Hochmut und die Überheblichkeit
dieses Satzes »Ich denke – also bin ich« vergegenwärtigen. Hochmütig ist er
insofern, als er den vielen, vielen Lebewesen auf diesem Planeten, die nicht
– oder wenig? – denken, das Seinsrecht abspricht. Ich konstruiere das nicht. In
der Tat hat Descartes’ Satz jenes Wissenschaftsdenken begründet, das seinerseits die Basis einer Wissenschaftspraxis ist, die dazu geführt hat, dass heute
täglich (!) etwa fünfzig Arten – jede einzelne unter ihnen eine in Millionen
von Jahren entwickelte und bewährte Lebens- und Seinsform – unwiederbringlich ausgelöscht werden.
James Joyce: Finnegans Wake (1939), S.8, London: Faber & Faber (dt. Übersetz. 2. Aufl. 2009)
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Ganz bestimmt haben Sie Recht. Dennoch es ging ja um die These, dass »Neue
Musik« die Musikhörer »überfordert«. Ich meine sie »überfordert« sie nicht,
sie ist ja oft sehr simpel gestrickt im Vergleich zu Beethovens oder Schuberts
letzten Werken, sondern sie schreckt sie ab. Natürlich kann jeder seiner Experimentierfreude (auch um die Last der Tradition abzuschütteln) - wie Schönberg - freien Lauf lassen. Aber er kann nicht verlangen, dass das Publikum
gehorsam folgt. Die Menschen, die klassische Musik hören, sind ja nicht gerade diejenigen, die immer zu den gleichen Töpfen eilen wollen. Mozart und die
anderen haben immer für ein Publikum komponiert. Goethe sagte zu Eckermann: Selbst wenn Sie nur 5 Leser erwarten, schreiben Sie so als handelte es
sich um fünf Millionen. Die Komponisten der neuen Musik schreiben offensichtlich gegen das Publikum, in der Regel für Meriten innerhalb der eigenen
Gemeinde. Und sind beleidigt, wenn das »breite Publikum« ausbleibt. Ich
wollte einmal in ein Konzert in der Philharmonie mit neuer Musik: Ausverkauft. Ich habe trotzdem eine Karte ergattert und war dann erstaunt, dass ein
Drittel der Plätze frei war. Die Abonnenten waren weggeblieben. Sollte man
sie deshalb beschimpfen?
Bahnen wir nicht auch mit der Überschätzung unseres Seh- und der Unterschätzung unseres Hörsinns jenen Zustand an, auf den die moderne Gesellschaft zusteuert – den der Entfremdetheit, des Abgeschnittenseins, des Getrennt- und Isoliertseins? Der Kommunikation allenfalls noch über den
Bildschirm – mit Maschinen statt mit Menschen?
Schon Immanuel Kant wusste:
»Nicht-sehen trennt den Menschen von den Dingen.
Nicht-hören trennt den Menschen vom Menschen.«
Joachim Ernst Berendt: Ich höre also bin ich, Verlag: Herder Spektrum
Kommentar eines anonymen Users auf einen Artikel von Claus Spahn im Onlinearchiv der ZEIT
(http://www.zeit.de/2009/45/N-Musik-Replik?page=all).
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Dies ist der Weg zum MusseumsRauhm. Piß beim Eintritt auf deinen Huppf
auf! Nun biest duh im Willingtunschen MuckseumsRaum. Das da ist eine
Pruhsische Bückse. Dies ist eine frinzeusische. Tip. Das ist eine Flicke der
Pruhsehn, die Tasche und die UntairTasche. Das ist die Kuhgell, die die Flugge
der Pruhsehn pengte. Dies ist der Frinzoose, der die Kugull feierte, die die
Flugge der Prihsehn pengte. Saalluht der Kroitz-Kannonne. Hoch mit euren
Picken und Gabeln! Tip. (BullsViehs! Hüppsch!) Das ist der dreieinigste Hut
von Lippoleum. Tip. Lippoleumhurt. Das ist Willingtun auf seinem selbigen
wheißen Värt, dem Kuckenhaffen. Das ist der große Schliechder Willingtun,
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Wir haben gesagt: Das Hören bringt Intensität ein. Die größte Intensität – wir
erfahren das in der Liebe – ist Einswerden. Die Frage »Wer hört was?« mag
wichtig sein, aber sie bleibt an der Oberfläche. Es ist eine Seh-Frage. Der Sehende steht da und blickt irgendwohin; dorthin sendet er seinen Seh-Strahl.
Sehen ist nicht möglich ohne Trennung in Subjekt und Objekt. Aber der Hörende nimmt auf – nimmt in sich hinein. Er löst die Trennung auf. Hören löst
»Sonderungen« auf.
Niemand hat das schöner gesagt als Bhagwan Shree Rajneesh: »Ob du mir
zuhörst, oder einem Flötenspieler zuhörst, oder den Vögeln am frühen Mor-
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und was wir tief nennen; doch die Gründe darzulegen, warum dies überaus
unwissenschaftliche, unsubstantielle Ding, das wir Musik nennen, uns bewegt, wie es das tut, uns so tief berührt, wie es das kann, ist etwas, das niemand je vermocht hat. Und je mehr man nachdenkt über das ganz und gar
erstaunliche Phänomen, das die Musik ist, um so mehr erkennt man, wieviel
von seiner Wirkung das Produkt der durch und durch künstlichen Konstruktion systematischen Denkens ist. Mißverstehen Sie mich nicht: Wenn ich sage
»künstlich«, so meine ich nichts Schlechtes. Ich meine einfach etwas, das
nicht notwendig »natürlich« ist, und »notwendig« trägt der Vorsicht Rechnung, daß es sich im Unendlichen herausstellen könnte, daß es schließlich
doch natürlich gewesen ist. Doch soweit wir wissen können, ist die Künstlichkeit des Systems das einzige, das für die Musik ein Maß unserer Reaktion auf
sie vorsieht.
Ist es demnach möglich, daß diese Reaktion ebenfalls simuliert ist? Mag sein,
daß auch sie künstlich ist. Vielleicht ist es dies, was das ganze komplizierte
Lexikon der Musikerziehung bewerkstelligen soll – eben eine Reaktion zu
kultivieren auf eine gewisse Menge von symbolischen Klangereignissen. Und
nicht reale Ereignisse, die reale Reaktionen hervorrufen, sondern simulierte
Ereignisse und simulierte Reaktionen. Vielleicht, wie Pawlowschen Hunden,
schaudert es uns, wenn wir eine vorgehaltene Terzdezime erkennen, und es
wird uns warm bei dem sich auflösenden Dominantsextakkord, eben weil wir
zu diesen Reaktionen erzogen worden sind. Vielleicht deshalb, weil wir uns
haben beeindrucken lassen von unserer Fähigkeit zu reagieren. Vielleicht
steckt nicht mehr dahinter, als daß wir Gefallen gefunden haben an uns
selbst – daß die ganze Ausübung von Musik die Vorführung einer Reflexwirkung ist. (...)
gen zuhörst, oder ob du an einem Wasserfall sitz und ihm zuhörst, es kann
die gleiche Erfahrung kommen. Sie kommt nicht aus dem, was du hörst, sie
kommt, weil du hörst…«
Joachim-Ernst Berendt: Das Dritte Ohr – Vom Hören der Welt,
Reinbek bei Hamburg, 1988, S. 96
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...
Das Sehen informiert uns über die äußere Beschaffenheit und den »Zustand«
der Welt. Das Hören informiert uns über die innere Beschaffenheit der Welt,
vor allem über das Innenleben unserer Mitmenschen, über ihre Gedanken,
Stimmungen und Veränderlichkeien.
[...]
Hören (und insbesondere das Hören von rhythmischen Informationen) ist für
den Menschen [...] eine Ur-Wahrnehmung (die lange vor Begriff, Sprache,
Logik funktionierte), auf die wir - bei divergierenden Inhalten der Informationen
von Auge und Ohr - im Entscheidungsfalle immer vertrauen. Das Ohr ist stärker als das Auge, und Musik kann deshalb Bilder stark beeinflussen.
...
Norbert Jürgen Schneider: Komponieren für Film und Fernsehen - Ein Handbuch, S. 31+34)
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Van Vliet befindet sich mit seiner kleinen Tochter Lea im Bahnhofsgebäude
und kommt vom Zug. Sie sind auf dem Weg nach Hause. Die Tochter hört
Musik und folgt dieser. Der Vater muss ihr nachgehen:
»Fast schienen die Töne dann wie aus dem Jenseits zu kommen… ein bisschen
war es, als spräche Gottes wortlose Stimme zu den atemlos lauschenden Reisenden, die ihre Koffer, Rucksäcke, und Taschen neben sich auf den Boden
gestellt hatten und die überwältigende Musik in sich aufnahmen wie eine
Offenbarung. Die übrigen Geräusche des Bahnhofs schienen neben der Musik
keine Wirklichkeit zu besitzen. Was da an Klängen … kam, besaß eine eigene
Wirklichkeit, die, so ging es mir durch den Kopf, selbst von einer Explosion
nicht hätte erschüttert werden können.
Noch hatte ich … keine Ahnung, als ich nun zu … [Lea] hinunterblickte und
ihre Augen sah, mit denen etwas Unglaubliches geschehen war. Lea hielt den
Kopf zur Seite geneigt, offenbar, um durch eine schmale Gasse in der Menge
eine bessere Sicht … zu haben. Die Sehnen am Hals waren bis zum Zerreißen
gespannt, sie war nur noch Blick. Und die Augen leuchteten! … der neue
Glanz … ließ sie so aussehen, als habe sich für meine Tochter plötzlich der
Himmel geöffnet. Ihr Körper, der ganze Körper, war bis zum Zerbersten angespannt, und die Knöchel ihrer Fäuste hoben sich gegen die restliche Haut ab
als kleine weiße Hügel. Es war, als müsse sie ihre ganze Kraft aufbieten, um
der verzaubernden Macht der Musik standhalten zu können.«
Glenn Gould: Von Bach bis Boulez, Schriften zur Musik, Hrsg. von Tim Page, Übersetzung Hans
Joachim Metzger, Piper, München 1986, S. 20/21
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Geld oder Grille
Ein Indianer besucht einen weißen Mann. In einer Stadt zu sein, mit dem
Lärm, den Autos und den vielen Menschen – all dies ist ungewohnt und verwirrend für ihn.
