Nahversorgung Bodensee - PRO REGIO Oberschwaben GmbH

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Nahversorgung Bodensee - PRO REGIO Oberschwaben GmbH
Nahversorgung Bodensee –
Erfahrungen aus fünf Regionen
I N HALT
NAHVE R S OR G U N G
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Vorwort
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Einleitung
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Ausgangslage und Handlungsansätze in den fünf Modellregionen
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Erfolgsfaktoren der Nahversorgung
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Erfolgsfaktor Logistik: wie kommt das regionale Produkt zum Händler?
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Erfolgsfaktor Bürgerbeteiligung und Regionalität
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Erfolgsfaktor Raumplanung
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Erfolgsfaktor Kundenservice
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Alternative Wege der Nahversorgung:
Direktvermarktung und Selbsterzeugung
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Zusammenfassung: Die Rolle des Regionalmanagements
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Anhang
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Die Projektpartner
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Adressen/Kontakte
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Links
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Literatur
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Bildnachweise
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Impressum
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VORWORT
Geschätzte Leserinnen und Leser,
Einkaufen „um die Ecke“ schafft menschliche Begegnungen, fördert das Leben
im Ort und stärkt die Standortfunktionen gerade von ländlichen Gemeinden. Nahversorgung ist ein Teil der Daseinsvorsorge und gehört neben anderen Faktoren
wie Beschäftigung, Bildung oder Demografie zu den wichtigen Herausforderungen in der Bodenseeregion. Und nicht nur hier, europaweit müssen wir uns
fragen, wie die Bevölkerung im ländlichen Raum künftig mit Lebensmitteln versorgt werden kann. Die gleiche Frage stellt sich für die ärztliche Versorgung, für
Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen oder Dienstleistungen wie Post und
Apotheke. Denn bei zurückgehenden Bevölkerungszahlen können schon heute
im ländlichen Raum immer weniger Angebote und Einrichtungen rentabel betrieben werden – unter anderem mit dem Effekt, dass der Einkauf von Nahrungsmitteln in weniger zentral gelegenen Gemeinden ohne Autofahrt nicht mehr zu
bewerkstelligen ist.
Für die anstehenden Fragen können keine allgemein gültigen Antworten gegeben
werden. Zu unterschiedlich sind auch in den Anrainerländern des Bodensees die
politischen Rahmenbedingungen, die raumplanerischen Ansätze oder die Wettbewerbssituation am Lebensmittelmarkt. Vier Jahre lang hat das Projekt „Nahversorgung Bodensee“ in fünf Regionen zentrale Aspekte der Nahversorgung
bearbeitet. Dabei sind modellhafte Lösungen entstanden, die für die Entscheidungsträger in den betroffenen Gemeinden wertvolle strategische Erkenntnisse
ergaben oder für die Bevölkerung schlicht eine bessere Versorgungssituation.
Die in diesem Abschlussbericht dargestellten Lösungen mögen vielen anderen
Gemeinden und Regionen Anreiz und Orientierung geben, wie sie ihre Nahversorgungssituation verbessern können. Dabei ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis, dann zu handeln, solange die Versorgungsstrukturen im Ort noch intakt sind
– und nicht erst, wenn der letzte Laden geschlossen hat.
Es freut mich, dass dieses für den ländlichen Raum so wichtige und Perspektiven aufzeigende grenzüberschreitende Projekt über das Interreg IV-Programm
„Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung gefördert werden konnte.
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Dr. Tobias Schneider
Abteilungspräsident und Leiter der
Interreg-Verwaltungsbehörde
Regierungspräsidium Tübingen
E I N LE ITU N G
Herausforderung Nahversorgung
Zunächst ist eine Begriffsklärung notwendig. Nahversorgung lässt sich im weiteren Sinne als das Netz von funktionsfähigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge,
über das eine Gemeinde oder Region verfügt, beschreiben: Anbieter von Konsumgütern, Schulen, Bibliotheken, Arztpraxen bis hin zum regionalen Busverkehr.
Hier, im Interreg-Projekt „Nahversorgung Bodensee“, geht es in erster Linie um
die Versorgung mit Lebensmitteln. Und wir meinen eine Lebensmittelversorgung,
die zumindest in gewissem Umfang Erzeugnisse aus der Region anbietet. Die
Nahversorgungseinrichtung im Projektsinne ist im besten Falle zu Fuß erreichbar
und erfüllt für die Bürger eine wichtige Kommunikations- und Treffpunktfunktion.
„Unser“ Laden bestimmt selbst über sein Sortiment, kennt seine regionalen Lieferanten und zeichnet sich dadurch aus, dass er seine Kunden auf persönliche
Weise anspricht und die Beziehung zu ihnen pflegt – als selbständiger Kaufmann, als aufgeschlossener Direktvermarkter oder als bürgerbewegter Genossenschaftsladen.
Das Projekt fokussiert nicht den Typus des Discounters, der zwar auch „versorgt“,
aber auf betont anonyme Weise mit möglichst billigen und austauschbaren Produkten.
Gemeinsames Ziel der fünf Projektpartner war es, die notwendigen Voraussetzungen und Strukturen, die es für eine funktionierende Nahversorgung im oben
beschriebenen Sinne benötigt, zunächst zu untersuchen und dann in ausgewählten Modellregionen und Modellgemeinden zu fördern.
Die fünf Projektpartner aus fünf Regionen am Bodensee haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte und Strategien verfolgt:
• Die Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH (Vorarlberg) ist der Frage nachgegangen, wie Produkte regionaler Erzeuger logistisch ge-
bündelt sowie effektiv und bequem von Gastronomen und Ladenbe-
treibern geordert werden können.
• Das landwirtschaftliche Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg
(Kanton Thurgau) und das Landwirtschaftsamt Schaffhausen (Kanton Schaffhausen) haben untersucht, wie eine optimierte regionale Raum-
planung die Nahversorgung in ländlichen Gemeinden unterstützen kann.
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• Die Modellprojekt Konstanz GmbH (Kreis Konstanz) und die PRO REGIO Oberschwaben GmbH (Kreis Ravensburg) haben Gemein-
den bei der Organisation und Moderation von Bürgerprozessen be-
gleitet, um konkrete Ladenprojekte vor Ort zu unterstützen.
Nach vier Jahren „Nahversorgung Bodensee“ haben die entwickelten Lösungen
in den meisten Modellfällen konkrete und für die Bürger spürbare Verbesserungen der Nahversorgung gebracht. In einigen Fällen konnten wir wertvolle
regional- und lokalpolitische Diskurse auslösen. In einzelnen Fällen konnten wir
wenig oder gar nicht helfen.
Das Thema Nahversorgung trifft den Nerv örtlicher Wertvorstellungen. Das macht
es so komplex wie spannend.
Die Interreg-Projektgruppe „Nahversorgung Bodensee"
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AU S G AN G S LAG E
Fünf Regionen in vier Ländern am
Bodensee
Die beiden Schweizer Kantone Thurgau und Schaffhausen, die beiden badenwürttembergischen Landkreise Konstanz und Ravensburg und das österreichische Bundesland Vorarlberg: das gemeinsame Interreg-Projekt „Nahversorgung
Bodensee“ machte zunächst klar, dass die fünf Partner von sehr unterschiedlichen strukturellen und politischen Rahmenbedingungen ausgehen müssen.
Am ähnlichsten ist die Lage noch in Vorarlberg und Baden-Württemberg. Dort,
wo die Supermärkte und Discounter an den Ortsrändern sichtbare Zeichen einer
immensen Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel sind. Wo die großen Märkte in sogenannten „nicht integrierten Lagen“ dem Einzelhandel in den Ortszentren
das Leben schwer machen. Discounter wie Lidl, Netto oder Aldi haben mit rund
40 Prozent in Deutschland und rund 30 Prozent in Österreich europaweit den
größten Marktanteil. In den räumlichen Entwicklungskonzepten der Gemeinden
in Vorarlberg wurden die Faktoren Wohnen, Arbeiten und Einkaufen lange Zeit
zu wenig gemeinsam geplant und in Baden-Württemberg kann nur bei großflächigen Vorhaben ab 800 Quadratmeter Verkaufsfläche auf ein räumlich und funkSeite 6
tional differenziertes Versorgungsnetz Einfluss genommen werden.
