Wachstumsmarkt betriebliche Alters versorgung Chancen

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Wachstumsmarkt betriebliche Alters versorgung Chancen
www.pwc.de
Wachstumsmarkt betriebliche
Alters­versorgung
Chancen und Instrumente für eine
erfolgreiche Markt­bearbeitung
Die Lebens­versicherungs­
wirtschaft steht vor großen
Herausforderungen. Unsere
Studie zeigt auf, welche
Wachstums­potenziale
die betriebliche Alters­
versorgung bietet und mit
welchen Mitteln sich diese
realisieren lassen.
Vorwort
Vorwort
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
keine deutsche Versicherungssparte steht derzeit so stark unter Beobachtung wie
die Lebensversicherung. Verbraucherschützer stellen die Sinnhaftigkeit in Frage,
Kunden beklagen die niedrigen Renditen sowie das allgemein schlechte Image der
Branche, und auch mancher Anbieter diskutiert immer intensiver, ob sich dieses
Geschäftsfeld langfristig noch wertschaffend betreiben lässt.
Ohne Zweifel steht die Lebensversicherung im aktuellen Modell vor großen
Herausforderungen, die sich so schnell nicht bewältigen lassen. Auf der anderen
Seite sind die makroökonomischen und gesellschaftlichen Treiber hinter dem
Bedarf nach privater Vorsorge die gleichen wie seit Jahren. Es bieten sich der
Assekuranz daher weiterhin Chancen, von diesen Trends zu profitieren. Diese
Chancen müssen aber auch genutzt werden.
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist derzeit das wohl größte und attraktivste
Chancenfeld. Das haben viele Anbieter inzwischen erkannt und planen diesen
Bereich auszubauen. Dabei haben sich zwei Fragen als die bedeutenden
herausgestellt: Wo genau liegen die Potenziale und wie können sie gehoben
werden?
An dieser Stelle setzt die vorliegende Studie an. Anders als viele andere Markt­
studien baut sie nicht auf Befragungen von Unternehmen oder Fallstudien
erfolgreicher Anbieter auf. Ziel war es vielmehr, den bAV-Anbietern im Markt etwas
zur Verfügung zu stellen, was es derzeit in dieser Form nicht gibt. Eine umfassende
Markt­analyse, die die Potenziale getrennt nach Hebeln, Branchen und
Unternehmens­größen­k lassen ausweist. Unser Anliegen ist dabei bewusst nicht,
mögliche Lösungen zu präsentieren, sondern vor allem die strategische Diskussion
in den Unternehmen auf der Basis harter Fakten anzuregen. Wir hoffen daher, dass
diese Studie Sie nicht nur mit wertvollen Marktinformationen versorgt, sondern
auch die weitere Diskussion fördert.
Zum Abschluss danken wir den zahlreichen PwC-Kollegen, die durch Zuarbeit,
kritische Diskussionen und Durchsicht der Arbeitsstände zum erfolgreichen
Erstellen der Studie beigetragen haben, und wünschen Ihnen eine interessante
Lektüre.
Düsseldorf, Hamburg, November 2012
Hendrik C. Jahn
Partner
PwC Düsseldorf
Dr. Sebastian Tiedemann
Manager
PwC Hamburg
Ralf Baldeweg
Senior Manager
PwC Hamburg
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 3
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis..............................................................................................6
Tabellenverzeichnis..................................................................................................8
AManagement Summary und Hintergrund der PwC-bAV-Studie....................9
1Management Summary............................................................................... 10
2Hintergrund und Ziele der PwC-bAV-Studie................................................ 10
BAusgangssituation der Lebensversicherung................................................12
1Kapitalmarktsituation.................................................................................13
2
Demografischer Wandel............................................................................. 14
3Verstärkte Regulierung (Solvency II und Regulierung des Vertriebs)..........15
4
Gegenwärtige Situation im LV-Markt.......................................................... 16
CWachstumsmarkt bAV.................................................................................18
1Entwicklung der bAV in den verschiedenen Durchführungswegen.............20
2Treiber für die Entwicklung der bAV...........................................................21
DMarktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung............................................23
1Das PwC-Modell.........................................................................................24
2Ergebnisse der PwC-Studie.........................................................................25
2.1Aufschlüsselung der bAV-Durchdringung nach Arbeitnehmern..................26
2.2bAV-Durchdringung nach Unternehmensgröße..........................................27
2.3
Aufteilung der bAV-Finanzierung................................................................28
2.4
Potenziale der bAV im Gesamtmarkt...........................................................29
2.5Potenziale der bAV nach Unternehmensgrößen..........................................33
3Bewertung der bAV-Attraktivität von 16 verschiedenen Branchen..............34
3.1
Bewertungsansatz......................................................................................34
3.2
Ergebnisse der Bewertung..........................................................................35
4
Detailanalyse der Branchen........................................................................36
4.1Branche der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen
und technischen Dienstleistungen (M).......................................................37
4.1.1Profil der Branche M...................................................................................37
4.1.2bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche M..........................37
4.1.3Branchenspezifische Besonderheiten der Branche M..................................38
4.1.4 Schlussfolgerungen.....................................................................................39
4.2
Branche Handel und Kfz (G).......................................................................40
4.2.1 Profil der Branche G....................................................................................40
4.2.2bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche G...........................40
4.2.3Branchenspezifische Besonderheiten der Branche G................................... 41
4.2.4Schlussfolgerungen.....................................................................................42
4.3Branche Verkehr und Lagerei (H)...............................................................42
4.3.1Profil der Branche H...................................................................................42
4.3.2bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche H...........................43
4.3.3Branchenspezifische Besonderheiten der Branche H...................................44
4 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Inhaltsverzeichnis
4.3.4 Schlussfolgerungen.....................................................................................44
4.4Information und Kommunikation (J)..........................................................45
4.4.1 Profil der Branche J....................................................................................45
4.4.2bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche J............................45
4.4.3Branchenspezifische Besonderheiten der Branche J....................................46
4.4.4 Schlussfolgerungen.....................................................................................47
4.5
Branche Baugewerbe (F)............................................................................47
4.5.1 Profil der Branche F....................................................................................47
4.5.2bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche F............................48
4.5.3Branchenspezifische Besonderheiten der Branche F...................................49
4.5.4 Schlussfolgerungen.....................................................................................49
4.6
Kernthesen zur Marktanalyse.....................................................................50
EMarktbearbeitung im Bereich der bAV........................................................51
1
Definition der bAV-Strategie.......................................................................53
2
Implementierung von bAV im Vertrieb........................................................53
2.1
Die fünf größten Herausforderungen im bAV-Vertrieb................................53
2.1.1Gegenwärtige Nachfrage nach Altersvorsorgeprodukten
nicht ausreichend........................................................................................54
2.1.2Entgeltumwandlung nicht ausreichend in die
Altersvorsorgeberatung integriert..............................................................54
2.1.3Differenzierte Vertriebskonzepte fehlen.....................................................55
2.1.4 Bestandsarbeit nicht systematisch organisiert............................................55
2.1.5 Vertriebsunterstützung oftmals unzureichend............................................56
2.2
Systematisierung des bAV-Vertriebs............................................................56
2.2.1 Differenzierte Kundenansprache................................................................57
2.2.2Entgeltumwandlung als Standard in der Altersvorsorgeberatung...............58
2.2.3 Optimierung der Bestandsarbeit.................................................................58
2.2.4 Passgenaues Kampagnenmanagement........................................................59
2.2.5 Qualifizierung des Personals......................................................................60
3
Steuerung des bAV-Geschäfts..................................................................... 61
4
Aufstellung des bAV-Betriebs......................................................................62
5Zusammenfassung der Ergebnisse – zehn Erkenntnisse
aus der Analyse...........................................................................................63
FZusammenfassung und Ausblick.................................................................64
GAnhang: Beispielhafte Detail-Datenübersicht für eine Branche...................66
Quellenverzeichnis.................................................................................................68
Ihre Ansprechpartner..............................................................................................70
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 5
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1Entwicklung der Kapitalmarktsituation und der
Verpflichtung zur Garantieverzinsung....................................................13
Abb. 2aEntwicklung Bestand Leben und bAV...................................................... 16
Abb. 2bAufteilung Bestand Leben nach Produktkategorien 2011........................ 16
Abb. 3Entwicklung Bestand bAV in den versicherungsförmigen
Durchführungswegen.............................................................................20
Abb. 4
Modell PwC-Potenzialanalyse bAV/Entgeltumwandlung........................24
Abb. 5
Aufschlüsselung der bAV-Durchdringung nach Arbeitnehmern..............26
Abb. 6bAV-Durchdringung nach Unternehmensgröße,
Arbeitnehmer/Unternehmen mit bAV.....................................................27
Abb. 7
Aufteilung der bAV-Zuwendungen..........................................................28
Abb. 8
Aufschlüsselung des bAV-Potenzials nach Arbeitnehmern......................29
Abb. 9Quantifizierung der Hebel zur Steigerung
der Beitragseinnahmen Entgeltumwandlung..........................................31
Abb. 10Verteilung des Entgeltumwandlungspotenzials
nach Unternehmensgrößen.....................................................................33
Abb. 11Bewertungsmodell attraktiver Branchen mit hohem
Entgeltumwandlungspotenzial...............................................................35
Abb. 12bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und
Gesamtpotenzial in der Branche M.........................................................38
Abb. 13Anteil der Arbeitnehmer ohne bAV und
mit einem Monatseinkommen über 1.500 €............................................39
Abb. 14bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und
Gesamtpotenzial Branche G.................................................................... 41
Abb. 15bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und
Gesamtpotenzial der Branche H..............................................................43
Abb. 16 bAV-Tarifvorbehalt nach Unternehmensgröße, Branche H......................44
Abb. 17bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und
Gesamtpotenzial der Branche J...............................................................46
Abb. 18bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und
Gesamtpotenzial der Branche F..............................................................48
6 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 19 Systematischer PwC-Marktbearbeitungsansatz für die bAV....................52
Abb. 20 Systematisierung des bAV-Vertriebs........................................................56
Abb. 21 Standardberatung Rahmenvertrag/Ausakquirierung.............................59
Abb. 22 Grundlagen intelligenten Kampagnenmanagements..............................60
Abb. 23 Wirkungsmodell bAV-Qualifizierung...................................................... 61
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 7
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tab. 1Beitragsaufkommen und Potenzial von
Lebensversicherern in den Segmenten.................................................... 17
Tab. 2Annahmen zur Anpassung der Hebel für
die Potenzialberechnung........................................................................32
Tab. 3
Profil der Branche M...............................................................................37
Tab. 4
Durchschnittseinkommen in der Branche M...........................................38
Tab. 5
Profil der Branche G................................................................................40
Tab. 6Potenziale der Hebel 1 und 5 nach Unternehmensgröße,
Branche G............................................................................................... 41
Tab. 7Durchschnittliche Umwandlung nach Unternehmensgröße,
Branche G...............................................................................................42
Tab. 8
Profil der Branche H................................................................................43
Tab. 9
bAV-Gesamtpotenzial nach Unternehmensgröße, Branche H..................44
Tab. 10
Profil der Branche J.................................................................................45
Tab. 11
Einkommen nach Unternehmensgröße, Branche J..................................46
Tab. 12Durchschnittliche Umwandlung nach Unternehmensgröße,
Branche J................................................................................................47
Tab. 13
Profil der Branche F................................................................................48
Tab. 14
Anzahl potenzieller bAV-Zielkunden, Branche F.....................................49
Tab. 15Durchschnittliche Umwandlung nach
Unternehmensgröße, Branche F..............................................................49
8 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Tab. 16
Detailinformationen Branche D (1/5).....................................................66
Tab. 17
Detailinformationen Branche D (2/5).....................................................66
Tab. 18
Detailinformationen Branche D (3/5).....................................................67
Tab. 19
Detailinformationen Branche D (4/5).....................................................67
Tab. 20
Detailinformationen Branche D (5/5).....................................................67
Management Summary und Hintergrund der PwC-bAV-Studie
AManagement Summary und Hintergrund
der PwC-bAV-Studie
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 9
Management Summary und Hintergrund der PwC-bAV-Studie
1 Management Summary
Die negative Entwicklung der Lebensversicherung, die sich erstmalig 2011 auch in
einem Rückgang der Beitragseinnahmen geäußert hat, führt dazu, dass Lebens­
versicherer gegenwärtig bekannte und neue Wachstumsfelder identifizieren
oder forcieren. Da die Wachstumsbereiche, wie die Berufs- oder Pflege­renten­
versicherung, nicht volumenstark genug sind und die gängigen Lebens- bzw.
Renten­versicherungs­produkte kein signifikantes Wachstum erwarten lassen, bleibt
die seit Jahren zumindest in der Entgeltumwandlung stark wachsende bAV.
Trotz des starken Wachstums in den letzten Jahren bietet die bAV noch
erhebliche Potenziale; so besitzt gegenwärtig nicht einmal jeder zweite sozial­
versicherungs­pflichtig beschäftigte Arbeitnehmer eine bAV. Demgegenüber ist
die Penetrations­rate in der Lebensversicherung allgemein mit insgesamt über
90 Mio. Lebensversicherungsverträgen in Deutschland deutlich höher. Unseren
Berechnungen zufolge besitzt der Entgelt­umwandlungs­markt ein Potenzial von
weiteren 6,5 Mrd. Euro Beitrags­einnahmen, welches in den nächsten drei bis sieben
Jahren gehoben werden könnte.
Für diese Realisierung ist allerdings eine differenzierte Betrachtung notwendig, da
die Potenziale in unterschiedlichen Hebeln, Branchen und Unternehmensgrößen
mit jeweils unterschiedlichen Hürden für die Realisierung liegen. Die gesamte
Markt­bearbeitung ist an die Heterogenität dieser Potenziale anzupassen und eine
Abkehr vom „Gießkannenprinzip“ unumgänglich. Die Strategie muss zielkunden­
orientiert nach potenzialstarken Branchen und Unternehmensgrößen mit eindeutig
definierten Hebeln für die Realisierung ausgerichtet sein. Im Vertrieb muss die
bAV-Beratung Regel und nicht Ausnahme sein und durch die hohen Potenziale
bei kleinen und mittleren Unternehmen die Arbeitnehmer im Retailgeschäft
erreichen. Der Vertrieb muss steuerungsseitig durch eine stringente Führung und
ein bAV-vertriebsförderndes Anreizsystem unterstützt werden. Im Betrieb müssen
differenzierte und teils diffizile bAV-Geschäftsvorgänge in den überwiegend an der
privaten Alters­versorgung (pAV) orientierten Systemen ermöglicht und soweit es
geht automatisiert werden.
2 Hintergrund und Ziele der PwC-bAV-Studie
Die betriebliche Altersversorgung ist für viele deutsche Versicherer ein wichtiges
Geschäfts- und Wachstumsfeld. Entsprechend beschäftigen sich mit diesem Feld
bereits zahlreiche Studien und Auswertungen. Viele dieser Analysen und Studien
fokussieren auf Befragungen von Arbeitnehmern und Unternehmen. Dabei sind
sie oft vergleichsweise grob und undifferenziert und betrachten zumeist die bAVDurchdringung nach Unternehmensgrößen sowie die Abschlussbereitschaft bei
den Arbeitnehmern. Differenzierte Betrachtungen der bAV-Durchdringungen nach
Branchen und Unternehmensgrößenklassen liegen nicht vor. Gleiches gilt für die
daraus resultierenden Potenziale und Ansätze, um diese zu realisieren.
10 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Management Summary und Hintergrund der PwC-bAV-Studie
Genau dort liegt aber häufig der Bedarf der Marktteilnehmer. Viele haben
inzwischen die Erfahrung gemacht, dass zwar insgesamt große Potenziale
bestehen, die genauen Quellen sich jedoch oft nur erahnen lassen. In der
Konsequenz führt dies zu aufwendigen Vertriebsmaßnahmen – häufig nach
dem Trial-and-Error-Prinzip – und zu entsprechenden Frustrationen bei der
Vertriebsmannschaft.
Die PwC-Studie setzt genau da an, wo die bisherigen Studien aufgehört haben. Sie
untersucht die Potenziale der bAV in dem Teilbereich der Entgelt­umwandlung in
einer neuen Auswertungsdimension1. Es werden die Potenziale in 16 Branchen und
sechs Unternehmensgrößen individuell ermittelt und zusätzlich nach fünf Hebeln
differenziert.
Dabei werden tarifvertragliche Lösungen wie z. B. die Metallrente integriert sowie
die ermittelten Ergebnisse mit den publizierten GDV-Zahlen zur bAV validiert.
Die Ziele der PwC-bAV-Studie liegen – neben der Ermittlung des bAV-Potenzials in
einer bislang noch nicht vorliegenden Detailtiefe – in der Erarbeitung konkreter
Thesen zu den Wachstumschancen in der bAV und den dafür benötigten
Instrumenten für eine systematische Marktbearbeitung. Die Adressaten dieser
Studie sind somit die entsprechenden Sparten- und Vertriebs­verantwortlichen in
Versicherungs­unternehmen, die in der bAV aktiv sind bzw. ihr entsprechendes
Engagement forcieren wollen.2 Ihnen sollen die Studie und die ihr zugrunde
liegenden Daten Instrumente an die Hand geben, um die bAV-Aktivitäten
individueller, zielgerichteter und effektiver auszurichten.
1
2
Wird im Fortgang der Studie also von bAV gesprochen, so ist fast ausnahmslos die Entgelt­
umwandlung gemeint.
Die Daten und Erkenntnisse können allerdings ebenso von Banken, Struktur- und Maklervertrieben
etc. für eine effiziente bAV-Markt­bearbeitung genutzt werden.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 11
Ausgangssituation der Lebensversicherung
BAusgangssituation der Lebensversicherung
12 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Ausgangssituation der Lebensversicherung
Die Lebensversicherung spielt volkswirtschaftlich, sozialpolitisch und für die
Versicherungsbranche eine bedeutende Rolle. Entsprechend gravierend sind die
Auswirkungen der Veränderungen der letzten Jahre. Die Lebensversicherung
befindet sich in einem immer enger werdenden Spannungsfeld zwischen der
Kapitalmarktsituation, dem weiter voranschreitenden demografischen Wandel
und den Auswirkungen der verstärkten Regulierung. Dies mündet neben massiven
finanziellen Effekten für Anbieter und Versicherte vermehrt in eine gedämpfte
Nachfrage, was die Situation wiederum weiter verschärft. Ein näherer Blick auf
dieses Spannungsfeld macht die Herausforderungen deutlich.
1 K
apitalmarktsituation
An den Kapitalmärkten lassen sich angesichts des aktuell niedrigen Zinsniveaus
mit Produkten hoher Bonität wie Bundesanleihen kaum noch ausreichende
Renditen für die Lebensversicherer erwirtschaften, um die einmal gemachten
Zusagen an die Versicherungsnehmer zu erfüllen. Die Rendite von zehnjährigen
Bundesanleihen hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als halbiert und
liegt seitdem das erste Mal in den vergangenen 30 Jahren dauerhaft unter der
durchschnittlichen Garantieverzinsung im Bestand – mit zunehmendem Abstand.
Die durchschnittliche Garantie­verzinsung über alle Verträge hinweg liegt derzeit
bei geschätzten 3,3 Prozent (siehe Abbildung 1).
Abb. 1Entwicklung der Kapitalmarktsituation und der Verpflichtung zur Garantieverzinsung
12
8
6
ab Juli 1986: 3,50 %
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2005
2006
2004
2003
2002
2001
2000
1994
1993
1991
1992
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
1982
1983
1981
1980
0
1999
2
1998
ab Juli 1994: 4,00 %
ab Juli 2000: 3,25 %
ab Januar 2004: 2,75 %
ab Januar 2007: 2,25 %
ab Januar 2012: 1,75 %
1997
vor Juli 1986: 3,00 %
1996
4
1995
Rendite (in %)
10
Rendite Bundeswertpapiere (Restlaufzeit 10 Jahre)
Garantieverzinsung des Neugeschäfts
Garantieverzinsung im Bestand (PwC-Schätzung)
Das Garantieversprechen stellte jahrelang lediglich eine theoretische Größe dar.
Die tatsächlich geleisteten Auszahlungen lagen weit darüber. Was aber passiert,
wenn das gegenwärtige Niedrigzinsniveau dauerhaft bzw. sehr langfristig bestehen
bleibt, zeigt ein Blick nach Japan. Seit Ende der 1990er-Jahre gerieten neun private
Lebensversicherungsgesellschaften in Japan in die Insolvenz, weil sie die Garantien
im langfristigen Kapitalmarktumfeld nicht mehr einhalten konnten.3
3
ass nicht noch mehr Lebensversicherer aus dem Markt ausgeschieden sind, liegt auch daran,
D
dass die japanische Aufsicht es den Versicherern explizit erlaubt hat, den Garantiezins im Bestand
rückwirkend zu reduzieren, wenn eine Fortführung des Versicherungsgeschäfts ohne Änderung
der Vertragsbedingungen gefährdet und eine Änderung der Vertragsbedingungen zum Schutz der
Versicherungsnehmer unausweichlich war.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 13
Ausgangssituation der Lebensversicherung
Neben einigen Erleichterungen durch die japanische Aufsicht haben vor
allem vier Maßnahmen zu einer langfristigen Stabilisierung des japanischen
Lebensversicherungsmarktes beigetragen:
1. eine Senkung der Garantieverzinsung im Neugeschäft,
2.ein Ankurbeln des Neugeschäfts mit niedrigeren Garantien und somit eine
schrittweise Reduzierung der Garantieverzinsung im Bestand,
3. ein Umleiten des Neugeschäfts auch auf fondsgebundene Lösungen,
4.eine Kapitalanlage, die neben den japanischen Anlagen auch vermehrt
ausländische Anlagen mit höherer Verzinsung vorsah.