Die beiden Männer gehen die Straße entlang, als der Indianer plötzlich stehen
bleibt: »Hörst du auch, was ich höre?« Der Andere horcht: »Alles, was ich
höre, ist das Hupen der Autos und das Rattern der Omnibusse.« »Ich höre
ganz in der Nähe eine Grille zirpen.« »Du musst dich täuschen. Hier gibt es
keine Grillen. Und selbst wenn es eine gäbe, man könnte sie bei dem Lärm
nicht hören.« Der Indianer geht ein paar Schritte weiter und bleibt vor einer
Hauswand stehen. Wilder Wein rankt an der Mauer. Er schiebt die Blätter
auseinander – und da sitzt tatsächlich eine Grille.
Der Andere sagt: »Indianer können eben besser hören als Weiße.« »Ich bin
nicht sicher«, erwidert der Indianer, lässt sich ein 50-Cent-Stück geben und
wirft es auf das Pflaster. Es klimpert auf dem Asphalt, Leute bleiben stehen
und sehen sich suchend um. »Siehst du«, sagt der Indianer, »das Geräusch,
das das Geldstück gemacht hat, war nicht lauter als das der Grille. Und doch
hörten es viele. Wir alle hören eben auf das, worauf wir zu achten gewohnt
sind.«
Pascal Mercier: Lea, S. 20-26
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Glenn Gould: Auszug aus dem Text Rat an eine Abschlussklasse von 1964
(...) Und Musik, wie Sie wissen, ist eine äußerst unwissenschaftliche Wissenschaft, eine äußerst unsubstantielle Substanz. Niemand hat uns je wirklich
vollständig vieles von dem erklärt, was seit Urzeiten offensichtlich ist bei der
Musik. Niemand hat uns wirklich erklärt, warum wir hoch »hoch« nennen
und tief »tief«. Jeder bringt es fertig, uns zu erklären, was wir hoch nennen
Verfasser unbekannt, aus: Typisch! Kleine Geschichten für andere Zeiten, hg. von Andere Zeiten e.V.,
Hamburg 2005
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... Ich höre Musik. Vor mir, auf einem kleinen Podium etwa, sitzen oder stehen mehrere Menschen. An Gerätschaften, mechanisch, elektromechanisch
oder elektronisch, fuhrwerken sie herum und bringen auf eine untereinander
verbundene Art und Weise Klänge hervor; Klangfolgen, die einander hinterherschwingen, sich auftrumpfen oder unterfüttern, die als Melodielinien oder
Tonreihen, als Klangereignisse oder Schallbänder, -fäden, -tropfen, -perforierungen mich durchzittern.
Diese Musik wurde — meistenteils — nicht zuvor aufgezeichnet, ehe ich sie
hier höre. Die Klänge wurden nicht von Membranen bestimmter Form und
Größe aufgenommen, die Schwingungen in elektrische Impulse weiterleiteten und analog oder digital speicherten. Diese Musik durchdringt mich. Sie
wird hier und jetzt hervorgebracht. Die Reflexions- und Resonanzverhältnisse
meines Körpers sind der Ort, an dem die Klänge, die ich höre, widerhallen.
Bin ich der Ort der Musik?
noch mal lesen, im Text zurückblättern, Zusammenhänge zurückverfolgen.
Das kann der Hörer eines Textes alles nicht. Radio zum Beispiel ist ein lineares Medium, welches unaufhaltsam abläuft. - Stoppen wir es, verlieren wir
den Anschluss.
Dem Hörer fehlt außerdem die visuelle Orientierung, die dem Leser durch das
Layout, durch Satzzeichen, Absätze, Fotos und vieles mehr angeboten wird.
Wenn der Hörer dem Inhalt eines Hörbeitrages nicht mehr folgen kann, steigt
er aus. Lauschen Sie einem Hörbuch, können Sie im Prinzip »zurückspulen«,
den Beitrag noch mal hören - aber ganz ehrlich: Wie oft macht man das? Und
ist es nicht schöner, alles auf einmal in sich aufzunehmen und dabei auch
auf Anhieb zu verstehen?
Brigitte Hagedorn:Schreiben fürs Hören ist Schreiben fürs Sprechen
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Es ist eine Hitparade des Grauens, die »Greatest Hits von Guantanamo«: Metallica, Bruce Springsteen, Eminem und der Titelsong der »Sesamstraße«. In
diesem Fall macht nicht die Mischung das Grauen aus, sondern die Lautstärke. Diese und viele weitere Songs setzen Verhörexperten der US-Streitkräfte
als Folter unter anderem im Gefangenenlager Guantanamo ein.
Musik als Folter – was zunächst wie ein Witz klingt, hat Ruhal Ahmed selbst
aushalten müssen. Er hat zweieinhalb Jahre ohne offizielle Anklage im amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba gesessen. Er sagt, wie
aus Musik Qual wird. Die Folter dauert Stunden, oft sogar Tage. »Du kannst
dich nicht mehr konzentrieren, du glaubst, du wirst verrückt«, beschreibt
[ein] der Ex-Häftling.
Und genau das ist auch das Ziel der Methode: den Willen zu brechen. Um die
Häftlinge unter Druck zu setzen, wird gern stressvolle Musik genommen,
beispielsweise Rap, Heavy Metal oder Death Metal. Die »Hitliste« der Folterer
ist lang: »Hells Bells« und »Shoot to Thrill« von AC/DC, »Enter Sandman« von
Metallica, »White America« von Eminem.
Aber auch Britney Spears, Christina Aguilera, Neil Diamond oder der Titelsong
der »Sesamstraße« sind dazu geeignet, Inhaftierte in den Wahnsinn zu treiben - und das ist in diesem Fall wörtlich gemeint. »Laut abgespielt, löst solche
Musik einen Adrenalinschub aus, der Mensch findet keine Ruhe mehr«, erklärt Christine Schoenmakers von Amnesty International. Kombiniert mit
ständigem Schlafentzug und taghellem Licht sind die Menschen »letztlich
traumatisiert«, sagt die Expertin.
Ruhal Ahmed hat die Tortur überstanden – und lebt heute bei Birmingham.
Doch auch diejenigen, deren Musik als Folter missbraucht wird, sind damit
nicht mehr länger einverstanden. Zusammen mit der Menschenrechtsorganisation »Reprieve« kämpfen Musiker wie David Gray gegen Missbrauch ihrer
Kunstwerke. Ausgerechnet Grays eher sanftes Lied »Babylon« wurde auch zur
Folter eingesetzt.
Die Organisation will Künstler dazu ermutigen, entsprechende Klauseln in
ihre Verträge aufzunehmen und sich öffentlich gegen Musikfolter auszusprechen. »Wir sprechen hier von Menschen, die in dunklen Räumen gefangen
sind, mit Handschellen gefesselt, mit Säcken über ihren Köpfen und Musik,
die auf sie einhämmert.« Um welche Art von Musik es sich handele, sei egal,
so Gray. »Es ist Folter.«
Holger Schulze: Hören mit dem Körper
Quelle:http://dsounds.netzwerkneuemusik.de/ausgabe-1/hoeren-mit-dem-koerper.html
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Bevor Musik beginnen kann, muss Stille sein. Absolute Stille. Nichts darf
klingen, und alles scheint möglich. Der Bleistift ruht in einer Hand über dem
leeren weißen Blatt. Stille ist der Urzustand jeder Musik. Sie hat etwas Magisches. Je länger sie anhält, desto gespannter warten wir auf das, was kommen
wird.
Nacheiner langen Stille kann ein einzelner Klang die ganze Welt bedeuten.
Das ist so, wie wenn man einen Stein in einen See wirft, der eben noch ganz
ruhig dalag. Durch die Berührung mit der glatten Wasser
oberfläche entsteht Bewegung. Eine Welle breitet sich
Stille
aus und setzt sich fort, bis ihre Energie erschöpft ist. Das
kann lange dauern und ist wunderschön anzusehen. Der
Schlag auf eine Glocke versetzt einen ganzen metallenen
Körper in Schwingung. Er sendet Schallwellen aus, nach allen Richtungen.
Diese können den entstandenen Klang über weite Entfernungen tragen, wenn
der Wind entsprechend weht. Lange klingt er nach. Wir folgen mit unserem
Ohr, bis er nicht mehr zu hören ist. So als sei nie etwas gewesen.
Ingo Metzmacher: Keine Angst vor neuen Tönen – Eine Reise in die Welt der Musik, S. 110
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… Bergs Wozzeck ist für manche eine der fesselndsten Opern, [...] Für andere
ist Wozzeck bloß ein Wust von Missklängen. Solche Diskussionen werden
schnell hitzig; wir reagieren unduldsam auf den Geschmack anderer, bisweilen gar gewaltsam. Andererseits kann uns Schönheit an unerwarteten Orten
begegnen. »Wo wir auch sind«, schrieb John Cage in seinem Buch Silence, »wir
hören meistens Lärm. Ignorieren wir ihn, stört er uns. Lauschen wir ihm,
finden wir ihn faszinierend.«
Alex Ross: The rest is noise – Das 20. Jahrhundert Hören, Piper Verlag, München 2009; S.11 f.
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Texte, die nicht gelesen, sondern vorgelesen werden, müssen anders geschrieben werden, weil ein Leser den Inhalt anders aufnehmen muss als ein Hörer.
Lesen wir einen Text, bestimmen wir selbst das Lesetempo, wir können Sätze
Musik als Folter: Die »Greatest Hits« von Guantanamo, Quelle: http://www.stern.de/politik/ausland/
musik-als-folter-die-greatest-hits-von-guantanamo-648547.html (Erscheinungsdatum: 10. Dezember
2008, 15:07 Uhr)
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ler nach Pugnani in e-moll mit vorgegebenen Fingersätzen und Strichen,
dynamischer Angabe sowie festgelegtem Tempo mittels Metronom (Viertel=80
Schläge /min) jeweils im Stehen und im Sitzen gespielt.