Beide Länder haben aber inzwischen reagiert und Förderprogramme zur Stärkung der Nahversorgung in den Ortszentren aufgelegt. Die Gemeinden in Vorarlberg werden heute aufgefordert, in ihre räumlichen Entwicklungskonzepte auch
die Nahversorgung aufzunehmen. Das Land Vorarlberg fördert entsprechende
Konzepte und Projekte und konkrete Nahversorgungsvorhaben sogar mit Zuschüssen zum Geschäftsbetrieb.
Die Schweiz scheint sich auch im Bereich der Nahversorgung noch ein Stück
„heile Welt" bewahrt zu haben. Noch findet sich in vielen ländlichen Gemeinden,
oft bis hinauf in die Bergdörfer, ein Laden, meistens getragen durch die drei Großen Migros, Coop und VOLG. Aber der Rückgang der Bevölkerung vor allem auf
dem Lande lässt bereits erste Konzentrationstendenzen erkennen.
Überdies weisen kantonale Richtpläne nur Orten mit zentraler Bedeutung Versorgungsfunktionen zu. Mit dem Programm „Neue Regionalpolitik (NRP)“ hat die
Eidgenossenschaft ebenfalls ein Werkzeug geschaffen, um den ländlichen Raum
und die Strukturen in kleinen Gemeinden gezielt zu fördern.
Um das „Lädelisterben“ aufzuhalten, haben sich in Ortschaften mit unrentablen
Standortbedingungen erste Bürgergenossenschaften gegründet.
Kantone Thurgau und Schaffhausen
Der Schweizer Detailhandel wird durch die beiden Großverteiler Migros und
Coop dominiert, die einen Marktanteil von 73 Prozent zu jeweils fast gleichen
Teilen besitzen (Stand 2011). Weitere 15,5 Prozent des Marktes liegen bei den
Discountern und den Abholmärkten. 11,5 Prozent des Marktes halten selbständige Detaillisten. Zu ihnen gehört auch die Dorfladenkette VOLG, die schweizweit
über 800 Verkaufsstellen beliefert und damit nur knapp hinter dem Großverteiler
Coop (902 Verkaufsstellen) aber deutlich vor der Migros (550 Verkaufsstellen)
liegt. Migros und Coop bieten eine sehr breite Sortimentsstruktur an. So sind in
ihren Läden sowohl Billiglinien wie auch Produkte mit höherer Qualität im oberen
Preissegment (z.B. Bio- oder Regionalprodukte) zu finden. Durch den Markteintritt der beiden Discounter Aldi und Lidl hat sich der Preiskampf im Schweizer
Detailhandel weiter verschärft. Der Marktanteil lag 2011 aber nach wie vor bei
verhältnismäßig bescheidenen 6,8 Prozent. Den größten Marktanteil im Bereich
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AU S G AN G S LAG E
der Discounter hält der zur Migros gehörende Denner mit 7,3 Prozent.
Durch die hohe Bevölkerungsdichte in der Schweiz ist vor allem im Flachland
die Versorgungsstruktur gut. Im Gegensatz dazu ist in den Bergregionen mit ihrer Topographie der Weg zum nächsten Laden schon deutlich weiter. Dennoch
sind auch in vielen Gemeinden in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau viele
Anbieter im Bereich der Nahversorgung verschwunden (z.B. Bäckereien, Metzgereien, Dorfläden).
In der Schweiz ist im Gegensatz zu Österreich die Autonomie der Kantone und
der Gemeinde im Bereich der Raumplanung größer. Daraus ergibt sich das Risiko, dass jede Gemeinde für sich nach Lösungen im Bereich der Nahversorgung
sucht, anstelle mit benachbarten Gemeinden zusammenzuarbeiten.
Um das Bedürfnis bezüglich Nahversorgung der Gemeinden in den Kantonen
Schaffhausen und Thurgau abschätzen zu können, wurde an alle 80 Thurgauer
und 26 Schaffhauser Gemeinden ein Fragebogen versandt. Daraus resultierte ein
erfreulicher Rücklauf von 73 Prozent (Schaffhausen) und 61 Prozent (Thurgau).
Es zeigte sich, dass in vielen Gemeinden zumindest noch ein Teilangebot vorhanden ist, vom bäuerlichen Hofladen bis zum örtlichen Bäcker oder Metzger.
In über der Hälfte der Gemeinden ist die Nahversorgung allerdings gefährdet, in
einem kleinen Teil auch nicht mehr sichergestellt. Die noch bestehenden Strukturen könnten etwa durch die Erweiterung des Sortiments gestärkt werden. Von
den antwortenden Gemeinden zeigten sich acht Schaffhauser und 18 Thurgauer Gemeinden an einer Verbesserung der Nahversorgungssituation interessiert.
Der Stand und die Betroffenheit in den einzelnen Gemeinden ist je nach „Leidensdruck“ sehr unterschiedlich. Im Projektverlauf zeigte sich, dass durch die
unterschiedliche geografische Situation und die größere Bevölkerungsdichte die
Ausgangslage im Gegensatz zu den Projektpartnern in Deutschland und Österreich noch nicht gleich bedrohlich wahrgenommen wird. Dem Großteil der Bevölkerung steht eine Einkaufsmöglichkeit im Ort oder innerhalb weniger Autofahrminuten zur Verfügung.
Im Kanton Schaffhausen haben viele Bürger ihre Nahversorgung selbst in die
Hand genommen. So betreibt eine Genossenschaft den von der Schließung bedrohten Dorfladen in der Gemeinde Oberhallau.
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Landkreis Ravensburg
Prognosen von Verbänden und Forschungsinstituten kommen zu dem Ergebnis,
dass die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in zum Teil mehr als der
Hälfte der Gemeinden in der Bodenseeregion gefährdet ist. Der intensive Preiswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel und die besondere „Preissensibilität“
deutscher Kunden führen zunehmend zur Angebotskonzentration. Damit verbunden ist ein Strukturwandel hin zu großflächigen Supermärkten und Discountern,
die durch bewusst dezentrale, aber verkehrsreiche Standorte in der Regel einen
Einkauf mit dem Auto bedingen. Dies wiederum verändert das Einkaufsverhalten
der gerade im ländlichen Raum ohnehin mit dem PKW zum Arbeitsplatz auspendelnden Bevölkerung. Der Einkauf wird „unterwegs“ erledigt, was die Versorgungsfunktion dörflicher Strukturen und die Ortsmitten erheblich schwächt.
Post, Bank, Lebensmittel- und Einzelhandel ziehen sich zunehmend aus der Fläche zurück. Vor diesem Hintergrund hat der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben im Jahr 2010 von der BBE Retail Experts Unternehmensberatung ein
regionales Einzelhandelskonzept entwickeln lassen. Der entstandene Regionalatlas stellt für alle Gemeinden in der Region Bodensee-Oberschwaben einen
zusammenfassenden Überblick zu den wesentlichen Strukturdaten mit Relevanz
für den Einzelhandel dar. Er erlaubt den Gemeinden, die ihnen raumplanerisch
zugewiesene Versorgungsfunktion mit ihrem aktuellen Versorgungsangebot abzugleichen und bei Bedarf lenkende Maßnahmen einzuleiten.
Nach einer Ausschreibung unter den Gemeinden in der Region und einer Sondierung der Bewerbungen mit dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben
und der IHK Bodensee-Oberschwaben wurden sechs Gemeinden ausgewählt,
die nun mit Unterstützung aus dem INTERREG-Projekt zweieinhalb Jahre lang
begleitet werden sollten, um die Nahversorgungssituation zu sichern oder zu verbessern. Ein wesentliches Ziel war dabei, neben dem Erhalt oder der Einrichtung
von Läden im Ort, das Angebot regionaler Produkte zu erhöhen.
Die PRO REGIO hat in den beratenen Gemeinden eine umfangreiche und je
nach Ausgangslage abgestufte Dienstleistung angeboten. Zum Service gehörten etwa die Aufnahme der aktuellen Versorgungssituation, die Erstellung eines
Standortgutachtens, die Durchführung von Haushaltsbefragungen, die Organisation der Bürgerbeteiligung und die Moderation von Arbeitsgruppen. Sehr gute
Kontakte zu Lebensmittelerzeugern der Region, zu Lebensmittelgroßhändlern
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oder zu beispielhaften Versorgungsmodellen anderer Gemeinden haben das praxisorientierte Angebot unterstützt.
