CLUBNACHRICHTEN - Auto Union-Veteranen

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CLUBNACHRICHTEN - Auto Union-Veteranen
NUMMER 163
DEZEMBER 2015
� 4,00 30398
CLUBNACHRICHTEN
1
EDITORIAL
Der Auto Union Veteranen-Club e.V.
ist eine Gemeinschaft von Liebhabern der Fahrzeugmarken Audi, DKW, Horch und Wanderer. Er wurde
1972 als DKW-Veteranen-Club gegründet, bemühte
INHALT
Thomas Erdmann
„ICH HAB DA SO’N DKW…
sich aber schon kurze Zeit später auch um die Registrierung und Betreuung der Fahrzeuge der anderen Auto Union Marken. 1979 erfolgte die Umbenennung in Auto Union Veteranen-Club (AUVC).
Die Aufgaben des AUVC
liegen in der Erhaltung und der originalgetreuen
Restaurierung von historischen Fahrzeugen sowie
in der Sammlung jeglichen Materials über die Fahrzeuge und die ehemaligen Hersteller, um damit
insgesamt einen Beitrag zur Dokumentation deutscher Motorrad- und Automobilgeschichte zu leisten. Denn gerade die Fahrzeuge der Auto Union und
ihrer Vorgänger-Gesellschaften hatten entscheidenden Anteil an der Entwicklung und Verbreitung des
Automobils und der Motorräder.
Club-Nachrichten und Club-Info
sind die offiziellen Organe des AUVC, auf die jedes
Mitglied einen Anspruch hat.
Die Club-Nachrichten berichten über alle Themen,
die für die Mitglieder von allgemeinem und dauerhaftem Interesse sind.
Die Club-Info informieren über Mitgliederbewegungen, Teile- und Fahrzeugmarkt, Nachproduktionen,
Termine sowie über andere Dinge von kurzzeitigem
Interesse.
Club-Anschrift und Redaktion Club-Info
Andreas Ptack
Entenhof 18, 72768 Reutlingen
Der AUVC im Internet
www.auto-union-veteranen-club.de
Redaktion Club-Nachrichten
Thomas Erdmann
Brunnenreuther Weg 38, 85051 Ingolstadt
… können Sie mir vielleicht sagen, was der so in
etwa für einen Wert hat?“ Solche oder ähnlich
lautende Anrufe oder E-Mails erhalte ich in
beständiger Regelmäßigkeit. In letzter Zeit
sind solche Anfragen häufiger geworden. Da
gibt es diejenigen, die einen DKW geerbt haben und keinen Schimmer haben, was sie
denn da vor sich haben. Dafür kann man
durchaus Verständnis haben. Dann gibt es
aber auch solche, die durch die Medien erfahren haben, dass ein Oldtimer ja eine richtig
gute Geldanlage mit Wertsteigerung sein
kann (die Betonung liegt auf „kann“), und angeheizt durch eine wenig fundierte Berichterstattung macht sich eine allgemeine Goldgräberstimmung breit. Kaum dass ein scheinbar
seltener Oldtimer im Internet auftaucht, spielen die Spekulanten verrückt. Bloß schnell zuschlagen, bevor es ein anderer tut. Geld ist ja
genügend in Umlauf, und nennenswerte Zinsen auf Erspartes wird es wohl auch in den
nächsten Jahren kaum geben. Warum also
nicht einmal einen Oldtimer in die Garage
stellen. Und die Anbieter bis hin zu den Auktionshäusern beschreiben ihre Goldstücke ja in
schillerndsten Farben. „Viel Geld und wenig
Kenntnis treffen hier auf eine gehörige Portion krimineller Energie“, so formulierte es
unlängst ein Fachjournalist. Beispiele dafür
gibt es viele. Erst kürzlich geisterte ein DKW
Roadster durch die Angebotsportale des
World-Wide-Web. Einer der typischen, meist
in den Nachkriegsjahren auf einem Vorkriegs-
chassis zusammengebastelten DKW F5-F7-F8
mit einer in Eigenregie des damaligen Besitzers aufgebauten Karosserie. Die Motorhaube stammte wohl von einem Citroen 11 CV. In
der entbehrungsreichen Nachkriegszeit sicherlich der Stolz des damaligen Besitzers
und heute durchaus ein Zeitzeuge der späten
1940er oder frühen 1950er Jahre. Um das
Auto aber richtig wertvoll zu machen, wurde
es als DKW mit Sonderkarosserie von Gläser/
Dresden angeboten. Der Experte schüttelt
den Kopf über solch einen Unsinn. Außerdem ein Affront gegenüber der Schönheit
und Eleganz echter Gläser-Karosserien. Was
soll’s. Das Auto hat einen Käufer gefunden,
und der wird sich erst einmal über sein
Schnäppchen freuen. Irgendwann aber wird
er auf dem Boden der Tatsachen ankommen.
Weder unser Club noch die Audi Tradition
sind Steigbügelhalter für die privaten Spekulationsgeschäfte vermeintlicher Oldtimerliebhaber. Ich jedenfalls mache grundsätzlich
keine Angaben zum Wert eines Fahrzeugs.
Für diese Aufgabe gibt es vereidigte Sachverständige. Aber auch die sind bisweilen mit
solchen DKW Eigenkreationen überfordert.
Ich wünsche Ihnen frohe Festtage und ein
gesundes neues Jahr
Ihr
Thomas Erdmann
MESSEEVENT
04
DKW Junior auf dem Präsentierteller
Auch im Norden unserer Republik gibt es zunehmend mehr Messeveranstaltungen rund um
das Oldtimer-Hobby. So auch im August dieses Jahres die Klassikertage im schleswig-holsteinischen Neumünster. Organisiert von unseren Clubfreunden Michael Naeve und Hans-Peter
Langfeldt war der AUVC mit einem Clubstand vor Ort.
CLUBFAHRZEUGE
06
DKW aktiv leben
„Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr.“ Unter dieses Motto eines bekannten Volksliedes
könnte man die Erinnerungen so mancher Clubmitglieder an frühere DKW-Zeiten stellen. So
auch die Geschichte von Joachim Haupt-Delphendahl, der sich mit einer kürzlich erworbenen
DKW RT 350 S in alte Zeiten zurückversetzt.
VERANSTALTUNG
08
Eine starke Truppe
Jedes Jahr im Spätsommer windet sich eine Karawane von ehemals militärischen Geländewagen über kleinste Straßen und Wege im Südschwarzwald. Es ist wieder Munga-Zeit. Wer immer
an der von Wolfgang Baumbach organisierten Fahrt teilnimmt, kann sich auf ein rustikales Wochenende im Kreise Gleichgesinnter freuen
VERANSTALTUNG
12
Wenn die Dreiströmer singen
DKW im Motorsport der 1950er und 60er Jahre ist ein schier unerschöpfliches Thema. Die Auto
Union wurde seinerzeit von der Fachpresse für ihr motorsportliches Engagement ausdrücklich
gelobt. Neben den werkseigenen Einsätzen in den Jahren 1954-1959 stand vor allem der Kundensport und die Unterstützung der Privatfahrer im Vordergrund.
Annoncen Club-Info
Andreas Ptack
Titelbild
Am Ende des Sportjahres 1958 stellte die Auto
Union die aktive Beteiligung am Wagensport
ein und widmete sich der Sport-Betreuung
ihrer Privatfahrer. Als Grundlage der Sportförderung diente von nun an die Auto Union
Trophäe. Außerdem wurde zu Pfingsten 1958
auf dem Nürburgring erstmals ein DKW-Fahrer-Meeting durch den DKW-Clubverband
veranstaltet, das bis 1965 jedes Jahr stattfand
und ab 1961 als „Silberschildrennen“ in die
DKW-Annalen einging. Mit über 500 Teilnehmern war das Silberschildrennen 1961
die bis dahin größte Veranstaltung auf dem
Nürburgring nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das Titelbild stammt vom DKWV-Pfingsttreffen 1960. <
Entenhof 18, 72768 Reutlingen
Gestaltung
ö– konzept GmbH & Co. KG, Zwickau
Druck
Zschiesche GmbH, Wilkau-Haßlau
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auszugsweise, ist aus urheberrechtlichen Gründen
nur mit Zustimmung der Redaktion gestattet.
Artikel, die mit vollem Namen des Verfassers gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung
des AUVC-Vorstandes oder der Redaktion wieder.
Alle Mitglieder sind gebeten, sich mit Bild- und Textbeiträgen zu beteiligen.