Bei den Messungen mittels Posturometer steht oder sitzt der Proband auf der
Messplatte. Die Ergebnisse der Messungen werden als Diagramme auf dem
Computer wiedergegeben und zeigen im Stehen die Druckpunkte des linken
und rechten Fußes und im Sitzen die Druckpunkte der beiden Sitzhöcker .
Für die dreidimensionale Bewegungsanalyse mittels des 3D Viconsystems
(zwei digitale Kamers mit Peak Motus Software zur Auswertung) wurden
Modelle erstellt, welche die Fixierung von Leuchtpunkten an verschiedenen
Körperpunkten festlegen. In der Untersuchung wurden die obere und untere
Rückenpartie sowie die Stationen des Bogenarms (Abb.1b) gemessen.
Céline Wasmer
Untersuchung der Spielbewegung bei Geigern im Stehen
und Sitzen
Einleitung
In der gegenwärtigen Konzertpraxis bei größeren Ensembles und Orchestern
spielen die Musiker in der Regel im Sitzen in einer konventionell festgelegten
Instrumentenposition um den Dirigenten. Ausnahmen bilden hier Orchester
wie das Freiburger Barockorchester, die sich der historisch informierten Aufführungspraxis verschrieben haben.
Die sitzende Spielposition war jedoch in der Geschichte der Konzertpraxis
nicht immer vorherrschend. Noch bis 1850 war eine stehende Gruppe der hohen Streicher im Leipziger Gewandhaus oder in der Meininger Hofkapelle
üblich, wodurch »eine größere Freyheit und Kraft des Spielers« verbürgt wurde
(Schreiber, 1978). Im Verlauf des 19. Jahrhunderts pflegten - abhängig von den
jeweiligen räumlichen Gegebenheiten - die Spieler im Stehen oder im Sitzen zu
spielen. Mit zunehmenden Ensemblegrößen bis hin zu den großen Sinfonieorchestern der Spätromantik bürgerte sich vor allem der Übersichtlichkeit wegen
allmählich immer mehr die sitzende Position der Musiker ein, so wie sie heutzutage in der Konzertpraxis weltweit üblich ist.
Im Gegensatz zu dieser Konzertpraxis jedoch üben Violinisten, wenn sie alleine spielen, gewöhnlich ihre Etüden, Sonaten und Konzerte, aber auch Orchesterstellen im Stehen. In der instrumentalpädagogischen Literatur finden sich
zur Bedeutung der Spielposition Stehen oder Sitzen keine detaillierten Angaben, in den meisten Geigenschulen wird das Thema gar nicht erwähnt. Die
Diskrepanz zwischen individueller Übesituation und Orchesterpraxis wirft
jedoch die Frage auf, ob die Bewegungsabläufe so, wie sie im Stehen einstudiert werden, ohne bewusste Veränderungen auf das Spiel im Sitzen übertragen werden können.
Ergebnisse
Die statistische Auswertung der Messungen mittels der Posturographie zeigt
eine deutliche Ungleichverteilung der Druckschwerpunkte zwischen linkem
und rechtem Sitzhöcker im Sitzen in signifikantem Unterschied zu einer nahezu gleichverteilten Balance des Gewichts auf beiden Füßen im Stehen
(Abb.2). Diese Unterschiede fanden sich bei allen Probanden mit einer statistisch signifikanten Mittelwertsdifferenz.
In der Auswertung der Vorgänge im Rückenbereich präsentieren sich großzügige Bewegungen des ganzen Körpers während des Spielens im Stehen (Abb.3
oben), wohingegen das untere Rumpfsegment im Sitzen bei den meisten Probanden nahezu bewegungslos bleibt (Abb.3 unten) und durch die entstehenden Scherkräfte im Übergangsbereich hohen Belastungen ausgesetzt ist.
Die Ergebnisse der Bewegungsanalyse aus seitlicher Perspektive auf den Bogenarm weisen auf ein signifikant kleineres Bewegungsausmaß des Ellbogengelenks im Sitzen als im Stehen hin (Abb.4), was in einigen Fällen durch eine
geringer Streichgeschwindigkeit und eine geringere Nutzung der gesamten
Bogenlänge im Sitzen kompensiert wird.
Zusammenfassung
Insgesamt weisen die Ergebnisse der Untersuchung darauf hin, dass in Instrumentalpädagogik und -praxis ein bewusster Umgang mit den Spielpositionen
Stehen und Sitzen erfolgen sollte, da beide Spielpositionen systematische
Unterschiede in den Spielbewegungen zur Folge haben. Die praktische Anwendung der Ergebnisse könnte darin bestehen, bereits in der Übesituation
die spätere Konzertposition einzunehmen. Die Isolierung des unteren Rumpfsegments im sitzenden Spiel stellt einen möglichen Risikofaktor zur Entwicklung von Rückenschmerzen dar, wie sie sich häufig bei Orchestermusikern
finden. Hier kann mit entsprechenden Übungen zur Körperwahrnehmung
und Bewegungsintegration vorgebeugt werden.
Fragestellung
Angesichts der Variabilität zwischen stehender und sitzender Spielhaltung
bei Geigern interessiert deshalb aus bewegungsanalytischer Sicht die Frage,
ob sich zwischen beiden Grundpositionen systematische Unterschiede in den
Bewegungsabläufen beim Geigenspiel beschreiben lassen.
Stichprobe
Diese Fragestellung wurde in einer experimentellen Beobachtungsstudie an
19 gesunden Probanden untersucht. Einschlusskriterien für die Teilnahme an
der Studie waren das Lebensalter (20 bis 30 Jahre), sowie eine mehrjährige
Instrumentalausbildung auf der Violine (mindestens 10 Jahre). Außerdem
sollte der Proband entweder Musik mit Haupt- oder Nebenfach Violine studieren oder Mitglied eines professionell geleiteten Orchesters sein.
Ausschlusskriterien waren aktuelle Beschwerden im Zusammenhang mit
dem Geigespiel.
Auszüge aus der Medizinischen Dissertation von Céline Wasmer aus dem Institut für Musikermedizin
Die Arbeit wird als Band 7 der Schriftenreihe des FIM »freiburger beiträge zur musikermedizin«
(Hsg. Claudia Spahn) erscheinen.
Céline Wasmer absolvierte ein Doppelstudium in Musik und Medizin. Sie
hat ihr KA Studium in Konzert- und Operngesang an der Hochschule für
Musik Freiburg abgeschlossen und befindet sich aktuell im Medizinstudium
im Praktischen Jahr.
Methoden
Es wurden Messreihen mittels Posturometer und quantitativer dreidimensionaler Bewegungsanalyse vorgenommen. In den Messreihen wurden die ersten
sechs Takte des Präludiums aus dem »Präludium und Allegro« von Fritz Kreis-
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- 28 -
n der Segmente ist wichtig für die Definition der Winkel zwischen zwei
reihen - Perspektive auf den Rücken und Perspektive auf die rechte Seite des
rden zwei Modelle erstellt (Abb. 4.8, 4.10).
1
2
3
4
5
9
6
8
7
Abbildung 1:
links: Bewegungsanalyse der
oberen und unteren Rückensegmente: Modell mit anatomischen
Punkten sowie Anbringung der
Leuchtmarker am Rücken der
Probandin
rechts: Bewegunsanalyse des
Bogenarms: Modell mit anatomischen Punkten sowie Anbringung
der Leuchtmarker bei der Probandin
Abbildung 3:
Unterschiedliche Bewegungen in
der Bewegungsanalyse in den
oberen und unteren Rückensegmenten im Vergleich von Stehen
und Sitzen beim Geigenspiel
(exemplarisch Proband 13): Die
Kurven im Stehen zeigen in allen
Rückenpartien einen bewegten,
ähnlichen Verlauf, während im
Sitzen die unteren Rückensegmente gerade Linien, d.h. kaum Bewegung aufweisen, die oberen
Rückensegmente jedoch große
Bewegungen zeigen
.8: Definierte Punkte für die Messungen des Rückens. Modell und Probandin.
eihe der Rückenansicht waren folgende neun Punkte definiert, an denen
rsuche reflektorische Marker befestigt wurden:
occipitalis externa (1), rechte (2) und linke (3) Spitze des Acromions,
C4 (4), Brustkyphose ca.T6 (5), Lendenlordose ca. L3 (6), proximales Os
rechts und links 7 cm medial der Spinae iliacae posteriores (8, 9).
Abbildung 2:
Deutliche Gewichtsverlagerung
nach links beim sitzenden Geigenspiel, ausgeglichene Gewichtsverteilung zwischen rechts und links
beim stehenden Geigenspiel
n Winkel wurden in diesem Modell folgendermaßen festgelegt (Abb. 4.9):
ker Kopfwinkel zwischen Kopf/C4/rechter oder linker Schulter; Halslordose
/Hals/Brust. Außerdem Brustkyphose und Lendenlordose, Schulterwinkel
er Schulter/Hals/linker Schulter, Hüfwinkel zwischen rechter Hüfte/Lende/
chter und linker Hüftwinkel zwischen rechter bzw. linker Hüfte/Lende/Brust.
Abbildung 4:
Bewegungsausmaß im Ellbogengelenk des Bogenarms beim
Geigenspiel (exemplarisch Proband 17): Die Kurve mit der größeren Amplitude im Ellbogengelenk
zeigt das Spiel im Stehen, die
geringere Amplitude im Ellbogengelenk findet sich beim Spiel im
Sitzen.
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JAHRESBERICHT
2009/10
Jahresbericht 2009/10 der Hochschule für Musik Freiburg, vorgetragen von
Rektor Dr. Rüdiger Nolte in der Senatssitzung am 13. Oktober 2010.
