Der Weg des Landes Sachsen- Anhalt in die

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Der Weg des Landes Sachsen- Anhalt in die
Der Weg des Landes Sachsen- Anhalt in die kommunale Doppik
Dr. Stefan Krüger,
(Fachhochschullehrer, vertritt das öffentliche Rechnungswesen an der Hochschule Harz,
Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH), Fachbereich Verwaltungswissenschaften,
Halberstadt; Projektleiter „Doppik“ des aF&E- Themas der BMBF und Verantwortlicher des
Hochschul- Vertrages mit den Pilotkommunen LSA, Bitterfeld und Landkreis Mansfelder
Land; e-mail: [email protected])
Das wissenschaftliche Umfeld der kommunalen Doppik in Sachsen- Anhalt
Der Fachbereich Verwaltungswissenschaften, Halberstadt, der Hochschule Harz, (www.hsharz.de) profiliert sich in der Forschung als Kompetenzzentrum innovativer
verwaltungswissenschaftlicher Dienstleistungen.
In der Verbindung von Forschung und Lehre beschäftigt sich der Fachbereich im Rahmen des
Public Management und des öffentlichen Rechnungswesens mit der Strategischen Linie
„Neues doppisches Haushalts- und Rechnungssystem für kleine und mittlere Kommunen“ .
Zu dieser Thematik hat der Autor bereits im Zusammenhang mit den Beschlüssen der
Ständigen Konferenz der Innenminister und Senatoren, Unterausschuss „Reform des
Gemeindehaushaltsrechts“ des Ak III „Kommunale Angelegenheiten“ , Beschluss vom
9./10.10.2000 über „Eckpunkte für ein kommunales Haushaltsrecht zu einem doppischen
Haushalts- und Rechnungssystem“ ein aF&E- Thema beim Bundesministerium für Bildung
und Forschung akquiriert. Von den Bundesmitteln wird ein wissenschaftlicher Mitarbeiter und
eine studentische Forschungsgruppe finanziert, die sich mit der kommunalen Doppik und
ihrem wissenschaftlichen und praktischen Umfeld befassen.(Siehe: www.doppik-hsharz.de)
Die Pilotkommunen
Das Innenministerium des Landes Sachsen- Anhalt hat zwei Kommunen, zuerst im Jahre
2000 der Stadt Bitterfeld auf Beschluss des Stadtrates zur Doppik- Einführung von 1999,
dann im Jahre 2003 dem Landkreis Mansfelder Land einen Pilotcharakter zuerkannt. Weitere
Kommunen können sich bis zu einer allgemeinen gesetzlichen Regelung für die sukzessive
Einführung der Doppik neben der Kameralistik beim IM LSA bewerben und erhalten bei
entsprechenden Voraussetzungen im Prinzip eine über mehrere Jahre laufende
Ausnahmegenehmigung zur Einführung der Doppik aber ohne Entlassung aus den
statistischen Anforderungen.
Die Besonderheit des Weges von Sachen Anhalt besteht darin, die Kommunen als
Auftraggeber für das neue kommunale Haushalts- und Rechnungssystem und den darauf
aufbauenden neuen Steuerungsmodellen, dem Finanzmanagement und Controlling zu
gewinnen, vorzubereiten und zu unterstützen, ihnen aber ihr Konzept, die Beauftragung der
wissenschaftlichen Begleitung, der Auswahl des Software- Hauses, die Organisation der
Öffentlichkeitsarbeit in eigener Regie gestalten zu lassen.
Das Land agiert nicht als Vertragspartner einer Beratungs- oder Software- Gesellschaft und
steht verschiedenen Lösungen und Partnern der Kommunen neutral und offen gegenüber.
Das Land Sachsen- Anhalt nimmt in den neuen Ländern bei der Einführung der kommunalen
Doppik einen Spitzenplatz ein, auch gegenüber einigen alten Bundesländern, die zukünftig
noch zügiger an die Einführung der Doppik gehen werden. Das ist insofern wichtig, da die
neuen Länder einige Besonderheiten aufweisen z.B. ein in den alten Ländern unbekanntes
Amt zur Regelung offener Vermögensfragen oder die Bewertungsprobleme im
Zusammenhang mit der System-Wende.
Damit kann das Land Sachsen- Anhalt aus praktischen Erfahrungen und der guten
wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit der Hochschule Harz und den Pilotkommunen die
Interessen und Besonderheiten des Landes und teilweise der neuen Länder insgesamt
kompetent vertreten.
Die beiden Pilotkommunen und auch bereits andere Modellkommunen haben sich für eine
Zusammenarbeit mit der Hochschule Harz , Fachbereich Verwaltungswissenschaften
entschieden.