Bankverbindung des AUVC
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Konto 3 632 213
02
TESTBERICHT
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mot prüft: DKW F 12
Im Januar 1963 kam der DKW F 12 als Nachfolger des Junior de Luxe auf den Markt. Paul Simsa
nimmt sich in der Zeitschrift „mot“ vom Mai 1963 den neuen DKW zur Brust und spart nicht
mit Kritikpunkten. Trotz mancher positiver Aspekte wird hier deutlich, dass der Zweitakter in
Westdeutschland seinen Zenit inzwischen überschritten hat.
TYPENKUNDE
21
Zahlenspiele
Die zwei- und viersitzigen DKW 3=6 Cabriolets vom Typ F 93 aus dem Hause Karmann zählen
zu den seltensten DKWs überhaupt. Von Januar 1956 bis Oktober 1956 wurden gerade einmal
100 Viersitzer und 202 Zweisitzer hergestellt. Umso erstaunlicher ist es, dass gut zehn Prozent
der Produktion überlebt haben.
Foto: Gerhard Wilde
03
MESSEEVENT
Michael Naeve
DKW JUNIOR AUF DEM PRÄSENTIERTELLER
Klassikertage in Neumünster vom 29. – 30. August 2015
„Was macht Ihr denn mit dem Haufen Schrott?“
Diese Frage wurde uns immer wieder von
den Besuchern unseres Messestandes gestellt.
„Der wird wieder aufgebaut, der rote sah noch
schlimmer aus,“ war unsere Antwort. Ungläubiges Staunen und schon kamen wir ins Gespräch. Aber alles der Reihe nach.
Im Dezember 2014 kam die Anfrage, ob wir zu
den Klassikertagen in Neumünster unsere
Oldtimer in einer Auto-Union-Sonderschau
präsentieren würden. Vom Junior de Luxe bis
hin zum Audi 100 Coupé S hatten wir fünf
Fahrzeuge im Angebot. Nach einem Telefonat
mit dem Organisator und einer E-Mail mit
Bildern der Autos herrschte erst einmal Funkstille. Auch auf weitere E-Mails wurde nicht
mehr reagiert. Dann eben nicht, hatten wir
uns gedacht und das Ganze schon für erledigt
abgehakt. In der Clubinfo kam dann der Aufruf von Andreas Ptack, ob jemand Lust habe,
Autos zur Verfügung zu stellen, wir würden
auch einen Messestand bekommen. Nach
kurzer Überlegung war die Entscheidung getroffen, ich erklärte mich bereit, die Leitung
zu übernehmen und bekam von Andreas Adressen von weiteren Interessierten.
Leider war die Kommunikation mit dem sogenannten Organisator immer noch misera-
Abb. Der Auto Union-DKW-Stand bei den Klassikertagen in Neumünster stieß bei den Besuchern auf großes Interesse.
bel und ich war schon kurz davor, alles hinzuwerfen. Erst als mich ein befreundeter BMW
V8 Fahrer anrief und mitteilte, dass jemand
anderes für die Clubstände zuständig sei,
kam alles ins Rollen. 50 qm Standfläche, das
reicht für zwei Autos, einen Tresen und einer
Sitzgelegenheit. In meinem Kopf nahm der
Stand Gestalt an. Hans-Peter Langfeldt (Hannes) und ich hatten im Herbst 2014 eine angefangene Restaurierung übernommen und
uns kam die Idee, diesen „Schrotthaufen“ eines DKW Junior de Luxe zusammen mit dem
von Hannes restaurierten Gegenstück zu
präsentieren. Von Stefan Harnisch wussten
wir, dass er umgebaute Modellautos angefer-
tigt hatte und diese in einer Vitrine ausstellen würde. Zusätzlich sprachen wir noch
jede/n Auto-Union-Fahrer/in auf den Oldtimertreffen und Clubtreffen an, ob nicht Lust
bestehe mitzumachen bzw. uns zu besuchen.
Der Tag kam immer näher, der AUVC und der
ACI schickten uns Banner, Flaggen, Prospekte,…. alles kiloweise. Nochmals einen großen
Dank an Andreas Ptack und Uwe Lüders.
Abb. oben Den arg gerupften Junior de Luxe brachten wir per Trailer von Fleckeby nach Neumünster. Abb. Mitte
Kommunikation ist die Seele des Clublebens. Unser Stand bot reichlich Gelegenheit dazu. Abb. unten Der Autor Michael Naeve (links) und Mitstreiter Hans-Peter Langfeldt neben dessen restauriertem Junior de Luxe.
04
05
Abb. oben Beim Anblick des zerlegten Junior konnten viele Besucher kaum glauben, dass dieser Wagen einmal in
neuem Glanz erstrahlen soll. Abb. unten Die von Stefan
Harnisch umgebauten und modifizierten Modelle bildeten einen besonderen Blickfang auf unserem Clubstand.
Der Rücken wurde mit Schmerzsalbe behandelt. Resümee des Tages: Ein voller Erfolg.
Abb. oben Es hat uns überrascht, wie groß die Anziehungskraft eines Restaurierungsobjektes auf das Publikum ist. Hannes beantwortet bereitwillig die vielen Fragen der Besucher. Abb. unten Sobald die Messe eröffnet
ist, sind die Mühen des Aufbaus schnell vergessen.
Freitag 28.08.2015, Aufbau:
Den alten Junior brachten wir mit einem Trailer von Fleckeby nach Neumünster. Da ich
noch Urlaub hatte, konnten wir recht früh
mit dem Aufbau beginnen. Dies hatte den
Vorteil, dass wir keine Hektik und Gedränge
hatten. Hannes und ich kümmerten uns um
die Autos, Stefan um seine Vitrine. Tapeziertisch mit ACI-Banner versehen, weitere aufgehängt, Motivständer vom AUVC und ACI in
Szene gesetzt, Sitzgruppe aufgestellt, alles
war ruck zuck fertig.
Samstag 29.08.2015, Erster Messetag:
Die letzten Feinheiten an unserem Messestand wurde noch erledigt, es konnte losgehen. Mein Vater (ein Kfzler, der Anfang der
1960er Jahre auf DKW gelernt hatte) unterstützte uns zusätzlich. 10.00 Uhr, die Tore öffneten sich und unsere Bedenken, dass wir
von Langeweile gar nicht wissen, was wir acht
Stunden lang machen sollten, bewahrheite06
ten sich mit Nichten. Von Anfang an führten
wir Gespräche über Gespräche. Wir hatten
kaum Zeit, um mal auf die Toilette zu gehen,
geschweige denn die Messe anzusehen, andere Stände zu betrachten oder gar die Autos
vor der Tür in Augenschein zu nehmen. Kaum
war es etwas ruhiger geworden und einer von
uns wollte los, war der Stand wieder voll. Und
wenn wir denn doch mal schnell weg konnten,
hatten wir ein schlechtes Gewissen und kamen so schnell wie möglich wieder zurück.
Zum Glück hatten wir ausreichend Getränke
und ein paar Kekse dabei. Zusätzlich bekamen
wir von einem netten DKWler eine große Box
Haribo gestiftet, auch diesem Unbekannten
einen großen Dank. Die letzte halbe Stunde
wurde es ruhiger und wir hatten Zeit, um mal
schnell durch die Hallen zu huschen und die
Sonderschau anzusehen. Ein sehenswerter
Audi UW von 1936 war das älteste Fahrzeug
mit den Vier Ringen. Außerdem DKW Schnell-
laster, 1000er, Junior, einige Audis vom
ACDM-Vorsitzenden, Ro 80, …
Ich hatte mittlerweile solche Rückenschmerzen, ich konnte nur noch stehen oder sitzen
ans Aufstehen war kaum zu denken. Der erste
Tag war vorbei, ab ins Auto und nach Hause.
Sonntag 30.08.2015, Zweiter Messetag:
Da am Vortag schon so viele Besucher auf
der Messe waren und auch draußen mit den
300 –400 Oldtimern standen, gingen wir davon aus, dass heute weniger los sein würde.
Die Schmerzcreme war dabei, ich wieder voll
einsatzbereit. Weniger los? Das war wohl
nichts. Sonntag waren gefühlt noch mehr
Menschen da und immer wieder das Staunen, was wir mit dem alten Junior noch vorhaben. Auch der zweite Tag verlief wie im
Flug. Wir freuten uns über die vielen Clubmitglieder die wir zum Teil kannten wie die
Hansens, Blenders,… oder neu kennenlernten. Wir stellten fest, dass es doch immer
noch DKWler gibt, die den AUVC nicht kennen. Das haben wir geändert. Vielleicht hat
unser Auftreten und der Messestand dazu
beigetragen, dass neue Mitglieder zu uns
stoßen werden. Die nächsten Ausgaben der
Club-Nachrichten werden es uns zeigen.