Finanzielles
Gab es im letzten Jahresbericht zu diesem Punkt noch einigermaßen Erträgliches zu vermelden, hat sich die finanzielle Situation im Berichtszeitraum
Oktober 2009 bis September 2010 rapide verschlechtert. Dies führte nun doch
im Einzelfall zu erheblichen Einschränkungen auch bei bereits fest geplanten
Neuerungen (neue Medien) und selbst in festen Zusagen im Rahmen von
Berufungsverhandlungen (Tutorate, Institutsbudgets).
Allgemein wirken sich jedes Jahr potenziert problematisch aus die festgeschriebenen und seit Jahren nicht an die Inflationsrate bzw. Lohnentwicklung
angepassten Beträge für
• Investitions- und Sachausgaben
• Personalausgaben, soweit diese nicht aus festen Stellen geleistet werden (z. B. Tutoren).
Die Einnahmen aus Studiengebühren sind seit Einführung 2008 eingebrochen von rd. 420.000 Euro über rd. 300.000 Euro 2009 auf jetzt rd. 260.000
Euro durch Einführung einer völlig undifferenzierten Geschwisterregelung.
Die so genannte globale Minderausgabe, durch die der vom Landtag beschlossene Haushalt gleich mal wieder gekürzt wird, beträgt im Jahre 2010 nun rd.
139.000 Euro statt wie in den vergangenen Jahren rd. 120.000 Euro.
Zur Finanzierung eines Innovationsfonds der Universitäten und Hochschulen
in Baden-Württemberg wurden die Hauhaltsmittel im Sachbereich um rd.
56.000 Euro gekürzt. Daraus werden Anschubfinanzierungen für Innovationen finanziert. In wie weit Musikhochschulen hieran teilhaben können,
bleibt abzuwarten. Erste Erfahrungen im Jahr 2010 ermutigen nicht.
Ganz enorm belastend ist das bei weitem nicht ausreichende Budget für die
Professuren. Zum 1.1.2005 wurde die W-Besoldung eingeführt und damit ein
fester Haushaltsrahmen für die Professorenbesoldung. Dies sollte kostenneutral geschehen; einfach gesagt: Auf der Grundlage der tatsächlichen Gesamtausgaben für die Professorinnen und Professoren im Jahre 2001 wurde ein
Besoldungsquerschnitt, also ein Betrag pro Professur festgelegt, der multipliziert mit der Anzahl der besetzten Professuren das Gesamtbudget bildet. Dieser Besoldungsquerschnitt wird jedes Jahr an die Besoldungserhöhungen
angepasst. Die Kostenneutralität macht sich in der Theorie ganz prima; den
Praxistest allerdings hat diese Formel nicht bestanden. Im Berichtszeitraum
gab die Hochschule etwa 95.000 Euro mehr aus für die »C-Professoren« als im
Budget vorhanden, obwohl sie auf diese Besoldung weder Einfluss hat noch je
hatte. Für die neuen »W-Professoren« hingegen werden rd. 40.000 Euro weniger ausgegeben als eigentlich für diesen Personenkreis vorhanden. Diese jährliche Unterfinanzierung von rd. 55.000 Euro kommt der Streichung einer
Professur gleich, was ganz sicher nicht in der Absicht von irgend jemanden
liegt, aber dennoch zu konstatieren bleibt.
Auch der Betrag, der aus freien Stellen entnommen und für andere Zwecke
der Hochschule verwendet werden kann, ist seit mindestens 2005 nicht erhöht worden.
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5 Professuren befanden und befinden sich im Berichtszeitraum in verschiedenen Stadien der Ausschreibung bzw. der Vorbereitung hierzu. Allein eine gehörige Anzahl von Mitgliedern in die Berufungskommissionen zu finden, ist
extrem mühsam; ganz zu schweigen von der enormen Arbeit für den Rektor
und die Prorektoren, die mit dem Vorsitz der jeweiligen Prozedur betraut werden. Für den Kanzler allerdings wird sich im Jahre 2011 dann die Arbeit mit
den Berufungsverhandlungen ergeben.
Auf der anderen Seite ist der Hochschule aufgrund der geschilderten Situation
dankenswerterweise ein Betrag von 50.000 Euro aus Zentralmitteln des Ministeriums bewilligt worden, um die gröbsten Schräglagen zu mildern. Damit
konnte wenigstens ein großer Teil des 2008 bzw. 2009 begonnenen Orgelerneuerungsprogramms zu Ende geführt werden: Orgelmodernisierung im
Konzertsaal, neue Übeorgel im Keller sowie neue Orgel in Raum 365.
Und ohne einen Zuschuss, den die Hochschule für 4 zusätzliche Studienanfängerplätze die letzten 3 Jahre und noch (und letztmals) 2011 erhält, wären
mindestens 4 volle Lehraufträge nicht mehr zu zahlen. Übrigens: Auch die
Haushaltsmittel für diesen Personenkreis wurden seit mehr als 7 Jahren nicht
angepasst…
Erhebliche Unruhe gab es in Teilen der Professorenschaft in der Frage der in
einigen Fällen gewünschten Verlängerung von Dienstverhältnissen über die
Pensionsgrenze hinaus. Das Rektorat hatte zu diesem Punkt in der Vergangenheit durchaus die eine oder andere Verlängerung beschlossen, musste aber
Anfang 2010 die genannte höchstproblematische Finanzsituation feststellen,
die so nicht vorhersehbar war und durch eine aus Sicht der Freiburger Hochschule sehr unglückliche Entscheidung des Ministeriums hinsichtlich der
Verteilung des Budgets für die Professorengehälter entstand. Daraufhin wurde beschlossen, grundsätzlich keine Verlängerungen von Dienstverhältnissen
mehr auszusprechen, weil sie schlicht und einfach nicht finanzierbar sind. So
würde ein verlängertes Dienstverhältnis mit einem C4-Professor Monat für
Monat mindestens rd. 600 Euro Mehrkosten mit sich bringen, die nicht gedeckt sind. Das ist nicht möglich und müsste jedem klar sein, der die Grundrechenarten beherrscht.
Ganz schlimm ist die Situation im Bereich der Gebäudebewirtschaftung
sprich: der Sanierung und Wartung. Im Berichtszeitraum ist der Etat, der von
der Bauverwaltung zur Verfügung gestellt wird, so zurückgefahren worden,
dass noch nicht mal Dringendstes in Auftrag gegeben wurde. So werden die
neuen Flügel und Klaviere in den Übräumen aufgrund der dortigen Trockenheit erheblich beeinträchtigt und laufen reale Gefahr, bald nicht mehr verwendbar zu sein. Dies würde einen Totalschaden von ca. 700.000 Euro bedeuten. Die Hitzeentwicklung im Raum 156 (Chor- und Orchesterprobensaal) im
Sommer ist mittlerweile unerträglich und stark gesundheitsgefährdend. Abhilfe ist nicht in Sicht. Von maroden Fenstern und Ähnlichem will man in
diesem Zusammenhang gar nicht reden. Oder gar vom Umbau im Hörsaal,
damit – so irgendwann wieder Geld vorhanden, z. B. aus dem Innovationsfonds – die geplanten neuen Medien eingerichtet werden können.
Die Altersstruktur bei den Akademischen Mitarbeitern im Übrigen ist so
strukturiert, dass hier im Gegensatz zu den Professuren kein heftiger Generationswechsel ansteht. Ähnliches trifft auch auf den Personenkreis der Lehrbeauftragten zu.
Gerade wegen der anstehenden Übergabe der Geschäfte des Kanzlers am
1.5.2011 ist es ausgesprochen traurig für den Jetzigen nach Jahrzehnten einer
guten bis gerade noch akzeptablen finanziellen Ausstattung der Hochschule
und der Bauverwaltung, einen solchen Mangel übergeben zu müssen.
Im Sommersemester 2010 wurde im Zusammenhang mit der Erarbeitung
eines fortgesetzten Struktur- und Entwicklungsplans von einer Arbeitsgruppe
des Senats durchaus kontrovers die zukünftige Schwerpunktsetzung der
Hochschule bei der Neubesetzung bis 2016 freiwerdender Professuren diskutiert. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.
Personelles
Wie schon im letzten Jahresbericht angedeutet, beschleunigt sich die Zahl der
Neubesetzungen von Professuren. 2009/2010 wurden fünf Neuberufungen
abgeschlossen, von denen drei zum 1.10.2010 besetzt werden
• 1 Professur für Klavier
• 1 Professur für Violine
• 1 Professur für Partienstudium und Korrepetition in der Opernschule
Zwei weitere Professuren werden zum 1.4.2011 besetzt
• 1 Professur für Klavier
• 1 Professur für Violoncello
Die Berufungsverhandlungen waren bis auf eine sehr unkompliziert. Aber an
dieser Stelle darf auch nicht verschwiegen werden, wie beschämend gering
der Spielraum bei den Gehaltsgesprächen in der neuen W-Besoldung ist. Ohne
Zulagen (und das ist vielfach der zwanghafte Fall) kann eine W2-Berufung
nur mit einem monatlichen Bruttogehalt von rd. 4.300 Euro ausgestattet werden (das Endgrundgehalt der alten C2-Besoldung liegt bei rd. 5.350 Euro). W2
liegt gerade mal 100 Euro über dem Gehalt eines Realschullehrers. Auch in
W3 muss aufgrund der finanziellen Situation der Hochschule versucht werden, irgendwie das »nackte« Gehalt zu vereinbaren, das bei rd. 5.250 Euro liegt
(zum Vergleich: Das Endgrundgehalt C3 beträgt rd. 6.000 Euro, das in C4 ohne
Sonderzuschüsse = rd. 6.900 Euro). Das ist weder lustig für den verhandelnden
Kanzler noch luxuriös für den zu gewinnenden Professor.
Was die Verwaltung so treibt …
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Die Verwaltung der Hochschule – und damit ist der gesamte nichtlehrende
Betrieb gemeint – hat auch in diesem Berichtszeitraum engagiert, kompetent
und treu ihre Arbeit getan, ohne hier Einzelheiten hervorheben zu wollen.
