AMAZON CLIPPER PREMIUM°Brasilien
Transcription
AMAZON CLIPPER PREMIUM°Brasilien
Amazon Clipper Premium° Brasilien www.azur.de Die Amazon Clipper Premium hat den Rio Negro oft für sich allein. Fotos:Sven Foto: PR Weniger Wildes Amazonien 98 °azur.de 3/2012 Wer eine Flussreise ab Manaus mit der Amazon Clipper Premium auf Amazonas und Rio Negro unternimmt, hat die einzigartige exotische Flora und Fauna des brasilianischen Regenwaldes zum Greifen nah. 3/2012 azur.de 99 ° Amazon Clipper Premium° Brasilien Das Naturerlebnis auf dem Flusssystem des Amazonas ist einmalig. Baumriesen und Uferböschung schimmern in den Farben des Regenwaldes. Fotos: Sven Weniger Vogelbeobachtung ist das Highlight eines jeden Ausflugs. Die Nester der Webervögel hängen wie Laternen in der Baumkrone. 100 °azur.de 3/2012 3/2012 azur.de 101 ° Amazon Clipper Premium° Brasilien Pralles Leben am Amazonas (im Uhrzeigersinn): Simone und Raimunda mit den Leckereien des Tages. Seerosenblätter groß wie Wagenräder. Sandro mixt traumhafte Caipirinhas. Flussbewohnerin auf dem Weg nach Hause. Mädchen mit Faultierbaby, zwei, die sich mögen. Balzende Urwaldechse. Der Fang eines Morgens. Große Fische für hungrige Passagiere. 102 °azur.de 3/2012 Fotos: Sven Weniger Kein Tag auf der Amazon Clipper Premium ist wie der andere. Jeder überrascht mit unerwarteten Erlebnissen, die den Passagieren wie Bilder in einem exotischen Fotoalbum in Erinnerung bleiben. Wenn Amazonas und Rio Negro zusammentreffen, vermischen sie sich nicht, sondern fließen kilometerlang nebeneinanderher. 3/2012 azur.de 103 ° Amazon Clipper Premium° Brasilien 104 °azur.de 3/2012 T rotz des ein wenig blutleeren Namens ist die Amazon Clipper Premium ein traditionelles Flussschiff mit viel Charme. Weiß mit grünen Streifen, die die vier Decks voneinander optisch trennen, so liegt sie auf dem spiegelglatten Wasser. Kapitän Jaime Coelho da Silva (49) empfängt uns höchstpersönlich in seiner Ausgehuniform. Wir klettern aus dem Beiboot und werden auf dem Freizeitdeck bei einem Glas Fruchtcocktail von Christoph Berquet (52) begrüßt. Er ist unser zweiter Guide, lebt auch schon lange in Manaus und gibt uns zuerst einen Überblick zu Schiff, Sicherheitsregeln und Tagesprogramm. Ich lehne mich in einem der bequemen Korbstühle zurück und fühle mich gleich wohl. Dann bekommen wir unsere Zimmerschlüssel. Das Schiff hat zwei Kabinendecks. Die acht Kabinen des Oberdecks unterscheiden sich in Größe und Aufteilung nicht von denen darunter. Dicht an dicht liegen Flussschiffe am Ufer der Urwaldstadt Manaus. Auf dem Markt wird vor allem mit Bananen gehandelt. A uch die etwas höhere Lage über der Wasserlinie verbessert die Sicht nach außen durch die großen Fenster kaum. Ich beziehe meine Kabine Nr. 15 auf dem Hauptdeck gleich hinter den beiden Einstiegsplattformen für die Passagiere. Das ist ein Manko, denn hier liegen in unmittelbarer Nähe die Schiffsgeneratoren für die Stromerzeugung. 24 Stunden Dauerlärm sind so garantiert, auch wenn das Schiff vor Anker liegt und die Maschinen stehen. Das Rattern der Klimaanlage geht dabei fast unter. Immerhin ist sie leicht per Hand regulierbar. Abstellen jedoch geht nicht, das wird sofort klar. Draußen ist es einfach zu schwül, tags und nachts. Gott sei Dank habe ich die Ohropax vom Flug aufgehoben. So wird es gehen. Die Zweibettkabine ist recht gemütlich. Platz habe ich genug, Ablagefläche auch. Im Bad könnte Shampoo stehen bei einem Schiff mit dem Zusatz „Premium“. Es fehlt aber. Dafür finde ich es gut, dass die Toiletten mit dem natürlich trüben Flusswasser