Alles in Allem können wir sagen, die Klassikertage waren ein voller Erfolg. Wir haben viele neue Kontakte geknüpft, viele bestehende
gefestigt und freuen uns auf den 20. und
21. August 2016. <
07
CLUBFAHRZEUG
Joachim Haupt-Delphendahl
Abb. oben Meine „gechoppte“ DKW RT 175 mit einer
DKW AKTIV LEBEN
etwas sehr skeptisch dreinschauenden Freundin Astrid.
Abb. Mitte Dieses Bild vom April 1955 zeigt die Montage
der DKW RT 350 S im Auto Union Motorradwerk Ingolstadt. Hier erblickte meine 350er am 31. Oktober 1955 das
Wie ein DKW Motorrad die Jahre der Zweitakt-Enthaltsamkeit beendet
Licht der Welt.
gekauft, TÜV fertig gemacht und angemeldet
(HD-CD 909). Das Motorrad wurde entnervt
verkauft und die Freundin war drei Monate
später auch weg. Im Studium lernte ich Peter
Krause vom Mercedes-Veteranen-Club kennen, der mich dann 1977 zum DKW-Treffen
nach Egerkingen führte. Ich trat in den DKWVeteranen-Club ein, Mitglieds-Nr. 180.
1959 kaufte mein Vater zur Geburt meines
Bruders als erstes Automobil eine gebrauchte DKW F 89 Meisterklasse, Baujahr 1951, in
grün. Dieser Wagen begleitete uns zwei Jahre
im Alltag und im Urlaub bis an die Ostsee, für
mich in guter Erinnerung wegen des typischen Geruchs und der Zweitakt-Geräusche.
Das hat mich wohl, zumindest anfänglich, im
Unterbewusstsein sehr stark geprägt. Meine
Eltern zogen dann automobiltechnisch ihre
orbitalen Kreise mit einem Simca 1000 aus
dem Jahr 1961, einem Ford Taunus 17m, Baujahr 1966 und mehreren VW Golf. Irgendwie
kam ich dann 1966 zu einer DKW Hummel.
Mit nunmehr 14 Jahren konnte ich die als
Mofa fahren. Sie war in einem schönen Rot
lackiert. Über sie lernte ich das Einstellen der
Zündung und fand den Weg in die geistigen
Tiefen des Frisierens. Dies setzte sich dann
zwei Jahre später fort in einer gebrauchten
Zündapp C50 Sport, ebenfalls in rot, die dem
Geschmack der Zeit angepasst wurde.
Im Oktober 2015 konnte ich dann die RT 350
mit 3.001 km Laufleistung nach Restauration
im Zustand 1–2 erstehen. Sie steht jetzt in meiner Werkstatt und wartet auf den heiß ersehnten Frühling 2016. Aber vorher muss ich noch
ein wenig an der Zündung herumspielen, Ihr
wisst schon, so wie einst anno 1966 mit der
DKW Hummel. <
Abb. rechts Mit der Zündapp C50 Sport zu Besuch bei
meiner Brieffreundin im Rheinland. Abb. links Die gemeinsamen Fahrten zum Hockenheimring gehörten für
uns zur beliebten Wochenend-Freizeitbeschäftigung.
Mit 16 Jahren und dem 4er Führerschein war
damit die nächste Stufe der Mobilität erreicht. Richtig befriedigend war das aber im
Nachhinein wohl nicht, mehr Gekreische als
RengTengTeng. Mit 18 und dem 1er Führerschein kam dann der gefühlsmäßige Durchbruch, der tiefsinnig bis heute im Kern erhalten geblieben ist. Nach einem Todesfall in der
Nachbarschaft hörten die Erben, das der „Lulatsch von nebenan“ ein richtiges Motorrad
sucht. Sie zogen eine nicht fahrbereite und in
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bis heute geblieben. Doch gelegentliche DKWMotorrad Sichtungen führten dann zu der Erkenntnis, dass es ein riesiger Fehler war, das
Motorrad verkauft zu haben. Nun ja, was soll’s.
Bis ich 2010 beschloss, mir wieder ein DKWMotorrad zuzulegen. Die eigentliche Initialzündung dazu geht wohl auf eine gewisse
Sehnsucht zurück, einen DKW nicht nur zu
besitzen, sondern auch zu fahren. Mit meinem AU 1000 Sp komme ich nämlich seit Jahrenicht so richtig weiter. DKW direkt aktiv leben ist doch etwas anderes, als nur dabei zu
sein. Fünf Jahre habe ich mal intensiver, mal
weniger intensiv gesucht. Jetzt bin ich durch
Zufall im Internet auf mein Wunsch- und
Traum-Motorrad gestoßen – eine DKW RT 350
S. Die Geburtsurkunde vom 31.10.1955 habe
ich über Audi Tradition bekommen können.
Ausgeliefert am 17.11.55 nach Wien/Österreich.
Danach verlieren sich die Spuren. Am
21.08.2000 ist die DKW dann wieder in Hamburg mit einem Ersatzbrief und Erstzulassung
01.07.1956 (wohl geschätzt) zugelassen worden. Am 12.03.2002 hat Herr Christoph Seydel
aus Schönungen die DKW auf sich zugelassen
und etwa 2.000 km eingefahren. Wie ich heute nach zwei intensiven Telefongesprächen
weiß, hat er Sie komplett restauriert und zum
06.05.2008 nach Barsinghausen weiter verkauft. Hier muss sie mehr gestanden haben
als dass sie gefahren wurde, bis heute weitere
1.000 km.
einem traurigen Zustand befindliche DKW
RT 175 S von 1955 aus der Scheune. Die DKW
wurde ohne zu überlegen für 30 DM gekauft,
verladen und am gleichen Tag mutig komplett in der Garage meiner Eltern zerlegt.
Abends gab es Stress, weil mein Vater seinen
Ford 17m auf der Straße parken musste.
Alles wurde hergerichtet, lackiert und mit
vielen mahnenden Ratschlägen meiner Zweiradkollegen wieder zusammengebaut. Dabei
mussten wieder gewisse zeitgemäße Modifikationen erfolgen. Peter Fonda und JPS
lassen grüßen. Der TÜV gab seinen Segen
(HD-JA 354).
Die Freunde meiner DKW waren jetzt die
Zweitakter Zündapp 125, Adler 250, Kawasaki
750 Mach1, Yamaha 250 und die Viertakter
Honda CB500 sowie Moto Guzzi 850. Gemeinsame Touren in der Umgebung, nach
Österreich (auch Elefantentreffen), nach
Frankreich, Italien und in die Schweiz, sowie
auch zum Nürburgring sind mir in sehr guter, positiver Erinnerung. Der Hockenheimring wiederum lag vor der Tür und war oft
am Wochenende angesagt. Nach zwei Jahren
nervte ein alter Mann, der die DKW unbedingt kaufen musste, und eine Freundin, die
lieber Mustang fahren wollte. „Du fährst
doch DKW, ich habe da einen Junior de Luxe,
Baujahr 61,“ meinte ein Arbeiter im Ferienjob
bei Eternit. Den habe ich dann für 200 DM
Nachkriegsfahrzeuge waren damals noch
nicht so angesagt, aber wir wurden mitleidig
lächelnd akzeptiert. Jetzt war ich in der DKW
Auto-Fraktion angekommen, und da bin ich
Abb. unten Mit der sehr gut restaurierten RT 350 S werde
ich im kommenden Frühjahr nach einigen Jahren der
Abstinenz wieder mit einer DKW auf den Straßen unterwegs sein.
09
VERANSTALTUNG
Johannes Sebulke
Abb. oben Gehörte nicht zur Standardausrüstung der
EINE STARKE TRUPPE
Bundeswehr: Kindersitz für zukünftige Munga-Fahrer.
Abb. unten Organisator Manfred Baumbach hatte
wieder eine landschaftlich äußerst reizvolle Strecke
ausgewählt.
Das Mungatreffen 2015 im Südschwarzwald
Dazu kam dann noch ein Hund. Womit wir
bei den Fahrzeugen wären. Das waren sechs
Mungas. Dazu kamen dann aus der Schweiz
ein Pinzgauer in 3-Achs-Ausführung und drei
Kaiser-Jeeps von der Gruppe um Beat Risch
aus dem Aargau in der Schweiz sowie ein Willys-Jeep von 1958 von Ruedi Ryser aus dem
Schweizer Jura.
Abb. oben Eine bunte Truppe von Liebhabern militärischer Oldtimerfahrzeuge kommt jedes Jahr im Spätsommer im Südschwarzwald zusammen. Abb. unten links Neben sechs
Das älteste Fahrzeug war ein Mowag mit Sanitätsaufbau von 1951! Diesen hatte Bruno aus
dem Luzerner Land mitgebracht. Und Andy
war mit seinem Mowag in Funkerausführung
auch wieder dabei. Der Freitagabend gehörte
einem Grillfest. Der neue überdachte Freisitz
der Stockenmühle kam dafür sehr gelegen. So
konnte, wer wollte, noch im Freien Platz nehmen, und die, denen es doch zu kalt wurde,
konnten sich nach drinnen begeben.