Dies kann vor allem beurteilt werden von Angehörigen und ehemaligen Angehörigen der Freiburger Hochschule, die anderweitig Erfahrungen mit Hochschulen gemacht haben.
Zusätzlich wurden die Arbeiten für die Stiftungen und Vereine geleistet, die
der Hochschule nahe stehen, die da wären
• die Rosenbergstiftung mit einem Vermögen von rd. 350.000 Euro, die jedes
Jahr Stipendien für besonders begabte Studierende vergibt, seit 2009 aufgrund eines Wettbewerbs. Die insgesamt zur Verfügung stehende Fördersumme beträgt rd. 14.500 Euro jährlich.
• die Gesellschaft zur Förderung der Musikhochschule Freiburg, die ebenfalls
in erster Linie Stipendien vergibt, ohne sie an eine besondere Begabung zu
knüpfen. Die rund 400 Mitglieder erbringen ein Jahresbudget von etwa
17.500 Euro, die unmittelbar verwendet werden müssen. Im vergangenen
Jahr wurden an insgesamt 72 Studierende vor allem anlässlich der Teilnahme an Wettbewerben und Meisterkursen Zuschüsse von zusammen rd.
auch das Architektenhonorar fällig gewesen), zerschlagen, ersatzweise aber
sprang das Wissenschaftsministerium ein und zwar aus einem Bund/Ländertopf zur Ankurbelung der Wirtschaft. Das Werk sollte insgesamt einschl.
dann fälliger Architektenhonorare rd. 375.000 Euro kosten. Die zuständige
Bauverwaltung allerdings lehnte ab mit der Begründung, dass die Anbindungskosten an das Hauptgebäude der Hochschule nochmals rd. 100.000 Euro
kosten würde, die nicht finanziert seien. Billiger und insgesamt wirtschaftlicher sei es, das Studio für Filmmusik an die Hochschule anzudocken, weil
hier alle Versorgungsleitungen und -einrichtungen vorhanden seien. Soweit
so gut. Die Planungen liefen an. Und der Anbau wuchs in den Planungen und
nahm Ausmaße an, von denen der unterzeichnete Kanzler als Laie schon
recht bald annahm, dass diese mit den 375.000 Euro, die zur Verfügung standen, nicht zu schultern wäre. So war das dann auch. Das Projekt drohte zu
scheitern, nachdem es auf mehr als 600.000 Euro kam. Nach erheblichen
Abspeckungen wurde dann ein pragmatischer Plan entwickelt, der aber immer noch etwas mehr als 500.000 Euro kostete. Weitere Abspeckungen führten dann zu einer geringeren Bausumme, waren räumlich aber nicht mehr
wirklich vertretbar. Um das Ganze aber doch noch zu einem versöhnlichen
Abschluss zu bringen, hat es der Chef des Amtes Freiburg Vermögen und Bau
geschafft, die fehlenden Mittel zu einem vertretbaren Anbau in Stuttgart
aufzutreiben, um den Planungsstand von etwas über 500.000 Euro zu ermöglichen. Ich sage ganz ehrlich, ich freue mich darüber und ich freue mich auf
das Studio für den neuen Studiengang Filmmusik, für die Studierenden und
für den »Chef«, Professor Cornelius Schwehr. Aber genauso ehrlich: Wäre das
nicht früher, einfacher und vor allem mit einer architektonischen Glanztat,
für die als große Ausnahme schon eine Baugenehmigung der Stadt Freiburg
vorlag, zum selben Preis gegangen? Denn nach Adam Riese: Baukosten von
rd. 375.000 Euro plus Anbindungskosten von rd. 100.000 Euro plus (sind wir
großzügig) rd. 40.000 Euro Unwägbares wären auch nicht teurer als der Anbau jetzt.
14.000 Euro gegeben. Darüber hinaus gab es Preise im hochschulinternen
Wettbewerb in Höhe von 5.800 Euro. Außerdem wurde aus Sondermitteln
eine Machbarkeitsstudie für ein ins Auge gefasstes Bauprojekt (Stadthalle)
finanziert.
• die Ulrich Vogt-Stiftung fördert nach dem Willen des Stifters die Studierenden der Hornklasse mit internen Preisen und für Fortbildungsveranstaltungen sowie für die Teilnahme an Wettbewerben. Das Stiftungskapital beträgt
rd. 150.000 Euro.
• die neu gegründete Stiftung Musikhochschule Freiburg hat erstmals 2010
Fördermaßnahmen aufgenommen, nachdem 2009 einige Zinserträge anfielen. Die Stiftung wurde aus der Hochschule heraus 2008 mit einem Stiftungskapital von 50.000 Euro gegründet. Derzeit umfasst es bereits rd.
180.000 Euro. Die Stiftung befindet sich im Aufbau. Zustiftungen sind willkommen. Das Ziel ist – wenn es auch utopisch scheint – ein siebenstelliges
Vermögen. Die Aufgaben der Stiftung sind vielfältig. Man kann grob sagen,
dass sie für alle Bereiche der Hochschule zur Unterstützung da ist. Finanziert wurde 2009/2010 ein Stipendium für einen Studierenden zum Lebensunterhalt, ein Zuschuss für eine Akademieschülerin und ein Zuschuss für
eine Konzertreise der Schola nach Jerusalem.
• der Trägerverein »Internationale Musikwettbewerbe Freiburg«, der gegründet wurde, um alle 3 Jahre einen »Internationalen Klarinettenwettbewerb
Freiburg« unter der Präsidentschaft von Jörg Widmann und ebenfalls alle 3
Jahre quasi in der Nachfolge des Internationalen Ludwig Spohr-Wettbewerbs
einen »Internationalen Violinwettbewerb Freiburg« unter der Präsidentschaft von Rainer Kussmaul durchzuführen. Von dem Plan, im Wechsel
auch ein Projekt »Musikpädagogik« auszuschreiben, wurde inzwischen wieder Abstand genommen. Gerade eben ist der 1. Internationale Violinwettbewerb Freiburg zu Ende gegangen und hat ein hervorragendes künstlerisches
Ergebnis, tolles Echo in der Öffentlichkeit (Fernsehen, Rundfunk, Presse)
und unerwartet hohes Publikumsinteresse (zweimal volles Haus im Konzertsaal in der 3. und der Finalrunde) mit sich gebracht. Die vier Preisträger
Itamar Zorman (1. Preis mit 15.000 Euro und Sonderpreis mit 2.500 Euro),
Elena Graf (2. Preis mit 10.000 Euro), Martin Yavryan (3. Preis mit 7.500
Euro) und Milena Wilke (Sonderpreis mit 2.500 Euro) wurden ebenso wie die
weiteren Wettbewerbsteilnehmer hervorragend betreut und fühlten sich bei
allem Wettbewerbsstress ausgesprochen wohl. Ähnliches hörte man aus den
Jurykreisen….
Manfred Klimanski
Kanzler
All diese Aktivitäten, Organisation, Durchführung, Verwaltungsarbeiten wären ohne einen ausgezeichneten, engagierten nichtlehrenden Betrieb auch
nicht ansatzweise denkbar. Denn damit sind lauter Arbeiten zusätzlich zum
sowieso immer komplizierteren, bürokratischeren und undurchsichtigeren
Alltag zu leisten. Nicht zu vergessen die von der Freiburger Musikhochschule
erledigten Aufgaben, die mit der in Deutschland einzigartigen Landessammlung Streichinstrumente Baden-Württemberg zusammenhängen.
Und zum Schluss ein Gutsele
Vielleicht ist noch in Erinnerung, dass dem Rektor der Hochschule, Dr. Rüdiger Nolte, über Professor Dr. Hans Schneider von einem berühmten Architekten der Vorarlberger Schule, Hermann Kaufmann der Entwurf eines Solitärs,
eines begehbaren Würfels auf der Wiese der Hochschule zur Unterbringung
des Studios für Filmmusik geschenkt wurde. Zwar hat sich die Idee, diesen
Entwurf durch private Geldgeber verwirklichen zu lassen (erst dann wäre
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Reflexion der Lehre
Improvisation
Im Laufe des Jahres 2010 ergab sich vermehrt ein Nachdenken über erweiterte
Ausbildungsaspekte.
Nicht nur als Reflex auf die mit Jazz gegebene improvisatorische Spielpraxis,
sondern auch in Erinnerung an traditionelle Ausbildungsqualitäten des
19. Jahrhunderts, an den großen Ausbildungsstätten wie z.B. Paris oder Warschau, entwickelte sich ein von der Musiktheorie thematisiertes und vom
Rektorat initiiertes Nachdenken über die Bedeutung von Improvisation für die
künstlerische Ausbildung an unserer Hochschule.
So wurde vom Rektor als Vorbereitung der Berufung einer W2 Klavierprofessur (Nachfolge Vergara Pink, vornehmlich Ausbildung im Berech Schulmusik)
eine von der Berufungs-Kommission unabhängige Arbeitsgruppe eingeladen,
um über Sinn und Bedeutung der Improvisation innerhalb der Klavierausbildung nachzudenken. Dies geschah als Vorbereitung für die Arbeit der dann
eingesetzten Berufungs-Kommission, die für das Profil dieser Professur »Fähigkeiten im Bereich der Improvisation (klassisch und modern)« formulierte
und entsprechend qualifizierte Kandidaten platzierte.
In diesem Zusammenhang ist auch die Idee zu verstehen, sich im Juli 2011 in
der Hochschule vier Tage dem Thema Improvisation zu widmen. Hierzu ist
Prof. Robert Levin, Boston/Harvard, als artist in residence eingeladen. Ansonsten soll sich während dieser Tage dem Thema Improvisation (klassisch und
modern!) hausintern in möglichst allen Fachgruppen gewidmet werden.