Wegen des seit Langem niedrigen Zinsniveaus wurde auch in Deutschland reagiert.
Seit dem 1. Januar 2012 gilt ein verringerter Garantiezins von 1,75 Prozent (vorher
2,25 Prozent) beim Abschluss einer neuen kapitalbildenden Lebensversicherung
bzw. einer privaten Rentenversicherung. Die Probleme, den Garantiezins im
Bestand in Höhe von 3,3 Prozent zu leisten, werden durch die Garantiezinssenkung
für das Neugeschäft jedoch erst langfristig zu lösen sein, da Effekte auf den Bestand
erst mittel- bis langfristig Wirkung zeigen werden. Die damit deutlich reduzierten
Garantieablaufleistungen, die teilweise zu negativen Beitragsrenditen führen,
erschweren jedoch gegenwärtig die Absatzmöglichkeiten klassischer Lebens- und
Rentenversicherungen.
Für die Lebensversicherer entsteht kurzbis mittelfristig eine Zangenbewegung
durch die Zinssituation.
Damit entsteht zunächst kurz- bis mittelfristig eine Zangenbewegung auf die
wirtschaftliche Lage der Lebensversicherer. Zum einen laufen viele Verträge mit
einem Garantiezins von 3,0 Prozent gegenwärtig aus, womit der Anteil der „3,5und 4,0 Prozenter“ (aus den neugeschäftsstarken Jahren 1986 bis 2000) relativ
steigen und sich die durchschnittliche Garantieverzinsung im Bestand erhöhen
wird. Zum anderen laufen zugleich in der Kapitalanlage hoch­verzinste Langläufer
langsam aus und müssen durch Produkte mit einer Verzinsung von nicht einmal
2 Prozent ersetzt werden, womit die durchschnittliche Anlagerendite weiter
unter Druck gerät. Vielfach setzen Anbieter daher vermehrt auf ein Umleiten des
Neugeschäfts auf fondsgebundene Produkte ohne Garantieverzinsung, womit im
Rahmen von Solvency II weniger Eigenkapitalunterlegung erforderlich ist. Dies
reduziert zwar das Volumen der Garantieversprechen, weitet die Schere aber weiter
aus, da weniger Neugeschäft mit einem Garantiezins von 1,75 Prozent die Garantie­
verzinsung im Bestand reduzieren kann.4
2 Demografischer Wandel
Wie allseits bekannt, ist eines der marktbeeinflussenden Themen in Deutschland
(aber auch in anderen Industrienationen) der demografische Wandel. An zwei
wesentlichen Aspekten lassen sich die Auswirkungen skizzieren. Erstens wird die
absolute Einwohnerzahl ceteris paribus (keine fundamentale Ausweitung von
Zuwanderung etc.) von derzeit über 80 Mio. bis 2050 auf knapp 75 Mio. und bis
2060 sogar auf 70 Mio. Einwohner sinken.5
Zweitens wird das Durchschnittsalter deutlich zunehmen, was sich in einer starken
Verschiebung in den Altersklassen ausdrückt, da die geburtenstarken Jahrgänge
in die ältere Generation „hineinaltern“ und die Geburten auf niedrigem Niveau
verharren.
4
5
14 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
N
icht diskutiert wurde in diesem Kontext, ob ein aktives Umleiten von klassischem auf fonds­
gebundenes Geschäft vom Kunden überhaupt goutiert wird. Aktuelle Zahlen für das Neugeschäft
2011 zeigen nämlich auf, dass nur 14 Prozent der abgeschlossenen Lebens- bzw. Renten­
versicherungen fondsgebunden waren, vgl. „FLV-Update 2011“ von Towers Watson (2012).
V
gl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerung Deutschland bis 2060.
Ausgangssituation der Lebensversicherung
Im Ergebnis wird insbesondere der Anteil der über 65-Jährigen deutlich ansteigen,
während der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter abnimmt.6
Für die Lebensversicherer bedeutet dies, dass das Neugeschäftspotenzial für
Geschäft gegen laufenden Beitrag, welches vornehmlich in der Altersklasse bis
höchstens 45 Jahre abgeschlossen wird, sinken wird. Auch wird das Potenzial
der Zielkunden für Lebensversicherungsprodukte zur Absicherung biometrischer
Risiken wie die Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung gegen laufenden
Beitrag sinken. Dahingegen wird das Potenzial für Einmalbeitragsgeschäft und/
oder Pflegeabsicherungsprodukte bei der Generation 50+ deutlich steigen.
3 V
erstärkte Regulierung (Solvency II und Regulierung
des Vertriebs)
Die abermals verschobene, aber anstehende Einführung der Solvency-II-Regularien
wird zu einer Notwendigkeit der Zunahme der Eigenkapitalausstattung der
Lebensversicherer führen. Langfristige Garantien, wie sie z. B. in der klassischen
Lebens- und Rentenversicherung ausgesprochen werden, sowie bestimmte
Assetklassen in der Kapitalanlage (z. B. Aktien und Immobilien) werden
zusätzliche Eigenkapitalanforderungen bedingen, welche zu einer Reduktion
der ökonomischen Renditen und dem Erfordernis von Kapitalaufnahmen bzw.
-thesaurierungen führen. Möglichkeiten, die Auswirkungen von Solvency II
abzumildern, werden bereits von Lebensversicherungsunternehmen angewendet
oder sind in der Diskussion. Dazu zählen Strategien, die das Neugeschäft stark
oder ausnahmslos in die fondsgebundene Variante umlenken, da diese aufgrund
der Risikotragung der Kapitalanlage durch den Versicherungsnehmer eigen­
kapital­schonender ist. Dem widerstrebt allerdings das Kundenbedürfnis nach
Sicherheit, so dass dies insbesondere im Retailvertrieb nur durch umfassende, aber
wiederum renditemindernde Absicherungsmechanismen möglich ist. Weiter in
der Diskussion stehen Modelle mit endfälligen und nicht jährlich darzustellenden
(Zins-)Garantien, z. B. in Form von Variable Annuities oder zeitlich begrenzten
Garantieverzinsungen wie in Frankreich. Hier waren jedoch erste Versuche am
Markt in Deutschland nicht erfolgreich.
Insgesamt muss daher derzeit davon ausgegangen werden, dass die Solvency-IIAnforderungen im Gesamtmarkt zu einer weiteren Reduktion der Renditen für die
Anbieter und/oder zu einem weiteren Rückgang des Neugeschäfts führen werden.
Auch jenseits der Solvency-Vorschriften müssen sich die Lebensversicherer
auf weitere Regulierungen einstellen. So wird z. B. eine weitere Regulierung
des Vertriebs insbesondere für Lebensversicherungsprodukte gegenwärtig auf
europäischer Ebene diskutiert und in diesem Zuge über eine Offenlegung der
tatsächlichen und nicht nur der rechnerischen Provisionen nachgedacht. Erhebliche
Auswirkungen dürften auch eine Abschaffung der Abschlussprovisionen und eine
Umstellung auf laufende Provisionen insbesondere für den lebens­versicherungs­
lastigen Vertrieb haben. Die Diskussionen haben zwar noch keine konkreten
Auswirkungen, klar ist aber, dass der Vertrieb gerade für Lebensversicherungsprodukte zukünftig auch vonseiten des Regulators tendenziell eher eingeschränkt
bzw. weniger attraktiv gemacht wird.
6
egenwärtig besteht die Bevölkerung zu 19 Prozent aus Kindern und jungen Menschen unter
G
20 Jahren, zu 61 Prozent aus 20- bis unter 65-Jährigen und zu 20 Prozent aus 65-Jährigen und
Älteren. Im Jahr 2060 wird bereits jeder Dritte (34 %) mindestens 65 Jahre alt sein, vgl. Statistisches
Bundesamt, Bevölkerung Deutschland bis 2060.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 15
Ausgangssituation der Lebensversicherung
4 Gegenwärtige Situation im LV-Markt
Der Gesamtmarkt Leben ist in den letzten acht Jahren mit knapp 3 Prozent jährlich
(CAGR) gewachsen – war jedoch 2011 rückläufig. Diese Tendenz gilt aber nicht
für alle Marktsegmente: Einer der Wachstumstreiber in der Lebensversicherung
(LV) war die betriebliche Altersversogung (bAV), die mit über 5 Prozent jährlich
gewachsen ist (Abbildungen 2a und 2b):
Abb. 2aEntwicklung Bestand Leben und bAV
Ø Wachstums­rate
Bestand
(2003–2011)
in Mrd. €
68,6
70,3
79,6
85,2
75,2
78,5
79,0
64,6
67,4
67,6
67,8
73,1
90,4
86,8
3,0 % p. a.
77,7
73,7
2,6 % p. a.
5,1 % p. a.
59,8
60,2
8,8
10,1
10,6
11,1
11,4
11,8
12,1
12,7
13,1
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
14,2
14,0
15,1
Anteil bAV (in %) gesamt
12,8
14,4
14,1
14,1
14,4
14,8
bAV
andere LV-Segmente
Quelle: GDV, Stand 2011
Abb. 2bAufteilung Bestand Leben nach Produktkategorien 2011
86,8 Mrd. € Bestand Leben gesamt
Riester-Rente (2. Schicht)
6,1 %
bAV (2. Schicht)
15,1 %
Quelle: GDV, Stand 2011
16 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Basis-Rente (Rürup)
(1. Schicht)
3,2 %
LV/RV und sonstige LVProdukte (3. Schicht)
75,6 %
Ausgangssituation der Lebensversicherung
Die Lebensversicherungsbeitragseinnahmen gesamt ohne bAV hatten insbesondere
in den Jahren 2009 und 2010 erhebliche Zuwächse gegenüber dem Vorjahr, was vor
allem auf das explodierende Einmalbeitragsgeschäft aufgrund der Kapital­markt­
situation (insbesondere die Attraktivität von kurzfristigen „LV-Parkprodukten“)
zurückzuführen ist. Dieser Trend wurde schon 2011 unterbrochen und wird sich
wahrscheinlich auch nicht wiederholen. Die bAV-Entwicklung ist dagegen sehr
konstant und konnte ihren Anteil an den Gesamtprämieneinnahmen kontinuierlich
ausbauen.
Tab. 1Beitragsaufkommen und Potenzial von Lebensversicherern in den Segmenten
Lebens­versicherungs­
segment
Anteil am Beitragsaufkommen Leben
insgesamt 2011 (GDV)
Zukunftsaussichten
Lebens- und Renten­
versicherungen
78 %
Gegenwärtig laufen viele LVs aus; zukünftig wird diese Entwicklung durch Auslaufen
neu­geschäfts­starker Abschlüsse aus den 1970/80er-Jahren forciert; aktuelles
Neu­geschäft und Wieder­anlage­management können Abläufe nicht annähernd
kompensieren.
Versicherungen zur
Risiko­absicherung
(Risiko- und Pflege-LV
sowie BU)
7 %
Sensibilisierung der Notwendigkeit des vermehrten Risiko­schutzes nimmt sehr
langsam zu; auch wenn dies in eine Zunahme des Neugeschäfts mündet, werden
die Beitrags­aufkommen der LV insgesamt nicht signifikant erhöht.
15 %
Seit dem Rechtsanspruch auf Entgelt­umwandlung (2002) stetig steigendes
Beitrags­aufkommen und konstantes Neugeschäft, „junge Bestände“ führen zu
stetig steigendem Beitrags­aufkommen und größer werdender Bedeutung für die
Lebens­versicherer.
betriebliche
Altersversorgung
Quelle: GDV, PwC-Research, Stand 2012
Die Herausforderung für die Lebensversicherer wird es nun sein, einen möglichst
großen Teil der Ablaufsummen von Lebensversicherungen im eigenen Haus zu
behalten, was im Marktdurchschnitt mit einem mehr oder weniger systematischen
Ablaufmanagement bisher nur bei durchschnittlich ca. zehn Prozent der
auslaufenden Verträge gelingt.
Somit besteht die Notwendigkeit für einen Lebensversicherer, weitere Wachstums­
felder in der Lebensversicherung zu identifizieren, welche den Rückgang des
Beitrags­aufkommens (gebuchte Bruttobeiträge) kompensieren könnten. Die
Versicherungen zur biometrischen Risikoabsicherung (Risiko-LV, Pflege-RV
und BU) als die Kernkompetenz und das Alleinstellungsmerkmal eines Lebens­
versicherers sind bisher anteilig am Beitragsaufkommen eher gering und werden
auch nicht der volumenstarke Wachstumsmotor der Zukunft sein.
Die bAV hingegen bietet ein attraktives Wachstumsfeld für einen Lebensversicherer.
Sie stellt bereits jetzt fast ein Sechstel der Beitragseinnahmen und verfügt strukturund wettbewerbsbedingt über eine Reihe von Vorteilen, die in der aktuellen
Markt­situation sehr wertvoll sind. Daher lohnt sich für jeden Lebensversicherer ein
weitergehender, detaillierter Blick auf diesen Markt, seine Besonderheiten und vor
allem seine Potenziale.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 17
Wachstumsmarkt bAV
CWachstumsmarkt bAV
18 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Wachstumsmarkt bAV
Aus unserer Sicht stellt die bAV derzeit das wichtigste potenzielle Wachstumsfeld
für Lebensversicherer in Deutschland dar. Dies zeigt sich sowohl an der
Entwicklung der einzelnen Durchführungswege als auch an den dahinterstehenden
Treibern.
Kurzbeschreibung der
Charakteristika der bAV sowie
Exkurs Zeitwertkonten
Die bAV differenziert sich in dreierlei
Weise: nach der Art der Zusage, der
Art der Finanzierung und der Form
des Durchführungsweges. Neben
diesen Charakteristika werden
im Folgenden zudem im Exkurs
Zeitwertkonten beschrieben.
Art der Zusage
Bei der Leistungszusage wird eine
bestimmte Rentenhöhe garantiert;
bei der beitragsorientierten
Leistungszusage wird ein bestimmter
Beitrag für den Aufbau der bAV
garantiert. Die Beitragszusage mit
Mindestleistung ist eine Mischform.
Art der Finanzierung
Bei der arbeitgeberfinanzierten
bAV übernimmt der Arbeitgeber die
Zahlungen der bAV; bei der arbeit­
nehmer­finanzierten bAV finanziert
der Arbeitnehmer die bAV komplett
allein (Entgeltumwandlung); eine
Kombination aus beidem ist die Misch­
finanzierung.
Form des Durchführungsweges
Bei der Direktzusage verpflichtet sich
der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer
eine vereinbarte Leistung zu zahlen
(Abbildung über Bildung von Pensions­
rückstellungen/Innenfinanzierung
7
beim Unternehmen); für die Direkt­
zusage ist PSV-Beitrag7 fällig.
Die Direktversicherung ist eine
versicherungs­förmige Lösung
nach Art der Lebensversicherung
(Abbildung durch ein Lebens­
versicherungs­unternehmen und
dadurch Versicherungsaufsicht);
der Arbeitgeber schließt für den
Arbeitnehmer einen Einzel- oder
Gruppen­vertrag ab; die Direkt­
versicherung ist das bevorzugte
Produkt für die Entgeltumwandlung.
Die Pensionskasse ist eine Alters­
versicherungs­organisation, für
die ähnliche Vorschriften wie für
einen Lebensversicherer gelten, z. B.
hinsichtlich des Aufsichtsrechts. Es
wird zwischen unternehmenseigenen
und unternehmensübergreifenden
Pensions­kassen (von Versicherern
gehaltene Pensionskassen)
unterschieden; die Pensionskasse
ist ein Produkt für die Entgelt­
umwandlung.
Die Unterstützungskasse ist eine
eigenständige Organisation in Form
einer GmbH, einer Stiftung oder eines
Vereins, die die Durchführung der
bAV für den Arbeitgeber übernimmt.
Sie unterliegt nicht der Versicherungs­
aufsicht und ist auch in der Anlage
ihres Vermögens frei. Die Art der
Finanzierung kann in Form von
Entgelt­umwandlung und/oder
arbeitgeberfinanziert geregelt werden.
Unterstützungs­kassen sind häufig
rückgedeckt, der PSV-Beitrag wird
jedoch auch dann fällig.
Der Pensionsfonds ist ebenfalls
rechtlich selbstständig, wobei auch
er nicht den strengen Restriktionen
der Lebensversicherer unterliegt.
Pensions­fonds sind frei in der
Kapital­anlage und investieren
gewöhnlich einen höheren Anteil
in Aktien als andere Formen der
bAV. Pensionsfonds können sowohl
für Entgeltumwandlung als auch
zur Auslagerung von Pensions­rück­
stellungen genutzt werden. Der PSVBeitrag beziffert sich lediglich auf ein
Fünftel des „normalen“ Beitrags.
Exkurs Zeitwertkonten
Zeitwertkonten sind eine Form
der Entgelt­umwandlung, mit der
keine zusätzliche Rente, sondern
ein vorzeitiges Ausscheiden aus
dem Arbeitsleben oder Sabbaticals
„finanziert“ werden können. Insofern
sind Zeit­wertkonten ein Substitut
und damit Wettbewerbsprodukt für
die Entgeltumwandlung z. B. über
eine Direktversicherung oder eine
Pensionskasse.
as Betriebsrentengesetz schreibt für die Finanzierung der vom Pensionssicherungsverein auf
D
Gegenseitigkeit (PSVaG) aufgrund von Insolvenzen zu übernehmenden betrieblichen Alters­
versorgung vor, dass die Beiträge der Vereinsmitglieder (z. B. Unternehmen mit Direktzusage,
Unterstützungs­kassen, anteilig Pensionsfonds) den Schadenaufwand decken müssen.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 19
Wachstumsmarkt bAV
1 E
ntwicklung der bAV in den verschiedenen
Durchführungswegen
Die Entwicklung der einzelnen Durchführungswege lässt sich am besten anhand
der Bestandsentwicklung skizzieren. Die Bestände8 der einzelnen Durch­f ührungs­
wege unterscheiden sich stark in ihrer Bedeutung (siehe Abbildung 3).
Abb. 3 Entwicklung Bestand bAV in den versicherungsförmigen Durchführungswegen
in Mrd. EUR Beitragseinnahmen
Direktversicherung
4,5
4,6
4,5
4,7
2003
2004
2005
2006
4,9
5,3
5,4
5,7
6,2
2007
2008
2009
2010
2011
• wichtigster Durchführungsweg der
versicherungsförmigen
bAV
Pensionskasse
1,1
2003
2,0
2,3
2,5
2,7
2,7
2,7
2,7
2,8
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
• dynamische
Entwicklung des
Bestandes bis 2007
• ab 2008 stagnierender
Bestand
Rückdeckungsversicherung
3,3
3,4
3,6
3,4
3,6
3,7
3,8
3,9
4,1
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
• leichtes, aber
konstantes Wachstum
des Bestandes
Pensionsfonds
0,0
0,1
0,1
0,8
0,7
0,5
2003
2004
2005
2006
2007
2008
1,0
0,4
2009
2010
0,8
2011
• Bestandsentwicklung
sehr volatil und stark
durch Einmalbeiträge
getrieben
Quelle: GDV, Stand 2011
8
20 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
In den GDV-Statistiken sind sowohl beitragsfrei gestellte, privat weiter besparte als auch Verträge
von geringfügig Beschäftigen und Azubis enthalten.
Wachstumsmarkt bAV
Die Direktversicherung ist mit Abstand der Durchführungsweg mit dem größten
Bestand (2011:6,2 Mrd. Euro). Die Pensionskassen erlebten zwar eine dynamische
Entwicklung des Bestandes bis 2005, seitdem stagniert dieser jedoch aufgrund
der steuerlichen Gleichstellung mit der Direktversicherung und dem seither stark
rückläufigen Neugeschäft. Die Rückdeckungsversicherung erzielt seit Jahren ein
kontinuierliches Wachstum, von 3,3 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf 4,1 Mrd. Euro im
Jahr 2011. Die Bestandsentwicklung des Pensionsfonds ist dagegen aufgrund des
hohen Anteils des Einmalbeitragsgeschäfts sehr volatil und stark beeinflusst von
Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklungen.
2 T
reiber für die Entwicklung der bAV
Die positive Entwicklung in der bAV kommt nicht zufällig. Trotz der schwierigen
Situation in der Lebensversicherung gibt es einige Faktoren, die der bAV eine
gewisse Sonderrolle und zudem Vorteile gegenüber Alternativformen verschaffen.