DKW Munga waren auch drei Kaiser Jeeps und ein Willys Jeep mit von der Partie. Abb. rechts oben Die gemeinsame Ausfahrt am Samstag führte über kaum bekannte Wege dorthin,
wo der Schwarzwald am steilsten und die Sträßchen am schmalsten sind. Abb. rechts unten Die Schockenmühle bot genügend Platz für Oldtimer und Zelte.
Es ist ein fester Termin im Kalender der Freunde von Oldtimer-Militärfahrzeugen in BadenWürttemberg und in der nahen Schweiz: Das
Mungatreffen im Südschwarzwald, organisiert auch in diesem Jahr wieder von Manfred
Baumbach aus Tiengen, zusammen mit der
Familie Lowack, die das Anwesen „Schockenmühle“ mit Campingplatz, Herberge und viel
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Gastlichkeit betreibt. Am Wochenende vom
11.–13.09.2015 traf sich eine bunte, freundliche
Gruppe. Eine Besonderheit gab es auch diesmal: Es wurden gleich vier Zelte aufgestellt,
davon ein Kleinzelt, bewohnt von Robin, zwei
militärische Gruppenzelte für jeweils eine Familie und ein ziviles Oldtimerzelt von 1950.
Rechnet man dann noch Andy dazu, der in
seinem Mowak schlief, dann übernachteten
die meisten Teilnehmer outdoor, obwohl die
Stockenmühle so schöne Gästezimmer bereit
hielt. Die Liebe zu militärischen Oldtimern
hat eben auch etwas mit Naturverbundenheit zu tun. Insgesamt waren 26 Teilnehmer zu diesem Treffen gekommen, darunter
fünf Frauen, zwei Jugendliche, zwei Kinder.
Der Höhepunkt des Treffens war wieder die
gemeinsame Ausfahrt am Samstag. Manfred
Baumbach hatte eine anspruchsvolle Route
im Südschwarzwald vorbereitet. Erst ging es
sanfthügelig über winzige, unbekannte Sträßchen zu den bekannten Schwarzwaldorten
Seebrugg am Schluchsee, Häusern und St. Blasien und weiter nach Todtmoos. Über den
Hochkopfpass auf immerhin 1079 m ging es
dann dorthin, wo der Schwarzwald am steils-
ten und die Sträßchen am schmalsten sind,
nach Herrenschwand. Es fand sich aber doch
noch ein ebener Wanderparkplatz Tiergrüble
an einer kleinen Straße zwischen Herrenschwand und Schönau. Hier gab es eine
Schutzhütte, und, wie es sich bei einer kernigen Rast gehört, einen duftenden Eintopf mit
Wurst. Über Häg-Ehrsberg ging es auf einer
Straße mit herrlicher Aussicht wieder hinauf
nach Todtmoos zum Besucherbergwerk „Hoffnungsstollen“. Dieses trägt seinen Namen daher, dass man hier auf Erz gehofft hat. Leider
hat man aber keines gefunden. Aber man
kann immer noch einige lange Gänge tief in
den Berg hineingehen. Gleich ging es weiter,
das wilde Wehratal hinunter, bis wir teils auf
Kieswegen über Wehrhalden wieder steil hinauf zum Steinernen Kreuz im Hotzenwald gelangten. Am Sieben-Moore-Weg und an Finsterlingen vorbei ging es über den Dachsberg
und dann erneut hinunter, und zwar ins Albtal. Von da aus wieder hoch nach Waldhaus,
wo das prämierte Waldhaus-Pils gebraut wird.
Es war zwar wieder eine gute Steigung, aber
langsam wurden die Straßen wieder breiter.
Doch zu früh gefreut: Das Sträßchen von Nöggenschwiel hinunter zum Kraftwerk Witznau
war zwar öffentlich, aber kaum beschildert.
Wir merkten auch bald, warum: es war so steil,
so holprig und so schmal, dass man froh war,
in einem robusten Geländefahrzeug zu sitzen.
Einmal kam auf dem eigentlich nur einspurigen Fahrweg ein PKW entgegen. Nun, man hat
sich mit dem verschreckten Fahrer irgendwie geeinigt, und vorsichtig kam man ohne
Schrammen aneinander vorbei. Das Steinatal,
das wir dann wieder hinauf zur Stockenmühle
fuhren, ist kurvig und wildromantisch. Aber
der Straßenzustand war gut, die Steigung mä-
ßig, und alles in allem kamen wir glücklich
nach einer langen Fahrt wieder an der Stockenmühle an. Am Abend hatte die Wirtin der
Stockenmühle ein gemeinsames Abendessen
für uns vorbereitet, welches wir alle dankbar
genossen. Fröhlich und laut ging es dabei zu,
denn man hatte viele Gedanken auszutauschen über die heute erlebte Fahrt durch die
Berge und Täler des Südschwarzwaldes. Und
dann zeigte Robert noch eine interessante
Bildschau von früheren Mungatreffen. Erst
spät am Abend zogen sich alle wieder in ihre
Zelte, Fahrzeuge oder Zimmer zurück.
Am nächsten Morgen, beim reichhaltigen
Frühstück, ließen wir die Fahrt und die vielen
Gespräche nochmal vorübergleiten, bis alle in
ihre Fahrzeuge stiegen und sich in alle Himmelsrichtungen wieder auf den Heimweg
machten. Und nun sehen wir dem nächsten
Mungatreffen 2016 im Südschwarzwald entgegen. Wieder sind alle Munga- und Iltisfreunde eingeladen, und wieder werden unsere Freunde aus der Schweiz mit ihren
mannigfachen Schweizer Militärfahrzeugen
auch wieder sehr willkommen sein. <
Organisator und Kontaktmann:
Manfred Baumbach
[email protected]
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VERANSTALTUNG
Alex Buchholz
WENN DIE DREISTRÖMER SINGEN
DKW im Automobilrennsport nach dem Zweiten Weltkrieg
Vielen motorsportbegeisterten Bastlern
bot die frühe Nachkriegszeit ein breites
Betätigungsfeld. Zwar war es schwierig, an
Rennteile zu kommen, aber „organisieren“
hatte man ja nach 1945 gelernt. DKW Teile
waren nicht so schwierig erhältlich, denn
viele DKW Wagen, vor allem die Zweizylinder
mit Frontantrieb, hatten den Krieg überlebt,
und einige dieser Zweizylinder wurden für
sportliche Zwecke hergenommen oder mithilfe von abgeworfenen Alu-Flugzeugtanks
zu reinen Rennwagen (Wägelchen?) umgebaut. Mit dem wassergekühlten 700 ccm
Zweizylinder-Vorkriegsmotor und vielleicht
20–25 PS ließ sich ein regelrechtes Formel-
Auto herrichten. Für solche oft genug
skurrilen Eigenbauten wurde ab 1947 eine
eigene Rennklasse ausgeschrieben. Dann
endlich kam ab 1953 der DKW 3=6 mit einem
900 ccm Dreizylindermotor auf die Straße
(beides konstruiert noch vor dem Krieg).
Der ließ sich mit „Hausmitteln“, d. h. grobe
Feile und Küchentisch, von 34 auf etwa
50 PS bringen. Die Rezepte dafür waren
schon bei den DKW Motorrädern erprobt.
Der Wagen mit seiner Stromlinienform war
relativ leicht, der cw-Wert vergleichsweise
gut und das Fahrwerk mit Frontantrieb
unwidersprochen robust. Fertig war
das Rallyeauto!
auf den vorderen Plätzen in der 1.000-ccmKlasse, nicht selten reichte es sogar zum Gesamtsieg. Zwischen 1954 und 1964 errangen
DKW Fahrer weltweit über 100 Meisterschaften, 150 Gesamtsiege, 35 erste Mannschaftssiege und rund 2.500 Klassensiege. Weltweit
wurden DKWs erfolgreich eingesetzt. 1964
gewann ein F 12 das Bergrennen in Hongkong. In Südafrika, wo DKWs aus Bausätzen
montiert wurden, gab es eine starke Renn-
heitsgurte, Sicherheitsglas, Käfig, Rennsitze,
Zweikreis-Bremssystem, Notausschalter:
alles Fehlanzeige. Feuerlöscher ein Fremdwort. Leitplanken an der Strecke? Vergiss es!
Der heute gewohnte feuerfeste Rennanzug
mit Unterwäsche existierte noch nicht.
Weil Pfingsten Feiertag war, stieg man mit
Sonntagsanzug, weißem Hemd, Schlips und
Lederschuhen nach der Kirche ins Rennauto.
