UNIVERZITA KARLOVA V PRAZE Pedagogická fakulta

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UNIVERZITA KARLOVA V PRAZE Pedagogická fakulta
UNIVERZITA KARLOVA V PRAZE
Pedagogická fakulta
Katedra německého jazyka a literatury
Inszenierungen der deutschsprachigen Werke
auf den ausgewählten Prager Bühnen
(1990/91 - 2007/08)
Bakalářská práce
Autor:
Monika Hagenhoferová
Vedoucí práce: PhDr. Viera Glosiková, CSc.
2009
Hiermit
erkläre ich, dass ich diese Diplomarbeit
Quellen
erarbeitet
habe.
selbständig
und auf Grund der
genannten
An dieser Stelle möchte ich mich bei PhDr.
Viera Glosikovä,
fachkundige Führung und ihre wertvollen Ratschläge
bedanken.
CSc. für
ihre
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
5
1.1. Gegenstand der Arbeit
5
1.2. Aufbau und Ziel
6
2. Inszenierungen
2.1. Inszenierungen der Werke deutscher Autoren
8
8
2.2. Inszenierungen der Werke österreichischer Autoren
13
2.3. Inszenierungen der Werke Schweizer Autoren
18
2.3. Inszenierungen der Werke von Prager deutschen Autoren
20
3. Analyse der Spielpläne der Prager Bühnen
21
3.1. Analyse
21
3.2. Alfred-Radok-Preise
29
3.3. Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache
30
4. Die Theaterfassung des Romans Die Verwirrungen des Zöglings Törless im
Theater Komödie
33
5. Abschluss
38
6. Resümee
40
7. Literaturverzeichnis:
41
Anhang
1. Einleitung
„ D a s Theater ist eines der G e s c h ä f t e , die am wenigsten p l a n m ä ß i g behandelt
werden können; man hängt durchaus von Zeit und Zeitgenossen in j e d e m Augenblicke ab;
was der Autor schreiben, der Schauspieler spielen, das Publikum sehen und hören will,
dieses ist's, w a s die Direktionen tyrannisiert und von ihnen kein eigener Wille übrig
bleibt." 1
Das Zitat von Johan Wolfgang Goethe verweist auf die Abhängigkeit der
Gestalt des Theaters von dem Zeitgeist und anderen damit verbundnen Faktoren.
Meine
Bachelorarbeit
ist
bemüht,
die
Tendenzen
in
der
Aufnahme
deutschsprachiger Werke in die Spielpläne der Prager Theater seit dem Jahr 1990 zu
erforschen. Ich habe mich entschlossen, dieses Thema zu bearbeiten, weil es zwei
Bereiche meines Interesses - die deutsprachige Literatur und die Schauspielkunst mit dem kulturellen Geschehen in meiner Geburtsstadt in Verbindung bringt.
1.1. Gegenstand der Arbeit
In die Erforschung werden folgende Prager Bühnen einbezogen: das
Nationaltheater (Národní divadlo) und die ihm angeschlossenen Bühnen das
Ständetheater (Stavovské divadlo) und das Theater Kolowrat (Divadlo Kolowrat),
weiter das Theater Komödie (Divadlo Komedie) 2 , das Vinohrady Theater (Divadlo
na Vinohradech), das Theater Na zábradlí (Divadlo Na zábradlí) und das Theater in
Dlouhá (Divadlo v Dlouhé). 3 Diese Theater wurden gewählt, da sie seit mehreren
Jahren, während denen sie Stücke deutschsprachiger Autoren in ihre Spielpläne
aufgenommen haben, in Betrieb sind. Das Gastieren von anderen Theaterensembles
auf diesen Bühnen wird nicht in Betracht gezogen, nicht einmal die Teilnahme
anderer Theater am Prager Theaterfestival deutscher Sprache und verschiedene
1
GOETHE, J. W.: Schriften zur Literatur. Berlin: Akademie-Verlag, 1973. S. 63
Das Theater Komödie gehörte bis 2002 zu den Prager Stadttheatern (Městská divadla pražská).
Zwischen den Jahren 1991-1996 hieß diese Bühne Theater Ká (Divadlo Ká). Seit dem Jahr 2002
wird das Theater von der Theatergesellschaft Prager Kammertheater (Pražské komorní divadlo)
betrieben, das schon 1999 entstand und seine Inszenierungen auf mehreren Prager Bühnen aufführte.
Solche Inszenierungen, die nach dem Jahr 2002 ins Theater Komödie übertragen und dort weiter
gespielt wurden, werden in diese Arbeit einbezogen.
1
Weiter werde ich nur die Namen der Theater in deutscher Übersetzung verwenden.
2
5
andere kurzfristige Projekte (wie z.B. das experimentelle „Projekt Bouda" des
Nationaltheaters).
Zu den inszenierten Werken gehören sowohl die Theaterstücke als auch die
dramatisierten Prosawerke. Die resultierende Form muss jedoch das Schauspiel sein
(nicht die szenische Lesung und das Musiktheater).
Die behandelte Zeitperiode ist achtzehn Theatersaisons 4 lang, von der Saison
1990/91 bis zu der letzen abgeschlossenen Saison zur Zeit der Verfassung dieser
Bachelorarbeit - 2007/08. Die Theatersaison dauert in allen betreffenden Theatern
von September bis Juni.
1.2. Aufbau und Ziel
Die Arbeit wird in drei Teile gegliedert. Das erste Kapitel gibt eine
komplette Übersicht der Inszenierungen, die innerhalb der achtzehn Theatersaisons
aufgeführt wurden, an. Zum Schwerpunkt meiner Erforschung wird das zweite
Kapitel, in dem ich die gesammelten Angaben summarisiere und auswerte. Im
letzten
Teil
Verwirrungen
richte
des
ich
meine
Zöglings
Aufmerksamkeit
Törless,
die
auf
durch
die
die
Inszenierung
Die
Dramatisierung
des
gleichnamigen Romans von Robert Musil im Theater Komödie entstand.
Die
Hauptquelle
meiner
Recherche
bilden
die
tschechischen
Theaterjahrbücher 5 , die alle Premieren auf den tschechischen Bühnen in jeder
Saison
angeben. Weiter gehe ich beim Schreiben von den Materialien aus den
Archiven der einzelnen Theater, von Rezensionen und von der Fachliteratur aus.
In dieser Bachelorarbeit bemühe ich mich darum, die Vertretung der
deutschen, österreichischen, Schweizer und der Prager deutschen Werke in den
Spielplänen der Prager Bühnen seit dem Jahr 1990 zu erforschen. Zu den Fragen,
die ich in der Gesamtanalyse beantworten möchte, gehört zum Beispiel, zu welcher
der Nationalliteraturen die meisten aufgeführten Inszenierungen gehörten und
welche Literaturepochen bei der dramaturgischen Auswahl bevorzugt wurden.
Weiter möchte ich feststellen, wie viele Premieren in jeder Saison stattgefunden
haben und ob die Anzahl der deutsprachigen Inszenierungen pro Saison eine
4
Das Theater in Dlouhá wurde 1996 gegründet, bis 2007/08 war es also nur zwölf Saisons im
Betrieb.
5
in gedruckter Form nur bis zur Saison 2002/03, weiter nur im Internet
6
steigende oder fallende Tendenz hat. Ich werde mich auch mit den Fragen befassen,
welche Autoren und Stücke sich der größten Beliebtheit gefreut haben und welche
Stücke bei Preisverleihungen erfolgreich waren.
7
2. Inszenierungen
Dieser Teil der Bachelorarbeit enthält alle Inszenierungen mit der Angabe
von der Saison der Erstaufführung und mit kurzer Vorstellung, geteilt nach dem
Land der Herkunft der Autoren und auch nach einzelnen Bühnen. Nach der
Herkunft unterscheide ich hier vier Gruppen: 1. die Autoren aus Deutschland, 2.
Österreich, 3. aus der Schweiz und 4. Vertreter der Prager deutschen Literatur. Was
die Bühnen betrifft, werde ich das Nationaltheater mit seinen weiteren zwei Bühnen
- dem Ständetheater und dem Theater Kolowrat - , das Theater Komödie, das
Vinohrady Theater, das Theater Na zábradlí
und das Theater in Dlouhá
in die
Erforschung einbeziehen. 6
In den meisten Fällen handelt es sich um tschechische Übersetzungen der
Werke, deren Titel in tschechischer Sprache in den Anmerkungen angegeben
werden.
2.1. Inszenierungen der Werke deutscher Autoren
Das Nationaltheater
Auf der Bühne der eigentlichen Gebäude des Nationaltheaters in der
Ostrovní Strasse wurden zwischen den Saisons 1990/91 und 2007/08 keine
Theaterstücke deutscher Autoren in Szene gesetzt. Alle deutschen Werke, die das
Ensemble des Nationaltheaters inszenierte, wurden auf den anderen zwei Bühnen
des Nationaltheaters aufgeführt - teils im Ständetheater und in zwei Fällen im
Theater Kolowrat.
Im Ständetheater erlebten während der achtzehn Saisons fünf Stücke von
vier deutschen Autoren ihre Premiere.
In 1991/92 wurde Heinrich von Kleists historisches Ritterschauspiel in fünf
Akten Das Kätchen von Heilbronn oder die Feuerprobe7 aufgeführt. Dieses Stück,
dessen Handlung sich an der Grenze zwischen Märchen und Realität abspielt, wird
6
7
Weiter werde ich nur die Namen der Theater in deutscher Übersetzung verwenden.
aufgeführt unter dem tschechischen Titel Kalynkaz Heilbornu neboli zkouška ohněm
8
zu Kleists romantischen Werken gezählt; es verarbeitet das in der Romantik häufig
vorkommende Thema - die Sehnsucht nach einer harmonischen Welt.
Weiter wurden auf dieser Bühne zwei Stücke aus der Periode der Weimarer
Klassik inszeniert. In der Saison 1999/2000 war es der erste Teil der Tragödie
Faust9 von Johann Wolfgang von Goethe und in der Saison danach fand hier die
Erstaufführung vom Friedrich Schillers Trauerspiel in fünf Aufzügen Maria
Stuart10 statt.
Von Schiller wurde hier seit der Saison 2000/01 noch ein Stück, Kabale und
Liebe", ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Akten, gespielt. Diese „Anklage gegen
die bestehenden politischen und sozialen Verhältnisse in Deutschland" 12 wird der
literarischen Epoche Sturm und Drang zugeordnet.
Der letzte Dramatiker, dessen Werk auf dieser Bühne in der betreffenden
Zeitperiode vertreten war, ist der Gründer des epischen Theaters Bertold Brecht.
Sein Parabelstück Der gute Mensch von Sezuan13 über die „Unmöglichkeit, unter
unmenschlichen Verhältnissen
menschlich zu sein"
14
wurde in der
Saison
2003/2004 in Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut in Prag aufgeführt. 15
Die Bühne vom Theater Kolowrat nahm zwei gegenwärtige deutsche
Autoren in sein Repertoire auf.
Das Stück aus der Gegenwart Herr Paul'6, aufgeführt 1994/95, wurde 1993
von Tankred Dorst in Zusammenarbeit mit Ursula Ehler geschrieben. Die Handlung
des sozialkritischen Dramas mit dem skurrilen Einschlag spielt sich in der Zeit kurz
17
nach der Vereinigung Deutschlands ab.
Zehn Jahre später, in der Saison 2004/05, hat das Ensemble vom Theater
18
Kolowrat das Schauspiel Eldorado
•
, geschrieben 2004 von Marius von Mayenburg,
8
BÖTTCHER, K . ; HOFFMANN, L. Schauspielführer in drei Bänden.Bd. II/2. Berlin :
Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1975. S. 161-612.
9
aufgeführt unter dem Titel Faust, I. část tragédie
10
a. u. d. T. Marie Stuartovna
" a. u. d. T. Úklady a láska
12
BÖTTCHER, K . ; HOFFMANN, L. Schauspielführer..
S. 125
13
a. u. d. T: Dobrý člověk ze Sečuanu
'
14
BÖTTCHER, K . ; HOFFMANN, L.
Schauspielführer...429
15
Archiv Národního divadla [online], Praha: Národní divadlo. [2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://archiv.narodni-divadlo.cz/default.aspx?jz=cs&dk=Inscenace.aspx&ic=1642&pn=456affccf401-4000-aaff-c 11223344aaa&sz=0&zz=OPR&fo=000>.
16
a. u. d. T. Pan Paul
17
KIENZLE, S. Schauspielführer der Gegenwart. 6. aktual. Auflage. Stuttgart: Kröner, 1999. ISBN
3-520-36906-0, S. 159-160.
18
a. u. d. T. Eldorádo
9
einstudiert, ein Drama über die Sehnsucht nach dem Glück und Wohlstand
Menschen des 21. Jahrhundert.
der
19
Die Experimentalbühne vom Theater Komödie hat zwischen 1990-2002,
als dieses zu den Prager Stadttheatern (Městská divadla pražská) gehörte, zwei
deutsche Stücke aufgeführt. 1994/95 war es das fünfaktige Drama des Sturm und
Drang Clavigo20 von J. W. Goethe in der Bearbeitung von Jaroslav Ostrý und in der
Saison 1997/98 das Märchen Das kalte Herz2',
verfasst
vom Vertreter
der
Romantik Wilhelm Hauff und dramatisiert von Lucie Trmíková.
2002/2003 begann das Künstlerkollektiv Prager Kammertheater (Pražské
komorní divadlo) diese Bühne zu betreiben. Diese Theatergesellschaft hatte
22
Friedrich Schillers Räuber
(Sturm und Drang) in der Bearbeitung von Dušan
David Pařízek und Jan Štěpánek auf dem Repertoire - diese Inszenierung wurde
schon in der Saison 2001/02 im Theater Ponec in Prag erstaufgeführt, in Komödie
wurde diese weitere zwei Saisons gespielt. 2002/2003 studierte dieses Ensemble
Den aufhaltsamen
Aufstieg
des Arturo
Ui23,
ein antifaschistisches satirisches
Parabelstück von Bertolt Brecht, 24 ein.