gespült werden. Das ist ökologisch sinnvoll. Für Dusche und Händewaschen in dem kleinen Bad kommt Frischwasser aus der Leitung. Ich setze mich in meinen Rattansessel und blicke hinaus in die Tropen. Bei Manaus ist der Amazonas drei Kilometer breit. Nur drei, sollte ich sagen. Denn ganz in der Nähe stromauf- und stromabwärts sind es auch schon mal fünfzehn. Und wie gesagt, wenn er einmal anschwillt, gibt es kein Halten mehr. An der engsten Stelle wurde erst vor Kurzem eine nagelneue Brücke eingeweiht. Die erste überhaupt. Die Stadt darf nämlich nur in Richtung Süden wachsen, hinüber auf die Halbinsel Iranduba. Ansonsten ist Manaus von Regenwald eingeschlossen, der nicht gerodet werden darf. Die Dschungelmetropole mit der berühmten Oper ist die einzige Millionenstadt der Welt, zu der kein Landweg führt. Hierher kommt man nur per Schiff oder wie wir im Flugzeug. Manaus ist eine kleine Insel der Zivilisation, unser Heimathafen inmitten eines Meeres weitgehend unbesiedelter Natur. In einem der Vorträge, die unsere Guides in lockerer Folge halten, erklärt uns Christoph die wichtigsten Fakten. Es ist ein Potpourri der Höchstleistungen. Unser Fluss ist nicht nur mit offiziell 6868 Kilometern der längste, er enthält auch zwanzig Prozent allen Süßwassers des Planeten. Mit der Menge, die bei Manaus vorbeirauscht, könnte man alle 28 Sekunden jedem Menschen auf der Welt einen Liter Wasser geben. Eine ungeheure Vorstellung. Kurz darauf, die Amazon Clipper Premium hat inzwischen Fahrt aufgenommen, folgt schon der nächste Coup. Mein Amazonas, ich habe ihn gleich lieb gewonnen, das sind eigentlich zwei Flüsse. Im Osten der Stadt treffen sich nämlich Rio Negro und Rio Solimões. So nennen die Brasilianer den Fluss im Oberlauf, der im Rest der Welt Amazonas heißt. Erst ab Manaus wird er auch bei ihnen zum Amazonas. Doch wen kümmert schon Wortklauberei, wenn er erlebt, wie hier zwei Flusstypen aufeinanderstoßen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Rio Negro, schwarz wie Espresso, und der Amazonas, braun wie Latte Macchiato, brauchen ganze elf Kilometer, um ihre Wasser zu vereinigen. So lange fließen sie fast unver- mischt nebeneinanderher, im selben Bett – der eine rechts, der andere links. Ganz wissenschaftlich doziert Christoph die Gründe – verschiedene Fließgeschwindigkeit, Temperatur, Dichte und pH-Wert. Der Amazonas ist wärmer und schleppt reichlich Sedimente mit sich. Der Rio Negro, den wir später wieder flussaufwärts fahren werden, ist deutlich saurer. Er zersetzt die Blätter des Regenwaldes, bleibt aber sehr nährstoffarm, was zur Folge hat, dass es dort wenig Mücken gibt und daher kaum Malariafälle. Ein schöner Nebeneffekt, den wir auf unserer Reise bald bestätigen können. Zunächst aber sind alle einfach nur baff, wie sich die beiden Flüsse widerspenstig abzustoßen scheinen. Ein Schauspiel, dem ich stundenlang zuschauen könnte. D ie vielen neuen Eindrücke machen durstig. Höchste Zeit für die Happy Hour. Nicht irgendeine. Es ist Caipirinha-Stunde und Sandros großer Auftritt. Der stämmige, kleine Brasilianer gehört zur neunköpfigen Crew des Schiffes, die uns gleich zu Beginn an Bord vorgestellt wurde. Das ist nett, denn so lernen wir die Menschen kennen, die hinter unserem Reisespaß stehen. Sandro sorgt dafür, dass die Tische im Esssaal des Oberdecks tipptopp arrangiert sind, serviert Getränke, räumt auf. Aber vor allem mixt er die göttlichen Limonendrinks, ohne die kein Brasilienurlaub perfekt wäre. Zwei Caipis für den Preis von einer, und das nur heute, da bin ich dabei. Flink wie ein