Im Wesentlichen sind dies sechs Treiber:
1.Ungebrochener Trend eines steigenden Bedarfs an Altersvorsorge
Wie schon vorher ausgeführt, führt der demografische Wandel über zwei Hebel
zu einer weiterhin steigenden Nachfrage nach Altersvorsorge. Zum einen führt
er über die Verschiebung der Alterspyramide zwingend zu einem weiteren
Rückgang der Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, welcher über
die private und betriebliche Alters­versorgung kompensiert werden muss. Zum
anderen führt die immer weiter steigende Lebenserwartung zu einem höheren
benötigten Kapitalstock bei Renteneintritt. Beide Effekte zusammen erhöhen die
Nachfrage nach Vorsorge über die zweite und dritte Schicht.
2.Produktbezogene Vorteile
Neben der reinen Rentenhöhe ist insbesondere das Langlebigkeitsrisiko
von besonderer Bedeutung in der Altersvorsorge. Hier hat die bAV
als versicherungsförmige Lösung der Entgeltumwandlung ein
Alleinstellungsmerkmal gegenüber Banken und Fondsanbietern, da nur sie neben
der Pensionszusage eine lebenslange Rente sicherstellen kann.
3.Steuerliche Behandlung
Wie früher im Einzellebensversicherungsgeschäft genießt die bAV gegenüber
anderen Vorsorgeformen steuerliche Vorteile. Bis zu einem Betrag von
374 Euro (4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze West 2012 der gesetzlichen
Rentenversicherung zuzüglich 150 Euro) monatlich ist die Entgeltumwandlung
steuerfrei und unterliegt bei der Auszahlung der nachgelagerten Besteuerung.
Am Beispiel der privaten Vorsorge hat sich gezeigt, dass dieser Vorteil
erheblichen Einfluss auf die Neugeschäftsentwicklung haben kann.
4.Sozialabgabenfreiheit
Neben der steuerlichen Behandlung wird die Entgeltumwandlung auch
hinsichtlich der Sozialabgaben bevorteilt. Bis zu einem Betrag von 224 Euro
(4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze West 2012 der gesetzlichen Renten­
versicherung) ist die Entgeltumwandlung sozialabgabenfrei, wobei bei der
Auszahlung der Rente Sozialabgaben in Form von Krankenversicherungs­
beiträgen9 geleistet werden müssen.
9
Zumindest dann, wenn der Empfänger der bAV-Rente gesetzlich krankenversichert ist.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 21
Wachstumsmarkt bAV
5. Förderung durch Arbeitgeber
Neben der reinen Gehaltshöhe etablieren sich zunehmend weitere Faktoren bei
der Auswahl des „richtigen“ Unternehmens durch qualifizierte Fachkräfte. Der
voranschreitende Fach- und Arbeitskräftemangel führt dazu, dass Unternehmen,
die sich im „War for talents“ gut positionieren wollen, die bAV als Arbeitnehmerbindungs- bzw. Rekrutierungsinstrument erkannt haben und mit Zuschüssen,
z. B. in Höhe der gesparten Sozialbeiträge bei der Entgeltumwandlung oder sogar
darüber hinaus, einsetzen.
6.Staatliche Förderung
Die aktuelle Diskussion zeigt einmal mehr, dass die Altersvorsorge ein politisch
wichtiges und gern instrumentalisiertes Thema ist. Darüber hinaus ist es für den
Staat und die Gesellschaft von geradezu existenzieller Bedeutung, die private
Vorsorge und vor allem die bAV über die kommenden Jahre und Jahrzehnte
zu stärken und als dominierende Säulen neben einer gesetzlichen Basisrente
auszubauen. Dies wird letztlich nur durch eine noch intensivere Aufklärung und
finanzielle Förderung dieser Formen zu erreichen sein und der bAV damit einen
zusätzlichen Schub verleihen.
Insgesamt besitzt nur die Riester-Rente (nicht die Produkte der dritten Schicht)
eine ähnliche steuerliche Bevorzugung wie die bAV; die Riester-Rente bietet jedoch
keine Sozialabgabenfreiheit und wird zudem auch zunehmend als Bausparkassen-,
Fondsgesellschafts- und Bankenlösung verkauft.10 Die bAV insgesamt, an der nicht
einmal die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer
partizipiert, ist für den Kunden somit die attraktivste Möglichkeit, die Einschnitte
im gesetzlichen Rentensystem zu kompensieren, und bietet daher ein großes zu
erschließendes Potenzial für Versicherungsunternehmen.
Exkurs – wann lohnt sich die bAV im Vergleich zu Riester?
In der Diskussion rund um das Wachstums­feld bAV stellt sich die Frage, wann
die bAV vorteilhafter als eine Riester-Lösung ist. Grundsätzlich sind beide
Möglichkeiten der Alters­vorsorge im Rahmen des Drei-Schichten-Modells
abschließ- bzw. kombinierbar. Entsprechend gilt, dass beim Vorhandensein
einer Riester-Rente die bAV immer eine sinnvolle Ergänzung ist, da durch
Riester-Verträge allein die zukünftige Renten­lücke nicht kompensierbar
ist. Falls die Höhe des individuellen Einkommens eine Kombination beider
Alters­vorsorge­modelle nicht zulässt, ist die Frage der Vorteilhaftigkeit
(insbesondere Steuer- und/oder Sozial­abgaben­f reiheit) stark abhängig von der
jeweiligen Einkommens- und Familien­situation.
Tendenziell ist die bAV vorteilhafter als Riester, wenn der Nachfrager
• Alleinverdiener bzw. Single ist und keine Kinder vorhanden sind,
• verheiratet ist, der Ehepartner (Doppelverdiener) auch arbeitet und keine
Kinder vorhanden sind,
• ein Einkommen über dem Durchschnitt erzielt.
Tendenziell ist Riester vorteilhafter als die bAV, wenn der Nachfrager
• verheiratet ist und Kinder sowie ein eher geringes bis durchschnittliches
Einkommen vorhanden sind (je höher die Kinderzahl, desto eher wird auch
für mittlere bis hohe Einkommen Riester attraktiver),
• nicht erwerbstätig und verheiratet ist.
10
22 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
D
er Absatz der versicherungsförmigen Riester-Lösungen zeigt sich gegenwärtig sehr schwach.
Gegenüber dem ersten Quartal 2012 hat sich die Anzahl des Bestandes im zweiten Quartal nur um
2.000 Verträge erhöht, wohingegen Wohn-Riester einen Zuwachs von 67.000, Bank-Riester eine
Zunahme von 13.000 und Fonds-Riester einen Zuwachs von ebenfalls 2.000 Verträgen aufweisen,
vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
DMarktpotenzial der bAV/Entgelt­
umwandlung
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 23
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Im Abschnitt zum Marktpotenzial der bAV/Entgeltumwandlung werden das
PwC-Modell kurz skizziert, wesentliche Ergebnisse der Analyse aufgezeigt, die
16 Branchen nach der Attraktivität der bAV/Entgeltumwandlung bewertet sowie
abschließend Kernthesen als Zusammenfassung des Marktmodells aufgestellt.
1 Das PwC-Modell
Zur Ermittlung der Potenziale hat PwC ein umfassendes Marktmodell zur
Identifikation und strukturellen Einordnung des bAV-Marktpotenzials sowohl
nach Personen (sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer) als auch
nach absoluten Volumina (Euro) mit einer Fokussierung auf Entgeltumwandlung
entwickelt (Abbildung 4).
Abb. 4 Modell PwC-Potenzialanalyse bAV/Entgeltumwandlung
Input
Daten sammeln
Destatis: Arbeitskosten (bAV)
Arbeitsagentur: Unternehmen
BDA: bAV Tarifverträge
Eurostat: Beschäftigte
Sonstige
Modell/Annahmen
Daten transformieren
Modell
• Gehälter nach Branchen und
Größen
• Gehaltsverteilung
• Tarifbindung/Verteilung nach
Unternehmensgrößenklassen
• Hochrechnung auf 2011/2012
Annahmen:
• Gehaltsgrenze, ab der
umgewandelt wird (1.500 €)
• Umwandlungsniveau
• …
Output/Potenziale
Ergebnisse analysieren
• bAV-Durchdringung nach Anzahl
der AN
• bAV-Durchdringung nach UNGrößen für AN und UN
• Aufteilung der bAV-Finanzierung
• bAV-Potenzial nach AN und in €
nach 5 verschiedenen Hebeln
• bAV-Potenzial nach UN-Größen
in €
• Detailanalysen der bAV-Attribute
von 16 Branchen
Als Datengrundlage des Modells diente die Arbeitskostenerhebung bAV von Destatis
aus dem Jahr 2008, zusammen mit Daten aus einer Vielzahl weiterer Quellen
(wie z. B. Bundesagentur für Arbeit, Eurostat, TNS Infratest, Bundesvereinigung
Deutscher Arbeitgeberverbände, Bundesministerium für Arbeit und Soziales
sowie GDV). In der Potenzialbetrachtung wurden Arbeitnehmer erst ab einem
Einkommen von mehr als 1.500 Euro brutto monatlich berücksichtigt. Grund
hierfür ist die Annahme, dass bei einem Einkommen unterhalb von 1.500 Euro
monatlich wenig Potenzial vorhanden ist, zusätzlich einen Altersvorsorgevertrag in
Form einer bAV zu besparen.
24 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Die Daten wurden bezüglich der bAV-Durchdringung (welche Unternehmen
bzw. Arbeitnehmer besitzen eine bAV?) sowie der absoluten Arbeitnehmer- und
Unternehmens­zahlen auf den Stand 2011/2012 transformiert und tarifvertragliche
Lösungen zur bAV in das Modell integriert. Durch dieses Verfahren lassen sich die
folgenden Auswertungsebenen generieren:
1. die bAV-Durchdringung im Gesamtmarkt nach Anzahl der Arbeitnehmer;
2.die bAV-Durchdringung im Gesamtmarkt nach Unternehmensgrößenklassen für
Arbeitnehmer und Unternehmen;
3.eine Analyse der Finanzierungsformen der bAV nach arbeitnehmer- und
arbeitgeberfinanzierter bAV;
4.ein bAV-Potenzial im Gesamtmarkt nach Anzahl der Arbeitnehmer und in Euro
nach fünf verschiedenen Hebeln, d. h. Möglichkeiten, diese Potenziale zu heben;
5.ein bAV-Potenzial nach Unternehmensgrößenklassen in Euro;
6.eine detaillierte Bewertung bzw. Analyse von 16 Branchen jeweils im Hinblick
auf Attraktivität und Erreichbarkeit sowie weitere Parameter bei den als attraktiv
klassifizierten Branchen.
In Summe können so die einzelnen bAV-Durchdringungen und Potenziale auf einer
sehr granularen Unternehmensebene ausgewiesen werden und somit als Basis
für die strategische Positionierung wie auch die vertrieblichen Aktivitäten der
jeweiligen Anbieter dienen.
2 E
rgebnisse der PwC-Studie
Im Folgenden werden die Ergebnisse der PwC-Studie entlang der oben
beschriebenen Auswertungsebenen dargestellt. Dabei haben wir bewusst darauf
verzichtet, sämtliche Datenberechnungen in dieser Studie darzustellen. Wir
konzentrieren uns vielmehr auf einige der relevantesten Auswertungen und
Datenausschnitte, insbesondere für die Detailanalyse einzelner Branchen. Im
Anhang haben wir zudem für eine der 16 Branchen dargestellt, welche Daten in
welchem Detailgrad für welche Auswertungsebenen grundsätzlich vorhanden bzw.
möglich sind.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 25
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
12,8
Mio.
Arbeitnehmer besitzen
noch keine bAV
2.1 A
ufschlüsselung der bAV-Durchdringung nach
Arbeitnehmern
Die folgende Abbildung 5 zeigt auf, wie viele sozialversicherungspflichtig
beschäftigte Arbeitnehmer bereits über eine bAV verfügen und wie viele noch ohne
eine bAV sind.
Abb. 5 Aufschlüsselung der bAV-Durchdringung nach Arbeitnehmern
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte AN in Mio.
3,0
5,1
5,0
25,9
22,9
12,8
sozial­ver­si­che­
rungs­pflichtig
beschäftigte AN
(ohne Azubis)
AN in nicht
adressierbare AN
adressierbaren
Branchen1
Entgeltumwandlung
1
Alle geringfügig beschäftigten
Arbeitnehmer, Auszubildenden sowie die
Branchen Landwirtschaft, öffentliche
Verwaltung, Erziehung und private
Haushalte werden in den Analysen des
Potenzial­modells nicht berücksichtigt.
AN ohne bAV
rein AG-finanziert
Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung, private Haushalte
Die Studie fokussiert sich auf die 25,9 Mio. sozial­versicherungspflichtig
beschäftigten Arbeit­nehmer. Vom Ausgangspotenzial sind drei Mio. Arbeitnehmer
als nicht adressierbar abzuziehen, da diese Branchen (Landwirtschaft, öffentliche
Verwaltung und private Haushalte) fast vollständig durchdrungen sind oder es
vorgeschriebene Lösungen gibt.11 Von den verbleibenden 22,9 Mio. adressierbaren
Arbeitnehmern besitzen 10,1 Mio. Arbeitnehmer eine bAV. Davon nutzen 5 Mio.
eine Entgeltumwandlung (z. T. mit einem Arbeitgeberzuschuss). Weitere 5,1 Mio.
haben eine ausschließlich arbeitgeber­f inanzierte bAV. 12,8 Mio. Arbeitnehmer,
somit 56 Prozent der sozial­versicherungs­pflichtig beschäftigten, adressierbaren
Arbeitnehmer aber besitzen noch gar keine bAV und sind damit in erster Definition
die Zielgruppe zur Erschließung des bAV-Marktes.
11
26 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
AN mit bAV
E
twa über berufsständische Versorgungswerke.
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
2.2 b
AV-Durchdringung nach Unternehmensgröße
Die Durchdringung schwankt jedoch erheblich bei Arbeitnehmern wie bei
Arbeitgebern, wenn man sich die Werte nach Unternehmensgrößenklassen ansieht
(Abbildung 6).12
Abb. 6 bAV-Durchdringung nach Unternehmensgröße, Arbeitnehmer/Unternehmen mit bAV
Anzahl
AN in Mio.
AG-Größe
63 %
6,1
55 %
2,0
49 %
2,1
27 %
4,5
Arbeitnehmer
500–999 AN
100 %
93 %
50–249 AN
32 %
3,4
22,9
100 %
250–499 AN
39 %
4,8
> 1000 AN
44 %
88 %
10–49 AN
76 %
1–9 AN
39 %
gesamt
44 %
Unternehmen
44 %
aller Unternehmen sowie
aller Arbeitnehmer verfügen
insgesamt über eine bAV12
Insgesamt verfügen 44 Prozent aller Unternehmen sowie 44 Prozent aller Arbeit­
nehmer über eine bAV12, wobei diese Übereinkunft der Gesamtzahl rein zufällig ist,
wie die sehr unterschiedlichen Ausprägungen bei den verschiedenen Größen nach
Anzahl der Arbeitnehmer zeigen. Mit Fokus auf die Unternehmen wird deutlich,
dass ein besonders hohes Potenzial in kleinen und mittleren Unternehmen,
insbesondere mit bis zu 49 Arbeitnehmern, anzufinden ist. So bieten 61 Prozent
der Unternehmen bis 9 Arbeitnehmern und 24 Prozent der Unternehmen von
10 bis 49 Arbeitnehmern keine bAV an. In diesen Unternehmen arbeiten insgesamt
7,9 Mio. Arbeitnehmer, von denen 5,6 Mio. bzw. 71 Prozent ohne bAV sind. In den
größeren Unternehmen wird die Anzahl der Unternehmen, die keine bAV anbieten,
deutlich kleiner, ab einer Unternehmensgröße von über 500 Arbeitnehmern
gewährt de facto jedes Unternehmen eine bAV, aber auch dort sind noch Potenziale
bei den Arbeitnehmern vorhanden. So haben auch 37 Prozent der Arbeitnehmer bei
Großunternehmen (> 1.000 Arbeitnehmer) noch keine eigene bAV.
12
usgenommen sind die Branchen Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung, private
A
Haushalte.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 27
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Insgesamt zeigt sich somit, dass die bAV-Thematik, von Kleinunternehmen
abgesehen, heute in der Breite von den Arbeitgebern aufgenommen worden ist.
Genauso zeigt sich jedoch auch, dass hinsichtlich der Durchdringung einzelner
Unternehmen noch erhebliche Potenziale bestehen. Der Arbeitgeber ist somit ein
wichtiger, notwendiger Bestandteil bei der bAV-Durchdringung, jedoch sind es
die Mobilisierung und Durchdringung der Arbeitnehmer, die das hinreichende
Kriterium für den Markterfolg bilden.
Über
30 Mrd. €
werden in Deutschland jährlich
für die bAV aufgewendet
2.3 Aufteilung der bAV-Finanzierung
Über 30 Mrd. Euro werden in Deutschland jährlich für die bAV aufgewendet.
Eine Analyse der Aufteilung der bAV-Finanzierung nach Arbeitnehmern bzw.
Arbeitgebern (siehe Abbildung 7) zeigt13, dass in der Direktversicherung der
Arbeitnehmer­anteil bei knapp zwei Dritteln liegt, wohingegen bei anderen
Durchführungswegen der Arbeitgeberanteil den der Arbeitnehmer teilweise
deutlich übersteigt. Insbesondere in der Pensionskasse erscheint der Arbeitgeber­
anteil bei erster Betrachtung als relativ hoch, da die Pensionskasse als
Versicherungs­lösung ebenso wie die Direktversicherung in der Entgelt­umwandlung
eingesetzt wird. Allerdings enthält die Betrachtung bei den Pensionskassen auch
die betrieblichen Pensionskassen, welche naturgemäß einen höheren Anteil
arbeitgeber­f inanzierten Geschäfts enthalten.
Abb. 7 Aufteilung der bAV-Zuwendungen
Über 30 Mrd. € jährliche bAV-Aufwendungen über alle Durchführungswege
7 %
21 %
34 %
30 %
39 %
64 %
93 %
79 %
66 %
70 %
Pensions-­­
kasse (inkl.
betrieblicher
Pensions­
kassen)
Unter­
stützungs­
kasse
61 %
36 %
gesamt
Direkt­
versicherung
P­ensions­fonds
Direktzusage
AG-finanziert
AN-finanziert (i. d. R. Entgeltumwandlung)
13
28 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
A
usgenommen sind die Branchen Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung, private
Haushalte.
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Es wird deutlich, dass durch den hohen Arbeitgeberanteil eine vertriebliche
Ansprache von bAV immer auch über den Arbeitgeber erfolgen muss. Der
gegenwärtige Wachstumstreiber der bAV ist – wie bei der Bestandsentwicklung
(Abbildung 3) aufgezeigt – die Direktversicherung mit einem hohen Anteil
arbeitnehmerfinanzierter Entgeltumwandlung. Insbesondere bei der
Direktversicherung, aber auch bei der Pensionskasse rückt die Ansprache des
Arbeitnehmers und seine Bereitwilligkeit, eigenfinanziert bAV zu betreiben,
immer stärker in den Vordergrund. Dies muss zukünftig auch stärker im Vertrieb
berücksichtigt werden. Bestehende Entgeltumwandlungsverträge, z. B. aus
Rahmenverträgen, müssen mit konsequenter Bestandsarbeit bei der Belegschaft
ausgebaut, Arbeitnehmer ohne jegliche Entgeltumwandlung für die bAV
sensibilisiert werden.
2.4 Potenziale der bAV im Gesamtmarkt
In einem weiteren Schritt wird das Potenzial nach Arbeitnehmern und Hebeln
analysiert.
Abb. 8 Aufschlüsselung des bAV-Potenzials nach Arbeitnehmern
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte AN in Mio.
bAV-Potenzial: Steigerung
Beiträge für bestehende Verträge
bAV-Potenzial: Neuverträge bei AN ohne bAV
Hebel 5
Hebel 4
Hebel 3
Hebel 2
4,0–4,8
0,8–1,2
Hebel 1
5,1
5,0
22,9
4,4–5,7
12,8
2,0–2,8
Adressier­bare AN
Entgeltumwandlung
AN mit bAV
AN ohne bAV
AG mit mind.
AG mit mind.
einer bAV-Lösung einer bAV­-Lösung
mit Tarif­vorbehalt
ohne Tarif­­vorbehalt
AG ohne bAVLösung mit
Tarif­vorbehalt
AG ohne bAVLösung ohne
Tarif­vorbehalt
rein AG-finanziert
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 29
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Betrachtet man die 12,8 Mio. Arbeitnehmer ohne bAV genauer, so fällt auf,
dass sich ganz unterschiedliche Voraussetzungen zur Adressierbarkeit dieses
Potenzials ergeben. Je nach Ausgangssituation lassen sich fünf verschiedene Hebel
unterscheiden:
1.Hebel 1: 2,0 bis 2,8 Mio. Arbeitnehmer sind ohne bAV, ohne Tarifvorbehalt
sowie bei einem Arbeitgeber beschäftigt, der noch keine bAV-Lösung für seine
Mitarbeiter anbietet. Dies bedeutet auf der einen Seite, dass es bei diesem Hebel
keinerlei tarifvertragliche Restriktionen oder Einstiegshürden für Versicherer
gibt. Auf der anderen Seite bedeutet dies auch, dass sowohl bei Arbeitnehmern
als auch bei Arbeitgebern mit erheblichem Aufklärungsaufwand zu rechnen ist.