Das kommunale Rechnungslegungskonzept
Das Studium und der Vergleich der bestehenden nationalen, europäischen und internationalen
öffentlichen Rechnungslegungskonzepte des full accrual accounting system, besonders von
Prof. Dr. Lüder, als Nestor der neuen deutschen öffentlichen Rechnungslegung, haben in
Sachsen- Anhalt zu der Überzeugung geführt, die Einheit privater und öffentlicher
Rechnungslegung anzustreben und zu erreichen, soweit das durch die Besonderheiten der
kommunalen Zielsetzungen, Anforderungen, Adressaten und der Historie des kommunalen
Haushalts- und Rechnungssystem an die Rechnungslegung möglich und sinnvoll sein kann.
Obwohl man mit der Änderung des Handelsrechts auch von steuerrechtlichen Regelungen
schon ab 2005 zugunsten europäischer und internationaler Rechnungslegungsstandards
rechnen muss, stehen den Pilotkommunen des Landes Sachsen- Anhalt die
Rechnungslegungskonzepte wie in Nordrhein-Westfahlen und Hessen zum Teil auch in
Städten Bayerns erarbeitet und durchgesetzt werden näher als andere Konzepte.
Im Zielsystem der kommunalen Rechnungslegung stehen im Vordergrund:
-
die Generationengerechtigkeit
die Darstellung definierter Ressourcen und ihrer Änderungen
die strategische Ausrichtung der Kommunen
die moderne Verwaltungssteuerung und Transparenz
die Output (Produkt)- Input- Orientierung in Verbindung mit
outcome- und income- Betrachtung
die Vergleichbarkeit von Kommunen
die Konsolidierung zum Konzern Kommune
Die Widerspiegelung des Ressourcenbestandes und seiner Änderungen, RessourcenVerbrauch- und -Aufkommen erfolgen mittels der Doppik als Rechnungsstil. Es bedarf eines
neuartigen Haushaltsplanes der den zeitgemäßen Anforderungen seiner Adressaten genügt.
Sachsen- Anhalt geht von der verbindlichen Einführung eines Haushalts- und
Rechungssystems von vier Komponenten aus, das in den Modellkommunen konzipiert,
angewendet und erprobt wird. Die vier Komponenten bilden:
1.
2.
3.
4.
die Vermögensrechnung
die Ergebnisrechnung
die Finanzrechnung
die Kosten- Leistungs- Rechnung
Die Positionen 1., 2. und 3. werden („externe“ Rechnungslegungsfunktion) vorrangig für die
unterschiedlichen Adressaten der kommunalen Rechnungslegung entwickelt und die Position
4. (im Sinne „interner“ Rechnungslegung) vorrangig auf eine moderne Verwaltungssteuerung
nach Effizienz und Effektivität ausgerichtet, die Budgetierung und die inneren Verrechnungen
u.a. Management- und Controlling- Instrumente nutzt.
Diese integrierte vierte Komponente der Kosten- Leistungs- Rechnung ergibt sich zwingend
aus der differenzierteren Darstellung des Mengengerüstes der Produktbereiche,
Produktgruppen und Produkte, die durch Leistungen weiter untergliedert werden können.
Weiterhin benötigt man einen einheitlichen Rechnungsstoff der Kostenarten und der inneren
Verrechnungen in der Kostenrechnung, Kostenverrechnung und - Zuordnung, des Ausweises
der Kosten (Preise) der internen und externen Produkte (auch Produktgruppen und
Produktbereiche) und der differenzierteren Leistungen (Kostenträger).
Die Kostenstellen und die Kostenrechnung sind gerade bei kleinen und mittleren Kommunen,
die eine organisatorischen Gliederung für das Haushalts- und Rechungssystems anstreben, die
Grundlage des Aufbaus des gesamten (nicht nur des doppischen- auch des erweitert
kameralistischen) Rechnungssystems. Das trifft auch systembegründend zu für die neue
doppische DV- Software, deren führendes System die Kameralistik darstellt.
Die konzeptionell zu gestaltende Angleichung der „internen“ Kosten- Leistungs- Rechnung
mit der „externen“ Rechnungslegung, ermöglicht die interne Verwaltungsteuerung auf das
Zielsystem der neuen kommunalen Rechnungslegung hochwirksam auszurichten. Die
Kommunen als öffentlicher Bereich verfügen für diese Übereinstimmung von „externer“ und
„interner“ Rechnungslegung über interessante Bedingungen und Besonderheiten.
Für die Kostenartenrechnung kann das Kostenrechnungssystem der LSP (Leitsätze für die
Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten aus der Verordnung PR 30/53 des BMW) eine
Richtschnur sein, das die öffentliche Hand bei öffentlichen Aufträgen anwendet und das über
qualifizierte Prüfungs- Überwachungs- und Transparenz- Eigenschaften verfügt.
Diese allgemeinen konzeptionellen Erkenntnisse werden im ständigen gegenseitigen
Austausch- und in Lernprozessen - Praxis- Hochschule - in konkreter Spezifizierung durch die
jeweilige Verwaltungsführung in den Pilotkommunen umgesetzt und über ein
Projektmanagement organisiert, das die Hochschule für die Einführung eines doppischen
Haushals- und Rechungssystem mit weiteren Modernisierungsbausteinen entwickelt hat.