Wiesel zerteilt Sandro die giftgrünen Zitrusfrüchte, zerdrückt sie im Glas, Eiswürfel hinein, weißer Rohrzucker dazu, Cachaça-Schnaps drüber, rühren, fertig. Bald sitzen die meisten von uns oben auf dem Freizeitdeck gleich neben der Bar in der lauen Brise des Abends. Vom Horizont nähert sich ein Gewitter, Blitze zucken dramatisch, der Wind bläht sich zum Sturm auf, Regen prasselt auf das schützende Sonnendach. Ich nippe an meinem Drink. Der Schauer zieht rasant vorbei. Viertausend Gewitter entladen sich ständig gleichzeitig über Amazonien, sagte Christoph. Noch so eine irre Zahl. Unseres hinterlässt ein dramatisches Panorama aus dunklen Wolkenhaufen und einem feuerroten Sonnenuntergang. Mittags und abends gibt es eine feste Zeremonie. Dann schlägt Sandro seine Schiffsglocke und ruft uns 25 Passagiere zum Essen. Am Abend unserer Ankunft an Bord geschieht das noch gemächlich. Man steht, plaudert, sucht sich einen Tisch im Restaurant des Oberdecks, spaziert mit seinem Teller zum angerichteten Buffet. Mit zunehmender Reisedauer geht das immer hurtiger. Zum Ende hin lauern die Ersten schon fünf Minuten vor dem Gong am Eingang. Die Schlange vor der Anrichte reicht in Windeseile bis zur Treppe mittschiffs. Schuld daran ist Simone. Die junge Köchin mit dem feinen Lächeln ist ein Phantom. Kaum jemand bekommt sie zu sehen, da sie mit ihrer Kollegin Raimunda ständig in der Kombüse werkelt. Ach was, zaubert. Ihre Gerichte sind ein Gedicht – alle. Selten habe ich so konstant lecker und abwechslungsreich gegessen: Geschnetzeltes, Frittiertes, Gebackenes, Aufläufe. Fisch ebenso wie Huhn, Rinderbraten und Kürbissuppe, ▼ Mal so groß wie Deutschland. Da dauert eben alles etwas länger. Erst in den nächsten Wochen werden die Fluten hier eintreffen. Wir nicken beeinduckt. Wir, das ist eine Reisegruppe des Veranstalters Lernidee aus Berlin, der unser Schiff für seine „Flusskreuzfahrt Amazónica“ komplett gechartert hat. Die Gäste aus Deutschland, Österreich und Luxemburg sind eine bunte Mischung: Paare, einige Einzelreisende, zwischen Ende vierzig und Mitte siebzig. Erfahrene Traveller, die mal eine exotische Flusskreuzfahrt machen und nicht auf einem der Riesenschiffe mit Casino und Bordanimation den Amazonas hinaufpflügen wollen. So werden es mir viele später erzählen. Die richtige Wahl, wie wir bald feststellen. Nun aber heißt es erst mal, über den wackligen Steg auf einen Ponton zu balancieren. Dort warten schon die beiden grasgrünen Beiboote der Amazon Clipper Premium. Sie werden ab jetzt unser Tor zur Natur werden und uns überall hintragen, wo es etwas zu sehen gibt. Einen zünftigeren Beginn der Abenteuerreise hätte ich mir nicht vorstellen können. Fotos: Sven Weniger D as wird also mein Zuhause für die nächsten Tage sein. Direkt von meinem Hotel, dem Tropical Manaus, blicke ich hinunter auf den großen Strom. Da liegt sie etwa hundert Meter vom hell schimmernden Ufer entfernt vor Anker. Keine Verwechslung ist möglich. Die Amazon Clipper Premium ist das einzige Schiff weit und breit. So sind meine ersten Eindrücke am Amazonas gleich verwirrend. Denn ich hatte weder die breiten Sandstrände erwartet, die den Fluss auf beiden Seiten einrahmen, noch, dass überhaupt kein Verkehr auf dem Wasser herrscht. Unser Guide Franz Schuler (46) begrüßt uns im Foyer. Dann machen wir uns zu Fuß auf den Weg durch den kleinen Park mit den zwitschernden Vögeln vor dem Tropical Manaus. Über die breite Promenade geht es hinab zum Strand. An der zehn Meter hohen Ufermauer stehen Markierungen der Hochwasserstände der letzten Jahre. Für 2009 musste die rote Linie sogar auf einen Stein in der höher gelegenen Grünanlage gepinselt werden. Der Pegel des Amazonas steigt gut und gerne 16 Meter in der Regenzeit, belehrt uns Franz. Er ist Schweizer und vor zwanzig Jahren in Manaus hängen geblieben, wie er sagt. Seine Witze und der lustige Tonfall à la Emil werden uns von nun an immer wieder zum Lachen bringen. 