2. Hebel 2: 0,8 bis 1,2 Mio. Arbeitnehmer sind ohne bAV, arbeiten jedoch bei
einem Arbeitgeber, der einem bAV-Tarifvorbehalt unterliegt, aber noch keine
bAV-Lösung für seine Mitarbeiter anbietet. Dies ist insofern ein interessanter
Hebel, als dass es für diese Mitarbeiter tarifliche Lösungen gibt, die jedoch
noch nicht zum Einsatz kommen. In diesen Fällen gilt es hierfür branchen- und
unternehmensbezogen die Gründe zu verstehen, um bedarfsgerecht ansetzen zu
können.
3.Hebel 3: 4,0 bis 4,8 Mio. Arbeitnehmer sind ohne bAV und ohne bAVTarifvorbehalt sowie bei einem Arbeitgeber beschäftigt, der schon mindestens
eine bAV-Lösung anbietet. Hier ist zu berücksichtigen, dass anders als bei Hebel
1 der Arbeitgeber bereits mit dem Konstrukt bAV in gewissem Maß vertraut ist,
gegebenenfalls aber auch schon über einen Wettbewerber besetzt ist.
4.Hebel 4: 4,4 bis 5,7 Mio. Arbeitnehmer sind ohne bAV, arbeiten jedoch bei einem
Arbeitgeber, der einem bAV-Tarifvorbehalt unterliegt und der seinen Mitarbeitern
schon mindestens eine bAV-Lösung anbietet. Dies ist aus Sicht eines Versicherers,
der nicht an der tarifvertraglichen Lösung beteiligt ist, sicher ein schwieriger
Hebel. Aktivitäten müssen daher vor allem branchenbezogen geplant werden.
Unsere Erfahrung zeigt, dass nicht alle Tarifvorbehalte hohe Einstiegshürden für
Wettbewerber darstellen, sondern im Gegenteil interessante Akquisitionsansätze
bieten. Dennoch muss gerade bei diesem Heben darauf geachtet werden, knappe
Vertriebskapazität effektiv einzusetzen.
5.Hebel 5: Steigerung der Entgeltumwandlung bei Beschäftigten mit bAV:
Ca. 10,1 Mio. Arbeitnehmer haben eine bAV; 5,0 Mio. davon haben eine bAV
in Form der Entgeltumwandlung. Dies ist vor allem der Hebel der klassischen
Bestandsarbeit, bei dem es vor allem darum geht, aufgrund von Bestands- und
Kundendaten die Arbeitnehmer mit dem größten Potenzial zu identifizieren und
an ihrer gehaltlichen Entwicklung durch die Erhöhung der Jahresbeiträge für die
Entgeltumwandlung zu partizipieren.
Insgesamt besteht also noch ein großes Potenzial an Arbeitnehmern ohne bAV
(Hebel 1 bis 4), die nach den verschiedenen Hebeln gegliedert sind. Für die spätere
Marktbearbeitung ist die Differenzierung der verschiedenen Hebel notwendig, um
dezidierte und passgenaue Ansätze zu entwickeln.
30 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Wie hoch das tatsächliche Potenzial in Form möglicher Beitragseinnahmen aus der
Entgeltumwandlung (in Euro) insgesamt und in den fünf verschiedenen Hebeln ist,
zeigt Abbildung 9.
Abb. 9Quantifizierung der Hebel zur Steigerung der Beitragseinnahmen Entgeltumwandlung
Mögliche Beitragseinnahmen in Mrd. €1
Hebel 1: Umwandlung von AN ohne
bAV bei AG ohne bAV und ohne
Tarifvorbehalt
2,0
60 %
Basierend auf
aktuellen Werten:
1,2
Hebel 2: Umwandlung von AN ohne
0,8
bAV bei AG ohne bAV mit TV 50% 0,4
Hebel 3: Umwandlung von AN ohne
bAV bei AG mit mindest. einer
bAV-Lösung ohne TV
Hebel 4: Umwandlung von AN ohne
bAV bei AG mit mindest. einer
bAV-Lösung mit TV
Hebel 5: Steigerung der Beiträge aus
bestehenden Verträgen
6,5
Mrd. €
Potenzial
3,7
40 %
1,5
30 %
1,5
5,0
6,3
30 %
1,9
Markt: Prämieneinnahmen aus Direkt­
versicherung und Pensionskasse 2011
(GDV)
8,9
theoretisches Potenzial: Umwandlung aller AN ohne bAV auf Ø-BBE; Ausnahme Hebel 5,
dort Beitragbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung West 2012
Modellannahme: realistische Ausschöpfungsquote des theoretischen Potenzials
Das realistische Gesamtpotenzial aus den fünf Hebeln beläuft sich auf 6,5 Mrd. € jährliche Prämieneinnahmen
(Markt: 8,9 Mrd. €).
1
Zur Berechnung der Potenziale wurden u. a. folgende Restriktionen beachtet:
• Umwandlung ab einem Monatsbrutto von 1.500 € (parametrisiert)
• Umwandlung auf durchschnittlichem Niveau (Ausnahme: Hebel 5)
• Alle geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer, Auszubildenden sowie die Branchen Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung
und private Haushalte werden in der Potenzialermittlung nicht berücksichtigt.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 31
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
6,5
Mrd. €
jährlicher Prämieneinnahmen für Versicherer
aus den fünf identifizierten Hebeln sind das
realistische bAV-Gesamtpotenzial
Über
70 %
mehr Beitragseinnahmen in Relation
zu den bisherigen Beitragseinnahmen
aus der Entgelt­umwandlung
Das realistische Potenzial in der Entgeltumwandlung besteht aus einem bAVGesamt­potenzial von zusätzlichen 6,5 Mrd. Euro jährlicher Prämieneinnahmen für
Versicherer aus den fünf identifizierten Hebeln. Dieses lässt sich über einen mittelbis langfristigen Horizont von drei bis sieben Jahren heben. Dies wäre ein Zusatz­
geschäft von über 70 Prozent in Relation zu den bisherigen Beitrags­einnahmen aus
der Entgeltumwandlung in Höhe von 8,9 Mrd. Euro.14 Somit erscheint die These,
dass die bAV ein attraktiver Wachstumsmarkt mit einem Potenzial von 6,5 Mrd.
Euro Beitrags­volumen für Versicherer ist, bestätigt. Die Berechnung des Potenzials
erfolgt in zwei Schritten, nämlich mithilfe der Definition eines theoretischen
(Schritt 1) und eines realistischen Potenzials (Schritt 2):
1.Schritt: Zur Bestimmung des theoretischen Potenzials wird angenommen, dass
alle Arbeitnehmer in den Hebeln 1 bis 4 auf bisherigem durchschnittlichem
Niveau umwandeln.15 Als Annahme wird definiert, dass eine Umwandlung
erst ab einem Monatsbrutto von mehr als 1.500 Euro stattfindet, da ansonsten
kein frei verfügbares Einkommen für die Entgeltumwandlung vorliegt. Eine
Umwandlung über die Bemessungsgrenze der Rentenversicherung West 2012
hinaus wird nicht berücksichtigt.
2.Schritt: Zur Bestimmung des realistischen Potenzials in der Entgeltumwandlung
wurden Annahmen über die Realisierbarkeit des theoretischen Potenzials (aus
dem Schritt 1) in den einzelnen Hebeln gemacht:
Tab. 2Annahmen zur Anpassung der Hebel für die Potenzialberechnung
Hebel
Theoretisches
Potenzial
(in Mrd. €)
Realistisches Potenzial
(in Mrd. € bzw.
Anpassung in %)
Annahmen zur Anpassung
1
2,0
1,2 (60 %)
am besten zu realisierender Hebel (60 %), da Arbeitgeber noch keine bAVLösungen anbietet und kein Tarifvorbehalt vorliegt
2
0,8
0,4 (50 %)
hohe Realisierungswahrscheinlichkeit mit 50 %, da Arbeitgeber zwar einem
Tarifvorbehalt unterliegt, aber noch keine bAV-Lösung anbietet
3
3,7
1,5 (40 %)
Realisierungsmöglichkeit mit 40 % eingeschränkter, da zwar kein Tarifvorbehalt
vorliegt, aber Arbeitgeber schon bAV-Lösungen anbietet
4
5,0
1,5 (30 %)
eingeschränkte Realisierungsmöglichkeit (30 %), da Arbeitgeber sowohl dem
Tarifvorbehalt unterliegt als auch mindestens eine bAV Lösung anbietet
5
6,3
1,9 (30 %)
Erhöhung der bereits bestehenden Direktversicherungen nur noch bei 30 % des
theoretischen Potenzials möglich, da verfügbares Einkommen etc. gegen eine
weitere Ausweitung sprechen
14
15
32 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
B
eitragseinnahmen GDV aus Direktversicherung und Pensionskasse 2011: 8,9 Mrd. Euro.
N
ur bei Hebel 5 wird eine Realisierung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen
Rentenversicherung West 2012 in Höhe von 2.688 Euro p. a. angenommen.
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
2.5 P
otenziale der bAV nach Unternehmensgrößen
Die möglichen Beitragseinnahmen, definiert als das realistische Potenzial, aus
den Hebeln 1 bis 4 verteilen sich sehr unterschiedlich auf die sechs verschiedenen
Unternehmensgrößen (siehe Abbildung 10).
Abb. 10Verteilung des Entgeltumwandlungspotenzials nach Unternehmensgrößen
mögliche Beitragseinnahmen in Mrd. €
(Hebel 1–4; realistisches Potenzial)
> 1000 AN
Unternehmensgröße
500–999 AN
250–499 AN
50–249 AN
10–49 AN
1–9 AN
gesamt
0,7
0,3
0,4
1,0
0,8
1,5
4,6
Die Verteilung des Potenzials der Hebel 1 bis 4 (adressierbare Arbeitnehmer ohne
bAV) in Höhe von 4,6 Mrd. Euro zeigt eine interessante Spreizung auf. Ca. ein
Drittel oder 1,5 Mrd. Euro des Potenzials liegen bei den Unternehmen mit 1 bis
9 Arbeit­nehmern, knapp 1,8 Mrd. Euro Potenzial besitzen die Unternehmen mit
10 bis 249 Arbeitnehmern. Die Unternehmensgrößen von 250 bis 999 Arbeit­
nehmern haben nur ein Potenzial von 0,7 Mrd. Euro, welches damit auf dem
Potenzialniveau der Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern liegt. Damit
wird einmal mehr deutlich, dass gerade in den unteren Unternehmens­größen­
segmenten die Potenziale für die Entgeltumwandlung liegen.
In kleineren Unternehmen besteht tendenziell das größte Potenzial in den Hebeln
1 und 2, da hier noch keine Arbeitgeberbindung an eine bAV-Lösung vorliegt. Der
höhere Anteil befindet sich sogar im Hebel 1, da kleinere Unternehmen tendenziell
weniger in Tarifverträgen organisiert sind. Bei großen Unternehmen besteht eher
ein Potenzial in den Hebeln 3 und 4, da sie tendenziell schon eine bAV-Lösung
anbieten.
ca.
1/3
des Gesamtpotenzials
liegt bei den Unternehmen
mit 1–9 Arbeitnehmern
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 33
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
3 B
ewertung der bAV-Attraktivität von 16 verschiedenen
Branchen
In einem nächsten Schritt der Marktanalyse werden 16 verschiedene Branchen im
Hinblick auf die Attraktivität für eine weitere Marktbearbeitung untersucht. Dafür
wurde ein Bewertungsansatz entwickelt, mit dem es möglich ist, die besonders
attraktiven Branchen zu ermitteln und u. a. mit einem „Branchen-Steckbrief“ und
anderen Informationen zu illustrieren.
3.1 Bewertungsansatz
Zur Beurteilung der Attraktivität verschiedener Branchen für ein im Entgelt­
umwandlungs­markt aktives Versicherungsunternehmen wurde ein Bewertungs­
modell mit zwei Hauptkriterien und jeweiligen Unterkriterien eingeführt.
1.K riterium: Die Attraktivität der Branche wird an der jährlichen
durchschnittlichen Entgeltumwandlung je sozialversicherungspflichtig
beschäftigten Arbeitnehmer ab einem Monatseinkommen von mehr als
1.500 Euro bewertet. Hier zeigt sich bereits eine deutliche Spreizung zwischen
einzelnen Branchen. Während im Gastgewerbe die durchschnittliche Höhe
der Entgeltumwandlung ca. 800 Euro beträgt, ist sie bei den freiberuflichen
Dienstleistungen mit 1.770 Euro mehr als doppelt so hoch.
2.K riterium: Die Erreichbarkeit des Potenzials in der Branche wird gemessen an
der bAV-Arbeitgeber- (1. Unterkriterium) und -Arbeitnehmerdurchdringung
(2. Unterkriterium). Hier stellt sich demnach die Frage, wie viele Unternehmen
bzw. Arbeitnehmer in der Branche schon eine bAV-Lösung besitzen. Je höher
diese Durchdringung bereits ist, desto geringer wird die Erreichbarkeit einer
weiteren Potenzialausschöpfung in dieser Branche bewertet. Als weitere
Messgröße wird ein qualitatives Kriterium (3. Unterkriterium) herangezogen,
welches die Stabilität sowie weitere Branchenspezifika bewertet. Die Stabilität
umfasst Faktoren wie die Fluktuation in der Branche, das Wachstum der
Branche (gemessen am Wachstum der Anzahl der sozialversicherungspflichtig
beschäftigten Arbeitnehmer – und damit potenziellen Zielkunden – in den
letzten drei Jahren) sowie die Fragmentierung der Branche, d. h. die Anzahl
verschiedener Unterbranchen. Je fragmentierter die Branche ist, desto
schwieriger ist ein fokussierter Ansatz umsetzbar.
34 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
3.2 Ergebnisse der Bewertung
Entlang dieser zwei Kriterien lassen sich die einzelnen Branchen abtragen,
wobei die Potenzialgröße bei der jeweiligen Branche, gemessen an der Summe
der dargestellten Hebel 1 bis 4, durch die Kreisfläche illustriert wird (vgl.
Abbildung 11).
Abb. 11 Bewertungsmodell attraktiver Branchen mit hohem Entgeltumwandlungspotenzial
Branche
B: Bergbau
C: verarb. Gewerbe
D: Energieversorgung
E: Wasserversorgung
F: Baugewerbe
G: Handel, KfZ
H: Verkehr, Lagerei
I: Gastgewerbe
J: Kommunikation
K: Finanzen,
Versicherung
L: Grundstückswesen
M: freib. Dienst­
leistungen
N: sonst. wirtschaftl. D.
Q: Gesundheit
R: Kunst, Unterhaltung
S: sonst.
Dienstleistungen
hohes Potenzial
Bewertung der Erreichbarkeit
(AG, AN, qualitativ)
hoch
M
R1
G
B
I
H
Q
E
L1
F
S
D
N
J
C
K
gering
650
850
1.050
1.250
1.450
1.650
Bewertung der Attraktivität
(Ø Umwandlung bei bestehenden Verträgen, in € p. a.)
1.850
Summe Hebel 1–4 attraktiver Branchen mit hohem Potenzial
Summe Hebel 1–4
1
L und R stellen zwar auf den ersten Blick hohes bAV-Potenzial dar, sind aber aufgrund der Größe nur schwer adressierbar.
Hier zeigt sich ein durchaus heterogenes Bild. Die Branche mit dem höchsten
absoluten Potenzial, das verarbeitende Gewerbe, weist durchaus attraktive
durchschnittliche Umwandlungs­beträge aus (ca. 1.500 Euro). Auf der anderen Seite
ist die Erreichbarkeit relativ gesehen deutlich geringer als bei anderen Branchen,
was u. a. an der bereits relativ hohen bAV-Durchdringung von 53 Prozent bei
Arbeitnehmern liegt. Auf der anderen Seite steht die Branche Gesundheit mit einer
attraktiven Erreichbarkeit, jedoch deutlich geringerer durchschnittlicher
Umwandlung, u. a. aufgrund des dort verhältnismäßig niedrigen Lohnniveaus.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 35
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Fünf von 16 Branchen sind besonders
attraktiv für die bAV/Entgelt­
umwandlung.
Berücksichtigt man Sondereffekte und die absolute Höhe des Potenzials16, bleiben
von den 16 Branchen in dieser Analyse fünf als besonders attraktiv übrig. Dies
sind die Branchen freiberufliche Dienstleistungen (M), Handel/Kfz (G), Verkehr/
Lagerei (H), Information und Kommunikation (J) und mit Einschränkungen das
Bau­gewerbe (F). Sie alle weisen überdurchschnittliche Entgelt­umwandlungs­
beträge aus und sind aufgrund der bestehenden Durchdringung und ihrer Markt­
entwicklung sowie -struktur vergleichsweise gut erreichbar.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich hier um einen Gesamtmarktblick
handelt, der am ehesten relevant ist für einen Versicherer, der in diesem Markt noch
nicht oder nur begrenzt vertreten ist. Für bestehende Anbieter mag sich im Einzel­
fall eine andere Schlussfolgerung ergeben, weil (z. B. aufgrund der bestehenden
Position in einzelnen Branchen) Restriktionen aufseiten der Erreichbarkeit anders
zu bewerten sind. Dennoch sollte jede strategische Diskussion über die weitere
Entwicklung des bAV-Geschäfts mit diesem Bild beginnen, zeigt es doch sehr gut
auf, wo sich weitere Aktivitäten und Maßnahmen am meisten lohnen können.
4 Detailanalyse der Branchen
Mit dem vorhandenen Datenmaterial können Branchen im Detail analysiert werden,
um zusammen mit dem Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen in den
Bereichen Produkt, Vertrieb und Service strategische Maßnahmen abzuleiten und
weiter auszugestalten. Dabei sind die folgenden Aspekte zu untersuchen:
1.Branchenprofil: Details zu der Branche, wie Beschäftigungsfelder bzw.
Unterbranchen, Arbeitnehmeranzahl und deren Entwicklung, bAV-Tarifbindung,
Durchschnittseinkommen und dessen Entwicklung, Durchschnittsumwandlung;
2.bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Unternehmen in der gesamten
Branche sowie differenziert nach Unternehmensgrößen sowie bAV-Potenzial
(Hebel 1 bis 5), also Konsequenz aus den vorgenannten Aspekten;
3.branchenspezifische Besonderheiten;
4.Schlussfolgerungen, insbesondere Herausforderungen in der
Potenzialrealisierung.
Je nach Versicherer sind es unterschiedliche Branchen, die bei dieser Analyse im
Fokus stehen werden. Sicher sind aber die fünf besonders attraktiven Branchen für
alle Marktteilnehmer von Interesse, weshalb wir sie in der Folge in der dargestellten
Form genauer analysieren.
16
36 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
S
onstige wirtschaftliche Dienstleistungen (N) mit keinem hohen Potenzial, da ein großer Anteil
dieser Branche aus Zeitarbeit besteht, welche eine hohe Fluktuation aufweist;
Grundstücks­wesen (L) sowie Kunst und Unterhaltung (R) stehen aufgrund der absoluten
Potenzialgröße nicht im Fokus.
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
4.1 B
ranche der Erbringung von freiberuflichen,
wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (M)
Die Branche der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und
technischen Dienstleistungen qualifiziert sich u. a. wegen der hohen Umwandlung
und des sehr geringen bAV-Tarifvorbehalts als eine von fünf attraktiven Branchen
für die bAV-Marktbearbeitung. Im Folgenden wird die Branche hinsichtlich ihrer
bAV-Charakteristika vorgestellt.
4.1.1 Profil der Branche M
Die Branche M besteht aus vielen teilweise recht unterschiedlichen Teilbranchen
wie Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Architekturbüros und Veterinär­
wesen, die sich jedoch alle durch ein überdurchschnittliches Bildungsniveau der
Arbeitnehmer auszeichnen. Die Branche umfasst 1,49 Mio. adressierbare
Arbeitnehmer (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, ohne Auszubildende).
Die Entwicklung der Anzahl der Arbeitnehmer zwischen 2008 und 2012 war mit
8,5 Prozent stark überdurchschnittlich und wurde nur von den Entwicklungen in
den Branchen Gesundheit (Q) und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (N)
übertroffen. Die Branche M weist eine besonders geringe bAV-Tarifdurchdringung
von nur 2 Prozent auf. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der adressierbaren
Arbeitnehmer in der Branche M beträgt 47.814 Euro und liegt damit deutlich
oberhalb des Durchschnittseinkommens aller Branchen. Zwischen 2008 und 2012
ist das Durchschnittseinkommen um 5,5 Prozent gestiegen. Die durchschnittliche
bAV-Umwandlung beträgt 1.770 Euro, was dem höchsten Wert für alle Branchen
entspricht. Tabelle 3 fasst die oben genannten Daten zusammen.
Tab. 3
Profil der Branche M
Branche M:
Freiberufliche, wissenschaftliche, technische
Dienstleistungen
Unterbranchen:
Rechts- und Steuerberatung, Wirtschafts­
prüfung, Unternehmensberatung, F&E,
Architekturbüros, Werbung, Marktforschung,
Veterinärwesen
Arbeitnehmeranzahl:
1,49 Mio. (+8,5 % zu 2008)
bAV-Tarifbindung:
2 %
Ø Jahresbrutto:
47.814 € (+5,5 % zu 2008)
Ø Umwandlung:
1.770 € p. a.
4.1.2 b
AV-Durchdringung und bAV-Potenzial in
der Branche M
Die bAV-Durchdringung der Branche M beträgt 38 Prozent aufseiten der
Arbeitnehmer und liegt damit unterhalb des Durchschnitts für alle Branchen.
930.000 adressierbare Arbeitnehmer (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte,
ohne Auszubildende) der Branche M haben somit noch in keiner Form eine bAV.
Auffällig ist, dass die bAV-Durchdringung in Kleinstunternehmen mit 1 bis 9
Arbeit­nehmern mit 33 Prozent im Vergleich zu anderen Branchen über­
durchschnittlich ist, während die Durchdringung in großen Unternehmen mit mehr
als 500 Arbeitnehmern mit knapp 50 Prozent unterdurchschnittlich ist.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 37
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Die bAV-Durchdringung bei Arbeitgebern liegt mit 55 Prozent über dem
Durchschnitt der betrachteten Branchen. Sie reicht von bemerkenswert hohen
53 Prozent bei Unternehmen mit 1 bis 9 Arbeitnehmern bis zu 100 Prozent bei
Unternehmen ab 500 Arbeitnehmern. Aus den beschriebenen Daten lässt sich in
Verbindung mit den Modell­annahmen ein bAV-Gesamtpotenzial von 703,8 Mio.
Euro jährlicher Beitrags­einnahmen aus Entgeltumwandlung errechnen. Aufgrund
der geringen bAV-Tarifdurchdringung sowie der relativ hohen bAV-Durchdringung
auf Arbeitgeber­seite liegen über 55 Prozent des Gesamt­potenzials in dem Hebel 3
(Entgelt­umwandlungs­potenzial bei adressierbaren Arbeitnehmern ohne bAV,
bei Unternehmen mit mindestens einer bAV-Lösung, jedoch ohne Tarifvorbehalt).
Die oben beschriebenen Daten zur Arbeitnehmerdurchdringung und zum Gesamt­
potenzial werden in Abbildung 12 zusammengefasst.
Abb. 12bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Gesamtpotenzial in
der Branche M
UN-Größe
AN in Tsd.
50 %
> 1000 AN
63
48 %
500–999 AN
44 %
250–499 AN
73
38 %
50–249 AN
250
36 %
10–49 AN
1–9 AN
162
318
33 %
gesamt
625
38 %
1.490
Gesamtpotenzial (Hebel 1–5): 703,8 Mio. €
4.1.3 B
ranchenspezifische Besonderheiten der Branche M
Besonders auffällig ist das überdurchschnittliche Einkommen in der Branche M
insgesamt, aber auch in den einzelnen Unternehmensgrößen (vgl. Tabelle 4).
Tab. 4
Durchschnittseinkommen in der Branche M
Durchschnittliches Jahreseinkommen nach Unternehmensgröße in €
38 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
> 1.000 AN
59.752
500–999 AN
53.551
250–499 AN
55.756
50–249 AN
51.111
10–49 AN
43.893
1–9 AN
42.945
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Mit dem relativ hohen Einkommen geht zudem die höchste durchschnittliche
Umwandlung, gemessen an allen betrachteten Branchen, in Höhe von 1.770 Euro
einher, was der Branche eine zusätzliche Attraktivität in den Hebeln 1 bis 4 verleiht,
unter der Annahme, dass neue Entgeltumwandlungsverträge auf ähnlich hohem
Niveau abgeschlossen werden. Bedingt durch das hohe Einkommen und einen
damit verbundenen geringen Anteil an Beschäftigten mit einem Monatseinkommen
unterhalb von 1.500 Euro, sind 51 Prozent aller Arbeitnehmer in dieser Branche
potenzielle bAV-Zielkunden, da ihr Einkommen oberhalb von 1.500 Euro liegt
und sie bisher noch keine bAV haben. Am höchsten ist dieser Anteil in kleinen
Unternehmen (vgl. Abbildung 13).
Abb. 13Anteil der Arbeitnehmer ohne bAV und mit einem Monatseinkommen
über 1.500 €
UN-Größe
> 1000 AN
43 %
500–999 AN
43 %
250–499 AN
47 %
50–249 AN
52 %
10–49 AN
52 %
1–9 AN
54 %
Somit ist in Unternehmen der Größenklasse 1–249 Arbeitnehmer mehr als jeder
zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte potenzieller Zielkunde für eine
Entgeltumwandlung. Bedingt durch die höhere bAV-Durchdringung sinkt diese
Quote für größere Unternehmen.
4.1.4 Schlussfolgerungen
Insgesamt bietet die Branche große Vertriebschancen in der bAV aufgrund der
attraktiven Gehälter, nahezu keiner Restriktionen durch Tarifverträge, starken
Wachstums und der hohen Anzahl von Arbeitnehmern ohne bAV. Gleichzeitig ist
die Heterogenität der Branche eine deutliche Herausforderung – Erfolg können
hier vor allem diejenigen Versicherer haben, die zu einzelnen Unterbranchen
bereits etablierte Vertriebskontakte haben. Hierbei ist auch zu beachten, dass die
Kunden in dieser Branche vielfach über einen hohen Bildungsstandard verfügen
und dementsprechend die Ansprache- und Beratungsansätze gestaltet sein müssen.
Insgesamt ist die Branche ein lohnendes Ziel, das allerdings mit hoch qualifizierten
Vertriebskräften bearbeitet werden muss.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 39
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
4.2 Branche Handel und Kfz (G)
Die Branche Handel und Kfz qualifiziert sich u. a. wegen der relativ geringen bAVDurchdringung und des sehr hohen Gesamtpotenzials als attraktive Branche für
die bAV-Marktbearbeitung. Im Folgenden wird die Branche hinsichtlich ihrer bAVCharakteristika vorgestellt.
4.2.1 Profil der Branche G
Die Branche Handel und Kfz (G) besteht aus den Teilbranchen Einzelhandel,
Großhandel sowie Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, welche
mit ca. 3,6 Mio. sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern
eine sehr große Zielgruppe darstellen. Zwischen 2008 und 2012 ist die Anzahl
der Arbeitnehmer in der Branche G um 1,7 Prozent gestiegen. Die bAV-Tarif­
durchdringung von 63 Prozent ist überdurchschnittlich. Das durchschnittliche
Brutto­jahres­einkommen von 34.001 Euro in der Branche G liegt im Mittelfeld. Der
Einkommens­anstieg von 5,7 Prozent zwischen 2008 und 2012 lag knapp unterhalb
des Durchschnitts für alle Branchen. Die durchschnittliche jährliche Umwandlung
in der Branche G beträgt 1.267 Euro. Die oben beschriebenen Daten werden in
Tabelle 5 zusammengefasst.
Tab. 5
Profil der Branche G
Branche G:
Handel; Instandhaltung und Reparatur von
Kraftfahrzeugen
Unterbranchen:
Großhandel, Einzelhandel, Handel sowie
Instandhaltung und Reparatur Kfz
Arbeitnehmeranzahl:
3,56 Mio. (+1,7 % zu 2008)
bAV-Tarifbindung:
63 %
Ø Jahresbrutto:
34.001 € (+5,7 % zu 2008)
Ø Umwandlung:
1.267 € p. a.
4.2.2 b
AV-Durchdringung und bAV-Potenzial
in der Branche G
Die bAV-Durchdringung in der Branche G beträgt 38 Prozent auf Arbeitnehmerund 42 Prozent auf Arbeitgeberseite, was jeweils unterdurchschnittlich ist. Als
verhältnismäßig gering stellt sich die bAV-Durchdringung auf Arbeitnehmerseite
in kleinen Unternehmen mit bis zu 49 Arbeitnehmern dar: Nur 28 Prozent dieser
Beschäftigten haben eine bAV. In der Branche G haben 62 Prozent der Arbeitnehmer
noch keine bAV. Somit sind 2,2 Mio. Beschäftigte in dieser Branche ohne bAV.
Potenzielle Kunden für die Entgeltumwandlung sind aber nur 1,5 Mio. Beschäftigte
mit einem Einkommen von mindestens 1.500 Euro monatlich und noch keiner bAV.
40 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Unter den attraktiven Branchen hat diese Branche, u. a. bedingt durch die hohe
Anzahl an Mitarbeitern, mit potenziellen Beitragseinnahmen in Höhe von über
1,1 Mrd. Euro das höchste Gesamtpotenzial. Die oben beschriebenen Daten zur
Arbeitnehmerdurchdringung und zum Gesamtpotenzial werden in Abbildung 14
zusammengefasst.
Abb. 14 bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Gesamtpotenzial Branche G
UN-Größe
AN in Tsd.
49 %
> 1000 AN
500–999 AN
201
53 %
49 %
250–499 AN
208
36 %
50–249 AN
661
31 %
10–49 AN
1–9 AN
954
660
26 %
gesamt
894
38 %
3.577
Gesamtpotenzial (Hebel 1–5): 1.116,7 Mio. €
4.2.3 Branchenspezifische Besonderheiten der Branche G
Auffällig für die Branche G ist, dass das mit Abstand größte Potenzial (236 Mio.
Euro) in dem Hebel 1 für Unternehmen mit 1 bis 9 Arbeitnehmern liegt, da dort
noch keine bAV-Lösungen beim Arbeitgeber verankert sind und dieser auch seltener
tarifvertraglich organisiert ist (vgl. Tabelle 6).
Tab. 6
Potenziale der Hebel 1 und 5 nach Unternehmensgröße, Branche G
Realistisches Potenzial in den Hebeln 1 und 5 nach Unternehmensgröße in Mio. € (BBE)
Größe in AN
Hebel 1
Hebel 5
> 1.000 AN
0
82,3
500–999 AN
0
23,1
250–499 AN
0,8
19,8
50–249 AN
23,1
54,6
10–49 AN
52,8
56,8
235,6
62,7
1–9 AN
Da nahezu alle großen Unternehmen dieser Branche mit über 249 Arbeitnehmern
bereits eine bAV-Lösung anbieten, entfällt das größte Potenzial des Hebels 1 auf
kleine Unternehmen. Die Potenziale in Hebel 5 verteilen sich gleichmäßiger, liegen
jedoch auch vermehrt in kleineren Unternehmen. Allerdings sind auch in den
Hebeln 4 und 5 bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern mit insgesamt
über 170 Mio. Euro durchaus noch erhebliche Potenziale vorhanden.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 41
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Auffällig bei dieser Branche ist zudem die Höhe der jährlichen Umwandlung in
Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. So wird in kleinen Unternehmen
(1–49 AN) durchschnittlich mehr umgewandelt als in großen Unternehmen
(vgl. Tabelle 7).
Tab. 7
Durchschnittliche Umwandlung nach Unternehmensgröße, Branche G
Durchschnittliche jährliche Umwandlung in € nach Unternehmensgröße
> 500 AN
1.003
50–499 AN
1.453
1–49 AN
1.360
Mit 1.360 Euro übersteigt die jährliche Umwandlung in Unternehmen mit
1 bis 49 Arbeitnehmern, trotz des um 3 Prozent geringeren Einkommens, die
durchschnittliche Umwandlung in großen Unternehmen mit mehr als 500 Arbeit­
nehmern deutlich. Aus Sicht des Versicherers erhöht dies die Attraktivität von
kleinen Unternehmen und ihren Angestellten für die Entgeltumwandlung in dieser
Branche.
4.2.4 S
chlussfolgerungen
Insgesamt bietet die Branche aufgrund der 1,5 Mio. Arbeitnehmer ohne bAV und
einem monatlichen Bruttoeinkommen von mindestens 1.500 Euro ein sehr großes
Potenzial. Da das durchschnittliche Einkommen und die Umwandlungshöhe eher
mittelmäßig sind und die größten Potenziale bei kleinen Unternehmen liegen, muss
der Vertriebsansatz klar darauf abzielen, Vertragsabschlüsse mit Arbeitnehmern
bei Kleinunternehmen oder über diese Arbeitgeber direkt zu forcieren. Dies kann
in der Form am besten über den Flächenvertrieb mit Zugängen zum Einzel- und
Großhandel sowie zum Kfz-Gewerbe funktionieren. Unterstützt werden kann dies
durch einen speziell auf die Branchen zugeschnittenen Vertriebsansatz.
4.3 Branche Verkehr und Lagerei (H)
Die Branche Verkehr und Lagerei qualifiziert sich u. a. wegen der geringen bAVDurchdringung auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite in Unternehmen mit bis
zu 249 Arbeitnehmern sowie durch eine hohe durchschnittliche Umwandlung als
attraktive Branche für die bAV-Marktbearbeitung. Im Folgenden wird die Branche
hinsichtlich ihrer bAV-Charakteristika vorgestellt.
4.3.1 Profil der Branche H
Die Branche Verkehr und Lagerei gliedert sich in die Teilbranchen Landverkehr,
Schifffahrt, Luftfahrt, Lagerei, Dienstleistungen für den Verkehr sowie Post- und
Kurier­dienste auf. Mit 1,265 Mio. adressierbaren Arbeitnehmern handelt es sich
ebenfalls um eine eher größere Branche. Das Arbeitnehmerwachstum betrug
zwischen 2008 und 2012 2,4 Prozent. Etwa 30 Prozent aller Unternehmen und
Beschäftigten der Branche H unterliegen einem Tarifvertrag zur Regelung der
betrieblichen Altersversorgung. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der
adressierbaren Arbeitnehmer in dieser Branche beträgt 31.701 Euro.
42 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Das Einkommenswachstum zwischen 2008 und 2012 betrug 5,0 Prozent. Die
durchschnittliche jährliche Umwandlung in dieser Branche beträgt 1.546 Euro und
liegt damit deutlich über dem Durchschnitt aller Branchen. Die oben genannten
Daten werden in Tabelle 8 zusammengefasst.
Tab. 8
Profil der Branche H
Branche H:
Verkehr und Lagerei
Unterbranchen:
Landverkehr, Schifffahrt, Luftfahrt, Lagerei,
Dienstleistungen für den Verkehr, Post- und
Kurierdienste
Arbeitnehmeranzahl:
1,265 Mio. (+2,4 % zu 2008)
bAV-Tarifbindung:
30 %
Ø Jahresbrutto:
31.701 € (+5,0 % zu 2008)
Ø Umwandlung:
1.546 € p. a.
4.3.2 b
AV-Durchdringung und bAV-Potenzial
in der Branche H
Die bAV-Durchdringung von 45 Prozent auf Arbeitnehmerseite in der Branche H
wird durch eine verhältnismäßig sehr hohe bAV-Durchdringung in Groß­
unternehmen mit 1.000 und mehr Arbeitnehmern (72 Prozent) getrieben.
In Unternehmen mit bis zu 249 Arbeitnehmern verfügt hingegen nur jeder vierte
adressierbare Arbeitnehmer über eine bAV. Auf Arbeitgeberseite liegt die bAVDurchdringung aller Unternehmensgrößen bei nur 29 Prozent. Besonders niedrig
ist der Wert bei Kleinstunternehmen mit 1 bis 9 Arbeitnehmern: Nur 21 Prozent
dieser Arbeitgeber bieten ihren Angestellten eine bAV an. Ab 500 Arbeitnehmern
liegt die Arbeitgeberdurchdringung – wie in allen Branchen – bei 100 Prozent.
Das Gesamtpotenzial der Branche Verkehr und Lagerei beträgt 304,1 Mio. Euro
mögliche Beitragseinnahmen aus Entgeltumwandlung. Die oben beschriebenen
Daten zur Arbeitnehmer­durchdringung und zum Gesamtpotenzial werden in
Abbildung 15 zusammengefasst.
Abb. 15bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Gesamtpotenzial
der Branche H
UN-Größe
AN in Tsd.
> 1000 AN
72 %
500–999 AN
48 %
250–499 AN
50–249 AN
10–49 AN
1–9 AN
61
90
30 %
256
27 %
191
24 %
158
21 %
gesamt
509
45 %
1.265
Gesamtpotenzial (Hebel 1–5): 304,1 Mio. €
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 43
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
4.3.3 B
ranchenspezifische Besonderheiten der Branche H
Auffällig bei der Branche Verkehr und Lagerei ist die relativ homogene Verteilung
des Gesamtpotenzials auf die einzelnen Unternehmensgrößen, weshalb man, trotz
der sehr geringen bAV-Durchdringung in kleinen Unternehmen, auch die Potenziale
in größeren Unternehmen nicht unterschätzen sollte (vgl. Tabelle 9).
Tab. 9
bAV-Gesamtpotenzial nach Unternehmensgröße, Branche H
Realistisches Gesamtpotenzial (Hebel 1–5) nach Unternehmensgröße in Mio. € (BBE)
> 500 AN
77,2
50–499 AN
100,7
1–49 AN
126,3
Über 60 Prozent des bAV-Gesamtpotenzials liegen demnach in Unternehmen mit
50 und mehr Arbeitnehmern. Knapp 40 Prozent des Potenzials liegen in kleinen
Unternehmen mit 1 bis 49 Arbeitnehmern.
Die Branche H weist mit 30 Prozent zudem eine verhältnismäßig geringe
Durchdringung mit bAV-Tarifverträgen auf (Durchschnitt: 44 Prozent). Nur zwei
Branchen haben eine niedrigere Durchdringung. Besonders niedrig stellt sich der
der bAV-Tarifvorbehalt in kleinen Unternehmen dar (vgl. Abbildung 16). Nur etwa
jeder sechste Arbeitnehmer in Unternehmen mit 1 bis 49 Arbeitnehmern unterliegt
einem bAV-Tarifvertrag zur Regelung der Entgeltumwandlung. Auch in großen
Unternehmen liegt diese Quote stets unter 40 Prozent.
Abb. 16 bAV-Tarifvorbehalt nach Unternehmensgröße, Branche H
Durchdringung mit bAV-Tarifverträgen
> 1000 AN
39 %
10–999 AN
1–9 AN
30 %
13 %
4.3.4 Schlussfolgerungen
Insgesamt zeichnet sich die Branche durch eine hohe Umwandlung bei eher
durchschnittlichem Gehalt aus. Trotz der sehr geringen bAV-Durchdringung bei
Kleinstunternehmen fallen die großen Potenziale bei Großunternehmen auf,
welche hauptsächlich durch eine effiziente und stringente Bestandsarbeit und
Ausakquirierung bestehender Rahmenverträge erreicht werden können. Weiterhin
ist die besondere Struktur der Branche zu beachten – zu den Unternehmen und
Mitarbeitern im Verkehrsbereich muss ein spezieller Zugang geschaffen werden,
zumal die Mitarbeiter i. d. R. unterwegs sind und nicht im Büro sitzen. Insofern
erscheinen dezidierte Vertriebskräfte oder ein Spezialvertrieb für diese Branche als
denkbare Lösung.
44 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
4.4 I nformation und Kommunikation (J)
Die Branche Information und Kommunikation qualifiziert sich u. a. wegen der
geringen bAV-Tarifdurchdringung sowie durch eine hohe durchschnittliche
Umwandlung als attraktive Branche für die bAV-Marktbearbeitung. Im Folgenden
wird die Branche hinsichtlich ihrer bAV-Charakteristika vorgestellt.
4.4.1 Profil der Branche J
Die Branche Information und Kommunikation setzt sich aus einer Vielzahl
von Teilbranchen zusammen. Diese Teilbranchen sind: Verlagswesen,
Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernsehprogrammen,
Kinos, Tonstudios, Verlegen von Musik, Rundfunk, Telekommunikation sowie
Informationsdienstleistungen. Gemessen an den 829.000 adressierbaren
Arbeitnehmern ist die Branche Information und Kommunikation (J) die kleinste
der attraktiven Branchen. Das Arbeitnehmerwachstum zwischen 2008 und 2012
betrug 0,8 Prozent und lag damit unter dem Durchschnitt aller Branchen. Die bAVTarifbindung beträgt nur 12 Prozent. Das durchschnittliche Einkommen in dieser
Branche beträgt rund 54.000 Euro und liegt damit deutlich über dem Durchschnitt.
Nur in der Branche Finanzen und Versicherungen (K) nimmt das durchschnittliche
Jahres­einkommen einen höheren Wert an. Zwischen 2008 und 2012 ist das
Einkommen mit 7,5 Prozent zudem überdurchschnittlich stark gestiegen. Die
durchschnittliche Umwandlung in der Branche beträgt 1.627 Euro pro Jahr, was
dem zweithöchsten Wert aller Branchen entspricht. Die oben genannten Daten
werden in Tabelle 10 zusammengefasst.
Tab. 10 Profil der Branche J
Branche J:
Information und Kommunikation
Unterbranchen:
Verlagswesen, Herstellung, Verleih und
Vertrieb von Filmen und Fernseh­
programmen, Kinos, Tonstudios, Verlegen
von Musik, Rundfunk, Telekommunikation,
Informationsdienstleistungen
Arbeitnehmeranzahl:
0,829 Mio. (+0,8 % zu 2008)
bAV-Tarifbindung:
12 %
Ø Jahresbrutto:
54.028 € (+7,5 % zu 2008)
Ø Umwandlung:
1.627 € p. a.
