Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nicht

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Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nicht
Universität Bayreuth
Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Wintersemester 2010/2011
Seminar zum Sportrecht bei
Prof. Dr. Peter Heermann, LL M
im Wintersemester 2010/2011
Thema:
„Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nicht autorisierte
Werbemaßnahmen“
vorgelegt von:
Martin Schlieckmann
Wirthstraße 4
95445 Bayreuth
Tel.: 0921/1502533
e-mail: [email protected]
11. Fachsemester
Matrikelnummer: 1072257
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung ............................................................................................................................ 1
B. Grundlagen des Persönlichkeitsrechts............................................................................... 2
I. Das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht ........................................................................ 2
1. Geschichtlicher Hintergrund ......................................................................................... 2
2. Rechtsnatur des allgemeinen Persönlichkeitsrecht ....................................................... 2
3. Schutzzweck ................................................................................................................. 3
II. Das Medienpersönlichkeitsrecht ................................................................................... 4
1. Recht am eigenen Bild, § 22 KUG ............................................................................... 4
a. Rechtsnatur ................................................................................................................ 4
b. Der Verbotstatbestand des § 22 KUG ....................................................................... 5
c. Ausnahmen nach § 23 I KUG ................................................................................... 5
d. Verletzung berechtigter Interessen nach § 23 II KUG .............................................. 6
2. Recht am eignen Namen, § 12 BGB ............................................................................. 7
a. Schutzweck................................................................................................................ 7
b. Verbotstatbestand ...................................................................................................... 7
3. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, § 823 I BGB ...................................................... 8
a. Schutz vor der Verfälschung des Persönlichkeitsbildes ............................................ 8
b. Ehrenschutz ............................................................................................................... 8
C. Persönlichkeitsverletzungen durch nicht autorisierte Werbung .................................... 8
I. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Nutzung von Persönlichkeitsmerkmalen 8
II. Werbemaßnahmen in der Rechtsprechung ................................................................. 9
1. Wirtschaftswerbung/Merchandising ............................................................................. 9
2. Werbung und Berichterstattung .................................................................................. 10
3. Werbung zu aleatorischen Zwecken ........................................................................... 11
4. Werbung für Medienprodukte .................................................................................... 13
5. Werbung und Satire .................................................................................................... 15
6. Schutz des Namens ..................................................................................................... 17
III. Stellungnahme ............................................................................................................. 17
1. Wirtschaftswerbung und Merchandising .................................................................... 17
II
2. Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit ............................................................ 18
3. Satirische Werbung ..................................................................................................... 18
4. Interessensabwägung .................................................................................................. 19
a. Art und Qualität der Persönlichkeitsverletzung ...................................................... 20
b. Relevanz des Beitrags in der öffentlichen Diskussion ............................................ 20
c. Ausgestaltung der Werbung .................................................................................... 20
D. Rechtsfolgen ...................................................................................................................... 21
I. Ansprüche ohne finanziellen Augleich ......................................................................... 21
1. Allgemeines ................................................................................................................ 21
2. Anspruchsgrundlage ................................................................................................... 21
3. Anspruchsvoraussetzungen ......................................................................................... 22
4. Anspruchsumfang ....................................................................................................... 22
II Ansprüche auf finanziellen Ausgleich ......................................................................... 22
1. Schadensersatzansprüche ............................................................................................ 22
a. Materieller Schadensersatzanspruch ....................................................................... 23
b. Immaterieller Schadensersatz ................................................................................. 23
2. Bereicherungsausgleichsanspruch .............................................................................. 24
E. Fazit..................................................................................................................................... 25
III
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X
A. Einleitung
Spitzensportler gehören neben Film- und Fernsehstars zu denjenigen Persönlichkeiten mit dem
höchsten Vermarktungspotential. Der Grund dafür dürften die hinter sportlichen Höchstleistungen
stehenden Charaktereigenschaften wie körperliche bzw. mentale Stärke, Ausdauer, Fleiß und
Disziplin sein. Diese Eigenschaften versucht sich die Werbewirtschaft in Form eines Imagetransfers
zunutze zu machen. Verstärkt durch die enorme mediale Präsenz, wird der Sportler zu einem
attraktiven Werbeträger. So ist der Sportler in der Lage, hohe Erlöse aus der Verwertung bzw.
Vermarktung seiner Persönlichkeit zu erzielen. Der Anteil dieser Einnahmen übersteigt teilweise
sogar diejenigen Einnahmen, die der Sportler unmittelbar durch seine sportlichen Leistungen
erzielt.1
Zur Wahrung der Werthaltigkeit der Verwertung ihrer Persönlichkeitsrechte sind die Sportler darauf
angewiesen, dass die entsprechenden Schutz- und Persönlichkeitsrechte von der werbetreibenden
Wirtschaft beachtet und respektiert werden. Diesem Interesse des Sportlers am Schutz der eigenen
Persönlichkeit steht das Interesse der werbenden Unternehmen gegenüber, die Popularität des
Sportlers zu eigenen Zwecken zu verwenden. Dies wird häufig damit begründet, dass die Sportler
gerade von der Öffentlichkeit und von der enormen medialen Präsenz profitieren und daher eine
gewisse Einschränkung ihrer Persönlichkeitsrechte zu tolerieren hätten.
Dieses Spannungsverhältnis zwischen Sportler und Werbeträger beschäftigt Rechtsprechung und
Lehre seit vielen Jahren.2 Im Mittelpunkt dieses Spannungsverhältnisses steht die Frage, ob und bis
zu welchem Grad sich ein Sportler die Verwendung seiner Persönlichkeit zu Werbezwecken ohne
Einwilligung gefallen lassen muss. Aufgrund des fortschreitenden Wandels der Medien- und
Kommunikationsmittel hat das Thema trotz reichhaltiger Rechtsprechung jedoch nie an Brisanz
verloren.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nun mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nicht
autorisierte Werbemaßnahmen. In einem Grundlagenteil (B.) erfolgt zunächst in einem ersten
Schritt eine allgemeine Darstellung des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts (I.) mit Blick auf
dessen Geschichte (1.), Rechtsnatur (2.) und Schutzzweck (3.). Im zweiten Schritt wird der
medienrelevante Teilbereich des Persönlichkeitsrechts3 herausgearbeitet (II.).
Im Hauptteil (C.) werden dann die verschiedenen Werbemöglichkeiten mit der Persönlichkeit
vorgestellt (I.), anhand der reichhaltigen Rechtsprechung beleuchtet (II.) und kritisch bewertet (III.).
Der thematische Schwerpunkt liegt dabei auf dem Recht am eigenen Bild aus § 22 KUG.
1
So ermittelte das französische Magazin „France Football“ in diesem Jahr, dass sich die geschätzten jährlichen
Einnahmen des Fußballers Lionel Messi i.H.v. 33 Millionen EURO aus Gehaltszahlungen i.H.v. 10 Millionen EURO,
aus Prämien i.H.v. 4 Millionen EURO und aus Werbeeinnahmen i.H.v. 19 Millionen EURO zusammensetzen. Quelle:
tz-online.de vom 23.03.2010.
2
Der erste bekannte Rechtsstreit zu diesem Thema stammt aus dem Jahre 1929. RGZ 125, S.80 – Tull Harder.
3
Im Folgenden als Medienpersönlichkeitsrecht bezeichnet.
1
In einem abschließenden Teil (D.) werden die verschiedenen Rechtsfolgen dargestellt, welche bei
Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in Betracht kommen.
B. Grundlagen des Persönlichkeitsrechts
I. Das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht
1. Geschichtlicher Hintergrund
Das Persönlichkeitsrecht kann heutzutage als eine der wesentlichen Errungenschaften des
Zivilrechts der Nachkriegszeit betrachtet werden. Zwar herrscht auch heute noch keine Einigkeit
über die genaue dogmatische Einordnung, doch ist es im Ergebnis absolut anerkannt.
Das Persönlichkeitsrecht beruht im Wesentlichen auf naturrechtlichen Überlegungen und hat
demnach im Vergleich zu sonstigen Rechten eine relativ junge Geschichte.4 Gleichwohl hat es
lange um seine Anerkennung ringen müssen. Der klassische BGB-Gesetzgeber lehnte ein
umfassendes Persönlichkeitsrecht – unter Zustimmung des Reichsgerichts5– noch ab.6 So findet
sich der Begriff der Persönlichkeit an keiner Stelle des BGB. Vielmehr wurde der Schutz der Ehre
nicht in das Deliktsrecht aufgenommen, sondern ins Strafrecht verlegt. Andere Persönlichkeitsgüter
wie Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit in § 823 BGB oder der Name in § 12 BGB erhielten
speziellen Schutz. Der Schutz beschränkte sich nicht auf das BGB. So finden etwa das Recht am
eigenen Bild im KUG und das Urheberrecht im UrhG besonderen Schutz.
Der begrenzte Schutz der Persönlichkeit wurde im Schrifttum jedoch zunehmend als unbefriedigend
empfunden. Der BGH nahm sich unter Geltung des Grundgesetzes von 1949 dieser Aufgabe an und
erkannte in der Leserbrief-Entscheidung, den Forderungen im Schrifttum7 folgend, ein allgemeines
Persönlichkeitsrecht in Form eines „sonstigen Rechts“ i.S.d. § 823 I BGB an.8 In der Folgezeit
wurde das Persönlichkeitsrecht in der Rechtsprechung9 weiterhin gefestigt und schließlich vom
Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt.10
2. Rechtsnatur des allgemeinen Persönlichkeitsrecht
Eine präzise Definition des Persönlichkeitsrechts ist angesichts der Universalität und Dynamik der
Persönlichkeit kaum möglich. Dominierend ist in Rechtsprechung und Literatur eine Einordnung als
Mutter- oder Quellrecht.11 Demnach bildet das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Grundlage für
die Herausbildung und Anerkennung neuer, besonderer Persönlichkeitsrechte, welche als
Abspaltung anzusehen sind.12 Der Verzicht auf eine statische Definition bietet den Vorteil, dass sich
4
Ahrens, S. 28.
RGZ 113, S. 414; RGZ 123, S. 312 (320).
6
Rothley, S. 164.
7
Beispielhaft für viele: Coing, SJZ 1947, S. 642; Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 707.
8
BGHZ 13, S. 334 ff. – Leserbrief.
9
BGH, NJW 1957, S. 1315 – Spätheimkehrer; BGH, NJW 1960, S. 476 – Burschenschaft.
10
BVerfGE 34, S. 269 – Soraya.
11
Hubmann, S. 131; Baston-Vogt, S. 101.
12
Götting in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 1, Rn. 27; Hubmann, S. 131.
5
2
das Persönlichkeitsrecht dynamisch neuen Herausforderungen anpassen kann und so umfassend die
gesamte Persönlichkeit in allen gegenwärtigen und zukünftigen Konfliktlagen zu schützen
vermag.13
Vor dem Hintergrund, dass sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine einzelnen
Ausprägungen in einem dynamischen Entwicklungsprozess befinden, die maßgeblich durch
technologische Veränderungen geprägt werden, ist es auch gerechtfertigt, von einem Rahmenrecht
zu sprechen.14 Das Recht steckt demnach nur den ungefähren Rahmen des Schutzbereiches ab. Im
konkreten Einzelfall bedarf es aufgrund der generalklauselartigen Weite einer umfassenden
Abwägung der beteiligten
Güter
und
Interessen.15
Letztlich
kommt
dem
allgemeine
Persönlichkeitsrecht auch die Funktion eines Auffangtatbestandes zu, um die bestehenden Lücken
im zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz auszufüllen, die trotz der Anerkennung einzelner
Persönlichkeitsrechte verblieben sind.16 Unbestritten ist heutzutage, dass das Persönlichkeitsrecht in
seinen verschiedenen Ausprägungen ein subjektives Recht ist.17 Als Aufgabe und Zweck der
Persönlichkeitsrechte wird der Schutz der höchsten und unantastbaren sowie unveräußerlichen
Rechtsgüter
des
Menschen
herausgestellt.18
Unter
dem
Einfluss
der
fortschreitenden
Kommerzialisierung wird heute jedoch nicht mehr bestritten, dass die Persönlichkeit auch einen
vermögenswerten Charakter annehmen kann.19 So hat der BGH unlängst festgestellt, dass den
verschiedenen Merkmalen der Persönlichkeit, wie dem Abbild, dem Namen oder der Stimme, ein
beträchtlicher wirtschaftlicher Wert zukommt, welcher dem Ansehen und der Bekanntheit einer
Person geschuldet ist.20 Dementsprechend ist das Persönlichkeitsrecht hinsichtlich der
wirtschaftlichen Interessen an der Person nicht nur als ein subjektives Ausschließlichkeitsrecht,
sondern auch als ein Vermögensrecht zu qualifizieren.21
3. Schutzzweck
Einen einheitlichen Schutzbereich weist das Persönlichkeitsrecht aufgrund seiner dogmatischen
Einordnung nicht auf. Vielmehr hat der BGH anhand seiner Rechtsprechung über die Zeit
verschiedene Fallgruppen definiert, welche dem Begriff Konturen geben.22
Zweck des Persönlichkeitsrechts ist der Schutz des Einzelnen vor der Gefährdung seiner
immateriellen Integrität durch die Gewährung eines autonomen Bereichs eigener Lebensgestaltung,
13
Larenz/Wolf, BGB-AT, § 8 I 2, Rn. 7.
Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, Rn. 1216.
15
Larenz/Wolf, BGB-AT, § 8 I 2, Rn. 7.
16
Götting in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 1, Rn. 28.
17
Das subjektive Recht ist die von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht zur Befriedigung bestimmter
Interessen. Baston-Vogt, S. 87 ff.
18
Götting in: Aktuelle Entwicklungen des Persönlichkeitsrechts, S. 11 (22).
19
Dies zeigt sich deutlich am Beispiel des Urheberrechts. Hier sind persönlichkeitsrechtliche und vermögensrechtliche
Elemente untrennbar miteinander verbunden. Götting in: Aktuelle Entwicklungen des Persönlichkeitsrechts, S. 11 (23).
20
BGH, GRUR 2000, S. 709 (712) – Marlene Dietrich.
21
BGH, GRUR 2000, S. 709 (712) – Marlene Dietrich; Kläver, ZUM 2002, S. 205 (209).
22
v. Holleben, S. 21.
14
3
in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann.23 Der
Persönlichkeitsschutz soll demnach in doppelter Hinsicht Wirkung entfalten: einmal in statischer
Sicht, im Recht der Selbstentfaltung,24 zum anderen in dynamischer Sicht, im Recht der
Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit.25 Unter dem Schutz der Selbstentfaltung wird die
Gewährleistung
eines
von
jeglicher
Öffentlichkeit
abgeschirmten
Bereichs
privater
Lebensgestaltung verstanden.26 Diese Privatsphäre weist engsten Bezug zu dem, durch Art 1 I GG
absolut geschützten, Persönlichkeitskern auf, sodass die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs
strengen Anforderungen unterliegt.27
Davon zu unterscheiden ist der Bereich der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. So genießt auch
das berechtigte Interesse des Einzelnen sich in der Öffentlichkeit seinen Wünschen und
Vorstellungen entsprechend darzustellen und wahrgenommen zu werden persönlichkeitsrechtlichen
Schutz.28
II. Das Medienpersönlichkeitsrecht
Vor dem Hintergrund der Verortung des Persönlichkeitsrechts im Zivilrechtsgefüge soll nun,
basierend
auf
den
verfassungsrechtlichen
Medienpersönlichkeitsrechts
Persönlichkeitsmerkmalen
im
in
der
Grundlagen,
Hinblick
auf
die
Werbung
herausgearbeitet
der
Schutzbereich
unautorisierte
werden.
Nutzung
Der
Schutz
des
von
des
Medienpersönlichkeitsrechts ist vielfältig. Wichtige Teilbereiche des Persönlichkeitsschutzes, wie
das Recht am eigenen Bild (22 ff. KUG) oder das Namensrecht (§ 12 BGB), sind einfachgesetzlich
geregelt. Darüber hinaus gewährt das – durch § 823 I BGB als „sonstiges Recht“ geschützte –
allgemeine Persönlichkeitsrecht Schutz vor der Verfälschung des eigenen Persönlichkeitsbildes, des
eigenen Wortes sowie Namens- und Ehrenschutz.29
1. Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG)
a. Rechtsnatur
Das Recht, darüber bestimmen zu können, ob und wie das eigene Bildnis in der Öffentlichkeit
vorgestellt werden soll, ist eine gesetzlich besonders geregelte Ausprägung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts.30
In
ihrem
Regelungsbereich
gehen
die
§§
22
ff.
KUG
der
generalklauselartigen Regelung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor.31 Geschützt wird primär
23
BGHZ 131, S. 332 (337).
BGHZ 106, S. 229 – Briefkastenwerbung.
25
BGHZ 26, S. 349.
26
Loef, S. 114.
27
Maunz/Dürig – Di Fabio, Art. 2 I, Rn. 130.
28
Loef, S. 114.
29
Loef, S. 114.
30
Das Recht am eigenen Bild ist von seiner Rechtsnatur – trotz seiner Regelung im KUG – ein Persönlichkeitsrecht und
kein Urheberrecht. (Schricker/Loewenheim – Götting, § 60/ § 22 KUG, Rn. 7).
31
Schertz in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12 Rn. 6; BGHZ 30, S.7 (11) – Catarina Valente.
24
4
der Wert- und Achtungsanspruch der Persönlichkeit.32 Daneben dient das Recht am eigenen Bild
auch dem Schutz kommerzieller Interessen der Persönlichkeit. Es fungiert in diesem Sinne als
vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht zum Schutze vor unerlaubter Verwertung von Bildnissen
zu Werbezwecken.33
b. Der Verbotstatbestand des § 22 KUG
§ 22 KUG regelt den Normalfall der Nutzung eines Bildnisses. Demnach dürfen Bildnisse
grundsätzlich nur mit der Einwilligung des Abgelichteten verbreitet oder öffentlich zur Schau
gestellt werden.34 Dieses Einwilligungserfordernis35 umfasst jegliche Verbreitung36 und öffentliche
Zurschaustellung37 von Bildnissen.
Unter Bildnis i.S.d. § 22 KUG ist jede Darstellung einer oder mehrer Personen zu verstehen, welche
die äußere Erscheinungsweise des Abgebildeten38 in einer für Dritte erkennbaren Weise
wiedergibt.39 Der Begriff ist weit auszulegen; umfasst werden alle Darstellungsspielarten und techniken.40
Maßgeblich
ist
die
Erkennbarkeit
der
Person
als
ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal.41 Diese ergibt sich oftmals aus den Gesichtszügen. Es kommen jedoch auch
andere Identifizierungshilfen wie die Figur, Gestik oder Mimik in Betracht.42 Es reicht insofern aus,
dass der Abgebildete begründeten Anlass zu der Annahme hat, er könne als abgebildet identifiziert
werden.43
Wie sich aus dem Normtext des § 22 KUG ergibt, ist das unerlaubte Anfertigen eines Bildes nicht
vom Schutzbereich erfasst. Es entspricht jedoch der ganz herrschenden Meinung in Literatur und
Rechtsprechung, dass die ungenehmigte Herstellung von Personenbildnissen dem Schutzbereich des
in § 823 I BGB normierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfällt.44
32
Schertz in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12 Rn. 3.
BGH, GRUR 1987, S.128 – Nena.
34
Die Herstellung von Personenaufnahmen unterfällt dem § 22 I KUG hingegen nicht. Diese kann im Einzelfall dem
Anwendungsbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfallen.
35
Die Rechtsnatur der Einwilligung ist strittig. Teils wird sie als rechtsgeschäftliche Erklärung, (so bspw. Dasch, S. 58;
Ohly, S.) teils als Realakt (so bspw. der BGH, NJW 1980, S.1903 (1904) eingeordnet.
36
Verbreiten ist der öffentliche oder private Vertrieb von körperlichen Bildnissen. Schertz in: Handbuch des
Persönlichkeitsrechts, § 12, Rn. 16.
37
Öffentliche Zurschaustellung meint die Schaffung der Möglichkeit, ein Bild wahrzunehmen. Schricker/Loewenheim
– Götting, § 60/ § 22 KUG, Rn. 37.
38
Mittlerweile ist anerkannt, dass auch Abbildungen von Doppelgängern als Bildnisse der von ihnen verkörperten
Personen gelten. (Schertz in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12, Rn. 6; BGH, GRUR 2000, S. 715 – Blauer
Engel). Eine Gegenansicht nahm an, dass der Rückgriff auf den Bildnisschutz seit Anerkennung eines allgemeinen
Persönlichkeitsrechts nicht mehr notwendig sei. Freitag, GRUR 1994, S. 345 (346).
39
Wenzel, S. 333.
40
Hierzu gehören beispielsweise Fotografien, Fotomontagen, Zeichnungen, Gemälde oder Karikaturen.
41
Helle, S. 93.
42
Schricker/Loewenheim - Götting, § 60/ § 22 KUG, Rn. 16.
43
Dreier/Schulze – Dreier, § 22 KUG, Rn. 4; so wurde in der Rechtsprechung sowohl die Abbildung eines Rückens
unter den Schutzbereich des § 22 I KUG subsumiert ( BGH, GRUR 1979 732, 733 – Fußballtor.) als auch das Bildnis
eines Kunstfliegers, dessen Kopf auf dem Bild nur 1 mm groß war OLG Nürnberg, GRUR 1973, S.40 (41).
44
Schricker/Loewenheim - Götting, § 60/ § 22 KUG, Rn. 34; BGH, NJW 1957, S. 1315 (1316) – Spätheimkehrer.
33
5
c. Ausnahmen nach § 23 I KUG
§ 23 I KUG regelt gewisse Ausnahmen von diesem Einwilligungserfordernis. So dürfen Bildnisse
der Zeitgeschichte, vorbehaltlich der Einschränkung durch die berechtigten Interessen des
Abgebildeten (§ 23 II KUG), ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Einen zeitgeschichtlichen
Bezug haben Bildnisse, wenn der Abgebildete wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das
Interesse
der
Öffentlichkeit
findet.45
Entscheidend
ist
demnach
das
schutzwürdige
Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung. Bei der Auslegung dieser Norm
wurde in den letzten Jahrzehnten zumeist auf die Figur der „Person der Zeitgeschichte“
zurückgegriffen.46 Unterschieden wurde zwischen absoluten47 und relativen48 Personen der
Zeitgeschichte. Diese Einteilung zur Ermittlung eines berechtigten Informationsinteresses hat die
Rechtsprechung mittlerweile jedoch aufgegeben.49 Stattdessen soll eine Ausnahme vom Erfordernis
der Einwilligung nur dann in Betracht kommen, wenn ein Ereignis von zeitgeschichtlicher
Bedeutung betroffen ist.50 Ob ein solches vorliegt, ist anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung
zu ermitteln.51 Der entscheidende Faktor ist der Informationswert der Abbildung, wobei die
vormaligen Erkenntnisse zur „Person der Zeitgeschichte“ im Rahmen der Abwägung weiterhin
heranzuziehen sind.52 Neben dem zeitgeschichtlichen Bezug muss die einwilligungslose Nutzung
des Bildes ein Informationsinteresse der Allgemeinheit befriedigen.53 Dieses ungeschriebene
Tatbestandsmerkmal ist dem Zweck der Norm geschuldet. An einem solchen Informationsinteresse
mangelt es, wenn die Abbildung ausschließlich privaten Interessen dient.54
d. Verletzung berechtigter Interessen nach § 23 II KUG
Die in § 23 I KUG geregelten Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis gelten jedoch nicht
schrankenlos. Vielmehr wird lediglich die widerlegbare Vermutung begründet, dass die
Verwendung des Bildnisses einer Einwilligung nicht bedarf. Diese Vermutung kann entkräftet
werden, sofern die Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt.55 Ob ein
berechtigtes Interesse verletzt ist, muss anhand einer umfassenden Interessenabwägung ermittelt
werden. Je geringer dabei das öffentliche Informationsinteresse ist, desto höher wiegt der Schutz
45
Schertz, AfP 2000, S. 495 (497).