In drei folgenden Jahren wurden auf dieser Bühne drei deutsche Stücke aus
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts herausgebracht. In der Saison 2003/04 war
es das Schauspiel von Heiner Müller Quartet. Stück nach Choderlos de Laclos.25,
das Zweipersonenstück auf die Motive des Briefromans Gefährliche
Liebschaften
von Choderlos de Laclos. Ein Jahr danach wurde das Theaterstück mit surrealen
Elementen Vorher/Nachher26 von Roland Schimmelpfennig aufgeführt, das in 51
Szenen Fragmente aus dem Leben verschiedenster Figuren zeigt, die sich
zufälligerweise gleichzeitig in demselben Hotel aufhalten. 27 . 2005/06 hatte das
19
Archiv Národního divadla.[online]. Praha: Národní divadlo. [2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://archiv.narodni-divadlo.cz/default.aspx?jz=cs&dk=lnscenace.aspx&ic=4853&pn=456affccf401 -4000-aaff-c 11223344aaa&sz=0&zz=OPR&fo=000>.
20
aufgeführt unter dem Titel Clavijo
21
a. u. d. T. Chladné srdce
22
a. u. d. T. The Bandits
23
a. u. d. T. Zadržitelný vzestup Artura Uie
24
MENNEMEIER, F.N. Modernes Deutsches Drama 2. München : Wilhelm Fink Verlag, 1975.
ISBN 3-7705-1216-2. S. 71,
25
a. u. d. T. Kvartet
26
a. u. d. T. Předtím/Potom
27
Neue deutsche Dramatik [online], München: Goethe Institut. [2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://www.goethe.de/kue/the/nds/nds/aut/smp/stu/deindex.htm#Vorher>.
10
yo
Drama Die bitteren Tränen der Petra von Kant
Regisseurs
Reiner
Werner
Fassbinder
über
des Autors und berühmten
die
Modeschöpferin zu einer jungen Frau seine Premiere.
unerwiderte
Liebe
einer
29
Im Repertoire des Vinohrady Theaters befanden sich während der
achtzehn Saisons nur zwei Theaterstücke von den deutschen Dramatikern. In der
Saison 1999/00 wurde das klassische Drama Wallensteins Tod30 nach dem dritten
Band der Drama-Trilogie Wallenstein von Friedrich Schiller inszeniert. 2004/05
fand hier die Uraufführung des gegenwärtigen Schauspiels über den Tanz und die
Leidenschaft Tango Sólo31 des Dramatikers Torsten Buchsteiner statt.
Das Theater Na zábradlí führte in den neunziger Jahren kein Schauspiel
von einem Autor deutscher Herkunft auf, erst 2000/01 wurde das Repertoire um
Schillers Kabale und Liebe
erweitert.
2001/02 wurde hier die musikalische Komödie aus dem Jahre 1929 Happy
End33,
geschrieben von Elisabeth Hauptmann (unter dem Pseudonym Dorothy Lane)
zusammen mit Bertolt Brecht und mit dem Komponisten Kurt Weill, in Szene
gesetzt.
In der Saison danach studierte das Ensemble zwei gegenwärtige deutsche
Stücke ein. Das erste war die schwarze Komödie vom postmodernen Autor David
Giselmann Herr Kolpert34, eine „schrill verpackte Kritik am skrupellosen, infantilen
Zeitgeist einer übersättigten, jeglicher Werte beraubten Gesellschaft" 35 , die zum
Still des britischen „In-yer-face-theatre"
zugeordnet wird.
Saison 2002/03 inszenierte Stück war Push Up 1-3
38
Das zweite in der
von Roland Schimmelpfennig,
28
aufgeführt unter dem Titel Hořké slzy Petry von Kantové
K1ENZLE, S. Schauspielführer...
S. 196
30
a. u. d. T. Valdštejnova smrt
31
a. u. d. T. Tango Sólo
32
a. u. d. T. Úklady a lásky
33
a. u. d. T. Happy End
34
a. u. d. T. Pan Kolpert
35
Programm [online], Wien: Ensemble Theater, [cit. 2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://www.ensembletheater.at/produktion_detail.asp?lD=76>.
36
„Das In-yer-face-theatre schockiert das Publikum durch den Extremismus seiner Sprache und
Bilder." In ln-your-face theatre [ online], [cit. 2009-02-16], Dostupné na WWW:
<http://www. inyerface-theatre.com/what.htm 1>.)
37
Š1RMER, P. Energijí překypující mrtvola. In i-divadlo [online] Poslední aktualizace 18. 2. 2009
[2009-02-18], Dostupné na WWW: <http://www.i-divadlo.cz/recenzel/ipl010dnzkolpert.htm>.
38
aufgeführt unter dem Titel Push-up 1-3
29
11
ein Schauspiel von den „Widrigkeiten der heutigen Arbeitswelt mit allen
Hoffnungen, Machtkämpfen und Enttäuschungen." 39
In der Theatersaison 2004/2005 wurde ein weiterer gegenwärtiger Autor ins
Repertoire des Theaters zugeordnet: Fritz Kater mit seinem Stück Zeit zu lieben Zeit
zu sterben40 über das Leben und Lieben in der DDR vor und nach dem Mauerfall,
geschrieben frei nach den Motiven des ungarischen Films Time stands still von
Peter Gothár. 41
In der ersten Saison nach seiner Entstehung (1996/97) hat das Theater in
Dlouhá die Tragödie in vier Akten Don Juan und Faust42, von dem Vertreter der
Vormärzliteratur Christian Dietrich Grabbe in Szene gesetzt. In dieser Verknüpfung
des Faust- und des Don-Juan-Stoffes „verteilte Grabbe die zwei Seelen in der Brust
Fausts auf zwei Personen, von denen die eine (Faust) dem weitabgewandten
Geistigen, die andere (Don Juan) dem ausschweifend Sinnlichen verhaftet ist" 43 .
In folgender Saison wurden hier zwei deutsche Werke vorgestellt: die
Dramatisierung des Bildungsromans Der Zauberberg44 vom Autor der Moderne
Thomas Mann (dramatisiert von Janoš Krist, Štěpán Otčenášek, Jan A. Pitínský)
und die Vorstellung Die kleine Hexe45, nach dem gleichnamigen Kinderbuch von
Otfried Preußler aus dem Jahr 1957 (Dramatisierung von Tomáš Pěkný).
Insgesamt hat man in den aufgeführten Theatern 23 Werke von 17 Autoren
deutscher Herkunft inszeniert.
Das Stück Kabale und Liebe wurde sowohl im
Ständetheater als auch im Theater Na zabradli gespielt, es wurden also insgesamt 24
Inszenierungen deutscher Werke aufgeführt.
39
Theater-Open-Air-Festival.
In Das Kultursommer [online], 2006 [cit. 2009-02-19], Dostupné na
WWW: <http://www.kultursommer.de/cgibin/kalender.cgi?datrel=l&datumvon=07.07.2008&schlagwort=theater&.submit=Suchen>.
40
a. u. d. T. Včas milovat, včas umírat
41
Neue deutsche Dramatik [online], München: Goethe Institut. [2009-02-19]. Dostupné na WWW:
<http://www.goethe.de/kue/the/nds/nds/aut/kat/stu/deindex.htm#zeit>.
42
a. u. d. T. Don Juan a Faust
43
BÖTTCHER, K . ; HOFFMANN, L. Schauspielführer in drei Bänden. Bd. 11/1. Berlin :
Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1975. S. 187
44
a. u . d. T. Kouzelný vrch (Didyou ever see the devil with a nightcap on?)
45
a. u . d. T. Malá čarodějnice aneb Havrane z kamene
12
2.2. Inszenierungen der Werke österreichischer Autoren
Auf der Neuen Szene 46 des Nationaltheaters wurde nur ein Schauspiel von
einem österreichischen Autor aufgefiihrt. In der Saison 1990/91 wurde hier das
sozialkritische Volkstück Kasimir und Karoline47, geschrieben 1932 vom Vertreter
des modernen Theaters Ödön von Horväth, herausgebracht. Die Geschichte von
einem Paar, das sich am Abend des Münchner Oktoberfestes trennt, widerspiegelt
die „Hoffnungslosigkeit, charakteristisch für die geistige Lage vieler Menschen
kurz vor Hitlers Machtübernahme" 48 .
Im Ständetheater hat man 1991/92 den Jüdischen Western" mit dem Titel
Weisman und Rotgesicht49 aufgeführt, verfasst 1990 von George Tabori 50 .
Weiter wurden hier Stücke von zwei Vertretern der Wiener Moderne
gespielt: in der Saison 1999/00 Hugo von Hofmannsthals Komödie
Christinas
Heimreise5' und 2005/06 die Tragikomödie Das weite Land52 von Arthur Schnitzler,
in der die großbürgerliche Wiener Gesellschaft am Anfang des 20. Jahrhundertes
abgebildet ist. In der Saison 2001/02 wurde hier das Stück von einem der
bedeutendsten
österreichischen
Schriftstellern der zweiten
Hälfte des 20.
Jahrhunderts Thomas Bernhard aufgeführt - Minneti. Ein Portrait des Künstlers als
alter Mann53. Der Autor benannte die Hauptfigur nach dem deutschen Schauspieler
Bernhard Minetti, der die meisten Hauptfiguren Bernhards Stücke darstellte. 54
Im Theater Kolowrat wurde von Thomas Bernhard das Stück Vor dem
Ruhestand. Eine Komödie von deutscher Seele55 inszeniert (Saison 2000/01). Es ist
46
Nová scéna?Die Inszenierungen des Nationaltheaters wurden hier bis 1992 aufgeführt. Zurzeit
wird die Bühne von der Theatergesellschaft Laterna Magika betrieben.
47
aufgeführt unter dem Titel Kazimír a Karolína
48
MENNEMEIER, F.N. Modernes... S. 37
49
a. u. d. T. Bílý mid a Rudá tvář
50
Georgie Tabori ist ein Dramatiker und Regisseur jüdisch-ungarischer Herkunft, geboren 1914 in
Budapest. Seit 1936 lebt er im Exil (Lonon, Hollywood, New York). Obwohl er viele Werke auf
Englisch schrieb, wird er zu der deutschsprachigen Literatur gezählt, da er „das deutschsprachige
Theater in den vergangenen Jahrzehnten in entscheidender Weise mitgeprägt hat [•••] und fast
ausschließlich auf Deutsch gelesen und gespielt wird." (ALLKEMPER; A.; EKE, N.O.; S. 11) Nach
dem Ort seiner Geburt in Österreich-Ungarn ordne ich ihn zu den österreichischen Autoren zu.
51
a. u. d. T. Kristinčin návrat
52
a. u. d. T. Duše - krajina širá
53
a. u. d. T. Portrét umělce jako starého muže (Minetti)
54
MITTERMAYER, M. Thomas Bernhard. Stuttgart; Weimar: Verlag J.B. Metzler, 1995. ISBN 3476-10291-2. S. 151.
55
a. u. d. T. Před penzi
13
eine Geschichte von einem ehemaligen SS-Offizier, der in der BRD Karriere als
Gerichtspräsident machte. Das ganze Leben lebt er mit seinen Schwestern und
alljährlich feiert er den Geburtstag Himmlers, seines größten Idols. 56
Seit der Saison 1991/92 wurde hier fast zehn Jahre lang das Stück
Besuchszeit57 des gegenwärtigen
Dramatikers Felix Mitterer gespielt. Die vier
Einakter spielen im Altersheim, im Gefängnis, in der psychiatrischen Klinik und im
Krankenhaus ab, wo Menschen am Rande der Gesellschaft ihren Besuch bekommen.
Der weitere Autor des österreichischen Gegenwartsdramas, dessen Stücke hier
inszeniert wurden, ist Peter Turrini. Das in der Saison 2001/02 aufgeführte Stück
Endlich Schluß58 ist ein Monolog eines Journalisten, der sich auf seinen Selbstmord
vorbereitet. 59 Josef
und Maria
60
sind zwei alte, einsame Menschen — ein
Wachmann und eine Putzfrau, die den Heiligen Abend gemeinsam in einem
Warenhaus verbringen. 61 Das Stück wurde hier 2005/06 aufgeführt.
2007/08 hat diese Bühne ein Stück des
Dramatikers
Pavel
Kohout 6 2 uraufgeführt. Seine
tschechisch-österreichischen
Tragikomödie
Eine
kleine
Machtmusik63 ist über den Dirigent Mazort, der nach einem Autounfall sein Leben
in den der sechziger bis neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts rekapituliert. 64
Auf der Bühne vom Theater Komödie führte man 1998/99 Marek
Horoscäks Dramatisierung der Erzählung Die linkshändige
Frau65 auf. Die
Geschichte von einer Frau und ihrer Einsamkeit wurde 1976 von Peter Handke
geschrieben, der zwei Jahre später einen gleichnamigen Film drehte.
1999/00 hat das Prager Kammertheater auf dieser Bühne das Stück des
postmodernen Dramatikers Werner Schwab Volksvernichtung oder meine Leber ist
56
KIENZLE, S. Schauspielführer... S. 83
a. u. d. T. Návštěvní doba
58
a. u. d. T. Hotovo, konec!
59
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 749
60
a. u. d. T. Josef a Marie
61
Archiv Národního divadla [online], Praha: Národní divadlo. [2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://archiv.narodni-divadlo.cz/defauIt.aspx?jz=cs&dk=Inscenace.aspx&ic=4992&pn=456affccf401 -4000-aaff-c 11223344aaa&sz=0&zz=C)PR&fo=000>.
62
Pavel Kohout ist 1928 in Prag geboren, t.978 begann er für das Burgtheater Wien zu arbeiten und
daraufhin wurde ihm die Rückkehr in die CSSR verwehrt. 1980 erhielt er die österreichische
Staatsbürgerschaft. (Kienzle , S. 412)
63
a. u. d. T. Malá hudba moci
64
Archiv Národního divadla [online], Praha: Národní divadlo. [2009-02-19], Dostupné na WWW:
<http://archiv.narodni-divadlo.cz/default.aspx?jz=cs&dk=Inscenace.aspx&ic=5256&pn=456affccf401 -4000-aaff-c 11223344aaa&sz=0&zz=OPR&fo=000>.
65
a. u. d. T. Zvláštní žena
57
14
sinnlos66 aufgeführt. Von Schwab, dem Autor der „Fäkaliendramen", wurden hier
noch drei andere Stücke
inszeniert: 2002/03 das Stück Die
Präsidentinnen67
(Wiedererstaufführung, zum ersten Mal hat das Prager Kammertheater diese
Inszenierung
schon
1997/98
im Theater Na zábradlí aufgeführt), 2003/04
Antiklimax und 2007/08 Übergewicht, unwichtig: Unform68 mit dem Untertitel Ein
europäisches Abendmahl. Für Schwabs Stücke ist eine spezifische Sprache voll von
„obskuren Neologismen" und „poetischen Vulgarismen" charakteristisch. In seinen
Dramen kritisiert er die Konventionen der kleinbürgerlichen
Gesellschaft.