4.4.2 bAV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche J
Die bAV-Durchdringung von 46 Prozent auf Arbeitnehmer- bzw. 49 Prozent auf
Arbeitgeber­seite liegt knapp über dem Durchschnitt aller betrachteten Branchen.
Auch in dieser Branche ist zu beobachten, dass die bAV-Durchdringung in
erheblichem Maß von der Unternehmensgröße abhängt. So beträgt die bAVDurchdringung auf Arbeitnehmerseite in Unternehmen mit bis zu 249 Arbeit­
nehmern in der Branche J knapp 39 Prozent. Die Arbeitgeberdurchdringung reicht
von 45 Prozent bei kleinen Unternehmen bis zu 100 Prozent bei Unternehmen mit
mehr als 500 Arbeitnehmern. Trotz der im Vergleich zu den anderen attraktiven
Branchen geringen Anzahl adressierbarer Arbeitnehmer, zeichnet sich die Branche
Information und Kommunikation durch ein erhebliches bAV-Gesamtpotenzial
von über 330 Mio. Euro potenziellen Beitragseinnahmen aus. Gemessen am
realistischen Potenzial pro Beschäftigten ohne bAV rangiert diese Branche
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 45
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
sogar an zweiter Stelle hinter der Branche M (freiberufliche, wissenschaftliche
und technische Dienstleistungen). Die oben beschriebenen Daten zur Arbeit­
nehmer­durchdringung und zum Gesamtpotenzial werden in Abbildung 17
zusammengefasst.
Abb. 17bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Gesamtpotenzial der Branche J
AN in Tsd.
UN-Größe
> 1000 AN
54 %
500–999 AN
58 %
250–499 AN
50–249 AN
10–49 AN
1–9 AN
gesamt
44 %
259
72
70
194
40 %
103
39 %
130
37 %
46 %
829
Gesamtpotenzial (Hebel 1–5): 331,7 Mio. €
4.4.3 B
ranchenspezifische Besonderheiten der Branche J
Besonders auffällig bei der Branche J ist das im Durschnitt sehr hohe Einkommen.
Auch in kleinen Unternehmen liegt das Einkommen noch oberhalb des
Durchschnitts für alle Branchen und Unternehmensgrößen (vgl. Tabelle 11).
Tab. 11 Einkommen nach Unternehmensgröße, Branche J
Durchschnittliches Jahreseinkommen nach Unternehmensgröße in €
> 1.000 AN
57.185
500–999 AN
57.212
250–499 AN
54.094
50–249 AN
54.080
10–49 AN
49.459
1–9 AN
49.413
Das hohe Einkommen in dieser Branche führt dazu, dass trotz einer bAVDurchdringung von 46 Prozent in allen Unternehmensgrößenklassen noch
45 Prozent aller Arbeitnehmer potenzielle bAV-Zielkunden sind, d. h. noch keine
bAV, jedoch ein Einkommen von über 1.500 Euro monatlich haben. Das hohe
Einkommen wird begleitet von einem relativ hohen Umwandlungsniveau über alle
Unternehmensgrößen, was die Attraktivität dieser Branche für die bAV-Markt­
bearbeitung weiterhin erhöht (vgl. Tabelle 12).
46 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Tab. 12 Durchschnittliche Umwandlung nach Unternehmensgröße, Branche J
Durchschnittliche jährliche Umwandlung in € nach Unternehmensgröße
> 1.000 AN
1.691
500–999 AN
1.855
250–499 AN
1.746
50–249 AN
1.574
10–49 AN
1.495
1–9 AN
1.488
4.4.4 Schlussfolgerungen
Insgesamt zeichnet sich die Branche durch sehr hohe und stark wachsende
Einkommen sowie hohe Umwandlungshöhen aus. Die Heterogenität der Teil­
branchen, wie z. B. Verlagswesen und IT-Dienstleistungen auf der einen Seite
sowie Kinos und Verleih und Vertrieb von Filmen auf der anderen Seite, erfordern
eine sehr individuelle vertriebliche Ansprache, da weder die Arbeitgeber noch die
Arbeitnehmer mit der gleichen Art der Vertriebsberatung zur bAV zu gewinnen sind.
Erfolgreich müsste diese Branche im Breitenvertrieb bearbeitet werden können,
wohingegen es auch denkbar wäre, für besonders interessante Teilbranchen wie
z. B. IT-Dienstleistungen individuelle Vertriebsansätze (Ansprachekonzepte oder
fokussierte Vertriebspartner ähnlich wie im Mediziner- oder Apotheker-Vertrieb) zu
entwickeln.
4.5 Branche Baugewerbe (F)
Die Branche Baugewerbe qualifiziert sich u.a. wegen der geringen bAVDurchdringung auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite und damit verbunden einer
relativ hohen Erreichbarkeit als attraktive Branche für die bAV-Marktbearbeitung,
es sind allerdings die hohen Anforderungen, die durch die Besonderheit der Branche
und den spezifischen bAV-Lösungen der SOKA BAU entstehen, zu berücksichtigen.
Im Folgenden wird die Branche hinsichtlich ihrer bAV-Charakteristika vorgestellt.
4.5.1 Profil der Branche F
Das Baugewerbe gliedert sich in die Teilbranchen Hochbau, Tiefbau, vorbereitende
Baustellenarbeiten, Bauinstallation sowie sonstiges Ausbaugewerbe auf. Die
Branche beschäftigt gegenwärtig rund 1,3 Mio. Arbeit­nehmer. Das Arbeit­nehmer­
wachstum betrug zwischen 2008 und 2012 4,1 Prozent. Praktisch alle Unternehmen
und Arbeitnehmer im Baugewerbe unterliegen einem Tarif­vertrag zur Regelung der
betrieblichen Altersversorgung. Dieser führt gegenwärtig zu einem hohen Markt­
anteil der bAV-Lösungen der SOKA BAU in dieser Branche da diese Produkte den
besonderen Erfordernissen der Branche entsprechen (monatlicher Anspruch auf
Arbeitgeberzuzahlung, unkomplizierte Berücksichtigung von Beitrags­pausen etc.)
sowie sehr wettbewerbsfähig sind (z. B. Garantie­zins von weiterhin 2,25 Prozent im
Neugeschäft). Das Durchschnitts­einkommen im Bau­gewerbe liegt mit ca.
32.500 Euro knapp unter dem Durchschnitt aller Branchen. Das Einkommens­
wachstum zwischen 2008 und 2012 betrug 5,6 Prozent. Der durchschnittlich
umgewandelte Betrag von Arbeitnehmern mit Entgelt­umwandlung beträgt 1.267
Euro und ist damit genauso hoch wie in der Branche G (Handel und Kfz). Die oben
beschriebenen Daten werden in Tabelle 13 zusammengefasst.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 47
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Tab. 13 Profil der Branche F
Branche F:
Baugewerbe
Unterbranchen:
Hochbau, Tiefbau, Vorbereitende Baustellen­
arbeiten, Bauinstallation und sonstiges
Ausbaugewerbe
Arbeitnehmeranzahl:
1,331 Mio. (+4,1 % zu 2008)
bAV-Tarifbindung:
100 %
Ø Jahresbrutto:
32.438 € (+5,6 % zu 2008)
Ø Umwandlung:
1.267 € p. a.
4.5.2 b
AV-Durchdringung und bAV-Potenzial in der Branche F
Von den 1,3 Mio. adressierbaren Arbeitnehmern besitzen nur etwa 31 Prozent
eine bAV. Auffällig ist die verhältnismäßig sehr geringe Durchdringung auf
Arbeitnehmer­seite in Unternehmen mit bis zu 249 Arbeitnehmern: Nicht einmal
jeder dritte Arbeitnehmer in solchen Unternehmen verfügt über eine bAV. Auch
auf Arbeitgeberseite ist die bAV-Durchdringung relativ gering: Insgesamt bieten
nur 37 Prozent aller Arbeitgeber mindestens eine bAV-Lösung an, was vor allem an
der niedrigen Durchdringung von 30 Prozent in Kleinstunternehmen mit 1 bis
9 Arbeitnehmern liegt. Das Gesamtpotenzial in dieser Branche beläuft sich auf
über 400 Mio. Euro Beitragseinnahmen. Durch die nahezu vollständige bAVTarifdurchdringung ist eine differenzierte Betrachtung des Potenzials dieser
Branche entscheidend. Das höchste Potenzial dieser Branche befindet sich in den
Hebeln 2 und 4. Aufgrund der Beschäftigtenstruktur des Baugewerbes – mehr als
zwei Drittel der Arbeitnehmer sind in kleinen Unternehmen mit 1 bis 49 Arbeit­
nehmern beschäftigt – liegt in dieser Unternehmensgrößenklasse mit 307 Mio. Euro
potenziellen Beitragseinnahmen über alle Hebel auch der größte Anteil des Gesamt­
potenzials. Die oben beschriebenen Daten zur Arbeitnehmer­durchdringung und
zum Gesamtpotenzial werden in Abbildung 18 zusammen­gefasst.
Abb. 18 bAV-Durchdringung der Arbeitnehmer und Gesamtpotenzial der Branche F
AN in Tsd.
UN-Größe
42 %
> 1000 AN
500–999 AN
37 %
39
250–499 AN
37 %
44
50–249 AN
10–49 AN
1–9 AN
gesamt
Gesamtpotenzial (Hebel 1–5): 403,5 Mio. €
48 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
36
32 %
31 %
30 %
31 %
235
489
498
1.331
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
4.5.3 Branchenspezifische Besonderheiten der Branche F
Aufgrund der geringen bAV-Durchdringung im Baugewerbe hat knapp die Hälfte
der Arbeitnehmer keine bAV, verfügt jedoch über ein Einkommen von über
1.500 Euro monatlich und bietet somit erhebliches Potenzial für die Entgelt­
umwandlung. Auch hier liegen die Potenziale hauptsächlich in kleinen bis mittleren
Unternehmensgrößen (vgl. Tabelle 14).
Tab. 14 Anzahl potenzieller bAV-Zielkunden, Branche F
Anzahl der adressierbaren AN ohne bAV mit einem Monatseinkommen > 1.500 € nach
Unternehmensgröße
> 1.000 AN
16.480
500–999 AN
14.558
250–499 AN
21.672
50–249 AN
116.862
10–49 AN
226.572
1–9 AN
237.623
Trotz eines um 40 Prozent niedrigeren Einkommens als in großen Unternehmen mit
mehr als 500 Arbeitnehmern, weist die durchschnittliche jährliche Umwandlung in
kleinen Unternehmen (1–49 AN) mit 1.285 Euro einen relativ hohen Wert auf
(vgl. Tabelle 15).
Tab. 15Durchschnittliche Umwandlung nach Unternehmensgröße, Branche F
Durchschnittliche jährliche Umwandlung in € nach Unternehmensgröße
> 500 AN
1.427
50–499 AN
1.167
1–49 AN
1.285
Aus Sicht des Versicherers erhöht dies die Attraktivität von kleinen Unternehmen
und ihren Angestellten für die Entgeltumwandlung in dieser Branche, obgleich das
jährliche Einkommen in dieser Unternehmensgröße nur 30.707 Euro beträgt.
4.5.4 Schlussfolgerungen
Insgesamt stellt sich der vertriebliche Ansatz in der Branche Baugewerbe ähnlich
wie in der Branche Handel und Kfz dar, allerdings mit dem wichtigen Unterschied,
dass der relative Anteil der Mitarbeiter in Kleinstunternehmen noch größer ist und
damit ein noch fokussierterer und effizienterer Ansatz für die Gewinnung dieser
Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber notwendig ist. Die 100-prozentige Tarifbindung
für die bAV, die zwar nicht ausschließend wirkt, aber sehr hohe Erfordernisse
an die Produkte in der Entgeltumwandlung stellt, ist bei der Marktbearbeitung
zu berücksichtigen. So ist u. a. die Konkurrenz zu den sehr gut bewerteten bAVProdukten der SOKA BAU mit weiterhin 2,25 Garantiezins im Neugeschäft,
der Notwendigkeit der Abbildung von monatlichen Arbeitgeberzuschüssen
sowie weiteren branchenspezifischen Besonderheiten, die in den Produkten
berücksichtigt werden müssen, nicht für jeden Versicherer ökonomisch sinnvoll
annehmbar. Für die Versicherer, die allerdings einen Zugang zur Baubranche
besitzen oder aber die Abbildung der Spezifika aufgrund ihrer Marktgröße
ökonomisch sinnvoll umsetzen können, bietet die Branche große Potenziale.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 49
Marktpotenzial der bAV/Entgelt­umwandlung
Dabei ist aber die besondere Struktur der Branche zu beachten – zu den
Unternehmen und Mitarbeitern im Baugewerbe muss ein spezieller Zugang
geschaffen werden, zumal die Mitarbeiter i. d. R. auf Baustellen unterwegs sind
und nicht im Büro sitzen. Insofern erscheinen dezidierte Vertriebskräfte für diese
Branche als denkbare Lösung.
4.6 Kernthesen zur Marktanalyse
Wie bereits ausgeführt ist das Ergebnis der Marktanalyse einerseits ein Stück
weit individuell für jedes Unternehmen zu sehen. Auf der anderen Seite sind wir
überzeugt, dass sich einzelne Ergebnisse klar herauskristallisieren, die für alle
Marktteilnehmer relevant sind. Sie bestimmen vor allem die zukünftig erforderliche
Marktbearbeitung, um das Geschäft wie gewünscht auszubauen. Vor diesem
Hintergrund lassen sich sechs Kernergebnisse aus der Marktanalyse ableiten:
1.Die bAV ist ein enormes Wachstumsfeld.
Die bAV wird auch weiterhin ein Wachstumsbereich bleiben – ein erhebliches
Potenzial von 6,5 Mrd. Euro Beitragseinnahmen in der Entgeltumwandlung
bietet ausreichenden Raum für weiteres Wachstum. Die Anzahl sozial­
versicherungs­pflichtig Beschäftigter ohne bAV ist mit 12,8 Mio. erheblich.
2.Es ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich.
Die Marktanalyse hat gezeigt, dass die Unterschiede in der Höhe der einzelnen
Potenziale sehr groß sein können, je nachdem, welche Unternehmens­größen­,
Hebel oder Branchen man betrachtet.
3.Die bAV wird zunehmend ein Retailgeschäft.
Die Marktanalyse bestätigt, dass die Potenziale vor allem bei den kleineren
Unternehmen liegen. Je nach Ausgangssituation besteht die Herausforderung
darin, Arbeitnehmer in der Breite für das Thema bAV zu mobilisieren. Anders
als in der Vergangenheit ist das bAV-Geschäft damit nicht mehr nur eines von
Spezialisten, die primär Unternehmen beraten, sondern vom Flächenvertrieb,
der (in einer „standardisierten“ Form) vergleichsweise einfache bAV-Produkte in
größeren Stückzahlen verkauft.
4.Die bAV-Potenziale liegen in sehr unterschiedlichen Hebeln.
Die dargestellten Hebel variieren deutlich in der absoluten Höhe, wie auch in den
Barrieren, die es zu überwinden gilt. Das Wissen darüber ist erforderlich, um
ausreichend schnelle Erfolge zu erzielen.
5. Die Branchenausrichtung ist entscheidend.
Wie wir gesehen haben, sind die Branchen in ihrer bAV-relevanten Struktur
sehr unterschiedlich. Die Branche treibt die Durchdringung, die Potenziale
und ihre Erreichbarkeit. Daher muss sie ein wesentliches Merkmal in der
Strategiebestimmung und Maßnahmendefinition sein.
6.Individuelle Vorbereitung ist erforderlich.
Die angesprochene Heterogenität erfordert eine auf die jeweilige Situation
angepasste und akribisch vorbereitete Marktbearbeitung, um Ineffizienzen und
schnelle Frustrationen, insbesondere im Vertrieb, zu vermeiden.
50 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
EMarktbearbeitung im Bereich der bAV
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 51
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Aus der Marktanalyse ist deutlich geworden, welches die Hebel für eine erfolgreiche
Marktbearbeitung insbesondere in den Feldern strategische Ausrichtung der
bAV und erfolgreicher bAV-Vertrieb sind. Die notwendigen Hebel im Bereich der
Steuerung und des bAV-Betriebs sind darauf logisch aufzubauen.
Eine Neuorganisation und systematische Ausrichtung im Marktsegment bAV ist
notwendig, um der in der Marktanalyse aufgezeigten Heterogenität der Potenziale
zwischen den Branchen sowie Unternehmensgrößen gerecht zu werden und die
Potenziale heben zu können:
Abb. 19 Systematischer PwC-Marktbearbeitungsansatz für die bAV
St
r
Be
ie
tr i
V
bA
eg
at
Betrieb bAV
• Optimierung Supportfunktionen
und IT
• effiziente Aufstellung des Back­offices bAV
• Unterstützung Kampagnen­
management
1
eb
4
Strategie
• strategische Aufstellung
• strategisches Committment zum
Wachstums­feld bAV
• Definition Zielkunden (Branchen/
Unternehmens­größen)
g
r tr
un
er
Steuerung
• Incentivierung von bAV-Geschäft
• Erhöhung Integration bAV in Führung
• Entwicklung attraktiver bAV-Produkte
eu
St
3
ie b
Kunden bAV
(Firmen und privat)
Ve
2
Vertrieb
• Anpassung Vertriebs- und Beratungs­
ansätze
• effizientes bAV-Kampagnen­
management
• Abstimmung Vertriebs­unterstützung/
-qualifizierung
Im Fokus der Entwicklung eines organisierten Marktbearbeitungsansatzes steht
immer der Kunde, welcher im Marktumfeld der bAV sowohl ein Firmen- als auch ein
Privatkunde sein kann bzw. ist. Um diese Kunden optimal bedienen zu können, ist
es für einen bAV-Anbieter sinnvoll, die einzelnen Segmente des Geschäfts­modells,
nämlich Strategie, Vertrieb, Steuerung und Betrieb bAV, optimal zu organisieren
und aufeinander abzustimmen. Im Folgenden wird für diese vier Felder diskutiert,
über welche Maßnahmen sich die Versicherungsunternehmen gezielt weiter­
entwickeln können. Abgeschlossen wird das Kapitel mit einer Zusammen­fassung
der Ergebnisse und einer Analyse der wichtigsten Aspekte, um erfolgreich in der
bAV zu sein.
52 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
1 Definition der bAV-Strategie
Auch gegenwärtig bekennen sich einige Versicherer nur halbherzig zum Geschäfts­
feld der bAV, und die Marktbearbeitung erfolgt teilweise undifferenziert bzw. nach
dem „Gießkannenprinzip“.
Um „top-down“ die Wichtigkeit der bAV zu signalisieren, ist ein klares strategisches
Commitment des Topmanagements zum Kernwachstumsfeld bAV notwendig und
unabdingbar, um insbesondere im Themenkontext Führung den Vertriebs­f ührungs­
kräften und auch den Vertriebsmitarbeitern eine klare Richtung aufzuzeigen.
Wie die Marktanalyse gezeigt hat, sind die erheblichen Potenziale nicht
gleichwertig verteilt, sondern in der Höhe unterschiedlich, je nachdem, auf welche
Unternehmens­größen, Hebel oder Branchen man sich fokussiert. Die Branche
definiert die Durchdringung, die Potenziale und die Erreichbarkeit. Um sich in
Kenntnis dieser Ergebnisse strategisch optimal aufzustellen, sind eine Ist-Aufnahme
zur bAV, eine Definition von Zielsegmenten (Branchen und/oder Unternehmens­
größen) und die Ermittlung der aktuellen Positionierung des Versicherungs­
unternehmens in diesen Ziel­segmenten inklusive einer Bewertung des Zugangs zu
diesen notwendig, um dann die strategische Ausrichtung adjustieren zu können.
Dafür ist ein Abgleich der potenzialstärksten Segmente mit dem eigenen Firmen­
kunden­bestand des Versicherungsunternehmens vorzunehmen, um darauf
aufbauend konkrete Zuordnungen von bAV-Potenzialen zu allen Firmenkunden
vorzunehmen und die vielversprechendsten Kunden zu definieren. Hierzu können
die Daten dieser Studie eine sinnvolle Basis sein. Auf strategischer Ebene ist
weiterhin der Aufbau bzw. die Intensivierung von Beziehungsmanagement bei der
Neuausschreibung und eventuellen Bestandspflege von tarifvertraglichen bAVLösungen zu forcieren, sofern man sich daran beteiligen möchte.
2 Implementierung von bAV im Vertrieb
Die größten Herausforderungen für eine positive Weiterentwicklung in der bAV
liegen eindeutig im Vertrieb. Hier treffen sowohl makroökonomische Trends wie
das gegenwärtig geringe Nachfrageverhalten für Altersvorsorgeprodukte allgemein
auf Herausforderungen, die in der heutigen Struktur des Versicherungsvertriebs
generell und in der bAV liegen. Nachfolgend werden zuerst die fünf größten
Herausforderungen im bAV-Vertrieb und darauf aufbauend dafür geeignete
Lösungsmöglichkeiten diskutiert.