Vorarlberg
In Vorarlberg ist die Zahl der Geschäfte, die ein Lebensmittel-Vollsortiment anbieten, in den Jahren zwischen 1970 und 1998 von 578 auf 220 gesunken – ein
Rückgang um 62 Prozent. Betriebe mit einer Verkaufsfläche unter 400 Quadratmeter sind rückläufig, während größere Geschäfte mit Verkaufsflächen bis
1.000 Quadratmeter, die überwiegend als Filialbetriebe geführt werden, sowie
Verbrauchermärkte ab 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche zugenommen haben.
Die kleinen Läden werden hauptsächlich von selbständigen Kaufleuten betrieben.
In den einzelnen Regionen zeigt sich ein signifikanter Wandel im Versorgungsgrad. Die Verkaufsflächen haben sich aus den kleinen Orten und den Innenstädten in die Ballungszentren oder in die Peripherie von Städten verlagert (Quelle:
Wirtschaftskammer Vorarlberg, 2008). Verlierer dieser Entwicklung sind die kleinen Gemeinden und dort vor allem die weniger mobilen Einwohner wie Kinder,
Jugendliche und ältere Menschen. Nahversorgung bedeutet nicht nur, sich fußläufig mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgen zu können, sondern beinhaltet
auch einen sozialen Faktor. In den Geschäften oder Postfilialen trifft man sich,
kommt ins Gespräch und knüpft und pflegt Kontakte (vgl. Thanner, 2008).
Neue Konzepte für die Nahversorgung sollen oben genannter Entwicklung entgegenwirken. In Vorarlberg beschäftigen sich mehrere Institutionen mit dem Thema
Nahversorgung, wie das „Büro für Zukunftsfragen“ oder der „Verein für dörfliche
Lebensqualität und Nahversorgung“, die mit den Gemeinden und den selbständigen Kaufleuten arbeiten. Es lag nahe, den Schwerpunkt der Arbeit der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH auf einen anderen Bereich als die Arbeit
in den Gemeinden und mit den Geschäften zu legen. Grundlegende Aufgabe
des „Ländle Marketings“ ist es, heimische Produkte bekannter zu machen, deren
Qualität zu steigern und die Wertschöpfung im Land zu erhöhen.
Regionale Lebensmittel sind in den Regalen der Nahversorger oft schlecht vertreten, gleiches gilt für die Küchen der Gastronomiebetriebe. Ein Grund ist der
hohe logistische Aufwand, der für den Produzenten - sprich Landwirt - damit verbunden ist, regionale Produkte in den Lebensmittelhandel bzw. die Gastronomie
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zu bringen. Ziel war es, dass heimische Produkte einfach zu jenen gelangen, die
sie verkaufen möchten.
Landkreis Konstanz
Die Nahversorgung mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ist
ein unverzichtbares Stück Lebensqualität für die Menschen im ländlich geprägten
Landkreis Konstanz. Die Grundversorgung am Ort ist für viele der 25 Gemeinden
ein Standortargument. Wo der letzte Laden schließt, haben Menschen ohne Auto,
Ältere oder Feriengäste sofort ein Versorgungsproblem.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels muss davon ausgegangen
werden, dass in weniger zentralen Gemeinden die Versorgung des täglichen Bedarfs gefährdet ist. Viele Kommunen haben schon schmerzhafte Einschnitte im
Bereich der Nahversorgung erfahren müssen. Teilweise haben sie selbst durch
die Ansiedlung von Discountern zum Dorfladensterben in der Ortsmitte beigetragen.
Am westlichen Bodensee fand zum Auftakt des Interreg-Projektes am 24. Juni
2008 der 1. Nahversorgertag in Radolfzell statt. Über 200 Teilnehmer, darunter
viele Bürgermeister und Gemeindeobmänner, Vorsitzende der Handels- und Gewerbevereine sowie Touristiker rund um den Bodensee folgten der Einladung.
Landrat Frank Hämmerle eröffnete als Gastgeber den 1. Nahversorgertag und
gab damit auch den Startschuss für das Projekt „Nahversorgung Bodensee“.
Im Frühjahr 2009 startete die Region Westlicher Bodensee mit einem Vorhaben
zur Verbesserung der Nahversorgung im ländlichen Raum in fünf Modellgemeinden. Dabei wurden praxiserprobte Standards angelegt. Dazu gehörten umfassende Situationsanalysen, moderierte Bürgerbeteiligungen und die Einbindung
von Multiplikatoren und Schlüsselakteuren.
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Logistik: Wie kommt das regionale
Produkt zum Händler?
Vorarlberg
„Auf Basis der laufenden
´Strategie
Landwirtschaft
2020: Ökoland Vorarlberg,
regional und fair‘ kommt der
Nahversorgung ein besonderer Stellenwert zu. Gerade
das Ländle Marketing mit dem
Gütesiegel << i luag druf >>
sorgt dafür, dass die vielfältige Palette an gesunden Vorarlberger Lebensmitteln frisch
und auf kurzem Weg zu den
Konsumenten kommt, wovon
auch Umwelt und Klima profitieren.“
Ing. Erich Schwärzler,
Landesrat
Es gibt in Vorarlberg viele ausgezeichnete Produkte von lokalen Produzenten, vor
allem Landwirten und Sennereien. Auf der anderen Seite gibt es Nahversorger,
die an solchen Produkten interessiert sind. Regionale Lebensmittel können ihnen
dabei helfen, sich von ihren Mitbewerbern abzuheben. Doch wie kommt das Produkt vom Produzenten zum Kunden?
Studierende der Fachhochschule Vorarlberg haben im Rahmen ihres Studiums
der Betriebswirtschaft im Fachbereich Logistik eine Studie mit dem Titel „Logistikstudie – Bündelung der Transporte regionaler Lebensmittel in Nahversorgungsbetriebe am Beispiel Vorarlberg“ erstellt. Die Studie umfasste eine Ist-Analyse
und erhob, welche Mengen an regionalen Produkten in Nahversorgungsgeschäfte transportiert werden. Sie zeigte deutlich auf, dass die zu transportierenden
Mengen gering sind und die Transportstrecken wegen der Beschränkung auf den
Vorarlberger Raum kurz. Etwa 30 Prozent der Lieferungen finden innerorts statt
und sind für eine Transportbündelung irrelevant. Alle Produzenten belieferten die
Nahversorger selbst mit eigenen Transportmitteln, es gab keine Kooperationen
(Fiel et al., 2009).
Dieses System ist natürlich für die Produzenten mit hohem Aufwand in verschiedenen Bereichen verbunden und auch in puncto Umweltschutz verbesserungsfähig. Deshalb verglichen die Studierenden die IST-Analyse im Rahmen einer
Nutzwertanalyse mit verschiedenen Logistikkonzepten. Jedes Konzept führte zu
einer deutlichen Verringerung der gefahrenen Kilometer. Das am besten bewertete Konzept wurde detaillierter ausgearbeitet. Es besteht in der Einrichtung einer
zentralen Stelle, welche die Transportaufträge annimmt und disponiert. Basierend auf den Transportaufträgen werden anschließend ein Produzenten- sowie
ein Nahversorgerkreis gebildet, die separat abgefahren werden (Fiel et al., 2009).
Das Konzept wurde neben den Nahversorgern auch den Verantwortlichen des
Vorarlberg Tourismus vorgestellt. Diese zeigten sich sehr interessiert daran, ein
solches Konzept auch für die Gastronomiebetriebe der Region zu entwickeln.
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Partner
Um ein Logistikprojekt vor allem für die Gastronomie umsetzen zu können, suchten
die Projektverantwortlichen bei der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH
nach Partnern. Gefunden wurden diese in der Wirtschaftskammer Vorarlberg und
in Jochen Schluge, der einen Großhandel mit Wurst und Fleischwaren betreibt.
Die Wirtschaftskammer Vorarlberg, Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, hat
sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die touristische Nummer eins im Thema
Regionalität zu werden. Hier spielen natürlich auch regionale Lebensmittel eine
große Rolle – eine Belieferung der Gastronomen mit regionalen Lebensmitteln
und die Zusammenarbeit mit der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH waren somit nur logische Schritte.