österreichischen
69
2002/03 studierte das Ensemble dieses Theaters zusammen mit dem
Schauspielstudio Ústí nad Labem (Činoherní studio Ústí nad Labem) das Drama
Die Kannibalen70,
verfasst 1970 von George Tabori. In der Geschichte der
Häftlinge im Konzentrationslager Auschwitz, die von ihren Nachgeborenen erzählt
wird, behandelt Tabori das Thema „Überleben als Schuld." 71
Dreimal wurde der Spielplan dieser Bühne um ein Werk von Robert Musil,
dem Vertreter der österreichischen Moderne, erweitert. In der Saison 2002/03
wurde Arnošt Goldflams Dramatisierung der unbeendeten Roman-Trilogie Der
Mann ohne Eigenschaften in Szene gebracht. 2005/06 hat Dušan D. Pařízek Musils
ersten Roman Die Verwirrungen
des Zöglings
Törless72 aus dem Jahr 1906
dramatisiert. Die Inszenierung entstand in der Koproduktion mit dem Deutschen
Theater Berlin und den Salzburger Festspielen und wurde auf Deutsch aufgeführt. 73
In der Saison 2007/08
wurde auf dieser Bühne die Komödie Die
Schwärmer4,
Musils einziges Theaterstück, aufgeführt.
Von dem Dramatiker Thomas Bernhard wurden da ebenfalls drei Stücke
inszeniert. Seit der Saison 2003/04 wird hier die Inszenierung Alte
Meister75
gespielt, über den Musikphilosophen Reger, der seit dreißig Jahren jeden zweiten
66
a. u. d. T. Lidumor aneb Má játra beze smyslu
a. u. d. T. Prezidentky
68
a. u. d. T. Nadváha, nedůležité: Neforemnost
69
Divadlo Komedie [online], Praha: Divadlo Komedie, [cit. 2009-03-02], Dostupné na WWW:
<Divadlo Komedie. http://www.prakomdiv.cz/newautori.asp7autorH>.
70
a. u. d. T. Kanibalové, im Original The Cannibals
71
EKE, N.O. George Tabori. In ALLKEMPER; A.; EKE, N. O. (Hrsg.) Deutsche Dramatiker des 20.
Jahrhunderts. Berlin : Erich Schmidt, 2000. ISBN 3-503-04975-4. S. 384-385
72
im Theater Komödie aufgeführt unter dem Titel Zmatky chovance Törlesse
73
Divadlo Komedie [online], Praha: Divadlo Komedie, [cit. 2009-01-24], Dostupné na WWW: <
http://www.prakomdiv.cz/newrep.asp?id=237&autor=l 1>.
74
a. u. d. T. Snílci
75
a. u. d. T. Staří mistři
67
15
Tag das Kunsthistorische Museum besucht um dort nachzusinnen. Der Roman
wurde von Svatopluk Jelínek und Dušan D. Pařízek für die Bühne adaptiert.76 In der
Saison 2004/05 wurde hier das Theaterstück Am Ziel
von einer problematischen
Mutter-Tochter-Beziehung
Der Weltverbesserer77
aufgeführt und 2006/07
von
einem alten, verbitterten Denker, der für seinen Traktat über die Verbesserung der
Welt einen Ehrendoktorat verliehen werden soll. Das Schauspiel „handelt [...] von
der Beziehung eines Philosophen zu seiner Umgebung: zu der Lebensgefährtin, mit
der er seit Jahren zusammenlebt, aber
auch zu den Repräsentanten der
Gesellschaft." 78
Weiter hat diese Bühne zwei Theaterstücke von der
gegenwärtigen
Schriftstellerin Elfriede Jelinek aufgeführt. 2004/05 war es das Stück Clara S.79,
eine fiktive Tragödie der Frau des Komponisten Robert Schumann, in der sich
Jelinek mit dem Thema von der sexuellen Ausbeutung der Frau befasst. 80 In der
wurde Ein Sportstück8',
Saison danach
ein Schauspiel über „Gewalt der
Männerwelt und Opfergang der Mütter, über die Durchdringung von Sport, Mord
und Krieg" 82 , aufgeführt.
In der Saison 2006/07 wurde hier der Einakter von dem experimentellen
Schriftsteller Ernst Jandl Die Humanisten83 inszeniert. In diesem Stück, das 1977
ursprünglich
als
Hörspiel
erschien,
fuhren
zwei
Nobelpreisträger,
ein
Universitätsprofessor und ein Künstler, ein intellektuelles Gespräch miteinander.
„Ernst Jandl verwendet eine Art Kinderkunstsprache, in der Zeitwörter nur in ihrer
Infinitivform vorkommen, und Substantive mit Silben gestreckt oder mit assoziativ
näherliegenden Formen ersetzt werden." 84
Seit 2007/08 spielt man hier Dunkel lockende Welt85
von Händl Klaus
(verfasst 2006). „In seiner abgefeimten Krimikomödie spielt der österreichische
76
Divadlo Komedie [online]. Praha: Divadlo Komedie. [2009-03-02], Dostupné na WWW:
<http://www.prakomdiv.cz/newrep.asp?id=59&autor=6>.
77
a. u. d. T. Světanápravce
78
MITTERMAYER, M. Thomas Bernhard... S. 157
79
a. u. d. T. Klára S.
80
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 380.
81
a. u. d. T. Sportštyk
82
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 386.
83
a. u. d. T. Humanisti
84
SANRY, E. Die Humansiten. In Hoergold.de [online], [cit. 2009-03-02]. Dostupné na WWW:
<http://www.hoergold.de/audiobooks/! istings/index.htx?f_bid=ec002cda9e0601 fa059cc 158cc0313ac
&f_text=Iang>.
85
aufgeführt unter dem Titel Temně lákavý svět
16
Dramatiker Händl Klaus virtuos mit Lüge und Wahrheit in den (Lebens-)
Geschichten, die wir uns erzählen."
Das Vinohrady Theater hat schon in der Saison 1992/93, also 14 Jahre
früher als das Ständetheater, die Tragikomödie Das weite Land87 von Arthur
Schnitzler in sein Repertoire aufgenommen.
Es wurden hier weiter zwei Stücke von Ödön von Horväth inzeniert: in der
Saison 1997/98 das Volksstück
Geschichten
aus dem Wiener Wald88,
eine
bitterböse Gesellschaftssatire, und zehn Saisons später (2007/08) die Komödie Zur
schönen Aussicht89, die sich in einem heruntergekommenen Hotel abspielt.
20001/02 fand hier die Premiere der satirischen Posse Talisman90 von
Johann Nepomuk Nestroy, dessen Werk zum Wiener Volkstheater des 19.
Jahrhunderts gehört, statt.
Im Theater Na zäbradli wurden während der achtzehn Saisons drei Stücke
von Thomas Bernhard inszeniert. In Ritter, Dene, Voss91 (aufgeführt 1995/96)
kümmern sich zwei Schwestern um ihren Bruder, der aus der psychiatrischen Klinik
nach Hause kam. In der Saison 1998/99 aufgeführtes Stück Der
Theatermacher92
handelt vom alten Schauspieler Bruscon, der mit seiner Familie durch Dörfer reist
und sein eigenes Theaterstück „Das Rad der Geschichte" aufführt. 2002/03 hatte
hier das Stück Heldenplatz93 seine Premiere. Die Geschichte beginnt nach dem Tod
des alten jüdischen Professors Schuster, der sich aus dem Fenster seiner Wiener
Wohnung am Heldenplatz stürzte. 94
86
Neues Hörbuch: Händl Klaus: Dunkel lockende Welt. In Christoph Merian Vertag [online], Basel:
Christoph Merian Verlag ,10. Oktober 2006 [cit. 2009-03-02], Dostupné na WWW: <
http://www.merianverlag.ch/presse/detail.cfm?ObjectID=32429BC9-1422-OCEFB4845BD8F917F7F6>.
87
aufgeführt unter dem Titel Duše - krajina širá
88
a. u. d. T. Povídky z Vídeňského lesa
89
a. u. d. T. Na krásné vyhlídce
90
a. u. d. T. Talisman
91
a. u. d. T. Ritter, Dene, Voss (Vašáryová, Hadrbolcová, Ornest)
92
a. u. d. T. Divadelník
91
a. u. d. T. Náměstí hrdinů
94
KIENZLE, S. Schauspielführer..
S. 88-95
17
In der Saison 2001/02 fand hier die Auffuhrung des Stückes Die Ballade
vom Wiener Schnitzel95
über einen jüdischen Gastronomiekritiker statt, verfasst
1996 von George Tabori.
2004/05 wurde Ernst Jandls Sprechoper in sieben Szenen Aus der Fremde96
inszeniert, in der alle Verben im Konjunktiv vorkommen. „Vierundzwanzig
Stunden
aus
dem
Schreibtischalltag
Schreibzwang
und
Mangel
an
eines
Einfällen,
Schriftstellers,
im
der
Whiskeydusel
zwischen
und
mit
Tablettenkonsum sein Dasein als Junggeselle fristet." 97
Das Theater in Dlouhá hat bis zur Saison 2007/08 zwei Theaterstücke
österreichischer Autoren ins Repertoire eingegliedert: 1999/00
Gesang in drei Akten Der Affe und der Bräutigam98 von
theologische Farce die Goldberg-Variationen99
die Posse mit
Nestroy und 2003/04
von Georg Tabori über die
Entstehung eines Theaterstücks über die Erschaffung der Welt. 100
Auf den sechs Prager Bühnen erlebten insgesamt 37 Inszenierungen von 36
deutschen Werken die Premiere. Diese wurden von 15 verschiedenen Autoren
geschrieben. Das weite Land wurde zweimal inszeniert - im Ständetheater und im
Theater Na zábradlí.
2.3. Inszenierungen der Werke Schweizer Autoren
Theater Komödie hat am Anfang der neunziger Jahren zwei Stücke von
Friedrich Dürenmatt, dem bedeutendsten Schweizer Dramatiker der zweiten Hälfe
des 20. Jahrhunderts, aufgeführt: 1990/01 das Schauspiel Achterloo'0',
einer Irrenanstalt abspielt und
Mississippi102,
das sich in
1993/94 die Komödie Die Ehe des
Herrn
„die Geschichte zweier Männer, die danach trachten, die Welt nach
95
aufgeführt unter dem Titel Balada o vídeňském řízku
a. u. d. T. Z cizoty
97
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 376.
98
a. u. d. T. Opice a ženich
99
a. u. d. T. Goldbergovské variace
100
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 733-734
101
a. u. d. T. Achterloo
102
a. u. d. T. Manželství pana Mississippiho
96
18
ihren Ideen zu vervollkommnen." 103 Seit dieser Zeit wurde das Repertoire dieser
Bühne um kein Stück eines Schweizer Dramatikers erweitert.
Seit der Theatersaison 2007/08 wird im Theater Na zäbradli Friedrich
Dürrenmatts
Komödie
Mitmacher104gespielt.
über
die
allgegenwärtige
Korruption
Der
Es ist das einzige Schweizer Schauspiel, das hier in der
betreffenden Zeitperiode aufgeführt wurde.
Auch das Vinohrady Theater richtete seine Aufmerksamkeit auf den
Schweizer Dramatiker Dürrenmatt. In der Saison 1996/97 wurde hier Der Besuch
der alten Dame'05 inszeniert, „eine bittere Farce auf die doppelte Moral und die
Versuchung durch den Wohlstand" 106 , 2001/02 das historische Schauspiel König
Johann'07,
Dürrenmatts Neufassung des Shakespeare-Stücks, und 2006/07 die
satirische Komödie Herkules und der Stall des Augias'08,
die ursprünglich als
Hörspiel erschien. Dürrenmatt „nutzt die Fabel zu allerlei Seitenhieben auf das
schweizerische Provinzlertum." 109
Das Nationaltheater hat innerhalb der achtzehn Saisons auf keiner seiner
Bühnen ein Theaterstück von einem Schweizer Autor aufgeführt. Theater in
Dlouhä wählte bis 2007/08 auch keine Schweizer Inszenierung zum Einstudieren
aus.
Alle sechs Schweizer Theaterstücke, die in den übrigen drei Theatern
aufgeführt wurden, sind Werke des Dramatikers Friedrich Dürrenmatt.
103
KNOPF, J. Der Dramatiker Friedrich Dürrenmatt. Berlin : Henschelverlag Kunst und
Gesellschaft, 1987. ISBN 3-362-00102-5. S. 56
104
aufgeführt unter dem Titel Komplic
105
a. u. d. T. Návštěva staré dámy
106
KIENZLE, S. Schauspielführer...
S. 168
107
a. u. d. T..Král Jan
108
a. u. d. T. Herkules a Augiášův chlév
109
KIENZLE, S. Schauspielführer...,
S. 175.
19
2.3. Inszenierungen der Werke von Prager deutschen Autoren
Auf der Bühne des Theaters Komödie wurden drei Werke von Franz Kafka
dramatisiert. 1991/92 wurde hier die Dramatisierung des Romans Das Schloss"0
in
Szene gesetzt. Der Direktor des Prager Kammertheaters Dušan David Pařízek hat
dann zwei andere Kafkas Werke dramatisiert und hier aufgeführt: in der Saison
2002/03
die Erzählung Die
Verwandlung"'
und 2006/07 den Roman
Der
Prozess"2.
In der Saison 1992/93 wurde im Theater Na zábradlí
Arnošt Goldflams
und Karel Steigerwalds Dramatisierung der Novelle Geheimnis eines
Menschen"3
erstaufgeführt.
2004/05 erfolgte die Inszenierung Beschreibung
eines Kampfes"4.
Das
Szenarium haben nach Texten von Franz Kafka David Radok und Jousef Kroutvor
in Zusammenarbeit mit Radka Denemarková geschrieben.
Das Vinohrady Theater führte 1995/96 Franz Werfeis Jacobowsky
Oberst115
und der
auf, die „Komödie einer Tragödie", die sich im Frankreich
1940
abspielt." 6
Im
Nationaltheater
(einschließlich
des Theaters
Kolowrat
und
des
Ständetheaters) und im Theater in Dlouhá wurden keine Werke von Schriftstellern
der Prager deutschen Literatur aufgeführt.
Insgesamt hat man innerhalb der achtzehn Saisons sechs Werke von zwei
Prager Deutschen inszeniert.