Immerhin trug man schon den Römer- oder
Aggregat. Ganz feudal kam Dieter Mantzel
mit dem BMW 2000 TISA als Zugwagen zum
Rennen: hinten dran rollte, an eine Zuggabel
gehängt, sein Renn-F12. Die Rennerfolge alle
aufzuzählen, würde ins Unendliche führen.
DKWs waren bei allen großen und kleinen
Veranstaltungen weltweit vorne zu finden:
mit Klassensiegen oder auch Gesamtsiegen,
z.B. am Berg oder Slalom. Unvergesslich 1963
auf dem Flugplatz Trier: Beim EM-Lauf der
Im Laufe der Jahre wurde die Form kaum
geändert, der Motor wuchs hingegen bis 1962
auf serienmäßige 50 PS, im Renntrimm von
Mantzel auf bis knapp 80 PS. Die 1954 neu
gegründete Sportabteilung der Auto Union
unter Karl-Friedrich Trübsbach trat im gleichen Jahr erstmals geballt zur Europäischen
Rallyemeisterschaft an. Die Fahrer Schlüter,
Menz und Meier belegten mit ihren F 91
Limousinen aus dem Stand die ersten drei
Plätze der EM Gesamt-Jahreswertung. Europameister! DKW wurde zu einer der sportlichsten Marken im damaligen Wirtschaftswunderland. Ergebnislisten der 1950er und
frühen 1960er Jahre zeigen die DKWs meist
Abb. oben links Johann Abt aus Kempten startete 1950
seine motorsportliche Laufbahn im Alter von 15 Jahren
bei einem Grasbahnrennen auf einem ehemaligen DKW
F 5 Wehrmachts-Tourenwagen. Abb. oben rechts Siegfried Eikelmann mit einem Auto Union 1000 Coupé de
Luxe auf der Akropolis Rallye 1959. Abb. unten Start der
Tulpenrallye 1954 auf dem Nürburgring. Im Vordergrund der Werks-DKW F 91 von Gustav Menz.
Abb. Der Berchtesgadener DKW Händler Alfred Hartmann im F 91 Coupé bei der Dachstein-Rundfahrt im Juli 1955.
fraktion. In den USA bei Clubsportrennen, in
Südamerika, Skandinavien oder England, bei
der Rallye Monte Carlo, Rallye Akropolis, Tour
d’Europe – überall schlugen sie sich wacker.
Das DKW Pfingsttreffen, seit 1958 jährlich
vom DKW Club-Verband auf der 7,7 km
langen Südschleife des Nürburgrings nur für
DKWs organisiert, war mit riesigen Starterfeldern von bis zu 500 Teilnehmern schlichtweg legendär! Alle damaligen Teilnehmer
können von dem unglaublichen Abgasnebel
beim stehenden Start erzählen. Mischung
1:30 wurde damals gefahren, manchmal
noch fetter. Ab Startreihe 5 musste man
schon hellseherische Fähigkeiten besitzen,
um im Zweitaktnebel Kurs halten zu können.
Höchste Gefahr für den Rennleiter, der mit
der Flagge am Streckenrand zum Start das
Rennen freigab. Infernalischer Lärm und
der beißende Geruch von Rizinusöl sind für
uns heute unvorstellbar. Und noch mehr
erscheint uns heute unglaublich: Sicher12
Bell-Sturzhelm. Gefahren wurde nach dem
Motto: Mit einem Messer im Rücken gehen
wir noch lange nicht nach Hause. So erging
es Rolf Kienen in seinem Junior nach Ausritt
in die Botanik (Blumen am Haubenverschluss) und mehrfacher Feindberührung im
Rennen. Die Tür hielt er bis zum Rennende
mit der linken Hand zu. Der 3. Platz war sein
Lohn! Zum Rennen fuhr man auf der Straße
mit dem Rennauto selbst. Das war praktisch,
um gleich den nächsten Motor einzufahren.
Davon brauchte man (leider) öfter mal einen
neuen. So wusste Willi Feuersänger, der die
damaligen Zeiten intensiv miterlebt hat, zu
berichten, dass er in Essen losfuhr mit Motor
Nr. 1 im Fahrzeug eingebaut, Motor Nr. 2 und
3 als Reserve im Kofferraum. Im Training
starb dann Motor 1, im Rennen auch Motor
2. Motor 3 musste dann für den zweiten
Rennlauf herhalten und auch die Fuhre
wieder nach Hause bringen. Wenn das nicht
ging, machte man aus den Teilen dreier Motoren ein so gerade noch funktionsfähiges
Tourenwagen düpierte Dieter Mantzel die gesamte europäische Elite aller Klassen, überrundete selbst die zwei 3,8 Liter Werks-Jaguar
MK2. Kurz vor Schluss, weit in Führung,
zerlegte sich unglücklicherweise der Ventilator und zerfetzte den Kühler. Schade! Ein so
wohlverdienter Sieg mit einem so traurigen
Ende. Oft waren es Kleinigkeiten, die zu einem vorzeitigen Ende führten: ein gerissener
Kupplungszug, eine defekte Benzinleitung
oder diese verdammte Zündplatte vorne
am Motor. Für Reparaturen am Unterboden
wurde der Junior oder F 12 kurzerhand auf
die Seite gelegt, mithilfe der Reserveräder an
der seitlichen Dachkante abgestützt.
Eine weitere Anekdote ist vom Avus-Rennen
Ende 1964 zu berichten. Mit dabei Dieter
Mantzel. Die Hochgeschwindigkeits-Rennstrecke hatte zwei lange Geraden und nur
zwei Umkehrkurven, davon eine flach, die
andere jene berühmt-berüchtigte, stark überhöhte Nordkurve. Auf dieser Vollgasstrecke
13
Rallye:
Walter Schlüter, Gustav Menz, Günther
Ahrens, Heinz Meier, Wolfgang Levy, Hans
Wencher, Hermann Kühne, Alfred Kling,
Siegfried Eikelmann, Sven von Schroeter,
Otto Linzenburg, Kurt Pfnier
Tourenwagen-Rennen:
Dieter Mantzel, Peter Ruby, Gert Raschig,
Günther Schreiber, Egon Evertz, Rolf Kienen,
Ernst Jüntgen, Dieter Nakaten, Peter Ochs,
Helmut Dombrowski, Dr. Theo Hey, Willi
Feuersänger, Fritz Schilling, Hagen Arlt und
schließlich Hannelore Werner, „schnellste
Frau Deutschlands“, später auch in der Formel 2.
Formel Junior:
Dieter Mantzel, Günther Ahrens, Gerhard
Mitter, Alfred Hartmann
Abb. oben Siegfried Eikelmann und Hermann Kühne im
AU 1000 Sp auf der Rallye Charbonnière-Lyon 1960. Abb.
Mitte Formel Junior Rennwagen von Gerhard Mitter für
den Einsatz in den USA. Abb. unten links Wolfgang Levy
im Auto Union 1000 Sp beim Avusrennen in Berlin 1959.
Abb. unten rechts Das erste Auto Union Werksteam 1954
bei der Rallye Genève: Walter Schlüter, Gustav Menz und
Heinz Meier (von links).
gewann er die 1.000 ccm Klasse mit einem
fabelhaften Renndurchschnitt von 156 km/h.
Die Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden
lag um 185 km/h. Ein Pensionsgast meiner
Eltern nahm mich als 12-Jährigen damals
in seinem dunkelgrünen Renn-DKW Junior
mit bis hinein ins Fahrerlager im Infield
der Nordkurve. Es war mein erster Kontakt
mit dem Motorsport. Ich erinnere mich
dunkel daran, statt auf einer Rücksitzbank
auf Motorteilen gesessen zu haben. Und ich
erinnere mich an die harte Federung und
den infernalischen Ansauglärm, das „Huuhuup, Huuhuup“ beim Anfahren und Schalten.
Ebenso an die Funken, die in der Nordkurve
bei den meisten Autos unter dem Fahrzeugboden herauskamen. Erst später erfuhr ich,
wie brutal die Autos durch die Fliehkräfte zu-
sammengestaucht wurden, dass die Federn
auf Anschlag gingen und als tiefstes Teil der
Auspuff am Boden schleifte. Die vielen Querfugen, Buckel und Senken in der gemauerten
Backsteinoberfläche forderten Mensch und
Material. Stellt euch vor, Ihr kommt mit 180
km/h auf eine optisch senkrecht aufragende
Backsteinwand zugerast, in der man kaum
Gas wegzunehmen braucht.
Abb. „Ab Übergang von Asphalt zu Backsteinen brach dann die Hölle los.“ Die gemauerte Avus-Nordkurve, ein Bild
vom DKWV Avusrennen 1962.
Schon das bringt den Puls zum Anschlag.