Jochen Schluge und sein Team beliefern schon länger Gastronomen mit Fleisch
und Wurst und sind täglich in ganz Vorarlberg unterwegs. Eine Ausweitung dieser logistischen Tätigkeit auf Produkte von Landwirten und Sennereien war für
Jochen Schluge gut vorstell- und auch relativ leicht umsetzbar. Somit war er der
dritte Partner im Boot. Das gemeinsam entwickelte Logistikprojekt startete im
Februar 2012 unter dem Titel „LandGut.com“.
Pilotphase
In der einjährigen Pilotphase ging es zunächst darum, Praxiserfahrungen zu sammeln. Die Wirtschaftskammer suchte rund 60 Gastronomen, die mit regionalen
Lebensmitteln beliefert werden wollten, während sich die Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH darum kümmerte, ein attraktives Angebot an Produkten
aus Vorarlberg zusammenzustellen. Dieses umfasst nun die „Kategorien“ WurstSchinken-Speck, Schnäpse-Brände, Säfte, Molkereiprodukte, Fleisch, Eier-Nudeln, Riebel, sonstige Lebensmittel und Bio-Produkte. Die Produkte stammen
von zehn Vorarlberger Produzenten, darunter ist eine Genossenschaft mit 14
Mitgliedern.
Während der Pilotphase sollten alle Beteiligten an dem Projekt Probleme ansprechen und aufdecken und gemeinsam an Verbesserungen arbeiten.
Ab Februar 2012 besuchten die Projektverantwortlichen gemeinsam mit Produzenten Hotels und Gastronomiebetriebe in unterschiedlichen Tourismusregionen Vorarlbergs. Sie stellten den Betrieben die Idee und die Philosophie von
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„LandGut.com“ vor und brachten Kostproben ihrer Produkte mit. Durch diese
Besuche sollten die Gastronomen vor allem Gelegenheit haben, die Produzenten
und die Produkte sowie die Geschichte hinter den Produkten kennenzulernen.
In der dem Betriebsbesuch folgenden Woche bestellten die Gastronomen und
Hoteliers schon die erste Ware und wurden erstmalig beliefert.
In der Wintersaison wurden 35 Hotellerie- und Gastronomiebetriebe beliefert, im
Mai 2012 waren es rund 20. Die Saisonalität des Tourismus mit einem starken
Winterschwerpunkt erklärt die großen Schwankungen. Auch Nahversorger können den Logistikservice in Anspruch nehmen, bisher tun das zwei Betriebe.
Im Winter 2011/12 wurden in der Zeitung „NEUE am Sonntag“ bestehende Kooperationen von Land- und Gastwirten vorgestellt. Sie sollen zeigen, dass es in
diesem Bereich funktionierende Partnerschaften gibt und das Bewusstsein für
regionale Lebensmittel in der Bevölkerung stärken.
Bertram Rhomberg (links) vom
Hotel Madrisa bezieht Bergkäse, Milch und Kälber von Landwirt Heinrich Tschofen
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Haubenkoch Thorsten Probost (links) bereitet mit Souschef Tobias Schöpf (rechts)
in der „Griggeler Stuba“ Fische von Fischzüchter Andreas Mittermayr (Mitte) zu
Vorstellung von LandGut.com im Restaurant
Mangold in Lochau, v.l. Simone Kochhafen
(WK Vorarlberg), Michael Schwarzenhofer
(Restaurant Mangold) , DI Dr. Richard Dietrich (Dietrich Vorarlberger Kostbarkeiten,
Martin Winder (Winder Beeren), Harald
Schobel (Schobel Höchstgenuss), Bertram
Martin (Martinshof), Daniela Köb (LandGut.
com bzw. Schluge), Kaspar Kohler (BioBauern Sulzberg)
Landkreise Ravensburg/Konstanz
Zwei leistungsfähige Großhändler haben sich darauf spezialisiert, kleinere Lebensmittelläden zu beliefern: die Firma Okle in Singen (Region Bodensee) und
die Firma Utz in Ochsenhausen (Region Oberschwaben/Allgäu). Über das Projekt Nahversorgung Bodensee konnten etliche Kontakte zwischen Lebensmittelläden und Großhändlern geknüpft und Dorfläden mit regionalen Lebensmitteln
ausgestattet werden.
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Bürgerbeteiligung und Regionalität
Eine
Bürgerarbeitsgruppe in Unterankenreute entwickelt Lösungsmodelle für einen
Dorfladen
Der Bürgerwille oder manchmal auch der Bürgerunmut artikuliert sich spätestens
dann, wenn die Nahversorgung am Ort zu schwächeln beginnt. Da schließt der
Drogeriemarkt, die schon betagte Betreiberin des Lebensmittelladens hat absehbar keinen Nachfolger oder der Discounter am Ortsrand macht der letzten
örtlichen Bäckerei um die Ecke den Garaus. Oft regt sich erst jetzt der Ruf nach
einer „besseren“ Nahversorgung. In vielen Gemeinden setzt das für die Bürger
spürbare Defizit kreative Energie frei, die durch sinnvoll gestaltete Bürgerprozesse kanalisiert werden kann. So entstehen Bürgerläden, ja ganz neue Ortszentren.
Aber auch solange es noch Lebensmittel im Ort zu kaufen gibt, lohnt es sich,
das Bestehende zu stützen. Hier kann die Regionalisierung des Warenangebotes eine zentrale Rolle spielen. Die Aufwertung des Sortimentes um Kartoffeln
und Erdbeeren vom örtlichen Landwirt, verbunden mit einer darauf abgestimmten
Kundenansprache, machen verstaubte Ladengeschäfte wieder attraktiv.
Die Strategie in den Modellregionen Oberschwaben und Westlicher Bodensee
hat an diesen beiden Punkten angesetzt:
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1. Stärkung und Aufwertung von noch intakten Nahversorgungsstrukturen
2. Initiierung von Bürgerprozessen zur Wiederbelebung oder Schaffung von Ver- sorgungsstrukturen.
Landkreis Konstanz
In der kleinen Gemeinde Schienen auf der Halbinsel Höri hat 2006 eine Bürgergenossenschaft mit Unterstützung des Modellprojekts Konstanz im ehemaligen
„Milchhäusle“ auf knapp 50 Quadratmetern einen Dorfladen eingerichtet. An die
zwanzig Zulieferer aus direkter Umgebung und ein Fischer vom Untersee bringen
die Schätze der fruchtbaren Halbinsel Höri zum Dorfladen. Etwa die Hälfte ihres
Umsatzes erwirtschaften die Ladenbetreiber mit regionalen Produkten. Mit der
Gründung der Genossenschaft haben sich die Bürger von Schienen gegen die
Verödung ihres Dorfes gewehrt und vielen anderen Mut gemacht. Weitere Informationen: www.laedele-schienen.de
„Die Grundversorgung am Ort
ist für viele unserer 25 Gemeinden im Landkreis Konstanz ein Standortargument.
Wo der letzte Laden schließt,
haben Menschen ohne Auto,
Ältere oder Feriengäste sofort
ein Versorgungsproblem.“
Landrat Frank Hämmerle,
Landkreis Konstanz
Dorfladen in Schienen auf der Halbinsel Höri
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Dem Beispiel aus Schienen sind die Bürger der Konstanzer Teilgemeinde Wallhausen gefolgt. Mit Unterstützung und Erfahrungen aus dem INTERREG- Projekt
wurde ein kleiner Dorfladen mit 140 Quadratmetern im April 2009 feierlich eröffnet. Das Grundsortiment für die Nahversorgung liefert die Firma Okle. Ergänzt
wird das Sortiment um Obst, Gemüse, Käse, Wurst, Säfte und Marmelade umliegender Landwirte. Weitere Informationen: www.dorfladen-wallhausen.de
Frischeangebot im Dorfladen
Wallhausen
In Büßlingen gründete sich nach einem moderierten Bürgerbeteiligungsprozess
zur Verbesserung der Nahversorgungsstruktur im September 2010 der Bürgerverein Linde e.V. Der Verein zählt über 100 Mitglieder und fungiert als feste Trägerstruktur für die weitere Entwicklung des ehemaligen Gasthauses „Linde“. Mit
Fördermitteln aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum hat der Verein
das Gebäude erworben und arbeitet seither intensiv daran, es zu einer Begegnungsstätte mit Einkaufsmöglichkeit umzubauen.
Nach einer Bürgerversammlung im Juli 2010 führte das Modellprojekt Konstanz
in Hausen a. d. Aach eine Haushaltsbefragung zur Entwicklung eines Dorfladens
im alten Rathaus durch. Die Bürger wünschten sich einen zwei- bis dreitägigen
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Verkauf von frischen, regionalen Lebensmitteln. Für den geplanten Gebäudeumbau wurden ebenfalls Mittel aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum
bewilligt.
Daraufhin wurden über das Interreg-Projekt Angebote von Direktvermarktern zur
Unterstützung eines Ladenbetriebs zusammengetragen, das mögliche Warensortiment zusammengestellt und Empfehlungen für den praktischen Ladenbetrieb
gesammelt. Da die wirtschaftliche Grundlage für einen unternehmergeführten
Laden fehlt, gingen die Überlegungen in Richtung einer Verkaufsgemeinschaft in
Bürgerhand. In einem moderierten Arbeitskreis trugen 15 engagierte Bürger Wissen, Vorschläge und Unterstützungsmöglichkeiten für den Betrieb eines „Marktlädeles“ zusammen. Eine Halbtagesexkursion zum „Lädele“ in Schienen sowie zum
Dorfladen in Singen-Bohlingen erbrachte weitere Konzeptideen.
Im Auftrag der Gemeinde Beuren organisierte und moderierte das Modellprojekt
Konstanz eine Bürgerwerkstatt zur Erarbeitung eines Dorfentwicklungskonzeptes
einschließlich des Aspekts der Nahversorgung.
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Landkreis Ravensburg
„Gerade bei uns im ländlichen
Raum brauchen wir zukunftsfähige, realistische Lösungen
für die Nahversorgung der Bevölkerung. Die im Rahmen des
Interreg-Projektes entwickelten
Lösungsansätze und Modellbeispiele zeigen in die richtige
Richtung!“
Landrat Kurt Widmaier,
Landkreis Ravensburg
In der Gemeinde Schlier, Ortsteil Unterankenreute, hat im November 2011 ein
genossenschaftlich getragener Dorfladen neu eröffnet. Die PRO REGIO hat
dort den Verständigungsprozess unter den Bürgern gesteuert und moderiert und
machbare Varianten herausgearbeitet. Dazu wurde eine Bürgergruppe eingerichtet, die unterschiedliche Standort- und Betreibermodelle entwickelte und dem
Gemeinderat präsentierte. Eine von der PRO REGIO initiierte Haushaltsbefragung und eine Standortanalyse der Unternehmensberatung Handel haben die
Entscheidungsfindung erleichtert. Unterankenreute hat sich daraufhin für den
Weg eines von der Bürgerschaft breit getragenen Genossenschaftsladens entschieden. Ein leer stehendes Ladenlokal in der Ortsmitte wurde mit großem ehrenamtlichem Aufwand saniert. Die Gemeinde unterstützte das Vorhaben durch
Zuschüsse zu den Sanierungskosten und die vorerst mietfreie Überlassung der
Räume. Das Erfolgsrezept des nur 100 Quadratmeter großen Dorfladens: ansprechende Raumgestaltung, freundliches Personal, gemütliche Kaffee-Ecke,
angepasste Öffnungszeiten und ein großes Angebot an regionalen (Bio-) Produkten.
In der Gemeinde Fronreute, Ortsteil Blitzenreute, hat die PRO REGIO gemeinsam mit einer Gruppe von Schlüsselakteuren in moderierten Workshops unterschiedliche Modelle erarbeitet, die auf die Stärkung der Ortsmitte und die nachhaltige Einbettung der Nahversorgung zielten. Die Arbeitsergebnisse wurden im
Gemeinderat und im Rahmen einer Bürgerversammlung vorgestellt. Komplexe
Grundstücks- und Besitzverhältnisse sowie die Alternative, einen größeren Lebensmittelmarkt am Ortseingang anzusiedeln, haben die Entscheidung letztlich
zugunsten Letzterem ausfallen lassen. Im Wohngebiet Leimäcker wird sich nun
ein Vollsortimenter ansiedeln.
In Boms hat nach einer von der PRO REGIO durchgeführten Haushaltsbefragung und einem moderierten Bürgerabend ein Einzelunternehmer (Ofenbauer)
die Herausforderung der Nahversorgung aufgegriffen und ist derzeit dabei, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde den Standort einer alten Kegelbahn zum Laden
umzubauen. Neben einer Ofenausstellung soll dort im ersten Schritt ein Imbiss
mit Brotverkauf eingerichtet werden.
In den bestehenden Lebensmittelläden in Ravensburg-Oberhofen (Edeka MeßSeite 20
Beliebter Treff: der neue Dorfladen
in Unterankenreute
mer), Illmensee (M&M-Markt) und Bad Wurzach-Eintürnen (Joschis Einkaufsparadies) hat die PRO REGIO gezielt regionale Lieferanten vermittelt, um den Anteil
regionaler Lebensmittel wie Käse, Joghurt oder Mehl zu erhöhen. Der Laden in
Eintürnen ist überdies in Kooperation mit dem Lebensmittelgrossisten Utz komplett modernisiert worden.
Beratungsgespräch im Dorfladen
Eintürnen
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Kantone Thurgau und Schaffhausen
Nach einer Exkursion im Rahmen des Interreg-Projektes zum Genossenschaftsladen der Gemeinde Beggingen (Kanton Schaffhausen) entschloss sich der Gemeinderat der Gemeinde Stetten, den Aufbau eines Dorfladens zu unterstützen.
Neben dem Dorfladen fehlte in Stetten auch ein Treffpunkt für die Bevölkerung.
Eine Umfrage unter der Bevölkerung sollte deren Bedarf und Wünsche ermitteln.
Beflügelt durch die Umfrage gründete sich ein Trägerverein zur Errichtung eines
Dorfladens, der auch die Funktion eines Treffpunkts erfüllen sollte. Aufgrund der
engagierten Bürgerschaft konnte der Laden mit angeschlossenem Bistro im August 2012 eröffnet werden. Weitere Informationen: www.dorfladen-stetten.ch
„Wer als Konsumentin und als
Konsument heute auf die Nahversorgung setzt, sichert nachhaltig die Zukunft der eigenen
Wirtschaftsregion.“
Ernst Landolt, Regierungsrat
des Kantons Schaffhausen
Eröffnung des Dorfladens in Stetten
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Das BBZ Arenenberg hat zum Projektstart sämtliche Thurgauer Gemeinden zu
einer Informationsveranstaltung eingeladen. Daraufhin hat die Gemeinde Langrickenbach konkret um Unterstützung gebeten. Mit dem Gemeinderat und einer
eigens gegründeten Projektgruppe wurden erste Gedanken zur Wiedereröffnung
eines Dorfladens ausgetauscht. Eine Exkursion zu den Dorfläden der Gemeinden
Wallhausen und Schienen im Gebiet des Projektpartners Westlicher Bodensee
erbrachte wertvolle Praxiseindrücke. Die Begeisterung der Bevölkerung und auch
der Verantwortungsträger für einen neuen Laden blieb aber eher mäßig. So konnte bis jetzt trotz verschiedenster Diskussionen kein konkretes Projekt in Angriff
genommen werden.
Checkliste zum Qualitäts-
„Mit
dem
Interreg-Projekt
'Nahversorgung' liegen nun
für Kanton und Gemeinden
Grundlagen vor, um in der
Raumplanung Steuerungsmaßnahmen, aber auch strukturelle
Anpassungen einzuleiten bzw.
zu unterstützen.“
Dr. Kaspar Schläpfer, Regierungsrat, Chef Departement
für Inneres und Volkswirtschaft
des Kantons Thurgau
management von Dorfläden
Service/Kundenbindung
Sortiments-/Preisstrategie
Öffentlichkeitsarbeit
Logistik, Personal
Erreichbarkeit, Ladengestaltung
Politische/Planerische Unterstützung
Bürgerbeteiligung
Finanzierung/Fördermittel
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E R F O LG S FAK TOR E N
Raumplanung
Ein Ziel des Interreg-Projektes „Nahversorgung Bodensee“ war es, Entscheidungsgrundlagen für die politischen Rahmenbedingungen zu entwickeln, die die
Nahversorgung im ländlichen Raum nachhaltig sichern. Voraussetzungen dafür
sind die intensive Zusammenarbeit mit und in den Gemeinden sowie die Vernetzung für den Informations- und Erfahrungsaustausch.
Auf Schweizer Seite haben Einzelprojekte zur Förderung oder zum Aufbau von
Dorfläden deutlich die Abhängigkeit von der raumplanerischen und politischen
Entwicklung der ländlichen Gemeinden gezeigt. Um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Dorfläden zu sichern, müssen Versorgungskonzepte in die
kommunale Gesamtentwicklung eingebunden werden. So zeigte das Projekt
„Dorfladen Langrickenbach“, dass in Gemeinden mit diffuser Siedlungsstruktur
gewisse Anforderungen für die dauerhafte Einrichtung eines Dorfladens gestellt
werden müssen:
1. Entwicklung eines Dorfkerns mit sich gegenseitig ländlich-zentral stützenden Funktionen (z.B. Nahversorgung im weiteren Sinn: ärztli- che Versorgung, Alterszentrum, service public)
2. Anforderungen an die übergeordnete Planung, insbesondere Förde-
rung der ländlichen Nahversorgung und regionale Abstimmungen
von Einzelmaßnahmen
3. Entwicklungsmöglichkeiten für den ländlichen Raum aus der überge-
ordneten Planung, also z.B. für den Kanton Thurgau: Kantonaler
Richtplan 2009 sowie Agglomerationsprogramme
4. Raumplanerische Abstimmung der ländlichen Gemeinden unterein-
ander
Unabhängig vom Interreg-Projekt konstituierten sich im Jahr 2010 ländliche Gemeinden des Kantons Thurgau zur „IG Dörfer und Weiler“ mit den Zielen:
• Lebens- und Entwicklungsfähigkeit der Landgemeinden erhalten und fördern
• Gemeindeautonomie sichern und stärken
• Gleichwertigkeit des städtischen und des ländlichen Raums erreichen
• Zusammenarbeit zwischen Zentren und Landgemeinden fördern
• finanzielle Abgeltung von Leistungen anerkennen und klären
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Die IG Dörfer und Weiler hat sich zunächst als politische Lobby für die Vertretung der Interessen ländlicher Gemeinden im Kanton Thurgau konstituiert. Das
Interreg-Projekt hat dazu beigetragen, die relevanten Entscheider an einem runden Tisch für ein Entwicklungskonzept im ländlichen Raum des Kantons Thurgau
zu vereinen.
Entwicklung ländlicher Raum
Als Instrument wurde ein Grobkonzept für die Entwicklung des ländlichen Raums
erstellt und den Schlüsselpersonen der Planungsebenen in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau zur Verfügung gestellt. In der Arbeitsgruppe „Qualitative
Entwicklung im ländlichen Raum im Kanton Thurgau“ liegt das Grobkonzept als
Arbeitspapier vor. Das Konzept beinhaltet die folgenden Ansätze:
• Datensammlung, -aufbereitung und -auswertung in einem einheitli-
chen und voll umfassendem System, also in einem webbasiertem GIS mit einfacher Bedienung
• Auswertungsmöglichkeiten auf der Grundlage nicht aggregierter und parzellenscharfer Daten ermöglichen die Ableitung von Aussagen ei- nerseits im notwendigerweise sehr fein auflösenden, großen Maßstab und andererseits im großen, regionalen Perimeter
• Erarbeiten und Erkennen räumlicher Muster für Chancen und Risiken der Entwicklung des ländlichen Raums
• Entscheidungshilfe für Kooperationen und das Abstimmen von Maß-
nahmen innerhalb und zwischen ländlichen Gemeinden
• Raumplanerisches Instrument zur politischen Konsensfindung zwi-
schen allen Akteuren zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums
• Möglichkeit der Erarbeitung von planerischen Entwicklungsmodellen durch und in Abstimmung mit allen Beteiligten
• Langfristige Verwendungsmöglichkeit als Monitoringtool
Für die Umsetzung und politische Abstimmung wurde ein GIS-Tool auf einer zentralen Basis über einen Webserver angedacht. Das Konzept sieht die zentrale
Haltung entscheidungs- und abstimmungsrelevanter Daten sowie eine browserbasierte, einfach zu handhabende Benutzerschnittstelle vor. Das Tool ermöglicht:
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E R F O LG S FAK TOR E N
• Modellierung von Entscheidungsgrundlagen aus vorhandenen Daten (z.B. Interpolation wirtschaftlicher und sozialer Daten zur Bewertung der nachhaltigen Wirtschaftlichkeit und Überlebensfähigkeit von Dorf
läden)
• Funktion als „digitaler Sandkasten“ für die politische Abstimmung in der Form von Planspielen (z.B. „was wäre, wenn am Ort X ein Dorfla- den eingerichtet wird“)
• Zentrale Datenhaltung, -verwaltung und Fortführung
Um regionale Konzepte für die Nahversorgung in den ländlichen Gemeinden umzusetzen, bedarf es in erster Linie eines langfristigen Konsenses zwischen den
ländlichen Gemeinden und der Planungsebene. Damit können gemeinsame Konzepte im Detail erstellt, abgestimmt und umgesetzt werden, die den Bedürfnissen
des ländlichen Raumes Rechnung tragen. So ist ein im Wesentlichen auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Märktekonzept, wie es in den Agglomerationen zum
Tragen kommt, in den ländlichen Gemeinden nicht das richtige Instrument.
Die Einrichtung der Arbeitsgruppe „Qualitative Entwicklung im ländlichen Raum
im Kanton Thurgau“ ist der erste Schritt für den notwendigen Dialog. Die zukünftige Aufgabe dieser Arbeitsgruppe wird es sein, ein Entwicklungskonzept für
den ländlichen Raum zu entwickeln und politisch umzusetzen. Im weiteren Verlauf sollen kantonsspezifische Umsetzungen des erarbeiteten Modells im Kanton
Thurgau und im Kanton Schaffhausen erfolgen.
Unabhängig davon beginnen sich die Gespräche im Kanton Schaffhausen zwischen den kantonalen Ämtern, den Gemeinden und Interessensgruppen unter
anderen Rahmenbedingungen abzuzeichnen. Eine kontinuierliche Koordination
und Aussprache zwischen den Ämtern der Kantone Schaffhausen und Thurgau
findet statt.
Aus der Verknüpfung mit dem Gesamtkonzept sind konkrete Einzelmaßnahmen
und die Planung für deren Umsetzung abzuleiten. Ein entsprechendes Vorgehenskonzept muss politisch durchgängig abgestimmt sein und ist innerhalb der
Arbeitsgruppe „Qualitative Entwicklung im ländlichen Raum im Kanton Thurgau“
zu bearbeiten.
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Kundenservice
Dorfladen Primisweiler
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Betrieb von Dorfläden ist freundliches und
kompetentes Personal. Gerade bei bürgerschaftlichen Konzepten ist Personal oft
ehrenamtlich oder auf Basis geringfügiger Beschäftigung im Einsatz. Erfahrungen
mit dem Verkauf von Lebensmitteln sind nicht immer gegeben.
Verkaufsschulungen können dazu beitragen, die Qualität der Nahversorgung zu
verbessern. Kundenansprache, Umgang mit Reklamationen, Warenpräsentation
oder Ladengestaltung sind denkbare Themen.
Im Rahmen des Projektes wurde daher eine Fortbildungsreihe auf die Dorfläden
in der Bodenseeregion zugeschnitten. Das Ziel: besser verkaufen! Partner bei
der Umsetzung war die Nahversorgerschule der Firma Okle in Singen. Beteiligt
waren darüber hinaus der Regionalverband Bodensee-Hochrhein, der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg sowie zahlreiche regionale Vertriebspartner.
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ALTE R NATIVE WE G E
Direktvermarktung und Selbsterzeugung
In Gemeinden, die aufgrund ihrer Größe und ihrer örtlichen Kaufkraft keinem
Dorfladen eine Existenz sichern können, bieten sich oft neue Chancen für Direktvermarkter. Ein gut geführter Hofladen mit großem Anteil an frischen, hofeigenen
Produkten kann die Rolle eines attraktiven Nahversorgers übernehmen. Das authentische Einkaufserlebnis auf dem Bauernhof, die hohe Glaubwürdigkeit, die
sich etwa beim Plausch mit der Bäuerin ergibt, spricht eine wachsende Käuferschicht an.
Auf der Suche nach dem Echten stoßen in ländlichen Gemeinden auch Bauernmärkte auf reges Interesse. So ist mit Unterstützung des BBZ Arenenberg in Ermatingen im Kanton Thurgau der „Ermatinger Buuremarkt“ entstanden. Treibende
Kräfte waren dort der Ermatinger Gewerbeverein und die Landwirtschaftliche
Genossenschaft.
Nach dem Vorbild des Ermatinger Bauernmarktes planen auch Ortsvereine verschiedener Gemeinden einen Wochenmarkt einzurichten.
Ermatinger Buuremarkt
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Ermatinger Buuremarkt
Noch offen ist, ob der Trend des urban gardening, bei dem Bewohner von Großstädten aus der Anonymität global erzeugter Lebensmittel ausbrechen und auf
Balkonen und Terrassen Kräuter und Gemüse selbst produzieren, auch die Landgemeinden erfassen kann. Dort geraten die alten Bauerngärten, die noch die
Elterngeneration liebevoll, aber auch arbeitsaufwändig bewirtschaftet hat, eher
in Vergessenheit und mit ihnen das Wissen um Gartenbau und Subsistenzwirtschaft. Denn was spricht dagegen, statt über das Schließen des letzten Dorfladens zu klagen, die Lebensmittelerzeugung wieder selbst in die Hand zu nehmen
- in Bürgergärten oder auf Selbsterntefeldern örtlicher Landwirte? Die ersten
Bürgergenossenschaften, die Gärtner beschäftigen, damit im Ort wieder Gemüse angebaut wird, sind zumindest schon entstanden.
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Z U SA M M E N FAS S U N G
Die Rolle des Regionalmanagements
Georg Moosbrugger (stehend)
mit Bürgern der Gemeinde
Langenegg bei einem der Zukunftstage
Die Gemeinde Langenegg im Bregenzerwald hat die fehlende Einkaufsmöglichkeit im Ort genutzt, um einen bemerkenswerten Verständigungs- und Aktivierungsprozess unter den Bürgern zu initiieren. In offenen Arbeitsgruppen sind
Ideen entwickelt worden, Mitmach-Aktionen haben die Bürger für das Miteinander im Dorf sensibilisiert. Heute verfügt die Gemeinde mit gerade einmal 1.100
Einwohnern über ein modernes Lebensmittelgeschäft, ein attraktives Café und
ein „Postlädele" als beliebter Dorftreff. Bedeutender Akteur war die Gemeinde
selbst oder besser: ihre rührigen Bürgermeister, Peter Nußbaumer und Georg
Moosbrugger, die sich als Initiatoren und Mentoren ihrer Gemeinde verstehen.
Die intensive Einbindung der Bevölkerung in die Vorbereitung der Entscheidungen ist der Schlüssel für den Erfolg von Nahversorgungsinitiativen. Das ist eine
der wichtigsten Erfahrungen aus dem Interreg-Projekt „Nahversorgung Bodensee“. Auch wenn nicht immer der Bürgermeister selbst diese Rolle einnimmt,
braucht es Menschen, die Impulse setzen, Entwicklungsprozesse unterstützen
und Verständigungen erzielen. Diese Rolle haben die fünf Interreg-Partner in den
von ihnen betreuten Regionen, Gemeinden und Projekten eingenommen: die Versorgungslage vor Ort analysieren, Bürger- und Arbeitsgruppen ins Leben rufen,
Prozesse moderieren, die benötigten Informationen und Kontakte verschaffen, die
richtigen Partner zusammenbringen. Denn für die Herausforderung NahversorSeite 30
gung gibt es lediglich in Vorarlberg mit dem Büro für Zukunftsfragen und dem
Verein für dörfliche Nahversorgung und Lebensqualität Einrichtungen, die das
Thema ganzheitlich bedienen können - also sowohl inhaltlich-fachliche wie auch
organisations- und prozessorientierte Kompetenzen abdecken. Daher haben sich
die Partner in Vorarlberg dort ganz auf die Frage konzentriert, wie regionale Produkte in die Regale der Händler kommen.
In den anderen Regionen sind die Zuständigkeiten für die Nahversorgung so unübersichtlich wie das Thema an Fragen reich ist. Bündelnde Angebote und zentrale Anlaufstellen fehlen, sie wären aber für die Gemeinden eine große Hilfe. Die
Projektpartner haben während des Interreg-Projektes diese Funktion erfüllt und
damit in etlichen Fällen zu Lösungen beitragen können.
Das Projekt hat aber auch Defizite in politischer und planerischer Hinsicht aufgedeckt. So sind gerade in der Schweiz kantonale Raumplanung und lokale Entwicklungsplanung wenig miteinander verzahnt. Die übergeordnete Raumplanung
orientiert sich ähnlich wie in Baden-Württemberg an der Zentralitätsfunktion der
Orte und sieht bei kleinen Gemeinden sozusagen rein planerisch gar keine Versorgung vor. In den kleinen, ländlichen Gemeinden in der Projektregion werden
künftig mehr kreative und alternative Lösungen gefragt sein – vom Bürgerladen
bis zum „mobilen Kaufhaus“. Auch landwirtschaftliche Direktvermarkter und gut
geführte Hofläden können dort einen größeren Teil der Versorgung abdecken.
Schreber- und Hausgärten warten auf ihre Renaissance.
Die Regionalplanung ist eine entscheidende Stellschraube für die Einzelhandelsentwicklung. So besteht etwa in Baden-Württemberg ein Integrationsgebot für
großflächige Märkte, und Gemeinden ab einer gewissen Größe wird eine Nahversorgungsfunktion ausdrücklich zugewiesen. Für die kleinen Gemeinden ohne offizielle Versorgungsfunktion können regionale Entwicklungskonzepte hilfreich sein,
die auch die Nahversorgung umfassen und in die Ideen und Engagement von
Bürgerinnen und Bürgern einfließen. Denn hier zeigt sich einer der wesentlichen
Erfolgsfaktoren für zukunftsfähige Lösungen der Nahversorgung im ländlichen
Raum: die möglichst frühe, konstruktive und verlässliche Beteiligung der Bürger
bei Planungs- und Entscheidungsprozessen. Unabdingbar wird es schließlich
sein, dass die Gemeinden selbst eine aktive Rolle einnehmen, um die Nahversorgung mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sicherzustellen. Das
Handlungsspektrum reicht dabei von der Initiierung von Bürgerprozessen bis zum
günstigen Bereitstellen von Räumen für den neuen Dorfladen.
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AN HAN G
Die Projektpartner
Die Projektpartner im Interreg-Projekt „Nahversorgung Bodensee“: Matthias Marxgut (Ländle Marketing),
Michael Baldenhofer, Sindy Bublitz (Modellprojekt Konstanz), Jürg Wittwer (Landwirtschaftsamt Schaffhausen), Elisabeth Zeiner (Ländle Marketing), Andreas Morlok (PRO REGIO Oberschwaben), Matthias
Roth (BBZ Arenenberg), Christine Funk, Markus Zipf (PRO REGIO Oberschwaben), Peter Konrad (BBZ
Arenenberg, ab 2012 Bernhard Müller)
Die Projektgruppe „Nahversorgung Bodensee“ wurde moderiert von Gerda Peuling, neuland+ GmbH und
Co.KG, Aulendorf
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Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH
Die Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH - kurz Ländle Marketing - ist die
zentrale Stelle für die Vermarktung und Qualitätssicherung aller landwirtschaftlichen Produkte aus Vorarlberg.
Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH
Montfortstraße 11/7
A-6900 Bregenz
Tel: +43 (0) 5574/400-700
[email protected], www.laendle.at
PRO REGIO Oberschwaben GmbH
Die PRO REGIO Oberschwaben GmbH beschreitet neue Wege zur Landschafts- und Regionalentwicklung im Landkreis Ravensburg. Sie plant, koordiniert und realisiert Maßnahmen und Projekte zur Entwicklung von Natur und Landschaft und zur Stärkung der Strukturen im ländlichen Raum.
PRO REGIO Oberschwaben GmbH
Frauenstraße 4
D-88212 Ravensburg
Tel: + 49 (0) 751/85-9610
[email protected], www.proregio-oberschwaben.de
Modellprojekt Konstanz GmbH
Als Geschäftsstelle von PLENUM Westlicher Bodensee fördert die Modellprojekt
Konstanz GmbH Maßnahmen und Projekte zur nachhaltigen Regionalentwicklung
im Landkreis Konstanz und im westlichen Bodenseekreis.
Modellprojekt Konstanz GmbH
Winterspürer Straße 25
D-78333 Stockach
Tel. + 49 (0) 7531/800-2957
[email protected], www.plenum-bodensee.de
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AN HAN G
Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg, Kanton Thurgau.
Das Bildungs- und Beratungszentrum BBZ Arenenberg ist das Kompetenzzentrum für die landwirtschaftliche Aus- und Weiterbildung und Beratung im Kanton
Thurgau. In den Beratungsangeboten Energieproduktion, Obst- und Gemüsebau
und Rebbau arbeitet das BBZ Arenenberg eng mit dem Landwirtschaftsamt des
Kantons Schaffhausen zusammen.
Bildungs-und Beratungszentrum Arenenberg
CH-8268 Salenstein TG
Tel. +41 (0) 71 663 33 33
[email protected], www.arenenberg.ch
Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen
Das Landwirtschaftsamt ist im Vollzug sowie in der Beratung und Weiterbildung
tätig. Es vollzieht die eidgenössischen und kantonalen Agrargesetze. Es berät die
Schaffhauser Landwirte und Bäuerinnen, andere Privatpersonen sowie Gemeinden und andere Dienststellen des Kantons in den Bereichen Tier- und Pflanzenproduktion, Umwelt, Pacht- und Bodenrecht, bäuerliches Erbrecht, Finanzierung,
Betriebswirtschaft und Hauswirtschaft.
Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen
Schulhaus Charlottenfels 2a
CH-8212 Neuhausen am Rheinfall
Tel.: + 41 (0)52 674 05 20
Fax: + 41 (0)52 672 86 32
[email protected], www.la.sh.ch
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Adressen/Kontakte
Baden-Württemberg
Einzelhandelsverband Baden-Württemberg, Neue Weinsteige 44, 70180 Stuttgart, Tel.: +49 711/64846-0, www.ehv-baden-wuerttemberg.de
Unternehmensberatung Handel, Neue Weinsteige 44, 70180 Stuttgart, Tel.: +49
711/64846-63, www.handel-bw.de
Genossenschaftsverband Baden-Württemberg, Fachgebiet Neugründungen,
Tel.: +49 721/352-1422, www. bwgv-info.de
Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, Theodor-Heuss-Straße 4, Tel. +49
711/123-0, www.wm.baden-wuerttemberg.de
Utz Lebensmittel GmbH & Co. KG, Kolpingstraße 40, 88416 Ochsenhausen,
Tel.: +49 7352/9202- 0, www.utz-lebensmittel.de
Okle GmbH Großhandelszentrale, Hochwaldstraße 1-7, 78224 Singen (Hohentwiel), Tel.: +49 7731/829-0 www.okle.de
Vorarlberg
Büro für Zukunftsfragen, Jahnstraße 13-15, 6901 Bregenz (Postanschrift: Landhaus, 6901 Bregenz), Tel: +43 (0)5574/511-20605, Email: [email protected],
http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/umwelt_zukunft/zukunft/buerofuerzukunftsfragen/start.htm
Verein für dörfliche Lebensqualität und Nahversorgung, Obmann: Bgm. Ludwig
Mähr, Gemeindeamt Düns, 6822 Düns 11, Tel: +43 (0)5522-2311, Email: [email protected], http://www.nahversorgung.org/
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AN HAN G
Wirtschaftskammer Vorarlberg, Sparte Handel, Wichnergasse 9, 6800 Feldkirch,
Tel: +43 (0)5522 305 346, http://www.wko.at/vlbg/handel
Amt der Vorarlberger Landesregierung, Abt. VIa - Allgemeine Wirtschaftsangelegenheiten, Landhaus, 6901 Bregenz, Tel: +43 (0)5574/511-26105, Email:
[email protected], http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/wirtschaft_verkehr/
wirtschaft/wirtschaft/start.htm
Thurgau/Schaffhausen
VELEDES, Schweizerischer Verband der Lebensmittel-Detaillisten, Falkenplatz
1, 3012 Bern, Tel.:+41 (0)31 301 76 44, www.veledes.ch
„frisch-nah-günstig“ – Detaillisten-Marke von Cash+Carry Angehrn, CCA Zentrale, Mooswiesstrasse 42, 9201 Gossau, Tel. +41 (0) 71 388 13 00, www.
ccangehrn.ch/fng
Volg Konsumwaren AG, Deltastrasse 2, 8404 Winterthur, Tel. +41 (0)58 433 55
55, www.volg.ch
Links
www.komm-in.de
Dienstleistungszentrum Bereich Nahversorgung
www.isw.de
Institut für Städtebau und Wohnungswesen
www.difu.de
Deutsches Institut für Urbanistik
www.bbe-retail-experts.com
BBE Retail Experts Unternehmensberatung
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www.rvbo.de Einzelhandelskonzept für die Region Bodensee-Oberschwaben (siehe Projekte)
www.spes-zukunftsmodelle.de oder www.spes.co.at
Kompetenzzentrum für Lebensqualität im ländlichen Raum
www.dorv.de
Dienstleistung und ortsnahe Versorgung
www.veledes.ch
Schweizerischer Verband der Lebensmittel-Detaillisten
www.imh.unisg.ch
Institut für Marketing und Handel der Uni St.Gallen
www.dorfladen-wallhausen.de und www.laedele-schienen.de
Dorfläden am westlichen Bodensee
www.dorfladen-stetten.ch
Dorfladen im Kanton Schaffhausen
Literatur
Wirtschaftskammer Vorarlberg: Strukturerhebung Lebensmitteleinzelhandel.
Analyse zum 1.1.2008. Feldkirch, 2008.
Thanner, Christina: Strukturen der Nähe. Eine Auswahl an verschiedenen Ansätzen zur Sicherung der Nahversorgung mit Lebensmitteln in Gemeinden. Bregenz,
2008
Fiel, Daniela; Grabher, Katharina; Hintringer, Christoph; Hoffmann, Oliver; .Maurer, Florian und Neyer, Sonja: Logistikstudie – Bündelung der Transporte regionaler Lebensmittel in Nahversorgungsbetriebe am Beispiel Vorarlberg. Arbeit an
der FH Vorarlberg im Auftrag der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH,
Bregenz, 2009.
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AN HAN G
Bildnachweise
IBK (Seite 6), Philipp Steurer – Neue am Sonntag (Seite 14 und 15 oben), Wirtschaftskammer Vorarlberg (Seite 15 unten), Modellprojekt Konstanz (Seite 17
und 18), PRO REGIO (Seite 16, 21, 24 und 27), Michael Kessler – Schaffhauser
Nachrichten (Seite 22), BBZ Arenenberg (Seite 28 und 29), Gemeinde Langenegg (Seite 30), Gerda Peuling (Seite 32)
Impressum
Nahversorgung Bodensee: Erfahrungen aus fünf Regionen, Abschlussbericht
zum Interreg-IV-Projekt „Nahversorgung Bodensee“
Texte: Elisabeth Zeiner, Jürg Wittwer, Matthias Roth, Bernhard Müller, Michael
Baldenhofer, Markus Zipf
Redaktion: Markus Zipf, PRO REGIO Oberschwaben GmbH, Ravensburg
Gestaltung: Marlene Dorner, Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH, Bregenz
Druck: Paiser Werbung GmbH & Co KG, Lochau
Auflage: 2500 Stück
Oktober 2012
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EUROPÄISCHE UNION
Gefördert aus dem Europäischen Fonds
für Regionale Entwicklung