110
aufgeführt unter dem Titel Zámek
a. u. d. T. Proměna
" 2 a. u. d. T. Proces
" 3 a. u. d. T. Dům radosti, dům smutku
1 l4
a. u. d. T. Popis jednoho zápasu
' 15 a. u. d. T. Jacobowski a plukovník
116
Divadlo na Fidlovačce, [online], [ 2009-03-08], Dostupné na WWW:
<http://www.fidlovacka.cz/repertoarJacobowski.php3>.
111
20
3. Analyse der Spielpläne der Prager Bühnen
Im folgenden analytischen Kapitel bemühe ich mich darum, die Tendenzen
im Aufbau der Spielpläne der Prager Theater zu erforschen, was das Inszenieren
von deutschsprachigen Werken betrifft. Aufgrund der gesammelten Informationen
über die aufgeführten Inszenierungen werde ich unter anderem beschreiben, welche
literarischen Epochen und Richtungen in den Spielplänen innerhalb der Saisons
1990/91-2007/08 vertreten waren und inwiefern sich die einzelnen Bühnen in der
Auswahl der deutschsprachigen Werke zum Inszenieren unterschieden. Weiter
möchte ich feststellen, welche Inszenierungen am meisten gespielt wurden und
welche Stücke zum ersten Mal auf der tschechischen Bühne erschienen. In die
Erforschung werde ich auch die Repräsentation der Inszenierungen auf dem Prager
Theaterfestival der deutschen Sprache einbeziehen, sowie ihre Erfolge bei der
Verleihung der Alfred-Radok-Preise.
3.1. Analyse
In den letzten achtzehn
Saisons erschienen in den Spielplänen
der
ausgewählten Prager Bühnen mehrere klassische Stücke der älteren deutscher
Literatur. Die ältesten Werke stammen aus den Literaturepochen Sturm und Drang
und der Weimarer Klassik, also aus der zweiten Hälfte des
achtzehnten
Jahrhunderts. Ältere Epochen, wie das Barock und die Aufklärung hatten in den
Spielplänen keine Vertretung.
Aus der Epoche des Sturm und Drang wurden drei Stücke gespielt: Goethes
Clavigo und Schillers Die Räuber und Kabale und Liebe. Die Weimarer Klassik
wurde auch dreimal vertreten, durch die Werke IVallenstein und Maria Stuart von
Schiller und Faust von Goethe.
Weiter wurden zwei Werke aus der Epoche der Romantik inszeniert, Das
Kätchen von Heilbronn oder die Feuerprobe (Heinrich von Kleist) und Das kalte
Herz (Wilhelm Hauff), und ein Stück aus der Vormärzliteratur - Don Juan und
Faust von Christian Dietrich Grabbe. Bis zur Saison 2007/08 wurde auf keiner der
21
Bühnen ein Stück aus der literarischen Bewegung Junges Deutschland aufgeführt
117
.
Das Wiener Volkstheater wurde durch zwei Stücke von Nestroy vertreten.
Die
deutschsprachige Dramatik der zweiten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts bildet eine Lücke in den Spielplänen der Prager Bühnen - es wurde
kein Theaterstück aus den Literaturperioden des Realismus und des Naturalismus
inszeniert.
Im Gegensatz dazu wurden Theaterstücke der Moderne häufig gespielt. Die
österreichische Moderne wurde durch Werke von Robert Musil, Ödön von Horväth,
Hugo von
Hofmannstahl und Arthur Schnitzler vertreten, von den deutschen
Autoren sind das Bertolt Brecht (sein Stück Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui
ist zugleich der antifaschistischen Exilliteratur einzuordnen), Elisabeth Hauptmann
und Thomas Mann. Zu dieser literarischen Epoche gehören auch die Prager
Deutschen Franz Kafka und Franz Werfel.
Mehr als die Hälfte aller inszenierten Texte gehört zur Literatur der zweiten
Hälfte des zwanzigsten und des Anfangs des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Von
den Österreichern gehören hierher Ernst Jandl, George Tabori, Thomas Bernhard,
Elfriede Jelinek, Peter Turrini und Werner Schwab. Aus der Zeit nach dem Jahr
2000 wurde nur ein österreichisches Stück, Dunkel lockende Welt von Händl Klaus,
in Szene gesetzt. Was die deutsche Nachkriegsliteratur betrifft, wurden außer der
Stücke von Reiner Werner Fassbinder und Heiner Müller nur solche dramatische
Texte inszeniert, die am Anfang des neuen Jahrhunderts geschrieben wurden Stücke
der
postmodernen
Dramatiker
Marius
von
Mayenburg,
Schimmelpfennig, David Gieselmann, Fritz Kater und Torsten
Roland
Buchsteiner.
Während also die meisten in Prag aufgeführten österreichischen Stücke in die
Epoche der Moderne und in die 1970er, 1980er und 1990er Jahre gehören und das
Aufführen von den zeitgenössischen österreichischen Werken eher stagniert,
erwiesen sich die deutschen Autoren des letzten Jahrzehntes (neben den Klassikern
Goethe und Schiller) im Gegensatz zu den österreichischen Autoren für die
tschechischen Bühnen als attraktiv.
Zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört auch Friedrich Dürrenmatt,
der einzige Schweizer Dramatiker, dessen Werk in Prag inszeniert wurde. (Es
fehlen z.B. Theaterstücke von Max Frisch oder Adolf Muschg).
117
Die Premiere von Georg Büchners Woyczek (Vojcek) ist für den 9.4.2009 im Vinohrady Theater
geplant.
22
Die postmodernen deutschsprachigen Werke bilden einen bedeutenden Teil
der Spielpläne Prager Bühnen. Ihre Thematik und ihr Stil scheinen
dem
gegenwärtigen tschechischen Zuschauer nahe zu stehen. Das Hauptthema ist in
Mehrheit dieser Stücke die Gesellschaftskritik. Vor allem in Werken
der
österreichischen Autoren findet man eine scharfe Kritik ihrer eigenen Nation, deren
/
Konventionen, Kunst und verdrängte^ Geschichte (Bernhard, Jandl, Schwab). Die
postmoderne Dramatik zeichnet sich durch einen bitterbösen Humor und Parodie,
die Autoren benutzen verschiedenste experimentelle Techniken. Zum Beispiel Jandl
und Schwab schaffen ihre eigenen Sprachen, um eine parodistische Wirkung zu
erzielen,
und
Scjimmelpfennig
Kamerablicks (Vorher/Nachher).
benutzt
eine
experimentelle
Technik
des
Auch die deutschen Postdramatiker behandeln die
heutige Gesellschaft und den Verfall der Werte (Mayenburg, Schimmelpfennig).
Die Themen
gegenwärtigen
der
gegenwärtigen
Menschen
und
die
Dramatik
sind
auch
die Einsamkeit
Sinnlosigkeit
ihres
Lebens
der/
(Fassbinder,
Bernhard). Ihren Platz in der Postmoderne hat auch die feministische Richtung. In
der Dramatik des deutschen Sprachraumes wird diese im Werk von Elfriede Jelinek
vertreten. Die postmodernen Autoren wollen vor allem provozieren und schockieren,
um im Zuschauer Emotionen und möglicherweise auch Reaktionen zu erwecken
(Turrini, Schwab).
Was die Genres Betrifft, ist am meisten eine bitterböse Tragikomödie
vertreten, mit dem Einschlag von Farce und Satire.
Die einzelnen Bühnen verfolgen unterschiedliche dramaturgische Verfahren.
Einige orientieren sich nur auf bestimmte Bereiche des deutschsprachigen Dramas,
andere bemühen sich um ein mannigfaltiges Repertoire.
Das Nationaltheater hat keine Schweizer oder Prager deutschen Werke in
seinen Spielplan aufgenommen. Die deutschen und österreichischen Schauspiele
wurden auf den ihm angeschlossenen Bühnen - im Ständetheater, im Theater
Kolowrat und in einem Fall (Kasimir und Karoline) auf der Neuen Szene aufgeführt.
Im Repertoire des Ständetheaters erschienen sowohl Werke der älteren
Literaturepochen der deutschsprachigen Literatur (Goethe, Schiller) als auch
moderne deutsche und österreichische Theaterstücke (Schnitzler, Hofmannstahl,
Brecht) und Nachkriegsdramen (Turrini, Dorst).
23
Die Bühne des Theaters Kolowrat orientiert sich nur auf Autoren der letzten
Jahrzehnte (z.B. Turrini, Mayenburg).
Nur das Theater Komödie spezialisiert sich direkt auf die deutschsprachige
Dramatik (nebst der tschechischen). Sein Repertoire besteht vor allem aus den
Werken der deutschen und
österreichischen
Gegenwartsdramatik
(Bernhard,
Schwab, Jelinek, Müller, Tabori) und der Moderne (Musil, Kafka, Brecht). Es
werden hier auch die klassischen dramatischen Texte adaptiert (Goethe, Schiller).
Alle Inszenierungen werden hier auf eine hoch originelle, experimentelle
Weise
gefasst. Früher (am Anfang der neunziger Jahre) wurden hier auch Schweizer
Stücke inszeniert.
Im
Vinohrady
Theater
wurden
in
den
achtzehn
Saisons
weniger
Inszenierungen als in vorigen zwei Theatern aufgeführt, dafür gab es hier ein sehr
buntes Repertoire. Es wurde hier die Weimarer Klassik, die Moderne, sowie die
Postmoderne vertreten, es haben nicht einmal die Schweizer und die Prager
deutschen Autoren gefehlt.
Das Theater Na zábradlí inszenierte auch Werke von Vertretern aller vier
Nationalliteraturen. Am meisten orientierte es sich auf die postmodernen Stücke.
Auf der Bühne des Theaters in Dlouhá wurden nur fünf Werke der
deutschsprachigen Literatur dargestellt, die Auswahl von ihnen ist aber ganz
original. Nur hier wurde z. B. ein Text der Kinderliteratur dramatisiert {Die kleine
Hexe).
Die Theater haben in seine Schauspielpläne meistens literarische Texte
aufgenommen, die gleichzeitig auf keiner anderen Prager Bühne gespielt wurden.
Während der achtzehn Saisons wurden nur zwei Werke in zwei verschiedenen
Theatern inszeniert: Das weite Land (1992/93 im Vinohrady Theater und 2005/06
im Ständetheater) und Kabale und Liebe (im Theater Na zabradli 2001/02 - 2008/09
und im Ständetheater 2004/05 - 2006/07; diese zwei Inszenierungen eines Stückes
wurden drei Saisons lang parallel gespielt).
24
T a b e l l e 1: A n z a h l d e r I n s z e n i e r u n g e n in den einzelnen T h e a t e r n
D - Ö - S -PD118
Insgesamt
Theater Komödie
7 - 16-- 2 - - 3
28
Nationaltheater" 9
7 - 10-- 0 - - 0
17
Theater Na zábradlí
5 - 5- 1 -2
13
Vinohrady Theater
2 - 4--3- 1
10
Theater in Dlouhá
3 - 2 -- 0 - 0
5
Insgesamt
2 4 - -37-- 6 - - 6
73
Die meisten Stücke aus dem deutschen Sprachraum wurden im Theater
Komödie aufgeführt. Hier hat man auch die Mehrheit der Werke von den
österreichischen, Prager deutschen und deutschen (gleiche Anzahl wie im
Nationaltheater) Autoren inszeniert. Die meisten Schweizer Stücke spielte man im
Vinohrady Theater.
Insgesamt hatten die Bühnen 73 Inszenierungen aufgeführt, davon 24 von
deutschen Autoren, 37 von österreichischen, 6 von den Schweizer Autoren und 6
von Prager deutschen Autoren.
Die Popularität der einzelnen Inszenierungen beim Publikum oder die
Anziehungskraft der Stücke für die Theaterbesucher kann man nur von der Anzahl
der Reprisen ableiten.
Die meistgespielte deutschsprachige Inszenierung des Nationaltheaters 120
war Besuchszeit (F. Mitterer). Diese hielt sich neun Saisons im Repertoire und
erfuhr 105 Vorstellungen. Auf dem zweiten Platz war Maria Stuart (Schiller) mit
84 Vorstellungen. Dieses Stück wurde in der Geschichte des Nationaltheaters schon
zum vierten Mal ins Repertoire aufgenommen. Zum achten Mal wurde im
Nationaltheater das Drama Faust (Goethe) inszeniert. Die letzte Inszenierung aus
der Saison 1999/2000 hatte innerhalb fünf Saisons 66 Vorstellungen. Zu erwähnen
118
119
120
deutsche - österreichische - Schweizer - Prager deutsche Werke
einschließlich der Neuen Szene, des Ständetheaters und des Theaters Kolowrat
einschließlich des Ständetheaters und des Theates Kolowrat
25
ist noch Vor dem Ruhestand
(Bernhard) mit 61 und Endlich Schluss. (Turrini) mit
49 Vorstellungen.121
Von den Inszenierungen, die das Prager Kammertheater im Theater
Komödie aufführte, hatte Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos am meisten
Reprisen - insgesamt 96 während neun Saisons. Das Stück Alte Meister (Bernhard)
erfuhr bis zum März 2009 92 Reprisen und Antiklimax (Schwab) 57. Diese zwei
Inszenierungen werden immer gespielt.122
Der Besuch der alten Dame (Dürrenmatt) war mit 116 Vorstellungen das
meistgespielte deutschsprachige Stück im Theater Vinohrady und zugleich die
Inszenierung mit den meisten Aufführungen überhaupt. Jakobowski und der Oberst
(Werfel)
wurde
82mal
und
Talisman
(Nestroy)
57mal
gespielt.
Andere
Inszenierungen hatten weniger als dreißig Vorstellungen.123
Am meisten Reprisen im Theater Na zábradlí erfuhr das Stück Ritter, Dene,
Voss (Bernhard), insgesamt 92, dann folgten Der Theatermacher (Bernahard) mit
61
Vorstellungen,
Herr
Kolpert
(Gieselmann)
mit
59
und Push-Up
1-3
(Schimmelpfennig) mit 57.124
Im Theater in Dlouhá wurde am meisten Don Juan und Faust (Grabbe)
gespielt, insgesamt 57 Vorstellungen (während acht Saisons, vorher schon 57
Vorstellungen im Theater Labyrint). Der Affe und der Bräutigam Nestroy erlebte
40 Reprisen und Die kleine Hexe 31.125
Viele Stücke wurden in der Tscheschischen Republik zum ersten Mal
inszeniert und zwei von ihnen feierten in Prag sogar ihre Weltpremiere. Das Stück
Tango Sólo von Torsten Buchstein erlebte seine Weltpremiere am 9. Juni 2005 im
Vinohrady Theater und
die Weltpremiere von Pavel Kohouts Eine
Kleine
Machtmusik fand am 9. November 2007 im Ständetheater statt.