2009 war Rekord, der höchste Stand seit über hundert Jahren. Nur jetzt im November, da wir gerade extremes Niedrigwasser haben, tauchen die Strände auf – eine weitere Überraschung. Denn 1500 Kilometer am Oberlauf des Amazonas, wo die Regenwälder an die Anden stoßen, hat die Regenzeit schon begonnen. Doch der längste Fluss der Erde ist eine unberechenbare Diva. Zu weit ist sein Einzugsgebiet, fast zwanzig 3/2012 azur.de 105 ° 0 Rio Apuau Ausschnitt 20 km Brasilien BRASILIEN Amazon Clipper Premium° Brasilien Rio Cuieiras R o Ama z i Ne gro Manaus Terra Preta A ber eigentlich wollte ich von den Ausflügen erzählen. Gleich nach der ersten Nacht auf der Amazon Clipper Premium geht es bei Tagesanbruch auf Entdeckungsfahrt. 6.00 Uhr hatte Franz am Abend zuvor auf der Tafel für das Tagesprogramm notiert. Da stockte manchem der Atem. Aber wer etwas sehen will, muss früh raus. Das merke ich schnell. Die Tiere sind in der weichen Morgenluft aktiver als in der Schwüle des Tages. Mit beiden Beibooten fahren wir in einen natürlichen Verbindungskanal zum riesigen Lago dos Reis. Gleich zu Beginn begrüßen uns Seeschwalben mit lautem Geschrei. Sie sind auf der Jagd. Doch nicht nur sie. Auch Eisvögel, Ibisse, eine enorme Vielfalt von Reihern tummeln sich über der Mündung. Der Black Skimmer pflügt im Flug mit seinem geöffneten Schnabel durchs Wasser und packt so seine Beute. Der flache Kanal ist voller Fische. Wir sehen sie nur manchmal aus dem dunklen Wasser springen, die Jäger erspähen sie sofort. Delfine sind ebenfalls unterwegs. Auch einige Fischer der nahen Siedlung, deren bunte Holzhäuser sich hoch oben auf der Böschung allmählich aus der Morgendämmerung schälen. So viele Boote, so viel Action sind selten auf dem Amazonas. Rabengeier lauern am Ufer. Papageien aller Größen und Farben fliegen laut kreischend vorbei. Unsere Kameras laufen heiß. Die Bootsleute Roberto und Raimundo zeigen uns Tukane und Fischbussarde, die hoch in den Bäumen sitzen. Sie entdecken die urzeitlichen Hoatzin-Hühner im Dickicht, sehen klitzekleine Waldfrösche auf den Ästen hocken. Ich bin voller Bewunderung für die Fähigkeit der beiden, ihre Umgebung förmlich zu scannen. Ihnen entgeht weder der Leguan, der starr wie ein Ast wirkt, noch das Faultier, das sich gleich einem Termitennest um den Baumstamm Nur selten sieht man Kapitän Jaime Coelho da Silva in seiner strahlend weißen Uniform. Lecker! Dem Papagei schmeckt die Limone auch ohne Cachaça. 106 °azur.de 3/2012 schlingt, oder die Gottesanbeterin, die wie ein Zweig im Unterholz aussieht. Selbst Christoph und Franz können da nicht mithalten. Und ich, ich komme mir wie blind vor. V ielleicht auch besser so, denke ich einige Tage später. Da geht es nämlich stromaufwärts zum Piranha-Fischen. Ja genau, auf die mit den Mörderzähnchen haben wir es abgesehen. Mittlerweile sind auch die letzten Anzeichen der Zivilisation verschwunden. Oberhalb von Manaus leben kaum noch Menschen. Wir sind im AnavilhanasNationalpark mit seiner unübersichtlichen Inselwelt angekommen. Unser Schiff ankert im Rio Cuieiras. Raimundo fährt uns zum Ufer, Franz verteilt die Angelleinen mit den Haken. Still ruht die Wasseroberfläche. Hier soll was los sein? Es ist! Kaum versinken die Nylonschnüre in der Brühe, zerrt es auch schon wie wild an den Fleischstückchen, die uns Simone als Köder mitgegeben hat. Im Minutentakt zieht unsere Gruppe unter ekstatischem „Ich hab einen!