BGH, AfP 1997, S. 475 (476) – Bob Dylan; Schricker/Loewenheim - Götting, § 60/ § 23 KUG, Rn. 19.
47
Absolute Personen der Zeitgeschichte haben sich durch Geburt, Stellung oder Leistungen aus dem Kreis der
Mitmenschen hervorgehoben und stehen somit im Blickfeld der Öffentlichkeit. Neumann-Duesberg, JZ 1960, 114.
48
Relative Personen der Zeitgeschichte sind Personen, die durch ihre Verbindung mit einer absoluten Person der
Zeitgeschichte oder durch ein bestimmtes Ereignis in das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit treten. Nolte,
Persönlichkeitsrecht des Fußballspielers, S. 12.
49
BGHZ 171, S. 275 ff.; BGH, NJW 2008, S.3134.
50
BGH, NJW 2008, S.3138.
51
BVerfG, AfP 2008, S. 163 (169).
52
Schertz in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12, Rn. 62.
53
Schertz, AfP 2000, S. 495 (497).
54
Nolte in: Persönlichkeitsrechte im Sport, S.13 (18).
55
Nolte in: Persönlichkeitsrechte im Sport, S.13 (19).
46
6
des Abgebildeten. So muss er weder Schmähkritik noch eine Verletzung seiner engeren
Privatsphäre dulden.56 Dogmatisch ist § 23 II KUG somit ein Korrektiv zur Wahrung des Rechts am
eigenen Bild des Abgebildeten.57
2. Recht am eignen Namen (§ 12 BGB)
a. Schutzweck
§ 12 BGB schützt den Namen in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung gegen Namensleugnung
und Namensanmaßung. Schutzobjekte des § 12 BGB sind demnach der Name und jedes Zeichen,
das wie ein Name wirkt. 58
Im Hinblick auf dieses Identitätsinteresse werden insbesondere der bürgerliche Name, das
Pseudonym oder Namensabkürzungen in Form der Buchstabenfolge geschützt.59 Darüber hinaus
werden Zeichen erfasst, sofern ihnen Namensfunktion zukommt.60 Neben dem Identitätsinteresse ist
wie schon beim Recht am eigenen Bild auch der Schutz rein vermögensrechtlicher Interessen
anerkannt.61
b. Verbotstatbestand
Gem. § 12 S. 1 BGB kann derjenige, dessen Recht zum Gebrauch eines Namens von einem anderen
bestritten wird oder dessen Interessen durch den unbefugten Gebrauch des gleichen Namens durch
einen anderen verletzt werden, Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr nach § 12 S. 2 BGB
Unterlassung verlangen. Ein Namensgebrauch liegt vor, wenn ein beachtlicher Teil des Verkehrs
auf irgendeine persönliche Beziehung des Namensträgers zu dem mit seinem Namen bezeichneten
Subjekt schließen kann.62 Die Rechtsprechung verlangt insofern eine Zuordnungsverwirrung.63 Ob
eine Zuordnungsverwirrung vorliegt, richtet sich nach dem Einzelfall, sodass der Begriff dem
Wandel der Zeit unterworfen ist.64 So liegt eine Zuordnungsverwirrung beispielsweise vor, wenn
der Verkehr annimmt, dass der Namensträger dem Nutzer ein Recht zu einer entsprechenden
Verwendung erteilt hat.65 Ein Namensgebrauch kommt somit durch die Verwendung des Namens
als Marke,66 zur Bezeichnung von Waren,67 als Filmtitel68 oder als T-Shirt-Aufschrift69 in Betracht.
56
Kitzberger, SpuRt 2009, S. 228 (229).
Temuulen, S. 123.
58
BGH, GRUR 1996, S. 423, 424 – J.C. Winter.
59
Meyer, S. 188.
60
Die Namensfunktion kann sich aus Verkehrsgeltung oder Unterscheidungskraft ergeben. Bunnenberg/Schertz in:
Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 13 Rn. 6.
61
Seemann, S. 133.
62
Bunnenberg, Namensmerchandising, Kap. III, S 180.
63
Eine Zuordnungsverwirrung liegt vor, wenn bei den beteiligten Verkehrskreisen ein Irrtum über die Identität der
Person oder des Unternehmens hervorgerufen wird. BGH, GRUR 1957, S. 426 – Getränke Industrie.
64
Fezer, § 15, Rn. 72.
65
BGH, GRUR 1983, S. 262 (264) – Uwe.
66
RGZ 74, S. 308 (310) – Graf Zeppelin.
67
BGHZ 30, S. 7 (10) – Catarina Valente.
68
OLG München, NJW 1960, S. 869 – Romy Schneider.
69
BGH, NJW 1990, S. 1106 f. – Boris Becker.
57
7
Die bloße Erwähnung des Namens ist hingegen kein Namensgebrauch i.S.d. § 12 BGB, da in
diesem Falle der Verkehr dem Namensträger diese Namensverwendung nicht unbedingt
zurechnet.70 Eine solche Namensnutzung fällt indes in den Schutzbereich des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts in Form des Selbstbestimmungsrechts.71
3. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (§ 823 I BGB)
a. Schutz vor der Verfälschung des Persönlichkeitsbildes
Ein weiterer Bestandteil des Medienpersönlichkeitsrechts ist der Schutz vor der Verfälschung des
Persönlichkeitsbildes. So darf niemand durch Darstellungen in der Öffentlichkeit in ein schlechtes
Licht gerückt werden. Das kann insbesondere dadurch geschehen, dass der Verletzende unwahre
Umstände vorspiegelt oder Gegebenheiten verfälscht oder unterdrückt und dadurch ein Bild der
Person erzeugt, das mit ihrem wahren Selbst nicht übereinstimmt.72 Im Bereich der Werbung droht
beispielsweise
die
Gefahr,
dass
durch
die
unautorisierte
Verwendung
von
Persönlichkeitsmerkmalen zu Werbezwecken in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, der
Abgebildete biete seine Persönlichkeit zu solchen Werbezwecken feil.73 Da kein schutzwürdiges
Interesse an verfälschender, unrichtiger Information erkennbar ist, indiziert die Entstellung der
Identität ihre Rechtswidrigkeit. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit bedarf daher keiner Güterund Interessenabwägung.74
b. Ehrenschutz
Letztlich gehört zum Schutz des Medienpersönlichkeitsrechts auch der Ehrenschutz. Die Ehre
genießt einen ausgefeilten strafrechtlichen Schutz vor Beleidigungen, Verleumdungen, Häme und
Schmähkritik. Dieser Schutz erstreckt sich über § 823 II BGB auf das Zivilrecht.75 Auch wenn der
Gesetzgeber die Ehre nicht als „sonstiges Recht“ in den Schutz des § 823 I BGB aufgenommen
hatte, ist es mittlerweile anerkannt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht Schutz vor dem
Verbreiten von Äußerungen gewährt, welche die Wertschätzung einer Person beeinträchtigen.76
Aufgrund der vorrangigen spezialgesetzlichen Regelungen der § 823 II BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB
beschränkt sich dieser Schutz jedoch auf fahrlässige Ehrverletzungen.77
C. Persönlichkeitsverletzungen durch nicht autorisierte Werbung
Anhand der reichhaltigen Rechtsprechung, die zu diesem Themenkomplex ergangen ist, soll im
Folgenden die Frage beantwortet werden, in welchem Maße medienwirksame Personen,
70
BGHZ 30, S. 7 (10) – Catarina Valente; Schertz, AfP 2000, S. 495 (504).
Schertz, AfP 2000, S. 495 (504).
72
MüKo – Rixecker, Anhang zu § 12, Rn. 80.
73
BGHZ 30, S. 7 ff. – Catarina Valente; BGHZ 35, S. 363 ff. – Ginseng.
74
Larenz/Canaris, SchR II/2, § 80 II 1.
75
Von Holleben, S. 28.
76
MüKo – Rixecker, Anhang zu § 12, Rn. 73.
77
v. Holleben, S. 28.
71
8
insbesondere Spitzensportler ihre Persönlichkeit exklusiv nutzen können und in welchem Maße die
Öffentlichkeit unentgeltlich hierauf zurückgreifen darf.
I. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Nutzung von Persönlichkeitsmerkmalen
Die Erscheinungsformen wirtschaftlicher Nutzung von Name und Bildnis prominenter Personen insbesondere Sportler - sind reichhaltig. Faktisch fällt jede Nutzung von Persönlichkeitsmerkmalen,
die nicht rein hoheitlich oder rein privat erfolgt, grundsätzlich unter den Terminus der
wirtschaftlichen Nutzung.78 Dem Begriff der wirtschaftlichen Nutzung unterfällt auch die Werbung.
Die Werbung mit der Persönlichkeit lässt sich dabei in drei Kategorien einteilen. Dies sind die
klassische Wirtschaftswerbung, das Pesonenmerchandising sowie als dritte Kategorie diverse
Mischformen.
Wirtschaftswerbung meint die Nutzung der Persönlichkeit zu rein kommerziellen Zwecken. Der
Werbende versucht, die Popularität des Prominenten zur Vermarktung seines Produkts auszunutzen.
Das Personenmerchandising bezieht sich auf die Nutzung der Persönlichkeit als eigene Ware bzw.
als deren wertbestimmender Teil. Als Mischformen kommen die Werbung für Medienprodukte, die
mit einer Meinungsäußerung verbundene Werbung sowie die Werbung zu aleatorischen Zwecken in
Betracht.
II. Werbemaßnahmen in der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung im Bereich des Konflikts zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Werbeträgers
und dem Interesse des Werbenden an der einwilligungslosen Nutzung der Persönlichkeit ist
reichhaltig. Eine klare Linie lässt der BGH dabei nur teilweise erkennen.
1. Wirtschaftswerbung/Merchandising
Weitgehend unproblematisch sind lediglich die Fälle der Wirtschaftswerbung und des
Merchandisings. Beide Formen sind nach ständiger Rechtsprechung nur mit Einwilligung des
Abgebildeten erlaubt.79 Bereits das Reichsgericht stellte in seiner Graf-Zeppelin-Entscheidung fest,
dass die Ausnahme des § 23 I 1 KUG nicht eingreife, sofern ein Bildnis als Warenzeichen oder zu
Reklamezwecken verwendet werde, da eine solche Bildnisverwendung im Belieben des
Dargestellten stehen müsse.80
Dieser
Sichtweise
schloss
sich
der
BGH
in
der
Paul-Dahlke-Entscheidung
an.81
Streitgegenständlich war die Abbildung eines bekannten Schauspielers auf einem Motorroller,
welches in einer Reklame mit dem Slogan „Berühmter Mann auf berühmten Motorrad“
veröffentlicht wurde. Der BGH entschied, dass sich die für Personen der Zeitgeschichte
vorgesehene Abbildungsfreiheit nach § 23 I KUG nicht auf Veröffentlichungen erstreckt, die nicht
78
Schertz, AfP 2000, S. 495 (497).
BGHZ 20, S. 345 (350) – Paul Dahlke; BGH, GRUR 1979, S.732 – Fußballtor.
80
RGZE 74, S.308 ff. – Graf Zeppelin.
81
BGHZ 20, S. 345 (350) – Paul Dahlke.
79
9
einem
berechtigten
Informationsbedürfnis
der
Allgemeinheit,
sondern
allein
den
Geschäftsinteressen des werbenden Unternehmens dienen.
Entsprechend entschied der BGH in der Herrenreiter-Entscheidung.82 In diesem Fall ging es um die
Werbung für ein pharmazeutisches Präparat, dass nach allgemeiner Sichtweise der Hebung der
sexuellen Potenz diente. Die Beklagte hatte den Kläger, einen erfolgreichen Turnier-Herrenreiter,
ohne dessen Einwilligung auf Werbeplakaten für das von ihr hergestellte Präparat abgebildet. Auch
hier hat der BGH eine Verletzung des § 22 KUG angenommen, da die Persönlichkeit des
Betroffenen zu rein kommerziellen Interessen des Beklagten verwendet wurde.83
Dieser Linie ist der BGH in den Fällen klassischer Wirtschaftswerbung bis heute treu geblieben.84
Sofern also die Werbung rein kommerziellen Zwecken dient, liegt eine Verletzung des Rechts am
eigenen Bild vor, da dieses Interesse nicht von § 23 I KUG geschützt ist. Gleiches gilt für den
Bereich des Merchandising.85Auch hier fehlt es nach ständiger Rechtsprechung an einem
wesentlichen Informationsinteresse, sodass der Vertrieb lizenzpflichtig ist.86
2. Werbung und Berichterstattung
Deutlich problematischer gestalten sich die Fälle, in denen es weder um reine Wirtschaftswerbung
noch eindeutig um Berichterstattung87 geht. Die Schwierigkeit dieser Fallgestaltung ergibt sich aus
der einzelfallbezogenen Frage, ob ein öffentliches Informationsinteresse i.S.d. § 23 I KUG besteht
oder nicht. Eine einheitliche Linie hat der BGH in diesen Fallgestaltungen nicht gefunden.
