Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht Name: Donata Mohr Austauschjahr: Wintersemester 2012/13 Gastuniversität: Universidade Federal de Minas Gerais Stadt: Belo Horizonte Land: Brasilien Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Ich habe das Wintersemester 2012/13 in Belo Horizonte (BH), Brasilien, an der Universidade Federal de Minas Gerais (UFMG) verbracht. Wie erwartet eine sehr spannende Zeit mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken, die ich nun versuchen möchte etwas zusammenzufassen. Meinen Flug hatte ich relativ knapp gebucht, und bin am Wochenende vor Semesterbeginn angekommen. In Brasilien sind die Semesterzeiten etwas verschoben, und das Wintersemester beginnt schon im August, das sollte man vor allem bei der Prüfungsplanung des vorigen Semesters in Dtld beachten! Durch die knappe Ankunft habe ich die Orientierungswoche für Austausschüler verpasst, die von der Universität organisiert wird. Im Nachhinein würde ich diese durchaus empfehlen, man bekommt Hilfestellung im Bezug auf Kurswahl etc. und hat Zeit die anderen „Intercambistas“ kennenzulernen. In meinem Fall war es nicht ganz so tragisch, da sich die UFMG sowieso im Streik befand und wir fast 2 Monate Zeit hatten bis zu Vorlesungsbeginn (genug Zeit zum Einleben also ;) ). Die Unterkunft hatte ich schon von Dtld aus organisiert: Das Auslandsamt der Universität bietet eine Gastfamilienvermittlung an, die ich auch durchaus empfehlen würde, und zumindest für den Start ist das eine gute Alternative, da man so meist auch ein bisschen Orientierung und Einführung bekommt. Es gibt zwar Studentenwohnheime der Universität, allerdings sind diese wohl vorrangig für die Brasilianer selbst und die südamerikanischen Austauschschüler gedacht. Selbstorganisierte WGs sind in BH doch eher selten, da die meisten Brasilianer noch daheim wohnen, aber ein Umzug in eine „Republica“ lässt sich vor Ort dann evtl. durchaus finden. Ich bin ebenfalls nach etwa einem Monat umgezogen, und hatte das Glück sogar eine Art WG mit einer Brasilianerin zu finden. Nicht vorstellen sollte man sich Brasilien als „Billigland“, was ja oftmals mit Südamerika assoziiert wird. Die Lebenshaltungskosten bewegen sich in einer ähnlichen Größenordnung, in der sich die Kosten in Deutschland halten. Für die Unterkunft in einer Gastfamilie zahlt man in etwa 300€ im Monat (meist jedoch mit Verpflegung!), jede Fahrt mit dem Bus kostet 1€ (es gibt keine Monatstickets oder Ähnliches), insbesondere Drogerieprodukte liegen über dem deutschen Standard, und Weggehen ist meist besonders teuer (Clubeintritte, Taxi, etc.). Als billiger sind wohl hauptsächlich Grundnahrungsmittel, Obst und Gemüse zu nennen (unbedingt auch Açai probieren )! Belo Horizonte selbst ist jedoch verhältnismäßig günstig im Vergleich zu Großstädten wie São Paulo oder Rio de Janeiro. Das mag durchaus daran liegen, dass BH eher Industriestadt ist und weniger Attraktionen / Angebote wie die anderen beiden Städte mit sich bringt. Durchaus hat die Stadt jedoch ihre liebenswerten und schönen Ecken. So zum Beispiel einige kleine, schöne Shops, Cafés und Restaurants in Savassi, der Lagoa de Pampulha mit einer recht bekannten Niemeyer-Kirche, die „Feira Hippie“ am Sonntagmorgen, der Parque de Mangabeiras (von der Serra do Coral kann man die ganze Stadt überblicken), donnerstagabends die Feira beim