“-Tumult die kleinen, roten Piranhas aus dem Fluss. Raimundo kommt kaum nach mit dem Abmachen der Haken. Das sollte man nie selbst versuchen. Rutscht einem der glitschige Fisch weg, hängt er garantiert Nanosekunden später an der Hand. Dann ist Schluss mit lustig. Die kleinen Piranhas wirft der Brasilianer wieder in den Fluss. Die großen finden wir tatsächlich abends wieder – diesmal als Fischsuppe auf Simones Speiseplan. Eines Morgens nimmt mich Franz sogar zum Fischen mit. Wieder sind wir im Auftrag der Köchin unterwegs. Bis zu vier Meter lang wird der Piraiba, der größte Fisch hier, und übertrifft damit deutlich den rosa Flussdelfin, das größte Säugetier im Amazonas. Doch der Wels würde eher uns erlegen als umgekehrt. Also kehren wir nach einer Stunde mit drei kapitalen Buntbarschen ▼ kleinen Schiffen wie der Amazon Clipper Premium ist das möglich. Mit ihrem geringen Tiefgang kann sie auch in flachere Seitenarme fahren und sogar am Ufer anlegen. Am dritten Tag setzt Kapitän Coelho da Silva unser schwimmendes Zuhause direkt auf den Strand des Rio Negro. Knirschend kommt der Dampfer zum Stehen. Es ist ein Badestopp. Einige springen direkt von Bord in den lauwarmen Fluss. Nicht gerade erfrischend bei 30 Grad – Wassertemperatur natürlich, die Luft ist noch um einiges wärmer. Doch eine nette Abwechslung, die ich mir nicht entgehen lasse. An Bord gibt es nur zwei Mini-Sitzpools. Die sind anfangs tagelang leer. Auch später werden sie nur mit dem trüben Flusswasser gefüllt – und wer sitzt schon gerne in einer großen, vollen Kaffeetasse. Nein danke. Fotos: Sven Weniger, Infografik: www.AxelKock.de für AZUR Salate und Soßen. Dazu gibt es Spezialitäten aus Maniok, Früchten und Gemüsen, deren Namen ich noch nie gehört habe. Und ihre Kuchen und Eistorten – überirdisch. Auf der Amazon Clipper Premium jongliert man nicht mit kulinarischen Petitessen. Hier wird herzhaft zugelangt. Passend dazu gibt es keinen Dresscode. Jeder kommt in der Kleidung, die ihm behagt, und setzt sich immer mal wieder an einen anderen Tisch. Nur wenige Gäste glucken in kleinen Zirkeln zusammen. Niemand wird außen vor gelassen. Diesen Strauß an Speisen auf einem so kleinen Schiff immer auf die Minute genau zu timen, ist große Kunst. Daher mogle ich mich alsbald in die Schiffsküche, um Simones Geheimnis auf die Spur zu kommen. Da stehen also die beiden Frauen in ihren Sweatshirts und weißen Hauben. Ein Kofferradio summt, die Fenster zum Fluss sind offen, die Kombüse ist klein und zweckmäßig. Sie koche einfach gerne, sagt Simone, und natürlich nur mit besten Zutaten. Das war’s, mehr könne sie dazu nicht sagen. Raimunda grinst. Welche Bescheidenheit! Also kein Mysterium, keine Sterne-KochUtensilien. Einfach nur Spaß an der Arbeit mit Blick auf den Amazonas. Das ist Inspiration genug. Das A und O jeder Flusskreuzfahrt in Amazonien sind die Ausflüge in den Regenwald. Nur auf ona Lago dos Reis s Terra Nova Auf dem Amazonas durch Brasilien Auf dem längsten Fluss der Welt durch Amazoniens geheimnisvolle Natur. LANDESINFOS Der Regenwald Amazoniens ist etwa 7 Millionen Quadratkilometer groß. 68 Prozent liegen in Brasilien. Amazonas heißt auch der Bundesstaat im Herzen der Region. Hauptstadt ist die Urwaldmetropole Manaus (1,8 Millionen Einwohner). Dort vereinen sich die beiden Flüsse Rio Negro, der aus Kolumbien