Ab Übergang von Asphalt zu Backsteinen
brach dann die Hölle los: das Auto rüttelte in allen Teilen und sprang (Federn auf
Anschlag!), die Zähne klapperten, die Augen
zitterten, das Gesichtsfeld flackerte, Metall
vom schleifenden Auspuff kreischte. Dazu
der Motorenlärm, keine Gurte usw. (s.o.). Unglaublich! Das für den Transit durch die DDR
fällige „Eintrittsgeld“ für den Grenzübertritt
kostete damals übrigens für die einfache
Fahrt schlanke 14 DM, der Liter Sprit 0,58 DM.
Der F 12 schluckte, wenn es sein musste, an
die 17 Liter auf 100 km, und das mit 900 ccm
… Hier einige der großen Namen, die damals
als Fahrer für Schlagzeilen sorgten:
14
Formel 3:
Dieter Mantzel auf Lola-DKW, später auf
Brabham-DKW
Bis zum Saisonende 1958 führte die im Werk
Düsseldorf innerhalb der Werksreparatur
ansässige Sportabteilung ihre werkseigenen
Einsätze im Rallyesport durch. In dieser Zeit
fiel die Entscheidung der Unternehmensleitung, sich mehr auf den Kundensport und
die Betreuung der vielen Privatfahrer zu konzentrieren. Zu diesem Zweck wurde 1959 die
DKW-Trophäe ausgeschrieben. Parallel wurden noch einige Einsätze mit Werkswagen
vornehmlich zu Testzwecken gefahren, bevor
dann mit Beendigung der Rallye Monte Carlo
Anfang 1960 die Sportabteilung endgültig
aufgelöst wurde. Die neue Abteilung „Sportbetreuung“, weiterhin von Karl-Friedrich
Trübsbach mit großem Engagement geleitet,
zog wenig später aus Kapazitätsgründen
vorübergehend beim Düsseldorfer DKWHändler Toni Ulmen ein, bevor sie dann 1962
nach Ingolstadt übersiedelte. Inzwischen
hatte die Auto Union das Düsseldorfer Werk
an die damalige Muttergesellschaft DaimlerBenz verkauft.
Nach den im Rallyesport und auf der Rundstrecke erfolgreichen 3=6 Modellen kam 1959
der DKW Junior auf den Markt. Gedacht als
Konkurrenz zum VW-Käfer waren die Gene
durchaus überzeugend: Viel Innenraum
durch Frontmotor und Vorderradantrieb, ein
leichter Rahmen mit einer hübsch anzusehenden Karosserie darauf. Dazu ein großer
Kofferraum – das kam gut an. Noch war der
Zweitaktmotor mit 750 ccm und 34 PS adäquat im Vergleich zur Konkurrenz namens
Lloyd Alexander, Borgward Arabella, NSU
Prinz und eben dem Käfer. Damals wie heute
war das Hub/Bohrungsverhältnis von 68 zu
68 mm, also 250 ccm Einzelhubraum, als
ideal für den Zweitakter angesehen. Stimmte
auch: Laufruhe unter Last sensationell, selbst
das typische Zweitaktruckeln im Teillastbereich hielt sich in Grenzen. Die Wasserkühlung erlaubte eine ordentliche Heizung für
die vom Käfer in dieser Hinsicht wahrlich
nicht verwöhnte deutsche Mittelschicht. Der
Motor konnte bergab hemmungslos überdreht werden (die Tachonadel verschwand
ab 160 km/h rechts unten im Tachogehäuse).
Der Autor erinnert sich an eine Ausfahrt im
DKW Junior seines Cousins auf der Autobahn
– stehend in der Mitte hinter den Vordersitzen. Dort wurde er auf besagten Umstand
hingewiesen. Gut 200 kg leichter war der
DKW Junior im Vergleich zu seinem großen Bruder, dem Auto Union 1000. Schnell
nahmen ihn die Sportfahrer in Kur. Mantzel,
Mitter, Abt, das waren die großen Namen der
Tuningszene. Und natürlich das Werk selbst!
Von der Abteilung „Sportbetreuung“ in
Düsseldorf bzw. Ingolstadt gab es einfach
alles, was zum schnellen Rennsport gehörte:
Motoren bis 1000 ccm, Spezialkolben, feinst
gewuchtete Kurbelwellen, verstärkte Zylinderköpfe, Radnaben aus Spezialstahl, Teile
zur Fahrwerksverstärkung und zum Tieferlegen. Außerdem Renngetriebe in allen möglichen Abstufungen von Berg zu Langstrecke
(sprich z. B. Avus in Berlin), schließlich sogar
ein Fünfganggetriebe mit Knüppelschaltung und Differentialsperre. Für all das gab
es einen speziellen Sportteilekatalog im
halben DIN-A5 Format. Das Auto Union Werk
15
unterstützte die Rennfahrer mit einer ausgeklügelten Rabattstrategie und Siegprämien
und erhielt dafür unzählige Klassen- und
Gesamtsiege am Berg, auf Rallyes und auf der
Rundstrecke. Die Sportpresse lobte explizit
das Engagement der Auto Union im privaten
Motorsport. Die sehr aktive „Sportbetreuung“
bot Anfang der 1960er Jahre den von Mantzel
entwickelten „Dreiströmer“ als Renn-, Rallyeund Sportmotor für den Junior und später
für den F 12 an. Generell größere Kanäle sowie
ein weiterer dritter, durch ein Kolbenfenster
gefütterter Überströmkanal, ein angepasster
Auspuff nebst höherer Verdichtung brachten
diesen Motor in die 100 PS/Liter Leistungsklasse. Drehzahlen bis 7.000 U/min waren
an der Tagesordnung. Das war damals der
Hammer!
Der DKW F 12, eine Weiterentwicklung des
Junior, überraschte im Frühjahr 1963 mit
vorderen Scheibenbremsen. Für Sportzwecke
ein ungeheurer Vorteil! Der Motor hatte nun
900 ccm und mit Weber 40 DCOE Doppelvergaser kamen für die Straße bis zu 90 PS
heraus, was für so manchen Porsche-Fahrer
auf der Autobahn oder Landstraße zum
veritablen Kulturschock geriet. Merke Geschwindigkeitsbegrenzung auf Landstraßen
bis 1972: Keine! Das Fahrwerk des F 12 war
einfach genial: vorne doppelte Dreieckslenker mit längsliegenden Torsionsstäben zur
Federung plus Stabi, direkte Lenkung. Hinten
eine leichte Rohrachse mit Längslenkern an
einer quer im Rahmen liegenden Torsionsfeder plus Panhardstab zum Abfangen der
Querkräfte. Scheibenbremsen, ausgestellte
Felgen bis 5 ½ Zoll und Dunlop-Rennreifen
sowie Dämpfer von Koni plus kräftige
Tieferlegung rundeten das Rennpaket ab. Das
Homologationsgewicht des DKW F12 betrug
seinerzeit schlanke 725 kg (vgl. Porsche Super
90 mit 900 kg). Wer wollte, konnte als GT in
der Gruppe 5 fahren. Dafür hielt das Werk
Kunststoffhauben, -türen und -scheiben
bereit. So kam man an 620 kg Leergewicht
heran. Dicke Kolben für 78 mm Bohrung
sorgten für insgesamt 100 PS bei 980 ccm.
Ein besonderes Kapitel der DKW Motorsportgeschichte war die Formel Junior. Sie galt ab
1957 als Einstiegsklasse in den Rennsport.
Viele große Namen späterer Formel-1-Sieger
begannen auf Wagen mit DKW Motoren. Und
die leisteten bis zu 100 PS. Gerhard Mitter,
Alfred Hartmann konstruierten ihre eigenen
Wagen. Lola, Cooper, Elva oder auch Graf
Berghe von Trips und andere konfektionierten ihre Fahrzeuge mit DKW-Motoren. Und
als ungekrönter Tuning-Papst galt Albrecht
Wolf Mantzel, dessen Sohn Dieter die Moto16
ren aus dem väterlichen Betrieb mit großem
Erfolg zu sportlichem Ruhm führte.
Le Mans sah 1962 einen französischen Prototypen namens CD-Mantzel mit DreiströmerMotor und nur 701 ccm Hubraum sowie
Fünfgang-Getriebe. Er erreichte dank des
fantastischen cw-Wertes von 0,18 auf der
Geraden 225 km/h, fiel aber leider schon in
der ersten Runde durch Unfall aus.