Die DV – Umsetzung
Auftragnehmer und Partner der Pilotkommunen Bitterfeld und Landkreis Mansfelder Land
wurde das Systemhaus AB-DATA, Velbert, andere Modellkommunen haben andere
Auftragnehmer. Die Zusammenarbeit mit der Hochschule Harz ergibt sich mit dem
Systemhaus AB-DATA daraus notwendigerweise.
Zum ersten muss das konkrete Konzept der jeweiligen Auftragskommune realisiert werden,
das mit wissenschaftlicher Begleitung der Hochschule Harz erstellt wurde und in Bitterfeld
erfolgreich durchgesetzt und bis 2004 schrittweise installiert sein wird.
Zum zweiten liegt es im Interesse des Systemhauses AB-DATA und der Hochschule Harz
Lösungen für andere Herangehensweisen und Konzepte zu ermöglichen und systemimmanent
vorzusehen.
In der Pilotkommune Bitterfeld wird das konkrete DV- Konzept auf eine organische
Gliederung der Verwaltung mit den vier Rechnungssystem- Komponenten ausgerichtet, mit
der Kameralistik als führendem System. Das hat mit Prämissen der Auftragskommunen z.B.
als kleine und mittlere Kommune zu tun.
Ausgangspunkt der Aggregationen in Produkte , Produktgruppen, Produktbereiche sowohl im
Rechnungsstoff der Kosten und Leistungen als auch von Ertrag und Aufwand, einschließlich
von Teil- Rechnungen und innerer Verrechnungen verschiedener Methoden, wird die
Kostenrechnung.
Die organisatorisch angelegte Kostenstelle wird Ausgangspunkt der Zuordnungsmatrix von
Haushaltsstellen und Produkten als auch Leistungen und Konten und der Realisierung
gegenwärtiger gebührenrechtlicher Anforderungen.
Produktgliederungskonzepte, andere innere Verrechnungskonzepte, direkte doppische
Buchungen, unterschiedliche Budgetierungsvorstellungen von Kommunen, verschiedene
Konsolidierungsmöglichkeiten u.a. sind Bestandteile des allgemeinen angelegten Konzeptes
des Systemhauses AB-DATA, Velbert, das aufgrund der Oracle- Technik nicht nur für kleine
und mittlere Kommunen anwendungsfähig wird.
Probleme aus der Sicht der Wissenschaft
Eine der wichtigen eigenständigen Aufgaben der Wissenschaft in dem kommunalen
Haushalts- und Rechnungssystem besteht in der Sicherung der Zielstellungen des
Rechnungslegungskonzeptes in den rechtlichen Regelungen zum doppischen Haushalts- und
Rechnungssystem und seinem Vollzug. Die konsequente Durchsetzung der neuen
Zielstellungen im neuen doppischen Haushalts- und Rechnungssystem hat zur Zeit noch
einige Schwachpunkte, die dadurch entstehen, dass die Zielstellungen noch nicht
abschließend festgelegt sind, der Paradigmenwechsel im ökonomischen Inhalt der neuen
Rechnungslegung noch nicht überall gesehen wird und vielfach pragmatische Tagesfragen
und verschiedene Meinungen ohne den Zusammenhang zum Gesamtsanliegen der neuen
Rechnungslegung diskutiert werden.
Gerade schmerzhafte Konsequenzen aus Interessenlagen der Kommunen z.B. dem Interesse
an der bisher in einigen Ländern möglichen Abschreibung nach Wiederbeschaffungswerten
bei gebührenrechnenden Einrichtungen, unbequeme diskrete vorgegebene Nutzungsdauern,
innere Verrechnungen auf Basis von Kosten, Verrechnungspreisen oder Zeitabrechnungen,
harte Ergebnisausgleichsforderungen u.a. versucht man zu zum Teil mit breit konsensfähigen,
aber nicht zielsichernden Argumenten zu entschärfen.
Eine Einführung der flächendeckenden Kosten- Leistungsrechnung führt bei Überbetonung
der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung nach der wohlvertauten organisatorischen
Gliederung nicht zwingend zu einer outputorientierten Verwaltungssteuerung, da (Primär-)
Kosten, wenn auch inhaltsreicher als Ausgaben eben auch nur den Input darstellen. Die Reihe
ließe sich fortsetzten.
In der Erkenntnis, dass „die reine Lehre“ sich wohl nie ganz durchsetzt, ist die
Forschungsgruppe „Doppik“ der Hochschule Harz, Fachbereich Verwaltungswissenschaften
optimistisch in der Zusammenarbeit mit den Pilotkommunen, dem Innenministerium SachsenAnhalt und den Software- Häusern ihren Anteil an einem neuen wirkungsvollen Haushaltsund Rechnungssystem, des den neuen Zielstellungen verpflichtet ist und seiner rechtlichen
Umsetzung in Sachsen- Anhalt zu leisten.