Den Startschuss für eine Reihe interessanter Entscheidungen auf diesem Gebiet setzte der BGH mit
seinem Liga-Spieler-Urteil.88 Streitgegenständlich war hier der Vertrieb von Sammelalben. Der
Bertreiber hatte Sammelbilder mit Portraits von Fußballern der neugegründeten Bundesliga
(1963/64) in Tüten mit bis zu vier Einzelbildnern zusammengestellt und ohne die Einwilligung der
abgebildeten Fußballer vertrieben. Der BGH stellte in seiner Urteilsbegründung fest, dass es sich
um einen Grenzfall der Ausnutzung von Bildnissen zur Werbung von Waren und Dienstleistungen
handele
und
es
daher
darauf
ankomme,
Informationsbedürfnis der Allgemeinheit diene.
in
welchem
Maße
die
Verbreitung
dem
89
Im Rahmen der Interessenabwägung i.S.d. § 23 I KUG hat der BGH dann ein vorrangiges
Informationsinteresse verneint, da das Bestreben der Fans im Vordergrund stehe, die Bilder der
82
BGHZ 26, S. 349 ff. – Herrenreiter.
BGHZ 26, S. 349 (350) – Herrenreiter; dies gilt umso mehr, wenn der soziale Geltungsanspruch der Person durch die
gedankliche Verbindung mit der beworbenen Ware oder Dienstleistung gefährdet wird.
84
So befand der BGH die Nutzung der Rückenaufnahme eines bekannten Fußballspielers ebenso für unzulässig BGH,
GRUR 1979, S.732 – Fußballtor wie die Veröffentlichung einer Portraitaufnahme Joachim Fuchsbergers in Anzeigen
für eine Optikergeschäft in Tageszeitungen. BGH, AfP 1992 S. 149 (150) – Fuchsberger.
85
Merchandising beschreibt den Vertrieb von Produkten deren wesentlicher Inhalt die Persönlichkeit darstellt.
86
BGH GRUR 1987, S. 128 – Nena.
87
Im Falle reiner Berichterstattung ist für Personen der Zeitgeschichte grundsätzlich vom Wegfall des
Einwilligungserfordernis und dementsprechend von Abbildungsfreiheit auszugehen.
88
BGHZ 49, S. 288 ff. –Ligaspieler.
89
BGHZ 49, S. 288 (293) –Ligaspieler.
83
10
Sportler zu besitzen. Ferner würden die Bilder die Tausch- und Sammlerleidenschaft der Sammler
wecken. Der Zweck der Informationsvermittlung trete bei einem solchen Bildnisbetrieb in den
Hintergrund.90
Anders hat der BGH dann 10 Jahre später in der Fußballkalender-Entscheidung entschieden.91
Franz Beckenbauer hatte gegen die Verwendung einer Großaufnahme als Deckblatt eines
Fußballkalenders geklagt, welche ihn in einem Zweikampf während eines Länderspiels zeigte.
Hier - so der BGH - sei im Unterschied zum Sammelbilder-Urteil das Informationsbedürfnis in
entscheidend stärkerem Maße angesprochen. Das Bildnis der Kampfszene biete Information und sei
in das informative Konzept des Kalenders einbezogen, sodass es sich nicht als Ware oder zur
Werbung missbraucht fühlen müsse. Das gleichzeitig bestehende kommerzielle Interesse des
Verwenders würde das Informationsinteresse weder mindern noch ihm die Schutzwürdigkeit
nehmen.92
Diese gegensätzlichen Urteile haben auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung für Verwirrung
gesorgt. So untersagte das OLG München, der Ligaspieler-Entscheidung folgend, den
unautorisierten Vertrieb von Sammelbildern und Sammelalben mit Bildnissen von Spielern,
Trainern und Managern wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild.93 Dies ist verwunderlich, da
es in Unterscheidung zur Ligaspieler-Entscheidung nicht um Portraitbildnisse ging, sondern
entsprechend der Kalender-Entscheidung um Kampfszenen aus Bundesligaspielen. Ganz ähnliche
Urteile sind in diesem Sinne immer wieder im Bereich des Sports und der Gesellschaft ergangen.94
Trotz der uneinheitlichen Ergebnisse ist eine Leitlinie des BGH erkennbar. So erfolgt im Rahmen
des
§
23
I KUG
eine umfassende
Interessenabwägung zwischen
dem
öffentlichen
Informationsinteresse und den kommerziellen Interessen des Verwenders unter Berücksichtigung
der Interessen des Abgebildeten. Sofern der BGH ein gegenüber den kommerziellen Interessen
vorrangiges öffentliches Informationsinteresse i.S.d. § 23 I KUG anerkennt, sieht er die
einwilligungslose Nutzung des Bildnisses zu Werbezwecken als gerechtfertigt an. In diesem Fall
muss das Recht des Abgebildeten, selbst über die Verwertung seiner Abbildung zu entscheiden,
zurücktreten. Eine Berichtigung dieses Ergebnisses käme auf Ebene des § 23 II KUG nur
ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Umstände hinzutreten, welche die Schutzbedürftigkeit
des Abgebildeten erhöhen. Beispielhaft genannt sei hier die Preisgabe der Lächerlichkeit. 95
90
BGHZ 49, S. 288 (293) –Ligaspieler.
BGH, GRUR 1979, S. 425 ff. – Fußballkalender.
92
BGH, GRUR 1979, S. 425 ff. – Fußballkalender.
93
OLG München, ZUM 1985 S. 448 (452).
94
BGH, GRUR 1979 S. 732 ff. – Fußballtor; OLG Hamburg, ZUM 1995, S. 214 ; OLG Hamburg, AfP 1999, S. 486
(487 f.) – Backstreet-Boys.
95
Fikentscher in: Persönlichkeitsrechte im Sport, S. 27 (34).
91
11
3. Werbung zu aleatorischen Zwecken
Mit fortschreitender Computertechnik hat sich seit der Jahrtausendwende ein weiteres Problemfeld
eröffnet. So werden Bildnis und Name bekannter Persönlichkeiten nun auch für aleatorische
Zwecke in Form von Computerspielen genutzt. Diese Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass sie
einerseits die Wirklichkeit abzubilden versuchen und andererseits ein fiktives Spiel erschaffen.
Vorreiter auf diesem Gebiet sind die USA96, aber auch in Deutschland wurde die Verwendung
Prominenter in Videospielen bereits vor Gericht behandelt.97 Bekanntheit hat hier vor allem der
Rechtstreit zwischen Oliver Kahn und dem Unternehmen Electronic Arts erlangt. Die Parteien
stritten darüber, ob EA in seinem Spiel „FIFA Fußballweltmeisterschaft 2002“ den Namen und das
Bildnis des Torwarts ohne dessen Einwilligung verwenden durfte.98 Die Beklagte hatte das Spiel als
Simulation der Fußball Weltmeisterschaft 2002 konzipiert. Die Mannschaften bestanden aus den
tatsächlich aufgestellten Spielern, welche zeichentrickähnlich wiedergegeben wurden. Optional
konnte zudem der Name des jeweils gesteuerten Spielers angezeigt werden.99 Weiterhin stellte das
Spiel auch die Stadien sowie den Spielplan vor. Bei Wahl des deutschen Teams stand der Kläger –
„zeichentrickähnlich dargestellt“, jedoch gut erkennbar – im deutschen Tor. Das OLG Hamburg hat
hier in Übereinstimmung mit der ersten Instanz ein überwiegendes Informationsinteresse trotz der
realitätsnahen Ausgestaltung des Spiels gegenüber der Gewinnerzielungsabsicht abgelehnt und der
Klage stattgegeben.100 So führte das Gericht aus, dass es dahinstehen könne, ob es sich bei den
nichtrealen Darstellungen des Klägers um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23
I Nr.1 KUG handele, da jedenfalls berechtige Interessen Kahns i.S.d. § 23 II KUG entgegenstehen
würden. Der Kläger müsse es nicht hinnehmen, dass seine Person aus kommerziellen Interessen als
Spielfigur in einem Computerspiel vereinnahmt wird. Ein Einsatz der realen Spieler wäre – so das
OLG Hamburg – nicht nötig gewesen, wäre es der Beklagten tatsächlich auf die
Informationsvermittlung hinsichtlich der Austragungsorte und sonstigen örtlichen Gegebenheiten
angekommen.101
In Abgrenzung zur Fußballkalenderentscheidung ginge es nicht um die Wiedergabe einer realen
Spielsituation. Primär würde die Herstellerin mit der realitätsnahen Aufmachung beabsichtigen, ein
attraktives Videospiel auf den Markt zu bringen und folglich mehr Gewinn zu machen. Aus diesem
96
Beispiele für die Verwendung bekannter Persönlichkeiten in Computerspielen auf dem US-Markt sind “ Celebrity
Deathmatch“, das Spiel zur gleichnamigen TV-Sendung auf MTV, oder „Wu Tang – Shaolin Style“, ein Kampfspiel, in
dem der Spieler in die Rolle eines der 9 Mitglieder des Wu-Tang-Clans schlüpft und gegen fiktive Gegner antritt.
97
LG München, ZUM 2002, S. 318 – Anna Ermakova; OLG Hamburg, SpuRt 2004, S. 210 ff. – Oliver Kahn; LG
Frankfurt/Main, SpuRt 2009, S. 209 f. – DFL.
98
OLG Hamburg, SpuRt 2004, S. 210 ff. – Oliver Kahn.
99
Das LG Hamburg hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung eine Verletzung des nach § 22 KUG geschützten Recht
am eigenen Bild aufgrund der hinreichenden Ähnlichkeit zwischen der zeichentrickähnlichen Figur mit Oliver Kahn
bejaht. LG Hamburg, ZUM 2003, S. 689 (690).
100
OLG Hamburg, SpuRt 2004, S. 210 – Oliver Kahn.
101
OLG Hamburg, SpuRt 2004, S. 210 (211).
12
Grunde lässt das Gericht auch eine Berufung auf die gem. Art. 5 III GG geschützte Kunstfreiheit
nicht zu, da nicht die Ausübung der Kunst102, sondern die finanziellen Interessen der Beklagten im
Vordergrund ständen.103 Darüber hinaus bejahte das OLG Hamburg in Übereinstimmung mit der
ersten Instanz eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit der Begründung, dass die
Spielfigur Oliver Kahn ein willenloses Werkzeug des Spielers darstelle, der sie willkürlich führen
und somit auch zu sinnwidrigen oder lächerlichen Aktionen einsetzen könne.104
Dieses Urteil wurde erst kürzlich vom LG Frankfurt in der Konami-Entscheidung sowohl im
Ergebnis als auch in der Begründung bestätigt.105 Die DFL (Deutsche Fußballliga) GmbH hatte mit
ihrer Klage Unterlassung des Vertriebs zweier Computerspiele106 begehrt, in denen Lizenzspieler
der Fußball-Bundesliga namentlich benannt und angeblich bildlich dargestellt werden.107
Streitgegenständlich war wiederum die wirklichkeitsnahe Simulation von Fußballspielen. Der
Kahn-Entscheidung entsprechend urteilte das LG Frankfurt, dass es dahinstehen könne, ob es sich
bei den fiktiven Darstellungen um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 I Nr.1
KUG handeln würde, da der Verbreitung jedenfalls berechtigte Interessen der betroffenen Spieler
i.S.d. § 23 II KUG entgegen ständen. Auch das LG Frankfurt begründete dies damit, dass
offenkundig die Absicht des Herstellers im Vordergrund stände, durch die realitätsnahe Gestaltung
und Aufmachung die Attraktivität des Computerspiels zu steigern, um somit einen hohen Gewinn
zu erzielen. Demnach könne kein überwiegendes Informationsinteresse bestehen.108
Es lässt sich festhalten, dass die Verwendung von Bildnis oder Name im Rahmen solcher
Sportsimulationen grundsätzlich nur mit der Erlaubnis des Abgebildeten gestattet ist, da die
kommerziellen Interessen des Herstellers das öffentliche Informationsinteresse regelmäßig
überwiegen. Im Ergebnis stimmen beide Urteile mit der Leitlinie des BGH überein, dass eine
Ausnahme vom Einwilligungserfordernis des § 22 KUG nicht in Betracht kommt, sofern die
kommerziellen Interessen des Verwenders das öffentliche Informationsinteresse überwiegen.