Mantzel Tuning, inzwischen von Hockenheim nach Ingolstadt umgesiedelt, brachte
1964 den MTZ-Motor 1104. Einen eigenen, für
die neue Formel 3 mit 1000 ccm konzipierten Motor mit großen Kanälen. Als Langhuber mit 76 mm Hub brachte der selbst mit
dem nur einen erlaubten Vergaser mit 36
mm Venturi an die 110 PS. Mantzel kam auf
die Idee, in Kooperation mit dem Werk diesen 1104 als Sportblock für den neuen DKW
F 102 anzubieten. Mit 1000 ccm statt der serienmäßigen 1200 ccm. Dieser Motor wurde
übrigens im Homologationsblatt des F 102
als Variante „mit fensterlosen Kolben“ aufgeführt. Damit hätte der F 102 in der 1000 ccm
Klasse fahren können. Der Sportblock würde
zum optionalen „Serienblock“ umdefiniert;
denn nur ein solcher durfte in der Formel 3
eingesetzt werden. Genau so wurde verfahren, und Dieter Mantzel hatte den Motor
schon bald in seinem Brabham. Tja, dann
kam aber der Verkauf der Auto Union GmbH
an VW Ende 1964. Die DKW Sportbetreuung
stand zur Disposition. Sportchef Trübsbach
wurde angewiesen, die Abteilung bis Ende
Juli 1965 abzuwickeln. Sämtliche Fahrzeuge
und Ersatzteile wurden verkauft. Kurt Pfnier,
der noch im Herbst 1964 einen Sponsorenvertrag für das darauffolgende Jahr mit der
Auto Union abgeschlossen hatte, durfte sich
im Sportteilelager bedienen, um sich noch
für den Rest der Saison 1965 mit Ersatzteilen einzudecken. Die Sportwerkstatt wurde
geräumt und der Hauptabteilung Versuch
übergeben. Die DKW-Trophäe wurde zum
31. Dezember 1965 gekündigt. Karl-Friedrich
Trübsbach wechselte zu BMW, und auch
Mantzel musste sein Geschäft aufgeben.
Weitere Entwicklungen für die Formel 3 gab
es daher nicht mehr. Sohn Dieter Mantzel
stieg 1966 auf Viertakter um. Die verbliebenen Motoren wurden zu einem Großteil im
Auto-Cross aufgerieben. Ganz selten findet
man einen solchen Dreiströmer heute mal
im Straßenfahrzeug eines Sammlers. Die
Homologation für einen Renntourenwagen
gilt bis fünf Jahre nach Produktionsende, also
waren die DKW F 12 bis 1970 noch verbreitet
auf der Rennstrecke zu sehen. Die Konkurrenz aber wurde härter: Fiat Abarth 1000 TC,
Simca 1000, NSU TTS, Autobianchi A112
Abb. oben In den 1990er Jahren waren mit Unterstützung von Audi bis zu acht DKW Junior und F 12 regelmäßig bei den historischen Rennen dabei. Im Bild die Boxengasse am Nürburgring zum Jan-Wellem-Pokal 1999.
Abb. unten links Start zum Silberschildrennen auf dem
Nürburgring Pfingsten 1964. Abb. unten rechts Der F 12
Tourenwagen des Autors, in den 1990er Jahren noch rot
lackiert.
in Frankreich und Belgien und einem F 12 in
England, der sehr beherzt und erfolgreich
von Hugh Mayes und Tim Bishop bewegt
wird. Einer der Rennhelden der 60iger Jahre
und Mann der ersten Stunde, Ernst Jüntgen
aus Düsseldorf, hat in diesem Jahr 2015
Schlagzeilen mit seinem neu aufgebauten
Rallye-DKW F 12 gemacht: bei der Rallye Monte Carlo Historique belegte er den dritten
Platz insgesamt von 350 teilnehmenden Autos! Ein bisschen stolz bin ich natürlich auch
auf meinen Renner. Wer neben mir kann
schon beweisen, dass sein Auto seit 1965, mit
nur ganz kurzen Pausen zwischendrin, regelmäßig auf Rennstrecken unterwegs war?
wurden immer schneller und waren dem
DKW, der ja nicht mehr weiterentwickelt
wurde, bald überlegen. Außerdem fehlte
inzwischen die Betreuung der DKW Fahrer
durch das Werk. Das galt vor allem auch für
das letzte DKW-Modell, den F 102 von 1964.
Dieser modern konzipierte Wagen mit selbsttragender Karosserie hatte durchaus gute
Anlagen. Sein Dreizylinder-Zweitaktmotor
mit 60 PS aus 1200 ccm arbeitete jedoch jenseits der optimalen Motordimensionen und
bereitete eher wenig Freude, nicht zuletzt
auch wegen des hohen Verbrauchs. Obwohl
auch der F 102 noch für den Rennsport homologiert wurde, fand dieses Modell kaum
noch den Weg in Sportlerhände.
Mit der Übernahme der Auto Union durch
Volkswagen war nicht nur das Ende der
Sportbetreuung besiegelt, auch das Ende
der Zweitaktära wurde eingeläutet. Dies
betraf auch den von Dipl.-Ing. Hans MüllerAndernach entwickelten Sechszylinder-Zweitaktmotor, der mit verschiedenen Hubräumen bis 1300 ccm von der Auto Union in
verschiedenen Werkswagen getestet wurde.
Zuletzt gab es noch Überlegungen, den
Motor für den DKW Munga herzunehmen.
1966 war auch damit Schluss. Die Sechszylindermotoren wurden danach von einer
Motorengesellschaft in Bayreuth an private
DKW Fahrer verkauft. Gelegentlich sieht man
noch auf Clubtreffen den ein oder anderen
DKW mit einem solchen V6-Zweitaktmotor.
Der Konstrukteur Müller-Andernach war
übrigens in den 1950er Jahren auch mitbe-
teiligt an der Entwicklung des DreizylinderZweitaktmotors für den Saab 93. Bei der Auto
Union in Ingolstadt war inzwischen ein neues Modell mit Vierzylinder-Viertaktmotor
entwickelt worden. Karosserie und Fahrwerk
stammten mit einigen optischen Änderungen und Anpassungen vom DKW F 102. Ein
neues Modell, ein neuer Name: Audi. Der
im August 1965 vorgestellte Audi mit 72 PS
Mitteldruckmotor wurde Urahn einer grandiosen Entwicklung, die bis heute anhält. Der
Motorsport machte ich Ingolstadt aber erst
einmal eine längere Pause.
Die Geschichte meines eigenen DKW F 12,
Historischer Renntourenwagen als GT
gemäß Gruppe 5, 1965
Mein erstes eigenes Auto überhaupt war ein
DKW F 12, den ich 1970 gekauft hatte. Unter
den wachsamen Augen meines Mentors und
Ziehvaters Helmut Dombrowski, einem der
vielen Privatfahrer auf DKW, lernte ich bei
der ADAC Jugendgruppe Berlin den Wagen
zu frisieren. Meine bislang stolz getragenen
langen Haare ließ ich abschneiden, damit
sie sich nicht im Keilriemen verfingen. Mit
dem schnellen F 12 nahm ich vor allem an
Slalomrennen teil. Später verkaufte ich den
DKW aus beruflichen Gründen.
1983 folgte dann ein weiterer F 12, den ich
mir für historische Rennen aufbaute. Seit
über drei Jahrzehnten bin ich jetzt aktiv
mit meinem DKW dabei. In dieser Zeit habe
ich vieles dazugelernt, vieles ausprobiert,
manche Niederlagen verdaut und schöne
Erfolge gefeiert. Seit 2010 bin ich Mitglied
im VFV und fahre meinen DKW nun in der
GLPpro-Serie. Nachdem jahrelange private
Versuche, mit einer erhöhten Verdichtung an
höhere Leistung zu gelangen, nur Verdruss
und Ausfälle brachten, freue ich mich seit
diesem Jahr über ein perfekt laufendes,
schnelles Rennfahrzeug. Alles, was damals
für Gruppe 5 zu haben war, ist hier verbaut.
Mit dem Gewicht von etwa 600 kg staunen
die Kollegen immer wieder über die dadurch
möglichen späten Bremspunkte und die sehr
gute Straßenlage. Auf der Geraden bin ich
mit etwa 175 km/h unterwegs, die Fuchsröhre
hinunter auf der Nürburgring-Nordschleife
verhindert nur mein mangelnder Mut Geschwindigkeiten jenseits von 190 km/h. Notabene: Dieter Mantzel war hier irgendwann
einmal mit 210 km/h gemessen worden.
Viele Renn-F12 im Einsatz gibt es nicht mehr.
Neben den wenigen in Deutschland noch
aktiven Renn-DKWs weiß ich von einer Handvoll in Skandinavien, von einigen Rallyeautos
Avus, Nürburgring,
Hockenheim, Brünn, Silverstone, Dijon,
Knutsdorp und mehr. Unvergessen die
Langstreckenrennen auf der Nordschleife
und Teilnahme an DM- und EM-Läufen.
Nicht zu vergessen auch die vielen Kontakte weltweit, die sich oft zu Freundschaften
entwickelt haben.