121
Archiv Národního divadla [online], Praha: Národní divadlo. [2009-03-13]. Dostupné na WWW:
<http://archiv.narodni-divadlo.cz/>. (die Angabe von der Reprise der Inszenierung Josef und Maria
fehlt, da diese immer noch gespielt wird.)
122
Angaben von Michaela Korcová, Pražské komorní divadlo
123
Angaben von V. Slaninová, Divadlo na Vinohradech
(Zur schöner Aussicht wird immer noch gespielt; bis zum März 2009 fanden zwanzig
Vorstellungen.statt.)
124
Angaben von Alexandra Poláková, Divadlo Na zábradlí
{Der Mimacher ist noch im Repertoire; bis zum Mai 2009 fanden dreißig Vorstellungen statt.)
125
Angaben von Karola Štěpánová, Divadlo v Dlouhé
26
Folgende
Schauspiele
wurden
in
ihrer
tschechischen
bzw.
tschechoslowakischen Premiere aufgeführt:
Achterloo,
Antiklimax,
Alte Meister, Am Ziel, Die Humanisten,
Dunkel
lockende Welt, Die Ballade vom Wiener Schnitzel, Besuchszeit, Die bitteren Tränen
der Petra von Kant, Clara S., Christinas Heimreise, Die Ehe des Herrn
Eldorado, Endlich Schluß , Heldenplatz,
Mississippi,
Herr Kolpert , Herr Paul , Josef
und
Maria, Die Kannibalen, Der Mitmacher, Die Präsidentinnen,
Push Up 1-3, Quart et,
Ritter,
Der
Dene,
Voss , Die Schwärmer,
Ein Sportstück,
Übergewicht, unwichtig: Unform, Volksvernichtung
Vor
dem
Ruhestand,
Vorher/Nachher,
Theatermacher,
oder meine Leber ist sinnlos ,
Weisman
und
Rotgesicht,
Der
Weltverbesserer, Zeit zu lieben Zeit zu sterben und Zur schönen Aussicht.
Unter den
in der Tschechischen
Republik
erstaufgeführten Stücken
überwiegen natürlicherweise Stücke der letzten Jahrzehnte. Die Ausnahmen bilden
Christinas Heimreise, Die Schwärmer und Zur schönen Aussicht.
Nebst den Theaterstücken waren unter den inszenierten Texten auch zehn
dramatisierte Prosawerke: die Romane Der Mann ohne Eigenschaften
und Die
Verwirrungen des Zöglings Törless von Robert Musil, Das Schloss und Der Prozess
von Franz Kafka, Der Zauberberg von Thomas Mann und Alte Meister von Thomas
Bernhard. Die Erzählungen Die Verwandlung und Beschreibung eines Kampfes126
von Kafka und Die linkshändige Frau von Peter Handke, das Märchen Das kalte
Herz von Wilhelm Hauff und die Novelle Geheimnis eines Menschen von Franz
Werfel. Diese tschechischen Dramatisierungen wurden in Prag uraufgeführt.
Im Laufe der Jahre hat sich die Anzahl der inszenierten deutschsprachigen
Werke pro Saison geändert. Folgende Tabelle gibt die Anzahl von Premieren in
einzelnen Saisons an, in der dritten Spalte werden diese nach der Herkunft der
Autoren aufgeteilt.
126
Die Vorstellung Beschreibung eines Kampfes ging jedoch aus mehreren Texten Kafkas aus.
27
T a b e l l e 2: A n z a h l von P r e m i e r e n in einzelnen T h e a t e r s a i s o n s
Saison
Premieren
D-Ö-S-PD
Saison
Premieren
D-Ö-S-PD
1990/91
2
0-1-1-0
1999/00
5
2-3-0-0
1991/92
4
1-2-0-1
2000/01
2
1-1-0-0
1992/93
2
0-1-0-1
2001/02
7
2-4-1-0
1993/94
1
0-0-1-0
2002/03
8
3-4-0-1
1994/95
2
2-0-0-0
2003/04
5
2-3-0-0
1995/96
2
0-1-0-1
2004/05
9
5-3-0-1
1996/97
2
1-0-1-0
2005/06
5
1-4-0-0
1997/98
5
4-1-0-0
2006/07
4
0-2-1-1
1998/99
2
0-2-0-0
2007-08
6
0-5-1-0
Die meisten Premieren, insgesamt neun, fanden in der Saison 2004/05 statt,
nur eine Erstaufführung gab es in der Saison 1993/94. Keine Theatersaison war
ganz ohne Premieren. Man kann über die Steigerung der Anzahl im Inszenieren von
deutschsprachigen
Werken seit der Saison 2001/02 sprechen. Der Höhepunkt
scheint zwischen den Saisons 2001/02 und 2004/05 zu sein.
Insgesamt
erschienen
an
den
Theaterprogrammen
fünfunddreißig auf Deutsch schreibenden Autoren. Davon
die
Namen
von
werden siebzehn zur
deutschen, fünfzehn zu österreichischen, einer zur Schweizer und zwei zur Prager
deutschen Literatur gezählt.
Der meistgespielte Autor war Thomas Bernhard, dessen acht Werke (sieben
Theaterstücke und ein Roman) in Szene gesetzt wurden. Weiter folgt Friedrich
Dürrenmatt mit sechs aufgeführten Theaterstücken, Schiller, dessen vier Stücken
fünfmal inszeniert wurden, mit vier inszenierten Werken folgen dann Franz Kafka,
George Tabori und Werner Schwab. Es wurden drei Werke von Robert Musil, Ödön
von Horväth und Berolt Brecht inszeniert und zwei von Goethe, Nestroy, Werfel,
Jandl, Jelinek, Turrini und Schimmelpfennig. Von Schnitzler wurde ein Werk
zweimal inszeniert.
Unter den Autoren sind zwei Nobelpreisträger: Thomas Mann (1929) und
Elfriede Jelinek (2004).
Neben den männlichen Autoren waren auch zwei Schriftstellerinnen
vertreten: Elfriede Jelinek und Elisabeth Hauptmann.
28
3.2. Alfréd-Radok-Preise 1 2 7
Die Alfred-Radok-Preise sind Jahresauszeichnungen, die seit 1992 für
hervorragende Leistungen von tschechischen Bühnen im vergangenen Kalenderjahr
verliehen werden. Ein Teil der Preisen wird im Dramatischen Wettbewerb eingeteilt,
in dem die Autoren von originalen tschechischen Texten auszeichnet werden. Der
Rest der Preisen wird in acht Inszenierungskategorien vergeben. Seit dem Jahre
1992 wird die Inszenierung des Jahres ausgezeichnet, seit 1995 auch noch
männliche Schauspielleistung, weibliche Schauspielleistung, Theater des Jahres,
Theaterstück
des Jahres
(seit
2004
originales
tschechisches
Theaterstück),
Szenengestaltung, Musik und Talent des Jahres. Über die Preisverleihung stimmen
die von der Zeitschrift „Svět a divadlo" („Die Welt und das
Theater")
angesprochenen Kritiker ab.
Von den Inszenierungen, die in diese Bachelorabeit einbezogenen sind,
wurden folgende\bei der Preisverleihung beachtet:
In der Kategorie Inszenierung des Jahres wurde für das Jahr 1999 der Preis
dem Theater na Zábradlí und seiner Inszenierung von Thomas Bernhards Der
Theatermacher, in der Regie von Jan Antonín Pitínský, verliehen. Zur Inszenierung
des Jahres 2004 wurde Aus der Fremde von Ernst Jandl, auch im Theater Na
Zábradlí, diesmal in der Regie von Jan Nebeský. 2007 wurden drei Inszenierungen
ausgezeichnet,
unter
ihnen
Kafkas
Der
Prozess
des
Theaters
Komödie
(Dramatisierung und Regie von Dušan David Pan'zek).
Mit dem
Preis für die beste
männliche
Schauspielleistung
ausgezeichnet: 1995 Tomáš Töpfer für die Rolle von Jacobowsky in
wurden
Jacobowsky
und der Oberst von Franz Werfel (Vinohrady Theater), 1996 Jiří Ornest für die
Rolle Luwigs in Ritter, Dene, Voss von Thomas Bernhard (Theater Na zábradlí),
1999 Martin Huba für die Darstellung von Bruscon in
Der Theatermacher
von
Thomas Bernhard (Theater Na zábradlí), 2006 Martin Finger für die Rolle des
Weltverbesserers in Der Weltverbesserer von Thomas Bernhard (Theater Komödie)
und 2007 erhielt den Preis für die beste schauspielerische Leistung wieder Martin
Finger, diesmal für die Darstellung von Josef K. in Der Prozess (Theater Komödie).
127
Ceny Alfréda Radoka. Die Angaben wurden geschöpft aus: Ceny Alfréda Radoka [online], 2009
[2009-03-04]. Dostupné na WWW: <http://www.cenyradoka.cz/article.aspx?id=66&menuid=10>.
29
Der Preis für die beste weibliche Schauspielleistung wurde verliehen an:
1996 Emília Vašáryová für die Darstellung Der jüngeren Schwester in Ritter, Dene,
Voss von Thomas Bernhard (Theater Na zábradlí), 2003 Marie Málková für die
Rolle von Frau Zittel in Heldenplatz
(Theater Na zábradlí) und
2004 Daniela
Kolářová für die Rolle der Mutter in Am Ziel von Thomas Bernhard (Theater Na
zábradlí).
In der Kategorie Szenengestaltung wurde 1997 Josef Svoboda für das
Bühnenbild zum Faust im Ständetheater ausgezeichnet.
In der Kategorie Theaterstück des Jahres wurde 1996 der Preis an Thomas
Bernhards Ritter, Dene, Voss verleihen.
Unter den nominierten, die den Preis schließlich nicht erhielten, war im
Jahre 2004 der Schauspieler Alois Švehlík für die Rolle „Er" in Aus der Fremde,
2005 Vanda Hybnerová für die Hauptrolle im Theaterstück Die Bitteren Tränen der
Petra von Kant (Theater Na zábradlí) und in demselben Jahr David Radok für die
Szenengestaltung der Vorstellung Beschreibung eines Kampfes
im Nationaltheater
und Petr Kofroň für die Musik zur Inszenierung des Nationaltheaters Das weite
Land von Arthur Schnitzler.
Mit insgesamt dreizehn Alfréd-Radok-Preisen wurden neun Inszenierungen
der Stücke von fünf deutschsprachigen Autoren ausgezeichnet, die auf den
betreffenden Bühnen gespielt wurden. Die meisten Preise, insgesamt drei, wurden
an Inszenierung des Stückes Ritter, Dene, Voss verliehen. Zweimal wurden die
Stücke Der Theatermacher und Der Prozess ausgezeichnet. Von den Autoren der
Vorlagen war bei der Preisverleihung Thomas Bernhard am erfolgreichsten, dessen
fünf Inszenierungen insgesamt acht Preise erhielten.
3.3. Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache 128
„Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache, ursprünglich unter dem
Namen Deutsches Theater Prag, entstand im Jahre 1996, um an die gewaltsam
unterbrochene
Tradition
des
Zusammenlebens
und
der
wechselseitigen
128
Prager Theaterfestivals deutscher Sprache [online], Prag: Theater.cz. [2009-03-15], Dostupné na
WWW: <http://vvwvv.theater.cz>.
30
Bereicherung
der
tschechischen,
deutschen
und
jüdischen
Kultur
in der
tschechischen Metropole anzuknüpfen. Diese Idee machten sich gerne auch die
Staatsoberhäupter Tschechiens, Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, die von
Anfang an diesem Theaterfest ihre Schirmherrschaft gewähren, zu eigen, sowie
auch die Hauptstadt Prag als Mitveranstalter." 129 Es findet jedes Jahr im Herbst statt.
Neben den Bühnen aus den deutschsprachigen Ländern können an dem
Theaterfestival
auch
tschechische
Theater
mit
ihren
Inszenierungen
der
deutschsprachigen Stücke teilnehmen. Diese werden meistens in der tschechischen
Übersetzung gespielt und ins Deutsche gedolmetscht. Auch das Nationaltheater, das
Theater Komödie und das Vinohrady Theater haben innerhalb der dreizehn Jahre
der Existenz des Festivals da einige ihre Inszenierungen vorgestellt.
Im Jahr 1996 wurde hier Der Besuch der alten Dame (Vinohrady Theater)
aufgeführt, 1997 Faust (Nationaltheater - auf der Bühne des Ständetheaters) und
2002 Minetti. Porträt eines Künstlers als alter Mann (Ständetheater). 2005 fand
hier die tschechische Premiere der Inszenierung in der deutschen Sprache Die
Verwirrungen des Zöglings Törless
(Prager Kammertheater / Deutsches Theater /
Salzburger Festspiele) statt; die Vorstellung war auf Deutsch mit Übersetzung ins
Tschechische. 2006 wurde hier Das weite Land (Ständetheater) vorgestellt und
2007 erlebte auf dem Festival das Stück Eine kleine Nachtmusik seine Weltpremiere
(Ständetheater). Das Theater Komödie hat auf dem Festival im Jahr 2007 mit der
Inszenierung
Der
Weltverbesserer
teilgenommen,
2008
dann
mit
den
Inszenierungen Übergewicht, unwichtig: Unform und Der Prozess.
Das Prager Theaterfestival schreibt alljährlich den Preis MAX aus. „Der
Preis wird für die beste Inszenierung eines im Original in Deutsch geschriebenen
Werkes verliehen, die in der vergangenen Saison in der Tschechischen Republik
entstanden ist." 130 Der Preis wird seit 2002 verliehen.
Im Jahr 2002 wurde Minetti. Porträt eines Künstlers als alter Mann des
Ständetheaters ausgezeichnet (vom Regisseur Otomar Krejča). Das Ständetheater
erhielt auch den Preis für das Jahr 2006, für Das weite Land des Regisseurs Ivan
Rajmont. Das Theater Komödie erhielt den Preis dreimal: 2007 für die Inszenierung
129
Prager Theaterfestivals deutscher Sprache [online], Prag: Theater.cz. [2009-03-15]. Dostupné na
WWW: <http://www.theater.cz/index.php?lmut=de&part=festival>.
130
Prager Theaterfestivals deutscher Sprache [online]. Prag: Theater.cz. [2009-03-15]. Dostupné na
WWW: <http://www.theater.cz/index.php?lmut=de&part=max>.