kommt, und der Rio Solimões/Amazonas aus Peru, fließen von hier aus in den Atlantik. Mit 6868 Kilometern ist der Amazonas der längste Fluss der Erde. Anreise Die brasilianische TAM fliegt ab Frankfurt und München in elf Stunden nach São Paulo und von dort weiter nach Manaus. Preis: ab 1276 Euro. Lufthansa fliegt ebenfalls nach São Paulo. Reisende müssen dort aber auf einen TAM-Flug umsteigen. Lernidee-Bucher haben alle Transfers, inkl. Übernachtung im Hotel Tropical direkt am Bootsanleger, inklusive. reisezeit & KLIMA Manaus liegt nur 40 Meter über dem Meeresspiegel nahe dem Äquator. Das Klima ist das ganze Jahr über tropisch schwül. Tagsüber steigen die Temperaturen meist über 30 Grad, nachts fallen sie selten unter 25 Grad. Mit Regenfällen muss täglich gerechnet werden. Regenzeit ist Dezember bis April. Die trockensten Monate sind Juni und Juli. Die Amazon Clipper Premium fährt ganzjährig. Lernidee bietet drei Touren von September bis November an. GESUNDHEIT Mücken- und Sonnenschutz sind ein Muss! Amazonien ist Malaria-Risikogebiet. ZEITUNTERSCHIED Zur MEZ –5 Stunden, in der europäischen Sommerzeit –4 Stunden. WÄHRUNG Die brasilianische Währung ist der ReaL (1 BRL = ca. 0,40 Euro). Tausch in Banken und an Flughäfen, aber sehr hohe Gebühren. Besser Bargeld und Kreditkarten mitnehmen. An Bord auch MasterCard und Visa. SOUVENIRS In Indianerdörfern lokales Kunsthandwerk. Originell: der Froschrufimitator aus Hartholz (auf Terra Nova), auch die Blasrohre in Terra Preta. Typisch: der Zuckerrohrschnaps Cachaça. LESEN & SEHEN Brasilien, Baedeker Verlag, 25,95 Euro. „Brasilien: Ein Land der Zukunft”, Insel Verlag, 10 Euro. Der Werner Herzog-Film „Fitzcarraldo” mit Klaus Kinski spielt in Manaus und auf dem Amazonas, Arthaus Verlag, 9,99 Euro. info www.braziltour.com www.brasilianischebotschaft.de SCHÖNE LEGENDE: Die berühmte Oper von Manaus ist eigentlich ein Theater. Es wurde mit viel Aufwand renoviert. 3/2012 azur.de 107 ° zurück, haben, ganz nebenbei, mit ein paar Totenkopfäffchen gespielt, einem Indio-Fischer einen neuen Angelblinker geschenkt, Webervögel beim Nestbau beobachtet, uns mit der Fotolinse an einen Fischadler gepirscht – und werden nun von den anderen an Bord mit großem Hallo begrüßt. Ein ganz normaler Abenteuertag in Amazonien. Meine Fahrt auf der Amazon Clipper Premium ist schon nach Kurzem übervoll mit Erlebnissen. Die wenigen Tage sind gefüllt mit Exkursionen aller Art. Natürlich auch Landgängen in den Regenwald. Dort verliere ich schnell den Überblick über die grandiose Vielfalt der Natur. 1500 Vogel-, 6000 Baum-, 2,5 Millionen Insektenarten – und niemand ist sicher, wie viele noch auf ihre Entdeckung warten. Manchmal ist das Tagesprogramm so dicht, dass kaum noch Zeit zum Genießen der Schiffsreise selbst bleibt. Aber natürlich kann jeder den einen oder anderen der bereits voll im Reisepreis enthaltenen Ausflüge auslassen. Außerdem hat der Veranstalter Lernidee sein Kreuzfahrtpaket Amazonien mit Abstechern in den Pantanal, nach Brasilia und Rio de Janeiro so umfassend gestaltet, dass mancher einfach gerne mal eine Pause macht und nur auf dem Außendeck beim Kaffee sitzt, liest oder döst. Zum Sonnen ist es allerdings zu heiß. Außerdem sind die Plastikliegen nicht besonders einladend – und dem Schiff täte es sowieso gut, wenn die Reederei mit Pinsel und Farbe den sich vielerorts deutlich abzeichnenden Abnutzungen entgegentreten würde. Erst wenn es Nacht wird und sich ein überwältigender Sternenschirm über dem Amazonas aufspannt, sind 108 °azur.de 3/2012 wir wieder alle draußen, auf der Dachterrasse, an der Reling, auf dem Außendeck – die Caipi in der Hand. Ein Genuss ohne Chill-out-Gedudel hinterm Tresen. Einfach herrlich! Dann sauge ich diese einmalige Atmosphäre aus Stille und seidiger Brise auf und fühle mich wie ein Entdecker. So muss es Werner Herzogs Fitzcarraldo gegangen sein, denke ich, als er sich von Manaus den Amazonas stromaufwärts aufmachte, um in Peru ein Opernhaus zu bauen. Der Regenwald verführt zum Träumen und Fantasieren. W er in einer Region wie Amazonien unterwegs ist, muss mit Prog r a m mä nde r u ngen rechnen. Wasserstände können schwanken, Regenfälle Bootstouren und Wanderungen unmöglich machen. Franz, der bei Amazon Clipper Cruises auch Expeditionsleiter ist, erklärt, dass feste Routen nicht zu garantieren sind. Wohl aber, dass es immer spannend und unterhaltsam wird, egal, ob das Schiff nun den Rio Ariau statt den Rio Cuieiras hinauffährt, den Lago January statt den Lago dos Reis besucht. Dafür sorgen auch zusätzliche Vorträge an Bord, in denen sich er und Christoph mit Themen rund um den Amazonas befassen. Dazu trägt zudem bei, dass Gäste überall an Bord willkommen sind, auch dort, wo sie normalerweise nicht hindürfen. So schaue ich eines Nachmittags einfach mal beim Kapitän auf der Brücke vorbei. Nun ja, er weiß, dass ich komme, und hat sich nochmal in seine schneeweiße Uniform gesteckt, die normalerweise im Schrank hängt. Denn wenn er nicht zu repräsentieren hat, und das kommt eigentlich so gut wie nie vor, dann läuft er als Jaime im T-Shirt mit dem Reederei-Logo an Bord herum wie die anderen Crewmitglieder und wird von keinem der Passagiere erkannt. Also erklärt mir Jaime alias Capitão Coelho da Silva den Tiefenmesser der Amazon Clipper Premium – erstaunlich, denn wir haben gerade satte 80 Meter Wasser unterm Kiel – und lässt mich sogar für einen Moment ans Steuerrad. Ein überschaubares Risiko, denn ich schippere ganz allein auf dem an dieser Stelle acht Kilometer breiten Rio Negro. Unser letzter großer Landgang führt uns in die Indio-Siedlung Terra Preta. Die Urbevölkerung am Amazonas hat sich weitgehend assimiliert. Wir erklimmen die hohe Böschung und stehen auf einem Plateau mit Holzhütten und einem weiten Fußballfeld in der Mitte, auf dem gerade gekickt wird. Es gibt TV-Anschluss und Handys. In der Schule werden den Kindern sowohl die portugiesischen wie indianischen Begriffe ihres Alltags beigebracht, darauf legt der brasilianische Staat Wert. Dennoch ist die Dorfgemeinschaft Terra Preta eine der wenigen verbliebenen Amazoniens, die sich nicht mit weißen Siedlern vermischt hat. Noch einmal langen unsere Souvenirjäger zu. Dann heißt es Abschied nehmen von einer Welt, in der ich mich fast schon heimisch fühlte. Am Tag der Abreise bekommen Crew und unsere Guides ihr verdientes Trinkgeld. Obwohl natürlich freiwillig, geben alle Gäste gerne die 80 bis 100 Euro Tipp. Die „Flusskreuzfahrt Amazónica“ mit Lernidee besteht im Kern aus einer sechstägigen Schiffsreise ins Herz Amazoniens plus Rahmenprogramm vor- und hinterher. Die Amazon Clipper Premium ist dafür ein sehr komfortables Flussschiff, auf dem die Tradition freundlicher, persönlicher und umfassender Betreuung gepflegt wird. Text: Sven Weniger Kundenservice Sie wünschen mehr Informationen? Dann schicken Sie eine formlose Email an [email protected] Fotos: Sven Weniger Totenkopfäffchen trauen sich ganz ungeniert in die Nähe der Menschen, denn sie wissen, die haben Bananen. und bestellen Sie den aktuellen Prospekt Ihrer Wunschreederei oder abonnieren Sie das führende Kreuzfahrtmagazin AZUR.