Spitzen- und Breitenausbildung
Das Thema Improvisation ergab darüber hinaus die dringende Notwendigkeit,
sich dem Verhältnis von Spitzen- und Breitenausbildung an unserer Hochschule zu stellen. In der Spannung dieser zwei grundsätzlichen Ausbildungsaufträge einer Musikhochschule gab und gibt es viel Aufklärungsbedarf, überhaupt die Notwendigkeit direkter Kommunikation. Dafür hatte der Rektor
Lehrende zu einem Gesprächskreis eingeladen, die mit ihrer Lehrtätigkeit
beide Bereiche repräsentieren. Dieser Kreis soll sich in loser Folge regelmäßig
treffen.
Freiburger Stadthalle
In diesem Zusammenhang gedacht ist auch das vom Rektorat erarbeitete
Konzept für die zukünftige Nutzung der Freiburger Stadthalle (ab ca.
2013/14). In Kooperation mit der städtischen Musikschule soll hier Spitzenund Breitenausbildung unter einem Dach in möglichst flexibler und komplexer Transparenz stattfinden und erprobt werden, wozu ein dem zuarbeitender
musikpädagogischer Forschungsbereich ebenfalls aufgebaut werden soll,
inklusive einer Labormusikschule »Haus der Musik«.
Verhandlungen mit Stadt und Land zeigen grundsätzliches Interesse. Eine
Machbarkeitsstudie des Architektenbüros Fierz, Basel, zeigt, dass die geplanten Gewerke im Baukörper der Stadthalle unterzubringen sind.
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Alte und neue Partnerschaften
Aktionstag Musikalische Bildung
»Ferne« Partnerschaften
24 deutsche Musikhochschulen verbinden sich in der Rektorenkonferenz der
deutschen Musikhochschulen (RKM) und beanspruchen zunehmend, sich als
Verband auch politisch zu äußern.
In diesem Zusammenhang fand am 19. November 2009 bundesweit ein Aktionstag zum Thema »Musikalische Bildung« statt, an dem der deutschen Öffentlichkeit gezeigt wurde, dass die Musikhochschulen nicht nur Orte elitärer
künstlerischer Ausbildung sind, sondern ebenso Orte mit Kompetenz für musikalische Vermittlung und Breitenarbeit.
Der Freiburger Beitrag ist auf S. 13 dieses Jahrbuchs dargestellt.
Partnerschaften zwischen Hochschulen hängen von denen ab, die sie pflegen,
d.h. von den je aktuellen personellen Konstellationen.
So war es einer Initiative von Prof. Magda Rezler zu verdanken, dass die Partnerschaft unserer Hochschule mit der Chopin-Universität Warschau wieder
zu neuem Leben erwachte. Die praktische Idee war so einfach wie effektiv: Je
ein Streichquartett aus Freiburg und Warschau fanden sich in beiden Städten
zusammen, um, begleitet von Kursen, aus Freiburg leitete Prof. Silvie Altenburg einen Kurs, ihre Quartette in Konzerten zu präsentieren und zusammen
das Streich-Oktett von Felix Mendelssohn Bartholdy zu musizieren.
Mit dieser Initiative ergab sich eine neuer, positiver Austausch zwischen den
beiden Hochschulleitungen, mit der Absicht, in Zukunft weitere gemeinsame
Projekte zu realisieren.
Dr. Rüdiger Nolte
Rektor
Der in 2007 geknüpfte Kontakt zur School of Music der University of Toronto
erfuhr Ende September 2009 einen neuen Impuls. Prof. Cornelius Schwehr gab
dort einen Kurs für Filmmusik.
Die Freiburger Musikhochschule verfolgt diesen Kontakt nach Toronto im
Rahmen des Kulturabkommens zwischen dem Staat Ontario und BadenWürttemberg.
Ein neuer Kontakt ergab sich mit dem Conservatorio Superior de Música de
Aragónin in Zaragoza. Nach einem ersten Besuch des Freiburger Rektors vom
17.09.2009 in Zaragoza unternahmen die spanischen Kollegen vom 21.01.2010
bis 23.01.2010 ihren Gegenbesuch in Freiburg. Ende September 2010 fand in
Zaragoza eine offizielle Vertragsunterzeichnung im Beisein der Kulturministerin von Aragon statt.
»Nähere« Partnerschaften
Dem selbst formulierten Auftrag folgend, die Aktivitäten der Hochschule
mehr in die Freiburger Stadt zu tragen, sind die herbstlichen Tage um das
und im Münster bereits eine kleine Tradition. Hinzu kommen neue Vereinbarungen mit dem Freiburger Kunstverein sowie dem Augustinermuseum.
Im Zusammenhang mit dem Aufbau und Angebot eines Master-Studiengangs
Filmmusik wurde eine Zusammenarbeit mit der Internationalen Filmschule
Köln (IFS) vereinbart. Prof. Cornelius Schwehr und auf Kölner Seite Prof. Hans
Erich Viet haben schnell mit Zusammenarbeiten ihrer Studierenden bei Filmproduktionen begonnen. Im Rahmen der diesjährigen Kölner »summer
school« nahmen Freiburger Studierende Teil an der Kooperation zwischen der
IFS Köln und der University of California, Los Angeles, School of Theatre, Film
& Television.
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Studien- und Prüfungsordnungen
Studiengänge Bachelor und Master of Music
Nachdem der Senat der Musikhochschule in der Sitzung am 15.07.2009 die
Prüfungs- und Studienordnungen für den konsekutiven Studiengang Master
of Music sowie für die Studiengänge Bachelor und Master Kirchenmusik
(katholisch und evangelisch) beschlossen hatte, fand die Arbeit im Rahmen
des Bologna-Prozesses im vergangenen Studienjahr ihre konsequente Fortsetzung.
Für das Wintersemester 2009/10 bedeutete dies:
• Neufassung der Immatrikulationssatzung (vom Senat in der Sitzung vom
18.11.2009 beschlossen)
• Beschlussfassung der Studientabellen Bachelor und Master of Music (kon­
sekutiv)
• Erarbeitung der Prüfungs- und Studienordnung für die nicht konsekutiven
Masterstudiengänge, deren Einführung für das Sommersemester 2010 vor­
gesehen war u.a. in den Hauptfächern Filmmusik und Historische Aufführungspraxis (Beschlussfassung durch den Senat in der Sitzung vom
10.02.2010).
Der Fächerkanon der nicht konsekutiven Masterstudiengänge wurde in der
Sitzung vom 21.04.2010 um das Hauptfach Ensemblegesang ergänzt.
Der Hochschulrat hat in der Sitzung vom 23.11.2009 das Einvernehmen zu
den Satzungen ausgesprochen.
Daraufhin hat das Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Zustimmung
zur Einrichtung der Bachelor- und Masterstudiengänge (rückwirkend) erteilt
mit der Auflage einer »nachlaufenden Akkreditierung«: Nach einer Frist von
5 Jahren (Bachelor) bzw. 4 Jahren (Master) müssen diese Studiengänge akkreditiert sein. Für die Studiengänge Bachelor und Master Kirchenmusik haben
die zuständigen Kirchenbehörden ebenfalls ihre Zustimmung erteilt.
Noch während wir mit der Umsetzung der wesentlichen Schritte im Rahmen
der Bologna-Umstellung beschäftigt waren, wurden auf bildungspolitischer
Ebene die kritischen Stimmen am Bologna-Prozess europaweit immer lauter
und eine Reform der Reform gefordert.
An den Universitäten gab es bundes- sogar europaweit massive studentische
Proteste und Streiks. Kern der Kritik ist die Verschulung des Systems, mangelnde Flexibilität und überbordende Prüfungsflut.
Vor diesem Hintergrund forderte u.a. das Wissenschaftsministerium BadenWürttemberg alle Hochschulen des Landes auf, für ihre Studierenden eine
e-mail Adresse einzurichten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, konkrete
Vorschläge »zur Optimierung der Bologna-Reform« zu machen und dem Ministerium das ausgewertete Ergebnis bis 15.01.2010 vorzulegen. An unserer
Hochschule gingen dazu keine studentischen Rückmeldungen ein.
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Inwieweit sich durch die geforderte Reform der Reform die von der Kultusministerkonferenz festgelegten »Länderübergreifenden Strukturvorgaben für die
Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen « modifizieren werden, bleibt abzuwarten. Ein Beschluss ist auf dieser Ebene schon gefasst wor-
den: Die Festlegung einer Mindestmodulgröße von 5 ECTS-Punkten. Was auch
immer damit bezweckt werden soll: es bedeutet – gerade für kleinere Institutionen wie Musikhochschulen – eine unnötige strukturelle Bindung der
Studienpläne sowie die Notwendigkeit, mittelfristig – in Hinblick auf die
Akkreditierung – entsprechende Änderungen in den Studienplänen vorzu­
nehmen.
Nach dem neuen Studienplan werden wesentliche künstlerisch-praktische
Module nach 6 Semestern abgeschlossen, damit die Studierenden nach der
Rückkehr aus dem Praxissemester an einer Schule (7. Sem.) gezielte Schwerpunktbildungen im Sinne vertiefter künstlerischer oder wissenschaftlicher
Auseinandersetzung vornehmen können, die u.a. im künstlerischen Erstinstrument mit einer Verlängerung des Studiums um ein Semester einhergeht. Anderseits bedeutet dies in einigen Fachbereichen gegenüber früher
mögliche Einschnitte, die teilweise zu kontroversen Diskussionen geführt
haben. Es ist zu wünschen, dass die künftigen Erfahrungen zwischen den
Fachlehrern und der Studiengangsleitung in einem konstruktiven Austausch
erfolgen werden.
Was bedeutet das konkret für uns?
In Hinblick auf die geforderte Akkreditierung bis spätestens September 2013
(Master) bzw. März 2014 (Bachelor) bleibt uns zunächst einmal Zeit, mit den
erst kürzlich beschlossenen Studienordnungen Erfahrungen zu sammeln
sowie gleichzeitig die weitere allgemeine Bologna-Diskussion aufmerksam zu
verfolgen.
In der nächsten Zeit sollten daher keine Satzungsänderungen mehr vorgenommen werden, es sei denn im Falle notwendiger Korrekturen oder gewichtiger inhaltlicher Gründe.