31
Der Weltverbesserer
unter der Führung des Regisseurs Dušan D. Pařízek und zwei
Preise im Jahr 2008 für Übergewicht, unwichtig: Unform und Der Prozess (beide
unter der Regieleitung von Pařízek).
32
4. Die Theaterfassung des Romans Die Verwirrungen
des Zöglings Törless im Theater Komödie
Von den Inszenierungen, die ich zu besuchen Gelegenheit hatte, wählte ich
zu einer näheren
Beschreibung Die
Verwirrungen
Zöglings
Törless.
Diese
Vorstellung finde ich in mehreren Hinsichten außergewöhnlich. Es handelt sich um
eine Adaptation eines Prosawerkes, das zum ersten Mal in der Tschechischen
Republik dramatisiert und aufgeführt wurde. Vom größten Interesse ist allerdings
die Tatsache, dass diese Inszenierung in einer internationalen
Koproduktion
entstanden ist und in Prag auf Deutsch aufgeführt wurde.
Der Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törless erschien 1906, als das
erste literarische Werk des österreichischen Autors Robert Musil (geboren 1880).
Musil ging beim Verfassen des Romans von seinen Erlebnissen aus den
Kadettenanstalten in Eisenstadt und Mährisch-Weißkirchen (Hranice na Moravě)
aus.131 Die Handlung des Romans spielt sich auch in einer Militäranstalt ab. „Drei
Jungen, darunter Törless, ertappen einen vierten beim Diebstahl. Doch anstatt ihn
anzuzeigen, wollen sie ihn selbst bestrafen. Törless ist hin- und hergerissen
zwischen der Faszination an den auch sexuell motivierten Bestrafungen und seiner
Moral." 132 „Das grundlegende Thema des Romans ist der Orientierungsversuch des
siebzehnjährigen Törless" auf dem
Weg zwischen der Kindheit und
dem
Erwachsensein. 133
Im Jahre 2005 adaptierte der Regisseur und Direktor des Theaters Komödie
Dušan David Pařízek den Roman für die Bühne. Die Inszenierung mit dem gleichen
Titel entstand in der Koproduktion des Theaters Komödie mit dem Deutschen
Theater Berlin und den Salzburger Festspielen. Diese Mitarbeit brachte die
interessante Möglichkeit der internationalen Besetzung. Von den fünf Figuren, die
in der Theaterfassung auftreten, wurden drei
von den deutschen Schauspielern
dargestellt: die Hauptfigur Törless (Alexander Khuon) und seine zwei Freunde
131
HOWALD, S. Ästhetizismus und ästhetische Ideologiekritik. München : Wilhelm Fink Verlag,
1984. ISBN 3-7705-2226-5. S. 18.
132
DAWIDOWSKI, C. Die Verwirrungengen des Zöglings Törless. Klappentext. In Exlibris [online].
[2009-03-27]. Dostupné na WWW:
<https://www.exlibris.ch/buch.aspx?status=detail&p_id=3489444&t_na=sbz>.
133
HOWALD, S. Ästhetizismus und ästhetische Ideologiekritik. München : Wilhelm Fink Verlag,
1984. ISBN 3-7705-2226-5. S. 71.
33
Beineberg (Gabor Biedermann) und Reiting (Niklas Kohrt). Zwei restliche Rollen
hat der Regissseur den Tschechen anvertraut. Den misshandelten Basini spielte Jiří
Černý und die Prostituierte Božena Gabriela Míčová. Für die tschechischen
Darsteller bedeutete die Teilnahme auf dem Projekt die Konfrontation mit einer
fremden Sprache, da der Text auf Deutsch dramatisiert wurde.
Die Uraufführung dieser dramatisierten Version fand am 15. August 2005
am österreichischen Kulturfestival Salzburger Festspiele statt, im Rahmen des
„Young Directors Project". Zur Teilnahme am Festival wurde Pařízek als erster
tschechischer Regisseur eingeladen. Ihre deutsche Premiere erlebte die Inszenierung
am 3. September 2005 in dem Theater Kammerspiele, der zweiten Bühne des
Deutschen Theaters in Berlin und in Prag wurde die Vorstellung am 7. November
2005 im Theater Komödie im Rahmen des Prager Theaterfestivals deutscher
Sprache zum ersten Mal aufgeführt.
Die Verwirrrungen
des Zöglings Törless wurden für drei und halb Saisons
gespielt. In Berlin wurde die Vorstellung einmal bis zweimal pro Monat aufgeführt
(innerhalb der Saison 2007/2008 fanden fünfzehn Aufführungen in Berlin statt), in
Prag nur zweimal bis dreimal pro Saison (in deutscher Sprache, in die Kopfhörer ins
Tschechische gedolmetscht). Die letzte Prager Aufführung fand am 18. November
2008 statt.134
Aus den 150 Seiten des Romans entstand eine
75 Minuten lange
Inszenierung. Die Anzahl der Personen wurde, wie vorher erwähnt,
auf fünf
reduziert: Törless, Beinberg, Reiting, Basini und Božena. Der innere Monolog von
Törless im Roman wurde durch die Dramatisierung in die Monologe umwandelt, in
den Törless seine Gefühle aussprach und die Situationen von seinem Gesichtspunkt
aus kommentierte. Seine Kommentare dienten auch als Ersatz der fehlenden
Figuren und Szenen aus dem Roman.
Das Bühnenbild von Olaf Altmann veränderte sich während der Vorstellung
fast nicht. Im Hintergrund stand ein überlebensgroßes Notausgang-Piktogramm, auf
dem links eine Tür abgebildet war und rechts ein Männlein, das sich während der
Vorstellung fast unbemerkbar zum Ausgang näherte. Auf der Bühne stand ein
Overhead-Projektor, der zugleich als eine originelle Beleuchtung der Protagonisten
und als ein Instrument zum Quälen von Basini diente, ein Wassereimer (zu
134
Divadlo Komedie [online], Praha: Divadlo Komedie. [2009-03-22], Dostupné na WWW: Divadlo
Komedie http://www.prakomdiv.cz/newrep.asp?id=237&autor=l 1>.
34
demselben Zweck) und ein CD-Player, aus dem ab und zu die Musik von Roman
Zach spielt.
Einige Rezensenten erwähnten die „viel zu vielen Monologeinsprengsel aus
dem Prosatext" 1 3 5 . Diese wurden aber durch die effektiven Aktionsszenen
gewechselt. Vor allem die Qualszenen und die Liebesszene zwischen Törless und
Basini hinterließen in den Zuschauern einen starken Eindruck. „Die Inszenierung
lässt gleichsam die Grausamkeiten, die Internatszöglinge an einem Kameraden
begehen, wie auch die gefahrlichen Gedankengänge, die zu einer ideologischen
Rechtfertigung ihrer Taten fuhren, kristallin werden. [...] Die meisten Zuschauer
aber bleiben sitzen, harren aus, senken den Kopf und verschließen wohl auch
zeitweilig Herz und Ohren, um hernach den Darstellern doch ausgiebig Beifall zu
zollen." 136 schreibt man in einer der Kritiken zur Vorstellung in Berlin.
Die eventuelle dramatische Darstellung einiger der Monologe würde jedoch
den Gesamteindruck noch erhöhen. Zum Beispiel als Reiting am Anfang erzählt,
wie er beim Gespräch mit Basini aufgedeckt hat, dass gerade er der gesuchte Dieb
ist. Im Roman ist diese Situation auch durch das Erzählen Reifings ermittelt, auf der
Bühne könnte diese sehr emotionale Situation, die Basini durchlebt („Eine
merkwürdige Veränderung ging mit seinem Gesichte vor. [...] Es sah nun grünlich
aus,
käsig,
verquollen."
137
)
sehr
interessant
dargestellt
werden.
Reitings
Gesichtspunkt würde aber dabei verloren gehen. Weitere Szene, die ich bei der
Theaterfassung vermisste, ist die Situation am Ende des Buches, als Törless zum
Verhör vor die Kommission gerufen wird, um die Verheimlichung Basinis
Vergehens zu erklären. Törless ist gierig seine Gefühle zu schildern („Es reizte ihn
förmlich, von sich zu sprechen und seine Gefühle auf diesen Köpfen zu
versuchen." 138 ), gleichzeitig will er aber seine Schuld nicht merken lassen.
Interessant sind in dieser Szene auch die Reaktionen der vier Lehrer (des
Mathematikers, des Religionslehrers, des Klassenvorstands und des Direktors), die
die philosophischen Überlegungen von Törless unterschiedlich interpretieren.
135
SOKOLOWSKI, A. Törless flir die Schule. In Kultura-Extra [online], 4. 9. 2005, [cit. 2009-0327]. Dostupné na WWW: <http://www.kultura(extra.de/theater/feull/toerless_kammerspiele_deutsches_theater berlin.php>.
136
A.C. Das Unerträgliche ertragen. In Berliner Theaterkritiken [online], [cit. 2009-03-27],
Dostupné na WWW: <http://www.theaterkritiken-berlin.de/Regietheater/Zoegling%20Toerless.htm>.
137
MUSIL, R. Die Verwirrungen des Zöglings Törless. Reinbek bei Hamburg : Rowohlt Verlag,
1966. S. 47
138
MUSIL, R. Die Verwirrungen... S. 141
35
Die ausländischen Kritiker haben die Idee der Besetzung durch die
tschechischen Schauspieler durchweg positiv beurteilt, sowie auch ihre Leistungen.
In dem Artikel der Berliner Zeitung schreibt man: „Den tschechischen Darstellern
[...] gelingt es durch ihr slawisch weich akzentuiertes Deutsch immerhin, den
Figuren eine bündige Irritation zu geben, an der sich die Unterdrücker mit ihren
Systemen der Barbarei entlarven." Die fremde Sprache hat dem gesamten Eindruck
von der Inszenierung geholfen. Der Darsteller von Bassini Jiří Černý erwähnte in
dem Gespräch 139 , das ich mit ihm führte, dass er vor dem Anfang der Proben
überhaupt nicht Deutsch konnte. Allerdings der Fakt, dass er auf Deutsch spielen
musste, hat ihm geholfen, sich in seine Rolle einzuleben: „Man versteckt sich in
gewisser Weise hinter die fremde Sprache und man geht mit seinem Ego nicht so
viel um. [...] Ich kann in der Sprache nicht nachdenken und so stelle ich mir keine
zwecklosen Fragen. Das befreit mich irgendwie."
Bei der tschechischen Kritik woirde die Inszenierung auch gut aufgenommen.
Saša Hrbotický behauptet in seiner Rezension: „Pařízek ist es gelungen, einen
gänzlich gegenwärtigen, minimalistischen Interpretationsansatz zu entwickeln,
durch den er den einhundert Jahre alten Stoff szenisch aufschlüsselt und gleichzeitig
unaufdringlich aktualisiert." 140
Die Möglichkeit der Aktualisierung des Stoffes steckt darin, dass der Roman
die auch heute gültigen menschlichen Werte und Konflikte des menschlichen
Gewissens behandelt. Törless steht mehrmals auf einem Scheideweg und muss wie
jeder Mensch mehrere Entscheidungen treffen: zwischen dem Gutem und dem
Bösen, zwischen der Moral und der Lust. Im Buch ist der Konflikt zwischen dem
Gutem und dem Bösen mit dem Kontrast des Lichtes und der Dunkelheit unterstützt:
die Schlechtigkeiten spielen sich in der Nacht in der Kammer ab, weit von der
hellen Welt in den
Klassen beim Unterricht am Tag. Im Theater wurde sehr
originell der Overhead-Projektor benutzt, der in den „dunklen" Szenen die einzige
Beleuchtung bildete.
In der Theaterfassung vermisste ich die Gegenüberstellung der Kindheit und
des Erwachsenseins, auf deren Grenze Törless steht. Es fehlten da die erwachsenen
Figuren, mit denen Törless konfrontiert wird, zum Beispiel seine Eltern (und ihr
139
im Anhang dieser Bachelorarbeit
HRBORICKÝ, S. Česko-německá inscenace boduje. In Hospodářské noviny, [online],
11.11.2005, [cit. 2009-03-07], Dostupné na WWW: <http://hn.ihned.cz/cl-17185460-ceskonemecka-inscenace-boduje>.
140
36
Brief mit der Beurteilung der Situation um Basini 141 ) oder der Mathematiklehrer,
von dem der enttäuschte Törless die Antworten auf seine Fragen nicht bekommt 142 ,
und andere Lehrer in der früher erwähnten Szene bei dem Verhör. Im Buch gibt es
dazu noch einen Blick in die Zukunft, in dem der erwachsenen Törless das Ereignis
mit Basini kommentiert. 143
Die einzige erwachsene Figur in der Inszenierung ist Božena. Sie ist aber
aus einer niedrigeren Sozialschicht und dazu eine Prostituierte und darum ist sie
zusammen mit Basini von den anderen Protagonisten als minderwertig angesehen.
In der Theaterfassung ist es durch den Sprachunterschied dargestellt. Einige
Kritiker interpretierten deshalb die Inszenierung als eine Parallele zu der politischen
und gesellschaftlichen Situation in Europa nach der Erweiterung der Europäischen
Union im Jahr 2004, also ein Jahr vor der Entstehung der Inszenierung. In der
Rezension der Salzburger Aufführung in der Neuen Züchner Zeitung schreibt man:
„Während [das Roman] im Vielvölkerstaat der Donaumonarchie spielt, verwandelt
sich
das
Opfer-Täter-Verhältnis
in
Pařízeks
Inszenierung
zu
einer
Auseinandersetzung, die unverkennbar auf die Machtverhältnisse zwischen alten
und neuen EU-Staaten innerhalb der erweiterten Union anspielt." 144 Mir persönlich
ist dieser Vergleich nicht eingefallen. Die Thematik des Machtmissbrauchs kann
aber sicher auf mehrere sozial-politische Situationen und Subjekte bezogen werden.
Solche internationale Projekte, wie die Inszenierung Die Verwirrungen des
Zöglings Törless, bringen einen großen kulturellen Beitrag mit sich; leider sind sie
aber auf den tschechischen Bühnen eher vereinzelt. Auch das Aufführen von
Stücken in ihrer originalen Sprache ist immer nur auf die Teilnahme der
ausländischen Theatergesellschaften an verschiedenen Festivals eingeschränkt.
Hoffentlich werden in der Zukunft mehrere solche Theatervorstellungen entstehen.
