julia christian
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Mode Legenden Louboutin Christian Große Modedesigner und ihre Geschichte – diesmal: der Mann, der weiß, was Frauen wollen. Er entwirft die schärfsten Pumps der Welt – die mit der roten Sohle! G Ein Mann sieht Rot: Die Sohlen sind sein Marken zeichen seit 1993, erfunden für das Modell „Pensée“ (rechts); schon jetzt ein Klassiker: der schwarze Peeptoe „Very Privé“. Von 500 Skizzen jährlich werden etwa 150 produziert 32 B r i g i tte .de 4 / 2014 emeinsamkeiten zwischen offiziellen Staatsbesuchen, Burlesque-Shows und einer Modenschau in Paris? Eine war in den letzten Jahren nicht zu übersehen: Ob Michelle Obama, Kronprinzessin Mary von Dänemark, Dita von Teese, Lady Gaga, Kim Kardashian oder Angelina Jolie, unter all diesen Füßen entdeckte man chinarote Schuhsohlen, Markenzeichen des französischen Schuhdesigners Christian Louboutin. Und der kennt zu den Gründen seines Erfolgs so mannigfaltige Anekdoten, wie es Trägerinnen seiner Schuhe gibt: Von der Kundin, die berichtete, sie habe sich beim Vorstellungsgespräch in seinen schwindelerregend hohen Schuhen so selbst bewusst gefühlt, dass sie nur deshalb den Job bekam. Eine andere sei mit ihrer Freundin in seine Boutique gekommen, habe den „Very Privé“ – einen Klassiker mit offenem Zeh, unter dem sich rotes Leder hervorschiebt – probiert und entzückt festgestellt: „Die sind wirklich gut. Und billiger als ein Facelift.“ Und dann gibt es noch die Geschichte des Mannes, der Louboutin mit einer Sonderanfertigung beauftragte: einen Schuh komplett aus Rubinen. Inklusive Sohle. Als ihm der Franzose erklärte, dies wäre völlig unpraktisch, da eine rubinbesetzte Sohle nur den Boden zerkratze, wies dieser darauf hin, seine Frau solle darin ohnehin nur liegen. Ein schmaler Grat, so ein hoher Schuh. Doch der Schuster mit den Knopfaugen wurde in den letzten 20 Jahren zum wichtigsten Schuhdesigner der Gegenwart – 2012 wurden weltweit jeden Tag etwa 1500 Paar verkauft. Weil er diesen bestimmten Grad aus Eleganz und Fetisch, Souveränität und Sexyness bis ins Letzte ausbalanciert. Und weil es bei ihm angeblich nicht anders hätte kommen können. Geboren 1964 in Paris, wächst Christian Louboutin unter Frauen auf. Der Vater, ein Möbeltischler, ist selten zu Hause, und Christian wird schon früh in alle F oto s Tom my Ton, Me l ani e Ac eve do, Wayn e Ma se r / all e T run k A rc hi ve, PR (2) Text Julia Christian Etwa 1500 Paar Schuhe verkauft der gebürtige Franzose täglich, trotzdem ist er noch immer unabhängig MeisterTipp Kleinen Frauen empfiehlt ouboutin hautfarbene Highheels: L Schuh und Fuß verschmelzen, das Bein wirkt länger. Eine große Auswahl hat in Deutschland u. a. mytheresa.com der Idee, Schuhmacher der Showgirls zu werden. Und er macht ernst: Von Charles Jourdan, dessen moderne Schuhe das Bild der 60er und 70er prägten, lässt er sich Technik und Ge schäftstüchtigkeit beibringen. Bei Roger Vivier, Erfinder des Stiletto-Absatzes mit Stahlkern und Designer luxuriöser Kre ationen wie der, die Queen Elizabeth II. zur ihrer Krönung 1953 trug, lernt er, Fantasie und Instinkt zu vertrauen. Und in den Ateliers von Yves Saint Laurent und Chanel erhält er die letzte Lektion: Zur perfekten Silhouette gehören hohe Schuhe. weiblichen Rätsel und Begehren der Mutter und Schwestern eingeweiht, weil sich am jüngsten Familienmitglied niemand stört. Mitte der 70er Jahre entdeckt er im Museum für Afrika nische und Ozeanische Kunst ein Verbotsschild mit durch gestrichenem Pfennigabsatzschuh, das den Museumsboden schonen soll. Louboutin ist fasziniert – zur Zeit der Hippies gibt es ausschließlich Schuhe mit