Nach ausführlichen Diskussionen im Verlaufe des Semesters hat der Senat der
Hochschule in seiner Sitzung vom 14.07.2010 den modularisierten Studienplan endgültig beschlossen, gleichzeitig die Studienordnung.
Die Neufassung der Prüfungsordnung sowie die Erarbeitung der Modulbeschreibungen wird dann zu Beginn des kommenden Semesters in Angriff
genommen werden.
Am 31. März 2010 endete das Beschäftigungsverhältnis von Frau Renate
Market als Bologna-Koordinatorin an unserer Hochschule, für deren engagierte Arbeit in den eineinhalb Jahren ich mich ausdrücklich bedanken möchte.
Die Modulhandbücher Bachelor und Master Kirchenmusik konnten fertig
gestellt werden. Leider weist das Modulhandbuch für den Bachelor of Music
immer noch Lücken auf, da von einigen Kollegen die erforderlichen Modulbeschreibungen noch nicht vollständig vorliegen.
Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Lücken bis zu Beginn des kommenden
Wintersemesters endgültig geschlossen werden können und das Modulhandbuch für den Master of Music in Angriff genommen werden kann. Die redaktionelle Betreuung der Modulhandbücher hat nun Frau Jaqueline Pfann übernommen.
Für die engagierte und umfassende Arbeit der Studienkommission unter der
Leitung von Herrn Prof. Dr. Hans Schneider bedanke ich mich herzlich.
Prof. Helmut Lörscher
Prorektor
Studiengang Schulmusik
Eine weitreichende Studienreform steht auch im Studiengang Schulmusik an:
Nach dem Beschluss des Ministeriums für Kultus und Sport in Baden-Württemberg werden alle Lehramtsstudiengänge an den Universitäten sowie
Kunst- und Musikhochschulen ab dem 1.Oktober 2010 modularisiert, allerdings unter Beibehaltung der Ersten Staatsprüfung.
Eine wesentliche strukturelle Veränderung im Fach Musik ist die Festlegung
einer (Gesamt-) Regelstudienzeit von 11 bzw. 12 Semestern – je nachdem ob
das wissenschaftliche Fach als Haupt- oder Nebenfach studiert wird –, innerhalb derer (und das ist neu) sowohl Musik als auch das wissenschaftliche
Beifach an der Universität abgeschlossen werden müssen.
Bisher betrug die Regelstudienzeit für Musik 9 Semester, das Beifach konnte
jedoch flexibel entweder gleichzeitig, überlappend oder auch im Anschluss an
das Musikstudium studiert werden.
Dementsprechend war die Studienkommission Schulmusik vor die Herausforderung gestellt, auf Grundlage dieser neuen, restriktiveren Rahmenbedingungen einen Studienplan zu entwickeln, der einerseits die Studierbarkeit des
Fachs Musik innerhalb derselben gewährleistet, gleichzeitig den Anspruch
eines künstlerisch fundierten Studiums aufrechterhält.
Dieser gewichtige künstlerische Anspruch im Schulmusikstudium gehört
zum Profil unserer Hochschule und ist für die pädagogische Glaubwürdigkeit
eines Musiklehrers für das gymnasiale Lehramt unverzichtbar.
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Zwei gut besuchte und sehr erfolgreiche Vortragsabende »EXCHANGE« der
Austauschstudierenden fanden jeweils zum Semesterende statt. Diese Vortragsabende bieten talentierten Austauschstudierenden die Möglichkeit,
sich neben den Vortragsabenden der jeweiligen Klassen ein weiteres Mal
im Semester der Öffentlichkeit zu präsentieren. Durch die fächerübergreifende Programmgestaltung heben sie sich von den übrigen Vortragsabenden ab.
Bericht des International Office
Studierendenaustausch
Im vergangenen akademischen Jahr 2009/10 studierten 12 Studierende der
Hochschule für Musik Freiburg im Ausland (outgoings), davon neun im Rahmen des ERASMUS-Programms für Lebenslanges Lernen der Europäischen
Union und drei im Rahmen einer direkten Hochschulpartnerschaft, gefördert
durch das Baden-Württemberg-Stipendium der Baden-Württemberg-Stiftung.
11 Studierende kamen als Gäste an unsere Hochschule (incomings), in der
Mehrzahl gefördert durch das ERASMUS-Programm. Auf Grund der erheblichen Mittelkürzungen für das Baden-Württemberg-Stipendium im vergangenen Hochschuljahr (um ca. 50%) wurde beschlossen, prioritär outgoing-Studierende zu unterstützen, so dass nur eine incoming-Studierende durch das
Baden-Württemberg-Stipendium gefördert werden konnte.
Eine Übersicht über die Verteilung nach Herkunft und Studienort der Studierenden sowie über den jeweiligen Programmrahmen zeigt folgende Tabelle:
incomings
outgoings
Programm
Partner-Institution
1
Direkte Partnerschaft,BW-Stipendium
Eastman School of Music, University of Rochester/
USA
2
Direkte Partnerschaft,BW-Stipendium
Sydney Conservatorium of Music/Australien
1
Direkte Partnerschaft, ohne Förderung
Kyoto City Arts University/Faculty of Music/Japan
2
Erasmus/LLP
Conservatoire National Supérieur de Musique de
Lyon/Frankreich
Erasmus/LLP
Conservatoire National Supérieurde Musique de
Paris/Frankreich
1
Erasmus/LLP
Conservatorio di Musica 'G. Nicolini' di Piacenza/
Italien
2
Erasmus/LLP
Real Conservatorio Superior de Música de Madrid/
Spanien
Erasmus/LLP
Conservatorio Superior de Música de Aragón/Spanien
Erasmus/LLP
Ionio Panepistimio Corfu/Griechenland
Erasmus/LLP
Conservatoire de Lausanne/Schweiz
1
Erasmus/LLP
Koninklijk Conservatorium Den Haag/Niederlande
1
Erasmus/LLP
HAMU Musikakademie Prag/Tschechien
1
Erasmus/LLP
Anton Bruckner Privatuniversität für Musik,
Schauspiel und Tanz Linz/Österreich
1
Erasmus/LLP
Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien/
Österreich
2
Erasmus/LLP
Det Kgl. Danske Musikkonservatorium Kopenhagen/
Dänemark
1
Erasmus/LLP
Kungl. Musikhögskolan i Stockholm/Schweden
1
Erasmus/LLP
Göteborgs Universitet/Schweden
1
2
1
1
1
11
12
Institutionen und Abkommen
Im akademischen Jahr 2009/10 wurden neue bilaterale Abkommen im Rahmen des ERASMUS-Programms mit folgenden Institutionen geschlossen: mit
dem Royal College of Music Manchester, UK, mit dem Conservatorio di Musica
»Arrigo Pedrollo« Vicenza, Italien, mit dem Conservatoire royal de Bruxelles,
Belgien. Am Ende des Akademischen Jahres 2009/10 beträgt die Anzahl von
aktiven bilateralen ERASMUS-Abkommen 34, neben den sechs direkten Hochschulabkommen mit unseren Partnerhochschulen. Alle Abkommen werden
laufend auf ihre Effizienz und strategische Relevanz für unsere Studierenden
und für die Hochschule als Institution geprüft.
Mobilität von Lehrenden und Personal
Bezüglich der Mobilität von Lehrenden erhielt Frau Prof. Pi-Hsien Chen eine
Einladung an unsere Erasmus-Partnerhochschule Sibelius Academy Helsinki,
der ein Aufenthalt der Kollegin Prof. Hui-Ying Liu-Tawaststjerna an der Hochschule für Musik Freiburg vorausgegangen war. Herr Prof. Aziz Kortel wurde
eingeladen an die Partnerhochschule Istituto Musicale »Vincenzo Bellini«
Catania für einen workshop zu Liedinterpretation für Sänger und Pianisten.
Erstmals kann auch im Bereich der Personalmobilität im Rahmen des EUProgramms LLP/ERASMUS ein outgoing-Aufenthalt auf Verwaltungsebene
realisiert werden. Es erfolgt ein Austausch zwischen den Bibliotheken der
Hochschule für Musik und der ERASMUS-Partnerhochschule Universität für
Musik und Darstellende Kunst Wien, Österreich.
Preise und Stipendien
Auch im Jahr 2009 konnte wieder der Preis des DAAD für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender verliehen werden. Für diesen Preis werden
Studierende vom jeweiligen Hauptfachprofessor vorgeschlagen. Sie nehmen
an einem internen Auswahlvorspiel und einem anschließendem Gespräch
mit der Jury teil, da der Preis nicht nur für hervorragende musikalische Leistungen, sondern gleichermaßen für Beiträge zu interkulturellem Austausch
und gesellschaftlichem Engagement verliehen wird. Ausgezeichnet wurde
Stephanie Gurga, Cembalistin in der Klasse von Prof. Robert Hill, für ihre
umfassenden musikalischen Interessen und Initiativen.
E.T.A.-Hoffmann-Stipendien erhielten Jan Melichar, der im Anschluss an seinen ERASMUS-Aufenthalt an unserer Hochschule sein Bachelor-Studium in
der Klasse von Prof. Wolfram Christ beendet sowie Marie Simkova, aus der
Violoncello-Klasse von Prof. Christoph Henkel und Kosmas Giannoutakis aus
der Kompositions-Klasse Prof. Cornelius Schwehr.