141
siehe MUSIL, R. Die Verwirrungen ... S. 54
siehe MUSIL, R. Die Verwirrungen ... S. 79
143
siehe MUSIL, R. Die Venvirrungen ... S. 119
144
WELLERSHAUS, E. Theatralische Identitätssuche. In Neue Zürcher Zeitung [online], 11.8.2005,
[cit. 2009-03-27], Dostupné na WWW: <http://www.nzz.ch/2005/08/I2/fe/articleDlKMT.html>.
142
5. Abschluss
Als Ziel meiner Bachelorarbeit habe ich mir gesetzt, die Vertretung der
deutsprachigen Werke auf ausgewählten Prager Bühnen seit der Theatersaison
1990/91 zu analysieren.
Im ersten Kapitel habe ich alle aufgeführten Inszenierungen, insgesamt 73,
in vier Gruppen eingeteilt, demnach, ob sie zur deutschen, österreichischen,
Schweizer oder Prager deutschen Literatur gehören. Am meisten war die
österreichische Literatur vertreten, mit insgesamt siebenunddreißig Inszenierungen,
was mehr als die Hälfte aller Premieren bildet. Die meisten Autoren, dessen Werke
inszeniert wurden, waren jedoch die Deutschen (siebzehn von den gesamten
vierunddreißig).
Im zweiten Teil der Arbeit habe ich eine Gesamtanalyse der Spielpläne
durchgeführt. Im Allgemeinen hat sich innerhalb der achtzehn Saisons eine
Beliebtheit der gegenwärtigen Dramatik gezeigt. Mehr als die Hälfte aller
inszenierten Texte waren Werke aus der zweiten Hälfte des 20. und aus dem
Anfang des 21. Jahrhunderts. Es wurden auch viele Stücke der Moderne inszeniert.
Die Anzahl der Premieren pro Saison war jedes Jahr unterschiedlich.
Obwohl man über keine regelmäßig steigende Tendenz sprechen kann, ist es ohne
Zweifel, dass die zweite Hälfte der behandelten Zeitperiode die erste in der Anzahl
der aufgerührten Inszenierungen überhöhte. In der Saison 2004/05 fanden die
meisten Premieren, insgesamt neun, statt.
Cr
Nur zwei Stücke wurden innerhalb der Zeitperiode von zwei verschiedenen
Theatern inszeniert: Kabale und Liebe von Friedrich Schiller und Das weite Land
von Arthur Schnitzler. Die Inszenierung mit den meisten Reprisen war Der Besuch
der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt (116 Vorstellungen). Der Autor, dessen
Stücke am meisten in die Spielpläne aufgenommen wurden, war Thomas Bernhard.
Seine acht Stücke haben wesentlich den Anteil der österreichischen Werke in den
Repertoires erhöht. Die Inszenierungen seiner Stücke waren auch bei der
Verleihung der Alfréd-Radok-Preise am erfolgreichsten.
Aus der Erforschung hat sich ergeben, dass sich einzelne Bühnen in der
dramaturgischen Auswahl ziemlich viel voneinander unterscheiden. Jede Bühne
orientiert sich auf andere Literaturepochen und Nationalliteraturen. Die meisten
38
deutsprachigen Stücke, insgesamt achtundzwanzig, wurden im Theater Komödie
aufgeführt.
Grundsätzlich überwiegt in Prag der Trend des Aufführens der Stücke in
tschechischer Übersetzung. Die Ausnahme woirde durch die Inszenierung Die
Verwirrungen des Zöglings Törless gebildet, der ich das letzte Kapitel gewidmet
habe.
Die deutsprachige Dramatik scheint eine feste Position auf den Prager
Bühnen zu haben. Die Stücke von den Klassikern Goethe und Schiller werden
immer wieder in die Repertoires aufgenommen und in den letzten achtzehn
Theatersaisons
hat
sich
vor
allem
das
Phänomen
des
Aufführens
der
österreichischen und deutschen postmodernen Dramatiker durchgesetzt. Es wäre
von Interesse, mit Hilfe weiterer Erforschungen die Situation auf dem ganzen
Gebiet der Tschechischen Republik zu beschreiben.
39
6. R e s ü m e e
Tato bakalářská práce nese název „Inscenace německy psaných děl na
vybraných pražských scénách (1990/91 - 2007/08)". Jejím cílem je zanalyzovat
zastoupení německy psaných textů v dramaturgických plánech pražských divadel
od roku 1990. Do výzkumu byly zařazeny tyto scény: Národní divadlo a jemu
přidružené scény Stavovské divadlo a Divadlo Kolowrat, dále Divadlo Komedie,
Divadlo na Vinohradech, Divadlo Na zábradlí a Divadlo v Dlouhé.
První část práce obsahuje ucelený přehled všech inscenací, sestavený na
základě informací z divadelních ročenek a internetových archivů divadel. Inscenace
jsou rozděleny do čtyř oddílů - na díla německých, rakouských, švýcarských a
pražských německých autorů. Toto rozdělení ukázalo, že největší část z celkového
počtu sedmdesáti tří inscenací tvoří adaptace rakouských textů.
Druhá kapitola z různých hledisek vyhodnocuje charakter německy psané
tvorby, zařazené do pražských divadelních repertoárů. Prokázala se zásadní převaha
děl z druhé poloviny dvacátého století a z doby po roce 2000. Nejhranějším autorem
byl během osmnácti uplynulých sezón Thomas Bernhard, jehož zinscenované hry
zaznamenaly i nejvíce úspěchů při udílení výročních Cen Alfréda Radoka. Srovnání
jednotlivých sezón podle počtu premiér poukázalo na výrazný nárůst počtu nově
uvedených inscenací v druhé polovině zkoumaného období. Analýza dále zjistila, že
se dramatické plány jednotlivých scén od sebe značně liší a každé z divadel se
orientuje na jinou oblast německy psané dramatiky.
Poslední kapitola se věnuje inscenaci Zmatky chovance
vznikla v koprodukci
Divadla
Komedie s Německým
Tórlesse,
divadlem
která
v Berlíně a
s festivalem Salzburger Festspiele a byla jediným představením, které bylo uváděno
v německém jazyce.
Německy psaná dramatika se zdá mít na pražské divadelní scéně svou
pevnou pozici. Stále znovu jsou adaptována díla klasiků Goetheho a Schillera a
v posledních letech se projevil významný trend uvádění německých a rakouských
postmoderních dramatiků. Bylo by zajímavé pomocí dalších výzkumů zmapovat
situaci na celém území České republiky.
40
7. Literaturverzeichnis:
Primärliteratur
MUSIL, R. Die Verwirrungen
des Zöglings
Törless. Reinbek bei Hamburg :
Rowohlt Verlag, 1966.
Sekundärliteratur
ALLKEMPER; A.; EKE, N.O. (Hrsg.) Deutsche Dramatiker des 20.
Jahrhunderts.
Berlin : Erich Schmidt, 2000. ISBN 3-503-04975-4.
BÖTTCHER, K. ; HOFFMANN, L. Sdiauspielführer in drei Bändenjßd. II/l.
Berlin : Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1975.
BÖTTCHER, K. ; HOFFMANN, L. Schauspielführer in drei Bänden.Bd. II/2.
Berlin : Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1975.
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45
ANHANG
1. Interview mit Jiří Černý, dem Schauspieler des Theaters Komödie
2. Das Programmblatt zur Vorstellung Die Verwirrungen des Zöglings
3. Liste aller inszenierten Texte
II
Törless...\II
VIII
I
Interview mit Jiri Cerny,
dem Schauspieler des Theaters Komödie in Prag
Jiří Černý wurde am 17. April 1982 in Prag geboren. Im Jahr 2000 absolvierte
er das Prager Schauspielkonservatorium und seit 2002 ist er Mitglied des
Ensembles des Theaters Komödie. Ich habe mit ihm über die Theaterstücke
deutschsprachiger Autoren gesprochen,
in denen er spielt oder in der
Vergangenheit gespielt hat.
Wie hat Ihre Mitarbeit mit dem Theater Komödie begonnen?
Ich habe in Činoherní studio in Ústí nad Labem gespielt, das bei den
Überschwemmungen im Jahre 2002 ausgeschwemmt wurde. Es ist so ein
Programm entstanden, dass andere Theater den betroffenen Bühnen geholfen haben
und zwar so, dass sie ihnen Raum für das Spielen von ihrem Repertoire angeboten
haben. Und gerade das ist in Komödie passiert. In der Zeit ist das Projekt Die
Kannibalenentstanden,
das gleichzeitig in Prag und Ústí gespielt wurde. Ich
wurde in diese Vorstellung besetzt. Und inzwischen hat mich Regisseur Pařízek
angerufen, ob ich das Stück Antiklimax machen möchte. So bin ich also in Komödie
gekommen.
Als Sie zum ersten Mal das Szenarium zu Antiklimax gelesen haben - wie war
Ihre erste Reaktion auf den spezifischen Stil von Werner Schwab? Er selbst
hat seine Stücke als Fäkaliendramen bezeichnet...
Es hat mich gar nicht beleidigt. Es hat mir großen Spaß gemacht, die sinnlichen
Geheimnisse und Bindungen, die im Stil Schwabs stecken, aufzulösen. Und einige
habe ich auch erst ein Jahr nach der Premiere aufgelöst. So hatte ich Freude daran.
Denken Sie, dass auch Zuschauer, die das Stück zum ersten Mal sehen, die
verschleierten Ideen enthüllen können?
Ich denke, dass bestimmt. Es wird noch dazu von uns gespielt und wir verstehen es
schon. Das Theater besteht zum Glück neben dem sprachlichen auch aus dem
visuellen Bestandteil und das hilft dem Verständnis.
Wie wird Antiklimax von Zuschauern aufgenommen?
Es hat sich ganz und gar verändert. Diese Vorstellung wird schon die sechste Saison
gespielt. Im ersten Jahr gab es etwa fünf Reprisen und die Reaktionen waren ganz
extrem. Die Menschen konnten ihre Vorbehalte oft nicht benennen, aber waren
irgendwie aufgeregt und sind aufgeregt weggegangen - etwa 15 Menschen haben
während der Vorstellung den Saal verlassen. Manche haben es für skandalös
bezeichnet (und wollten das Geld zurück), manche sind sogar in Weinen
ausgebrochen. Heute wird es nicht mehr auf solche Weise wahrgenommen.
Wahrscheinlich wurde erst jetzt die Zeit reif, dass davon Leute Abstand nehmen
können. Jetzt lacht das Publikum schon von Anfang an, das gab es früher nicht. Die
145
im Original The Cannibals, Autor: George Tabori
II
Gesellschaft hat sich während der sechs Jahre ziemlich verwandelt, die Menschen
haben heute ein ganz anderes Lebensgefühl.
Wie war Ihr Gefühl bei solchen negativen Reaktionen?
Ich habe sie nicht negativ aufgenommen. Es hängt nicht davon ab, wie wir das
Stück machen, sondern wie es die Leute wahrnehmen. Mir hat es gefallen, dass
Leute erschrocken waren. Da jeder eine Leiche im Keller hat. Und es ist auch ein
sehr politisches Stück. Primär ist es über das Milieu einer Familie oder auch über
die Gewalt in der Familie und zugleich weist es auf den Zerfall von Beziehungen in
der ganzen Gesellschaft hin.
Es enthält auch die Kritik der österreichischen Kultur und Tradition...
Nach meiner Meinung ist es teilweise eine österreichische Erfahrung, die schwer
vermittelt werden kann. Nach dem Zerfall der Monarchie ist ein kleines Land
entstanden, das sich im Krieg dem nazistischen Deutschland angeschlossen hat. Es
haftet an den Österreichern. Nach dem Krieg kommen sie zurück zur Volkskunst,
und sind wieder artig und haben ihre Grundsätze, aber, wie es Schwab sieht, ist die
Gesellschaft hinter den weißen Wänden der Familienhäuser ganz zerlegt. Es ist
jedoch so suggestiv geschrieben, dass auch wir uns dabei vieles vorstellen können.
Zurzeit wird im Theater Komödie von Werner Schwab noch das Theaterstück
Übergewicht, unwichtig:
Unform mit dem Untertitel Ein
europäisches
Abendmahl gespielt. Glauben Sie, dass die Figuren auch das Bild der
tschechischen Gesellschaft darstellen könnten?
Bestimmt. Der Autor richtet es wieder gegen Österreich, aber die
Charakterprobleme sind allgemein menschlich. Das tschechische Profil hat
vielleicht ein bisschen andere Probleme, minimal aber gleich furchtbar oder noch
mehr. Zum Beispiel gibt es hier eine totale politische Apathie. Es ist wahrscheinlich
historisch gegeben, dass sich Menschen hier von nichts abgrenzen und nicht fähig
sind, sich gegen etwas zu stellen.
Wenn sich aber die Tschechen, sowie die Gestallten in Übergewicht, in so einer
Kneipe treffen, gibt es auch immer Debatten über Politik usw. und jeder hat
seine Meinung dazu...
Ja, sicher haben sie eine Meinung, aber es bringt nichts, wenn da irgendeine
Bewegung fehlt. Dass ist unser so genannter Bierheldenmut. Wir setzen uns zum
Bier und beschweren uns, am Morgen gehen wir dann zur Arbeit, bezahlen die
Steuer und es geht uns gut.
In Übergewicht spielen Sie eine Hälfte des „schönen Paars", das im Laufe des
Spieles einen interessanten Wandel durchmacht. Zuerst ragen diese zwei aus
der Masse hervor, der sie schließlich zum Opfer fallen. Im anderen Akt
werden sie zu Voyeurs, die die Situation in der Kneipe betrachten und sich
daran unterhalten.
III
Ich würde sagen, dass sich die Situation eigentlich nicht ändert. Der erste und der
dritte Akt sind eigentlich ganz identisch. Es passieren da gleiche Sachen, sie werden
nur mit anderer Optik angeschaut. Die zwei kommen in die Kneipe, sitzen dort als
passive Teilnehmer einer Gesellschaft und am Schluss werden sie attackiert und
gefressen. Und bei der Wiederholung dieser Situation kommen sie in die
Gesellschaft, die sich diesmal serviler ihnen gegenüber benimmt, und sie werden
schon ein bisschen aktiver, sie werden zu Beobachtern. Die Gesellschaft zerlegt
sich dann selbst von innen heraus. Es ist nur von einem anderen Gesichtspunkt aus
gesehen. Man kann es mit einer Jazzplatte vergleichen. Wenn man es auf die
richtige Geschwindigkeit einschaltet, hört man Jazz, auf eine schnellere wird
„House" davon. Die Platte enthält beides, obwohl die Spur gleich ist. Es hängt von
dem Beobachter ab. Jemandem fallen die groben, stupiden Ausdrücke nicht bizarr
und jemand sieht das ganz anders.