klobigen Plateau-Absätzen. D as abgebildete Modell hingegen ist ihm so fremd, als käme es vom Mars. Um es nicht zu vergessen, beginnt er, den Schuh immer wieder und wieder zu zeichnen. Louboutin bricht die Schule als Teenager ab, jobbt im glanzvollen „Folies Bergère“, dem Pariser Varieté, in dem schon Josephine Baker ihren „Bananentanz“ vollführte. Er poliert und repariert die Schuhe der Tänzerinnen und hat ausreichend Gelegenheit, die Anatomie des weiblichen Fußes zu studieren. Ab und zu darf er seine Schuhskizzen in den Garderoben liegenlassen, auch wenn man ihm dann doch nur lachend erklärt, seine prachtvollen Ideen, die Federn, die Dia mantenschnüre, die sich die Wade hinaufranken wie Efeu, die Pelzstiefelchen seien zu exquisit, um jemals verkäuflich zu sein. Doch Louboutin, inzwischen 16 Jahre alt, ist besessen von 34 B r i g i tte .de 4 / 2014 F oto s Conto ur by G et t y I m ag es , Ge tt y I mage s, P R (2) G emeinsam mit seinen beiden besten Freunden Henri Seydoux unnd Bruno Chambelland, die bis heute die einzigen Geschäftspartner des unabhängig gebliebe nen Louboutin sind, eröffnet er Ende des Jahres 1991 einen kleinen Laden in der Pariser Rue Jean-Jacques Rosseau, und 1993 entsteht durch Zufall jenes Alleinstellungsmerkmal, das ihn bekannter machen sollte, als es ihm mit den extrava gantesten Entwürfen oder den wichtigsten Kundinnen jemals möglich gewesen wäre: die rote Sohle. Inspiriert von Andy Warhols Flower-Bildern, hatte er einen gelb-schwarzen Pumps mit großer Blume entworfen. Als der Prototyp eintrifft, stim men zwar Material und Form, doch der fertige Schuh ist plump, fast massig. Schuld ist das Schwarz der Sohle, die auf der Ent wurfsskizze nicht zu sehen war. Kurzerhand greift Louboutin zur Lackflasche einer Mitarbeiterin, die dabei ist, ihre Nägel zu lackieren, und pinselt die Sohle rot an. Voilà! Es ist die Theatralik, mit der Louboutin sich und seine Entwürfe inszeniert, die Frauen und Männer gleichermaßen fasziniert: Indem er Frauenfüße in Pythonhaut, niedliche Spit ze, außerweltliche Kreationen, denen Federn entwachsen, oder auf Sadomaso-Absätze aus Dornen stellt, verschmelzen Fuß und Schuh zu einem Kunstwerk. Jedem einzelnen Modell geht die Überlegung voraus, wie darin der perfekte Bogen entsteht. Der des Fußgewölbes durch die Gewichtsverlagerung auf den Ballen. Aber auch der Bogen, der sich durch die vom Absatz gestraffte Wade ergibt. Es gibt wenige flache Schuhe im Kos mos Louboutins, und auch die sind bis ins letzte Detail verziert. Doch jeder Dame, die dem Luxusschuster erklärt, sie könne auf seinen Absätzen nun mal nicht rennen, entgegnet Louboutin, es sei okay, nicht durchs Leben zu hetzen – so sehe man mehr. Louboutin zelebriert „l’éternel féminin“, das Ewigweibliche, wie die Franzosen es nennen, indem er Frauen Podeste der An betung baut. Und deren rein sexuelle Verlockung er mit der forschen Behauptung relativiert, ein Louboutin sei ein Beitrag zur Emanzipation, da die weibliche Körpergröße darin über wunden und Männern auf Augenhöhe begegnet wird. Fakt ist, auf einem Louboutin geht es sich gut. Denn von den Tänzerinnen der Pariser Revuen lernte der Schuhmacher auch, an welchen Stellen man winzige Einlagen anbringt, damit nichts drückt, wo Plateaus versteckt werden können und wie ein Absatz beschaffen sein muss, um nicht zu kippeln. Wer souverän geht, widerlegt das Bild der Frau, die auf hohen Schuhen zerbrechlich und hilfsbedürftig ist – und das Femi nistinnen wie Simone de Beauvoir zu der These veranlasste, Emanzipation fange mit flachen Schuhen an. Und bis Mann das kokette Augenzwinkern der roten Sohle erkennt, ist ihm eine Frau bereits Schritte voraus.