Gesamtzahl
166 | 167
Das E.T.A.-Hoffmann-Stipendium beruht auf privater Stiftung und wird an
besonders begabte ERASMUS-Studierende vorwiegend aus Osteuropa verliehen. Für Studierende aus osteuropäischen Staaten ist die Finanzierung eines
Aufenthaltes in Westeuropa in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten
verbunden, wobei die Förderung durch das ERASMUS-Programm nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt abzudecken. Hier unterstützt das E.T.A.Hoffmann-Stipendium mit einer monatlichen Förderung in Höhe von
300 Euro und trägt so wesentlich zum Studienerfolg der Geförderten bei.
Studienbewerber- und Studentenstatistik
Studienbewerber
Wintersemester 2009/10 = 1.078 (Winter 2008/09 =
Sommersemester 2010
= 567 (Sommer 2009
=
Zusammen = 1.645 (
=
Prof. Scott Sandmeier
Prorektor
1.130)
662)
1.792)
Erschienen zur Aufnahmeprüfung
Wintersemester 2009/10 = 490 (Winter 2008/09
Sommersemester 2010 = 289 (Sommer 2009
Zusammen
= 779(
= 47,4 % der Bewerber
=
=
=
=
577)
319)
896)
50 %
Bestanden haben
Wintersemester 2009/10 = 286 (Winter 2008/09
Sommer 2010
= 147 (Sommer 2009
Zusammen
= 433(
= 55,6 % der erschienenen Bewerber
=
339)
=
187)
=
526)
= 58,7 %
Zugelassen wurden
Wintersemester 2009/10 = 116 (Winter 2008/09
Sommer 2010
=
59 (Sommer 2009
Zusammen
= 175(
=40,4 % derer, die bestanden haben
=
104)
=
72)
=
176)
= 33,5 %
Eingeschrieben haben sich
Wintersemester 2009/10 = 103 (Winter 2008/09 =
Sommersemester 2010
=
54 (Sommer 2009
=
Insgesamt:
= 157(
=
108)
75)
183)
Von 1.645 Bewerbern im Jahre 2009/10 haben sich 157 eingeschrieben = 9,5 %.
2009 waren dies 183 Einschreibungen von 1.792 Bewerbern = 10,2 %.
2009/10 wurden 11 Erasmus-Studenten aufgenommen, 2009 waren dies 16.
168 | 169
Neueinschreibungen
2009/10
2008/09
Schulmusik
27
Musiklehrer
-
Kirchenmusik (Bachelor)
1
Kirchenmusik (Master)
2
Künstlerische Ausbildung
-
Bachelor of Music
62
Master of Music
53
Advanced Studies
20
Solistenausbildung
3
Zusammen
168*
*einschließlich 11 Austauschstudenten
Zahl der Abschlüsse
25
1
5
-
80
48
-
19
5
183
01.10.2010
Bachelor of Music
Künstlerische Ausbildung
Musiklehrer
Schulmusik
Kirchenmusik (Bachelor/Master)
Master of Music
Advanced Studies
Soloist Diploma
Promotionsstudiengang
Studenten insgesamt
=
=
187
166
60
152
5
8
124121
5
18
107
35
32
31
4
7
1
1
538
539
283 [52,6%]
267[49,5%])
Studierende an der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung
=
01.10.2010
01.10.2009
Klavier (einschl. Schulmusik)
129
Historische Tasteninstrumente
11
Orgel
42
Gitarre
10
Laute-
Harfe
4
Akkordeon
5
Violine
57
Viola
19
Violoncello
34
Kontrabass
10
Viola da Gamba
1
Querflöte
24
Blockflöte
7
Trompete
18
Posaune
13
Fagott
8
Horn
15
Tuba
2
Oboe
9
Klarinette
14
Saxophon
6
Schlagzeug
12
Gesang
54
Dirigieren
5
Komposition/Musiktheorie
19
Promotion
1
Filmmusik
3
Liedgestaltung
2
Rhythmik
2
Traversflöte
2
Zusammen538
am 01.10.2009
Hiervon kommen 141 aus Asien (vorwiegend Japan und Südkorea), 100 aus
EU-Staaten (vorwiegend Frankreich) und 19 aus Osteuropa, aus den USA und
Australien zusammen 8.
Am 01.10.2010
9
104
15
-
1
8
31
160
Studierende nach Hauptfächern (bei Schulmusik: Erstinstrument)
Zahl der ausländischen Studenten
am 01.10.2010
(am 01.10.2009
2008/09
Studiengang Solistenexamen
4
Künstlerische Ausbildung
80
Musiklehrer16
Bachelor of Music
10
Kirchenmusik B
3
Kirchenmusik A
2
Schulmusik25
Zusammen
140
Im Promotionsstudiengang Musikwissenschaft war im Sommersemester 2010
1 Studierender eingeschrieben.
Zahl der Studenten am 2009/10
18
170 | 171
122
9
47
6
-
3
3
64
20
34
14
2
28
11
16
13
10
10
-
10
15
5
10
54
7
22
1
-
-
-
-
539
Personalveränderungen in der Lehre
Ausgeschiedene Lehrbeauftragte
Neuberufungen
Judith Niesert
Jens Weber
Garo Atmacayan Elisabeth Bauer David Mesquita Nicolas Chumachenco Heidemarie Tiemann Ursula Eittinger Eric Le Sage
Julia Schröder
Neil Beardmore
Prof. für Klavier
zum 1.10.2010
Prof. für Violine
zum 1.10.2010
Prof. für Opernkorrepetition
zum 1.10.2010
Neue Akademische Mitarbeiter
Hansjacob Staemmler
Hans Aerts
Florian Vogt
Korrepetition i. d. Streicherklassen
ab 1.10.09
Musiktheorie/Gehörbildung
ab 1.4.10
Musiktheorie/Gehörbildung
ab 1.4.10
Ausgeschiedene hauptberufliche Hochschullehrer
Prof. Betty Vergara Pink
Prof. Jendrik Springer
Prof. Morten Schuldt-Jensen Matthias Killian
Klavier
ab 1.10.10
Korrepetition für Sänger
ab 1.10.10
Chor- und Orchesterleitung
ab 1.10.10
Chor- und Orchesterleitung
ab 1.10.10
Neue Lehrbeauftragte
Matthias Ratzel
Elisabeth Bauer
Anette Adorf-Brenner
Naoko Perrouault-Watanabe
Julia Rosenberger
Andreas Winnen
Helmut Karg
Microteaching
ab 1.4.10
Microteaching
ab 1.10.09
Orch. Studien Cello
ab 1.4.10
Korrepetition Bläser
ab 1.4.10
Rhythmik
ab 1.4.10
Chor- und Orchesterleitung
ab 1.4.10
Tuba
ab 1.10.10
172 | 173
Rhythmik
zum 19.2.10
Schulpraktisches Klavierspiel
zum 19.2.10
Orchesterstudien Cello
zum 19.2.10
Microteaching
zum 19.2.10
Musiktheorie
zum 19.2.10
Violine
zum 23.7.10
Gesang/Körperarbeit
zum 23.7.10
Gesang
zum 23.7.10
Die Hochschule als Musikveranstalter
Konzertveranstaltungen vom 1.10.09 bis 30.9.10
im Konzertsaaal und Kammermusiksaal der Hochschule
Vortragsabende im Wintersemester 2009/10
Oktober: November: Dezember: Januar: Februar: Insgesamt:
Hochschulorchester
Hochschulchor
Kammerorchester (u.a. Benefizkonzert)
Institut für Neue Musik
Institut für Historische Aufführungspraxis
Oper
Preisträgerkonzerte (Gustav-Scheck-Preis,Hochschulratspreis)
Sonstiges
6
28
34
52
33
153
(u. a.: Avery Gedenkkonzert, Abschied Vergara Pink, Antrittskonzert Chenna, Partnerschafts-
Vortragsabende im Sommersemester 2010
April: Mai: Juni: Juli: Insgesamt: 4
3
2
5
3
6
2
33
konzert mit Warschau, 3x Kammermusikfest)
Meisterkurs für Junge Talente
FAB
Dirigentenpodium Baden-Württemberg
11
41
53
66
171
1
2
3
(Kurpfälzischem Kammerorchester, Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Austauschkonzert mit Musikakademie Basel)
Brendel
Holliger Marathon Zusätzlich zu den 324 Vortragsabenden im WS 09/10 und SS 10 fanden 123
offizielle Konzert- bzw. Opernveranstaltungen in den Sälen der Hochschule
sowie außerhalb statt. Damit ist auch in diesem Jahr die Freiburger Musikhochschule mit insgesamt 447 öffentlichen Angeboten der größte Musikveranstalter zumindest im Südwesten Baden-Württembergs.
3
5
auswärtige Konzerte
Rund ums Münster
Theodor-Egel-Saal
Kammerchor 7
1
4
(Freiburg: Christuskirche, Dreifaltigkeitskirche Stuttgart: Stiftskirche, Todtmoos: Wallfahrtskirche)
Chor (Zürich und Todtmoos)
Jazzhaus (1x Big-Band-Pojekt mit Jiggs Wigham)
Kumedi
Stadttheater (Viel Lärm um Nichts)
Kunst in der Region 2
3
14
1
19
Die Proben und Aufführungen im Theater »Kumedi« sind nun fester Bestandteil im Aufführungsalltag der Hochschule geworden.
Auch die Konzerte im und um das Münster herum erfreuen sich eines steten
Zuspruchs, wie auch die Auftritte im Jazzhaus.
174 | 175
Impressum
Herausgeber
Rektor Dr. Rüdiger Nolte
Hochschule für Musik Freiburg
Schwarzwaldstraße 141 | D-79102 Freiburg i. Br.
Postfach | D-79095 Freiburg i. Br.
Tel. +49 761 31915-0 | Fax +49 761 31915-42
[email protected] | www.mh-freiburg.de
Redaktion
Harald Hassler | Hans-Joachim Schmolski
Die Verantwortung für namentlich
gekennzeichnete Beiträge liegt bei den Autoren
Fotos
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Valentin Behringer S. 12, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21
Lena Böhm S. 15, 26, 79, 81, 158
Corinna Gönner S. 56
Axel Killian S. 35, 37, 38, 39, 40, 41, 152, 157, 161, 162
Maurice Korbel S. 2, 25, 48, 49, 69, 82
Jens Schwengel S. 6, 8
Gestaltung
Finken & Bumiller, Stuttgart
Druck
schwarz auf weiss
litho und druck gmbh, Freiburg
Auflage
500
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Postfach | D–79095 Freiburg
T 0049 (0)761–31 915–0 | F 0049 (0)761–31 915–42
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