2005/2006 wurden Die Verwirrungen des Zöglings Törless von Robert Musil
aufgeführt, die in einer Koproduktion entstanden sind. Wie ist es dazu
gekommen?
Das ist durch die Aktivität von Dušan D. Parízek entstanden. Es war so ein
Dreibund. Es haben daran zwei Theater teilgenommen - Theater Komödie und
Deutsches Theater in Berlin - und Salzburg hat das auf dem großen Festival
Salzburger Festspiele aufgeführt. Deutsches Theater hat es dann auch in sein
Repertoire aufgenommen.
Wann wurde es in Prag und wann in Berlin gespielt?
In Deutschland wurde es drei Saisons gespielt. Während der ersten Saison war nach
ein paar Monaten die Premiere in Prag, die endlich einige Vertreter der
tschechischen Kritik besucht haben. Nach Salzburg, auf das Festival von so großem
Prestige, ist kein einziger tschechischer Kritiker gekommen. Und dabei war Pavel
Landovský der Letzte, der vor uns - Gabriela Míčová und ich - in einem
deutschsprachigen Theater gespielt hat - und das ist mehr als 20 Jahre her. Na, und
dann wurde es in Komödie so zweimal, dreimal pro Saison und in Berlin so einmal
bis zweimal pro Monat gespielt.
Das Stück ist auf Deutsch. Haben Sie schon vorher Deutsch gesprochen?
Nein, so zwei Wörter vielleicht. Aber Dušan hat es mir beigebracht. Ich konnte
sogar den Text als erster von allen - wahrscheinlich das erste Mal im Leben. Wir
hatten zugleich das tschechische Drehbuch, sind also von Wort zu Wort
vorgegangen und Dušan hat mir erklärt, was die Redewendungen bedeuten, wie sie
übersetzt wurden und wie es zum Beispiel dazu gekommen ist, dass aus einem
deutschen drei tschechische Wörter entstanden sind. Er hat mir die Struktur der
Sprache, die in diesem Werk ein bisschen archaisch ist, erklärt. Ich habe dann
Deutsch ein bisschen mit den Kollegen aus dem Deutschen Theater während der
Proben gelernt.
In Verwirrungen gibt es sehr starke Momente, z.B. wenn Ihre Gestalt - Basini
den Satz „Ich bin ein Dieb" immer wieder wiederholen muss...
IV
Ich muss sagen, dass ich gerne auf Deutsch spiele. Man versteckt sich in gewisser
Weise hinter die fremde Sprache und man geht mit seinem Ego nicht so viel um. Im
Tschechischen verstehe ich mich und auch andere verstehen mich. Im Deutschen
ebenso, aber die Zuschauer wissen, dass es nicht meine Muttersprache ist. Und ich
kann in der Sprache nicht nachdenken und so stelle ich mir keine zwecklosen
Fragen. Das befreit mich irgendwie.
Im Theater Komödie gibt es bei dieser Vorstellung die Simultanübersetzung.
Ab und zu ist in dem Spiel auch ein tschechischer Satz zu hören. Das deutsche
Publikum versteht das wahrscheinlich nicht...
Nein, aber es klingt gut. Es gibt da eigentlich nur ein paar solche Sätze, also es stört
nicht, wenn es die Deutschen nicht verstehen.
Wie nehmen Sie die Gestalt von Basini wahr? Ist er ein unschuldiges Opfer der
Schikane von seinen Mitschülern oder hat er seinen Anteil an der Situation, in
die er geraten ist?
Er hat einen hundertprozentigen Anteil daran. Er ist so ein schuldiges Opfer - ein
Dieb, der gestohlen hat und verdammenswert in jeder Hinsicht ist. Allerdings das,
was ihm da geschieht, sollte nie jemandem geschehen - dass jemand die prekäre
Situation eines anderen Menschen im eigenen Interesse ausnutzt, um mit ihm
manipulieren zu können.
Im Ganzen ist es ein gesellschaftliches Gleichnis. Es ist so ein
gesellschaftlich unzulässiges Beispiel eines faschistoiden Benehmens, wenn wir
jemanden verhaften und ihm Schuld zuschreiben, gleich ob
diese objektiv
nachweisbar oder nicht nachweisbar ist. Es ist über die Tendenz der Gesellschaft
zur Klassenteilung. Man gerät auf einmal in die Position eines Minderwertigen und bei Basini ist es noch dadurch erhöht, dass er das eigentlich freiwillig macht,
weil er Angst vor der offiziellen Strafe hat, und er lässt sich freiwillig manipulieren.
Hat es die deutschen Schauspieler nicht gestört, dass sie die negativen Rollen
bekommen haben?
Meiner Meinung nach sind die negativen Rollen einfacher zu spielen. Wenn ich
hätte wählen können, hätte ich auch lieber einen Bösen gespielt, als sich dort
schlagen lassen...
Es hat Sie also sicher gefreut, dass sie die Rolle des Richters im Prozess
bekommen haben?
Ja bestimmt; es ist meine erste Rolle, in der ich in keiner untergeordneten Position
und kein Homosexueller bin - das ist wirklich zum ersten Mal passiert. Andererseits
gibt es bei den negativen Gestalten das Problem, dass sie meistens flach sind - und
noch dazu hat der Richter im Prozess sehr wenig Raum. In Törless kann man die
Gestalten irgendwie entwickeln und ihnen bestimmte Umrisse geben, da es dafür
Raum ist. Aber es ist angenehm, so eine flache negative Rolle darzustellen.
V
Mit Prozess wurden Sie im Jahre 2007 auf das Festival
Europa" in Hamburg eingeladen. Wie erinnern Sie sich daran?
„Projektion:
Ivan Acher, der da einen von den Wächtern spielt und ich als Richter ihn mit dem
Gürtel prügle, wollte seine Weste nicht ausfüttern lassen, damit es den Schlag
mildert, obwohl ich dies durchgesetzt habe. Und in Hamburg habe ich ihn bei der
Vorstellung so gepeitscht, dass er sich fast übergeben hat und man für ein paar
Sekunden ganz zu spielen aufgehört hat. Er hatte dann auf dem Rücken eine
dreidimensionale Strieme, als ob ich ihn mit einer Stange geschlagen hätte. Dann
wurde seine Weste endlich ausgefüttert - aber es muss trotzdem furchtbar wehtun.
Wie viele Länder haben an dem Festival teilgenommen?
Sechs. Nebst uns noch Deutschland, die Schweiz, Irland, die Türkei und Estland.
Sie haben auch in Sportstück von Elfriede Jelinek und in Humanisten von
Ernst Jandl gespielt. Was fällt Ihnen ein, wenn sie sich an diese Inszenierungen
erinnern?
Sportstück ist interessant entstanden - das erste Drittel hat sich während der Proben
durchaus verändert, das war also stressig. Das Stück ist darüber, dass sich viele
Menschen für Sport mehr als z.B. für kulturelles Geschehen interessieren und es
enthält die Idee, dass sich einige internationale oder zwischenmenschliche Konflikte
auf die Spielplätze verschoben haben.
Zu dem Stück Die Humanisten wurde Jandls Korrespondenz, geschrieben
kurz vor seinem Tod, zugefügt. Zur Zeit der Proben ist mein Vater gestorben, so
war es sehr persönlich für mich. Es berührt das österreichische Problem wieder von
einer anderen Seite.
Es ist interessant, dass die Autoren, die im europäischen Maßstab etwas
bedeuten, meistens solche Autoren sind, die das Österreichtum irgendwie
bagatellisieren und von der offiziellen Kritik abgelehnt werden - wie z.B. Bernhard,
Schwab, Jandl...
Haben Sie einen Lieblingsspruch?
Ich mag die politischen Sachen... Es war zum Beispiel sehr lustig, als die
Vorstellung Der Prozess von irgendeinem Ministerium bestellt wurde und die
Zuschauer sich nur bei Sprüchen wie „Ihr alle gehört zueinander!" oder „Ihr seid ja
die korrupte Bande, von der ich spreche" unterhalten haben. Oder wenn ich dann
dreimal wiederhole: „Ich lasse mich nicht bestechen!". Das mag ich... Und am
meisten vom Prozess gefällt mir, wenn Martin Finger (Josef K.) mich fragt: „Gibt
es keine Möglichkeit, den beiden die Prügel zu ersparen?" — „Nein."
(Das Interview wurde am 6. und 9. Februar 2009 geführt.)
VI
2 0 0 2 1 DIVADLO KOMEDIE 1 2 0 0 9
DÖL
ROBERT MUSIL
die Verwirrungen des
Zöglings törless
Dramatisierung und Regie
„
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Kobrt
LETZTE VORSTELLUNGEN
IS. und IB. November 2008 um 19.30 Uhr
in deutsch» Sptactie (mit tsilicüilulii'r Übersetzung]
„Parizek inszeniert seine „TorlelT-Version glänzend: uneitel, leise
und genau, frei van spekulativer Qrastik und mit unverwandtem
Blick auf Gehalt und Geist des Erzähltextes."
Ulrich Weinzierl,
Oie Welt,
17.8.2005
,\'Jas für eine eiskalte, aufregende ung kluge Studie über Gewalt,
Sex und Macht." Paula Kantor, Kölner Stadtanzeiger,
17.8.2005
„Pařizeks Inszenierung ist wahrhaftig ein Theaterexperiment par
excelence." Vladimir Just, Týden,
12.9.2005
„Pařizek ist es gelungen, einen gänzlich gegenwärtigen, minimalistischen Interpretatiansansatz zu entwickeln, durch den er den
einhundert Jahre alten StoFf szenisch aufschlüsselt und gleichzeitig
unaufdringlich aktualisiert."
Saša Hrbotický,
Hospodářské
noviny,
11.11.2005
PMwc
uu» N«frjin»<tounrotuim| iwt» JSj-ř
S35E0BÍ indď "Sil EMíMS^y!*? <(Gm«-MCCí / \ 2
J
Rc5*r»c!iit>t n4 Wtitttt la/wmatfcatn: WWW.prakomdÍV.C2
nivMh Kpítedle, JoepnanxMi 1,110 00 tnq 1, TkutnfciuE MOm 12 0» 19.30 Uht, SA sovu St) ml
Stund™ nrVnMhingibcgta*. Tel: .42« 224 222 734. [ »alt: rcumtcB«»lKmllv.ci
\Ww«W, JICKfífflfl [íisírsí
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Belrtftrrfl» Wtfltm .OtKlI Mne!*" 'u Pfřísté kxrtimlftíllliiit.
Das Programmblatt zur Vorstellung Die Verwirrungen des Zöglings
Auf dem Foto Jiří Černý (links) und Alexander Khuon
Törless.
VII
Liste aller inszenierten Werke
Berhnard, T.: Am Ziel
Berhnard, T.: Alte Meister
Berhnard, T.: Heldenplatz
Berhnard, T.: Minneti: Ein Portrait des Künstlers als alter Mann.
Berhnard, T.: Ritter, Dene, Voss
Berhnard, T.: Der
Theatermacher
Berhnard, T.: Vor dem Ruhestand. Eine Komödie von deutscher Seele.
Berhnard, T.: Der
Weltverbesserer
Buchsteiner, T.: Tango Solo
Brecht, B.: Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui
Brecht, B.: Der gute Mensch von Sezuan
Dorst, T.: Herr Paid
Dürrenmatt, F.: Achterloo
Dürrenmatt, F.: Der Besuch der alten Dame
Dürrenmatt, F.: Die Ehe des Herrn Mississippi
Dürrenmatt, F.: Herkules der Stall des Augias
Dürrenmatt, F.: König Johann
Dürrenmatt, F.: Der Mitmacher
Fassbinder, R.W.: Die bitteren Tränen der Petra von Kant
Gieselmann, D.: Herr Kolpert
Goethe, J.W.: Clavigo
Goethe, J.W.: Faust. Eine Tragödie.
Grabbe: J.W.: Don Juan und Faust
Handke, P.: Die linkshändige
Frau
Hauff, W.: Das kalte Herz
Hauptmann, E. - Brecht B. - Weill, K.t Happy End
Hofmannstahl, H.: Christinas
Heimreise
Horväth: Geschichten aus dem Wiener Wald
Horväth, Ö.: Kasimir und Karoline
Horväth, Ö.: Zur schönen Aussicht
Jandl, E.: Aus der Fremde
Jandl, E.: Die Humanisten
VIII
Jelinek, E.: Clara S.
Jelinek, E.: Ein Sportstück
Kafka, F.: Beschreibung eines Kampfes
Kafka, F.: Der Prozess
Kafka, F.: Das Schloss
Kafka, F.: Die Verwandlung
Kater, F.: Zeit zu lieben Zeit zu sterben
Klaus, H.: Dunkel lockende Welt
Kleist, H. von: Das Kätchen von Heilbronn oder die Feuerprobe
Kohout, P: Eine kleine
Machtmusik
Mann, T.: Der Zauberberg
Mayenburg, M. von: Eldorado
Mitterer, F.: Besuchszeit
Müller, H.: Quartet
Musil, R.: Der Mann ohne
Eigenschaften
Musil, R.: Die Schwärmer
Musil, R.: Die Verwirrungen des Zöglings Törless
Nestroy, J.N.: Der Affe und der Bräutigam
Nestroy, J.N.: Talisman
Preußler, O.: Die kleine Hexe
Schiller, F.: Kabele und Liebe (2x)
Schiller, F.: Maria Stuart
Schiller, F.: Die Räuber
Schiller, F.: Wallensteins Tod
Schimmelpfennig, R.: Push Up 1-3
Schimmelpfennig, R.:
Vorher/Nachher
Tabori, G: Die Ballade vom Wiener Schnitzel
Tabori, G: Die Kannibalen
Tabori, G:
Goldberg-Variationen
Tabori, G: Weisman und Rotgesicht
Turrini, P: Endlich Schluß. Ein Monolog.
Turrini, P: .Josef und Maria.
Schnitzler, A: Das weite Land (2x)
Schwab, W: Antiklimax
IX
Schwab, W: Die
Präsidentinnen
Schwab, W: Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos
Schwab, W: Übergewicht, unwichtig:
Unform
Werfel, F: Geheimnis eines Menschen
Werfel, F.: Jacobowsky und der Oberst
X