Entgegen der Rechtsprechung des BGH tätigen beide Instanzgerichte die erforderliche umfassende
Interessenabwägung jedoch erst im Rahmen der berechtigten Interessen des Abgebildeten i.S.d. §
23 II KUG.
102
Das LG hat zu Gunsten des Spieleherstellers unterstellt, dass es sich bei dem Computerspiel um ein Kunstwerk i.S.d.
§ 23 I Nr. 4 KUG handelt.
103
OLG Hamburg, SpuRt 2004, S. 210 (211).
104
LG Hamburg, ZUM 2003, S. 689 (690).
105
LG Frankfurt/Main, SpuRt 2009, S. 207 ff.
106
Streitgegenständlich waren die Computerspiele „Pro Evolution Soccer 5“ und „Pro Evolution Soccer Management“.
107
Beklagter ist eine weltweit führende Herstellerin von Computerspielen (Konami).
108
Aufgrund der vordergründigen kommerziellen Interessen wurde wiederum auch eine Rechtfertigung durch die
Kunstfreiheit abgelehnt. LG Frankfurt/Main, SpuRt 2009, S. 207 (209).
13
4. Werbung für Medienprodukte
Anders verhält es sich dagegen im Rahmen der Werbung für Medienprodukte.109 In diesem Bereich
gelten andere Maßstäbe. So steht allein der Umstand, dass aus der Bildnispublikation ein
kommerzieller Nutzen gezogen wird, der Berufung auf § 23 I Nr.1 KUG nicht entgegen.110
Andernfalls würde die Ausnahmevorschrift weitestgehend ihren Zweck verfehlen, da es sich bei
Verlagen und Zeitungen regelmäßig um Wirtschaftsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht
handelt.111 Sofern jedoch die Bildnisveröffentlichung ausschließlich den Geschäftsinteressen des
Presseorgans dient, fehlen im Rahmen der Abwägung schutzwürdige Belange des Presseorgans.112
Auch hier hat es in der Vergangenheit große Abgrenzungsschwierigkeiten gegeben. So befand der
BGH in der Chris-Revue-Entscheidung, dass der Abdruck eines Schauspielerfotos auf der Titelseite
einer Kundenzeitschrift ohne Zustimmung des Betroffenen bereits dann zulässig sei, wenn dem
Abdruck des Bildes im Inneren des Blattes ein kurzer, wenn auch inhaltsarmer Beitrag folge.113
Dies begründeten die obersten Richter damit, dass der unbefangene Durchschnittsleser das Bild des
Schauspielers in einem solchen Falle nicht mit den im inneren des Blattes angebotenen Produkten
verbinde, sondern lediglich mit dem Textbeitrag. Eine unzulässige Verwendung zu rein
kommerziellen Zwecken läge demnach nicht vor.114
Diese Rechtsprechung hat der BGH in der Der-strauchelnde-Liebling-Entscheidung aus dem
vergangenen Jahr bestätigt.115 Der ehemalige Tennisstar Boris Becker hatte gegen eine
Werbekampagne zur Einführung der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) geklagt,
welche vom 10.9.2001 bis zum 31.3.2002 geschaltet wurde. Die Kampagne zeigte, teils im Zentrum
der Anzeige, teils nur klein am unteren Bildrand, ein Textexemplar der Zeitung in
zusammengerollter Form (sog. packshot). Auf diesem packshot waren die Abbildungen des
früheren Außenministers Joschka sowie des Klägers, Boris Becker zu erkennen. Neben dem Bild
Beckers befand sich die Schlagzeile „Der strauchelnde Liebling“ mit dem Untertitel „Boris Beckers
mühsame Versuche nicht aus der Erfolgsspur gerissen zu werden Seite 17“. Der angekündigte
Artikel über Becker war jedoch weder im Textexemplar enthalten, noch erschien er in der
Erstausgabe der Zeitung oder einem späteren Heft.116 Der BGH sah in der Abbildung auf dem
Titelblatt der Zeitung den Zweck, die Öffentlichkeit über die Gestaltung und die Thematik der
neuen Zeitung zu informieren. So sei es Ziel des Verlages, den Werbeadressaten mit einer solchen
109
Medienprodukte sind alle von Art 5 I GG geschützten Erzeugnisse, insbesondere Presseerzeugnisse, Online-Dienste,
Filme oder Fernsehprogramme.
110
Schricker/Loewenheim – Götting, § 60/ § 23 KUG, Rn. 18.
111
BGH, GRUR 1979, S. 425 (427) – Fußballspieler.
112
BGH, GRUR 2009, S. 1085 – Wer wird Millionär.
113
BGH, AfP 1995, S. 495 (496) – Chris Revue.
114
BGH, AfP 1995, S. 495 (496) – Chris Revue.
115
BGH, GRUR 2010, S. 546 ff. – Der strauchelnde Liebling.
116
Die Werbung eines Unternehmens für das eigene Presseerzeugnis genießt ebenso wie das Presseerzeugnis selbst den
Schutz der Pressefreiheit. BGH, GRUR 2010, S. 546 (548) – Der strauchelnde Liebling.
14
Einführungswerbung über das Aussehen und die Ausrichtung der neuen Zeitung zu informieren, um
ihnen eine Unterscheidung von bestehenden ähnlichen Presseerzeugnissen zu ermöglichen. Somit
überwiege das öffentliche Informationsinteresse, obwohl die Schlagzeile sowie der Untertitel neben
dem Bild des Klägers derart inhaltsarm seien, dass sie ein die Persönlichkeitsrechte des Klägers
überwiegendes Informationsinteresse des Werbeadressaten nicht befriedigen könnten.117
Demgegenüber hat der BGH ein solches Informationsinteresse in der Wer-wird-MillionärEntscheidung abgelehnt.118 Ein Zeitschriftenverlag hatte Günther Jauch auf der Titelseite eines
Rätselheftes mit der Bildunterschrift „Günther Jauch zeigt mit „Wer wird Millionär?“ wie spannend
Quiz sein kann“ abgebildet. Das Heft enthielt keinen entsprechenden redaktionellen Beitrag. So
urteilte der BGH in diesem Fall, dass der Informationsgehalt der Bildnisunterschrift derart gering
sei, dass sie sich darauf beschränkt habe, einen Anlass für die Abbildung des Klägers zu schaffen,
um dessen Werbe- und Imagewert für das Rätselheft des beklagten Verlages auszunutzen.119
Als maßgebliches Abwägungskriterium zieht der BGH demnach mit Blick auf Art 5 I GG die Frage
heran, ob die Bildnisveröffentlichung ungeachtet der dahinter stehendenden wirtschaftlichen Motive
auch einen Informationszweck erfüllt. Ein Informationszweck sei gegeben, wenn das Bildnis in ein
thematisches Konzept mit informativem Gehalt einbezogen ist. Dies sei der Fall, wenn zwischen
dem Abgebildeten und dem Inhalt des Presseerzeugnisses ein sachlicher Zusammenhang zu
erkennen sei.120 Die Grenze zur rein kommerziellen Verwendung des Bildnisses sei erst
überschritten, wenn die Werbung den Eindruck erwecke, dass der Abgebildete sich mit dem
Medium identifiziert oder dieses anpreist und empfiehlt.121
5. Werbung und Satire
Das neueste Phänomen der wirtschaftlichen Nutzung prominenter Persönlichkeiten zu
Werbezwecken ist die Verbindung der Werbung mit einer satirischen Auseinandersetzung mit
Ereignissen des aktuellen Zeitgeschehens. So hat der BGH in mehreren neuen Entscheidungen nicht
autorisierte Werbemaßnahmen gebilligt, welche erkennbar Bezug auf prominente Persönlichkeiten
nahmen und dabei aktuelle Ereignisse im Zusammenhang mit diesen Personen auf humorvollsatirische Weise kommentiert und verarbeitet haben.122 Die Entscheidungen betreffen die
Konfliktlage zwischen dem Schutz der Persönlichkeit vor Zwangskommerzialisierung sowie
117
BGH, GRUR 2010, S. 546 (548) – Der strauchelnde Liebling; Der BGH gab dem Kläger jedoch insofern Recht, als
dass der Zeitungsherausgeber sein Abbild nach dem Ablauf einer einmonatigen Karenzzeit, ohne dass der betreffende
Bericht veröffentlicht wurde, nicht mehr verwenden durfte, da er unschwer auf den Titel einer erschienenen Ausgabe
hätte umstellen können. BGH, GRUR 2010, S. 546 (549).
118
BGH, GRUR 2009, S. 1085 – Wer wird Millionär.
119
BGH, GRUR 2009, S. 1085 – Wer wird Millionär.
120
BGH, GRUR 2009, S. 1085 – Wer wird Millionär.
121
BGH, GRUR 2002, S. 690 (691) – Marlene Bildnis.
122
BGHZ 169, S. 340 – Rücktritt des Finanzministers; BGH, AfP 2008, S. 596 f. – Zerknüllte Zigarettenschachtel;
BGH, AfP 2008, S. 598 ff. – Geschwärzte Worte.
15
Ehrverletzungen im Rahmen von Werbung und dem Interesse des Werbenden, aktuelles Geschehen
im Rahmen der Werbung aufgreifen und kommentieren zu dürfen.
Den ersten Streitfall hatte der BGH im Rahmen des Rücktritts des damaligen Finanzministers Oskar
Lafontaine zu entscheiden.123 Die Autovermietung Sixt hatte in einer Werbeanzeige im oberen Teil
Portraitaufnahmen der sechzehn Mitglieder der damaligen Bundesregierung des Kabinetts Schröder
abgebildet. Das Bild des kurz zuvor zurückgetretenen Finanzministers war durchgestrichen, aber für
den Betrachter noch erkennbar. Im unteren Teil der Werbeanzeige befand sich der Text „Sixt
verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit“. Der BGH stellte zunächst fest, dass ein Fall
des § 23 I KUG gegeben sei, da die Werbeanzeige von Sixt nicht ausschließlich eigenen
Werbezwecken diene, sondern auch eine politische Meinungsäußerung in Form der Satire enthalte,
die sich auf ein aktuelles Ereignis bezieht. Durch den Vergleich mit einem Mitarbeiter würde sich
die Beklagte in ironischer Weise mit dem Umstand auseinandersetzen, dass der Finanzminister nach
sehr kurzer Amtszeit zurückgetreten sei.124 Im Rahmen der Interessenabwägung des § 23 II KUG
hat der BGH dann eine Interessenverletzung des Klägers mit dem Argument abgelehnt, dass die
Veröffentlichung lediglich in die einfachgesetzlich geschützten kommerziellen Interessen des
Ministers eingreife. Diesen Interessen stände jedoch der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 5 I 1
GG gegenüber, welcher auch für Äußerungen im Bereich der Werbung gelte. Im Kollisionsfalle
müsse der höherrangige Schutz der Meinungsfreiheit Vorrang vor den verfassungsrechtlich nicht
geschützten vermögenswerten Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts genießen. Da das Bild nicht
den Eindruck erwecke, dass der Kläger sich mit dem beworbenen Produkt identifiziere, dieses
empfehle oder es anpreise, sei eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild i.S.d. § 22 KUG nicht
gegeben.125 Weiterhin läge auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor, da das
Ansehen des Klägers nicht beschädigt würde.126
Ähnlich hat der BGH in der Zigarettenschachtel-Entscheidung entschieden.127 Dieser Entscheidung
lag eine Werbeanzeige für Zigaretten der Marke Lucky Strike zugrunde. In der Werbung war eine
auf der Seite liegende, rundum eingebeulte, leicht geöffnete Zigarettenschachtel zu sehen, über
welcher der Text „War das Ernst? Oder August?“ zu sehen war. Kläger war Prinz Ernst August von
Hannover. Mit dem Werbemotiv sollte auf Berichte über körperliche Auseinandersetzungen des
Prinzen angespielt werden, über die vielfach in den Medien berichtet worden war.128 Im Raum stand
dabei die Verletzung des Namensrechts ( §12 BGB). Auch hier hat der BGH im Rahmen der
123
BGHZ 169, S. 340 ff. – Rücktritt des Finanzministers.