Dank an unseren Redakteur Thomas Erdmann für die Überarbeitung des Artikels
wie auch für Ergänzungen und manche
historische Hintergrundinformationen.
Mein besonderer Dank gilt zum Schluss
meinem Freund, Berater, Mechaniker und
Psychotherapeuten Erich Schiller. Er kann
Stunden alleine eine Motorsportgemeinde
mit Geschichten und Dönekes rund um
DKW unterhalten. Bis heute war und ist er
immer ganz nah dran an der historischen
Rennerei mit DKW. Und er weiß wovon er
spricht: Bis Ende 1965 hat er in Mantzels
Betrieb in Ingolstadt die Rennmotoren
gefräst. Der Herrgott erhalte ihm einlanges Leben! <
17
TESTBERICHT
Mot, Heft 5, Mai 1963
18
19
TYPENKUNDE
Ralf Friese jr.
ZAHLENSPIELE
Aus der Produktionsstatistik der DKW F 93 Karmann Cabriolets
Als die Auto Union GmbH auf der Frankfurter
IAA im September 1955 den „Große(n) DKW
3=6“ vorstellte, gehörten zur Modellpalette
selbstverständlich auch die zwei- und viersitzigen Karmann-Cabriolets.
Im Vorfeld der Internationalen Automobil
Ausstellung waren bei Karmann in Osnabrück jeweils drei Fahrzeuge beider Ausführungen fertiggestellt worden. Die Kleinserienfertigung begann schleppend im Januar
1956 und endete bereits am 28. September
mit der Auslieferung des einhundertsten und
letzten gebauten Viersitzer-Cabriolets. Der
letzte Zweisitzer mit der laufenden Nummer
202 war einen Tag zuvor von der Montagelinie gelaufen.
Während die DKW-Fahrgestellnummern fortlaufend im Rahmen der Serienproduktion
geführt wurden, vergab Karmann insgesamt
vier unterschiedliche Indices für die Karosserienummern. Fast jeder der „Karmänner“
lässt sich somit eindeutig zuordnen - zur Einschränkung kommen wir weiter unten. Die
Karosserienummern der 1955 als Musterfahrzeuge gebauten Viersitzer beginnen mit dem
Index 0031/, danach folgen die laufenden
Karosserienummern 1 bis 3. Das 55er Zweisitzer-Cabriolet trägt den Index 0032/, danach
folgen ebenfalls die laufenden Produktionsnummern 1 bis 3. Für die Serienmodelle des
Baujahrs 1956 lautet die Karosserienummer
des Viersitzer-Cabriolets 0033/ mit fortlaufenden Produktionsnummern 1 bis 100; der
Viersitzer trägt die Karosserienummer 0034/
mit den laufenden Nummern 1 bis 202. Die
Prototypen der Facelift-Version 1957 müssten
demnach die Karosserienummern 0035/ als
Viersitzer und 0036/ als Zweisitzer getragen
haben – leider ist bislang keiner der beiden
gebauten Wagen aufgetaucht. Von den Muster- und Messefahrzeugen hat jeweils ein
Fahrzeug überlebt. Ein Viersitzer mit der
Karosserienummer 3, ehedem Privatwagen
von Wilhelm Karmann, steht im Fahrzeugmuseum Melle. Lange Zeit war er der einzige
bekannte Viersitzer. Das kobaltblaue Zweisitzer-Cabriolet mit der Karosserienummer
2, ursprünglich genutzt von DKW-Direktor
Ludwig Hensel, befindet sich in Privatbesitz
im Ruhrgebiet und ist regelmäßig auf Veranstaltungen zu bewundern.
Während beim DKW F 89 und DKW F 91 wenigstens die Viersitzer-Cabriolets vierstellige
Produktionszahlen erreichten, sah der AutoUnion-Vertrieb für ein Cabriolet auf Basis
des großen DKW 3=6 kaum Absatzchancen,
was sich entsprechend in der Disposition bei
Abb. Für die luxuriösen F 93 Cabriolets lag beim Händler ein dreiseitiger Faltprospekt mit gezeichnetem Titelblatt aus.
20
21
Abb. oben links Tennissport und viersitziges Cabriolet
galten in den 1950er Jahren als Sinnbild eines luxuriösen
Lebens. Abb. unten links Konsequenterweise wird das
Sportmotiv auch in der Werbung für das Zweisitzer-Cabriolet genutzt. Abb. oben rechts Ein Serienwagen, erkennbar an den langen vorderen Zierleisten, auf dem
Düsseldorfer Flugfeld neben einer Lockheed Super Constellation. Abb. unten rechts Warum Madame bei der
Sendersuche Vollgas gibt, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Polargrau AU 170 (1), Diamantgrau AU 175 (1),
Papyrusweiß (2), Delphingrau (1), Fischsilbergrün AU 242 (1), Königsblau (1)
Auch das Viersitzer-Cabriolet hatten die
DKW-Händler in den drei Grundfarben im
Programm (gebaute Stückzahl in Klammern):
Schwarz AU 40/1 (23), Purpurrot AU 229 (25)
und Elfenbein AU 230 (30). Wie beim Zweisitzer dominieren bei den Sonderfarben des
Karmann niederschlug. Sicher spielte hier
auch die Zurückhaltung des USA-Importeurs
Peter Satori eine Rolle, der immer wieder einen reinrassigen, preisgünstigen DKW-Sportwagen für den wichtigen Markt in Übersee
gefordert hatte. Über ihn fanden lediglich 34
Zwei- und Viersitzer-Cabriolets den Weg in die
USA. Die Serienfertigung bei Karmann erfolgte in einzelnen Losen. Vermutlich kam es deswegen in der Zweisitzer-Fertigung zur doppelten Vergabe der Karosserienummer 60.
Die „erste“ purpurrot lackierte Nummer 60
verließ die Karmann-Werkshallen am 17. Mai
1956, die „zweite“ in identischer Farbgebung
ging am 18. Mai von Osnabrück aus per Bahn
auf die Reise ins DKW-Werk Düsseldorf. Beide
Wagen, sie tragen übrigens unterschiedliche
Fahrgestellnummern, wurden von der Auto
Union GmbH am 24. Mai 1956 ausgeliefert;
22
viersitzigen Cabriolets gedeckte Farbtöne.
Zwei Viersitzer trugen sogar zweifarbige Sattellackierung wie die Luxus-Cabriolets der
Vorkriegszeit und viele DKW F 89 Cabriolets.
Es gab: Silbergrau (1), Graphitgrau AU 229 (4),
Nebelgrau AU 201 (3), Grau (1), Irischgrau (1),
Saharagelb (1), Zitronengelb (2), Alaskagrün
(2), Olivgrün (1), Traubengrün/Dunkelgrün (1),
Grün/ Dunkelgrün (1), Smaragdgrün (2), Blattgrün AU 221 (1), Forellenblau (1), Irisblau (1).
Nach heutigem Stand, Dezember 2015, sind
24 überlebende F 93 Zweisitzer-Cabriolets sowie 7 Karmann-Viersitzer bekannt. Daneben
gibt es noch eine Dunkelziffer von zwei bis
drei Zweisitzern.
Mehr als zehn Prozent aller gebauten DKW
F 93 Cabriolets haben die vergangenen sechzig Jahre überdauert; eine mehr als beeindruckende Quote! <
der eine nach Berlin, der andere nach Schweden. Aufgefallen ist die doppelte Belegung der
Karosserienummer nur, weil beide Fahrzeuge
heute noch existieren.
Die Auto Union bot im offiziellen Lieferprogramm das F 93 Zweisitzer-Cabriolet in drei
verschiedenen Farbtönen an (gebaute Stückzahl in Klammern): Schwarz AU 40/1 (40),
Purpurrot AU 228 (40) und Elfenbein AU 230
(81). Daneben waren bei Karmann die nachstehend aufgeführten Sonderlacke erhältlich,
wobei die Vielzahl der Grautöne geradezu
modernistisch anmutet.
Abb. oben Zwei Musterwagen, Viersitzer Nr. 2 und Zweisitzer Nr. 3, wurden im Herbst 1955 gekonnt für diese
Werbeaufnahme in Szene gesetzt. Danach wurden beide
Silbergrau (2), Graphitgrau AU 229 (2), Nebelgrau AU 201 (13), Saharagelb (7), Kobaltblau
(5), Fischsilberblau (2), Rhodosblau (1), Signalrot (2), Durorot (1), Hellrot (1), Cortinagrau (1),
Fahrzeuge an den amerikanischen Importeur Peter Satori ausgeliefert. Abb. unten IAA 1955. DKW-MotorradWerksrennfahrer August Hobl führt Interessenten den
schwarzen Zweisitzer mit der Karosserienummer 1 vor.
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