2.1 Die fünf größten Herausforderungen im bAV-Vertrieb
Die folgenden fünf größten Herausforderungen im bAV-Vertrieb sind deshalb
zu diskutieren, da gerade Ineffizienzen, nicht fokussierte Ansprachekonzepte,
unorganisierte Bestandsarbeit und die fehlende Vertriebsunterstützung etc. zu
Frustrationen im Vertrieb führen, die oftmals nur schwer und manchmal gar nicht
mehr beseitigt werden können und im Ergebnis zu einem Erlahmen des bAVNeugeschäfts führen.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 53
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
2.1.1 G
egenwärtige Nachfrage nach Altersvorsorgeprodukten
nicht ausreichend
Dass es zukünftig zu gravierenden Kürzungen der gesetzlichen Rente bei allen
sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern kommen wird, ist
sicher und wird auch nicht infrage gestellt. Die ökonomisch sinnvolle und von der
Politik teilweise auch unterstützte Substitution durch die private Altersvorsorge
(z. B. bAV, aber auch Riester) ist seit einigen Jahren zumindest ansatzweise
vernünftig organisiert bzw. stellt geförderte Möglichkeiten bereit. Problematisch
ist allerdings, dass diese Angebote und Produkte nicht ausreichend angenommen
werden und so z. B. in bAV-Neugeschäft für die Versicherer münden. Den Lebens­
versicherern ist es demnach noch nicht gelungen, die Nachfrage in der Breite zu
mobilisieren. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig. Eine Ursache liegt in den
begrenzten Budgets bzw. Realeinkommen der Haushalte, die sich aufgrund der
Lohnzurückhaltung der letzten Jahre und der Konjunktur in der Finanzmarktkrise
tendenziell verschlechtert haben und im Ergebnis den Vertrieb langfristiger
Versicherungsverträge mit ungewissen Ablauf- bzw. Rentenleistungen erschwert
haben. Weiterhin ist es das Ergebnis des mangelnden Vertrauens in die Finanz­
wirtschaft und insbesondere in die Assekuranz, was zum einen ein Ergebnis der
Finanzmarktkrise, zum anderen ein Ergebnis der laufenden Berichterstattung
über die Vertriebspraktiken der Versicherer ist. Darüber hinaus fällt immer wieder
auf, wie gering der Aufklärungsstand zur bAV in der Bevölkerung ist, auch in den
Berufsgruppen mit höherem Bildungs- und Einkommensniveau.
2.1.2 E
ntgeltumwandlung nicht ausreichend in die
Altersvorsorgeberatung integriert
Die Entgeltumwandlung ist bislang noch nicht als die am besten geeignete Form
der Altersvorsorge in Bezug auf eine Nachsteuer- bzw. Nachsozialabgabenrendite
im Markt der Abnehmer (also Arbeitnehmer) bzw. beim Vertrieb durchgängig
etabliert. Vermittler verkaufen immer noch eher Produkte der dritten Schicht, da
diese bei der Entgeltumwandlungsansprache über den Arbeitnehmer immer den
Vertragsabschluss durch den Wettbewerber fürchten. Dies geschieht in der Praxis
dann, wenn der Arbeitnehmer Interesse für die Entgeltumwandlung zeigt und
kontrahieren will, aber der Arbeitgeber dann schon mit einem anderen Versicherer
bzw. Versicherungsvermittler im Bereich der bAV zusammenarbeitet. Im Ergebnis
wird der Vertrag dann vermutlich bei dem anderen Versicherer abgeschlossen, und
frei verfügbares Einkommen für die Altersvorsorge ist damit aufgezehrt.
Die Beratungslogik müsste das Thema bAV stärker berücksichtigen. Dies wird
allerdings nur dann funktionieren, wenn der Vermittler genaue Kenntnis über die
Potenziale der Unternehmen und Branchen besitzt und die eingangs diskutierten
Risiken des Wegfalls von freiem Einkommen für den Abschluss eigener Produkte
minimiert werden können.
54 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
2.1.3 Differenzierte Vertriebskonzepte fehlen
In den Vertriebskonzepten wird oftmals kein expliziter Zielkundenfokus (Branche
und/oder Unternehmensgröße) gesetzt, sodass Erfolge zum Teil nur durch
„lucky punches“, zum Beispiel durch vertriebliche bAV-Stärke einzelner weniger
Vertriebsmitarbeiter, erzielt werden, und nicht durch eine differenzierte Ansprache
potenzialstarker Zielsegmente durch die breite Masse des Vertriebs. In der Breite
des Vertriebs stellt sich daher aufgrund der Heterogenität des Geschäftsfeldes der
bAV noch kein nachhaltiger Erfolg ein. Wenn überhaupt eine Fokussierung oder
eine Differenzierung der Vertriebskonzepte erfolgt, wird die Marktbearbeitung
häufig auf Personengruppen und nicht auf Branchen ausgerichtet. In Bezug auf
Personengruppen werden Kampagnen z. B. für „Mini-Jobber“, Azubis etc. gemacht.
Die große Gruppe der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer
wird über einen derartigen Ansatz aber nicht weiter segmentiert, da es keine oder
nicht ausreichende Möglichkeiten gibt, bestehende Firmenkundenprofile aus der
bAV oder aus dem Kompositbereich systematisch zu analysieren.
Im Ergebnis ist es dem Versicherungsvertrieb durch differenzierte Vertriebs­
konzepte z. B. noch nicht gelungen, die Unternehmen mit dem größten bAVPotenzial, nämlich die Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern oder die
potenzial­starken Branchen wie freiberufliche Dienstleistungen, Handel, Verkehr
etc. effizient mit einem stringenten bAV-Beratungsansatz anzusprechen und die
erheblichen Potenziale zu realisieren.
2.1.4 Bestandsarbeit nicht systematisch organisiert
Ist es dem Vertrieb gelungen, einen Rahmenvertrag für die Entgeltum­wandlung
mit einem Unternehmen zu schließen, so gibt es bei der Ausschöpfung dieser
Rahmenverträge mit Werten zwischen „nahe Null“ und 80 Prozent sehr große
Schwankungen.
Die Strategie, neue Arbeitgeber einmalig als bAV-Partner zu gewinnen, dann
einmalig eine Entgeltumwandlung zu verkaufen und dann den nächsten
Arbeitgeber zu akquirieren, ist aufgrund der heutigen Arbeitgeber-Durchdringung
von fast 80 Prozent in Unternehmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern nicht mehr
möglich. Gegenwärtig wird vonseiten des Vertriebs (zumindest im Breitenvertrieb
einer Ausschließlichkeitsorganisation) die laufende Betreuung aber sehr stark
auf das Kompositgeschäft fokussiert. Die erfolgreiche Bearbeitung von Bestandsfirmenkunden in der bAV (mit Rahmenverträgen) ist jedoch sehr stark abhängig von
der Kooperationsbereitschaft der Arbeitgeber und den Kapazitäten, die der Vertrieb
in die Ausakquirierung investiert. Um die Kooperationsbereitschaft möglichst hoch
zu halten, Ausakquirierungen durch Teilnahme an Betriebsversammlungen oder
speziellen bAV-Beratungsterminen anbieten zu dürfen, sind die Arbeitgeber besser
und kontinuierlicher zu beraten.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 55
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
2.1.5 Vertriebsunterstützung oftmals unzureichend
In der Vertriebsunterstützung unterbleiben aufwendige Identifikationen von Ziel­
unternehmen und Kunden fast komplett, da die erforderlichen Daten, die eine
effektive Vertriebsunterstützung erfordert, bei den Versicherungsunternehmen
gegenwärtig nicht vorhanden sind oder nicht durch die Vertriebsunterstützung
erfolgreich ausgewertet werden können. Da das bAV-Potenzial – wie die Markt­
analyse gezeigt hat – sehr differenziert verteilt ist, sinkt ohne eine detaillierte
Analyse der Zielsegmente die Erfolgsquote im Vertrieb, und erfolgsversprechende
Kampagnen bei Bestands- oder Neukunden sind nicht möglich.
2.2 Systematisierung des bAV-Vertriebs
Um die fünf größten Herausforderungen im bAV-Versicherungsvertrieb lösen zu
können, sind verschiedene Ansatzpunkte zur Systematisierung, die sich sowohl aus
der Marktanalyse als auch aus der Praxis ergeben, anzuwenden.
Abb. 20 Systematisierung des bAV-Vertriebs
Status quo im bAV-Vertrieb
Systematisierung bAV-Vertrieb
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4. differenzierte Vertriebskonzepte fehlen
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5. Vertriebsunterstützung oftmals unzureichend
56 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
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2. Entgeltumwandlung nicht ausreichend in
Altersvorsorgeberatung integriert
3. Bestandsarbeit bAV nicht systematisch organisiert
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1. gegenwärtiges Nachfrageverhalten nicht ausreichend
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Marktbearbeitung im Bereich der bAV
2.2.1 Differenzierte Kundenansprache
Wie aus der Marktanalyse hergeleitet, sind die Unterschiede in der Höhe der
Potenziale der einzelnen Zielsegmente sehr unterschiedlich, je nachdem, welche
Unternehmensgrößenklassen man z. B. betrachtet.
Diese Heterogenität erfordert differenzierte Vertriebsansätze: Ein
„Schrotschuss“ auf alle Unternehmen in einem bestimmten Gebiet wird mit
hoher Wahrscheinlichkeit nicht den gewünschten Erfolg bringen, weil auch viele
Unternehmen angesprochen werden, bei denen auf Basis der Informationen
für die jeweilige Branche kaum noch Potenzial zu generieren ist. Vielmehr ist
der „Blattschuss“ gefragt: die möglichst zielgenaue Ansprache von solchen
Unternehmen (bzw. Branchen und Unternehmensgrößenklassen), bei denen
statistisch die Erfolgsaussichten möglichst hoch sind.
Neben einer derartigen Fokussierung lassen sich dennoch auch allgemeinere
Einschätzungen für eine erfolgreiche Kundenansprache aus den Unternehmens­
größen ableiten. Generell gilt, dass ein großer Anteil der ermittelten Potenziale
bei Kleinstunternehmen mit bis zu neun Arbeitnehmern liegt. So zeigt die Markt­
analyse, dass 61 Prozent der Unternehmen mit bis zu neun Arbeitnehmern noch
keine bAV-Lösung anbieten. Insbesondere bei diesen Unternehmen ist es daher
sinnvoll, eine Erstansprache zur Entgeltumwandlung sowohl im Retailbereich,
also bei der normalen Privatkundenberatung, als auch beim Arbeitgeber
durchzuführen, z. B. wenn dieser bereits Bestandskunde in der Sachversicherung
oder aber potenzieller Neukunde ist. Insofern ist dort ein zweistufiger Ansatz zu
operationalisieren. Bei den „größeren“ Unternehmen ab zehn Arbeitnehmern
ist bereits eine bAV-Durchdringung von 76 Prozent (10–49 Arbeitnehmer)
bzw. 100 Prozent bei Unternehmen ab 500 Arbeitnehmern gegeben. Bei diesen
Unternehmen ist eine stärkere Fokussierung auf den Arbeitgeber notwendig, da
dieser im Zweifel bereits mit einem anderen bAV-Vertriebspartner bzw. -Versicherer
zusammenarbeitet. Besitzt der angesprochene Arbeitgeber bereits eine bAV-Lösung,
so muss dieser von den Vorteilen des jeweiligen Versicherers bzw. bei einem
Arbeitgeber ohne bAV-Lösung noch zusätzlich über die Vorteile der bAV informiert
werden. Wird ein Arbeitgeber als bAV-Kunde gewonnen oder ist er es bereits, sind
– wie in dem folgenden Abschnitt zur Bestandsarbeit beschrieben – weitergehende
Aktivitäten zur Ausakquirierung notwendig. Ideale Vertriebswege für diese Ansätze
sind auf der Ebene des Flächenvertriebs sowohl Ausschließlichkeitsorganisationen
als auch Banken, die einerseits einen bestehenden Zugang zu Arbeitgebern (z. B.
als Bestandskunden Sach oder Finanzierung) haben, andererseits aber auch im
Flächenvertrieb bei Retailkunden viele Verträge abschließen können. Für die
Erstansprache von Arbeitnehmern in Kleinstunternehmen ist zusätzlich aber auch
ein strukturierter Vertrieb mit Privatkundenfokus prädestiniert.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 57
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
2.2.2 E
ntgeltumwandlung als Standard in der
Altersvorsorgeberatung
Bei den Beratungs- und Vertriebsansätzen muss die Etablierung der bAV/Entgelt­
umwandlung als „Standard“-Altersvorsorge im Vertrieb geprüft bzw. eingeführt
werden.
Die Beratungsansätze müssen an die bAV angepasst, die Entgeltumwandlung
standardmäßig in den Beratungsansatz und die Vertriebssoftware integriert
werden.
Weiterhin ist der Vertrieb in der Breite für das Thema Entgeltumwandlung zu
schulen, da dieses immer noch als diffizil und schwer verkäuflich klassifiziert wird.
Diese Maßnahmen sind als Ergebnis der Marktanalyse umso mehr erforderlich,
als dass ein weiteres Wachstum in der bAV nur dann möglich ist, wenn man
die Arbeitnehmer in der Breite für das Thema mobilisiert. Anders als in der
Vergangenheit ist das bAV-Geschäft damit nicht mehr nur eines von Spezialisten,
die primär Unternehmen beraten und einmalig Entgeltumwandlungsverträge
verkaufen, sondern vom Flächenvertrieb, der (in einer „standardisierten“ Form)
vergleichsweise einfache bAV-Produkte in größeren Stückzahlen verkauft.
2.2.3 Optimierung der Bestandsarbeit
Wie die Marktanalyse gezeigt hat, liegt bei „größeren“ Unternehmen ab 50 Arbeit­
nehmern durchgängig bereits eine hohe bAV-Durchdringung vor. Attraktives
Potenzial liegt überwiegend in Hebel 5 (Erhöhung bestehender Entgelt­
umwandlungs­verträge), zum Teil aber auch noch in den Hebeln 3 und 4. Eine
sinnvolle Markt­bearbeitung bei größeren Unternehmen ist daher weitestgehend
über die Versicherungs­unternehmen möglich, die bereits bei dem Unternehmen
aktiv sind, also bei der klassischen Bestandsarbeit.
Bei bestehenden Rahmenverträgen mit Unternehmen muss die Ausakquirierung
systematisiert werden (unabhängig davon, ob es sich um Klein- oder Groß­
unternehmen handelt), indem jährlich Arbeitnehmer, die bisher nicht umwandeln,
nochmalig angesprochen werden bzw. Arbeitnehmer, die Bestandskunden sind,
fortlaufend betreut werden, um an eventuellen Einkommensentwicklungen als
Versicherer zu partizipieren. Für die (Aus-)Akquirierung sollte folgender Beratungs­
ansatz Mindeststandard sein:
58 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Abb. 21 Standardberatung Rahmenvertrag/Ausakquirierung
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Grundlage: Arbeitgeber-Support
Nach dem Abschluss eines Rahmenvertrags, der Erstpräsentation von bAVAngeboten (z. B. auf einer Betriebsversammlung) und den individuellen Beratungs­
gesprächem im Anschluss sollte der Vertrieb die weitere Ausakquirierung durch
laufende Beratungsangebote und einen weiteren Support (z. B. durch Intranet­
informationen) forcieren.
Grundlage für die Durchführung dieses Ansatzes ist die Arbeitgeberunterstützung,
die man sich im Vertrieb nur durch guten Service und gute Bestandsarbeit sichern
kann. Für die klassische Neuakquisition bei Bestandskunden aus dem Sachbereich
sollte z. B. in jährlich stattfindende Gespräch über die Sachversicherungen
zukünftig standardmäßig auch die bAV integriert werden. Für diese Gespräche wäre
auch die Hinzuziehung dezidierter bAV-Spezialisten sinnvoll. Möglicherweise muss
im Kontext der Bestandsbearbeitung einmal darüber diskutiert werden, ob diese
ganz anders organisiert werden muss als das sonstige Vertriebsgeschäft. So könnten
z. B. große Agenturen mit bAV-erfahrenen Vertriebsmitarbeitern die Bestandsarbeit
selbst organisieren, wohingegen kleinere Agenturen auf die Hilfe der bAV-Vertriebs­
unterstützung zurückgreifen könnten. Unterbleibt die Bestandsarbeit ganz, könnte
auch der Übergang der Kundenbetreuung bzw. der Ausakquirierung auf einen
mobilen bAV-Vertrieb oder Ähnliches sinnvoll sein. Im Ergebnis muss dies jedoch so
effizient ausgestaltet sein, dass es sich für den Vertrieb noch lohnt.
2.2.4 Passgenaues Kampagnenmanagement
Um die in der Marktanalyse identifizierten Potenziale, die heterogen in den
Branchen und Unternehmensgrößen verteilt sind, effektiv zu heben, Barrieren zu
überwinden und schnelle Erfolge zu erzielen, sind passgenaue Vertriebslösungen
notwendig. Eine Möglichkeit dafür bieten Kampagnen, die exakt z. B. auf einzelne
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 59
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Branchen fokussiert werden können. Wie die Marktanalyse gezeigt hat, variieren
die Potenziale je nach Zielsegment erheblich. Bei Bestandskampagnen ist eine
gezielte, IT-gestützte Selektion von Unternehmen mit überdurchschnittlicher
Erfolgs­wahrscheinlichkeit, hohem Potenzial und bereits bestehenden Kunden­
verbindungen sowie attraktiven Branchen sinnvoll, um die Treffsicherheit für
den Vertrieb hoch zu halten und Misserfolge zu minimieren. Ein intelligentes
Kampagnen­management könnte folgendermaßen aufgebaut sein:
Abb. 22 Grundlagen intelligenten Kampagnenmanagements
1. Planung und Design von Kampagnen
auf Basis einer detaillierten Potenzial­
analyse
2. Durchführung von Kampagnen
3. Messung, Analyse und Optimierung
der Kampagnen
Die Erfolgsfaktoren für die Kampagnen liegen ganz klar darin, die Zielsegmente
(Branche und/oder Unternehmensgröße), Potenziale und Anforderungen genau
zu kennen. Hierfür liefert diese Studie wesentliche Informationen. Dieses muss
in einer Ex-ante-Analyse erfolgen. So ist vor der Durchführung der Kampagne
sicherzustellen, dass die Besonderheiten der Branche (z. B. erfordert die Ansprache
von Kleinstunternehmen der Baubranche andere Anforderungen als die
Ansprache von großen IT-Dienstleistern) in den jeweiligen Kampagnenkonzepten
Berücksichtigung finden. In einer Ex-post-Analyse ist nach Durchführung der
Kampagne der Erfolg zu evaluieren, um nachfolgende Kampagnen anpassen und
optimieren zu können. Ob eine Kampagne z. B. durch einen mobilen Vertrieb oder
in Zusammenarbeit mit einem Kundencenter erfolgen soll, muss fallabhängig
entschieden werden. Kampagnen sollten immer gemeinsam zwischen Vertrieb,
Vertriebsunterstützung und bAV-Betrieb organisiert werden, um möglichst hohe
Erfolgschancen zu generieren. Insbesondere die aufwendigen Datenanalysen
über die in der Marktanalyse identifizierten attraktiven Zielsegmente sollten als
Support des Betriebs und der Vertriebsunterstützung an den Vertrieb herangetragen
werden.
2.2.5 Qualifizierung des Personals
Grundlage für den Erfolg der Entgeltumwandlung ist neben den technischen
Voraussetzungen, der Integration von bAV in die Beratungsunterlagen etc. aber
vor allem die Qualifizierung des Vertriebs, um diesen in die Lage zu versetzen,
bAV effektiv zu verkaufen und damit Erfolge zu generieren. Hierzu müssen die
Vertriebs­partner (z. B. im Ausschließlichkeitsvertrieb) durch die Vertriebs­f ührungs­
kräfte analysiert werden, um eventuelle Qualifizierungs­erfordernisse je nach bAVAffinität organisieren zu können. Anhaltspunkte dafür können z. B. Neugeschäfts­
ergebnisse aus der Entgeltumwandlung, Storni, Ausakquierungs­quoten bei
Rahmen­verträgen oder Ähnliches sein. Wenn es nämlich nicht gelingt, Erfolge
im bAV-Vertrieb in der Masse der Vertriebler zu generieren, wird ein weiteres
Wachstum in diesem Bereich schwer zu generieren sein, denn mit den bereits jetzt
erfolgreichen bAV-Verkäufern wird man die in der Marktanalyse identifizierten
6,5 Mrd. Euro Potenzial nicht heben können. Dazu ist eine deutliche Verbreiterung
der bAV-Verkäufer-Zahl in der Fläche notwendig. Folgendes Beispiel zeigt illustrativ
ein Wirkungsmodell einer bAV-Qualifizierung für nicht bAV-affine Vermittler:
60 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Abb. 23 Wirkungsmodell bAV-Qualifizierung
1. Beraterkompe­tenzen
Beraterverhalten
2. Führungs­kraft
3. erste Erfolge
4. Ein­stellungsveränderung
5. weitere bAV-Kompetenz
aufbauen
5. Verhalten ändern
Erfolg
1. Weiterentwicklung der Beraterkompetenzen in der Entgeltumwandung beabsichtigt
Verhaltensänderung am Point of Sale.
2. Vertriebsführungskraft (und evtl. Vertriebs­unterstützung) kann Verhaltensänderung in
der Praxis nachhaltig sicherstellen.
3. Angewandte Verhaltensänderung fördert erste Vertriebserfolge.
4. Erste Vertriebserfolge forcieren positive Entwicklung der Einstellung hin zu positiver
Abschlussorientierung.
5. Einstellungsänderung sichert weiteren Erfolg – Mitarbeiter „wollen“ weiteren
Kompetenzaufbau.
Dennoch muss bei einer Ausdehnung des bAV-Vertriebs in der Fläche berücksichtigt
werden, dass die Produkte, die angeboten werden, einfach in der Beratung
und vergleichsweise leicht verkäuflich gestaltet sind. Die bAV wird immer ein
Beratungsprodukt mit besonderen Anforderungen sein, jedoch muss sie zur
Verbreitung als Massenprodukt auch als Massenprodukt gestaltet werden.
3 Steuerung des bAV-Geschäfts
Gegenwärtig wird steuerungsseitig das bAV-Geschäft nicht ausreichend flankiert,
was im Ergebnis zu der aufgezeigten Situation im Vertrieb führt, der in weiten
Teilen bAV nicht umfassend verkauft.
Es gibt oftmals keine explizite bAV-Zielsetzung sowohl für die Agenturen im
Ausschließlichkeitsvertrieb als auch für die zuständigen Vertriebsführungskräfte.
Zum Teil fehlen schlicht explizite bAV-Ziele für das Neugeschäft, oder diese können
durch andere LV-Ziele kompensiert werden. Im Ergebnis wird der monetäre Anreiz
für das oftmals auch als kompliziert geltende bAV-Geschäft seitens des Vertriebs
nicht als ausreichend bewertet. Auch die Vertriebsführungskräfte sehen die bAV als
„schwieriges Geschäft“ an und fordern ihre Vertriebsmitarbeiter nicht nachhaltig
auf, das Entgeltumwandlungsgeschäft zu forcieren. Im Kontext von Führung stellt
dies natürlich insbesondere für die Ausschließlichkeitsorganisation und auch für
den allerdings noch weniger auf bAV fokussierten Strukturvertrieb eine eindeutige
Fehlsteuerung dar.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 61
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Alle bereits diskutierten Verbesserungsoptionen z. B. im Bereich von Strategie
und Vertrieb lassen sich nur dann erfolgreich umsetzen, wenn die vorhandenen
Anreizregelungen der bAV im Kontext des übrigen Lebensversicherungsvertriebs
überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Die bAV muss stärker in den Zielsystemen verankert und eine Substitution durch
anderes LV-Geschäft nicht mehr möglich gemacht werden. Dies sollte sowohl für
den Endvertrieb als auch für die Vertriebsführungskräfte gelten.
Für die Vertriebsführungskräfte steigt dadurch der Druck, bAV als Wachstumsmotor
im Vertrieb zu forcieren und den Vertrieb darin zu unterstützen.
Zukünftig muss es auch Aufgabe der Führungskräfte sein, die Vertriebler dabei zu
unterstützen, passgenaue Ansprachekonzepte für potenziell attraktive bAV-Kunden
in ihrem Vertriebsbereich zu identifizieren und anzusprechen. Grundlage dieser
Unterstützungsmittel sind die in der Marktanalyse und durch Abgleich mit den
Firmenkundendaten des Versicherungsunternehmens identifizierten Zielsegmente
sowie die in Zusammenarbeit mit der Vertriebsunterstützung für den Betrieb
entwickelten Ansprachekonzepte. Die in der Marktanalyse skizzierte Heterogenität
des bAV-Marktes und die sonst steigende Frustration der einzelnen Vertriebler
erfordern diese Unterstützung seitens der Vertriebsführungskräfte.
4 Aufstellung des bAV-Betriebs
Die in der Marktanalyse illustrierte Heterogenität und hohe Komplexität des bAVGeschäfts führt oftmals zu Schnittstellenverlusten zwischen Betrieb und Vertrieb
(z. B. zeitnahe Abbildung von Arbeitgeberwechseln durch die Arbeit­nehmer,
schnelle Policierung etc.). Die daraus resultierende Unzufriedenheit der Firmen­
kunden, z. B. in Bezug auf die Sicherstellung der Datenqualität und -verfügbarkeit,
das Know-how der Innendienstmitarbeiter und das Zusammenspiel von Innenund Außendienst, wird aus der Sicht eines bAV-Firmenkunden oftmals als großes
Handlungsfeld identifiziert. Insbesondere nach Abschluss von Rahmen­verträgen ist
die Situation, dass Verträge erst mit erheblichem Zeitverzug policiert werden, nicht
selten, und die damit einhergehende Unzufriedenheit der Firmen­kunden führt zu
einer frühzeitigen Störung oder möglichweise schon Beendigung einer weiteren
Ausakquirierung bzw. Bestandsarbeit.
Gravierende Probleme zeigen sich auch in der laufenden Verwaltung. Die bAV wird
größtenteils in Systemen, die ursprünglich nur für die pAV entwickelt worden sind,
verwaltet. Einfachste Auswertungen, die ein Firmenkunde abfordert, sind häufig
nicht oder nicht automatisiert durch das bAV-Backoffice abrufbar. Insgesamt ist
das Backoffice der bAV gegenwärtig fast ausschließlich darauf ausgerichtet, den
laufenden Betrieb der Verwaltung aufrechtzuhalten, ohne dabei aber vertriebsnahe
Auswertungen oder Ähnliches ausführen zu können.
Um das bAV-Backoffice flexibler und leistungsfähiger zu gestalten, müssen alle
technischen und personellen Supportfunktionen analysiert und anschließend
optimiert werden. Die Systemlandschaften und die hinterlegten Prozesse müssen
an die besonderen Bedürfnisse der bAV angepasst, der Automatisierungsgrad und
die Flexibilität erhöht werden. Ebenfalls sind die Aufstellung des Backoffices/
Innen­dienstes sowie die Personalaufstellung auf die Besonderheiten der bAV,
z. B. effiziente Entlastung der dezentralen Vertriebsunterstützung bei Fachfragen
etc., abzustimmen, um den Vertrieb zukünftig optimal servicieren zu können.
62 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Marktbearbeitung im Bereich der bAV
Denn gerade hier kommt es zu Schnittstellenverlusten, wenn ausgehend von
der Marktanalyse eine Fokussierung auf bestimmte Zielsegmente durch den
Vertrieb forciert wird, die Unterstützung aus dem Backoffice aber nicht zielgenau
funktioniert.
Das Backoffice sollte nämlich eine eigenständige Selektion von Zielsegmenten
aus bereits bestehenden Stammdaten der bAV- und Sach-Firmenkunden (Name,
Adresse, Anzahl der Mitarbeiter, bAV-Durchdringung etc.) durch umfassende
Analysen durchführen können, um am Ende alle Ergebnisse adressaten- bzw.
vertriebsgerecht in den Vertrieb „spielen“ zu können und somit mehr als jetzt als
vertriebsnaher Unterstützer zu agieren.
Ebenso zählt es zu den Aufgaben eines bAV-Backoffices, die Konzeptionierung
von auf die Zielbranchen angepassten Beratungsansätzen gemeinsam mit der
Vertriebsunterstützung und dem Vertrieb zu begleiten bzw. zu unterstützen.
5 Z
usammenfassung der Ergebnisse – zehn Erkenntnisse
aus der Analyse
Basierend auf den vorgestellten Ergebnissen der Analyse sowie den Überlegungen
zur Markt­bearbeitung lassen sich die wesentlichen Bedingungen für eine
erfolgreiche Bearbeitung des bAV-Marktes wie folgt in zehn Punkten zusammen­
fassen:
1.Klares Committment des Topmanagements zum Wachstumsfeld der bAV
erforderlich – die bAV ist eines der wenigen Wachstumsgebiete im Bereich
Leben und sollte auch deutlich als solches im Unternehmen positioniert werden.
2.Sensibilisierung der Vertriebsführungskräfte für das Thema bAV – im
Idealfall werden die Vertriebsführungskräfte zu „Treibern“ des Themas.
3.Verankerung der bAV im Planungsprozess als feste Zielgröße – Versicherer,
die explizit bAV-Ziele für ihren Vertrieb vorgeben, berichten von erheblichen
Verbesserungen im Neugeschäft.
4.Adäquate Incentivierung des bAV-Vertriebs – zum Beispiel durch die
entsprechende Berücksichtigung bei Wettbewerben sowie auch generell im
Zielsystem.
5.Etablierung der bAV als Kernelement einer Standardberatung im Retail­
segment des Ausschließlichkeitsvertriebes – in vielen Fällen bietet die
bAV die aus steuerlicher und sozialversicherungstechnischer Sicht beste
Vorsorgelösung.
6.Fokussierung in der Zielkundenansprache bezüglich Branche und/oder
Unternehmensgröße bei allen aktiven Ansprachen – das Potenzial in der bAV ist
heterogen verteilt; ein „Schrotschuss“ führt oftmals zu Frustration im Vertrieb.
7.Zielgenaues Kampagnenmanagement durch das bAV-Backoffice, basierend
auf einer IT-gestützten Kundensegmentierung – eine Fokussierung der
Ansprache wie oben beschrieben erfordert die entsprechende Kunden­
segmentierung.
8.Einsatz von differenzierten Vertriebs- und Beratungsansätzen (branchen­
spezifisch, arbeitgeber- und/oder arbeitnehmerfokussiert etc.) im Vertrieb –
die Potenzialbranchen unterscheiden sich erheblich (z. B. Baugewerbe
vs. Kommunikation).
9.Qualifizierung des AO-Breitenvertriebs für einen erfolgreichen bAVVerkauf – gerade die kleinen Unternehmen, die in vielen Branchen noch
hohes Potenzial bieten, können vor allem auch mit der AO erreicht werden.
10.Ausreichende Kompatibilität der bestehenden IT-Systeme mit den
besonderen Bedürfnissen der bAV – wie z. B. der Abbildung der Portabilität
von Verträgen.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 63
Zusammenfassung und Ausblick
FZusammenfassung und Ausblick
64 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Zusammenfassung und Ausblick
Angesichts des schwierigen Marktumfelds stehen Versicherungsunternehmen
im Lebensversicherungsbereich vor der zentralen Herausforderung, sinkenden
Prämieneinnahmen durch Hebung bestehender Potenziale entgegenzutreten. Die
betriebliche Altersversorgung kann in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit
sein, diesen Rückgang teilweise zu kompensieren. Dabei stehen Versicherern die
weitere Ausschöpfung bestehender Rahmenverträge und die Akquisition neuer
Firmen- sowie Privatkunden im Rahmen des Entgeltumwandlungsgeschäfts
zur Verfügung. Zusätzliches Neugeschäft kann darüber hinaus auch durch
Ausfinanzierungen/Rückdeckungsversicherungen generiert werden.
Die Studie zeigt anschaulich, wo diese Potenziale liegen. Dabei macht sie
sehr deutlich, dass eine breit angelegte Offensive ohne eine genaue Positions­
bestimmung und die präzise Festlegung von Zielsegmenten sowie entsprechenden
Markt­bearbeitungs­ansätzen nicht zum Erfolg führen wird. Die Praxis in vielen
Unternehmen hat gezeigt, dass sich so Erfolgserlebnisse zu selten einstellen und der
Anfangselan des jeweiligen Vertriebs schnell einer Resignation weicht.
Die Realisierung der Potenziale erfordert ein kluges Zusammenspiel zwischen
Flächenvertrieb und Expertenunterstützung sowie zwischen Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberansprache. Diesbezüglich können die Marktdaten der Studie helfen, die
eigene Position klar zu bestimmen, die individuellen Potenziale herauszuarbeiten
und den Vertrieb gezielt auf die attraktiven Segmente hinzulenken. Zusätzlich
müssen die Geschäftsmodelle hinsichtlich der Abwicklung des Geschäfts, aber auch
z. B. mit Blick auf das Ausakquirieren vorhandener Rahmenverträge überdacht
werden.
Wird durch strukturiertes und konsequentes Vorgehen seitens der Versicherungsunternehmen ein konsequenter und systematischer bAV-Marktbearbeitungsansatz
verfolgt, erscheint es nach den Erkenntnissen dieser Studie durchaus möglich,
einen guten Teil der in Zukunft wegfallenden LV-Beiträge durch bAV-Neugeschäft
zu kompensieren. Im Fall einer vollständigen Hebung des realistischen Potenzials
in Höhe von 6,5 Mrd. Euro zusätzlicher Beitragseinnahmen ergäbe sich eine
bAV-Durchdringung von ca. 61 Prozent über alle sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten (ohne Azubis). Damit ist eines sicher: Der Bedarf für die bAV ist
kundenseitig vorhanden, und die Zeit, in der ein Versicherer das Thema bAV
„stiefmütterlich“ behandeln konnte, ist vorbei. Denn die bAV kann und muss mehr
denn je zu einem der Stabilisatoren für die Lebensversicherungswirtschaft werden.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 65
Anhang: Beispielhafte Detail-Daten­übersicht für eine Branche
GAnhang: Beispielhafte DetailDatenübersicht für eine Branche
Für die Branche Energieversorgung (D) werden im Folgenden die bAV-Daten aus der
PwC-bAV-Datenbank detailliert vorgestellt. Die Datenbank enthält entsprechende
Daten für alle 16 untersuchten Branchen. Wird von Beschäftigten gesprochen, so
sind sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne Auszubildende gemeint.
Daten für die Branche Energieversorgung (D)
1. Daten für Beschäftigte mit bAV-Anwartschaft sowie zur Finanzierung
Tab. 16 Detailinformationen Branche D (1/5)
Beschäftigte mit bAV-Anwartschaft und Finanzierung
Unternehmensgröße
1–9 AN
Anzahl
Beschäftigte
insgesamt
Anzahl
Beschäftigte
mit bAV
davon aus Entgelt­
umwandlung
AG-finanziert
(Minimum)
Ø jährliche
Umwandlung in €
1.232
667
372
295
1.148
10–49 AN
13.471
8.693
4.689
4.004
1.178
50–249 AN
32.878
24.633
11.200
13.433
1.366
250–499 AN
24.088
17.754
9.456
8.298
1.179
500–999 AN
23.550
17.889
9.648
8.241
1.343
108.139
90.271
48.959
41.312
1.282
> 1.000 AN
2. Daten für Beschäftigte ohne bAV-Anwartschaft sowie zur Tarifbindung
Tab. 17 Detailinformationen Branche D (2/5)
Beschäftigte ohne bAV-Anwartschaft und Tarifbindung
Unternehmensgröße
1–9 AN
Anzahl
Beschäftigte
ohne bAV
prozentualer Anteil
ohne bAV
prozentuale bAV
Tarifbindung
Anzahl Beschäftigte
mit bAV-TV
Anzahl Beschäftigte
ohne bAV und
ohne TV
565
46 %
23 %
278
501
10–49 AN
4.778
35 %
38 %
5.117
3.870
50–249 AN
8.244
25 %
49 %
15.972
6.242
250–499 AN
6.334
26 %
57 %
13.771
4.524
500–999 AN
5.662
24 %
66 %
15.490
3.800
17.868
17 %
68 %
73.900
11.762
> 1.000 AN
66 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Anhang: Beispielhafte Detail-Daten­übersicht für eine Branche
3. Daten zum Einkommen im Hinblick auf Entgeltumwandlung
Tab. 18 Detailinformationen Branche D (3/5)
Einkommensbetrachtung im Hinblick auf bAV-Entgeltumwandlung
Unternehmensgröße
Ø Jahreseinkommen
(brutto) in €
Anzahl Beschäftigte
mit Jahres­
einkommen (brutto)
< 18.000 €
Anteil Beschäftigte
mit Jahres­
einkommen (brutto)
< 18.000 €
Beschäftigte
ohne bAV, jedoch
mit TV, mit
Jahres­einkommen
(brutto) > 18.000 €
Beschäftigte ohne
bAV und TV, mit
Jahres­einkommen
(brutto) > 18.000 €
1–9 AN
49.987
122
9,9 %
385
57
10–49 AN
50.203
1.338
9,9 %
2.622
817
50–249 AN
50.112
3.276
10,0 %
3.165
1.803
250–499 AN
57.143
1.916
8,0 %
2.752
1.667
500–999 AN
55.838
1.952
8,3 %
2.002
1.708
> 1.000 AN
63.996
6.944
6,4 %
5.211
5.713
Anzahl Beschäftigte
ohne bAV, mit TV,
mit AG ohne
bAV-Angebot
4. Daten zur bAV aus Arbeitgebersicht
Tab. 19 Detailinformationen Branche D (4/5)
bAV aus Arbeitgebersicht
Unternehmensgröße
Anzahl AG
insgesamt
Anzahl AG mit
mind. einer bAV
Anteil AG
ohne bAV
Anzahl Beschäftigte
ohne bAV, ohne TV,
mit AG ohne
bAV-Angebot
1–9 AN
578
312
46 %
264
63
10–49 AN
489
421
14 %
700
15
50–249 AN
376
376
0 %
0
0
250–499 AN
79
79
0 %
0
0
500–999 AN
37
37
0 %
0
0
> 1.000 AN
49
49
0 %
0
0
5. Betrachtung der bAV-Potenziale nach Hebeln
Tab. 20 Detailinformationen Branche D (5/5)
Betrachtung der realistischen bAV-Potenziale für Entgeltumwandlung in Mio. €
Unternehmensgröße
1–9 AN
Gesamtpotenzial
aus Hebel 1–5
Hebel 1
Hebel 2
Hebel 3
Hebel 4
Hebel 5
0,421
0,143
0,008
0,086
0,016
0,168
10–49 AN
3,774
0,335
0,033
1,012
0,269
2,125
50–249 AN
6,911
0
0
1,729
0,739
4,443
250–499 AN
6,168
0
0
1,298
0,590
4,280
5,656
0
0
1,076
0,688
3,892
25,517
0
0
2,673
2,198
20,646
500–999 AN
> 1.000 AN
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 67
Quellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
Bundesagentur für Arbeit. (2011)
„Auszubildende nach Wirtschaftszweigen in Deutschland 2008, 2009 und 2010“.
Berlin: Bundesagentur für Arbeit.
Bundesagentur für Arbeit. (2008)
„Betriebe und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Deutschland Stichtag
30. Juni 2008“.
Berlin: Bundesagentur für Arbeit – Statistik.
Bundesagentur für Arbeit. (2011)
„Betriebe und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Deutschland Stichtag
30. Juni 2011“.
Berlin: Bundesagentur für Arbeit – Statistik.
Bundesagentur für Arbeit. (2011)
„Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008)
Deutschland Stichtag 30. Juni 2011“.
Berlin: Bundesagentur für Arbeit – Statistik.
Bundesagentur für Arbeit. (2008)
„Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008)
Deutschland Stichtag: 30. Juni 2008“.
Berlin: Bundesagentur für Arbeit – Statistik.
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
(Februar 2012)
„Tarifvertragliche Vereinbarungen zur betrieblichen Altersvorsorge“.
Berlin: BDA.
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW Berlin). (2007)
„Integrierte Analyse der Einkommens- und Vermögensverteilung“.
Berlin: DIW im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Ellguth, P., & Kohaut, S. (2010)
„Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung: Aktuelle Ergebnisse aus dem
IAB-Betriebspanel“.
WSI-Mitteilungen 04/2010, S. 204–209.
Eurostat. (2012)
„KMU – Jährliche Unternehmensstatistik nach Größenklassen 2009“.
Luxemburg: Eurostat.
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
(GDV). (2012)
„Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2012“.
Berlin: GDV.
68 Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung
Quellenverzeichnis
Statistisches Bundesamt. (2009)
„Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 12. koordinierte Bevölkerungs­voraus­
berechnung“.
Berlin: Statistisches Bundesamt.
Statistisches Bundesamt. (4. Vierteljahr 2011)
„Verdienste und Arbeitskosten – Arbeitnehmerverdienste und Indizes der
Arbeitnehmer­verdienste -Lange Reihen-“.
Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.
Statistisches Bundesamt. (2011)
„Verdienste und Arbeitskosten – Aufwendungen und Anwartschaften betrieblicher
Altersversorgung 2008“.
Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.
TNS-Infratest. (2007)
„Situation und Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung in Privatwirtschaft
und öffentlichem Dienst 2001–2007“.
München: TNS Infratest, Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales.
Towers Watson. (2012)
„FLV-Update 2011“.
Frankfurt am Main: Towers Watson.
Wachstumsmarkt betriebliche Alters­versorgung 69
Ihre Ansprechpartner
Ihre Ansprechpartner
Hendrik C. Jahn
Tel.: +49 211 981-1537
Mobiltel: +49 175 4353358
[email protected]
Dr. Sebastian Tiedemann
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Mobiltel: +49 160 93994102
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Ralf Baldeweg
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Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich betreuen
und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb
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