BGHZ 169, S. 340 – Rücktritt des Finanzministers.
125
BGHZ 169, S. 340 – Rücktritt des Finanzministers.
126
BGHZ 169, S. 340 ff. – Rücktritt des Finanzministers.
127
BGH, AfP 2008, S. 596 f. – Zerknüllte Zigarettenschachtel.
128
Konkret ging es hier um die Auseinadersetzung mit einem Kameramann im Jahre 1998 vor dem Gut Calenberg und
eine Konfrontation mit einem Diskothekenbesitzer auf der Insel Lamu.
124
16
Interessenabwägung der Meinungsfreiheit den Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht
eingeräumt und dies mit dem normenhierarchischen Verhältnis der geschützten Interessen
begründet. Die Werbung würde nur die einfachgesetzlich geschützten vermögenswerten
Bestandteile des Persönlichkeitsrechts beeinträchtigen. Diese müssten im Kollisionsfalle mit der
grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit zurücktreten.129 Der BGH war zudem überzeugt, dass
die Werbung in besonders pfiffiger Weise kommentiere und daher Teil der öffentlichen Diskussion
über die tätlichen Auseinandersetzungen sei, in die der Kläger verwickelt war. Somit würde nicht
der Image- oder Werbewert des Klägers ausgenutzt und auch nicht der Eindruck erweckt, er
identifiziere sich mit dem Produkt oder empfehle es. 130
Und auch in der „Geschwärzte-Worte“-Entscheidung ist der BGH dieser Linie treu geblieben.131 In
einer weiteren Werbeanzeige für „Lucky-Strike“-Zigaretten waren zwei Zigarettenschachteln
abgebildet, die den Eindruck eines geöffneten Buches vermittelten. An der rechten Schachtel lehnte
ein schwarzer Filzstift; über der Abbildung befand sich der Text, „Schau mal lieber Dieter, so
einfach schreibt man super Bücher“. Die Wörter „lieber“, „einfach“ und „super“ waren geschwärzt,
jedoch für den Leser noch erkennbar.132 Wiederum räumte das Gericht im Rahmen der
Interessenabwägung der durch Art. 5 I 1 GG gewährleisteten Meinungsfreiheit den Vorrang
gegenüber dem Schutzwert des Namensrechts des Klägers ein. Er ging wiederum von einer
humorvollen Kommentierung aus, durch welche der Image- oder Werbewert des Klägers nicht
ausgenutzt werde und auch nicht den Eindruck erwecke, als identifiziere sich der Kläger mit dem
beworbenen Produkt.133
Der BGH hat somit in drei Entscheidungen im Rahmen der Interessenabwägung des § 23 II KUG
dem Schutz der Meinungsfreiheit Vorrang gegenüber den vermögenswerten Interessen der Inhaber
der Persönlichkeitsrechte eingeräumt, da das – nur zivilrechtlich verankerte – Interesse an der
Verwertung der eigenen Person sich gegen die Grundrechte aus Art. 5 I GG regelmäßig nicht
durchsetzen kann.134 Dieser Grundsatz hat Geltung, solange die Werbung nicht den Image- oder
Werbewert des Genannten ausnutzt und auch nicht der Eindruck entsteht, dass sich der Abgebildete
mit dem beworbenen Produkt identifiziert oder dieses empfiehlt. Da das Bundesverfassungsgericht
nicht nur den politischen Diskurs, sondern auch die Unterhaltung unter den Schutz des Art. 5 I 1
129
BGH, AfP 2008, S. 596 (597) – Zerknüllte Zigarettenschachtel.
BGH, AfP 2008, S. 596 (597) – Zerknüllte Zigarettenschachtel.
131
BGH, AfP 2008, S. 598 ff. – Geschwärzte Worte.
132
Die Werbung nahm Bezug auf die Veröffentlichung des Buches des Musikproduzenten Dieter Bohlen „Hinter den
Kulissen“. Diverse Passagen dieses Buches mussten nach mehreren Gerichtsverhandlungen geschwärzt werden.
133
BGH, AfP 2008, S. 598 (599) – Geschwärzte Worte.
134
Seelmann-Eggebert, NJW 2008, S. 2551.
130
17
GG stellt, müssen daher auch Spitzensportler die Verwendung ihrer Bildnisse oder anderer
Persönlichkeitsmerkmale im Rahmen solcher Werbemaßnahmen dulden.135
6. Schutz des Namens
Im Rahmen der bereits erwähnten Entscheidungen sowie in einigen weiteren Urteilen hatte sich die
Rechtsprechung zudem mit der Frage auseinanderzusetzen, wann der Gebrauch des Namens ohne
Gestattung möglich ist. Die erforderliche Abwägung der entgegenstehenden Interessen bestimmt
sich in Ermangelung einer eigenen Regelung für das Namensrecht nach den zu §§ 22 ff. KUG
entwickelten Grundsätzen.136
III. Stellungnahme
Der BGH hat für seine Rechtsprechung zum Schutz der Persönlichkeit vor nicht autorisierten
Werbemaßnahmen einige Kritik einstecken müssen. So wurde dessen Weg teils als uneinheitlich137,
teils sogar als Zickzackkurs bezeichnet138. Die Kritik basiert primär auf der unterschiedlichen
Behandlung sehr ähnlicher Sachverhalte im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung.139
Aufgrund dieses Erfordernisses einer umfassenden Abwägung der gegenseitigen Interessen anhand
des konkreten Einzelfalles scheiden absolute Ergebnisvorgaben jedoch aus. Völlig ergebnisoffen
gestaltet sich dieser Prozess allerdings nicht. Im Folgenden wird unter Zugrundelegung der
Rechtsprechung des BGH untersucht, ob es möglich ist, den Abwägungsprozess anhand von
Wertungen, basierend auf den geschützten Interessen, möglichst transparent zu gestalten.
1. Wirtschaftswerbung und Merchandising
So ist der Rechtsprechung zunächst im Bereich der Wirtschaftswerbung und des Merchandising
vollumfänglich zuzustimmen. Die kommerzielle Nutzbarkeit und Verwertbarkeit der eigenen
Person steht in der Sache gewerblichen Schutzrechten oder dem Urheberrecht gleich, welche dem
Berechtigen eine ausschließliche Vermarktungsmöglichkeit seiner Rechtsposition sichern.
Aufgrund dieser Vergleichbarkeit besteht auch ein vergleichbares rechtliches Schutzbedürfnis.140
Sofern ein Bildnis also im Rahmen klassischer Wirtschaftswerbung benutzt wird, ist eine
Einwilligung genauso notwendig wie auch bei der Nutzung als Warenzeichen für ein fremdes
Produkt. Das gebietet das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen genauso wie das geschützte
Selbstvermarktungsinteresse.
2. Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit
Weiterhin ist dem BGH zuzustimmen, dass dieses Einwilligungserfordernis nicht ausnahmslos
gelten kann, sofern durch die Werbemaßnahme auch ein Informationsbedürfnis befriedigt wird. Die
135
BVerfG, NJW 2000, S. 1021 (1024) – Caroline von Monaco; Schricker/Loewenheim – Götting, § 60/ § 23 KUG,
Rn. 17.
136
Gauß, GRUR 2004, S. 558 (562). Insoweit wird auf die Ausführungen zum Recht am eigenen Bild verwiesen.
137
Schertz, AfP 2000, S. 495 (500).
138
Lober/Weber, ZUM 2003, S. 658.
139
Schmid-Petersen, SpuRt 2004, S. 248 (249).
140
Alexander, AfP 2008, S. 556 (560).
18
umfassende Interessenabwägung im Rahmen des § 23 I KUG zur Klärung der Frage, ob im
konkreten Einzelfall der kommerzielle Zweck der Werbemaßnahme im Vordergrund steht oder aber
das Informationsinteresse, gestaltet sich in der Praxis schwierig, erscheint aber gerechtfertigt141
Als Anknüpfungspunkt der Abwägung bieten sich zwei Fragen an. Zum einen die Frage, aus
welchem Grund der Käufer das Produkt mit dem Bildnis des Prominenten erwirbt. Hier bedarf es
einer Abgrenzung zwischen Affektionsinteresse und Informationsinteresse.142 Steht das Bestreben
des Publikums, das Bildnis im Eigenbesitz zu haben, im Vordergrund, überwiegt das
Affektionsinteresse. Will sich der Erwerber aber vorrangig informieren, überwiegt das
Informationsinteresse. Zum anderen die Frage, aus welchem Grund der Nutzer des Bildes handelt.
Hier gilt es, Alibiinformationen aufgrund bestehender Werbeinteressen von tatsächlichen
Informationen
abzugrenzen.143
Informationsmedium.
Manches
Möglich
Medium
ist
weiterhin
erscheint
eine
eher
Differenzierung
geeignet,
das
nach
dem
erforderliche
Informationsinteresse zu begründen.144 So drängt sich bei Print oder Fernsehen die Eignung als
Informationsträger deutlich mehr auf als bei Computerspielen oder Sammelkarten. Letztlich sollte
die Berufung auf das Informationsbedürfnis bei gleichzeitig vorliegendem kommerziellen Interesse
nur in Ausnahmefällen zu einer Nutzungsgenehmigung ohne Einwilligung führen, um zu
vermeiden, dass der Persönlichkeitsschutz ausgehöhlt wird.
3. Satirische Werbung
Problematisch und nur auf den ersten Blick überzeugend ist die normhierarchische Argumentation
des BGH im Rahmen der Interessenabwägung des § 23 KUG, sofern der Schutzbereich der
Meinungsfreiheit gem. Art. 5 I GG berührt ist. Den hier beurteilten Werbemaßnahmen kann man
nicht absprechen, dass sie Elemente der Meinungsäußerung enthalten. Dies ändert aber nichts
daran, dass die Persönlichkeitsmerkmale Prominenter und der damit verbundene Publizitätswert
gegen deren Willen für Werbezwecke instrumentalisiert werden, auch wenn nicht der Eindruck
erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle oder preise
es an.145
Es kann nicht ausreichen, diese Tatsache mit der Frage zu umgehen, welche Interessen die
höherrangige gesetzliche Verankerung haben und damit vorzugswürdig sind. Die komplexe
Interessenlage der denkbaren Streitfälle wird dadurch keineswegs ausgeschöpft. Vielmehr birgt dies
die Gefahr, dass die Diskussion über die eigentlichen Wertungskriterien von der Frage überlagert
wird, welche Interessen ranghöher geschützt werden.146 Es gilt zu bedenken, dass die grundrechtlich
141
Fikentscher in: Persönlichkeitsrechte im Sport, S. 27 (34); Schmid-Petersen, SpuRt 2004, S. 248 (249).
Gauß, GRUR 2004, S. 558 (561); Schertz, AfP 2000, S. 495 (501).
143
Schertz, AfP 2000, S. 495 (501).
144
Fikentscher in: Persönlichkeitsrechte im Sport, S. 27 (34).
145
Schricker/Loewenheim – Götting, § 60/ § 23 KUG, Rn. 17; Zagouras, WRP 2007, S. 115 (119).
146
Alexander, AfP 2008, S. 556 (559).