Mineirinho mit dem stärksten Caipi Brasiliens ;) und am Wochenende die Avenida Fleming oder wiederum Savassi. Ein weiterer sehr schöner Aspekt an der relativen Unbekanntheit BHs ist, dass man als „Gringo“ (Ausländer) noch etwas Besonderes ist. Man findet deshalb sehr schnell Kontakt zu Brasilianern, und alle sind sehr aufgeschlossen, hilfsbereit und freuen sich über einen kleinen Kulturaustausch . Ein gewöhnungsbedürftiger Punkt ist die Infrastruktur der Stadt. Als öffentliche Verkehrsmittel dienen hauptsächlich Busse (es gibt eine Metro, diese fährt allerdings keine sehr hilfreichen Linien) und diese sind zeitlich per se oft recht unberechenbar und in der Rush-Hour muss man locker die doppelte Zeit einplanen. Die Wege sind zum Laufen oft zu weit (zudem ist die Stadt sehr bergig, und im Sommer heiß), Fahrrad zu fahren ist absolut nicht üblich und so bleibt oft viel Zeit auf der Strecke und man ist in seiner Bewegungsfreiheit etwas eingeschränkt, was mir persönlich schwer gefallen ist. Aus Deutschland bin ich es gewohnt unkompliziert alles zu erreichen, was ich möchte. In Brasilien ist es sehr schwer irgendwo „mal schnell“ vorbeizuschauen. Dies beeinflusst auch sehr die Arbeits- und Lebensweise der Brasilianer. Mehrere Sachen parallel zu machen wie bei uns kommt eigentlich nicht vor, und insgesamt wird Vieles lockerer gesehen, da es einfach schwierig ist genau zu planen. Einmal habe ich eine Dozentin im Bus getroffen, die sich darüber geärgert hat, dass sie es aufgrund des stark verzögerten Busses nicht mehr pünktlich zu einem wichtigen Forschungstreffen schafft. Mit einem Blick auf die Uhr hab ich gemeint, dass es eigentlich schon noch reichen müsste, und sie hat mich verwundert angeschaut und erklärt, dass sie natürlich noch zuerst Mittag essen muss, wenn sie ankommt ;) . Was Freizeitmöglichkeiten angeht, ist es ebenfalls schwieriger Sachen wie Sportkurse etc. zu finden. Die Uni bietet lediglich die Möglichkeit des CEUs, eines Sportzentrums mit Schwimmbad, einigen Fitnessgeräten und Spielplätzen (Volleyball, Basketball und Fußball). „Kurse“ wie bei uns gibt es nicht und man kann sich gemeinsames Spielen selbst organisieren. Auch Vereine sind nicht wirklich vorhanden, die Brasilianer selbst gehen in sogenannte „Clubs“, die einen monatlichen, recht hohen Mitgliedsbeitrag verlangen. Tanzschulen lassen sich durchaus am Einfachsten finden, wer gerne Samba, Forró oder Sertanejo lernen möchte. Um BH findet man sehr viel Natur wie der Nationalpark „Serra do Cipó“, in dem man sehr gut wandern kann, unter Anderem zu einigen sehr schönen Wasserfällen. Auch hier ist wieder der Transport das größte Problem. Das Klima in BH ist eigentlich ganzjährig heiß. Im Winter etwas weniger warm und vor Allem trocken, im Sommer dagegen sehr oft schwülheiß mit fast täglichen Regenschauern (etwa von November bis Februar). Die Vorlesungszeit war bei mir wie schon erwähnt etwas kurz, und deshalb auch recht geballt. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Uni und die Professoren sehr flexibel und hilfsbereit sind, und man sich bei Problemen seis mit Kurswahl, Probleme mit dem Stoff, Prüfungszeiten, etc. einfach melden kann. Eine Dozentin hat sich mit uns etwa alle zwei Wochen getroffen um den Stoff langsam zu wiederholen und Fragen zu klären und die Prüfungen durften wir – falls gewünscht – auch auf Englisch schreiben. Das „Studieren“ an sich und der Kursaufbau sind allerdings wirklich anders als in Deutschland. Die Kursgröße ist um Einiges kleiner und man ist eher in einer Art Klasse mit etwa 40 Leuten zusammen. Die Vorlesungen sind obligatorisch, und eher als eine Art roter Faden für die eigens zu bearbeitende Lektüre aufgebaut. Durch mindestens drei Prüfungen pro Fach (bei mir immer schriftlich) und oftmals auch noch kleinere Aufgaben, die man regelmäßig abgibt, ist man viel mehr gezwungen kontinuierlich mitzuarbeiten. Ich persönlich fand es eine recht effektive Art zu lernen, durch das selbständige Lesen / Vergleichen / Analysieren vieler Originaltexte bleibt das Erarbeitete durchaus leichter im Gedächtnis, auch wenn es wesentlich zeitaufwendiger ist (zumindest war es das für mich, allerdings war da sicher auch eine große Sprachbarriere dabei!). Ich hatte zu Beginn sehr geringe Portugiesischkenntnisse, was allerdings lediglich am Anfang ein kleines Problem war. Die meisten Brasilianer sprechen kaum Englisch, und man ist gezwungen die Sprache sehr schnell zu lernen, wobei sich auch alle geduldig zeigen, wenn s noch etwas stockend läuft. Sprachkurse für die Intercambistas werden kostenlos vom DRI angeboten (es gibt vier unterschiedliche Kurse, jeder á 2h die Woche), und erleichtern den Einstieg sehr, obwohl ich glaub am meisten Portugiesisch in den Vorlesungen, im Alltag und im Selbststudium gelernt hab. Mittlerweile lassen sich Alltagskonversationen eigentlich ohne Probleme meistern, Uni-Texte zu lesen geht auch, und am Schreiben von eigenen Essays hakt es wohl noch am Meisten. Die UFMG an sich ist eine sehr große Campus-Uni (etwa 49.000 Studenten) und hat sogar interne Buslinien. Aus diesem Grund spielt sich der Unialltag meist an der eigenen Fakultät, dem „Praça de Servicios“ (mit Banken, Cafeterien, Schreibwarenläden), der „Bandejão“ (Mensa) und dem CEU (Sportzentrum mit Swimming-Pool ) ab. Die jeweiligen Fakultäten sind mit eigenen Bibliotheken, Cafeterien und Buchläden ausgestattet, so dass man dort durchaus den Tag verbringen kann. Ein weiterer Unterschied ist auch, dass die Studiengänge (in meinem Fall Relações Econômicas Internacionais) als Morgen- oder Nachtkurse ausgelegt sind, da die brasilianischen Studenten oft nebenher fast Vollzeit arbeiten. Als Austausschüler kann man auch Vorlesungen aus unterschiedlichen Studiengängen kombinieren und so einen eigenen Zeitplan finden, aber normalerweise hätte ich nur jeden Abend von 19:00 Uhr bis 22:30 Uhr Unterricht gehabt. Wenn man nebenher gerne noch arbeiten möchte (einen bezahlten Job zu finden ist sehr schwierig, und m.E. quasi unmöglich), bietet die Stadtverwaltung ein Freiwilligenprogramm an, bei dem man dann bspsw. als Übersetzter von Flyern o.Ä. mithelfen kann. Insgesamt würde ich einen Aufenthalt an der UFMG mit Sicherheit empfehlen. Das Kursniveau und –angebot der Universität ist meines Erachtens wirklich gut und man lernt eine etwas andere Herangehensweise ans Studieren kennen (zumindest im Fall der Wirtschaftswissenschaften). Man sollte sich darauf einstellen, dass die Stadt an sich nicht allzu viele Möglichkeiten bietet und die Mobilität durch die Infrastruktur etwas erschwert wird. Allerdings sind die Menschen sehr liebenswürdig, offen und hilfsbereit, man findet schnell Freunde und es ergeben sich immer spontane Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung.