Eine Stoppuhr lügt nicht. Die Leistungsfähigkeit von

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Eine Stoppuhr lügt nicht. Die Leistungsfähigkeit von
E-BIKE-TEST
MISSION R VON MISSION MOTORS
TEXT ALAN CATHCART
FOTOS KEWIN WING
FLÜSTERNDER
DONNER
Eine Stoppuhr lügt nicht.
Die Leistungsfähigkeit von
Elektromotorrädern steht
der von Benzinbikes um
nichts mehr nach
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asey Stoners schnellste Rundenzeit auf der Werks-Honda
RC212V beim Grand Prix
2011 im kalifornischen Laguna Seca
war 1:21,673. Mister Stoner wurde
im selben Jahr immerhin auch Weltmeister. Der US-Superbike-Pilot Steve Rapp fuhr am selben Wochenende auf der in San Francisco gebauten
elektrischen Mission R die Aufsehen
erregende Zeit von 1:31,376. Er gewann das TTXGP-e-Power-Rennen
und kam 39,9 Sekunden vor dem
nächsten E-Bike, der MotoCzysz, ins
Ziel. Erinnern wir uns: Moto Czysz
gewann 2011 immerhin die TT Zero
auf der Isle of Man („motomobil“ Folge 006), konnte diesen Sieg auch 2012
wiederholen und heuer erstmals den
Rundenschnitt von 100 Meilen pro
Die Mission R lässt
fast alle Benzinbikes hinter sich
Stunde erreichen. Die Mission R ist
somit das leistungsfähigste Elektromotorrad unserer Tage. Bei den nicht
gerade langsamen AMA-Superbikes
hätte sie sich am Laguna-Seca-Wochenende für den sensationellen
fünften Startplatz qualifiziert.
D
ie Möglichkeit, das fortschrittlichste E-Bike der Welt in aller
Ruhe sowohl auf der Straße als auch
auf der Rennstrecke ausgiebig zu
testen, ist eine Verlockung, der man
nicht widerstehen kann. Bereits die
Probefahrt im Jahr 2010 auf dem
Vorgängermodell Mission One hatte
mich zum E-Bike-Apostel gemacht.
Zero Emissions hin oder her: Gerade in den Vereinigten Staaten, wo
immerhin 49 Prozent des Stroms in
Kohlekraftwerken erzeugt wird, ist
die Diskussion um positive Umweltauswirkungen der Elektromobilität
noch lange nicht fertig. Aber die EBikes funktionieren mittlerweile einfach zu gut, um ihre sinnvolle Weiterentwicklung noch in Frage zu stellen.
Schon die Mission One ließ eine serienmäßige Yamaha YZF-R1 oder Aprilia RSV4 einfach stehen – und die aktuelle Mission R bringt E-Superbikes
auf den nächsthöheren Level.
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Die kurvenreiche Tour führt mich von
Santa Cruz über den szenischen Skyline Drive und das legendäre Alice’s
Restaurant nach San Francisco. Die
Strecke ist bei Hobbyracern äußerst
beliebt und die kleinen verschlafenen Ortschaften, die hier in den Wäldern liegen, leben hauptsächlich von
den nicht versiegenden Einkünften
aus Geschwindigkeitsstrafmandaten.
Seth LaForge, der Software-Techniker
von Mission Motors, begleitet mich
auf seiner Yamaha R-1. Zumindest
für eine Weile – bis ich endlich das
unglaubliche Beschleunigungsvermögen des Motorrads ausnutzen kann,
das er miterschaffen hat …
E
in Knopfdruck am linken Lenkerende lässt den Controller
hochstarten, nach ein paar Sekunden erscheinen die Fahrzeugdaten
am Android-gespeisten SiebenZoll-Tablet von Samsung, das zum
Cockpit umfunktioniert wurde. Der
flüssig gekühlte 380-Volt-DreiphasenDrehstrommotor leistet bis zu 120
kW (163 PS), das Drehmoment von
156 Newtonmeter ist theoretisch ab
der ersten Umdrehung voll da. Da
stellt sich natürlich sofort die Frage,
ob es den Entwicklern gelungen ist,
dieses Elektrogewitter überhaupt
beherrschbar zu machen. Die Regelelektronik ist so programmiert, dass
während der ersten fünf bis zehn
Prozent des Motordrehzahlbereiches
das monströse Drehmoment nicht
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Ist dieses Elektrogewitter überhaupt
beherrschbar?
voll zuschlagen kann. Eine Beschleunigung von Null auf 100 in drei Sekunden ist aber trotzdem möglich,
erklärt mir ein zufriedener Seth La
Forge. Weiters wurde die Fly-by-wireAbstimmung so gewählt, dass die
„Gasannahme“ schön progressiv ist,
also bestens dosierbar.
Es gibt eine Art Traktionskontrolle,
Mission Motors sagt aber bezeichnenderweise
„Traktionsverbesserung“
dazu. Über feuchte Fahrbahnflecken
im Redwood Forest kann ich das sofort ausprobieren, und es funktioniert
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2
(1) bis (6) Die Straßen von San Francisco: Bei
aller Mega-Power fährt sich die Mission R
mindestens so leicht und entspannt wie ein
„normales“ Benzin-Sportbike
(7) Alice’s Restaurant am berühmten Skyline
Drive südlich von San Francisco ist ein
Fixpunkt bei jeder Ausfahrt
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perfekt. „Wir haben unter anderem
deswegen einen eigenen flüssig gekühlten Controller entwickelt, damit
wir im Millisekundentakt regeln können“, erzählt Seth. „Damit haben wir
Kontrollmöglichkeiten, von denen
ein MotoGP-Team nur träumen kann.
Wir müssen nicht bis zur nächsten
Zündung warten, bis wir über das
Zünd- und Einspritz-Mapping irgend
Die Antischlupfregelung reagiert
in der Millisekunde
etwas beeinflussen können.“ Dieser
Traktionskontrolle entgeht offensichtlich nichts.
Kupplung und Schaltgetriebe existieren nicht, dafür aber eine geradeverzahnte Primärübersetzung, die
ein ziemlich betörendes Singen von
sich gibt, ungefähr vergleichbar mit
dem Säuseln eines extrem leisen
Sechszylinder-Superbikes. Jedenfalls
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leise genug, dass mir bei den langsamen Ortsdurchfahrten immer wieder unvorsichtige Fußgänger vor das
Vorderrad springen, das ist bei Elektromotorrädern tatsächlich eine Gefahrenquelle. Um auf der Mission R
wirklich Vollgas geben zu können, benötigt man ein längeres gerades Stück,
denn die Beschleunigung ist trotz 248
Kilo fahrfertig so atemberaubend,
dass schnell der Platz ausgeht und
man sich voll auf sie konzentrieren
muss. Die sportlich vorderradorientierte Gewichtsverteilung ist 53 zu 47
Prozent und sie ändert sich während
einer Tour/eines Rennens auch nicht,
weil ja keinerlei Betriebsmittel verbrannt werden.
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ür die Ergonomie der R stand
eine Yamaha YZF-R6 Pate und
dementsprechend gut ist man in die
Sportmaschine integriert. Für die
Entwicklung von Chassis und Bodywork waren die renommierten Motorraddesigner James Parker und Tim
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Prentice zuständig: Parker wurde
bereits 1993 durch die Yamaha GTS
1000 mit alternativer Vorderradaufhängung bekannt, Prentice ist für so
bemerkenswerte Motorräder wie die
Honda Rune oder die Triumph Thunderbird verantwortlich. Die ÖhlinsFederkomponenten und die Brem-
Elektronische
Meisterleistung:
sanfte Mega-Power
(1) Konzentration in Sears Point. Die Kraft ist mit dir
(2) Hochvoltig: Der Dreiphasen-Drehstrommotor
(3) Brembo-Radialzangen und
Öhlins-Federkomponenten
(4) Als Dashboard dient ein 7-ZollTablet von Samsung
(5) Motorraddesigner James Parker wurde mit der
avantgardistischen Yamaha GTS 1000 weltweit bekannt
(6) Flüsterstunde am Infineon Raceway
(früher Sears Point)
(7) Das detaillierte Layout der Mission R
bo-Bremsanlage stammen aus dem
High-end-Bereich, außerdem wurde
sehr hoher Wert auf handlichkeitsfördernde Massenzentralisierung gelegt.
Für meinen Straßenausflug ist die Rekuperation des E-Motors und damit
die Bremswirkung so programmiert,
dass sie gut spürbar ist und tatsächlich zur Geschwindigkeitsverringerung eingesetzt werden kann. Dennoch können über den „Gasdrehgriff“
die Lastwechsel extrem sanft dosiert
werden, auf kurvenreichen Straßen
muss man sich auf diesem Kraftpaket
nur auf die optimale Linie konzentrieren. Und auch im Teillastbereich
kann das gefahrene Tempo millimetergenau geändert werden. Sieht ganz
danach aus, als ob der Controller von
Mission Motors ein technisches Meisterwerk ist.
T
ags darauf am Infineon Raceway
nördlich der Golden Gate Bridge
(früher als Sears Point bekannt) stellt
sich bald heraus, dass es eine weitere
Verbesserung wäre, wenn die Bremsenergierückgewinnung per mehrstufigem Schalter an den persönlichen
Fahrstil oder an die Strecke rasch
angepasst werden könnte, ohne über
die Software einsteigen zu müssen.
Die Motorbremswirkung ist nun für
Sears Point wie bei einem 500er-GPRacer der 1990er-Jahre programmiert,
nach subjektivem Eindruck muss
man dadurch noch deutlich früher
die Kehren anbremsen als auf einem
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aktuellen Rennmotorrad. Bei allem
Gewicht aber sind das Handling und
die Kurvenpräzison der Mission R
exzellent. Zuvor hatte mich noch
Mission-Motors-CEO Jit Bhattacharya
in San Francisco begrüßt und mit der
Bemerkung überrascht, dass ich auf
der Rennstrecke ohne weiteres die
100-mph-Marke knacken solle, denn
auf dem Skyline Drive hätte ich nur
98 Meilen pro Stunde geschafft …
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Über das kleine Samsung-Tablet mit
GPS, WiFi- und 3G-Datenanbindung
wissen sie jederzeit, wo ich bin und
was das Motorrad gerade so macht.
Beängstigend …
N
eben dem Controller und dem
Motor ist das Akkupack das
wesentliche E-Bike-Kriterium. Mission Motors verwendet hier nicht die
üblichen 18650-Lithium-NotebookBatterien, die unter anderem auch
im Tesla Roadster stecken, sondern
verbaut echte Next-Generation-Akkus des südkoreanischen Herstellers
EIG: Die Zellen sind nicht zylindrisch, sondern flach und können daher deutlich platzsparender angeordnet werden, außerdem besitzen sie
keine Metallhülle, sondern eine Art
laminierte Folie, die sich natürlich
gewichtssparend auswirkt. Insgesamt wiegen die Akkus die Kleinigkeit von 136 Kilo und haben saftige
14.000 Wattstunden Energieinhalt.
So stellt sich freilich die Frage, wie
weit man damit kommt und wie lange das E-Bike dann an der Zapfsäule
hängt. „Beim Highwaycruisen mit
Geschwindigkeiten zwischen 90 und
110 Stundenkilometer kommen wir
auf eine Reichweite von knapp 200
Kilometer“, erzählt mir Jorah Wyer,
Beeindruckend, wie gut und wie
weit die Top-E-Bikes bereits sind.
Warum aber die Mission R vorerst
ein Technologieträger bleibt und es
sie nicht so bald zum Kaufen gibt
– mehr darüber im Infokasten zur
Geschichte von Mission Motors auf
dieser Seite.
Die Reichweite? 200
Kilometer oder nur
ein paar Minuten …
technischer Direktor von Mission
Motors. „In Laguna Seca fahren wir
im Renntempo etwa acht bis neun
Runden. Beim zügigen Alltagsfahren mit ein paar Beschleunigungen
bis 100 mph wie am Skyline Drive
kann man eine Reichweite von 110
bis 130 Kilometer erwarten. Und
fährt man ständig über 240 Stundenkilometer, wie wir das beim
Geschwindigkeitsrekord in Bonneville getan haben, sind die Batterien
innerhalb von Minuten leer. Eine
hundertprozentige Schnellladung
mit 30-Ampere-gesicherten 240 Volt
dauert zwei Stunden, während es
mit US-typischen 110 Volt eher acht
Stunden sind. Und diese Werte verbessern sich ständig!“
(1) Schwungvolle
Streckenführung am
Skylinde Drive
(2) Auch auf der Rennpiste ist die Mission R
so gut wie die besten
Benzinmotorräder
MOTOR................. Dreiphasen-Drehstrom 380V, flüssig gekühlt
LEISTUNG........................................................ 120 kW (163 PS)
DREHMOMENT............................................................. 156 Nm
FAHRWERK................Stahl-Gitterrohrrahmen, Einarmschwinge
AUFHÄNGUNG vo/hi............... Öhlins USD 43 mm, Monoshock
FEDERWEG vo/hi................................................................n. a.
RADSTAND................................................................. 1460 mm
LENKKOPFWINKEL/NACHLAUF............................66,5°/96 mm
BEREIFUNG vo/hi............. Dunlop D206 120/70-17, 190/60-17
BREMSEN vo/hi............... 2 x Scheibe 320 mm/Scheibe 245 mm
AKKU.................................................Lithium-Ionen 14.000 Wh
LADEZEIT............................... ca. 8 h bzw. 2 h (Schnellladung)
MAX. REICHWEITE (konstant Highway-Tempo)........... ca. 200 km
GEWICHT (inkl. Akku)..................................................... 248 kg
SPITZE........................................... 262 km/h (Bonneville 2009)
PREIS..................................................................................n. a.
HERSTELLER............Mission Motors/CA; www.ridemission.com
M
www.motomobil.at
Die umfangreiche Langversion
des Tests von Alan Cathcart
der Mission R können Sie in englischer Sprache ab 8. August auf
www.motomobil.at ­downloaden!
e-bike-daten
WAS IST DIE MISSION?
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ACHTUNG E-BIKE-FANS!
MISSION R
DIE GESCHICHTE VON MISSION MOTORS
ission Motors wurde im August 2007 in einer Garage in San Francisco als Hum Cycles gegründet, das erste Motorrad war eine auf
Elektroantrieb konvertierte Ducati 900SS. Anfang 2009 wurde der
Prototyp des Mission One Superbikes vorgestellt und das Unternehmen in
Mission Motors umbenannt, es liegt im berühmten Mission District von San
Francisco. Der ursprüngliche Businessplan sah eine Serienfertigung ab Frühjahr 2011 vor. Wegen der weltwirtschaftlichen Lage wurde der Plan geändert,
vor allem aber wegen zunehmender Entwicklungsaufträge von automotiven
Playern der Elektromobilität wurde das Geschäftsmodell auf neue Beine gestellt. Die Zahl der fachlich hoch qualifizierten Mitarbeiter wurde von 15 (im
Frühjahr 2010) auf mittlerweile 42 erhöht und Mission Motors bietet spezifische Entwicklungen für Elektroantriebe an.
CEO Jit Bhattacharya, vorher Automatisierungsspezialist bei Velocity11, über
die Philosophie von Mission Motors: „Ein Motorrad ist für uns ein fantastisches Entwicklungstool. Hier muss alles ganz besonders klein und leicht sein,
und genau das ist eine der wesentlichen und schwierigsten Anforderungen
der Elektromobilität. Unser Ziel ist es, Electric Vehicles und Hybridformen im
Vergleich zu Verbrennungsmotoren wettbewerbsfähig und leistbar zu machen. Bis jetzt wurde elektrische Fortbewegung
im Straßenverkehr und deren ökologischer Vorteil immer mit einem gewissen Ausmaß an Opferbereitschaft verbunden.
Da wollen wir beweisen, dass das keineswegs so sein muss. Die Mission R ist das beste Beispiel dafür, dass man bei einem
EV auf nichts verzichten muss: In der Performance stehen wir den besten Benzinbikes um nichts nach, Reichweite und
Kosten verbessern sich ständig, und das ist erst der Anfang.“ www.ridemission.com
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Der europäische Govecs überzeugt in Punkto Qualität. Preise
wie der “Scooter Of The Year 2012 Award” und der “eCarTec
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