142
19
geschützte Meinungsfreiheit keineswegs nur durch verfassungsimmanente Interessen eingeschränkt
wird, sondern auch von der Schrankentrias147 des Art. 5 II GG.148 Diese grundgesetzliche
Schrankenbestimmung zeigt, dass die Meinungsfreiheit grundsätzlich mit anderen rechtlich
geschützten Interessen abzuwägen ist. Werden solche Interessen durch das Privatrecht geschützt,
müssen die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Privatrechts der Bedeutung des
Grundrechts Rechnung tragen.149 Zunächst kann im Rahmen der Meinungsäußerung durch
Werbung der persönlichkeitsrechtliche Ehrschutz betroffen sein, der gem. Art. 5 II GG als
eigenständige Grundrechtsschranke zu berücksichtigen ist.150 Darüber hinaus können sich aber auch
Einschränkungen aus den allgemeinen Gesetzen151 ergeben. So ist anerkannt, dass die
privatrechtlichen Bestimmungen zum Schutze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich
als allgemeine Gesetze in Betracht kommen, welche die Einschränkung der Meinungsfreiheit
legitimieren können.152
Daraus lässt sich schließen, dass die einfachgesetzlich geschützten kommerziellen Interessen des
Abgebildeten keineswegs als nachrangige Interessen stets gegenüber der Meinungsfreiheit
zurückstehen müssen. Vielmehr ist anhand des konkreten Einzelfalls zu prüfen, ob und aus welchen
Gründen das Vermarktungsinteresse der geschützten Person hinter der Meinungsfreiheit des
Werbenden zurückstehen muss. Diesbezüglich bedarf es einer offenen Interessenabwägung.153
4. Interessenabwägung
Im Rahmen dieser Abwägung ist zunächst zu überprüfen, welchen Zweck die in die Werbung
integrierte Meinungsäußerung verfolgt, insbesondere, ob sie öffentliche Interessen berührt. Sofern
solche Interessen berührt werden, muss überprüft werden, ob der Schwerpunkt der Werbung darauf
liegt, einen geistigen Beitrag in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage zu leisten, oder ob
eigennützige Zielen im Wirtschaftsverkehr im Vordergrund stehen.154 Hier bestehen auf Grundlage
der geschützten Interessen bestimmte Wertungen, die es ermöglichen, Sachkriterien zu entwickeln,
welche den Abwägungsprozess transparent gestalten.
a. Art und Qualität der Persönlichkeitsverletzung
Zunächst ist auf Seiten des Berechtigten zu fragen, welche Art und Qualität die Verletzung des
Persönlichkeitsrechts aufweist. Persönlichkeitsrechtsverletzungen können sehr unterschiedliche
147
Art. 5 II GG umfasst die allgemeinen Gesetze, die Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der
persönlichen Ehre.
148
Schulze-Fielitz in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 5, Rn. 152 ff.
149
Stetige Rechtsprechung des BVerfG. Vgl nur, BVerfGE 7, S. 198 (206 ff.) – Lüth; BverfGE 86, S. 122 (128 f.).
150
Alexander, AfP 2008, S. 556 (562).
151
Allgemeine Gesetze sind solche Bestimmungen, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit oder die Freiheit von
Presse und Rundfunk an sich oder gegen die Äußerungen einer bestimmten Meinung richten, sondern die vielmehr dem
Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen. BVerfGE 7,
S. 198 (206 ff.) – Lüth.
152
BVerfGE 34 S. 269 (282) – Soraya.
153
Alexander, AfP 2008, S. 556 (562).
154
Alexander, AfP 2008, S. 556 (562).
20
Intensität aufweisen. Das Schutzbedürfnis des Einzelnen muss im Einzelfall an diese Intensität
angepasst werden. So werden beispielsweise Bilder anders wahrgenommen und verarbeitet als
Worte, sodass Verletzungen des Rechts am eigenen Bild ein anderes Schutzbedürfnis hervorrufen
als Verletzungen des Namensrechts.155 Aufgrund des deutlich höheren Identifikationspotentials mit
einem Bild als mit einer Namensnennung ist das Schutzbedürfnis bei der Verwendung eines Bildes
höher als bei der Namensnutzung. Hinsichtlich der Intensität des Eingriffs kann zudem auf die vom
Bundesverfassungsgericht entwickelte Sphärentheorie zurückgegriffen werden, welche nach Intim-,
Privat- und Sozialsphäre differenziert.156
Letztlich ist zu überprüfen, ob die Werbung einen besonderen Bezug zwischen Produkt und der
Person herstellt, sodass der Adressat die Aussage der Werbung dahingehend verstehen kann, dass
die Person eine Empfehlung für das beworbene Erzeugnis ausspreche oder sich mit dem
beworbenen Objekt identifiziere.157 Hiervon sind die Fälle abzugrenzen, in denen für den
Adressatenkreis erkennbar ist, dass die Person mit dem beworbenen Produkt nichts zu tun hat,
sondern lediglich die Aufmerksamkeit auf die Werbung und deren eigentliche Werbeaussage lenken
soll.
b. Relevanz des Beitrags in der öffentlichen Diskussion
Ein weiteres beachtliches Sachkriterium, welches in die Abwägung einzubeziehen ist, ist der Gehalt
der Werbung als Beitrag einer öffentlichen Diskussion. Nicht alles, was die Öffentlichkeit
interessiert, verdient auch rechtlichen Schutz als öffentliches Informationsinteresse. So bedürfen
politische Äußerungen oder andere ernsthafteThemen eines größeren rechtlichen Freiraums als
leichte Themen der Unterhaltung, zu denen auch der hier interessierende Bereich des
Leistungssports zählt.158
c. Ausgestaltung der Werbung
Des Weiteren ist von Bedeutung, auf welche Art und Weise geworben wird. Hierbei ist zu
berücksichtigen, wie die betroffene Person in der Werbung dargestellt wird und wie das aktuelle
Geschehen aufgearbeitet wird. So sind satirisch-humoristische Darstellungen bis zu einem gewissen
Grad zu tolerieren. Die rechtliche Grenze der Satire ist jedoch erreicht, sofern die Schwelle zur
Schmähkritik oder Formalbeleidigung überschritten wird oder die Menschenwürde tangiert wird.159
D. Rechtsfolgen
Sofern durch die nicht autorisierte Werbung das Persönlichkeitsrecht des Sportlers verletzt wird,
werden die allgemeinen privatrechtlichen Ansprüche ausgelöst. Zu nennen sind hier insbesondere
155
Beater, Medienrecht, § 6, Rn. 354.
BVerfGE 27, S. 344 (351); BVerfGE 32, S. 373 (379).
157
BGH, NJW 2007, S. 689 (690), Alexander, AfP 2008, S. 556 (562).
158
Alexander, AfP 2008, S. 556 (563); Beater, Medienrecht S. 187, Rn 477 ff.
159
BGHZ 143 S. 199 (208 ff.).
156
21
Ansprüche auf Schadensersatz, Unterlassung und Beseitigung sowie bereicherungsrechtliche
Ansprüche auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr.
I. Ansprüche ohne finanziellen Augleich
1. Allgemeines
Den in der Praxis wichtigsten Rechtsbehelf bietet der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch.160 Er
ist der am häufigsten geltend gemachte Anspruch zum Schutze der Persönlichkeit.161 Dies mag
daran liegen, dass er im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden kann und demnach
schnellen und effektiven Rechtsschutz ermöglicht.162 Weiterhin bietet er gegenüber den weiteren
immateriellen Ansprüchen auf Gegendarstellung oder Richtigstellung den Vorteil, dass das
Unterlassungsbegehren nicht veröffentlicht wird. Es obliegt folglich dem Verletzten zu entscheiden,
wen er von der Verletzung in Kenntnis setzten will und wen nicht.163 Er ist als höchstpersönlicher
Anspruch nicht übertragbar164 und grundsätzlich nicht vermögensrechtlicher Natur.165
2. Anspruchsgrundlage
Der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch ist im BGB nicht geregelt worden. Es handelt sich
vielmehr um einen quasinegatorischen Anspruch, der aus einer Gesamtanalogie zu §§ 12 S. 2, 862 I
S.2, 1004 I S.2 BGB hergeleitet wird.166 Dieser Analogie bedurfte es, da gesetzlich normierte
Unterlassungsansprüche nur bei der Verletzung absoluter Rechte wie dem Namensrecht oder dem
Eigentum greifen. Aus Gründen der Rechtssicherheit wurde der Anwendungsbereich durch
richterliche Rechtsfortbildung auf das Persönlichkeitsrecht ausgedehnt.167 Er wird zur Abwehr
künftiger Persönlichkeitsrechtsverletzungen gewährt, soweit durch Wort- oder Bildberichterstattung
in Presse, Rundfunk oder Internet in eines der gem. §§ 823 ff. BGB bzw. §§ 22, 23 KUG
geschützten Rechte eingegriffen wird.168
3. Anspruchsvoraussetzungen
Die
erfolgreiche
Geltendmachung
setzt
neben
der
rechtswidrigen
Verletzung
eines
Persönlichkeitsrechts materiell-rechtlich voraus, dass die hinreichend konkrete Gefahr einer
zukünftigen Rechtsverletzung besteht. Diese Rechtsverletzung muss ernsthaft, das heißt mit großer
Wahrscheinlichkeit zu besorgen sein. So muss die drohende Verletzung in tatsächlicher Hinsicht so
160
Die immateriellen Ansprüche auf Berichtigung und Gegendarstellung sind für das hier behandelte Thema von
geringer Bedeutung, sodass auf sie im Folgenden nicht näher eingegangen wird.
161
v. Hutten in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 47, Rn. 1.
162
Soehring, Presserecht, Rn. 30.1.
163
v. Hutten in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 47, Rn. 2.
164
BGH, NJW 1981, S. 1089 (1094) – Der Aufmacher I.
165
Im Einzelfall kann sich aus dem Klagevorbringen oder offenkundigen Umständen ergeben, dass das
Rechtsschutzbegehren auch der Wahrung wirtschaftlicher Interessen dienen soll. Damm/Rehbock, S. 300.
166
Damm/Rehbock, S. 299.
167
Alexy, S. 130.
168
Tacke, S. 38.
22
greifbar sein, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist.169
Die Begehungsgefahr kann sich aus dem Gesichtspunkt einer Wiederholungs-170 oder
Erstbegehungsgefahr ergeben.171 Im Gegensatz zu Berichtigung und Gegendarstellung kann der
Unterlassensanspruch neben Tatsachenbehauptungen auch gegenüber Meinungsäußerungen geltend
gemacht werden.172 Der Unterlassungsanspruch ist – seinem quasinegatorischen Charakter folgend
– verschuldensunabhängig, sodass die Darlegung der objektiven Rechtsverletzung genügt.173
4. Anspruchsumfang
Der Umfang des Anspruchs ergibt sich aus dem Ausmaß der Rechtswidrigkeit. Er reicht von der
Untersagung einer Äußerung oder deren Verbreitung bis zum Auslieferungsverbot von
Presseprodukten.174 Im Falle der nicht autorisierten Werbung bezieht sich der Anspruch somit auf
die Unterlassung der konkreten Werbemaßnahme.
Nicht von diesem Anspruch erfasst ist hingegen die umfassende Verhinderung künftiger
Bildnisveröffentlichungen im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage.175 Ob ein Anspruch
auf die Unterlassung der Veröffentlichung "kerngleicher" Bilder zusteht kann nicht im Voraus
beurteilt werden. Für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung ist in jedem Einzelfall eine
Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des
Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre erforderlich.176 Eine solche Interessenabwägung
kann nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt seien und bei
denen insbesondere offen sei, in welchem Kontext sie veröffentlicht würden. Bei der gebotenen
Abwägung könne nämlich auch die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle
spielen.177
II. Ansprüche auf finanziellen Ausgleich
Die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts hat sich im Laufe der Zeit immer mehr zum Wirtschafsgut
und damit zur Grundlage von Schadensersatz- oder sonstigen Geldersatzansprüchen verlagert.178 So
ist es mittlerweile üblich, dass einer erfolgreich geführten Unterlassungsklage eine weitere Klage
auf Ersatz materieller oder immaterieller Schäden oder der Herausgabe eines Gewinns folgt.179
169
v. Hutten in: Handbuch des Persönlichkeitsrecht, § 47, Rn. 9; BGHZ 77, S. 82.
Eine Wiederholungsgefahr wird generell vermutet, sofern ein rechtswidriger Eingriff einmal stattgefunden hat.
Soehring, Presserecht, Rn. 30.7; BGH, GRUR 1975, S. 89 (92).
171
Damm/Rehbock, S. 301.
172
Ganz herrschende Meinung. Vgl. Summerer in: Praxishandbuch Sport, S. 388, Rn. 165; Soehring, Presserecht, Rn.
31.5.; BGH, NJW 1982, S. 2246.
173
v. Hutten in: Handbuch des Persönlichkeitsrecht, § 47, Rn. 27.
174
Alexy, S. 131.
175
BGH, AfP 08, S. 187 f.; BGH, AfP 10, S. 61 f.
176
BGH, AfP 08, S. 187 (188).
177
BGH, AfP 08, S. 187 f.; BGH, AfP 10, S. 61 (62)
178
Müller in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 50, Rn. 1.
179
Müller in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 50, Rn. 1.
170
23
1. Schadensersatzansprüche
Beim Verlangen nach Schadensersatz ist aus haftungsrechtlicher Sicht eine grundsätzliche
Unterscheidung zwischen materiellem und immateriellem Schaden geboten.180 Zwar sind beide
Ansprüche auf Geldersatz gerichtet, der immaterielle Schaden ist jedoch im deutschen Zivilrecht im Gegensatz zum materiellen Schaden - nur bei besonders schweren Eingriffen ersatzfähig.181
a. Materieller Schadensersatzanspruch
Der materielle Schadensersatzanspruch ergibt sich wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung
durch die Werbung aus § 823 I BGB oder § 823 II i.V.m. §§ 22, 23 KUG. Er ist der einzige,
gesetzlich geregelte Schadensersatzanspruch, der gegen rechtswidrige Eingriffe durch die Medien
greift.182 Der Anspruch unterliegt den Voraussetzungen eines rechtswidrigen und schuldhaften
Eingriffs in einen vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts.183 Weiterhin muss dem
Betroffenen aufgrund dieser Rechtsgutsverletzung ein Vermögensschaden entstanden sein. Ob ein
solcher vorliegt, lässt sich in der Regel anhand der Verkehrsanschauung feststellen.184
Art und Umfang dieses durch das schädigende Ereignis entstandenen materielle Schadens ergeben
sich aus den §§ 249 ff. BGB.185 In Anlehnung an die Sicherung von Immaterialgüterrechten hat die
Rechtsprechung
bei
der
Verletzung
vermögenswerter
Bestandteile
des
allgemeinen
Persönlichkeitsrecht die dreifache Schadensberechnung anerkannt.186 So kann der Sportler zum
einen den konkreten Schaden einschließlich des ihm entgangenen Gewinns verlangen ( §§ 249-252
BGB). Alternativ kann er den Betrag fordern, der einer angemessenen Lizenzvergütung entspricht.
Als dritte Option kann er aber auch Herausgabe desjenigen Gewinns fordern, den der unberechtigte
Verwerter aus seinem rechtswidrigen Eingriff gem. § 812 I 1 Alt. 2 BGB gezogen hat.187 Der
Verletzte kann wählen, welche Berechnungsmethode er seinem Schadensersatzanspruch zugrunde
legen will, miteinander vermischen darf er sie jedoch nicht.188
b. Immaterieller Schadensersatz
Neben dem Anspruch auf den Ersatz materieller Schäden kommen bei schwerwiegenden
Persönlichkeitsrechtsverletzungen auch Ansprüche auf Ersatz des immateriellen Schaden in
Betracht. Der Anspruch auf Geldentschädigung ist seit langem anerkannt, obwohl das BGB
Ansprüche auf immateriellen Schadensersatz ausdrücklich nur in den gesetzlich normierten Fällen
gewährt und im Übrigen ideelle Schäden als grundsätzlich nicht durch Geld kompensierbar
180
BGHZ 26 S. 349 (353) – Herrenreiter.
BGHZ 128, S. 1 (12) – Caroline.
182
Tacke, S. 47.
183
Alexy, S. 161.
184
Müller in: Handbuch des Persönlichkeitsrecht, § 50, Rn. 17.
185
Alexy, S. 166.
186
BGHZ 20, S.345 ff. – Paul Dahlke; BGHZ 26, S.349 (355); Bruns, JZ 2005, S.428 (430).
187
Summerer in: Praxishandbuch Sportrecht, S. 396, Rn. 187.
188
Tacke, S. 55.
181
24
ansieht.189 Infolge richterlicher Rechtsfortbildung ist er dogmatisch mittlerweile auf den
Schutzauftrag aus Art. 1 I, 2 I GG zurückzuführen.190 Im Vordergrund steht bei diesem
Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungs- und der Präventionsgedanke. So hebt der BGH
ausdrücklich hervor, dass anders als beim Schmerzensgeld die Genugtuung des Opfers bezweckt
wird, und dass die drohende Geldentschädigung zudem den Verletzenden vom Verstoß abhalten
soll.
Anspruchsziel
sei
ein
angemessener
Ausgleich
zwischen
Genugtuungs-
und
Präventionsfunktion und dem Schutz der Pressefreiheit.191
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterliegt der Geldentschädigungsanspruch zweier
Voraussetzungen. So muss zunächst eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen. Des
weiteren gilt das Subsidiaritätsprinzip.192 Der Anspruch kann demnach nur geltend gemacht
werden, wenn Genugtuung nicht durch andere Rechtsbehelfe zu erreichen ist.193 Ob ein Eingriff
schwerwiegend genug ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wichtige Indikatoren sind
insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, der Beweggrund des Handelnden sowie
der Grad seines Verschuldens.194 Zudem haben sich in der Rechtsprechung gewissen Fallgruppen
herauskristallisiert.195 So wurden schwerwiegende Eingriffe angenommen in den Fällen der
Schmähkritik, des Hohn und Spotts, der nicht lizenzierten Werbung sowie bei erfundenen
Äußerungen oder Eingriffen in die Intim- oder Privatsphäre.196
2. Bereicherungsausgleichsanspruch
Neben der Möglichkeit, einen deliktsrechtlichen Schadensersatz geltend zu machen, kommt auch
noch ein Ausgleich der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bereicherungsrecht, auf Grundlage
der verschuldensunabhängigen Eingriffskondiktion nach § 812 I 1 Alt. 2 BGB, in Betracht.
So herrscht mittlerweile in Rechtsprechung und Literatur weitestgehend Konsens darüber, dass
persönlichkeitsrechtliche Rechtspositionen, sofern diese der Vermarktung zugänglich, sind einen
Vermögenswert und damit einen bereicherungsrechtlich relevanten Zuweisungsgehalt haben
können.197
Darüber hinaus forderte der BGH lange Zeit als weitere Anspruchsvoraussetzung eine
grundsätzliche Vermarktungsbereitschaft seitens des Betroffenen.198 Heute ist es jedoch ganz
189
BGHZ 26, S. 349 ff. – Herrenreiter.
BGHZ 35, S. 363 ff. – Ginseng; Loef, S. 180. Diese Rechtsprechung wird vom Bundesverfassungsgericht
ausdrücklich gebilligt. BVerfG in NJW 1973, S. 1221 ff. – Soraya.
191
BGH, NJW 1997, S. 1148 (1150) – Stern-TV ; Prinz/Peters, Medienrecht S. 494.
192
BGHZ 35, S. 363 ff. – Ginseng; BGH, NJW 1996, S. 984 (985) – Caroline von Monaco.
193
So stehen insbesondere der Widerruf und die Richtigstellung dem Anspruch auf Geldentschädigung entgegen, sofern
sie unverzüglich und ordnungsgemäß erfolgen. BGH, NJW 1970, S. 1077 – Nachtigall I.
194
BGH, NJW 1996, S. 984 (985) – Caroline von Monaco; Müller in: Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 51,Rn. 13.
195
Damm/Rehbock, S. 357.
196
Tacke, S. 70; BGH, NJW 1963, S. 902 ff. – Fernsehansagerin, BGHZ 26, S. 349 ff. – Herrenreiter.
197
Tacke, S. 78; Alexy, S. 190; BGHZ 20, S.345 ff. – Paul Dahlke.
198
BGHZ 26, S. 349 ff. – Herrenreiter.
190
25
herrschende Meinung, dass der Verletzte diesen Anspruch auch dann geltend machen kann, wenn er
bei hypothetischer Nachfrage nicht in die Veröffentlichung eingewilligt hätte.199
Da bei Eingriffen in Persönlichkeitsrechte weder das Erlangte noch tatsächlich gezogene Nutzungen
herausgegeben werden können, ist der Anspruch nach § 818 II BGB auf Wertersatz gerichtet.200
Dieser Wertersatzanspruch erstreckt sich auf die Vergütung, die der unberechtigte Nutzer bei
Einholung der Erlaubnis des Rechtsträgers hätte aufwenden müssen, mithin also auf die Zahlung
einer angemessenen Lizenzgebühr.201 Die Höhe des Bereicherungsausgleichs wird gem. § 287 ZPO
durch richterliches Ermessen bestimmt.202
E. Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Persönlichkeitsrecht regelmäßig durch nicht
autorisierte Werbemaßnahmen betroffen ist. Der Sportler genießt hinsichtlich der eigenen
Persönlichkeit jedoch Schutz in umfassendem Ausmaß. Das Persönlichkeitsrecht gebietet es, dass
die Person Entscheidungen in eigenen Angelegenheiten eigenverantwortlich treffen kann. Dazu
gehört insbesondere auch die Entscheidung darüber, ob, wie und in welchem Ausmaß die eigene
Persönlichkeit genutzt und verwertet wird. Es bedarf gewichtiger Gründe, um Abweichungen von
diesem Grundsatz zu rechtfertigen. Diesbezüglich hat der Blick auf die Entscheidungen in der
jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass in der gebotenen Güter- und Interessenabwägung der Artikel
5 I GG eine gewichtige Rolle einnimmt, der sowohl der Pressefreiheit als auch der Meinungsfreiheit
grundrechtlichen Schutz gewährt und vor allem im politischen Diskurs ein starkes Argument für die
Medien ist.
Es darf im Rahmen dieser Abwägung jedoch nicht die besondere Situation der im Bereich des
Sports Tätigen vernachlässigt werden. Das Schutzbedürfnis ist ein anderes als das von Politikern
oder sonstigen bekannten Persönlichkeiten. So sind die Einnahmen aus der Werbung für Sportler
häufig eine finanzielle Quelle von enormer Bedeutung. Dem Persönlichkeitsschutz des Sportlers
kommt daher im Bereich der Werbung ein besonderer Stellenwert zu. Die neue Rechtsprechung des
BGH im Bereich satirischer Werbung darf nicht dazu führen, dass Sportler unter dem „Deckmantel“
der Meinungsfreiheit für Werbemaßnahmen ausgenutzt werden. Es wäre sonst ein Einfaches, im
Rahmen von öffentlichkeitsträchtigen Großveranstaltungen wie Olympischen Spielen oder
Weltmeisterschaften Persönlichkeiten aus dem Sportbereich für Werbung zu verwenden, ohne dass
es einer Einwilligung des Sportlers bedürfte. Dies würde zum einen die Rechte der Sportler
aushöhlen, zum anderen aber auch die Sponsoren benachteiligen, welche enorme Geldbeträge
zahlen, um sich die Einwilligung der Sportler für Werbemaßnahmen zu sichern. Es bleibt
199
BGH, NJW 1992, S. 2084 f. – Talkmaster; Alexy, S. 193; Balthasar, ZUM 2005, S. 874 (878); a. A Damm/Rebock,
S. 382.
200
Alexy, S. 195.
201
BGH, NJW 1992, S. 2084 (2085) – Joachim Fuchsberger.
202
Tacke, S. 78,
26
abzuwarten, ob und inwieweit die Rechtsprechung die vom BGH aufgestellten Grundsätze zum
Persönlichkeitsschutz vor satirischer Werbung auch für Persönlichkeiten aus dem Sportbereich
umsetzt und ob die Besonderheiten des Sports bei der gebotenen Interessenabwägung
Berücksichtigung finden.
Bayreuth, den 20.12.2010________________
27